Begriffe Ca

Ca

C, dem Namen nach unbekannter Gott der > Maya, der mit dem ersten Schöpfungstag (Chuen) in Verbindung gebracht wird. C dürfte eine astrale Gottheit (Polarstern oder Venus) sein.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 1989.

C., Eva, Abkürzung für Eva Carrière, verh. Waespé, bekannt auch als Marthe Béraud (1886 –1943?), französisches Medium.

C. war die Tochter eines Offiziers der französischen Armee. Im Alter von 18 Jahren wohnte sie in Algier bei General Noël und seiner Frau, den Eltern ihres Verlobten Maurice, der im Kongo gefallen war. Diese stellten eines Tages besonders starke psychische Kräfte bei ihr fest und hielten mit dem Mädchen in einem Gartenpavillon ihrer Villa „Carmen“ spiritistische Sitzungen ab. Zwei Jahre lang traten wiederholt > Materialisationen auf, vor allem > Bien Boa, ein angeblich vor 300 Jahren verstorbener Brahmane, dessen Schwester und eine junge Ägypterin. Im Sommer 1905 wurde Charles > Richet eingeladen, um die Phänomene vor Ort zu untersuchen. Richet machte neben den strengen Kontrollen auch chemische Echtheitsproben und fotografische Aufnahmen. Im November 1905 wurde die Fachwelt auf den Fall aufmerksam. Richet untersuchte C. 1906 erneut, jedoch in aller Heimlichkeit. Sein im gleichen Jahr in den Annales des Sciences Psychiques erschienener Bericht erregte großes Aufsehen, schreibt er darin doch Folgendes: „Nach ziemlich langem Warten sehe ich kaum 40 cm von mir entfernt, vor dem unbeweglichen Vorhang, einen weißen Dampf. Er gleicht einem weißen Schleier, einem Taschentuch auf dem Boden. Dieses Weiße erhebt und rundet sich. Bald ist es ein Kopf unmittelbar am Boden; es erhebt sich noch mehr, wird größer und wird zu einer menschlichen Gestalt; es ist ein Mann von kleiner Statur mit einem Bart, er trägt einen Turban und einen weißen Mantel und geht vor dem Vorhang leicht hinkend von meiner Rechten zu meiner Linken; vor dem General [Noël] angekommen, fällt er plötzlich vor dem Vorhang auf den Boden mit einem Geräusch, ähnlich dem, das ein plötzlich fallendes Skelett hervorbringen würde. 3 oder 4 Minuten später erscheint das Phantom wieder (diesmal in der Nähe des Generals), indem es sich in gerader Li­nie vom Boden erhebt, gewissermaßen aus ihm entstehend; dann kehrt es mit dem­selben Geräusch wie das letzte Mal in den Boden zurück … es war keine Falltür vor­handen…“ (Richet, 1923, 297f.).

1908 kam C. nach Paris und wurde dort in die Familie der Bildhauerin Juliette Bisson aufgenommen, die nach eigenen Angaben 12 Jahre ohne Unterbrechung mit C. gearbeitet hat. Unter Beiziehung namhafter Gelehrter, namentlich Albert Frhr. von > Schrenck-Notzing und Gustave > Geley, versuchte sie vor allem das Phänomen der Materialisation zu klären.

Schrenk-Notzing führte von 1909 bis 1913 in Paris Untersuchungen durch, 1912 und 1913 auch in München. Aus diesen Jahren stammen über 200 Aufnahmen von teilmaterialisierten Phantomen. In diese Zeit fallen auch besondere psychische Leistungen, wie das Automatische Lesen imaginärer philosophischer Texte, deren Niveau C. im Wachzustand nicht gewachsen war.

In den Jahren 1917/18 arbeitete Geley mit C. in seinem Labor. Fast 100 Wissenschaftler waren Zeugen der Versuche. So sagt Geley: Ich sage nicht nur, dass kein Betrug vorlag, ich sage, dass überhaupt keine Möglichkeit für einen Betrug bestand (1919, 59).

An die Geleyschen Versuche schlossen sich 1920 40 Sitzungen vor der S.P.R. in London an, die ergebnislos blieben oder schwache bzw. umstrittene Phänomen zeigten. Es wurde der nicht näher formulierte Vorwurf erhoben, C. hätte versucht, irgendwelche Materialien auszuwürgen. 15 Sitzungen mit Wissenschaftlern der Sorbonne 1922 verliefen ebenfalls erfolglos. Die von Schrenck-Notzing gemachten Aufnahmen wurden als manipuliert hingestellt. Richet wies diese Anschuldigungen zurück. Es lässt sich nämlich kaum ernsthaft behaupten, dass es sich bei den von so vielen Wissenschaftlern unter höchster Kontrolle beobachteten Materialisationsphänomenen nur um Betrug und Einbildung handelte.

Bei den Untersuchungen Schrenck-Notzings wurde das Kabinett, in dem sich das Medium während der Séance aufhielt, vor und nach der Sitzung genauestens überprüft. Eva C. musste sich vor Zeugen entkleiden, ehe sie in ihr Trikot schlüpfte; gelegentlich wurde ihr Kopf mit einem Schleier bedeckt, den man am Kragen festnähte; Haare, Achselhöhlen, Nägel, Mund, Knie, wiederholt auch Rektum und Vagina, wurden vor der Séance untersucht. Manchmal musste C. vor der Sitzung größere Mengen Heidelbeerkompott essen. Dennoch kam die Substanz weiß aus ihrem Munde. Nach der Sitzung verabreichte Brechmittel förderten nie Betrugsmaterialien zutage.

Richet war von der Echtheit sowohl der algerischen als auch der Pariser Materialisationen überzeugt: „Heute, nach 16 Jahren, scheinen mir die uns gemachten Einwände sehr kümmerlich und meiner ganzen Verachtung würdig“ (Richet 1923, 394).

Lit.: Bisson, Juliette Alexandre: Les phénomènes dits de matérialisation: étude expérimentale. Paris: Félix Alcan, 1914; Geley, Gustave: Die sog. supranormale Physiologie und die Phänomene der Ideoplastie. Leipzig: Mutze, 1920; Schrenck-Notzing, Albert Frh. v.: Physikalische Phänomene des Mediumismus. München: Ernst Reinhardt, 1920; Richet, Charles: Grundriss der Parapsychologie und Parapsychophysik. Stuttgart: Union, [1923]; Geley, Gustave: Vom Unbewussten zum Bewussten. Stuttgart: Union, 1925.

C., Stella, eigentlicher Name Stella Deacon, Krankenschwester aus London mit medialer Fähigkeit, die 1923 von Harry > Price (1881–1948) entdeckt und untersucht wurde. Bei den Experimenten unter Versuchsbedingungen traten > Raps, > Tischlevitationen, Bewegungen von Gegenständen und andere psychokinetische Phänomene auf. Zudem wurde ein Absinken der Temperatur im Sitzungszimmer gemessen. Price konstruierte zur Kontrolle der Phänomene mehrere Geräte, darunter einen Tricktisch (> Strippentisch).

Lit.: Price, Harry: Stella C.: a record of some novel experiments in psycho-physical research. London: Simpkin, Marshall, Hamilton, Kent & Co., 1923; ders.: Stella C.: a page of psychic history compiled from the records of thirteen sittings… London: John M. Watkins, 1924; ders.: Stella C. An account of some original experiments in psychical research [in which Stella C. acted as medium] … London: Hurst & Blackett, 1925.

Caacrinolaas, auch Caasimolar, Classyatabolas, Glassiabolas, Glasya, Glasya-Labolas, Glasylalabolas genannt, ist nach Johannes > Weyer der Große Präsident der Hölle. Er erscheint als Geier (Greif), lehrt die freien Künste, stiftet zu Morden an, kann unsichtbar machen, kennt die Zukunft und die Vergangenheit.

Lit.: Weier, Johannes: De praestigiis daemonum. Frankfurt/M., 1686.

Caanthus (griech., Kaanthos), Sohn des > Oceanus. Seine Schwester Melia war mit Apollo entflohen, mit dem sie Ismenius und Tenerus zeugte. C. wurde beauftragt, Melia zu suchen. Als er sie bei Apollo fand, zündete er den Hain des Gottes am Fluss Ismenus an, worauf ihn dieser mit dem Blitz erschlug.

Lit.: Hedrich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig: Gleditsch, 1770.

Caban, die „Erde“, 17. Tag des Maya-Monats. Das Zeichen dieses Tages wird mit der Zahl > Eins, der > Erdgöttin, dem > Mond und dem Mais assoziiert. Bei den > Azteken bzw. Zapoteken hieß dieser Tag Ollin bzw. Xoo.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Cabbala > Kabbala.

Cabbalista (lat./hebr.) > Kabbalist.

Cabiren > Kabiren.

Cabirus, Sohn des > Vulcanus und der Cabira, Tochter des Protheus; Nationalgottheit der Makedonier und Schutzgott des Landes. Auf einer seltenen Messingmünze von Claudius Gothicus steht Deo Cabiro als Gottheit, mit einem Pilleus auf dem Kopf, einem Hammer in der rechten und einer Zange in der linken Hand, gleichsam als ob er sich die Attribute seines angesehenen Vaters aneignen wolle.

Lit.: Smith, Charles Roach: A Dictionary of Roman Coins. London: Bell & Son, 1889.

Caboclos, indianische Geister in der > Macumba- und > Umbanda-Religion Brasiliens, die im Wald ihr Unwesen treiben und die Geheimnisse der Pflanzen und Kräuter kennen.

Unter Caboclo ist zunächst der zivilisierte Indianer und ebenso der Mestize zu verstehen.

Die C. bilden, was die Anzahl der Verkörperungen betrifft, die wichtigsten Geister der Umbanda und gelten zugleich als „Spezialisten“ für Naturheilmethoden (Heilkräuter, Tees, Bäder, Rauchbehandlung usw.).

Lit.: Kucher, Walter: Paranormale Heilung in ethnologischer Sicht. In: Andreas Resch: Paranormale Heilung. Innsbruck: Resch, 21984 (Imago Mundi; 6), S. 17– 94; Mensing, Joachim M.: Zur Universalität konkret-operationaler Denkstrukturen. Das Verständnis erwachsener Caboclos, Macu- und Tucano-Indianer entlang des Rio Uneiuxi. Univ., Diss., Freiburg i. Br., 1985.

Cabracán, Kabrakan („Zweibein“), indianischer > Riese und Erdbebendämon der > Maya, „Zerstörer der Berge“. Er ist der zweite Sohn des > Vucub-Caquix und Bruder des > Zipacná. Mit diesen beiden wurde C. von den Zwillingsbrüdern Hunahpú und Xbalanqué in der Unterwelt > Xibalbá getötet. Die Zwillinge gaben ihm ein Gericht aus vergiftetem Huhn, wodurch er so geschwächt wurde, dass sie ihn lebendig verbrennen konnten.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Cáca, altrömische Göttin des Herdes, Tochter des > Vulcanus, Schwester des berüchtigten Räubers > Cácus, mit dem man sie in einer sehr frühen Phase auch als Götterpaar in Zusammenhang brachte. Sie verliebte sich in > Herkules und verriet zum Preis seiner Gegenliebe ihren Bruder. In Rom wurden ihr ein Sacellum, ein mit Mauer umgrenzter heiliger Ort mit einem Altar, geweiht, ein ewiges Feuer (pervigile igne, Servius) und Jungfrauen als Priesterinnen zugeordnet.

Lit.: Vergilius Maro, Publius: P. Virgilius Maro cum Servii commentariis. Sub finem praefationis Servii: hoc opus exactissime cura et eruditione Jo. Calphurnii viri doctissimi recognitum Leonardus de Basilea Vincentiae diligentissime impressit. Vicenza: Leonardus Achates, 1479.

Cacha, Zeremonienstätte 100 Kilometer südöstlich von Cuzco in Peru, die schon vor den > Inka genutzt wurde. Man fand dort einen Tempel des > Viracocha. Nach der Legende kam Viracocha, nachdem er am Titicaca-See > Sonne, > Mond und > Sterne erschaffen hatte, nach C., wo ihn die Einwohner steinigen wollten. Daraufhin erhob Viracocha die Arme zum Himmel, der sich sofort mit Feuer füllte und die Felsen der Gegend mürbe wie Kork machte. Die Menschen baten voller Angst um Verzeihung und verehrten von diesem Moment an die Steine als > Huacas (heilige Objekte). Dem Gott gaben sie den Namen Contiti Viracocha Pachayachachic („Gott, der die Welt erschaffen hat“) und errichteten ihm am Ort seines Erscheinens eine lebensgroße Steinskulptur mit seinem Bildnis, der sie Gold und Silber opferten.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Cäcilia de Pistorini, Johanna Hilaria Walpurgis von Pistorini, später Schwester Maria Cäcilia (*13.01.1725), Besessenheitsfall.

P. wurde in der Oberpfalz geboren und zeigte bereits in ihrer Jugend ein außergewöhnliches Verhalten. 1742 trat sie in das Noviziat der Prämonstratenserinnen im Kloster Unterzell am Main bei Würzburg in Bayern, Diözese Würzburg, ein, wo sich das außergewöhnliche Verhalten wieder bemerkbar machte. Ihre Stimme wurde rau und heulend, ihr Aussehen totenblass, sie fiel in ein heftiges Zittern und hielt es vor Angst in ihrer Zelle nicht aus. Man hegte den Verdacht, dass ihr das Ordensleben nicht behage, und riet ihr, das Kloster zu verlassen. Sie bat jedoch inbrünstig darum, bleiben zu dürfen, und konnte im September 1744 die Gelübde ablegen. Daraufhin war P. eine Zeitlang ruhig, dann kehrten die Anfälle verstärkt zurück. Da selbst die Ärzte von Amberg und München mit ihren Arzneien nicht helfen konnten, kamen die Nonnen auf den Gedanken, „dass der Zustand der Schwester Cäcilia kein bloß natürlicher Zustand, und besonders keine fallende Sucht sei. Man nahm nämlich an der Kranken, wenn sie hingefallen war, weder ein Schäumen des Mundes, noch ein Knirschen mit den Zähnen, noch ein Verschließen des Daumens in die Hand, noch andere Symptome wahr, die mit der eigentlichen Epilepsie gewöhnlich verbunden zu sein pflegen“ (Horst V, 210). Zudem zeigte sie dem Kreuz gegenüber eine besondere Beklemmung.

Im Januar 1746 fiel sie nach der Beichte neuerlich in heftige Konvulsionen. P. Siard, ihr Beichtvater, segnete sie wie am Vortag mit dem Kreuz. Sie beruhigte sich und sagte, dass etwas so gegen den Hals heraufstieg, dass sie zu ersticken drohte. Als sie dann am nächsten Tag unmittelbar nach dem Empfang der heiligen Kommunion noch heftiger zu toben begann, wurde P. Siard vom Probst die Erlaubnis zum > Exorzismus erteilt. Dabei hatte er zu Beginn besondere Mühe, den Namen des Cäcilia besetzenden Teufels, Rawandonesah, zu erfahren. Nach mehreren Exorzismen mit heftigen Auseinandersetzungen wurde P. auf ihrem Stuhl in die Höhe gehoben. Dann fühlte sie sich plötzlich frei und ihr Aussehen wurde wieder natürlich.

