Begriffe Ah

Ah Bolom Tzacab. Gott des Ackerbaues bei den Maya, der wegen seiner Darstellung mit einem Blatt in der Nase „Gott mit der Blattnase“ genannt wurde. Die Archäologen nannten ihn früher Gott K. Er galt auch als Herrscher über Regen und Donner sowie als Patron kultischer Feste, der Musik und des Tanzes. In den Chilam-Balam-Büchern erscheint er als „Gott der Hölle“. Ebenso finden sich die Bezeichnungen Ah Bolon Dz’acab und Bolon Zacab.

Lit.: Libro de Chilam Balam de Chumayel. México: Universidad Nacional Autónoma de México, Dirección General de Publicaciones, 1973.

Ah uoh puc. Dämon der Zerstörung bei den Maya, der als „Herr der sechs Höllen“, Uac mitun ahau, als Skelett dargestellt wurde. Seine Attribute waren der Hund und der Moan-Vogel, ein mythischer Wolkendämon.

Lit.: Schellhas, Paul: Die Göttergestalten der Mayahandschriften. Berlin: Asher, 1904; Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989.

Ahad. Islamischer Name > Allahs als der Eine und Einzige.

Ahadiyah (arab., „die Einheit“). A. bedeutet in der Mystik der > Sufis die vollkommene Versenkung des Geistes als höchster erfahrbarer Bewusstseinszustand in der Meditation, in dem sich die volle Einheit einstellt, die sich jeder unterscheidenden Erkenntnis entzieht und daher dem Menschen als solchem nicht zugänglich ist, da sie die Auslöschung aller Spuren der Erschaffenen voraussetzt.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991; Hughes, Thomas Patrick: Lexikon des Islam. Wiesbaden: Fourier, 1995.

Ahalya (sanskr.) In der hinduistischen Mythologie die erste Frau die von > Brahman erschaffen wurde. Sie war eine der Krittika-Schwestern, das indische Äquivalent zu den > Pleiaden, und Gemahlin des Weisen Gautama, der ebenfalls eine Schöpfung Brahmans war. Ihre Schönheit beindruckte > Indra, den König der Götter. Dieser wandte sich an die > Sonne um Hilfe, doch diese lehnte ab. Da wandte er sich an den > Mond, der die Begegnung ermöglichte, indem er die Gestalt eines Hahnes annahm und krähte, so dass Gautama glaubte, es sei schon Zeit, das eheliche Lager zu verlassen und seine morgendlichen Gebete zu verrichten. Seinen Platz nahm Indra ein, der A. verführte. Dies kam beide teuer zu stehen, doch fanden sie Vergebung.
In der Erklärung dieser Legende wird die Verführung als das Verschwinden der Nacht (Ahalya) beim Aufgang der Sonne (Indra) gedeutet. Symbolisch wird dadurch der Zeugungsakt bezeichnet. In der esoterischen Frauenbewegung, die der Mythologie der indischen Göttinnen großes Interesse zollt, wird A. mit der biblischen > Eva verglichen.

Lit.: Bhushan, Indu: Ahalyåa. Dillåi: Såamayika Prakåaâsana, 1969; Ions, Veronica: Indische Mythologie. Neuaufl. Wiesbaden: Vollmer, 1978.

Aham Brahman Asmi (hind., „Ich bin Brahman“), eines der > Mahavakyas, der großen Lehrsätze der Veden. Die mantrischen Formeln lauten:

Aham Brahma,
Aham Brahm (oder Brahma) asmi. (A-ham-brah-ma-as-mi)

in der Bedeutung:

Ich bin Brahma (oder Brahman), als Ausdruck der absoluten Identität des Selbst mit > Brahman. Aham ist das wirkliche Ich (> Atman) des Menschen und muss von > Ahamkara (Ichbewusstsein) unterschieden werden.

Lit.: Spiesberger, Karl: Das Mantra-Buch: Wortkraft – Tongewalten – Macht der Gebärde. Berlin: Richard Schikowski, 1977; Myers, Michael: Brahman: a Comparative Theology. Richmond: Curzon, 2001.

Ahamkara (sanskr., „Ich-Macher“). A., das Ichbewusstsein, entsteht, wenn sich die Seele (> Atman) mit dem feinstofflichen Körper oder dem > Ätherleib verbindet, und gehört neben Verstand (> manah) und Intelligenz (> buddhi) zu den drei feinstofflichen Elementen, die das dreifache innere Organ > Antahkarana bilden, welches alle geistigen Vorgänge möglich macht. Gemäß dem metaphysischen Dualismus des > Samkhya aber fällt es in den Bereich der Materie. Innerhalb der Hierarchie der feinstofflich-psychischen Faktoren ist A. nach der Entfaltung der Intelligenz jene Instanz, die zwischen Subjekt und Objekt unterscheidet und so die Annahme eines Ichs erst ermöglicht. A. ist die Voraussetzung für den Tastsinn und die Möglichkeit des Menschen, mit der Außenwelt in Verbindung zu treten. Aus A. entspringen nämlich ihrerseits die fünf feinen Elemente (tanmatra) und die Fähigkeiten und Tätigkeiten der Sinnesorgane, denen die aus den tanmatras entstandenen Grobelemente (bhuta), aus denen wiederum die wahrnehmbare Welt besteht, als Sinnesobjekte gegenüberstehen.

Lit.: Frauwallner, Erich: Geschichte der indischen Philosophie. Salzburg: Müller, 1953; Spiesberger, Karl: Das Mantra-Buch: Wortkraft – Tongewalten – Macht der Gebärde. Berlin: Richard Schikowski, 1977; Eliade, Mircea: Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 2. Freiburg: Herder, 1987, S. 54.

