Andreas Resch: Bernhardina Maria Jablonska

BERNHARDINA MARIA JABŁONSKA
(1878-1940)

MITBEGRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN
VOM DRITTEN ORDEN
DES HL. FRANZISKUS

DIENERINNEN
DER ARMEN

(ALBERTINEN)

Selig: 6. Juni 1997
Fest: 23. September

BERNHARDINA MARIA JABŁONSKA wurde am 5. August 1878 als zweites Kind des Ehepaars Gregor Jabłoński und Maria Roman im Dorf Pizuny bei Narol in Polen geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Maria getauft. In der Familie erhielt sie eine gediegene christliche Erziehung und alle Liebe der Eltern. Zehn Jahre lang war sie die einzige Tochter, da das erste Kind bereits vor der Geburt starb und die anderen Geschwister erst 1888 bzw. 1891 zur Welt kamen. Die Eltern waren kleine Grundbesitzer und bei ihren Nachbarn sehr geschätzt. In dieser ländlichen Atmosphäre wuchs Maria gesund und fröhlich heran, wenngleich sie ein kleiner Wildfang war.

Da die Schule von ihrem Haus weit entfernt lag, vertrauten sie die Eltern einem Privatlehrer an, der Maria jedoch nicht zu bändigen wusste und nach einigen Monaten das Handtuch warf. Die Kleine wurde daraufhin zu entfernten Verwandten gegeben, wo ein anderer Lehrer den Kindern Privatunterricht erteilte. Dieser erfolgte nur bruchstückhaft und so lernte Maria, ein intelligentes Mädchen, lediglich lesen und etwas schreiben.
In dieser Zeit unternahm sie anlässlich des Festes des hl. Antonius und der hl. Maria von den Engeln gemeinsam mit ihren Eltern eine Wallfahrt zur Kirche der Franziskaner in Horyniec. Die Marienverehrung spielte im Hause der Familie Jabłoński seit jeher eine herausragende Rolle.

Als Maria 15 Jahre alt war, wurde ihre glückliche Kindheit durch den Tod der Mutter abrupt unterbrochen, was ihrem Leben eine völlige Wende gab. Das Ereignis traf sie so hart, dass sie diesen kritischen Augenblick in ihrem Leben selbst als „Bekehrung“ bezeichnete. Ihre Mutter, die tief religiös war, hatte großen Einfluss auf die Tochter gehabt und ihr vor allem die Verehrung des Allerheiligsten Altarsakraments und die kindliche Liebe zur Mutter Gottes vermittelt. Eine kleine Kapelle am Waldrand mit dem Bild der Unbefleckten Empfängnis, wo das Mädchen immer Sträuße aus Feldblumen hinbrachte, wurde zum bevorzugten Ort ihrer Meditationen. Dort vertraute sie Maria die Sorgen ihres jungen Lebens an. Und in der Kirche von Lipsk, wo sie getauft worden war, verbrachte sie viel Zeit mit der Anbetung des Allerheiligsten. Sie las viel, vor allem Biografien von Heiligen. Auf diese Weise kam sie immer näher zu Gott, dessen Ruf sie in der Tiefe ihrer Seele verspürte und den sie in der Schönheit der Natur, in der Einsamkeit und in ihrem Herzen mühelos wiedererkannte. So entstand in ihr der Wunsch nach einem Leben, das zur Gänze Gott geweiht war, in der Stille eines Konvents, weshalb sie mit verschiedenen Kasteiungen begann, die sie Büchern entnahm.
Der Vater ging eine zweite Ehe ein, der weitere fünf Kinder entsprangen, und Maria entschloss sich mit 18 Jahren – nachdem sie ein Heiratsangebot abgelehnt hatte – Ordensschwester zu werden,.

Am 13. Juli 1896 begegnete sie in Horyniec zum ersten Mal dem hl. Albert Chmielowski und bat ihn um Aufnahme in die von ihm 1891 gegründete Gemeinschaft der „Albertinen“, die sie für einen monastischen Orden hielt. Am 13. August desselben Jahres begab sich Maria nach Brusno, wo sich das abgelegene Haus der Albertinen befand. Auf die Frage von Frt. Albert nach dem Motiv ihrer Entscheidung antwortete sie, dass sie Jesus Christus gehören und ihn innig lieben wolle. Bei ihrem Eintritt bei den „Schwestern Dienerinnen der Armen“ (Albertinen) bildeten diese noch keine eigentliche Kongregation. Sie trugen ein Leinengewand, meditierten und beteten, waren jedoch nicht an Gelübde gebunden. Da sie noch keine Regeln und nicht einmal die kirchliche Approbation besaßen, galten sie als private karitative Institution.

Nach zehn Monaten Postulat nahm Maria am 3. Juni 1897 gemeinsam mit sechs weiteren Postulantinnen das Ordenskleid, wählte den Namen Bernhardina und legte das Gelübde als Terziarin ab. Zur ersten Prüfung ihrer Berufung wurde die junge Schwester in das Hospiz der Obdachlosen nach Krakau geschickt, wo sie auf ein ihr völlig fremdes Umfeld traf. Bis dahin war ein Armer für sie nichts weiter als ein alter Vagabund gewesen, dem man für seine Geschichten von fernen Ländern ein warmes Essen und ein gutes Wort darreichte. Sie wusste rein gar nichts von der körperlichen und moralischen Armut in der großen Stadt. Sie, die die Stille und das Gebet liebte, fand sich plötzlich in einem Haus, umgeben von wehklagenden Kranken, tobenden Geisteskranken und den vulgären Beschimpfungen Gestrandeter, die ihrem Hilfeersuchen mittels Gewalt Nachdruck verliehen. Sie war dermaßen erschüttert, dass sie unverzüglich aufgeben wollte.