Lit.: Horst, Georg Conrad. Nachdr. d. sechsbänd. Ausg. Mainz, 1821–1826. Freiburg i. Br.: Aurum, 1979, Bd. 5, S. 206 – 230.

Cäcilia von Rom (2.– 3. Jh.), hl. (Fest: 22. November), Märtyrerin. Obwohl ihre Verehrung weit verbreitet ist, ist die Historizität ihres Martyriums keineswegs gesichert. Ihre Akten gehen auf das 5. Jh. zurück, früheren Schriftstellern ist sie unbekannt. Nach der Legende soll C. Ende des 2. Jh. oder um 229 oder unter Julian enthauptet worden sein. Im 5. Jh. wurde das eigentliche Wohnhaus im römischen Stadtteil Trastevere zur Kirche Santa Cecilia umgebaut. Im 7. Jh. wurde ihr Grab an der Via Appia verehrt. 821 ließ Papst Paschalis I. die Gebeine nach S. Cecilia in Trastevere übertragen. Beim Öffnen des Sarges in der Titelkirche soll der Leichnam der C. unversehrt gewesen sein. Nach der Lage des Körpers im Sarg gestaltete Stefano Maderno die berühmte Plastik der C. (1599 –1600).

Im 8. Jh. nahm die Kirche die Worte der Legende Cantantibus organis, Caecilia virgo in corde suo soli Domino decantabat (Während die Instrumente erklangen, sang die Jungfrau C. in ihrem Herzen nur dem Herrn) in das Offizium der C. auf. So erscheint C. seit dem Spätmittelalter als Patronin der Kirchenmusik, der Musiker und Instrumentenbauer.

Lit.: Qua Continetur Hippolyti Delehaye Commentarius Perpetuus in Martyrologium Hieronymianum ad Recensionem Henrici Quentin O.S.B. Brüssel, 1931, 612ff.; Haberl, Ferdinand: Die heilige Caecilia als Patronin der Kirchenmusik, o.O., 1976.

Cacodaemon (griech.), böser Geist im Gegensatz zum > Agathodaimon, dem guten Geist. Von jedem Menschen wurde angenommen, dass er einen guten und einen bösen Geist habe. Die Griechen nannten den König der bösen Geister > Hades, die Ägypter > Typhon, die Perser und Chaldäer > Ahriman. Von den Astrologen wurde das 12. Haus der Sonne, das als böse galt, als C. bezeichnet.

Lit.: Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Leslie Shepard [Hrsg.]. Second Edition. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 1984.

Cacus (griech. kakós, schlecht), Sohn des > Vulcanus, vorrömischer feuerschnaubender Riese und Unhold, halb Tier, halb Mensch, der in einer Höhle auf dem > Aventin hauste, vorübergehende Wanderer tötete, Herakles einen Teil seiner Rinderherde stahl und die Tiere am Schwanz in seine Höhle zog. Das Gebrüll der Tiere verriet ihn jedoch. So drang Herakles in die mit einem Stein verschlossene Höhle ein und tötete C. Zum Dank stiftete ihm Evander, der damalige Beherrscher der Stelle, des nachmaligen Rom, an der Ara maxima auf dem Forum Boarium einen Opferdienst (Verg. Aen. 8, 185ff.).

Religionswissenschaftlich gesehen war C. ein altrömischer Gott mit Kult auf dem Palatin, wurde später aber vom griechischen Heros Evander zur Porta Trigemina am Fuße des Aventin verdrängt. Die oben angeführte Legende entstand im 3. vorchristlichen Jahrhundert.

Lit.: Bayet, Jean: Les origines de l’Hercule Romain. Paris: Boccard, 1926; Altheim, Franz: Griechische Götter im alten Rom. Gießen: A. Töpelmann, 1980.

Cad Goddeu („Kampf der Bäume oder Schlacht der Bäume“), ein in walisischer Sprache verfasstes Gedicht, das im Llyfr Taliesin (Buch von Taliesin) aus dem 13. Jh. überliefert ist.

Das Gedicht erzählt vom Kampf zwischen Gwydion und > Amaethon gegen > Arawn, den König der Unterwelt, in der walisischen Mythologie. Die Schlacht wurde ausgelöst, weil Amaethon Arawn einen Hund, einen Rehbock und einen Kibitz gestohlen hatte, als dieser den Wald magisch belebte.

Während der Schlacht bekämpften sich beide mit magischen Mitteln. Gwydion konnte nur besiegt werden, wenn der Name seiner Begleiterin Achren erraten wurde; ihr Name bedeutete „Bäume“. Die Kräfte Arawns konnten hingegen nur vereitelt werden, wenn der Name seines Kämpfers > Bran erraten wurde. Gwydion gelang es, Brans Namen zu nennen, er belebte die Bäume zu Kriegern und gewann so den Kampf.

Lit.: The Mabinogi, and Other Medieval Welsh Tales. Berkeley: University of California Press, 1977.

Caddy, Eileen (26.08.1917 – 13.12.2006), Schriftstellerin und Mitbegründerin der > Findhorngemeinde.

C. vernahm in einer Zeit großer persönlicher Ratlosigkeit eine Stimme, die sie schließlich als „meine Liebe“ bezeichnete. Sie deutete diese Stimme als die Stimme Gottes, die in jedem Menschen und Wesen verborgen, aber nur zu hören ist, wenn sich Menschen in meditativer Stille befinden. C. verließ daraufhin ihren ersten Gatten sowie ihre vier Kinder und fand in den 1950er Jahren Anschluss an einen Kreis spiritueller Lehrer, der durch > Channeling den Alltag mit der geistigen Welt zu verbinden suchte. Zu ihm gehörten auch ihr zweiter Gatte, Peter Caddy, und Dorothy MacLean. 1957 übernahmen die drei das Cluny Hill Hotel bei Forres in Nordschottland. Die Leitung des Betriebes übernahm die göttliche Stimme. Zudem führte diese Stimme die drei zu der Erkenntnis, dass nicht nur Menschen in ihrem Grunde göttlich, sondern dass auch alle anderen Wesen und Dinge von Göttlichkeit erfüllt sind.

Als dem spirituell gesinnten Hotelmanagement 1962 der Arbeitsvertrag gekündigt wurde, lebten sie in einem Wohnwagen auf einem sandigen Campingplatz bei Findhorn und legten so den Grundstein für die Findhorngemeinde. 1963 bauten sie neben dem Wohnwagen eine Unterkunft für Dorothy MacLean, von der nun auch spirituelle Weisungen ausgingen. Dies veranlasste die drei, mit geheimnisvollen Kräften und Wesen, den „Devas“, das Gespräch aufzunehmen.

Peter Caddy war zudem Mitglied in der > Rosicrucian Fellowship und stand dem sog. positiven Denken nahe.

In ihren Büchern schildert C., wie das Geistwesen „Elixier“ ihr Ratschläge erteilte.

W. (Auswahl): Herzenstüren öffnen. Gutach i. Br.: Greuthof, 1995; Flug in die innere Freiheit (Autobiographie). Gutach i. Br.: Greuthof, 1995; Findhorn – Königreich des Lichts. Braunschweig: Aurum, 1997; Hör mit den Ohren der Liebe und sprich mit ihrer Stimme. Braunschweig: Aurum, 1998.

Cade, C. Maxwell (*3.12.1918 Kensington, London; † 28.05.1985), Medizinischer Psychologe und Strahlenphysiker. C. studierte vor dem Zweiten Weltkrieg in London Medizin und Psychologie und widmete sich dann 25 Jahre lang der Forschung in der Strahlenphysik in der Industrie und an einem Forschungsinstitut. Ab 1970 befasste er sich intensiv mit > Biofeedback und > Veränderten Bewusstseinszuständen. Dabei entwickelte er verschiedene Geräte zur Messung der Gehirnwellenaktivität, so auch den Mind Mirror, ein tragbares EEG, das die Gehirnwellenaktivität beider Gehirnhemisphären mit Hilfe von Leuchtdioden sichtbar macht.

Seine Untersuchungen der physiologischen Veränderungen im Zusammenhang mit Meditation, Heilbehandlung und Veränderten Bewusstseinszuständen führten ihn anhand von Gehirnwellenmustern zur Aufstellung einer Hierarchie von Bewusstseinszuständen, die durch verschiedene Kombinationen der Alpha-, Delta- und Thetawellen gekennzeichnet ist.

W. (Auswahl): The Taming of the Thunderbolts: The Science and Superstition of Ball Lightning. London [u.a.]: Abelard-Schuman, 1969; Cade, C(ecil) Maxwell / Coxhead, Nona: The Awakened Mind: Biofeedback and the Development of Higher States of Awareness. London: Wildwood House [etc.], 1979; Self-Awareness and E.S.R.: An Extended Study into the Measurement of Skin Resistance as a Guide to Self-Awareness and Well-Being / Geoffrey G. Blundell, C. Maxwell Cade. London: Publications Division of Audio Ltd., [1979 –1993].

Cadiere, Marie-Catherine (*1709), Protagonistin einer der letzten großen Hexenprozesse vor einem französischen Gericht. C. war eine sehr fromme junge Frau, die nach Heiligkeit strebte, Bücher über Mystik las und sich lebhaft für die „Offenbarungen“ der Visitandine Rémuzat aus Marseille interessierte. Schon bald behauptete sie, ähnliche Gnadenerweise zu erhalten, bezeichnete sich als „Konvulsionärin“ und behauptete schließlich, dass sie die Wundmale habe. Eine Untersuchung erklärte die Aussagen zur Lüge, doch C. bewog ihren Beichtvater, den Jesuiten Jean-Baptist Girard (1680 –1733), die Sache selbst zu untersuchen. Dieser war zunächst töricht genug, ihr zu glauben und sie zu beobachten. Als ihm der Betrug bewusst wurde, lehnte er es ab, weiterhin ihr Beichtvater zu sein. C. beschuldigte daraufhin den fünfzigjährigen Pater, sie ausgenützt und dann zur Abtreibung gezwungen zu haben. Um sich damit nicht selber schuldig zu machen, bezeichnete sie sich als unschuldiges und unbewusstes Opfer von Wahrsagerei und Zauberei, die zu ihren Ungunsten von ihrem Beichtvater ausgeübt worden seien. Der Fall erregte großes Aufsehen und führte zu einem der letzten Hexenprozesse, der am 10. Oktober 1731 in Aix-en-Provence mit der Verurteilung von C. zum Spesenersatz endete. P. Girard wurde von jeder Schuld freigesprochen, da er zunächst nur in Gutgläubigkeit die spirituelle Führung von C. übernommen hatte, seine priesterlichen Pflichten jedoch nie verletzte.

Lit.: Orlandi, Giuseppe: La fede al vaglio: quietismo, satanismo e massoneria nel Ducato di Modena tra Sette e Ottocento. Modena: Aedes Muratoriana, 1988; Rochaz, H.: Girard (Jean Baptist). In: Nouvelle biographie générale, XIX, Paris, 1857, S. 652– 654; Montigny, Xavier D’Arles de: Der Fall Cadière. Frankfurt / M.; Berlin: Ullstein, 1989.

Cadmeus, in der griechischen Mythologie Beiname des > Bacchus, eines Enkels von > Cadmus.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Cadmus, auch Kadmos, Sohn des Agenor, des Königs der Phönikier, und der Telphassa, Bruder der > Europa.

Nach der Entführung der Europa durch > Zeus wird C. vom Vater ausgesandt, seine Schwester zu suchen. Er wendet sich an das > delphische Orakel, das ihn beauftragt, einer Kuh bis zu ihrem Rastplatz zu folgen und dort eine Stadt zu gründen. C. folgt der Weisung und gründet Kadmeia, Burg und Stadtkern des späteren Theben. Einen von > Ares abstammenden Drachen, der einige Gefährten des C. tötet, erlegt er mit Steinwürfen. Auf den Rat der > Pallas Athene hin reißt er ihm die Zähne aus und sät sie in die Erde. Aus der Saat gehen bewaffnete Männer hervor, die sich gegenseitig umbringen. Auf die fünf Überlebenden führten die thebanischen Adelsgeschlechter ihre Abstammung zurück.

Nach acht Jahren Buße wegen der Tötung des Drachens wird C. durch die Heirat mit > Harmonia, der Tochter des Ares, ausgezeichnet. Bei der Hochzeit auf Kadmeia sind alle Götter anwesend. > Hephaistos schenkt Harmonia das verhängnisvolle Halsband (> Alkmaion). Aus der Ehe gehen Polydoros und vier Töchter hervor.

C. soll das phönikische Alphabet nach Griechenland gebracht haben. Im Alter wurden er und Harmonia laut Ovid in Illyrien, wohin sie gezogen waren, in Schlangen verwandelt und zuletzt ins > Elysion versetzt.

Lit.: Hunger, Herbert: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Wien: Verlag Brüder Hollinek, 1988; Calasso, Roberto: Die Hochzeit von Kadmos und Harmonia. Frankfurt / M.: Insel-Verl, 1991; Kühr, Angela: Als Kadmos nach Boiotien kam: Polis und Ethnos im Spiegel thebanischer Gründungsmythen. Stuttgart: Steiner, 2006.

Cadocus (Cadog) von Llancarfan (6. Jh.), Abt., hl. (Fest: 21. Sept.). C. stammte aus vornehmem walisischen Geschlecht, war nach der Überlieferung, die sich an die im 11. / 12. Jh. von Lifris verfasste Vita anschließt, ein Königssohn und Verwandter des hl. David von Schottland sowie der in Wales wirkenden Heiligen Gildas, Findan und Iltut. Er wurde in der Klosterschule in Lismore erzogen, verzichtete auf sein Erbteil und unternahm Reisen nach Schottland, Irland und in die Bretagne. In Wales gründete er verschiedene Klöster, darunter das Kloster Llancarfan, das im Frühmittelalter kirchenpolitisch eine große Rolle spielte, und dessen Abt er wurde. Nach der Vita soll C. nach Benevent entrückt worden sein, wo er den Märtyrertod fand und bestattet wurde.

Die Vita enthält frühes Material zur Sage von König > Artus.

Lit.: Lifris: ,Vita sancti Cadoci‘, Vitae Sanctorum Britanniae et Genealogiae, hg. u. übers. v. A. M. Wade-Evans, 1944; Brooke, Christopher Nugent Lawrence: St. Peter of Gloucester and St. Cadoc of Llancarfan, in: Nora Kershaw Chadwick: Celt and Saxon: Studies in the Early British Border, 1963, S. 258 – 322; Davies, Wendy: Wales in the Early Middle Ages. Leicester: Leicester University Press, 1982.