Ahasver. Zu rastlosem Wandern Verurteilter. Der Name Ahasver(osch) für den Perserkönig Xerxes (486 – 465 v. Chr.) stand bei den Juden vom Buch Ester her in übelstem Andenken. Nach rabbinischer Auslegung ist A. ein Mann des Unheils. Der Ausdruck, dessen Etymologie unsicher ist, wurde schließlich zur Symbolbezeichnung für den „ewigen Juden“. Seit etwa 1602, dem Erscheinungsjahr des Traktats „Kurtze Beschreibung und Erklärung von einem Juden mit Namen Ahasver“, trägt der zu ewiger Wanderung verurteilte Jude in der Volkssage diesen Namen. Vorformen finden sich bei Roger de Wendower, Mönch von St. Alban, 1235, und bei italienischen Chronisten des 13. Jhs. (hier unter dem Namen Cartaphilus). Durch das deutsche Volksbuch (man kennt über 50 Auflagen) ist die Geschichte von A. zur Berühmtheit gelangt. Einem Schuhmacher zu Jerusalem, der über Jesus das „Kreuzige“ gerufen und ihm auf dem Weg nach Golgatha roh eine Ruhebank verwehrte, habe Jesus zugerufen: „Ich werde ruhen, du aber sollst gehen, bis ich wiederkomme.“ Der Volksglaube hielt und hält bis in die Gegenwart an dieser Sagengestalt fest und sieht darin die Tragik des jüdischen Volkes, das nicht zur Ruhe komme. Diese Vorstellungen haben auch in Volksbräuchen ihren Niederschlag gefunden. In Tirol schlugen Holzfäller mit der Axt fünf Kreuze in die Strünke gefällter Bäume, damit der ruhelose Wanderer dort ausruhen könne – ein Brauch, der auch als Schaffung eines Ruheplatzes für die von der > Wilden Jagd verfolgten „Holzweiblein“, weibliche Naturgeister des Waldes, erklärt wurde.

Lit.: Kurtze Beschreibung und Erzehlung von einem Juden, mit Namen Ahasverus. Leyden: [s. n.], 1602; Dudulaeus, Chrysostomus: Warhafftige Contrafactur … von einem Juden von Jerusalem Ahasverus. Augsburg: [s. n.], 1618; Schmidt, Arno: Das Volksbuch vom Ewigen Juden. Danzig: Kafemann, 1927; Zirus, Werner: Ahasverus: der ewige Jude Berlin [u. a.]: de Gruyter, 1930.

Ahat oder Aqhat, nach der phönizischen Mythologie Sohn des lokalen Herrschers Daniel, der erst auf die Fürsprache des Regen- und Fruchtbarkeitsgottes > Baal vom obersten Gott > El einen Sohn erhielt. Als A. erwachsen war, bekam er vom göttlichen Handwerker > Kotar einen prächtigen Bogen aus gedrechselten Hörnern. Dieser gefiel auch der Göttin > Anat und sie versprach A. die Unsterblichkeit, wenn er ihr den Bogen überlasse. A. weigerte sich mit der Begründung, dass es das Los der Menschen sei, zu sterben. Anat ließ A. daraufhin ermorden. Im Kampf ging der Bogen jedoch verloren und Baal sandte zur Strafe eine Dürre auf die Erde. Daniel betrauerte den Tod seines Sohnes sieben Jahre lang. Hier endet die Geschichte. Es wird angenommen, dass A. zum Leben erweckt wird und das Land wieder Früchte trägt. Damit zählt A. vermutlich zu den sterbenden und > wiedergeborenen Göttern.

Lit.: Storm, Rachel: Die Enzyklopädie der östlichen Mythologie: Legenden des Ostens. Reichelsheim: Edition XXL GmbH, 2000.

Ahathoor Temple. Bezeichnung eines inneren Zirkels des > Golden Dawn-Ordens, den Samuel L. MacGregor > Mathers 1894 nach seiner Übersiedlung nach Paris gründete. Von 1894 – 1896 bestand diese Gruppe nur aus 11 Personen, zu denen auch Aleister > Crowley und der französische Okkultist > Papus gehörten. Die sehr autoritäre Führung des Ordens und die Aufnahme Crowleys, der bei den meisten Mitgliedern äußerst umstritten war, führte zur Spaltung.

Lit.: Frick, Karl R. H.: Licht und Finsternis: gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert; Wege in die Gegenwart. Teil 2: Geschichte ihrer Lehren, Rituale und Organisationen. Graz: ADEVA, 1978; Roberts: Marc: Das neue Lexikon der Esoterik. München: Goldmann, 1995.

Ahhazu („Fänger“, „Greifer“). Altsemitischer Dämon und Verursacher von Leberleiden. Zu den ältesten Versuchen der Klärung von Ursachen und Symptomatik der Krankheiten gehört nämlich das medizinische Konzept der > Dämonologie. Dieses Modell wurde nicht nur von den Mesopotamiern entwickelt und praktiziert, es blieb zu allen Zeiten aktuell bis hinein in die > Volksmedizin von heute.

Lit.: Schott, Heinz: Die Chronik der Medizin. Gütersloh; München: Chronik Verlag im Bertelsmann-Lexikon Verlag, 1993, S. 25.

Ahija (hebr., Jahwe = Bruder). A. ist der Name verschiedener atl. Personen. Am bekanntesten ist der Prophet Ahija aus Schilo. Er sagte unter Salomo die Teilung des Reiches voraus: Ahija fasste „den neuen Mantel, den er anhatte, zerriss ihn in zwölf Stücke und sagte zu Jerobeam: Nimm dir zehn Stücke; denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Ich nehme Salomo das Königtum weg und gebe dir zehn Stämme“ (1 Kön 11, 30 – 31). Ein Stück verblieb Juda, dem Sohn Salomos.
Als die Frau Jerobeams ihres kranken Kindes wegen später den Propheten verkleidet als Bäuerin aufsuchte, kündigte er ihr den Tod des Prinzen und den Untergang seines Herrscherhauses an, weil er den in ihn gesetzten Erwartungen nicht entsprach (1 Kön 14, 1 – 18).

