Andreas Resch: Benedikta Cambiagio Frassinello

BENEDIKTA
CAMBIAGIO FRASSINELLO
(1791-1858)

GRÜNDERIN
DES INSTITUTS DER
BENEDIKTINERINNEN
VON DER VORSEHUNG

Heilig: 19. Mai 2002
Fest: 21. März

BENEDIKTA CAMBIAGIO FRASSINELLO wurde am 2. Oktober 1791 als Tochter der Bauersleute Giuseppe Cambiagio und Francesca Ghiglione in Langasco, Diözese Genua, Italien, geboren. Bei der Taufe erhielt sie den Namen Bene­dikta. Als viertes von fünf Kindern verbrachte sie ihre Kindheit im Schoß der Familie. 1804 übersiedelten die Cambiagios aufgrund der politischen Ereignisse wie viele andere Familien in die ländliche Umgebung von Pavia. Benedikta verbrachte so ihre Jugendjahre zunächst in der Umgebung von Pavia und anschließend in der Stadt. Sie widmete sich der Hausarbeit und half im kleinen Gemüseladen ihrer Eltern mit. Benedikta wollte sich jedoch Gott weihen. Zuweilen hatte sie sich sogar an einem einsamen Ort in der Nähe der Stadt versteckt und ihre Familie, die an das Schlimmste dachte, dadurch in große Angst versetzt. Nachdem man sie gefunden hatte, zwangen sie ihre Leute, von dem Vorsatz, wie eine Einsiedlerin zu leben, Abstand zu nehmen. Mit Ausnahme dieser wenigen Notizen ist über ihre Kindheit und Jugend nahezu nichts bekannt. In Pavia scheint sie ca.15 Jahre gelebt zu haben. Von 1812 an sorgte Benedikta 13 Jahre lang für ihre kranke Schwester Maria.

Obwohl sie mit dem Gedanken spielte, Ordensfrau zu werden, fügte sie sich dem Willen der Eltern und heiratete den Bauern und Tischler von Ronco Scrivia, Giovanni Battista Frassinello, der in jungen Jahren mit seiner Familie aus Vigevano eingewandert war. Die Hochzeit fand am 7. Februar 1816 in Pavia statt. Die beiden harmonierten, spirituell gesehen, so perfekt, dass sie nach zwei Ehejahren in gemeinsamem Einverständnis beschlossen, wie Bruder und Schwester zu leben, und so blieb es all die weiteren Jahre ihres Lebens. Sie wohnten in der Strada Nuova in der Nähe der Cambiagios und betrieben ein kleines Gemüsegeschäft. Benedikta hegte jedoch nach wie vor den Wunsch, ein Leben des Gebets und im Dienst an Gott zu führen. 1825 starb die kranke Schwester, die sie zusammen mit ihrem Mann liebevoll gepflegt hatte, womit ihrer religiösen Berufung nunmehr ein Hindernis weniger entgegenstand. Unter der Leitung und mit Zustimmung des Somaskers P. Giacomo de Filipi, des Spirituals der beiden Eheleute, zog sich Benedikta 1825 nach dem Versuch, bei den Kapuzinerinnen von Genua Aufnahme zu finden, in den Konvent der Ursulinen von Ca­priolo bei Brescia zurück, während ihr Mann am 22. Dezember desselben Jahres bei den Somaskern aufgenommen wurde.