Caduceus (lat., griech. kerykeion, Heroldstab), der geflügelte Stab des griechischen Gottes > Hermes, des römischen > Merkur, um den sich zwei Schlangen mit einander zugewandten Köpfen winden. Ein oft zusätzlich angebrachtes Flügelpaar deutet auf die Schnelligkeit des Götterboten hin. Auch die jungfräuliche Götterbotin > Iris, die vom > Olymp herbeieilt, um die Befehle des > Zeus zu vermitteln, wird meist mit Heroldstab dargestellt.

Nach einer antiken Interpretation hat Merkur zwei sich bekämpfende Schlangen mit seinem Stab getrennt. Der C. ist somit ein Symbol des Friedens. Da Merkur bei den Römern der Gott des Handels und Verkehrs war, wurde der C. dann insbesondere in der Renaissance und im Barock zum Symbol von Handel und Verkehr, verbunden mit zwei Füllhörnern als Symbol des Wohlstandes.

In der > Alchemie ist C. Symbol der Vereinigung (> Conjunctio) der beiden gegensätzlichen Prinzipien Merkur (Quecksilber) und Sulphur (Schwefel). Aus dieser Verbindung gehen nach der Vorstellung arabischer Alchemisten die Metalle hervor.

Zu unterscheiden ist der C. vom > Äskulapstab, der nur von einer Schlange umwunden ist. Wohl aber ist der C. zum Symbol des ganzheitlichen Heilens geworden und des Gleichgewichts entgegengesetzter Kräfte sowohl im Universum als Ganzes (Makrokosmos) als auch in jedem Individuum (Mikrokosmos).

Lit.: Bayard, Jean-Pierre: Le Symbolisme du Caducée. Paris: G. Trédaniel Éd., 1987; Caduceus: Healing Wholeness (Zeitschrift); Friedlander, Walter J.: The Golden Wand of Medicine: A History of the Caduceus Symbol in Medicine. New York: Greenwood Press, 1992.

Caducifer (lat., „Träger des Caduceus“), Beiname des > Merkur als Träger des > Caduceus, des geflügelten Schlangenstabs. Der Name bezeichnet Merkur einerseits als > Herold der Götter, andererseits als Besitzer der geheimnisvollen Macht, die Seelen der Verstorbenen zur Unterwelt und die Toten von dort heraufzuführen. Der Stab wurde ihm entweder von > Vulcanus oder von > Apollon gegeben, dem er die Erfindung der > Lyra abgetreten hatte. Es war aber Merkur, der dem Stab die bekannte Form des Caduceus verlieh, als er ihn in Arkadien zwischen zwei kämpfende Schlagen warf, die sich friedlich um ihn wanden, weshalb er auch Friedens- bzw. Heroldstab ist.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Caeculus (lat., „der ein wenig Blinde“, „der Feuergezeugte“). Nach Berichten von Cato und Plinius habe unter dem 5. römischen König Tarquinius Priscus (angeblich 616 –579 v.  Chr.) das Dienstmädchen der Königin Tanaquil namens Ocresia am Kaminfeuer sitzend einen Phallus im Feuer gesehen, der mehrere Tage sichtbar war. Wie Ovid in seinen Fasti weiter berichtet, sollte laut Prophezeiung der Etrusker jenes Mädchen, das sich mit dem im Feuer erschienenen Phallus vereinigte, ein Kind mit außergewöhnlichen Fähigkeiten zur Welt bringen. Auf diese Weise wurde Servius Tullius, der Nachfolger des Tarquinius Priscus, bzw. C., gezeugt.

Ocresia setzte das neugeborene Kind unweit vom Tempel des > Jupiter aus, wo es Mädchen auf freiem Feld bei einem brennenden Feuer fanden, weshalb sie den Knaben für einen Sohn des > Vulcanus hielten; seiner kleinen Augen wegen nannten sie ihn C. Als Erwachsener gründete C. Praeneste bei Rom, lud zu öffentlichen Spielen ein, bezeichnete sich dabei selbst als Sohn des Vulcanus und forderte den Gott auf, seine Aussage durch ein Wunder zu bestätigen. Plötzlich wurde die ganze Versammlung von einer Flamme umgeben, alle wurden angehalten, Wohnung in Praeneste zu nehmen und C. als Regenten anzuerkennen.

Lit.: Cato, Marcus Porcius: Opere. Torino: Unione Tipografico-Editrice Torinese, 2001; Ovidius Naso, Publius: Fasti: München: Artemis & Winkler, 2001.

Caedmon, auch Cadmon (*650?, † 680), hl. (Fest: 11. Februar), der erste christliche Dichter Englands. Der einzige Hinweis auf C. findet sich in der Historia Ecclesiastica gentis Anglorum (731) des englischen Theologen und Historikers > Beda Venerabilis („der Ehrwürdige“, um 673 –735). Nach Beda (Hist. IV, 24) war C. ein ungebildeter Hirte und dann Angestellter des 657 von der hl. Hilda gegründeten Doppelklosters Whitby and Streoneshalh. Eines Nachts sah C. im > Traum (Vision) jemanden neben sich stehen, der ihn beim Namen nannte und aufforderte, die Schöpfung zu preisen. Daraufhin begann er zum Lobpreis Gottes in Versen zu singen, die er vorher nie gehört hatte. Diese Verse sind als Cadmon’s Hymn (Caedmons Schöpfungshymnus) bekannt, die Beda ins Lateinische übertrug.

Am Morgen erzählte C. davon Hilda, der Äbtissin des genannten Klosters, und tat ihr und den Gelehrten des Klosters die Verse kund. Alle waren überzeugt, dass er eine göttliche Gabe erhalten hatte. Als C. weitere heilige Berichte in ausgezeichnete Verse goss, lud ihn Hilda ein, als Laienbruder in das Kloster einzutreten. Dort verbrachte er den Rest seines Lebens durch Umsetzung biblischer, theologischer und spiritueller Texte in Verse. Er nahm ganze Texte auf und verwandelte sie dann, gleich einem Wiederkäuer, in liebliche Verse. Die sog. Caedmon-Gedichte finden sich in einem einzigen Manuskript, das aus dem 10. Jh. stammt und in der Bibliotheca Bodleiana der Oxford Universität aufbewahrt wird. Nicht wenige englische Wissenschaftler zweifeln die Autorschaft Caedmons jedoch inzwischen an.

C. starb im Kloster Whitby und wurde, wie auch viele andere Heilige, aufgrund der ihm zugeschriebenen Wunder vom Volk und auch kirchlich als Heiliger verehrt, ohne je formell heiliggesprochen worden zu sein.

Lit.: Beda, Venerabilis: Historia ecclesiastica gentis Anglorum. [Straßburg]: [Heinrich Eggestein], 1475; Grein, Christian Wilhelm Michael: Dichtungen der Angelsachsen, stabreimend übers. 2 Bde. Heidelberg: Carl Winter, 1930.

Caelestis, Dea (lat.), die Himmelsgöttin, oder auch Virgo Caelestis, die Himmelsjungfrau, genannt. C. ist die karthagische Form der > Astarte, die von Elagabal in Rom eingeführt wurde. Auf Münzen des 4. und 3. Jh. v.  Chr. ist sie gelegentlich auf einem Löwen reitend mit einer Lanze in der Hand abgebildet. Allgemein wird sie aber in Porträtform mit einem Diadem, einer Krone bzw. einem Kranz aus Weizenähren auf dem Haupt und dem im Hintergrund aufgehenden Mond dargestellt.

Lit.: Bertholet, Alfred: Wörterbuch der Religionen. Stuttgart: Kröner, 1985.

Caerlon, auch Caerleon (walisisch: Caerllion), ein Dorf am Ufer des Usk im Norden von Newport in Wales, Stadtteil von Newport. C. ist einer der Orte, der als das > Camelot König > Arthurs identifiziert wurde. Der Name Camelot taucht erst bei dem französischen Autor > Chrétien de Troyes auf. Gottfried von Monmouth berichtet, dass C. Arthurs Hauptstadt war. Sir Thomas Malory sprach bei seiner Bearbeitung des Materials über Arthur vom Krönungsort in „Carlion“.

Die Überreste des Amphitheaters, die über die Jahrhunderte immer sichtbar waren, sollen die Tafelrundensage unterstützt haben. C. zog auch später Schriftsteller an, die sich mit der Arthur-Sage literarisch befassten.

Lit.: Knight, Jeremy: Caerleon: Roman Fortress. Cardiff, 2003.

Caetano, Domenico Emanuele (* um 1670 Neapel, † 23.08.1709 Küstrin / Markgrafschaft Brandenburg, hingerichtet), Goldmacher.

Herkunft und Jugend von C. liegen im Dunkeln. 1695 verließ er jedenfalls Neapel und begab sich nach Venedig und Verona, wo er wohlhabenden Personen gegen entsprechendes Geld versprach, das Geheimnis des Goldmachens zu lüften. Er floh jeweils, bevor der Betrug aufkam. 1696 kann er nach Brüssel, an den Hof des bayrischen Kurfürsten Max II. Emanuel (1662–1726), der dort als Statthalter der spanischen Niederlande fungierte, und gewann dessen Vertrauen. Max ernannte ihn zum Obristen und im April 1677 zum bayrischen Generalfeldzeugmeister. Er sollte jedoch Gold machen. Nach zweimaligem Fluchtversuch wurde er nach München gebracht, unter Aufsicht gestellt und 1699 wegen dauernder Erfolglosigkeit in das Staatsgefängnis auf der Burg Grünwald bei München gesteckt. Auf der Burg sind bis heute Reste von Wandmalereien erhalten, die C. während seiner Haft anfertigte. Von dort flüchtete er nach Wien und kam schließlich 1705 an den Hof des Preußenkönigs Friedrich I. (1653 –1713). Als auch dort mehrere Großeinsätze scheiterten, ergriff er neuerlich die Flucht, wurde aber in Frankfurt am Main festgenommen und auf der preußischen Festung Küstrin an einem mit Flittergold beklebten Galgen hingerichtet. 

Lit.: Anonym: Historische Nachricht von dem betrügerischen Leben und unrühmlichen Ende des angeblichen Grafen Don Dominico Emanuel Gaetano, Conte de Ruggiero. Berlin u. Frankfurt / Oder, 1790; Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. München: Beck, 1998.

Caffémantie (Caffemantia), Wahrsagen aus dem Kaffeesatz, wie schon bei Johann Albert Fabricius in seiner Bibliographia von 1713 zu lesen ist. Diese Form des Wahrsagens hat sich in verschiedenen Gebieten bis heute erhalten.

Lit.: Fabricius, Johann Albert: Jo. Alberti Fabricii bibliographia antiquaria, sive introductio in notitiam scriptorum, qui antiquitates hebraicas, graecas, romanas et christianas scriptis illustraverunt. Hamburg; Lipsiae: Liebezeit, 1713.

Cagan, auch Kaggen oder Kaang, Schöpfergott der Buschmänner in Botswana, Südafrika. Man kann ihn zwar nicht sehen, jedoch mit dem Herzen erkennen. Er hat alle Wesen durch Befehl erschaffen und die Tiere in den Dienst des Menschen gestellt. C. ist der große Zauberer, der Meister aller Dinge. Regen und Dürre, Leben und Tod kommen von ihm. Er kann die Gestalt eines Menschen, aber auch die einer Gottesanbeterin annehmen.

Lit.: Bellinger, Gerhard J.: Knaurs Lexikon der Mythologie. München: Droemersche Verlagsanst., 2005.

Cagan ebügen (mongol., „der Weiße Alte“), mongolischer Herdengott und Gott der Fruchtbarkeit, dargestellt als weißhaariger, weiß gekleideter Greis.

Lit.: Schwarz, Henry G.: Mongolian and the Mongols: Holdings at Western Washington University. Bellingham, WA: Western Washington, 1992.

Cagastrum, von > Paracelsus eingeführter Begriff zur Bezeichnung von etwas, das an sich nicht existiert, im Gegensatz zum Iliastrum, der Urkraft, die am Anfang der Weltschöpfung steht. So ist iliastrisch das echte Silber, cagastrisch das Katzensilber. Iliastrisch ist ein echter Prophet, cagastrisch ein falscher Prophet (Lib. Apoth., Bd. X, Appendix, 6).

Lit.: Kayser, Hans: Schriften Theophrasts von Hohenheim genannt Paracelus. Leipzig: Insel Verlag, 1921, S. 497; Aram, Kurt: Magie und Mystik: in Vergangenheit und Gegenwart. Berlin: Albertus-Verlag, 1929.

Cagliostro, Graf Alessandro, eigentlich Giuseppe Balsamo (* 20.04.1743 Palermo; † 28.08.1795 Fort San Leo bei Urbino, Italien), Goldmacher, Betrüger, geistreichster Hochstapler des 18. Jh.

Als Sohn eines bankrotten Händlers ging C. bei einem Apotheker in die Lehre. 1769 verließ er nach mehreren Betrügereien seine Heimatstadt. In Messina wurde er angeblich von einem geheimnisvollen Griechen in die > Alchemie eingeführt. In Rom heiratete er die erst vierzehnjährige Lorenza Feliziani, die ihm bei seinen Betrügereien eifrig zur Seite stand und durch ihre Schönheit interessante Bekanntschaften vermittelte. C. erhob sich schließlich selbst in den Rang eines Majors der preußischen Armee. Der Betrug wurde entdeckt, C. verhaftet und ausgewiesen. 1771 pilgerte er nach Santiago de Compostela, finanziert vor allem durch die Attraktivität seiner Frau. Dann reiste er nach London, wo er sich den Lebensunterhalt als Goldmacher, Wunderheiler und Geisterbeschwörer wie als Zuhälter und Liebhaber verdiente. Bei seinen Reisen durch Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien und Spanien fanden sich zunächst keine spendenfreudigen Opfer. C. behauptete daraufhin, im Besitz des > Steines der Weisen (lapis philosophorum) zu sein und nicht nur Gold machen, sondern auch Gesundheit, Schönheit und Jugend bewirken zu können.

Um 1775 begründete er eine eigene Freimaurerei, die er die > Ägyptische Freimaurerei nannte und die von da an zum System seiner Hochstapelei gehörte. In diesem ägyptischen Ritus, der zuerst um 1782 auftauchte und von Goethe im „Großkophta“ köstlich beschrieben wird, verfocht C. den Grundsatz, dass auch Frauen in den Orden aufgenommen werden müssten. Er behauptete, den exotischen Ritus durch ein in London entdecktes Manuskript kennengelernt zu haben, womit er in Bezug auf Vorschriften und Versprechungen zur einzigen Autorität wurde. Während des Rituals wurde der Großkophta, wie C. sich nannte, nackt und eine Schlange in der Hand haltend auf einer goldenen Kugel in einen Raum herabgelassen. Seine Jüngerinnen soll er aufgefordert haben, sich der profanen Kleider zu entledigen, denn wenn sie die Wahrheit empfangen wollten, müssten sie so nackt sein wie das Leben selbst. Zudem versprach er, dass die Ägyptische Freimaurerei ihre Mitglieder durch > Wiedergeburt zu körperlicher und moralischer Vollkommenheit führen und den Gnadenzustand vor dem Sündenfall herstellen würde. Zum Erreichen dieses Zieles erlegte er seinen Anhängern 40 Tage der Kasteiung und des Fastens auf und versprach ihnen dafür ein Leben von mindestes 5557 Jahren.