Ahiman Rezon, or a Help to a Brother showing the Excellency of Secrecy and the first cause or motive of the Institution of Masonry; the Principles of the Craft; and the Benefits arising from a strict Observance thereof etc. etc. Also the Old and New Regulations etc. To which is added the greatest collection of Mason’s Songs etc. By Bro. Laurence Dermott, Secretary. London 1756.
Dieses Buch, dessen Titel noch nicht voll geklärt ist, wurde von der Freimaurerei lange kaum beachtet. In Wirklichkeit stellt der A. R. das Konstitutionsbuch der Ancient Masons dar, einer anderen Freimaurerei, die sich im 18. Jh. neben der Großloge von England bildete und in deren Auftrag es als Gegengewicht gegen die Andersonschen Konstitutionen herausgegeben wurde und mehrere Auflagen erreichte. Die Maurerei besteht nach A. R. aus dem Lehrlingsgrad, dem Gesellengrad und dem erhabenen Meister. Zum Meister sollte jedoch nur wählbar sein, wer den IV. Grad, den heiligen Royal Arch, erreicht hat. Das Buch ist in kämpferischer Form gegen die Neuerer verfasst. Der Unterschied lag vor allem in Ritualgebräuchen, die im Buch jedoch aus Gründen der Geheimhaltung nicht ausführlich beschrieben werden. Seit der Wiedervereinigung der beiden Logen hat das Buch in der > Freimaurerei nur mehr geschichtliche Bedeutung.

Lit.: Lennhoff, Eugen: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Ahimsa (sanskr., „Nicht-Töten“, „Nicht-Schädigen“). Das Zeitwort hims ist die Wunschform von han (töten, schädigen). Mit dem Substantiv A-himsa ist das Aufheben des Töten- und Schädigen-Wollens gemeint. Ab der Zeit der > Upanishaden werden Nicht-Töten und Nicht-Schädigen zu einer konstanten Forderung indischer Ethik. So werden im Rigveda die Ahnen angerufen, den Betern nicht zu schaden (hims). Himsa (das Töten- und Schädigen-Wollen) bedeutet zugleich auch eine Beeinträchtigung des > karman und damit eine negative Auswirkung auf die > Wiedergeburt. In der > Bhagavadgita (X, 5) wird daher von Krishna neben Zufriedenheit auch Mildtätigkeit gefordert, denn A. kann je nach Lebensgesetz (> dharma) des Einzelnen unterschiedliche Verhaltensweisen beinhalten. Auch im > Buddhismus und > Jinismus beruht das Verbot der Tötung von Lebewesen auf der durch den Seelenwanderungs- und Wiedergeburtsglauben getragenen Vorstellung, dass auch im kleinsten Tier eine erlösungsfähige Seele wohnen kann. Vorsichtsmaßnahmen wie Seihen des Trinkwassers, Kehren der Wege und das Verbot, den Erdboden aufzugraben oder gar Fleisch zu essen, dienen dem Schutz aller Lebewesen. Mahatma Gandhi (1869 – 1948) erweiterte das Prinzip der A. zu einer umfassenden Sozial- und Friedensethik. Hingegen haben der Neohinduismus und die neuere Esoterik A. kaum thematisiert.

Lit.: Altman, Nathaniel: The Nonviolent Revolution Ahimsa and Jainism. Bombay: Shree Vallabh Suri Smarak Nidhi, 1960; Kotturan, George: Ahimsa: Gautama to Gandhi. New Delhi: Sterling Publishers, 1973; Ghosh, Indu Mala: Ahimsa, Buddhist and Gandhian. Delhi, India: Indian Bibliographies Bureau, 1988.

Ahl-i-haqq (arab., „Besitzer der Wahrheit“). Eine Geheimreligion, deren Anhänger vor allem im westlichen Iran, in Luristan, Kurdistan und Azerbaidjan sowie im Transkaukasusgebiet leben. Sie sind nicht streng organisiert und es fehlt ihnen die kanonische Einheit, weshalb man sie auch als „Föderation verwandter Bewegungen“ bezeichnete. Die A. reicht in das 11. Jh. zurück und vereinigt in ihrer Lehre zoroastrische, manichäische, gnostische, jüdische, christliche und Sufi-Ideen in einem volkstümlichen messianischen Kult. Folgende Vorstellungen sind allen Gruppen gemeinsam: Ankunft des „Herrn der Zeit“ zur Erfüllung der Wünsche der Freunde und zum Umfangen des Universums; Glaube an sieben aufeinanderfolgende Manifestationen des Göttlichen in menschlicher Form (die sie als Hülle tragen), darunter > Jesus, Ali und Sultan Sohak. Von besonderer Bedeutung ist die Manifestation der Gottheit in Sultan Sohak, mit dem die wichtigste Ära der Menschheit beginnt. Dieser Glaube an die Reinkarnation der Gottheit findet seine Parallele im Glauben an die Seelenwanderung des Menschen. Dieser muss einen Zirkel von 1001 Reinkarnationen durchlaufen. Die Möglichkeit der Reinigung ist allerdings nur den Menschen aus gelbem Ton, nicht aber jenen aus schwarzer Erde möglich. Der „Herr der Zeiten“ wird in der Nähe der Stadt Sharizur oder des kurdischen Sultaniyya erwartet. Bei diesem Gericht werden die weltlichen Herrscher ausgelöscht und die Guten in das Paradies geführt werden.
In den Riten und durch den Glauben an die > Reinkarnation unterscheiden sich die A. erheblich von der Mehrheit der Muslime.

Lit.: Ivanov, Vladimir Alekseevich: The Truth-Worshippers of Kurdistan: Ahl-i haqq Texts Edited in the Original Persian and Analysed by W. Ivanow. Leiden: E. J. Brill, 1953; Khoury, Adel Theodor et al.: Islam-Lexikon. Bd. 1. Freiburg: Herder, 1991.

Ahlkirsche > Traubenkirsche.

Ahmad ibn al-’Arif. Sufi des 12. Jhs. und Verfasser des Buches Mahasin al-Madjalis über die Faszination der mystischen Erfahrung.

Lit.: Ibn al-’Arif, Ahmad ibn Muhammad: Mahasin al-majalis: The Attractions of Mystical Sessions. [Amersham]: Avebury, 1980.

Ahmad ibn Sirin > Achmet.