Während sie im Kloster von Capriolo in Gemeinschaft mit anderen Ordensschwestern lebte, die dort nach der napoleonischen Unterdrückung der Klöster Zuflucht gesucht hatten, wurde Benedikta bewusst, dass der Herr sie für den Dienst an der in Pavia zahlenmäßig stark vertretenen weiblichen Jugend ausersehen hatte, die dort in großer Verwahrlosung und moralischer Verkom­menheit ihr Leben fristete. Der Austritt aus dem Kloster nach acht Monaten war durch eine Krankheit bedingt, die sie 1826 zwang, nach Pavia zurückzukehren, wo sie sich im Haus der Eltern niederließ, während ihr Mann bei den Somaskern blieb. Ermuntert vom Bischof, begann sie damit, verlas­sene und gefährdete Mädchen aufzunehmen, stieß bei ihren Eltern allerdings auf wenig Verständnis. Benedikta setzte ihre Tätigkeit jedoch unbeirrt fort, gestützt durch den Bischof, der ihr riet, in ein eigenes Haus zu ziehen. Auch beorderte er den Ehemann zurück, damit er ihr helfe und sie beschütze. So verließ Giovanni in Ehren das Noviziat und kehrte zu seiner Frau zurück. Beide legten nun in die Hände des Bischofs das Gelübde der Keuschheit ab. Daraufhin widmeten sie sich hingebungsvoll der Aufnahme armer, verlassener Mädchen aus der Stadt, um ihnen eine humane und christliche Ausbildung zukommen zu lassen.

Am 29. September 1826 mietete Benedikta ein Haus, in dem sie sieben Waisen zwischen vier und 13 Jahren unterbrachte, und als deren Zahl zunahm, erreichte sie unverhofft Hilfe von Seiten des Cav. Domenico Pozzi, der ihr 1827 ein neues Haus verschaffte, das sich gut als Schule eignete – die erste dieser Art in Pavia. Das Werk gedieh und zählte schon bald eine stattliche Anzahl von Mädchen. Zum Zeichen der Anerkennung wurde die Institution „Frommes Werk Angelo Domenico Pozzi“ genannt. Dieser jedoch wollte, dass man es „Haus Benedikta“ nenne und die Mädchen „Töchter von Benedikta“. Am 25. November 1828 weihte der Bischof den neuen Sitz ein. Die Zahl der Aufgenommenen nahm innerhalb kurzer Zeit zu, sodass die Einrichtung 1831 bereits mehr als hundert zählte.

Das Werk fügte sich gut in das quirlige gesellschaftliche Leben von Pavia – zu einer Zeit, wo die Institution der Schule als ein echter Glücksbringer aufgefasst wurde. Benedikta war die erste Frau der Stadt und der Provinz, die auf dieses Bedürfnis aufmerksam machte, weshalb sie 1836 von der österreichischen kaiserlich-königlichen Re­gierung mit dem Titel einer „Förderin des öffentlichen Unterrichtswe­sens“ bedacht wurde.

Zum Zwecke der Erziehung und Ausbildung der Mädchen und für das freiwillige Personal, das dort den Dienst versah, verfasste Benedikta Regeln, die von der kirchlichen Autorität approbiert wurden. Diese sahen eine Kombination von Unterricht, Katechese und Arbeit zur Heranbildung der Mädchen zu „Musterbeispielen christlichen Lebens“ vor, um so den Grundstein für echte Familien zu legen.

Benedikta blieb in Pavia von 1826 bis 1838, wo sie gemeinsam mit den von ihr damals persönlich instruierten Gefährtinnen das Werk der Prävention leitete. Sie genoss die Wertschätzung der Bevölkerung ebenso wie jene der kirchlichen und staatlichen Behörden. Gleichzeitig wurde sie allerdings von antiklerikalen Kreisen der Stadt stark angefeindet. Von 1835 an entbrannte gegen das Werk eine heftige Verleumdungskampagne seitens einiger einflussreicher Personen, aber auch durch Mitglieder des Klerus. Benedikta ertrug drei Jahre lang alles im Vertrauen auf den Herrn, bis selbst der Bischof seine Einstellung ihr gegenüber änderte.