1776 faszinierte C. als Glücksritter die Londoner Gesellschaft. Er nannte die richtigen Zahlen der Staatslotterie, wurde der „Sabotage“ bezichtigt und ins Gefängnis geworfen. Dann verließ er das Land in Richtung Frankreich, wo er durch unerklärliche Heilkünste Aufsehen erregte. Im März 1779 kam er nach Mitau im damaligen zu Russland gehörenden Kurland und gründete eine Freimaurerloge, in der auch Frauen zugelassen wurden. Bei seinem anschließenden Aufenthalt in St. Petersburg scheiterte sein Versuch, dort unter dem Schutz von Katharina II. (1729 / 1762 –1796) sein System zu verbreiten. Auch in Warschau wurde C. nach anfänglichen Erfolgen entlarvt und musste die Stadt fluchtartig verlassen. Er begab sich sodann nach Straßburg, der Hochburg der mystischen Freimaurerei, und erwarb sich die Gunst des Prinzen Louis René de Rohan (1734 –1803), Kardinal und Erzbischof von Straßburg. Er begann ohne Unterschied Arme und Reiche zu heilen und erzielte mit seinen Methoden einer magischen Medizin auch gewisse Erfolge. Zudem sprach er fast alle europäischen Sprachen und besaß eine hinreißende Beredsamkeit. Für die einen war er ein göttlicher Wundermann, für die anderen ein geistreicher Betrüger. 1781 besuchte ihn sogar > Lavater in Straßburg, konnte ihm aber lediglich folgende Worte entlocken: „Sind Sie von uns beyden der Mann, der am besten unterrichtet ist, so brauchen Sie mich nicht; bin ich es, so brauche ich Sie nicht“ (Schreiber, S. 182).

C. reiste anschließend durch Italien und Südfrankreich, wo er 1784 die „Mutterloge“ seiner Ägyptischen Freimaurerei gründete. Inzwischen wurde sein System auch in Paris bekannt, wo am 5. Juli 1785 eine Loge genehmigt wurde. Damit war der Höhepunkt seiner Karriere als der von ihm selbst benannte „Großkophta“ der Ägyptischen Maurerei erreicht. Schon im folgenden Jahr wurde C. wegen seiner Beteiligung an der berühmten Halsbandaffäre mit der Königin zunächst in der Bastille inhaftiert und dann des Landes verwiesen. Sein Stern begann zu sinken. Nach vergeblichen Bemühungen in London ging er nach Rom, wo er eine Loge nach seinem System errichtete. Zwei Beauftragte der Inquisition ließen sich in das System aufnehmen und denunzierten es. Die Loge wurde geschlossen und C. unter Berufung auf die Bullen von Clemens XII. und Benedikt XIV. der Häresie, Zauberei und Freimaurerei bezichtigt und zum Tod verurteilt, später jedoch (1791) zu lebenslanger Haft begnadigt. Er starb im päpstlichen Gefängnis San Leone bei Urbino. Seine Frau und Komplizin wurde in ein Kloster gesteckt.

Das Leben von C. diente häufig als Vorlage für künstlerische Gestaltungen, z.B.: Schiller, „Der Geisterseher“ (1789); Goethe, “Der Großkophta“ (1791); H. W. Geißler, „Der Zauberlehrling“ (1918); Tolstoi, „Graf Kaliostro“ (1921); A. Dumas, „Memoire d’un Medicine“ (1948); J. v. Günther, „C“ (1949).

W.: Barberi, Giovanni: Compendio della vita, e delle gesta di Giuseppe Balsamo denominato il conte Cagliostro. Roma, 1791; Marcello, Stefano Antonio: Leben und Thaten des Joseph Balsamo, des sogenannten Grafen Cagliostro. Zürich, 1791; McCalman, Iain: Der letzte Alchemist: die Geschichte des Grafen Cagliostro. Frankfurt a. M.: Insel-Verl., 2004; Schreiber, Hermann: Handbuch des Okkultismus. München: Drei-Ulmen-Verlag; AVA, 2006.

Cahagnet, Louis-Alphonse (1809 –1885), französischer Handwerker, Medium, Forscher und Schriftsteller.

C. war Materialist und Atheist, wurde aber durch das Lesen der Werke von E. > Swedenborg zur Untersuchung von > Somnambulismus, > Mediumismus und > Spiritismus angeregt. 1845 begann er mit der Beobachtung der Verhaltensformen mehrerer Somnambuler, worüber er 1848 im ersten Band von Magnétisme berichtet. Er beschreibt darin die Experimente mit acht Somnambulen und die Kommunikation mit 36 Geistwesen, die angaben, vor 200 Jahren gestorben zu sein. Diese Mitteilungen enthalten auch eine genaue Beschreibung der Geistsphären und des Fortlebens. 1849 veröffentlichte C. den zweiten Band, der die Zeugenaussagen der Sitzungsteilnehmer beinhaltet, die zum Teil sehr skeptisch sind. Der dritte Band folgte 1860.

Als Medium bei den Sitzungen fungierte Adèle > Maginot, mit der C. unter Hypnose arbeitete. Durch sie konnten die Sitzungsteilnehmer Kontakt mit den Verstorbenen aufnehmen. Bestimmte Verstorbene konnte M. dabei nach Gesicht, Gestalt, Kleidung usw. korrekt beschreiben. Es gab aber auch Fehlangaben. C. selbst war ebenfalls medial begabt und leistete Ähnliches wie Adèle.

Mit den Sitzungen wollte er den Beweis führen, dass die Mitteilungen von Verstorbenen und nicht vom Medium kommen. Dabei soll er zur Überzeugung gelangt sein, einen hinreichenden Beweis für das Fortleben zu haben.

Seine Aufzeichnungen werden als ehrlich und wertvoll erachtet. Hervorzuheben ist ferner, dass C. psychische Phänomene unter Hypnose schon vor der Gründung der > Society for Psychical Research getestet hat.

W. (Auswahl): Magnétisme: Arcanes de la vie future dévoilée. Paris: l’Auteur, 1848; Sanctuaire du spiritualisme: Etude de l’âme humaine et de ses rapports avec l’univers, d’après le somnabulisme et l’extase. Paris, 1850; Ein Buch zum Troste der Menschheit enthaltend: den unumstößlichen Beweis von der persönlichen Fortdauer und Beschäftigung der Seele nach ihrer Trennung vom Körper; durch protocollirte Aussagen ekstatischer Somnambülen gliefert. Nebst einem beurtheilenden Vorwort von J. Neuberth. 3 Teile in 1 Bd. Hildburghausen u. Leipzig: Kesselring, 1851; Der Verkehr mit den Verstorbenen auf magnetischem Wege. Leipzig: Kesselring, 1851; Encyclopédie magnétique spiritualiste: traitant spécialement de faits psychologiques, magie magnétique, swedenborgianisme, nécromancie, magie celeste etc. Paris: Cahagnet, 1855; Révélations d’outre-tombe par les ésprits Galilée, Hypocrate, Franklin, etc. sur Dieu, la préexistence des ames, la création de la terre, l’astronomie, la météorologie, la physique, la métaphysique, la botanique, l’hermétisme, l’anatomie vivante du corps humain, la médecine, l’éxistence du christ et du monde spirituel, les apparitions et les manifestations spirituelles du XIXe siècle. Paris, 1856; Études sur les facultes prophetiques de l’homme; Les Saints Évangiles au tribunal de la raison humaine, suivis des Évangiles du XIX siècle. Paris: l’Auteur [u.a.], 1862.

Cahuáchi, die heilige Hauptstadt des Nazca-Volkes im Nazca-Tal im Süden Perus, ein Kulturzentrum, das sich über eine Fläche von 24 km2 erstreckt und eine der größten Zerimonialstätten bildet, die von Zivilisationen der präkolumbianischen Zeit bekannt sind.

Die Gebäude sind aus luftgetrockneten Adobe-Lehmziegeln erbaut und erheben sich auf 40 natürlichen Hügeln in der Mitte des Tales. Bis zu den jüngsten Ausgrabungen in der Zeit zwischen 1984 und 1995 wurde angenommen, es habe sich um ein politisches Verwaltungszentrum gehandelt. Erst der Fund mehrerer neuer Gräber, in denen mumifizierte Leichname mit reichen Grabbeigaben bestattet worden waren, machte deutlich, dass dies > Menschenopfer und keine Gefangenen waren und dass C. das religiöse Zentrum der Nazca-Kultur war.

Als das Klima zunehmend trockener wurde, verließen die Nazca C. Dabei wurden die Grabpyramiden systematisch mit Erde zugeschüttet – offenbar im Glauben, die Götter hätten sie verlassen.

In der Nähe von C. finden sich die sog. > Nazca-Linien, Bodenzeichnungen mit vermutlich kultischer Funktion.

Lit.: Silverman, Helaine: Cahuachi and the Ancient Nasca World. University of Iowa Press, 1993.

Cailleach (auch Calliagh, Caillech, Cally, schott.: Carlin), Gruppe gälischer Sagengestalten aus Schottland, Irland und der Isle of Man. Es handelt sich dabei um hexenartige Riesinnen, die zumeist mit dem Wetter in Verbindung gebracht wurden. Einige C. gelten als Verkörperung des Winters, andere als Beschützerinnen der Tiere oder Schöpferinnen bestimmter Seen, Flüsse, Berge oder Inseln.

Die Bezeichnung C. steht für „Nonne“, „Hexe“, „Die Verhüllte“ oder „Alte Frau“ und leitet sich vom lateinischen Wort pallium (Schleier) ab.

So gab es im schottischen Hochland die Devise, dass demjenigen, der als Letzter die Ernte einbringt, bis zum nächsten Jahr die „Alte Frau“ aufgebürdet werde.

Lit.: Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 1984, Bd. 1.

Caim, nach der Pseudomonarchia daemonum des Johannes > Weyer ein > Dämon, der zuerst als Drossel erscheint und dann die Gestalt eines Mannes mit einem Schwert annimmt. C. lehrt die Vogelsprache und beantwortet wahrheitsgemäß die ihm gestellten Fragen.

Lit.: Wierus, Joannes: Psevdomonarchia Daemonvm, 1577.

Cain, John (* 21.04.1931 Eastham;

† 28.09.1985), bekannter englischer Geistheiler. Schon mit sechs Jahren linderte er durch Berühren der Stirn die Migräneattacken seiner Mutter. Nach Vollendung seines 21. Lebensjahres ging C. vorerst zur Armee, wo er u.a. als Masseur sehr geschätzt wurde. Nach der erfolgreichen Leitung eines eigenen Betriebes stieg er 1972 voll in die Heilertätigkeit ein und behandelte verschiedene Beschwerden wie Arthritis, Diabetes, Lähmungen, Durchblutungsstörungen und Krebs. C., der sich bei seiner Tätigkeit von Geistern geführt glaubte, war ein unkonventioneller Heiler und schien seine Klienten in einen veränderten Bewusstseinszustand zu versetzen, in dem es manchmal zu spontanen Besserungen kam. Viele seiner Heilungen erfolgten ohne Körperkontakt. Gelegentlich produzierte er auch > Fernheilung. Die verschiedensten Untersuchungen seiner Fähigkeiten, auch unter Laborbedingungen, fielen durchweg positiv aus.

Lit.: Green, Peter: Heal, My Son! The Amazing Story of John Cain. London: Van Duren, 1977; Sykes, Pat: You Don’t Know John Cain? London: Van Duren, 1980.

Caipora oder Caapora leitet sich vom Wort kaa’pora (Waldbewohner) der Tupí-Indianer ab und bezeichnet ein gespenstisches Wesen im brasilianischen Brauchtum. Die übernatürliche Gestalt wird verschieden beschrieben: als einfüßige Frau, als Kind mit übergroßem Kopf, als nackter, am ganzen Körper behaarter Indianerjunge mit verkehrt angesetzten Füßen oder als ein auf einem Schwein reitender Riese, dem ein Wildhund folgt. Besonders das Motiv der „verkehrt angesetzten Füße“ ist weit verbreitet und wird nicht nur Yeti-artigen Gestalten im Mythengut asiatischer Stämme zugewiesen, sondern steht auch für Naturdämonen des Alpenraumes. C. heißt aber ebenso ein unglücklicher Mensch oder ein Pechvogel. Hier spielen neben Einflüssen aus der Sagenwelt der Indianerstämme möglicherweise auch Einflüsse aus der Folklore Westafrikas eine Rolle.

Lit.: Biedermann, Hans: Dämonen, Geister, dunkle Götter: Lexikon der furchterregenden mythischen Gestalten. Graz: Leopold Stocker, 1989.

Cai-shen (chin. Ts’ai-shen), Gott des Reichtums in > China, der mit verschiedenen historischen Persönlichkeiten in Beziehung gesetzt wird. Er soll als Einsiedler gelebt und große Wunderkräfte besessen haben, die es ihm erlaubten, auf einem schwarzen Tiger zu reiten und > Blitz, > Donner und Krankheiten abzuwehren.

Lit.: Eberhard, Wolfram: Lexikon chinesischer Symbole. München: Diederichs, 1996.

Caitanya (sanskr.), 1. Das spirituell erwachte Bewusstsein im Hinduismus.

2. Caitanya (28.01./28.02.1486 – 9.07.1533 oder 9.06.1532), ein Anhänger des > Krishna und Begründer des Caitanya- oder Gaudīya-Sampradāya, einer Bewegung, die von entscheidender Bedeutung für die Verehrung Krishnas war.

In Bengalen als Viśvambhara Miśra geboren, war C. ursprünglich ein Gelehrter. Ein inneres Erlebnis führte ihn zur Aufgabe der brahmanischen Gelehrsamkeit. 1510 als Asket initiiert, nahm er den Namen Sri Krishna Caitanya an. Durch seine asketische Hingabe in Tanz und Gesang und seine außergewöhnliche Erscheinung – er soll 2 m groß gewesen sein – wurde er rasch bekannt, und man glaubte, er sei ein > Avatara, eine Herabkunft von Krishna und Rādhā, der Einheit des Gottes und seiner Geliebten. Die Liebe von C. zu Krishna war so groß, dass er beim Gedanken an diesen in Ekstase fiel, weshalb ihn seine Schüler später als dessen Inkarnation ansahen.

C. predigte als einzigen Weg zum Heil die ekstatische Gottesliebe, hinter der alle brahmanischen Ritualvorschriften und Kastenunterschiede zu verschwinden hätten. Die Einheit und Verschiedenheit von Gott, Seele und Ungeistigem sei nämlich mit den Mitteln des Verstandes nicht zu fassen und zu erklären. Gottes reine Liebe fand er in Rādhā.