Ahmadiy(y)a (arab.). Islamische Bewegung, die vor allem im indischen Pundjab aus den Lehren des Hazrat Mirza > Ghulam Ahmad (1839 – 1908) hervorging, der seit 1880 zahlreiche Veröffentlichungen, vorwiegend mystischen Inhalts, herausgab. Am 4. 3.1889 erklärte er, eine Offenbarung von Gott erhalten zu haben, die ihm die „Bay’a“, die Treueerklärung von Anhängern, entgegenzunehmen gestatte. 1891 behauptete er, er sei Masih (Christus) und der von den Muslimen erwartete > Mahdi, und 1904 verkündete er, ein „Avatar“ von > Krishna und schließlich der „Buruz“, die Erscheinung Muhammads, zu sein. Nach seinem Tod spaltete sich dann eine kleine Gruppe ab, die Mirza G. A. nicht als Propheten, sondern als Erneuerer des Islams versteht. Zur Sonderlehre der A. gehört auch die Aussage, dass > Jesus nicht am Kreuz gestorben, sondern von den Jüngern gerettet worden sei und nach Kaschmir auswanderte, wo er in Srinagar im Alter von 120 Jahren starb. Seit 1974 ist die A. aus der Gemeinschaft des Weltislams ausgeschlossen.

Lit.: Handbuch Religiöse Gemeinschaften. 4., völlig überarb. u. erw. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1978; Ahmad, Sheikh Nasir: Ahmadiyya: eine Bewegung des Islams. Frankfurt / M.: Verl. Der Islam, 1993.

Ahndung > Ahnung.

Ahnen. Vorfahren, jene Personen, von denen ein Mensch abstammt und mit denen er nach Auffassung vieler Kulturen über deren Tod hinaus in Verbindung steht. A. sind entweder verstorbene, machtvolle Verwandte, die im > Ahnenkult verehrt werden, oder sie repräsentieren schon zu Lebzeiten bestimmte, für eine Gesellschaft bedeutende Persönlichkeiten. Der Status eines A. kommt nicht automatisch jedem Toten zu, sondern ist an bestimmte Bedingungen gebunden, wie Volljährigkeit, friedvollen, altersbedingten Tod, Hinterlassen von legitimen Kindern und Erhalt der > Totenriten.
Die von den A. stammenden Seelen haben ihren Sitz in den Körpern der Lebenden und bleiben gleichzeitig weiterhin mit den A. verbunden, ja, treffen sie nach dem Tod der von ihnen bewohnten Menschen wieder. Der Ahne kehrt jedoch nicht als individuelle Person zu den im Diesseits verbliebenen Seinen zurück, sondern als Repräsentant der ganzen Ahnengemeinschaft. So kann etwa ein Ahne gleichzeitig in mehreren Kindern, Jungen wie Mädchen, wiedererkannt werden. Die Art und Weise der Verbundenheit der A. mit ihrer Familie oder ihrem Stamm ist dabei immer kulturspezifisch. Generell kann die von den  A. stammende Seele als Bindeglied eines lebenden Menschen mit Vergangenheit und Zukunft angesehen werden.
Als Geistwesen sind die unsterblichen A. auch mit besonderen Kräften, die über die normal-menschlichen Fähigkeiten weit hinausreichen, ausgestattet. Prinzipiell müssen sich die Lebenden um das Wohlergehen der A. bemühen und erhalten dafür deren Schutz und Beistand. Die Identifikation mit den A. kann bis zur Vorstellung der > Reinkarnation reichen. So gilt etwa bei den Aboh, einer Sprachgruppe der Ibo am unteren Niger in Nigeria, jeder Mensch als Wiedergeburt eines A. (Friedli, S. 92).
Am meisten verbreitet ist die Verehrung von Ahnen bei Agrar- und Hirtenvölkern in Afrika, Eurasien, Süd- und Ostasien, Ozeanien, teilweise in Amerika, auch bei Hochkulturen wie in China (Ohm).

Lit.: Anwander, Anton: Wörterbuch der Religion. Würzburg: Echter, 1948; Friedli, Richard: Zwischen Himmel und Hölle – Die Reinkarnation: ein religionswissenschaftliches Handbuch. Freiburg, CH: Universitätsverlag 1986; Ohm, Th.: Ahnen, Ahnenkult. Lexikon für Theologie und Kirche. Bd. 1. Freiburg i. Br.: Herder, 1986; Eliade, Mircea: Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 3 / 2. Freiburg i. Br.: Herder, 1991; Guzy, Lidia: Ahnen / Vorfahren. In: Metzler Lexikon Religion. Bd. 1. Stuttgart: J. B. Metzler, 1999, S. 39 – 42.

Ahnenerbe > Artamanen > Atland.

Ahnen-Erfahrung. Erlebnis der Anwesenheit von > Ahnen oder der Kommunikation mit ihnen. In der > Transpersonalen Psychologie spricht man von induzierten transpersonalen Erlebnissen, die mit einem intensiven Gefühl der > Regression in eine vergangene Zeit verbunden sind. Dabei ist der gemeinsame kulturelle wie genetische Hintergrund des Erlebenden und seines bzw. seiner Ahnen das entscheidende Bindeglied. Bei solchen Erfahrungen werden von der Testperson Fakten aus dem Leben eines oder mehrerer Vorfahren aufgenommen, die sogar Jahrhunderte zurückreichen können. Gelegentlich befinden sich darunter auch Informationen, die der Versuchsperson unbekannt gewesen sein mussten oder überhaupt nicht zugänglich waren. Nach spiritistischer Deutung kann es sich hier auch um Kundgaben oder Erscheinungen der verstorbenen Vorfahren handeln.

Lit.: Grof, Stanislav: Topographie des Unbewussten. LSD im Dienst der tiefenpsychologischen Forschung. Stuttgart: Klett-Cotta, 1978.

Ahnenfigur. Gezeichnete, gemalte oder geformte Darstellung eines > Ahnen, eines Vorfahren. Eine A. kann als Schutzmittel dienen, um Rat gefragt und entsprechend kultisch verehrt werden. Manchmal werden außer solchen Figürchen auch Knochen, Schädel oder Haarbüschel eines Ahnen an einem besonderen Ort aufbewahrt und zu besonderen Anlässen mit Speiseopfern oder anderen Riten geehrt. Auf den Neuen Hebriden kommt es auch vor, dass der Schädel eines Ahnen mit Ton bearbeitet wird, so dass er seinem Vorbild ähnlicher sieht.

Lit.: Lurker, Manfred (Hg.): Wörterbuch der Symbolik. Aufl. Stuttgart: Kröner, 51991; Chesi, Gert: Die Medizin der Schwarzen Götter: Magie und Heilkunst Afrikas. Innsbruck: Haymon, 1997.

