Andreas Resch: Birgitta von Jesus Morello


BIRGITTA VON JESUS MORELLO
(1610-1679)

GRÜNDERIN
DER URSULINEN VON DER UNBEFL. EMPFÄNGNIS MARIAE

Selig: 15. März 1998
Fest: 3. September

BIRGITTA VON JESUS MORELLO wurde am 17. Juni 1610 als sechstes der elf Kinder von Nicolò Morello und Lavinia Borzese in San Michele di Pagana bei Rapallo, Provinz Genua, Italien, geboren und am darauffolgenden 20. Juni auf den Namen Birgitta getauft. Beide Eltern entstammten einer alten Adelsfamilie, die sich im öffentlichen wie im kirchlichen Leben engagierte. Der Vater war mehrmals Consiliarius und schließlich „Prior“ der Magnifica Università von Rapallo, also deren Rektor. Die Mutter war Katechistin, und beide sorgten sie für die christliche Erziehung ihrer elf Kinder, von denen drei den Ordensstand wählten und einer Priester wurde.

Birgitta war noch keine vier Jahre alt, als sie am Karfreitag 1614 während der Passionspredigt von der Realität des Kreuzes getroffen wurde: „Sie weint, weil der Herr für die Sünden der Menschen gestorben ist und mehr noch für die Eitelkeit von uns Frauen“, erklärte Maria, die sie begleitende Erzieherin. Damals sagte Birgitta: „Ich will heilig sein.“ Über das Datum ihrer Erstkommunion und Firmung ist nichts bekannt, doch wissen wir, dass sie bei der ersten Beichte zu Ostern 1615 ihr Vorhaben mit den Worten konkretisierte: „Ich will heilig sein und Nonne werden, um rascher heilig zu sein.“

Mit 18 Jahren äußerte sie den Wunsch, ins Kloster zu gehen. Ihr Vater stemmte sich dagegen und schlug ihr stattdessen vor, entweder zu Hause als Nonne zu leben oder zu heiraten. Birgitta wurde daraufhin schwer krank. Nachdem sie sich wieder erholt hatte, erfüllte sie weiterhin ihre häuslichen Pflichten und sorgte für die Armen, die Leidenden und ihre Altersgenossinnen, die sie durch beispielhafte Taten und Worte auf den Pfad der Tugend und zum Gebet führte, bis sie am Gründonnerstag des Jahres 1630, bei der Betrachtung ihres Unterfangens, zum Schluss kam, dass der Ehestand ein Stand der Heiligkeit sei.

Am 16. Oktober 1633 heiratete sie aus freier Entscheidung und gegen die damaligen Gepflogenheiten Matteo Zancano aus Cremona, der jedoch in Salsomaggiore (Parma) wohnte, weshalb sie Ligurien verlassen und in die Emilia-Romagna übersiedeln musste. Sowohl Birgitta als auch ihre Schwester Agatha setzten sich, ohne die eigene Familie zu vernachlässigen, aktiv gegen jede Form von Armut ein und wurden dabei von ihren Ehemännern unterstützt. Die Invasion der Spanier 1636 zwang die Familie Zancari jedoch, sich im nahegelegenen Schloss von Tabiano zu verschanzen, wo Birgitta und ihr Mann aufgrund der Unannehmlichkeiten und Entbehrungen infolge der Belagerung erkrankten. Während Matteo am 11. November 1637 an Tuberkulose starb, überlebte Birgitta von Schwäche und Trauer gepeinigt. Nunmehr Witwe und kinderlos, spielte sie unvermittelt mit dem Gedanken, sich in ein Kloster zurückzuziehen. Eine neuerliche Heirat lehnte sie entschieden, weihte sich stattdessen unter dem Gelübde immerwährender Keuschheit ganz Christus als ihrem einzigen Bräutigam und tat weiterhin wohltätige Werke. Der Pfarrer bildete sie zur Katechetin und zur Ausbildnerin für Religionslehrerinnen aus.