Die sogenannten „Sechs Gosvāmis“, waren Schüler, die Ordnung in die von ihm hinterlassenen Eingebungen brachten und sich bis heute fortsetzen, nicht zuletzt in der Hare Krishna-Bewegung. C. hat selbst keine Bücher geschrieben.

Lit.: Kapoor, O. B. L.: The Philosophy and Religion of Śri Caitanya: The Philosophical Background of the Hare Krishna Movement. New Delhi: Munshiram Manoharlal Publishers, 1977; Kennedy, Melville T.: Chaitanya Movement. New York: Garland Publ., 1981; Risi, Armin: Gott und die Götter. Zürich; Berlin: Govinda, 1995.

Caitya (sanskr., „ein Schrein“, auch cetiya (Pali). 1. In den indischen Religionen ein Schrein oder Monument, ein Ort der Verehrung, ein Grabhügel.

2. Im > Buddhismus jeder Gegenstand der Verehrung, im Speziellen eine bestimmte Art buddhistischer Tempel. Die vornehmlich in der Gegend von Bombay in den Fels gehauenen C.-Hallen, die in Nachahmung freistehender Gebäude mit Trommelgewölbe erbaut wurden, bestehen aus einem schmalen Schiff, das nur durch den Felseingang erleuchtet wird, an dessen Ende sich ein kleiner Stūpa, ein Reliquiendenkmal, befindet. Sie sind die frühesten Plätze, die für buddhistische Kulte errichtet wurden.

Lit.: Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Caiumarath oder Kaid-Mords (pers. Mythologie), der erste Mensch. Er lebte tausend Jahre und regierte 560 Jahre. Er pflanzte einen Baum, aus dessen Früchten die menschliche Rasse hervorging. Der Teufel verführte das erste Paar, das sich nach dem Fall schwarz kleidete und voller Trauer auf die Auferstehung wartete, nachdem es die Sünde in die Welt gebracht hatte.

Lit.: Encyclopedia of Occultism & Parapsychology, second Edition. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 1984.

Cajetan, Graf > Caetano, Domenico Emanuele.

Cakrapuya (sanskr., „Verehrung im Kreis“), geheime Kulthandlung des > Shaktismus, die bei nächtlichen Zusammenkünften durch eine gleiche Anzahl von männlichen und weiblichen Schülern aus der gleichen Linie von Gurus stattfindet. Diese bilden einen geschlossenen Kreis und geben sich nach dem Hersagen von > Mantras zur Verehrung der Göttin > Shakti (= Shiva) dem Genuss von fünf Dingen hin, die auch als die fünf Makras bezeichnet werden, weil sie alle mit M beginnen: Madya (Wein), Mansa (Fleisch), Matsya (Fisch), Mudra (geröstetes Getreide und mystische Gesten) und Maithuna (Geschlechtsverkehr). Durch den Genuss von eigentlich verbotenen Speisen und Geschlechtsverkehr soll die Macht der Shakti über die niederen, animalischen Lebensbereiche symbolisch zum Ausdruck kommen. Zur Versammlung wird nur zugelassen, wer sich der erforderlichen Initiation unterzogen hat. Es darf dabei keine Trunkenheit und kein Verhalten vorkommen, das als unwürdig gilt.

Lit.: Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Cala, Carlo (Herzog von Diano, Marchese von Ramonte), ein Adeliger aus Kalabrien, Italien. Von ihm stammt das 1661 in Neapel veröffentlichte Buch Memorie historiche dell’apparitione delle cruce prodigiose da Carlo Cala (Historische Erinnerungen von Carlo Cala an die Erscheinung wunderhafter Kreuze).

Lit.: Memorie historiche dell’apparitione delle croci prodigiose / compendiate dal presidente d. Carlo Cala duca di Diano, marchese di Ramonte. Napoli: per Nouello de Bonis stampator della Corte Arciuescouale, 1661.

Calafato, Eustochia, Taufname Smeralda (*25.03.1434 Annunziata bei Messina, Italien; † 20.01.1485 Messina), heilig (11.06.1988, Fest: 20 Januar), Klarissin. C. trat 1449 in das Klarissenkloster von S. Maria di Basicò ein. 1460 gründete sie ein Klarissenkloster mit strenger Observanz und bezog mit ihrer Gemeinschaft 1464 das Kloster von Montevergine in Messina, wo sie begraben ist. Ihr Körper blieb unversehrt.

W.: Calafato, Eustochia: Il libro della passione. Ferrara, Bibl. civica Ariostea, ms. II 232 (Messina Bibl. universitaria, ms. FV 24) / sc – Messina: Istituto Ignatianum, 1979.

Lit.: Resch, Andreas: I Santi di Giovanni Paolo II 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2009, S. 61– 64.

Calanda, Wunder von, handelt vom Nachwachsen eines amputierten Beines. 1637 stürzte der 18-jährige Miguel Juan Pellicer, Sohn eines Bauern in Calanda, Erdiözese Saragossa, Spanien, beim Einbringen der Getreideernte von dem vor den Wagen gespannten Maultier, auf dem er ritt. Ein Rad des Wagens rollte über sein rechtes Bein und verursachte einen Bruch, der bald zu eitern begann. Nachdem alle Heilungsversuche erfolglos blieben, brachte man ihn in das Krankenhaus von Saragossa, wo ihm Ende Oktober 1637, um sein Leben zu retten, das rechte Bein abgenommen wurde. Die Amputation erfolgte etwas unterhalb der Kniescheibe und wurde von Prof. Juan de Estanga durchgeführt. Das abgenommene Bein wurde dann von seinem Assistenten J. L. Garcis weggebracht und in Gegenwart mehrerer Zeugen auf dem Friedhof des Krankenhauses beigesetzt. Als Miguel das Spital verlassen konnte, ging er zur Kapelle Unserer Lieben Frau von der Säule, um für sein Überleben zu danken. Um seinen Eltern nicht zur Last zu fallen, hielt er sich in Saragossa auf, wo ihn die Einwohner der Stadt täglich mit seinem Holzbein umherhumpeln sahen. Auf breiten Zuspruch hin und aufgrund von Spenden kehrte er im März 1640 in das Elternhaus zurück. Als er am 29. März 1640 während des Beisammenseins mit Angehörigen und Freunden wiederum starke Schmerzen verspürte, verließ er die Gesellschaft gegen 22.00 Uhr, nahm sein Holzbein ab und ließ sich, gestützt von seiner Mutter, auf dem provisorischen Lager nieder, das man im Zimmer der Eltern errichtet hatte. Gegen 23.00 Uhr löste sich die Gesellschaft auf und die Mutter, die als Erste ins Zimmer trat, gewahrte mit Schrecken zwei Füße unter dem Mantel, mit dem sich Miguel zugedeckt hatte. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile, sodass am Morgen das ganze Dorf Kenntnis von dem Vorfall hatte. Als Miguel erwachte, konnte er nur sagen, dass er sich im Traum in der Gnadenkapelle von Saragossa befunden habe, um seinen schmerzenden Stumpf mit dem Öl aus der dort hängenden Lampe einzureiben.

Bereits im Juni 1640 wurde in Anwesenheit von Erzbischof Pedro Apaolaza in Saragossa die kanonische Untersuchung über das Wunder eingeleitet. Aufgrund der gemachten Aussagen entschied der Erzbischof am 27. April 1641, dass das Ereignis als echt und als Wunder anzusehen sei. Der Vorfall ging so als „Wunder von Calanda“ in die spanische Kirchengeschichte ein. In Saragossa trägt heute noch eine Straße in der Nähe der Kathedrale den Namen „Calle del Miraculo“ („Straße des Wunders“).

Eine eingehende Dokumentation zu diesem Vorfall erschien 1972.

Lit. Déroo, André: L’homme à la jambe coupée ou le plus étonnant miracle de Notre-Dame del Pilar. Paris: A. Fayar, 1960; Naval, Aina Leandro: El Milagro de Calanda a Nivel historico. Zaragoza, 1972.

Calathus (griech. / lat., „geflochtenes Körbchen“), heiliger Korb der > Demeter (Ceres), der am Abend des vierten Tages der > Eleusinien in Prozession auf dem mit Blumen gefüllten Wagen der Göttin zum Andenken an das Blumenpflücken der > Proserpina und deren Entführung durch > Pluto umhergefahren wurde. Auch jede der Canephoren (Korbträgerinnen) war mit Blumen bekränzt.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Calatin Clan (auch Cailitin und Calaitin), nach der irischen Mythologie ein vielgestaltiges giftiges Monster, bestehend aus dem Vater und seinen 27 Söhnen. Jede ihrer Waffen konnte durch Berührung einen Menschen innerhalb von neun Tagen töten. Dieses Monster wurde gegen > Cuchulain aufgeboten, dem es gelang, die von ihm abgeschossenen 28 Pfeile mit seinem Schild aufzufangen. C. aber warf ihn nieder und steckte Cuchulains Kopf in den Kies. Diesem kam der Sohn eines Verbannten aus Ulster zu Hilfe, der dem Monster den Kopf abschlug, während Cuchulain es in Stücke hackte.

Die Kinder von C. schickte die Königin > Medb nach Persien, um sie in den magischen Künsten ausbilden zu lassen. Als sie zurückkehrten, wurden sie im Kampf von Cuchulain besiegt, der dabei jedoch selbst den Tod fand.

Lit.: Maier, Bernhard: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. Stuttgart: Kröner, 1994; Spence, Lewis: An Encyclopaedia of Occultism. New York: Cosimo, 2006.

Calces metallorum (lat., „Metallkalke“, Einzahl: calx metallorum), Metallkalke, die in der > Alchemie durch Kalzinieren (> calcinatio), die Veraschung durch Brennen oder Glühen des Ausgangsmaterials, gebildet wurden. In der heutigen Terminologie sind die c. m. als Oxide (Oxyde) zu bezeichnen. Nach der „Phlogistontheorie“ des Chemikers Georg Ernst Stahl (1660 –1734) war Phlogiston (Feuerstoff) ein Bestandteil von Materie, der bei Umwandlungen wie Verbrennung oder Verrostung entweicht, die Asche oder den Rost zurücklässt oder eine negative Masse hat. Stahl beschrieb daher die Verkalkung als Austreten des Phlogistons aus den Stoffen.

Lit.: Gessmann, Gustav Wilhelm: Die Geheimsymbole der Alchymie, Arzneikunde und Astrologie des Mittelalters. Berlin: Siegismund, 1922; Biedermann, Hans: Handlexikon der magischen Künste. Bd.  1. Graz: ADEVA, 1986.

Calcinatio (lat., „Verkalkung“), alchemistischer Arbeitsvorgang, bei dem feste Körper durch verschiedene Manipulationen pulvrig gemacht werden. Das so gewonnene Produkt wurde calx (Kalk) genannt. C. war der erste der sieben Arbeitsvorgänge zur Herstellung des Steins der Weisen (> Lapis philosophorum).

Lit.: Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. München: Beck, 1998.

Calcium carbonicum (lat.), Kalziumkarbonat, chemische Verbindung der Elemente Calcium, Kohlenstoff und Sauerstoff. Es bildet ein Drittel der Erdrinde, ist in vielen Körpergeweben, besonders Knochen und Zähnen, enthalten und gehört zu den wichtigsten Mineralsalzen in der Milch und anderen Speisen.

Der Geologe bezeichnet Kalziumkarbonat als Sedimentgestein, das der Sensitive als konträr zum Eruptivgestein empfindet. So wurde Goethe über Granit „zu höherer Betrachtung der Natur“ angeregt, während er die fruchtbaren Täler mit ihrem Kalkuntergrund als ein „anhaltendes Grab“ empfand. Samuel > Hahnemann notiert bei seiner Untersuchung des Kalkkarbonats der Austernschale: Träume von Kranken und Leichen; Ahnungen von drohendem Unglück, höchst melancholisch und niedergeschlagen, tiefe gedrückte Stimmung, unwiderstehlicher Hang zum Weinen, große Angst. Menschen, die der therapeutischen Wirkung von C. zugänglich sind, werden als langsam, träge, müde und entsprechend der Anziehung der Erde als schwerfällig bezeichnet.

Die > Astromedizin diagnostiziert aus dieser Symptomatik die negative Seite des > Saturn mit Depression.

Andererseits ist das Kalziumkarbonat wesentlich für das richtige Wachstum und die Gesundheit des Körpers. Sein Fehlen ist für viele Beschwerden verantwortlich. Wird es jedoch im Übermaß eingenommen, erzeugt es nicht nur Anämie, Rachitis und andere Mangelerkrankungen, sondern auch eine Unfähigkeit, Calcium aus der Nahrung aufzunehmen, mit einer Reihe daraus resultierender Symptome.

Lit.: Schmeer, E. H.: Homöopathie – Psychosomatik – Paramedizin: Grenzgebiete im Reiche des Simile. Leer: Verlag Grundlagen u. Praxis, 1982; Tegethoff, Wolfgang: Calciumcarbonat: von der Kreidezeit ins 21. Jahrhundert. Basel; Boston; Berlin: Birkhäuser, 2000.

Caldwell, Taylor, eigentlich Janet Miriam Reback (*7.09.1900 Prestwich bei Manchester, England; † 30.08.1985 Greenwich, Connecticut, USA), mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Journalistin.

C. war die Tochter des schottischen Kunsthändlers August William Reback, veröffentlichte aber unter dem Pseudonym Taylor Caldwell zahlreiche Werke mit hoher Auflage. Sie galt als sensitive und mediale Schriftstellerin. Obwohl sich in ihren Büchern korrekte historische Details finden, für die sie keine Erklärung wusste, lehnte sie z.B. die > Reinkarnation ab.

W. (Auswahl): Epilogue by Taylor Caldwell, in: J. Stearn: The Search for a Soul: Taylor Caldwell’s Psychic Lives. Garden City, NY; Doubleday; 1973.

Calemeris, auch Calamaris, Zauberwort gegen Fieber, nach dem > Schwindeschema geschrieben. C. wird vom spätlateinischen calamare, „beruhigen“, abgeleitet.

Lit: Heim, Ricardus: Incantamenta magica Graeca Latina. Leipzig: Teubner, 1892.

Calendaria Magica (lat., „magischer Kalender“), systematische Auflistung der Entsprechungen zwischen Zahlen und Sigillen (Charakteren) mit den > Tierkreiszeichen, > Planeten, Elementen, himmlischen Dämonenhierarchien, Gott, usw., etwa in der Form: 1 = Gott; 2 = Männlich und Weiblich; 3 = Oben, Unten, Mitte; 4 = Feuer, Wasser, Erde, Luft; 5 = vier Elemente und Quintessenz; 7 = sieben Planeten, denen je ein Planetengeist zugeordnet ist. Ein umfassender magischer Kalender stammt von Abt Tritheim (1462 –1516).

Lit.: Trithemius, Johannes: De septem secundeis id est intelligentiis sive spiritibus orbes post deum moventibus, ca. 1508; Trittenheym, Johansen von: Von den syben Geysten oder Engeln, den Got die hymel zu füren von anfang der welt bevolhen hat, ein warhafftig büchlein. Nüremberg: Johann Haselberg, 1522.