Ahnengeister. > Geister der Vorfahren bzw. > Ahnen, auch eine Art von > Doppelgängern der von den Ahnen stammenden Elemente im Menschen, die der anderen Welt angehören und über das Leben und Schicksal der in dieser Welt lebenden Menschen wachen. Diese Vorstellung ist weit verbreitet, insbesondere bei afrikanischen Kulturen. Im Kongo erreichen z. B. die Geister der Verstorbenen, die Mizumu, denselben Realitätsgrad, der ihnen schon zu ihren Lebzeiten zukam. Auch auf Madagaskar ist der Glaube an die Macht der Geister der Ahnen, der dort Razana heißt, stark ausgeprägt; er geht davon aus, dass sie in das Dasein der Lebenden wirksam eingreifen.
Bei manchen Völkern kann sich die Bedeutung der A. zu der von höheren Göttern steigern, wie es etwa bei den indonesisch-ozeanischen Dema-Gottheiten oder den Ahnengöttern Japans der Fall ist.

Lit.: Bertholet, Alfred: Wörterbuch der Religionen. 4. Aufl. / neu bearb., erg. u. hg. v. Kurt Goldammer. Stuttgart: Kröner, 1985; Eliade, Mircea: Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 3 / 2. Freiburg: Herder, 1991; Parker, Derek und Julia: Das Übernatürliche. Atlas des Paranormalen. RVG Interbook, 1993.

Ahnenglaube. Glaube an die über den körperlichen Tod hinausgehende Verbundenheit der Lebenden mit den verstorbenen Vorfahren. Trauer, Mitleid, Furcht und Verehrung sind die Bindeglieder, die den Lebenden mit seinen > Ahnen verbinden. Götterkult und A. können ineinander übergehen. A. und > Ahnenverehrung waren bzw. sind in vielen Kulturen verbreitet. Auch aus dem germanischen, vorchristlichen Bereich ist der Glaube an das Eingreifen der Ahnen in das Leben der Verbliebenen überliefert, vor allem durch die altnordische Literatur. Etymologisch gesehen zeugt z. B. das Wort Enkel heute noch von diesem Glauben, denn ahd. hieß es eninchilî, das so viel wie „der kleine Großvater“ bedeutete.

Lit.: Bömer, Franz: Ahnenkult und Ahnenglaube im alten Rom. Leipzig: Teubner, 1943; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd.  1. Berlin: W. de Gruyter, 1987; Kerner, Martin: Ahnenglaube im bronzezeitlichen China und sein kultureller Einfluss im Malayischen Archipel. 2., erw. Aufl. Kirchdorf / Schweiz: M. Kerner, 1997.

Ahnenkult > Ahnenverehrung.

Ahnenpfahl > Totempfahl.

Ahnenverehrung (engl. ancestor worship). Verehrung der Vorfahren. Die A. basiert auf dem > Ahnenglauben, der von der Einflussnahme der Ahnen auf die Lebenden ausgeht. Sie gestaltet sich von Kultur zu Kultur unterschiedlich, schließt in der Regel jedoch Gebete, inständiges Bitten und Opfergaben der Verbliebenen ein, die den Ahnen zu Ehren dargebracht werden und sie wohlwollend stimmen sollen. Die Annahme von der Einwirkung der Ahnen auf das hiesige Leben ist die Triebfeder jeglichen Ahnenkultes, wobei die Grenzen zwischen Kult und Verehrung unscharf gezogen sind. Dabei ist die Verehrung der Ahnen nicht auf die Vorfahren einer Familie beschränkt, sondern bezieht alle Toten einer Gemeinschaft, auch schon längst Verstorbene, mit ein (Ohm). A. kann als das Kernstück der Totenverehrung betrachtet werden.
Eine besondere Form der A. drückte sich in dem römischen „Recht auf Bilder“, ius imaginum, aus (> Manen). Vornehme römische Bürger konnten sich danach Wachsmasken von ihren Vorfahren anfertigen lassen, die dann von Schauspielern bei Bestattungen eines Familienmitgliedes getragen wurden. Diese Schauspieler, die außerdem die Kleider des betreffenden Ahnen trugen, gingen vor der Leiche her und sollten die Aufnahme des Verstorbenen in den Kreis darstellen. Auch bei den Germanen wurden die Ahnen hoch geschätzt, so dass diese sogar zu höheren Himmelsgöttern emporstiegen.
Masken haben besonders in Afrika sowie in Melanesien eine wichtige Funktion im Ahnenkult. Hier sind sie das Medium, durch das der Ahne sich ausdrücken, d. h. handeln und sprechen kann. Der > Ahnenglaube bleibt dabei auf dem Niveau der Verehrung stehen und geht nicht in Gottesanbetung über. Die Verbindung zum höchsten Wesen, dem Schöpfergott, bleibt unangetastet über der Gemeinschaft mit den Ahnen bestehen.
Im biblischen Israel gab es vermutlich keinen Ahnenkult, auch wenn > Totenbefragung praktiziert wurde (1 Sam 28, 7 ff; Jes 8, 19; 29, 4). Möglicherweise existierte jedoch in Kanaan, wahrscheinlich sogar in Mesopotamien, eine kultische Verehrung der Ahnen. Grundsätzlich lässt sich der alttestamentliche Glaube an Jahwe jedoch nicht mit einem solchen Kult vereinbaren (Lev 19, 28; Dtn 14, 1).
In Ägypten wurde der Ahnenkult nach Ablauf der Periode des personenbezogenen Ahnenkultes in der dritten bis fünften Generation gewöhnlich durch kollektive Kultformen abgelöst. Spätestens für die römische Zeit verdichten sich die Belege einer andauernden Nutzung von Mumien im Ahnenkult (Fitzenreiter).
In Amerika spielt A. nur bei wenigen Völkern eine Rolle, am ehesten noch bei den Muisca Kolumbiens und den Inka in den Anden Perus. Hier wurden den Verstorbenen Hilfsmittel auf die schwierige Reise ins Jenseits mit in das Grab gegeben, so z. B. Nahrung oder auch ein Hund, wie von den Azteken bekannt ist. Auch Frauen oder Diener wichtiger Persönlichkeiten wie etwa Fürsten konnten diesem Zweck dienen und zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der anderen Welt beitragen, d. h. sie wurden geopfert und gemeinsam mit dem verstorbenen Fürsten bestattet. In der nachklassischen Mayazeit war es Brauch, aus den Schädeln von Fürsten Masken herzustellen und zusammen mit Ahnenbildern aufzubewahren. In Nordamerika ist nur von den Zuni, einem Stamm der Pueblo, Ahnenkult bekannt. Sie nannten ihre > Ahnengeister Katchina und stellten sich dabei freundliche Wesen vor, die einmal im Jahr in ihr irdisches Heimatdorf zurückkehrten, um dort Gutes zu tun.
In Ostasien (China, Japan, Korea) ist die A. weit verbreitet und hat großen Einfluss auf das Gesellschafts- und Privatleben. Noch heute ist es in China, wo seit den Anfängen der Kultur A. geübt wurde, Sitte, aus Seidenpapier gebastelte prachtvolle Kleidchen, auch Geld und Tücher zu verbrennen – den Ahnen im Jenseits zur Ehre.
Für die Hindus wird die A. in den Kontext der Befreiung aus dieser Welt eingebunden, sie steht also nicht im Widerspruch zum > Reinkarnationsglauben. Durch eine besondere mit Opfern verbundene Zeremonie, sapindikarana, am 12. Tag nach dem Tod (bei bestimmten Kasten auch erst ein Jahr danach) gelangt der Verstorbene zu seinen Ahnen, ist nun selbst Ahne und hat damit Anspruch auf die Ahnenopfer. Diese Opfer sollen den guten Verlauf der Wiedergeburten fördern, den Ahnen ein glückliches Dasein im Jenseits ermöglichen, so dass diese wiederum den Lebenden hilfreich sein können (Hänggi, 35 f. bzw. 34 f.).

