Andreas Resch: Bonifatia Rodríguez Castro

BONIFATIA RODRÍGUEZ CASTRO
(1837-1905)

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION
DER DIENERINNEN
DES HL. JOSEF

Heilig: 23. Oktober 2011
Fest: 8. August

BONIFATIA RODRÍGUEZ CASTRO wurde am 6. Juni 1837 als erste Tochter der Eheleute José Rodríguez Gutiérrez und Maria Natalia Castro Jiménez in Salamanca, Spanien, geboren. Bei der Taufe am darauffolgenden 10. Juni erhielt sie den Namen Bonifatia. Die Eltern waren einfache Handwerksleute und tiefgläubige Christen. Ihre größte Sorge war die Glaubenserziehung der sechs Kinder. Die erste Schule für Bonifatia war das Elternhaus, wo der Vater seine Schneiderei hatte. Am 8. August 1842 erhielt sie das Sakrament der Firmung.

Nach Beendigung der Grundschule erlernte sie das Seilerhandwerk, das sie perfekt beherrschte. Nach dem Tod des Vater 1853 begann sie sich selbst ihr Brot zu verdienen, um der Mutter beim Unterhalt der Familie zu helfen. Die Notwendigkeit zu arbeiten, um zu leben, drückte ihrer Persönlichkeit von Anfang an einen starken Charakter auf. So erfuhr sie am eigenen Leib die harten Arbeitsbedingungen der Frauen ihrer Zeit: zermürbende Arbeitszeiten und niedrigste Löhne. Nach Überwindung erster ökonomischer Engpässe eröffnete sie ihre eigene Werkstätte für „Seile, Posamenten und andere Manufakturware“, wo sie mit größtmöglichem Bedacht tätig war und das verborgene Leben der Familie von Nazareth nachahmte.

Von 1865 an, dem Jahr der Heirat Augustinas, die als Einzige von den Geschwistern das Erwachsenenalter erreichte, widmeten sich Bonifatia und ihre Mutter einem Leben tiefer Frömmigkeit und besuchten täglich die von den Jesuiten geleitete Kirche La Clerecía, um der Messe beizuwohnen, die Kommunion zu empfangen und mit Andacht ihre Gebete zu verrichten. Bonifatia war eine große Verehrerin der Maria Immakulata und des hl. Josef – was nach der Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis 1854 und der Erklärung des hl. Josef zum Patron der Universalkirche 1870 von besonderer Aktualität war.

Eine Gruppe befreundeter Mädchen aus Salamanca, die vom Lebenszeugnis der beiden beeindruckt waren, begann sich an Sonntagnachmittagen und Festtagen in deren Wohn- und Arbeitsstätte einzufinden. Sie suchten in Bonifatia eine Freundin, die ihnen helfen würde. Zusammen beschlossen sie, eine Gemeinschaft der Immakulata und des hl. Josef zu gründen, die dann Josefsgemeinschaft genannt wurde. Auf diese Weise erhielt Bonifacias Werkstätte eine klare apostolische und soziale Ausrichtung zur Vorbeugung der Bedingungen der Arbeiterfrauen. 

Schrittweise entfaltete sich bei vielen von ihnen die religiöse Berufung. Bonifatia wusste sie zu führen, wobei sie die besonderen Nuancierungen der Berufungen bei jeder Einzelnen respektierte. Die meisten von ihnen traten in verschiedene Kongregationen ein. Auch Bonifatia spürte die Berufung und spielte mit dem Gedanken, zu den Dominikanerinnen zu gehen. Doch gab ein Ereignis von grundlegender Bedeutung ihrem Leben eine Wende, nämlich die Begegnung mit dem katalanischen Jesuiten Francisco Javier Butiñá i Hospital, geboren in Bañolas in der Provinz Girona (1834-1899). Dieser kam im Oktober 1870 nach Salamanca, wo er der Arbeiterwelt mit großem seelsorglichen Einfühlungsvermögen gegenübertrat. Auf sie war sein Werk „Das Licht des Arbeiters, oder: die Sammlung von Lebensformen erleuchteter Gläubiger, die sich in einfachen Berufen heiligten“ ausgerichtet. Angezogen von seiner Botschaft der Evangelisierung, welche auf die Heiligung der Arbeit abzielte, wählte ihn Bonifacia zu ihrem Spiritual. Durch sie kam P. Butiñá in Verbindung mit den Mädchen, die ihre Werkstätte besuchten, von denen der Großteil Hilfsarbeiterinnen waren.