Caliburnus, lateinische Bezeichnung des magischen Schwertes > Excalibur von König > Artus, das ihn unverwundbar machen sollte.

Lit.: Baumer, Franz: Koenig Artus und sein Zauberreich. München: Langen-Müller, 1991.

Caligo (lat., „Finsternis“, „dichter Dampf “), nach der römischen Mythologie der Ursprung aller Dinge, aus dem das > Chaos und alle anderen Dinge hervorgingen. Aus dem Chaos wurde C. zur Mutter der > Nacht, des > Tages, des > Erebus und des > Äthers.

C. ist auch der Name einer Faltergattung, auf Deutsch „Bananenfalter“ genannt. Dazu gehört der Caligo eurilochus, ein Schmetterling (Tagfalter) aus der Familie der Edelfalter (Nymphalidae).

Lit.: Preller, Ludwig: Römische Mythologie. Essen: Phaidon-Verl., [1997].

Call > Aussage.

Callaway, Hugh G. (*30.11.1885 Southampton, England; † 28.04.1949), britischer Ingenieur, der sich als Schriftsteller und Forscher insbesondere mit der Frage der > Astralprojektion und der > Außerkörperlichen Erfahrung (AKE) befasste, nachdem er 1902 seine eigene erste Astralprojektion erlebt hatte. 1939 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Oliver Fox mit dem Buch Astral Projection einen vollständigen chronologischen Bericht über seine Außerkörperlichen Erfahrungen. C. gilt als Pionier auf diesem Gebiet.

Lit.: Fox, Oliver: Astral Projection: A Record of Research. London: Rider & Co, [1939].

Calli, das „Haus“, der dritte der 20 aztekischen Tage und ein „Jahresträger“. In einem 52-Jahreszyklus aztekischer Zeitrechnung gibt es 13 Jahre, die mit diesem Tag beginnen. C. galt als guter Tag, seine Schutzgottheit war > Tepeyolohtli und seine Himmelsrichtung der Westen. Die > Maya und die Zapoteken nannten diesen Tag Akbal bzw. Guela.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Calligaris, Giuseppe (*29.10.1876 Forni di Sotto / Udine, Italien; † 31. März 1944 ebd.). Dem Beruf seines Vaters folgend, der Gemeindearzt seines Heimatortes war, studierte C. an der Universität Bologna Medizin und promovierte 1901 mit der bezeichnenden Arbeit „Il pensiero che guarisce“ (Der Gedanke, der heilt) zum Dr. med. 1902 übersiedelte er nach Rom und wurde Assistent des berühmten Prof. Giovanni Mingazzini, Direktor des Instituts für Neuropathologie der Medizinischen Fakultät von Rom. Bereits in den ersten Jahren seiner Tätigkeit stellte er bei Kranken mit Störungen oder Verletzungen des Nervensystems Empfindungsanomalien fest, die sich für seine künftige Tätigkeit als von entscheidender Bedeutung erweisen sollten. 1908 veröffentlichte C. seine ersten Beobachtungen; eine zur Beurteilung eingesetzte Fachkommission riet ihm zur Fortsetzung seiner Forschungen.

1909 wurde er zum Sekretär des Ersten Kongresses der italienischen Neurologen ernannt, erhielt die freie Dozentur in Rom und veröffentlichte seine erste wissenschaftliche Arbeit: Le mieliti sperimentali. Er kehrte nach Udine zurück und gründete mit Hilfe des Vaters eine Klinik für Nervenkrankheiten, setzte aber seine Vorlesungen an der Medizinischen Fakultät in Rom bis 1939 fort.

1927 veröffentlichte er Il sistema motorio extrapiramidale (Die Motorik und das extrapyramidale System), das 20 Jahre hindurch zu den Lehrbüchern italienischer Medizinstudenten gehörte. Beim Tod von Prof. Mingazzini (1928) hätte C. den Lehrstuhl für Neuropathologie übernehmen können, doch gab er seinen persönlichen Untersuchungen, die er 1908 begonnen hatte, den Vorrang. Bis 1928 veröffentlichte er in in- und ausländischen Zeitschriften über vierzig Forschungsbeiträge auf einem Gebiet, das er später als „Catene lineari del corpo e dello spirito“ (Linearketten des Körpers und des Geistes) bezeichnete, die er durch Beobachtung der Hautoberfläche seiner Patienten zu finden suchte.

1928 stellte er fest, dass die Reizung oder – wie er es nannte – die „Ladung“ der Axiallinie eines Fingers oder einer interdigitalen Linie bei jedem Individuum immer den gleichen Hautreflex und, damit verbunden, ein Empfinden derselben Art hervorrief. Als er am 21. Januar desselben Jahres an der Akademie der Wissenschaften in Udine darüber referierte, fand er jedoch kein Verständnis, sondern erntete nur Hohn.

C. selbst war von der Echtheit seiner Beobachtungen überzeugt und setzte seine Untersuchungen fort. 1931 machte ihn eine intelligente und äußerst sensible Patientin darauf aufmerksam, dass sie beim Druck auf eine bestimmte Hautstelle ein eigenartiges Gefühl verspürte. C. legte für einige Minuten die Kuppe seines Mittelfingers auf die genannte Stelle und die Frau „sah“ bei verbundenen Augen eines jener geheimnisvollen Phänomene, die als „Calligaris-Experimente“ bezeichnet wurden. Es sollte der Tag einer historischen Entdeckung sein. Die Überprüfung des Experiments an weiteren Personen führte C. zu folgender Feststellung: Die Reizung oder „Ladung“ eines Hautfeldes, von ihm als „Plaque“ bezeichnet, ermöglicht – für die Dauer der Reizung – die momentane Ausschaltung jenes Hindernisses, das es dem Bewusstsein unmöglich macht zu erkennen, was im Unterbewusstsein vor sich geht. Solche „Plaques“ gestatten uns, die Fähigkeiten unserer Psyche zu erkennen und zu nutzen.

Dieser Einbruch über das Physische in das Psychische war für C. eine Entdeckung von besonderer Tragweite, nicht so für die offizielle Wissenschaft. Die Fachzeitschriften lehnten seine Aufsätze fortan ab. Seinem ersten Buch über Krebserkrankungen begegnete man mit Ironie. Die Patienten blieben aufgrund dieser negativen Beurteilung aus und C. musste seine Klinik zu Beginn des Zweiten Weltkriegs schließen. Er zog sich in seine Villa in Povoletto bei Udine zurück und verbrachte die Tage mit der Niederschrift seiner Bücher, von denen er in 12 Jahren 16 veröffentlichte; zwei (oder sieben?) blieben unveröffentlicht.

Heute sind seine Werke in Italien unauffindbar. Sie wurden von ausländischen (vor allem russischen und amerikanischen) Wissenschaftlern mit Unterstützung der Geheimdienste aufgekauft und zum Teil erfolgreich für die Durchführung von Experimenten verwendet.

W.: Le ripercussioni sensoriali nella mano. Milano, 1929 (?); Nuove ricerche sul cancro. Milano: Fratelli Bocca, [1940]; La delinquenza, malattia mentale. Con illustrazioni e 7 tavole fuori testo. Brescia: G. Vannini, 1942; Le meraviglie della metafisiologia. Brescia: G. Vannini, 1944; Le catene lineari del corpo e dello spirito: telepatia e radio-onde cerebrali. Brescia: G. Vannini, 1946.

Calligaris-Technik, diagnostisches und therapeutisches Verfahren, das der Neurologe Prof. Dr. Giuseppe > Calligaris (1876 –1944) zur Aufdeckung von Wechselwirkungen zwischen Soma, Psyche und Denken über Linearketten eingeführt hat. Demnach befindet sich auf der Hautoberfläche des Menschen ein System waagrechter und senkrechter „Linearketten“, welches wechselseitige Reflexbeziehungen zu Organen, Funktionen, Energiehaushalt, Gefühlen und Gedanken unterhalten soll. C. bezeichnete dieses Phänomen als „Dermo-Mental-Reflex“. Die linearen Beziehungen sind, wie gesagt, wechselseitig und gleichen einem Netzwerk von Meridianen, die auf einem 10er-System beruhen:

5 Linearachsen der Finger

4 Interdigitalachsen der Finger

1 Laterallinie um den gesamten Körper

Neben diesen Linen fand Calligaris hypersensible Hautstellen mit unterschiedlichen Durchmessern, von ihm „Plaques“ genannt. Sie können eine Größe von 1 mm bis zum Format A5 aufweisen. Dabei ist zu bedenken, dass nach Calligaris die Beziehungen der Linearketten neben den körperlichen Funktionen auch Psyche und Denken umfassen. So hat das 10er-System folgende Bedeutungen:

Therapeutisch werden die „Linearketten“ durch Elektrizität, Magnetismus und „kinetische Energien“ eingesetzt.

Lit.: Le ripercussioni sensoriali nella mano. Milano,1929 (?); Le catene lineari del corpo e dello spirito: telepatia e radio-onde cerebrali. Brescia: G. Vannini, 1946 –1946.

Calmet, Augustin

(* 26.02.1672; 25.10.1757), Benediktinermönch und Abt. In Ménil-la-Horgne bei Commercy (Lothringen) geboren, trat er 1688 in den Benediktinerorden ein. Nach seiner Priesterweihe 1696 lehrte er Philosophie und Theologie an der Abtei Moyen-Moutier. 1704 wurde C. zum Professor für Exegese in Münster (Elsass) berufen; 1715 Prior in Lay-St. Christophe, 1718 Abt in St. Léopold in Nancy und 1728 Abt in Senones, wo er 1757 starb.

In seinen Werken sucht C., unter gewissen Zugeständnissen an die Aufklärung, mit dem Übernatürlichen auch das Wesentliche der paranormologischen Begebenheiten festzuhalten.

Sein Hauptwerk ist Commentaire littéral sur tous les livres de l’Ancien et du Nouveau Testament, dessen erste Auflage zwischen 1707 und 1716 in 23 Bänden erschien. Von ihm stammt auch die Histoire de Lorraine, eine Geschichte Lothringens.

Als 1732 in Ungarn ein spektakulärer Fall von > Vampirismus bekannt wurde, beschäftigte dieses Thema auch die gebildete Welt. Dies war für C. Anlass, eine umfangreiche Darlegung des Paranormalen zu erstellen, die 1746 unter dem französischen Titel Dissertation sur les apparitions des anges, des demons et des esprits, et sur les revenans et vampires de Hongrie, de Bohème, de Moravie et de Silésie in Paris erschien. In dieser ersten Auflage hielt C. die Existenz von Vampiren noch für möglich. Als Papst > Benedikt XIV. 1749 in einem Antwortbrief auf die Anfrage eines polnischen Erzbischofs, wie man denn gegen „Vampire“ vorgehen solle, klarmachte, dass er den Vampirglauben für Unsinn halte und ihm nahelegte, diesen „Aberglauben“ auszurotten, änderte C. in der zweiten Auflage (1751) seinen diesbezüglichen Standpunkt, indem er alle Berichte über Vampire in Ungarn, Mähren und Polen als „Blendwerk“ bezeichnete.

Dieser Schwenk zeigt denn auch, dass seine Werke einen gewissen Mangel an kritischem Scharfsinn und Selbständigkeit aufwiesen, dennoch aber großen Anklang fanden, sodass ihm selbst Voltaire, bei aller Kritik, Anerkennung zollte. Als fleißiger, sehr belesener und weitblickender Sammler wurde C. nämlich zum fruchtbarsten Schriftsteller seines Ordens der damaligen Zeit. 1759 wurde seine Dissertation sur les apparitions bereits ins Englische übersetzt und 1855 unter dem Titel „Geistererscheinungen“ auf Deutsch veröffentlicht.

In der Einleitung dieser großen Materialsammlung zum Paranormalen in Geschichte, Kultur und Leben schreibt C. (S. 1): „Jedermann spricht über Erscheinungen von Engeln, Dämonen, und abgelebten Seelen. Viele halten die Wirklichkeit dieser Erscheinungen für unbezweifelt, während andere darüber spotten und sie für Träumereien ausgeben. Ich habe die Behandlung dieses Gegenstandes mir vorgenommen, um mich zu überzeugen, wie weit die Gewissheit in diesem dunklen Gebiete sich erstreckt. Zu diesem Ende werde ich gegenwärtige Abhandlungen in vier Teile zergliedern: Im ersten Teil will ich über die Erscheinungen der guten Engel, im zweiten über die Erscheinungen der bösen Engel, im dritten über die Erscheinungen der abgelebten Seelen reden; der vierte Teil wird zum Gegenstand solche lebende Menschen haben, die anderen lebenden, abwesenden und entfernten Menschen erschienen sind, und zwar ohne dass sie selbst darum wussten. Gelegentlich werde ich auch über Magie, über Zauberer und Zauberinnen, über den Sabbat, über die Orakel, über die dämonische Besessenheit Etwas sagen.“

Damit will C. sowohl diejenigen belehren, die alles Paranormale für übernatürlich halten, als auch jene, die alles leugnen. Sofern Geistererscheinungen Engel oder Teufel betreffen, werden sie nicht geleugnet; ebenso wenig werden die biblischen Wunder verneint. Das Vorkommen von > Vampiren und > Hexen sei hingegen reine Phantasie. Im Übrigen sei jede Erscheinung einzeln zu beurteilen. So könnten > Poltergeister böse Geister, aber auch Seelen von Verstorbenen sein. > Totenerweckungen könnten nur durch Gott erfolgen.

W. (Auswahl): Geistererscheinungen. Regensburg: Georg Joseph Manz, 1855. 

Calumet, Name der Friedenspfeife der nordamerikanischen Indianer. Die Bezeichnung wurde von dem französischen Wort chalumeau (Schilfrohr) abgeleitet und bezog sich auf ein nach bestimmten Prinzipien verziertes langes Rohr, das nur gelegentlich als Pfeifenrohr verwendet wurde. Kennzeichnend waren eine blaue oder grüne Bemalung, ein Adlerfederfächer, angebundene Haarsträhnen sowie Kopfbälge von Enten, Spechten und Adlern.

Das Wort C. tauchte erstmals 1616 auf. Im 18. Jh. wurde das C. als symbolischer Friedensstifter vom Mississippi-Gebiet aus bis zu den Irokesen verbreitet.

Lit.: Schroeter, Willy: Calumet: der heilige Rauch. Pfeifen und Pfeifenkulte bei den nordamerikanischen Indianern. Wyk auf Foehr: Verl. für Amerikanistik, 31995.

Calundronius, ein form- und farbloser magischer Stein, der die Fähigkeit besitzt, bösen Geistern zu widerstehen und Zauber zu vernichten, indem er dem Träger einen Vorteil seinen Gegnern gegenüber verleiht.

Lit.: Spence, Lewis: An Encyclopaedia of Occultism. New York: Cosimo, 2006.