Lit.: Caland, W.: Die altindischen Toten- und Bestattungsgebräuche. Amsterdam, 1896; Frazer, Th.: The Belief in Immortality and the Worship of the Dead. 3 Bde. London, 1913–24; Krickeberg, W. u. a.: Die Religionen des alten Amerika. Stuttgart: Kohlhammer, 1961; Nötscher, Friedrich: Altorientalischer und alttestamentlicher Auferstehungsglauben. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1970; Biardeau, Madeleine: Clefs pour la Pensée Hindoue. Edition Seghers, 1972; Bertholet, Alfred: Wörterbuch der Religionen. Stuttgart: Kröner, 41985; Ohm, Th.: Ahnen, Ahnenkult. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Bd. 1. Freiburg i. Br.: Herder, 1986; Hänggi, Hubert: Reinkarnation und Ahnenverehrung im Glauben der Hindus. In: Hubert Hänggi / Carl A. Keller u. a.: Reinkarnation – Wiedergeburt – aus christlicher Sicht. Zürich: Paulus Verlag, 1987, S. 25 – 37; Resch, Andreas: Fortleben nach dem Tode. Innsbruck: Resch, 41987 (Imago Mundi; 7); Waldenfels, Hans (Hg.): Lexikon der Religionen. Freiburg: Herder, 1987; Bürkle, Horst: Ahnen, Ahnenverehrung. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Bd. 1. Freiburg: Herder, 1993; Fitzenreiter, M.: Zum Ahnenkult in Ägypten. Göttinger Miszellen. Beiträge zur ägyptologischen Diskussion (1994) 143, 51 – 72; Eliade, Mircea: Die Religionen und das Heilige. Frankfurt / u. a.: Insel, 1998; Müller-Ebeling, Claudia u. a.: Hexenmedizin. Aarau, CH: AT, 21999.

Ahnfrau > Weiße Frau.

Ahnung (älter: Ahndung, auch > Vorahnung oder > Prämonition (Bossard), engl. premonition, presentiment). Inneres, vages Vorauswissen eines Zukünftigen oder gleichzeitig an einem entfernten Ort Stattfindenden, das „von selbst und ohne nachweisbaren Anlass auftritt“ (Lehmann, 566), nicht auf übliche Weise erkannt werden kann bzw. dessen Kenntnis nicht bewusst erworben wird. Die A. rückt damit in die Nähe von > Präkognition und > Hellsehen. Das mit einer A. gegebene Wissen kann sehr intensiv sein, hat jedoch nicht die Klarheit einer Gewissheit, sondern es schwingt etwas Ungewisses leise mit, und so ist dieses Vorherwissen auch verwandt mit Fürwahrhalten, Erwartung, Gefühl und > Vermutung. Eine A. ist das „Vorgefühl eines Kommenden“ (Tenhaeff, 301). Häufig ist die A. mit einem unerfreulichen Ereignis, Lebenskrisen, Krankheits- oder Todesfällen verknüpft. Man spricht von einer bösen A. oder auch von Todesahnung. Bossard weist daraufhin, dass sich beim Überblicken der Geschicke des eigenen Lebens häufig „innere Empfindungen und Beunruhigungen“ entdecken lassen, die ihnen vorausgehen (Bossard, 553).

Lit.: Bender, Hans: Unser sechster Sinn. Telepathie, Hellsehen, Spuk. München: Goldmann, 1981; Tenhaeff, W. H. C.: Anthropologische Parapsychologie und historischer Idealismus. In: Andreas Resch: Der kosmische Mensch. Innsbruck: Resch, 21984 (Imago Mundi; 4), S. 263 – 307; Lehmann, Alfred: Aberglauben und Zauberei. Bindlach: Gondrom, 1990; Bossard, Robert: Zukunftsvisionen und wissenschaftliche Prognosen. In: Andreas Resch: Aspekte der Paranormologie. Innsbruck: Resch, 1992 (Imago Mundi; 13), S. 533 – 563.