Bonifatia eröffnete P. Butiñá ihre Entscheidung, Dominikanerin zu werden. Er aber schlug ihr vor, gemeinsam mit ihm die Kongregation der Dienerinnen des hl. Josef zu gründen – ein Plan, dem sich Bonifatia gern anschloss. So kam es, dass Bonifatia, ihre Mutter und fünf junge Frauen der Josefsgemeinschaft am 10. Januar 1874 in ihrer Wohn- und Werkstätte in Salamanca ein Gemeinschaftsleben begannen. Es ist dies das Gründungsdatum des neuen Instituts. Drei Tage vorher, am 7. Januar, hatte der Bischof von Salamanca, Joaquín Lluch y Garriga, das Errichtungsdekret unterschrieben und die ersten Konstitutionen approbiert, die von Butiñá verfasst waren und in aller Deutlichkeit das Charisma der Kongregation zum Ausdruck brachten: Die Dienerinnen des hl. Josef suchten in hauseigenen Werkstätten ihre Heiligung durch das Gebet und die gemeinsame Arbeit. Ihr apostolisches Ziel war es, arme arbeitslose Frauen davor zu bewahren, sich zu verlieren, indem sie ihnen in ihren Werkstätten Arbeit anboten und so die Risken umgingen, denen die Frauen damals ausgesetzt waren, wenn sie zur Arbeit außer Haus mussten. Dieses Ziel mit klarer sozialer Ausrichtung entsprach einer dringenden Notwendigkeit ihrer Zeit. Die Häuser der Kongregation nannten sich „Werkstätten von Nazareth, da ihnen die ärmliche Behausung, in der Jesus, Maria und Josef mit ihrer Hände Arbeit und im Schweiße ihres Angesichts ihren Unterhalt verdienten, als Modell und Beispiel diente“.

Diese Form religiösen Lebens war zu mutig, um nicht auf Widerstand zu stoßen. Umgehend wurde sie vom Diözesanklerus Salamancas bekämpft, der nicht in der Lage war, die evangelische Tiefe dieser Lebensform, die sich so nahe an der Arbeitswelt bewegte, zu begreifen.

Drei Monate nach der Gründung wurde P. Butiñá mit seinen jesuitischen Mitbrüdern ins Exil außerhalb Spaniens geschickt und 1875 wurde Bischof Lluch y Garriga nach Barcelona versetzt. Nur ein Jahr nach Entstehung des Instituts fand sich Bonifatia allein an dessen Spitze. Die neuen Leiter der Gemeinschaft, vom Bischof ernannte Weltpriester, begingen die Unklugheit, unter den Schwestern Zwietracht zu säen, und so begannen einige von ihnen, durch sie aufgehetzt, sich gegen die Werkstätte, die als Lebensform gedacht war, und gegen die Aufnahme von Arbeiterfrauen zu stellen. Bonifatia, die Gründerin, die das Projekt ohne Makel verkörperte, das zur Gründung der Dienerinnen des hl. Josef geführt hatte, duldete keine Änderungen an dem von P. Butiñá in den Konstitutionen formulierten Charisma. Dieser ersuchte Bonifatia in der gegebenen Situation, sich nach Girona zu begeben und sich dort mit den anderen von ihm gegründeten Kommunitäten zusammenzuschließen. Der kirchliche Obere der Kongregation, der den Jesuiten gegenüber eine starke Aversion hatte, die von Bonifatia jedoch verehrt wurden, nützte ihre einmonatige Abwesenheit, um ihre Absetzung als Oberin und Leiterin des Instituts zu betreiben.