Căluşari (rumän., cal, Pferd, abgeleitet von lat. caballus), „heilende Tänzer“. Gruppe von Tänzern, die durch das choreographische und reinigende Ritual Krankheiten zu heilen versuchen. Schutzherrin dieser kathartischen Geheimgesellschaft ist Doamna Zînelor, die Königin der Feen, die rumänische Variante der > Diana, auch Irodiada oder Arada (> Aradia) genannt – Namen, die bei westeuropäischen Hexen berühmt sind. Die Ausbildung erfolgt in Wäldern oder an einsamen Orten und besteht vor allem im Erlernen von akrobatischen Tänzen.

Die C. sind mit Keulen und Schwertern bewaffnet, tragen einen hölzernen Pferdekopf mit sich und eine Fahne, bei der sie schwören, die Bräuche und Gesetze der C. zu achten, wie Brüder zueinander zu sein, keinem Fremden zu verraten, was sie sehen und hören werden, und ihrem Führer gehorsam zu sein. Nach Ablegen des Eides wird die Fahne, an deren Spitze Heilkräuter festgebunden sind, gehisst, und die C. dürfen nicht sprechen, aus Furcht, von den Zîne (Feen) krankgemacht zu werden.

Ihr Springen, Hüpfen und Stampfen symbolisiert das Galoppieren der Pferde und das Fliegen und Tanzen der Feen.

Lit.: Eliade, Mircea: Das Okkulte und die moderne Welt. Salzburg: Otto Müller, 1978.

Calvados, Spukfall. Als „Fall C.“ (Calvados, das 14. französische Département) beschreibt Nicolas Camille > Flammarion (1842–1925) einen angeblich gut dokumentierten Spukfall auf einem Schloss in der Normandie, wo sich 1867 unerklärliche Phänomen zeigten: Öffnen von Türen, Geräusche (Klopfen, Knallen, Schreien usw.), Verstellen von Möbeln, Schritte u. Ä. Bereits der vorher auf besagtem Grundstück gestandene und 1855 abgerissene Bau galt als Spukschloss. Da ein > Exorzismus wirkungslos blieb, zog der Besitzer schließlich aus.

Lit.: Flammarion, Nicolas Camille: Les Maisons hantées. En marge de la mort et son mystère. Paris: L. Maretheux, 1923.

Calvarienkreuz > Kalvarienkreuz.

Calvat, Melanie (1831–1904), Seherin von > La Salette. C. wurde am 7. November 1831 in Corps, Diözese Grenoble, Frankreich, geboren. Als kleines Kind musste sie auf der Straße betteln und sich zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr bei Bauern der umliegenden Dörfer verdingen. Sie konnte weder lesen noch schreiben und lebte sehr zurückgezogen. Im Frühjahr 1846 trat C. ihren Dienst bei Jean-Baptiste Pra in Les Ablandins an. Am 18. September 1846 begegnete sie beim Weiden der Kühe in dem 1800 m hoch gelegenen Dorf La Salette in den französischen Alpen dem Hirten Maximin > Giraud, der ebenfalls das Vieh seines Herrn dorthin führte. Am folgenden Tag, dem Vorabend des Festes Unserer Lieben Frau von den Sieben Schmerzen, trafen sich die beiden am Morgen neuerdings mit ihren Herden in La Salette. Am Mittag des 19. September 1846 erschien ihnen in der Nesselmulde eine weinende Frau, umstrahlt von einem mächtigen Licht, die sie einlud, näherzukommen: „Tretet näher, Kinder, fürchtet euch nicht! Ich bin hier, um euch etwas Großes kundzutun.“ Die Berichte der beiden Hirten fanden zunächst geteilten Anklang, machten La Salette aber schließlich zu einem großen Wallfahrtsort. 1851 schickten sie die beim einstündigen Gespräch mit der „schönen Frau“ mitgeteilten Geheimnisse Papst Pius IX. Der Bischof von Grenoble sprach sich zugunsten der Erscheinungen aus.

C. versuchte, Aufnahme in einem Kloster zu finden, was ihrem Lebensstil jedoch nicht entsprach. So zog sie fortan ohne festen Wohnsitz durch die Lande. In Palermo besuchte sie P. Giacomo Cusmano und hörte am 22. September 1877 bei der Reise durch Messina eine Predigt von Annibale Di Francia, der damals noch Kleriker war, über die Mutter von La Salette. Als sie 1897 zu Bischof Zola nach Galatina in der Provinz Lecce kam, lud sie Di Francia nach Messina ein, um seine gerade ins Leben gerufenen Schwestern vom Göttlichen Eifer in das spirituelle Leben einzuführen. Das Jahr ihres Aufenthalts bei den Schwestern des Göttlichen Eifers war, wie Di Francia schreibt, gekennzeichnet durch besondere Gaben der Sammlung, der Heilung und der Herzensschau. Sie fühlte sich als Mitglied der Gemeinschaft und diese sah sie als Mitbegründerin. Nach einem Jahr ging C. wieder nach Frankreich, um sechs Jahre später unerkannt nach Italien zurückzukehren und sich am 16. Juni 1904 in Altamura in der Provinz Bari niederzulassen. Nur der Bischof der Stadt, Carlo Giuseppe Cecchini, der sie sehr schätzte, war informiert und wollte sie unerkannt lassen, doch strömten sogleich Menschen herbei, um sie zu sehen. C. zog sich in eine ruhige Wohnung bei der Familie Giannuzzi zurück, wo sie, wie von ihr vorausgesagt, am 15. Dezember tot aufgefunden wurde. Erst bei der Beerdigung lüftete Bischof Cecchini ihre Identität. Nach der Beisetzung im Familiengrab der Gastgeber Giannuzzi wurde sie am 2. Oktober 1919 in die Kapelle der Immakulata des Waisenhauses überführt.

Ihre besondere Lebensweise und ihre nach 1851 gemachten Aussagen, die oft mit persönlichem Gedankengut ausgeschmückt waren, erregten die Gemüter auch innerhalb der Kirche. Als sie ihre Wahrnehmungen veröffentlichen ließ (Vie de Mélanie), schenkte Rom den zu Tagespolitischem tendierenden Aussagen keine Glaubwürdigkeit und setzte diese auf den Index.

Inzwischen wird hinter der rohen Schale von C. eine innere Größe sichtbar, die dem Ruf der Heiligkeit entspricht.

Lit.: Secretum Melanine, exceptum anno 1846. Paris: Ch. Weibel, 1878; Calvat, Mélanie, L’Apparition de la Très-Sainte Vierge sur la montagne de la Salette, le 19 septembre 1846, publiée par la bergère de la Salette avec permission de l‘ordinaire, 1st edition. Lecce: G. Spacciante, 1879; Zola, Msgr. Graf von: Die grosse Neuigkeit oder das Geheimnis von la Salette. Iglau (Mähren): Alexander Jarosch, 1895; Vie de Mélanie, bergère de la Salette, écrite par elle-même en 1900. Paris: Mercure de France, 1912; Gouin, Paul: Soeur Marie de la Croix, Bergère de la Salette. Saint-Céneré: Téqui, 1968; Galli, Antonio: Apologia di Melania: l’incompresa e combattuta pastorella de La Salette. Tavagnacco (UD): Edizioni Segno, 2001.

Calvin, Jean (10.07.1509 – 27.05.1564),

christlicher Reformator und Theologe. Geboren in Noyon in der Picardie / Frankreich, studierte er in Paris, Orleans und Bourges. Ausgebildet in den Methoden der mittelalterlichen Scholastik und in Formen der humanistischen Gelehrsamkeit, erfuhr er unter protestantischer Beeinflussung 1530 eine entscheidende Veränderung seiner religiösen Einstellung: „Gott unterwarf mein Herz durch eine plötzliche Bekehrung der Gelehrigkeit.“ Er wandte sich dem Protestantismus zu, verließ wegen dessen Verfolgung 1534 Frankreich und verbrachte drei Jahre ohne festen Wohnsitz, indem er zwischen den Hauptstädten Europas hin- und herzog. Zu dieser Zeit schrieb er seine Psychopannychia (1534) und sein berühmtes Werk Institutio Christianae Religionis (1536). Ab 1536 fand er dann auf Einladung des reformierten Predigers Guillaume Farel in Genf eine bleibende Wirkungsstätte. Die Maßnahmen, die er und andere für die Kirchenreform vorsahen, erweckten jedoch den Widerstand einflussreicher Bürger und so wichen C. und Farel nach Straßburg aus, wo C. die Flüchtlingsgemeinde betreute. 1541 nach Genf zurückgerufen, verfasste er den Genfer Katechismus, worin der Sittenzucht absoluter Vorrang gegeben wurde. Übertretungen wurden aufgrund der vom Rat angenommenen „Ordonnances Ecclésiastiques“, die 1561 ihre endgültige Gestalt erhielten, hart bestraft, Todesurteile inbegriffen. 1559/60 erschien die Schlussfassung der Institutio.

Wie Luther wollte auch C. ausschließlich Schrifttheologe sein, wobei er besonderen Wert auf die unbedingte Prädestination, die Vorherbestimmung, legte.

In seinem Bemühen, das abgesunkene katholische Christentum zu strengen Moralbegriffen zurückzuführen, ließ er auch im Bereich des Okkulten volle Strenge walten, wie sein Eingreifen in die Hexer- und Hexenprozesse von Peney bei Genf 1545 zeigt. Ein halbes Dutzend Bürger wurden festgenommen, weil sie mit magischen Mitteln Mensch und Vieh verdorben hätten. Diese Hexer oder Ketzer wurden zweieinhalb Monate lang untersucht und gefoltert, damit sie ihre Sünden, nämlich die > Schwarze Magie, zugäben. Dann wurden sie zum Tod durch Erwürgen oder am Scheiterhaufen verurteilt. Wie im Ratsprotokoll vom 19. November 1545 zu lesen ist, griff C. persönlich in die Verfahren ein. „… [Calvin und Bernard] ersuchen, den Beamten des genannten Gebietes zu befehlen, dass sie die gesetzliche Untersuchung (Inquisition) gegen solche Häretiker anstellen, um diese so geartete Rasse des genannten Gebietes auszurotten“ (nach: O. R. Pfister, S. 33 – 34). C. verfolgte auch den berühmten Arzt und Wissenschaftler Michael Servet, der in Genf auf dem Scheiterhaufen als Häretiker endete, während der Spitalsdirektor von Genf und seine Frau als Pestseher auf grausamste Weise umgebracht wurden.

Den Gedanken der Gewissensfreiheit verwarf C., denn er war bis zum Fanatismus von prophetischem Eifer erfüllt. Einen Einblick in die Spannweite seines Geistes geben die Briefe. Zudem verfasste er Kommentare zu Büchern des AT und NT sowie Abhandlungen zu theologischen Einzelproblemen.

W.: Calvin, Jean: Joh. Calvini Opera omnia in [novem] tomos digesta. Editio omnium novissima. Amstelodami, 1671.

Lit.: Pfister, Oskar Robert: Calvins Eingreifen in die Hexer- & Hexenprozesse von Peney, 1545, nach seiner Bedeutung für Geschichte & Gegenwart. Zürich: Artemis, 1947.

Camael, auch Chamael, Kamael, ein Erzengel. In der > Kabbala ist er als (Sephira Geburah = Stärke) „Der Gestrenge Gottes“, „Das verbrennende Feuer Gottes“ bekannt; er ist die Verkörperung der Festigkeit, Strenge und Unerbittlichkeit Gottes, der Hüter der Schwelle (wenn jemand eine verbotene Grenze überschreitet), Hüter des Weges, Hüter der zwischenmenschlichen Beziehungen, Hüter der Partnerschaft. Gleich dem Erzengel > Michael trägt er ein Schwert, das schneidet, was tot ist, und mit den Engeln Seraphim ist er Vollstrecker des Urteils Gottes. Die ihm zugeordneten Farben sind Orange und Gold.

In der jüdischen Mystik des Mittelalters gehörte C. zu den gubernatores mundi.

Nach der Esoterik symbolisiert er als Erzengel die dunkle Zeit vor dem Erstrahlen des Lichtes, d.h. die dunklen Seiten unseres Lebens, und schwingt auf einem opalfarbenen irisierenden Strahl. In der Renaissance sah man in C. einen Engelfürsten oder höllischen Kurfürsten. Nach > Agrippa von Nettesheim ist er der Beherrscher des Planeten Mars.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 1989; Maier, Johann: Die Kabbalah: Einführung. München: Beck, 1995.

Camaxtli (indian.). 1. Astraler Stammesgott der Chichimeken, eines präkolumbischen Volkes in Mesoamerika.

2. Jagd- und Schicksalsgott der > Azteken, der an seinem Körper die Zeichen der 20 Tage trägt. Zudem geleitet er die gefallenen oder geopferten Krieger, deren Seelen als Sterne an den östlichen Himmel versetzt werden. Sein Gesicht wird mit Sternmotiven dargestellt.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Camazotz, auch Cama Zotz (indian.), nach der Mythologie der > Maya ein blutgieriger Fledermausgott, der mit seinen langen Zähnen, Klauen und der messerscharfen Nase mühelos den Kopf eines Menschen von seinem Rumpf trennen kann. So habe C. die Heldenzwillinge Hunahpú und Xbalanqué herausgefordert, als er verhindern wollte, dass sie sein Fledermaushaus betreten. Zunächst musste Hunahpú daran glauben.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002; Reitz, Manfred: Rätseltiere: Krypto-Zoologie. Stuttgart: Hirzel, 2005.

Cambion, nach der Mythologie ein Halb-Mensch, hervorgegangen aus einem > Succubus und einem > Incubus unter Verwendung der Fortpflanzungsfähigkeiten eines Mannes und einer Frau. Der Überlieferung nach sind nämlich Dämonen wie Succubus und Incubus zeugungsunfähig und bedürfen daher des Menschen. Die Zeugung erfolgt dabei in mehreren Schritten:

Der Succubus verbindet sich mit einem Mann und erwirbt eine Probe seiner Spermien, die er dem Incubus weitergibt. Dieser verbindet sich mit einer Frau und schwängert sie mit dem männlichen Sperma.

Die C. werden normal geboren und sehen aus wie Menschen, haben aber keinen Puls und keine Atmung. Sie bleiben so bis zum 7. Lebensjahr, dann zeigen sie offen ihre dämonische Herkunft.

Der typische C. ist listig und böse, hat gleichzeitig jedoch ein engelhaftes und verführerisches Aussehen, verbunden mit der Gabe, andere Menschen zu kontrollieren. Manchmal werden C. als sexuelle Vampire angesehen, da sie ihre Opfer zu unerlaubten sexuellen Handlungen verleiten.

Nach dem > Hexenhammer (Malleus Malleficarum) von Heinrich > Kramer ist es nicht rechtgläubig, von der Zeugung des Menschen durch Incubi und Succubi zu sprechen (I,3). Die Dämonen könnten aber, wie Augustinus sagt (De trinitate 3,8), Samen sammeln und diese für körperliche Wirkungen anwenden.

In Der Sturm von William > Shakespeare ist die Gestalt des Caliban ein C. (Sohn einer Hexe, Sycorax). Im Spiel Dungeons & Dragons ist der C. eine Kreuzung zwischen einem Unhold und einer anderen Kreatur und häufig, aber nicht immer, ein Mensch.

