Andreas Resch: Cajetana Sterni

CAJETANA STERNI
(1827-1889)

GRÜNDERIN
DER KONGREG. DER
SCHWESTERN VOM
GÖTTLICHEN WILLEN

Selig: 4. November 2001
Fest: 26. November

Cajetana Sterni wurde am 26. Juni 1827 als Tochter von Giovanni Battista Sterni, Verwalter bei der Adelsfamilie Mora, und Giovanna Chiuppani in Cassola, Diözese Padova/Provinz Vicenza, Italien, geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Cajetana getauft. Die Eltern lebten in guten Verhältnissen und erzogen ihre sechs Kinder zu einem sozial und christlich engagierten Leben.

Ende 1835 übersiedelte die Familie nach Bassano, wo der heiteren Kindheit schon bald eine Reihe schmerzlicher Ereignisse folgten, welche die Situation von Cajetanas Familie drastisch veränderten. So starb mit nur 18 Jahren Margherita, die älteste Schwester, und danach aufgrund einer schweren Krankheit auch der Vater, während der Bruder Francesco Haus und Familie in einer wirtschaftlich schwierigen Lage verließ, um Schauspieler zu werden. Die Mutter, eine energische und unternehmungslustige Frau, blieb mit fünf Kindern zurück und Cajetana teilte mit ihr die vielen Probleme des täglichen Lebens. Diese Erfahrungen prägten Cajetanas Wesen, ließen sie vorzeitig reifen und bereiteten sie auf jene innere Einstellung vor, die schließlich ihre menschlichen und spirituellen Entscheidungen beeinflussen sollten. Ihr Wachsen im Glauben wurde von den täglichen Unterweisungen seitens der Mutter und durch den beharrlichen und eifrigen Empfang der Sakramente genährt.

Mit einem wachen Verstand gesegnet, war sie sensibel und voller Leben, „begierig, zu lieben und geliebt zu werden“. Frühzeitig mit der Verantwortung einer Erwachsenen betraut, offenbarten sich bei ihr ungewöhnliche Gaben, die ihr aufgrund ihres sonnigen und wohlwollenden Wesens sowie ihrer ausgeprägten Fraulichkeit die Achtung und Wertschätzung ihrer Umgebung einbrachten. Noch keine 16 Jahre alt, heiratete sie Liberale Conte aus Bassano, einen begüterten Witwer mit drei Kindern. Trotz des bemerkenswerten Altersunterschieds erfüllte das Paar das Haus mit neuem Leben und die Kinder des Mannes akzeptierten Cajetana schon bald als ihre Mutter. Als Cajetana erfuhr, dass sie ein Kind erwartete, war das Glück des Paares vollständig.

Dieses Glück sollte aber nur von kurzer Dauer sein. Nach nur acht Monaten Ehe erkrankte Liberale plötzlich und starb. Cajetana, von tiefem Schmerz getroffen, ließ sich dennoch nicht entmutigen. Es kamen ihr wieder die Vorahnungen bezüglich Krankheit und Tod ihres zu diesem Zeitpunkt noch völlig gesunden Gatten in den Sinn, die sie einige Tage zuvor nach dem Empfang der hl. Kommunion gehabt hatte. Damals hatte sie, von einer besonderen Gnade beflügelt, dem Herrn ein sehr großzügiges Angebot gemacht: „Ich liebe ihn mehr als das Leben und würde lieber sterben als ohne ihn sein, doch mach Du mit ihm und mir, was Dir gefällt!“ Beim Nachdenken über diese Erfahrung vertraute sich Cajetana neuerlich dem Herrn an, wobei sie ihr ganzes Sein vertrauensvoll in seine Hände legte und so genügend Kraft fand, um zu leben, sich um die drei Kleinen zu kümmern und das Kind in ihrem Schoß auszutragen. Dieses so sehnlichst erwartete Kind starb allerdings bereits zwei Tage nach der Geburt.