Nach Salamanca zurückgekehrt, gelobte Bonifatia, ohne ein Wort des Protests, der neuen Oberin gegenüber Gehorsam und so begannen sechs harte Monate voller unaussprechlicher Erniedrigungen, in der Absicht, sie zum Verlassen der Gemeinschaft zu bewegen. Zur Lösung des Konflikts schlug Bonifatia dem Bischof von Salamanca, Narciso Martínez Izquierdo, die Gründung einer neuen Kommunität in Zamora vor. Nachdem diese von ihm und vom Bischof von Zamora, Tomás Belestá y Cambeses, in ihrer juristischen Form angenommen war, machte sich Bonifacia am 25. Juli 1883 gemeinsam mit ihrer Mutter auf den Weg dorthin, wobei sie ihren Schatz, die Werkstätte von Nazareth, in ihrem Herzen mitnahm. In Zamora flößte sie dem Projekt in voller Treue Leben ein, während in Salamanca die Formalitäten vorangetrieben wurden, um die Ausrichtung der Kongregation zu ändern. Sie sollte sich fortan der Unterrichtstätigkeit widmen. Am 1. Juli 1901 gewährte Papst Leo XIII. den Dienerinnen des hl. Josef die päpstliche Approbation mit den in Salamanca reformierten Konstitutionen, wobei das Haus in Zamora von der päpstlichen Approbation ausgenommen blieb.

Die Kraft der Einheit drängte Bonifatia, sich nach Salamanca zu begeben, um persönlich mit jenen Schwestern zu sprechen. Bei der Ankunft im Haus St. Theresa teilte man ihr jedoch mit: „Uns wurde angeordnet, Sie nicht einzulassen.“ Also kehrte sie nach Zamora zurück, mit von Schmerz durchbohrtem Herzen. Ihre Fähigkeit zu schweigen veranlasste sie, der Kommunität nichts davon zu sagen, sodass diese bis nach ihrem Tod nichts von dem Vorfall wusste. Doch nicht einmal diese neuerliche Zurückweisung konnte sie von ihren Töchtern in Salamanca trennen und so begann sie voller Gottvertrauen den Mitschwestern von Zamora anzudeuten, dass sie sicher sei, dass es nach ihrem Tod zur Vereinigung kommen werde.

In den verbliebenen Jahren ihres Lebens (1883-1905) respektierte Bonifatia getreulich den apostolischen Zweck der Kongregation, indem sie unter einem klaren sozialen Aspekt das Kolleg der Verlassenen gründete: arme Mädchen und junge Frauen, die Gefahr liefen, sich zu verlieren, sollten unentgeltlich aufgenommen, erzogen und zu christlichen Arbeiterinnen ausgebildet werden. Von ihren Mitschwestern verehrt, errichtete sie eine Kommunität im Stil der Familie von Nazareth, in einem liebevollen Umfeld des Gebets und der Arbeit, und führte diese mit allseits geschätzter Umsicht.

Bei ihrem Tod am 8. August 1905 ging durch ganz Zamora die Nachricht: „Eine Heilige ist gestorben.“ Ihr Grab befindet sich im Mutterhaus der „Siervas de San José“, Calle Marquesa de Almarza, 1-19, Salamanca, Spanien.

Am 23. Januar 1907 vereinigte sich das Haus von Zamora mit dem Rest der Kongregation, die sie und P. Butiñá 1941 als Gründerpersönlichkeiten anerkannte.

Am 23. Oktober 2011 wurde Bonifatia Rodríguez Castro von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen, nachdem sie Papst Johannes Paul II. am 9. November 2003 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]

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