Im Juni 1640 verließ Birgitta Salsomaggiore und begab sich in das nahegelegene Piacenza, wo sie Gast ihres Bruders Gian Antonio war, weil ihr der Beichtvater Hoffnungen auf einen Platz bei den Kapuzinerinnen machte, die sich vor kurzem in der Stadt niedergelassen hatten. Diese wiesen sie jedoch ab, weil sie Witwe war. Andere Klöster kamen für sie nicht in Frage, weil sie nicht streng genug waren. Sie unterstellte sich nunmehr der Führung durch Jesuiten, die sie auch später begleiteten, und erging sich weiterhin in Gebeten und freiwilligen Diensten, vor allem zum Wohl der betagten Patientinnen im Spital Grande. Außerdem arbeitete sie zu Hause für die Gefangenen und unterstützte großzügig die Armen.

Ende 1645 konsultierte Margherita de’Medici Farnese die Jesuiten im Hinblick auf eine Person, die geeignet wäre, in Piacenza ein Kolleg für Mädchenerziehung, ähnlich dem Haus der Ursulinen in Parma, zu errichten. Birgittas Spiritual, Pater Giovanni Paolo Carletti, in dessen Auftrag sie zwischen 1642 und 1648 ihr kostbares spirituelles Tagebuch verfasste, legte dieser das Ansinnen vor und sie nahm die Einladung nach kurzer Überlegung an. Nach leidvollen Prüfungen durch das Herzogtum, Feindseligkeiten seitens der Verwandtschaft und der Zurückziehung einiger bereits zugesagter junger Ursulinen gründete sie schließlich am 17. Februar 1649, Aschermittwoch, gestärkt durch die Approbation des Diözesanbischofs, in äußerster Armut und unter ständigem Erbitten von Almosen mit fünf Gefährtinnen die neue Kongregation, das Kolleg von der hl. Ursula, später Ursulinen von der Unbefleckten Empfängnis Mariä genannt (Abb.) das sie der Leitung der Jesuiten unterstellte. Der Zweck des Instituts war ganz vom Charisma Birgittas geprägt: Gebet, allumfassende Nächstenliebe, erlösendes Sühneopfer, christliche Erziehung der Jugend durch Katechese und schulische Unterweisung. Daraus folgte als Grundregel des Lebens „die Nachfolge Christi und seiner göttlichen Tugenden“; diese besteht im Hochhalten „jenes Kreuzes, das wir wie einen Spiegel mit uns tragen“, im Arbeiten und Leiden „aus Liebe zu jenem Gott, der euch über alles liebt“, „mit einer solchen Vereinigung von Herz und Willen, dass man sagen kann: viele Personen, aber nur ein Herz und eine Seele“, „indem jede mit großer Demut jenen Part erfüllt, der ihr zukommt“ (Regeln und Schriften der Gründerin).

Am 24. Februar 1649 kamen aus Parma zwei jener Ursulinen, die Birgitta für ihre Gründung erbeten hatte, Laura Masi und Isabella Lampugnani. Masi wurde zur Vize-Priorin und Lehrerin in spirituellen und materiellen Belangen ernannt, während die Gründerin erst 1665 zur Priorin gewählt wurde, um dann 1670 und 1675 neuerlich bestätigt zu werden.

Während die neue Schwesterngemeinschaft und die jungen Frauen aus dem Kolleg beharrlich zu einem geregelten Leben des Lernens, Arbeitens und Betens mit persönlichem Gewinn und gutem Beispiel für die Stadt angeleitet wurden, bot Birgitta im April 1655 – getrieben von der Liebe zu Gott und dem Nächsten und mit Billigung ihres Spirituals – dem Herrn an, aus seinen Händen jedwedes Kreuz, im Besonderen jedwede Form von Krankheit zu empfangen, die Er ihr zu schicken gedachte, um Ihm ganz nah zu sein und zur Rettung der Seelen. Das Angebot wurde erhört, denn beginnend vom 19. / 20. April 1655 bis 1679 litt sie 24 Jahre unter unerklärlichen Krankheiten, wie die beiden behandelnden Ärzte bezeugten. Trotz körperlicher Schwäche, welche die Klarheit ihres Denkens und die Kraft des Geistes in keinster Weise beeinträchtigte, arbeitete sie, als sei sie die stärkste und gesündeste Person der Welt. Birgitta kodifizierte und verbesserte ihre Regel, verfasste eine beachtliche Zahl an Amts- und Leitungsschreiben und verschiedenste Schriften betreffend die religiöse Bildung, die Hausordnung und die Wohltäter sowie persönliche und mystische Werke, wobei sie sich unermüdlich für die Förderung ihrer Schwestern und Zöglinge einsetzte, ebenso wie für jeden, der sich mündlich oder schriftlich an sie wenden wollte, wenngleich sie sich selbst „als ein reines Nichts“ und „als zu nichts fähig“ beurteilte.