Ahorn (lat. acer). Gattungsname für über 150 Baumarten, die sich durch eine bunt geflammte Färbung ihres Holzes auszeichnen. Der A. hatte seine Urheimat im antiken Griechenland. In Mitteleuropa sind heute vor allem drei Arten des saftreichen A.-Baumes verbreitet, der weißholzige Berg-A. oder Weißbaum (Acer pseudoplatanus), der Spitz-A. (Acer platanoides) und der Feld-A. bzw. Maßholder oder auch Deutscher Ahorn (Acer campestre).
Wegen der sprichwörtlichen Härte und schönen Maserung des Holzes wurde der A. schon in der Antike als Bauholz, massiv oder als Furnierholz geachtet. So war auch das Trojanische Pferd teilweise aus A.-Holz gezimmert. Dieses Holz wird auch dafür verantwortlich gemacht, dass die Trojaner beim Anblick des Pferdes in Angst und Schrecken versetzt wurden. A.-Bäume wuchsen auch in dem heiligen, dunklen Opferhain der Kybele-Rheia, wobei sie jedoch nicht den wichtigsten Teil des Haines ausmachten. Macrobius kann den A. jedoch weder den „glücklichen“ noch den „unglücklichen“ Bäumen zuordnen (Paulys Real-Encyclopädie).
Das Wissen um die Heilkraft des A. hat eine lange Geschichte. In der ägyptischen Heilkunde stand der A. bereits um 1600 v. Chr. hoch im Kurs, wie aus dem Papyrus Ebers hervorgeht. Für die antike Heilkunst bot vor allem die Wurzel des Baumes ihre Hilfe an, so z. B. als Mittel gegen Leberschmerzen oder Ungeziefer bei Schafen. In Deutschland finden wir im 12. Jh. ein frühes Zeugnis für die Heilkraft des A. bei > Hildegard von Bingen, die ihn als Mittel bei täglichem Fieber und Gicht empfiehlt. Generell wurde in der Medizin des Mittelalters die kühlende Wirkung des A. geschätzt, die bei verschiedenen Arten von Geschwüren und Schwellungen eingesetzt wurde. In der deutschen > Volksmedizin wurden vor allem die A.-Blätter als wundheilend und menstruationsfördernd geschätzt. Im 16. Jh. bekommt der A. von dem Autor eines berühmten Kräuterbuches, von Tabernaemontanus, schließlich auch ein Kompliment für seine Wesenart, und zwar für seinen „lustigen Schatten“ (Tabernaemontanus, 1588). In der deutschen Tradition wird dem A. ferner antidämonische Kraft zugeschrieben. Zapfen aus dem Holz des Baumes, an Türen und Schwellen angebracht, verhindern das Eindringen von Hexen in Häuser und Ställe (Bächtold-Stäubli).

Lit.: Tabernaemontanus, Jac. Theod.: New Kreuterbuch. Das erste Buch Frankf. / M., 1588. – Das ander Theyl … durch Nicol. Braun. Frankf. / M., 1591 (spätere Ausgaben z. B. 1613); Paulys Real-Encyclopädie. Hg. v. G. Wissowa u. a. Stuttgart, 1894 ff., Bd. 1, 1894; Marzell, Heinrich: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Bd. 1. Leipzig: Hirzel, 1943; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 1. Bd. Berlin: W. de Gruyter, 1987; Fischer, Susanne: Blätter von Bäumen. Legenden, Mythen, Heilanwendung & Betrachtung von einheimischen Bäumen. München: Hugendubel, 41989.

Ah-Puch. Einer der Namen, die von den Maya in Yucatán dem Herrscher der Unterwelt gegeben wurden. Welcher der Namen als der echte aufzufassen ist, bleibt offen. Aus diesem Grunde wird der Unterweltsherrscher von den Forschern nach der von Paul Schellhas erstellten Götterliste der Maya nur „Gott A“ genannt.
Der in den Maya-Codices achtzigmal gezeigte reich geschmückte Totengott mit den Attributen Nachteule und Hund, deren Erscheinen in diesem Zusammenhang als böses Omen gedeutet wurde, gilt als unterweltliches Gegenstück des Himmelsgottes > Itzamná.

Lit.: Schellhas, Paul: Die Göttergestalten der Mayahandschriften. Berlin: Asher, 1904.

Ahriman (mittel- und neupersische Form für avestisch angra mainyu, „arger Geist“, zu altpers. a(h)rika, „feindselig“, „feind“). Name des Prinzips des Bösen, das in der dualistischen Religion des Zoroaster (> Zarathustra) dem Gott > Ahura Mazda, dem Prinzip des Guten, das die Welt geschaffen hat, gegenübersteht. Als oberster der Teufel ist A. der Erreger der 9999 Krankheiten. Er regiert die Welt 9000 Jahre, bis er von Ahura-Mazda überwunden wird, worauf dann eine Zeit ewigen Friedens ohne Tod, Krankheit und Not anbricht. In der > Mitrareligion und im > Zervanismus wird A. als Gott verehrt, dem jene Tiere geopfert werden, die der bösen Macht angehören. Nachzarathustrisch sind die Aussagen: verderblicher Lügner, Haupt der > Devas mit den Hexen, Versucher des Propheten und Urheber einer Gegenschöpfung. Sein Symboltier ist die Schlange und sein Aufenthaltsort die Unterwelt voll anfangloser Finsternis, aus der er Rauch und Schwärze, Unheil und Tod in die Welt mitbringt.
Der Materie wird er erst im gnostischen > Manichäimus gleichgestellt. In dieser Bedeutung wurde A. von der > Anthroposophie aufgegriffen. Bei Rudolf > Steiner ist A. zusammen mit > Luzifer eine geistige Macht, die über dem Menschen steht. A. ist der König der Materie. Sein Prinzip ist die Materialität und der Tod. Ahrimanisch ist demnach das Denken, welches das Leben nach den Gesetzen des Physischen beurteilt und behauptet, dass Geist und Seele ohne physischen Körper nicht existieren können und ein Weiterleben nach dem Tode deshalb grundsätzlich unmöglich sei. Sein Begleiter Luzifer (Lichträger) versucht hingegen das Denken des Menschen zu beeinflussen. Dieser Dualismus des „Guten“ und „Bösen“ fand auch in der > Astrologie (Luck, 394) durch die Rede von „guten“ und „bösen“ Planeten eine Entsprechung.

Lit.: Darmesteter, James: Ormazd et Ahriman. Paris, 1877; Steiner, Rudolf: Der Mensch – ein Ergebis des Zusammenwirkens von Luzifer und Ahriman. Dornach: Philosophisch-Anthroposophischer Verl., 1948; Duchesne-Guillemin, Jacques: Ormazd et Ahriman. Paris: Presses Universitaires de France, 1963; Luck, Georg: Magie und andere Geheimlehren in der Antike. Stuttgart: Kröner, 1990, S. 383 – 398.