Frt. Albert, der ein waches Auge hatte, erklärte und lehrte durch sein Beispiel, dass diese Personen nicht nur der Pflege bedurften, sondern vor allem der Zuwendung wie der leidende und verachtete Christus. Es war dies eine sehr schwierige, aber faszinierende Form der Liebe, die ein Höchstmaß an Heiligkeit in Aussicht stellte. Zum kritischen Moment kam es am Karsamstag 1899, als sie glaubte, nicht mehr durchhalten zu können, auch nicht für den Bruchteil einer Sekunde. Da schloss Frt. Albert, unter dem Einfluss der göttlichen Gnade, für sie den Vertrag der heroischen Hingabe an Gott, den Bernhardina nach langem Gebet unterzeichnete: „Ich vermache Jesus Christus meine Seele, meinen Geist und alles, was ich besitze. Ich biete meine Person für alle Zweifel, die inneren Härten, die Qualen und geistigen Leiden, für alle Demütigungen und Geringschätzungen, alle körperlichen Schmerzen und Krankheiten. Dafür will ich nichts, weder jetzt noch nach meinem Tod, weil ich all dies aus Liebe zu Jesus Christus tue.“

Von diesem Augenblick an schwanden alle Zweifel und sie konnte ihr Versprechen halten, während sie der Herr großmütig über die Mystik zu den Höhen der Kontemplation führte. Frt. Albert, der ihre großen Vorzüge schätze, ernannte sie 1899 zur Oberin des Hauses Krakau und am 7. April 1902, im Alter von erst 24 Jahren, zur Generaloberin der entstehenden religiösen Gemeinschaft, womit sie die Leitung von sechs Häusern für die Armen übernahm, in denen 30 Schwestern arbeiteten.

Sr. Bernhardina führte die Gemeinschaft an der Seite von Frt. Albert, indem sie seinem Beispiel folgte und Christus in den Armen dienen lernte. Nach Alberts Tod am 25. Dezember 1916 ruhte auf ihren Schultern die ganze Last der aufstrebenden Gemeinschaft und der vielen Bedürftigen, welche die albertinischen Herbergen bevölkerten. Es war eine ziemlich schwierige Zeit, die Gesellschaft war aufgrund des Krieges verarmt, es gab viele Obdachlose, Invaliden und Waisen. Um diese schwierige Aufgabe zu meistern, bedurfte es schon außergewöhnlicher Fähigkeiten, .

Zudem hatte Frt. Albert der Gemeinschaft weder schriftliche Konstitutionen noch eine schriftliche Approbation seitens der kirchlichen Behörden hinterlassen, aus Enttäuschung über die neuen Normen der Religiosenkongregation, die es nicht erlaubten, Kongregationen ohne materielle Grundlage und mit nur einfachen Gelübden zu approbieren. Als Sr. Bernhardina auf dem ersten Kapitel der Kommunität am 9. Februar 1922 von den Mitschwestern einstimmig wieder zur Generaloberin gewählt wurde (ein Amt, das sie bis zu ihrem Tod bekleiden sollte), machte sie sich sofort mit Feuereifer und Sinn für Verantwortung an die Ausarbeitung der Konstitutionen. Nachts arbeitete sie, betete und schrieb auf den Knieen, während sie sich tagsüber um die Schwestern und die Armen kümmerte.

Am 19. Juni 1926 erhielt die Kongregation der Schwestern vom Dritten Orden des hl. Franziskus, Dienerinnen der Armen (Abb.) die erste diözesane Approbation. Am 25. Dezember 1927 legte Sr. Bernhardina gemeinsam mit 33 Gefährtinnen die einfachen Ordensgelübde ab und drei Jahre später, am 25. Dezember 1930, die ewigen Gelübde.

Nach all den Mühen, den vielen Gebeten und Erfahrungen war Sr. Bernhardina außerordentlich feinfühlig für die Leiden anderer geworden und wenn es ihr nicht gelang, deren Bedürfnisse zu stillen, bat sie den Herrn, an ihrer Stelle leiden zu dürfen. Und so sollte es geschehen. Am Ende ihres Lebens war ihr Körper mit eitrigen Geschwüren übersät, die bis zu den Knochen reichten. Einmal entschlüpfte ihr das Bekenntnis, dass sie um diese Wunden, die sie so sehr verabscheute, gebetet hatte.

Sr. Bernhardina starb am 23. September 1940 und wurde auf dem Friedhof Rakowicki in Krakau begraben. Ihr Vermächtnis an die Schwestern lautete: „Tut allen Gutes!“ 1984 wurden ihre sterblichen Überreste in die Kirche Ecce Homo, Woronicza 10, Krakau, überführt, wo sich auch die Reliquien von Frt. Albert befinden.

Die Albertinen verdanken Sr. Bernhardina sowohl die juridische Absicherung als auch die Konstitutionen und die dynamische Entwicklung ihrer Gemeinschaft; daher wird sie als Mitbegründerin der Kongregation der Albertinen betrachtet.

Am 6. Juni 1997 wurde Sr. Bernhardina Jabłońska von Papst Johannes Paul II. in Zakopane, Polen, seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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