Als sie nicht mehr schreiben konnte, diktierte sie ihrer treuen Mitschwester Isabella Lampugnani Bücher über die Leitung der Kommunität, erbauliche und geistliche Schriften, Meisterwerke des Glaubens, subtile psychologisch-intuitive Werke sowie, dem Gehorsam ergeben, ihre spirituellen Erfahrungen und intimen Gespräche mit Gott. 1674 gesellte sich zu den körperlichen Gebrechen die moralische Prüfung: einige ihrer Schwestern lehnten sich, aufgehetzt vom unbedachten Beichtvater, gegen sie auf. Birgitta, die „ihre Schwestern mehr liebte als ihr Leben“, litt darunter mehr als unter all ihren körperlichen Schmerzen zusammen. Doch sah sie schweigend darüber hinweg, kein Wort kam über ihre Lippen, bis die Sache zufällig bekannt wurde und die Obrigkeit für die Versetzung des Aufwieglers sorgte. Birgittas Mund entfuhr trotz allem nie eine Klage, nur Dank und Verwunderung darüber, dass Gott sie eines solchen Leidens für würdig befand. Die rebellischen Schwestern hatten in ihr die gütigste aller Mütter und jene, die zu ihr standen, sagten, dass ihre Mutter und Oberin eine Heilige sei.

Ihr Institut, das anfangs kaum mehr war als eine von vielen verdienstvollen frommen Vereinigungen zur christlichen Erziehung von Mädchen, wandelte sich dank der Intuition und gediegenen Spiritualität Birgittas, die mittlerweile unter die Mystikerinnen gereiht wird, zu einer authentischen Religionsgemeinschaft mit klarem Profil und einer eigenen, auf die Weisheit des Kreuzes sowie echten missionarischen und ökumenischen Geist abgestimmte Regel, sodass es gelang, die Jahrhunderte bis zur kirchlichen Anerkennung in der Revision von 1936 zu überdauern, als die Kongregation unter der Bezeichnung Ursulinen von der Unbefleckten Empfängnis Mariä zu einem Institut päpstlichen Rechts wurde.

Von Birgittas Spiritualität zeugen zudem ca.100 Briefe, einige autobiografische Schriften und andere Erbauungswerke, wie Della presenza di Dio soprannaturale e straordinario dentro di noi medesimi (Von der übernatürlichen und außerordentlichen Gegenwart Gottes in uns selbst, 1662), Documenti alle sue figliole (Dokumente an ihre Töchter) usw., aus denen man ein genaues Bild ihrer spirituellen Erfahrungen ableiten und eine Mystikerin erkennen kann, die, obwohl weniger bekannt, zur Schar der großen Mystiker des 17. Jahrhunderts gehört.

Am 3. September 1679 empfahl sie schließlich, mit einem Lächeln zum Kruzifix hin, nach 24 Jahren mysteriöser Krankheiten sowie 30 Jahre und sechs Monate nach der Gründung ihren Geist dem Herrn. Sie stand im Ruf einer nicht alltäglichen Heiligkeit und wurde von allen betrauert. Die Beerdigung erfolgte in der Ortskirche von S. Pietro, von ihrem Grab fehlt heute jedoch jede Spur.

Am 15. März 1998 wurde Birgitta von Jesus Morello von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at