Ahti. Finnischer Wassergeist, ursprünglich in der Bedeutung einer Gottheit, die von den Fischern um einen guten Fang angerufen wurde.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989.

Ahu ist die Bezeichung der mörtellos zusammengefügten Steinplattformen auf der Osterinsel Rapa Nui in Polynesien. Es sind dies enorme rampenförmige Steinaufschichtungen entlang der Küste, mit meterhohen Stützmauern zur See. Im Inselinnern stehen nur wenige Ahu. Archäologen unterscheiden fünf Typen von Ahu: Plattform-Ahu, Image- Ahu, Halbpyramiden-Ahu, Kanu-Ahu und Keil-Ahu. Die ersten Ahu entstanden kurz nach der Besiedlung der Insel um das 5. Jahrhundert. Um 1000 n. Chr. wurden die ersten Kolossalstatuen aufgerichtet und es entstanden die sog. Image-Ahu. Alle Ahu sind Bestandteil von Riten, die ausschließlich dem Ahnen- und Totenkult gewidmet waren. Den Monumenten ist ein Krematorium für die Leichenverbrennung zugeordnet; zudem enthielten die historischen Bauwerke Grabkammern. Die letzten Ahu entstanden noch im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Lit.: Leopold, Peter: Rapa Nui – Die Osterinsel: Alltag & Mythos des entlegensten Eilands der Welt. Wien: Löwen-Ed., 1994; Bierbach, Annette: Religion and Language of Easter Island: an Ethnolinguistic Analysis of Religious Key Words of Rapa Nui in their Austronesian Context. Berlin: Reimer, 1996.

Ahuna vairya. Die heiligste Gebetsformel des > Avesta als Bekenntnis zu > Zarathustra, dem von > Ahura Mazda zum „Hirten“ und Bereiter eines künftigen Reiches eingesetzten Herrn: „Der Wille des Herrn ist das Gesetz der Gerechtigkeit; der Lohn des Himmels für die Werke, die hier in der Welt für Mazda geübt werden; das Reich schenkt Ahura demjenigen, der die Armen unterstützt.“ Dieses Gebet hat die Kraft, alle bösen Geister zu vertreiben.

Lit.: Bertholet, Alfred: Wörterbuch der Religionen. Stuttgart: Kröner, 1985.

Ahura Mazda (avest., „Herr der Weisheit“; altpers. Auramazda, mittelpers. O(h)rmazd). Hochgott, Schöpfer und Erhalter der Welt nach der Lehre des Propheten und Religionsstifters > Zarathustra. Die meisten Gelehrten vertreten hierbei die Ansicht, dass Zarathustra die Lehre in Bezug auf eine existierende Gottheit völlig reformierte, zumal medha in der vedischen Tradition „weise“ bedeutet. Sicher ist jedenfalls, dass sich der Schwerpunkt der Lehre von der überkommenen Tradition unterscheidet. Zarathustra behauptet, A. persönlich gesehen zu haben und von ihm berufen worden zu sein. Dies führte im Zoroastrismus von Anfang an zur Vorstellung von einem persönlichen Gott. In den auf Zarathustra zurückgehenden ältesten Teilen des > Avesta, den Gathas (Gesänge, Hymnen), wird von Ahura M. berichtet, er sei der Schöpfer aller Dinge, der Himmel, der Menschheit, der materiellen wie der geistigen Welt. Der altarische Polytheismus und die mit ihm verbundenen Rinderopfer werden zugunsten des Monotheismus abgelehnt, der allerdings im Widerspruch zu dem von Zarathustra betonten strikten Dualismus vom „bösen Geist“ (> Angra Mainyu, mittelpers. > Ahriman) als Widersacher von A. und dem „heiligen Geist“ (> Spenta Mainyu) steht, der später mit A. identifiziert wurde. Die ersten Schöpfungen von A. waren die > Amesha Spentas, die himmlischen Mächte. Unter ihnen stehen in der Hierarchie die yazatas oder die verehrungswürdigen Wesen, die sich aus alten vorzoroastrischen Gottheiten wie etwa > Mitra zusammensetzen. In der modernen zoroastrischen Auslegung werden die Amesha Spentas oft mit Engeln und Erzengeln des Juden- und Christentums verglichen.
Was die Attribute von A. betrifft, so wird gesagt, dass er ein sternenbedecktes Gewand trage und seine reinste Form die Sonne in ihrem Höchststand und das Licht auf der Erde seien. A. ist der gute Schöpfer, der mittels des Feuers das Gute vom Bösen unterscheiden kann und der letztendlich über das Böse triumphieren wird.
Im späteren > Zervanismus wurde dann der Versuch unternommen, einen Ausgleich zwischen Monotheismus und Dualismus in der Konzeption eines über Ormazd und Ahriman stehenden höchsten Prinzips Zurvan (die Zeit) herzustellen.
Von den Magiern wurde dieser Feuer- und Lichtkult dann so überformt, dass nur mehr wenig vom alten persischen Gedankengut übrig blieb. So sind auf die > Chaldäer wesentliche Aspekte der > Magie wie auch der > Alchemie zurückzuführen, wie die Vergöttlichung bzw. Dämonisierung von Planeten und deren Verbindung mit den Metallen, oder die Verbindung von Astrologie und Alchemie, von Zahlenmystik und Alchemie, die wiederum die hellenistischen Denkschulen beeinflussten (Priesner, 229).

Lit.: Sickle, Sal: The Greater Truth from the Great Spirit: the Supreme Lord God, Jehova – Ahura-Mazda, the Supreme Architect and Grand Master of this Solar System, His Universe. Salt Lake City, 1922; Duchesne-Guillemin, Jacques: Ormazd et Ahriman. Paris: Presses Universitaires de France, 1963; Jhabvala, Yasmine: Vers Ahura Mazda. Bern: Lang, 1992; Priesner, Claus / Figala, Karin (Hg): Alchemie. München: Beck, 1998.

Ahurani („die zu Ahura Gehörende“). Altiranische Wassergöttin, von der man sich Wachstum, Erleuchtung und Nachkommenschaft erflehte und die kultisch verehrt wurde.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989.