Von da an begannen bittere Jahre als Witwe. Die Familie ihres Mannes verstand nämlich die Zuneigung der drei Waisen zu Cajetana nicht im Geringsten; es kam zu Unstimmigkeiten, Verdächtigungen und Verleumdungen. Sie wurde von den Kindern getrennt und wie ein Eindringling, eine Erbschleicherin und Diebin des Hauses verwiesen. Selbstvergessen half sie den Kindern, die ihr sehr zugetan waren, die harte Trennung zu akzeptieren. Höflich, aber entschieden verteidigte sie die Rechte der Minderjährigen, gewährte großzügig Vergebung, konnte das Vertrauen der Schwäger gewinnen und die beiden Familien wieder vollends miteinander versöhnen. Mit 19 Jahren und allein kehrte sie zu ihrer Mutter zurück.

Im Blick auf die Zukunft betete sie inständig, der Herr möge sie doch den Bräutigam erkennen lassen, den Gott für sie erwählt hatte. Doch mitten im Gebet wurde ihr unvermittelt klar, dass Gott der „einzige Bräutigam ihrer Seele“ sein wollte. Cajetana war überwältigt. Sie beriet sich mit ihrem Beichtvater, P. Antonio Maritani, der ihr bestätigte, dass es sich um einen authentischen Ruf Gottes handelte.

Mit 20 Jahren trat Cajetana als Postulantin bei den Canossianerinnen von Bassano ein, wo sie fünf glückliche Monate verbrachte, doch wurde sie im Gebet durch eine neue Vorwarnung zur Rückkehr in die Familie und dann zum Eintritt in ein Heim in Bassano gerufen. Wenige Tage später musste Cajetana das Kloster wegen des Todes ihrer Mutter verlassen und die Verantwortung für ihre noch minderjährigen Geschwister übernehmen.
Gut fünf Jahre hindurch hatte sie gegen Schwierigkeiten, Krankheiten in der Familie, Unannehmlichkeiten und wirtschaftliche Engpässe anzukämpfen. Trotz allem gelang es ihr, sich eine Lebensform anzueignen, die sie spirituell erfüllte. Nach Beratungen mit ihrem Beichtvater wurde ihr klar, dass Gott sie zum Dienst an den Armen im Heim berief, wie sie dies schon bei der Vorahnung des Todes ihrer Mutter vernommen hatte. Auf die ausdrückliche Erklärung des Beichtvaters hin – „Der Herr will Sie im Armenhaus“ – schreibt sie:

„Im Innern meiner Seele hatte ich das sichere Gefühl, dass dies der Wille Gottes war, gleichzeitig aber spürte ich einen solchen Widerwillen, dass ich lieber augenblicklich gestorben wäre, als mich darauf einzulassen.“ Am 20. September 1853 trat sie mit 26 Jahren als Assistentin der Direktorin in das Armenhaus von Bassano ein, das 115 Gäste in einem elenden Zustand beherbergte, „größtenteils Opfer von Ausschweifungen und Lastern“, weshalb sie dort „Missstände nahezu jeglicher Art“ vorfand.

Nach ihrem Eintritt, „rein um den Willen Gottes zu erfüllen“, blieb Cajetana dort 36 Jahre bis zu ihrem Tod und brachte sich mit unermüdlicher Nächstenliebe in ihre Arbeit ein. Bei der Wache am Bett der Sterbenden, bei den niedrigsten Diensten an den Alten und Kranken, behandelte sie alle mit einer Güte und Liebe, die denen eigen ist, die dem Herrn an den Armen dienen. Cajetana war von einem großen Gottvertrauen beseelt, vom Wunsch, Ihm zu gehören und Ihm in allem zu gefallen. Mit 33 Jahren machte sie am 22. November 1860 mit Zustimmung des Beichtvaters neben dem bereits abgelegten Gelübde der Keuschheit auch das Gelübde der Armut, des Gehorsams und der Nächstenliebe – „gewillt, alles anzunehmen, was der Herr für sie bereithielt“ und „das zu wählen, was sie als das Vollkommenste ansah“.