Als sie sich von sämtlichen Autoritäten isoliert sah, trat sie am 16. Juli 1838 zur Rettung des Werkes ihren gesamten Besitz an den Bischof ab und verließ Pavia in Begleitung ihres Mannes und mit fünf Gefährtinnen in Richtung Ligurien. Seit ca. fünf Jahren hatte man sie nach Rivarolo (Genua) eingeladen, um dort eine Schule zu errichten, die inzwischen jedoch von einem anderen Institut eröffnet worden war. Daher blieb sie in Ronco, dem Geburtsort ihres Mannes, und nahm dort die Einladung des Pfarrers und angesehener Familien des Ortes an, sich um die Mädchen zu kümmern. Nachdem sie eine einfache Wohnung bezogen hatte, begann sie am 28. Oktober 1838 mit den fünf Gefährtinnen ihr neues Apostolat, das sie in einer Petition an die religiösen und zivilen Behörden umfassend beschrieb. 1840 zählte ihre Schule 40 Schülerinnen und ihre segensreiche Tätigkeit war allgemein geschätzt.

Im Geist der Regeln von Pavia erstellte Benedikta die neuen Normen: Regeln und Konstitutionen der Benediktinerinnen unter dem Titel und dem Schutz der Allerseligsten Jungfrau Maria von der Vorsehung und des heiligen Benedikt mit einer Erweiterung des Apostolats und entsprechend den neuen lokalen Bedürfnissen. Der Zweck des Instituts sollte vor allem die Beherbergung armer, verlassener und mittelloser Mädchen sein – wobei so viele aufgenommen werden sollten, als ernährt werden konnten – und an zweiter Stelle die Aufnahme von Töchtern begüterter Familien zur Ausbildung im Konvikt. 1856 wurden die Regeln von Msgr. Charvez approbiert. So entstand die neue Ordensgemeinschaft Institut der Benediktinerinnen von der Vorsehung.

1849 eröffnete Benedikta ein Haus in Voghera. Inzwischen wurde ihr Weggang aus Pavia von vielen bedauert, und man plädierte für ihre Rück­kehr. So kam Benedikta, wenige Jahre nach ihrer Abreise, 1851 wiederum nach Pavia, um dort ein neues Haus für Mädchen zu eröffnen und zu leiten, was sie durch den Erwerb des alten Benediktinerinnenkonvents San Gregorio bewerkstelligte. Von Pavia aus stand sie in Verbindung mit den Schwestern in Ronco.

Im November 1856 bedrängte sie der Pfarrer von San Quirico in Val Polcevera, im Dorf eine Schule zu errichten. Im Oktober 1857 verließ sie Pavia mit dem Ziel S. Quirico. Als sie in den Zug stieg, klagte sie jedoch über Unwohlsein; bereits herzkrank, erlitt sie einen schweren Kollaps. Man wies ihr ein Zimmer des Mutterhauses in Ronco zu, wo sie die letzten fünf Monate ihres Lebens im Bett verbrachte; währenddessen erfolgte die Einkleidung einiger Schwestern mit der modifizierten Ordenstracht. Kurze Zeit vor ihrem Tod wurde Benedikta von jemandem besucht, der ihr großes Lob aussprach und sagte, dass sie ein Denkmal verdiene. Benedikta erwiderte jedoch, dass sie es vorziehe, irgendwo am Straßenrand beerdigt zu werden. Sie starb nach geduldig ertragenem Leiden am 21. März 1858 um 13.00 Uhr, genau an dem von ihr vorausgesagten Tag. Bestattet wurde sie auf dem kleinen Friedhof von Ronco Scrivia, der 1944 bei einem Bombenangriff zerstört wurde; dabei gingen die sterblichen Überreste von Benedikta Cambiagio unwiederbringlich verloren. Lediglich ein Fragment ihres Schädels wird in einem eigens angefertigten Reliquiar im Generalatshaus der Benediktinerinnen von der Vorsehung, via S. Giuliano, 10, Genua, Italien, aufbewahrt.

Am 19. Mai 2002 wurde Benedikta Cambiagio Frassinello von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der sie am 10. Mai 1987 seliggespr­chen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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