1865 vereinbarte sie mit zwei Gefährtinnen, die ihr im Hospiz assistierten, unter der Leitung von Don Bartolomeo Simonetti ein Gemeinschaftsleben zu führen. Am darauffolgenden 20. August wurde mit der Professablegung der drei Gefährtinnen im Hospiz selbst der Grundstein für die Kongregation der Töchter des Göttlichen Willens gelegt. Der Name „Töchter des Göttlichen Willens“, der Cajetana im Innern suggeriert wurde, bringt zum Ausdruck, was die Gemeinschaft auszeichnen sollte: „in allem Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen durch die völlige Hingabe an Gott und einen heiligen Eifer für das Wohlergehen des Nächsten; bereit, alles zu opfern, nur um Ihm zu gefallen“.

Der Zweck des Instituts ist auch heute noch die Hilfe für die Familien, die Pflege der Alten und Kranken, das Apostolat unter den ehemaligen Barackenbewohnern, unverheirateten Müttern und Prostituierten, die Aufnahme von Minderjährigen sowie die Arbeit in Heimen und Pfarreien. Cajetana schrieb die Entstehung der Kongregation einzig und allein der Vorsehung zu, weil sie sich auf schlichte Weise und im Verborgenen vollzog, mit Ablegung der Gelübde der beiden ersten Gefährtinnen 1865.

In dieser einfachen und verborgenen Gemeinschaft verbrachte Cajetana ihr Leben als Oberin und Leiterin der aufstrebenden Kongregation, ohne dabei den Dienst im Hospiz zu vernachlässigen. Indem sie sich dem Herrn überantwortete, legte sie in der Kommunität den Keim für Schwesterlichkeit und Dienstbarkeit, Mitgefühl und Sanftmut, Barmherzigkeit und Frieden, im Einklang mit ihrem Lebensprogramm: „mich von der ständigen Notwendigkeit Seiner Gnade zu überzeugen und unbegrenztes Vertrauen in Ihn zu leben, sodass kein Unglück, weder innerlich noch äußerlich, weder öffentlich noch privat, mich umwerfen kann, selbst dann nicht, wenn ich den Zusammenbruch der gesamten Gesellschaftsordnung erleben und höchste Verderbnis mich bedrohen sollte. Das Wissen nämlich, dass Er unendlich mächtig, weise und gut ist, sollte mir genügen, um in Seiner Vorsehung friedlich auszuruhen, wobei ich mir stets ein großes Vertrauen zu Ihm bewahre“.

Nachdem die Gründerin am 1. September 1866 in ein Haus übersiedelt war, das sie geschenkt bekommen hatte, konnte das Institut ein unabhängiges Leben beginnen. Am 29. Januar 1872 nahm die Gemeinschaft den Namen Töchter vom Göttlichen Willen an.

Am 19. Mai 1875 nahm der hl. Johannes Antonius Farina, Bischof von Vicenza, die kanonische Errichtung der Kongregation vor und approbierte deren Konstitutionen. Mit dem Decretum laudis vom 10. Juli 1934 wurde die Gemeinschaft dann als Kongregation päpstlichen Rechts unter dem Namen Schwestern vom Göttlichen Willen (Abb.) anerkannt. Die definitive Approbation der Konstitutionen folgte am 12. Januar 1942.

Die Kongregation, die sich eher langsam und unter großen Schwierigkeiten entwickelte, ist heute dank der priesterlichen Unterstützung von Don Simonetti, der als Mitbegründer angesehen wird, in Europa, Amerika und Afrika verbreitet. Die Schwestern, die wie Cajetana dem Willen Gottes geweiht sind, bemühen sich, ihr ganzes Leben in den Dienst der göttlichen Planung zu stellen, wobei sie nach dem Beispiel ihrer Gründerin mit einfachen Gesten und bescheidenen Mitteln Zeugnis davon zu geben versuchen, dass der Wille Gottes Liebe und Heil für alle bedeutet.

Cajetana Sterni starb am 26. November 1889, liebevoll betreut von ihren Töchtern und von ihren Landsleuten geachtet. Ihre sterblichen Überreste werden im Mutterhaus der Suore della Divina Volontà, via B. Giovanna, 104, in Bassano del Grappa (VI), Italien, verehrt.

Am 4. November 2001 wurde Cajetana Sterni von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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