Lit.: Shepard, Leslie A.: Encyclopedia of Occultism & Parapsychology, vol. I. Detroit: Book Tower, 1984, S. 204; Kramer, Heinrich: Hexenhammer. Malleus Maleficarum. München: dtv, 2003, S. 128–129, 177–199.

Cambr(a)y, Ienne de (1581–1639), Augustinerin, Ordensname: Jeanne Marie de la Présentation, dann Reklusin in Lille (1625), mystische Schriftstellerin. Ihr Leben war von außergewöhnlichen Gebetsgnaden erfüllt, die sie in Briefen an ihre Beichtväter, welche ihr Bruder Pierre de C. gesammelt und veröffentlicht hat, ausführlich beschreibt. Ihre besondere Verehrung galt der Seitenwunde Christi und dem Kinde Jesu. In ihrem Traité de la ruine de l’amour propre (1623) schildert sie den Weg der Seele bis zur mystischen Vermählung im Bild der vier Jahreszeiten: Winter: Zeit der Sünde; Frühling: Zeit der Bekehrung und des Fortschritts; Sommer: Zeit der Trockenheit und Läuterung; Herbst: Zeit des vollkommenen Tugendlebens und des Genusses der göttlichen Zuwendung. Andere kleinere Schriften vertieften diese Gedanken. In pietistischen Kreisen sah man in ihr ein Vorbild für ein Leben in Einsamkeit und in der Gegenwart Gottes. C. starb im Ruf der Heiligkeit.

W.: The Building of Divine Love. Transcribed from the 17th century manuscript with an introduction by Dorothy L. Latz. Inst. für Anglistik und Amerikanistik, Univ. Salzburg, 1992.

Lit.: Cambry, Pierre de: Abregé de la vie de Dame Ienne de Cambry: Premierement Religieuse de l’Ordre de S. Augustin a Tournay, depuis Sœur Ienne Marie De La Presentation Recluse lez Lille [Mikrofiche-Ausg.]. Anvers: Mesens, 1659.

Cambridge-Untersuchung. 1857 setzte der Herausgeber der Bostoner Zeitung Courier einen Preis von 500 Dollar für eine Vorführung spiritistischer Phänomene in Gegenwart der drei Harvard-Professoren Benjamin > Pierce, Louis S. Agassiz und E. N. Horsford aus. Die Sitzungen fanden am 25. / 26. / 27. Juni 1857 mit den Medien Leah und Katherine > Fox (aus der bekannten Fox-Familie), dem „Schreibmedium“ Mansfield, dem Klopfmedium Mrs. Kendrick, einem gewissen George Redman und den Brüdern > Davenport statt. Sie konnten mit ihren Leistungen die Professoren jedoch nicht überzeugen. Die Skeptiker werteten dies als Triumph, während die spiritistische Bewegung alles der „Unkenntnis der Gesetze mentaler und magnetischer Wissenschaft“ seitens der Professoren zuschrieb.

Lit.: Randi, James: Lexikon der übersinnlichen Phänomene. München: Wilhelm Heyne, 2001.

Camelot, sagenhafte Burg des König > Artus, auf der die Tafelrunde tagte. In den ältesten Sagen wird C. noch nicht erwähnt. Der Name taucht erst im 12. Jh. im Roman Der Karrenritter des französischen Autors > Chrétien de Troyes auf. Als möglicher Sitz von C. werden folgende Orte genannt: 1. die Stadt Colchester, die auf die römische Niederlassung Camulodunum zurückgeht; 2. das Gebiet um Tintagel Castle mit dem Fluss Camel und der Stadt Camelford; 3. der Hügel Cadbury Hill in der Nähe von Glastonbury, dessen Festung den Namen „Camelat“ trägt; zudem gibt es in der Gegend einen Fluss Cam; 4. Exeter; 5. die vorrömischen Erdwälle von Cadbury Castle bei Glastonbury, England.

Lit.: De Troyes, Chrétien: Der Karrenritter (Lancelot). Halle (Saale): Niemeyer, 1899.

Camena (lat.), Camenae (Plural), Kamene (dt.), altrömische weissagende Quellnymphen bzw. Gottheiten. Sie wurden in Rom nahe der Porta Capena verehrt, wo die Vestalinnen täglich Wasser holten. Zu ihnen gehörten Carmenta und Egeria, deren Dienst in einem römischen Hain von Numa gestiftet wurde. Später wurden die C. zu Göttinnen der Dichtung. Bei der Bekanntschaft der Römer mit den Musen der Griechen wurde der Name auf diese übertragen, so in der Odusia des Livius Andronicus.

Lit.: Livius Andronicus: Odusia; Mariotti, Scevola: Livio Andronico e la traduzione artistica. Saggio critico ed edizione dei frammenti dell’Odyssea. Urbino: Univ. degli Studi di Urbino, 1985.

Camera obscura (lat. camera, Raum; obscura, dunkel), Dunkelkammer oder Loch-Kamera. Sie wurde bereits von > Aristoteles (384 –322 v.  Chr.) in seinem Werk Problemata beschrieben. Er erkannte, dass das Licht von der Sonne zum Loch und von diesem zur Erde einen Doppelkegel bildet und daher die Sonnensicheln verkehrt herum abgebildet werden. Der Engländer Roger > Bacon (1214 –1294) baute dann in Form einer C. o. funktionstüchtige Apparate und > Leonardo da Vinci (1452 –1519) fertigte die ersten zeichnerischen Darstellungen zur C. o. und deren Strahlengang an. Er war es auch, der erkannte, dass unser Auge wie eine C. o. aufgebaut ist.

Das Prinzip der C. o., nach dem heute noch alle Kameras funktionieren, ist einfach: Licht, das durch ein sehr kleines Loch in ein Zimmer fällt, wirft ein umgekehrtes Bild oder Abbild an die Wand.

Mit dieser Technik hat man schon frühzeitig versucht, auch das Unheimliche in Bild und Wort zu fassen und die Zuschauer zu beeindrucken. Hierzu gehören heute die zahlreichen Horrorfilme und die vielfältigen Animationen.

Lit.: Bachler, Thomas: Arbeiten mit der Camera obscura. Stuttgart: Lindemanns, 2001.

Camillus von Lellis (25.05.1550 Bucchianico; † 14.07.1614 Rom), heilig (1746, Fest: 14. Juli), Ordensgründer. Ohne systematische Ausbildung wurde C. Landsknecht und verfiel der Spielsucht. Mit 25 Jahren erlebte er seine Bekehrung und trat in den Kapuzinerorden ein, den er aber wegen eines bösartigen Fußleidens verlassen musste. Im Jakobusspital in Rom fand er Heilung und seine Lebensaufgabe. Unter der Führung des hl. Philipp Neri bereitete er sich auf das Priestertum vor und gründete 1582 den Orden der Diener der Kranken (Kamillianer), deren Generaloberer er bis 1607 blieb. 1584 wurde er zum Priester geweiht. C. entfaltete eine umfangreiche karitative Tätigkeit, wobei ihn eine mystische Erfahrung mit dem Gekreuzigten in seiner Spiritualität prägte.

Nach seinem Tod wurde aus den Steinen seiner Zelle ein Staub bereitet, der an Kranke abgegeben wurde – ein Brauch, der bis in unsere Zeit fortbestand. Nach der „Gebrauchsanweisung“ mussten die Kranken diesen Staub entweder mit etwas Wasser trinken oder unter Anrufung des heiligen C. auf die wunde Stelle streuen, um die Heilung zu fördern.

Lit.: Cicatelli, Sanzio: Vita del P. Camillo de Lellis, Fondatore della Religione dei Chierici Regolari Ministri degli Infermi. Viterbo, 1615; Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 2. Berlin: de Gruyter, 1987.

Campakaöl, ein aromatisches Öl aus den Blättern der Magnolienart Michelia Campaka. In Indien gilt es als Volksheilmittel und ist heute auch in Europa bekannt, wo es vor allem im Wellness-Bereich Anwendung findet.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.

Campanella, Tommaso (*5.09.1568 Stilo /Süd-Kalabrien; † 21.05.1639 Paris), italienischer Dominikaner, Philosoph, Utopist, Revolutionär und Dichter; trat 1583 in den Dominikanerorden ein, studierte 1588 Theologie in Cosenza und kam 1589 nach Neapel. Wegen der Veröffentlichung der Schriften De investigatione rerum (1586, nicht erhalten) und Philosophia sensibus demonstrata (1589, erschienen 1591 in Neapel) wie auch wegen des Eintretens für die Lehre des Bernardinus Telesius (1508 –1588) wurde C. 1591 und 1592 unter Häresieverdacht in Rom von der Inquisition festgenommen. Während mehrerer Prozesse veröffentlichte er die politischen Schriften De monarchia Christianorum (1593), De regimine Ecclesiae (1593), Discorsi ai principi d’Italia (1595) und Dialogo politico contra Luterani, Calvinisti ed altri eretici (1595). Als er 1598 freigelassen wurde, zettelte er in Kalabrien einen Aufstand gegen die spanische Vorherrschaft an, was ihm von 1599 bis 1626 eine Kerkerhaft in Neapel durch die Spanier einbrachte. In der Gefangenschaft verfasste er sein berühmtes Werk La città del sole (1602).

1602 wurde er vom Heiligen Offizium in Rom verurteilt, was ihm von 1626 –1629 eine weitere Kerkerhaft in Rom einbrachte, aus der er von Urban VIII. befreit und rehabilitiert wurde. 1634 floh er vor den Nachstellungen der Spanier über Aix-en-Provence, wo er mit dem Astronomen N.C.F. de Peiresc und Pierre Gassendi zusammentraf, nach Paris. Dort stand er in enger Verbindung zu Richelieu und zum Kreis um Marin > Mersenne.

C. übernahm von Telesius einen erkenntnistheoretischen Sensualismus, trat gegen Kopernikus für Galilei ein und entwarf in seiner Metaphysik eine eigene Lehre von den „primalitates“ (Primalitäten): „Macht, Weisheit und Liebe“. Seine Philosophie im Denkstil der Renaissance ist eine Mischung aus Astrologie, Medizin, Kabbala und Theosophie. So finden sich unter seinen insgesamt 82 Schriften auch Abhandlungen über > Magie und > Astrologie: De Sensu rerum et magia libri quattuor, pars mirabilis occultae philosophiae (1620), Tres magni influxus, welche gleichsam das 7. Buch der Astrologicorum libri 6 (1626) darstellt, die erstmals 1629 in Lyon erschienen.

In De Sensu rerum et magia entwickelte C. eine okkulte Philosophie. So werde die ganze Welt von einem Weltgeist, einem empfindenden Wesen erfüllt. Was nämlich in den Wirkungen vorhanden sei, müsse auch in den Ursachen enthalten sein. So könne kein Wesen einem anderen mitteilen, was es selbst nicht besitzt. Da auch Tiere Empfindungen hätten, die Empfindung aber nicht aus dem Nichts entstehe, sei anzunehmen, dass die Elemente als Ursachen ebenfalls empfinden, was besagt, dass auch Himmel, Erde, kurz: die ganze Welt ein empfindendes Wesen ist und der Mensch selbst eine verkleinerte Welt darstellt. Die Seele habe die Möglichkeit, aus dem Körper auszutreten und Verbindung mit der Geisterwelt aufzunehmen. Hierin sieht C. einen Beweis für die Unsterblichkeit. Was die Magie betrifft, so unterscheidet er eine göttliche, die auf dem festen Vertrauen zu Gott gründet; eine natürliche, die in der Kenntnis der Gestirne und der geheimen Naturkräfte besteht; eine dämonische, bei der man sich der Hilfe von bösen Geistern bedient. Hier ist auch sein Beitrag zur Medizin und Pharmazie in der Renaissance zu nennen.

In seinem „Sonnenstaat“ vermischt er Astrologie, Zahlenmystik und Sonnenkult. Der darin beschriebene Kommunismus hatte Einfluss auf die Geschichte des modernen Sozialismus.

W.: F. Campanellae: De sensu rerum et magia, libri quatuor, pars mirabilis occultae philosophiae, ubi demonstratur, mundum esse Dei vivam statuam, beneque cognoscentem; omnesque illius partes, partiumque particulas sensu donatas esse, alias clariori, alias obscuriori, quantus sufficit ipsarum conservationi ac totius, in quo consentiunt; & fere omnium naturae arcanorum rationes apetiuntur Tobias Adami recensuit, et nunc primum evulgavit. Francofurti: Apud Egenolphumg Emmelium, Impenisis Dodefridi Tampachii anno M. DC. XX, 1920; Campanella, Tommaso: Tutte le opere di Tommaso Campanella / a cura di Luigi Firpo. Milano: A. Mondadori, 1954.

Campanus (*1220 Novara; † 1296 Viterbo), eigentl. Giovanni Campani, auch bekannt als Campanus von Novara, italienischer Mathematiker und Astrologe. C. diente als Kaplan bei Papst Urban IV. und war Leibarzt von Papst Bonifaz VIII. Er reiste durch Arabien und Spanien und veröffentlichte 1260 eine lateinische Ausgabe von Euklids Elementa geometriae in 15 Büchern. Das Werk basierte auf einer arabischen Übersetzung des griechischen Originaltextes.

Auf dem Gebiet der Astronomie gab er die Theorica Planetarum heraus, in der er u.a. die Planetenbewegungen beschreibt. Er gibt darin auch Anweisungen für die Errichtung eines Planetariums. Es war dies die erste Beschreibung eines Planetariums durch einen Europäer.

C. schuf zudem die beste Häuserkonstruktion seiner Zeit, die in die Astrologiegeschichte einging und auch heute gelegentlich noch verwendet wird.

Ferner schrieb er den Tractatus de Sphaera, De Computo ecclesiastico und das Calendarium. Sein Zeitgenosse Roger > Bacon nannte ihn einen der größten Mathematiker seiner Zeit. Der Krater Campanus auf dem Mond ist nach ihm benannt. C. gilt auch als Erfinder der mechanischen Uhr, doch gibt es in De Computo ecclesiastico oder Computus maior (ca. 1261, 1264) keinen Hinweis darauf.

W.: Omnia Campani Opera. Venetiis: per Bernardinum Vercellensem iussu domini Andreae Torresano de Assula [B. Guerralda], 1502; Equatrorium planetarum. Conselve (Padova). Ed. Think ADV, 2007.

Campbel(l), Gilbert, schottischer Weber, dessen Haus 1654 Ort merkwürdiger Erscheinungen war. Im Oktober 1654 bat ein gewisser Alexander Agne den Weber C. um etwas Geld. Die gebotene Summe war angeblich zu niedrig, weshalb der Bettler drohte, ihm Schaden zuzufügen. Kurz darauf wurde Agne wegen Gotteslästerung gehenkt. Von diesem Zeitpunkt an kam es im Haus des Webers zu merkwürdigen Ereignissen. Sämtliche Handwerksgeräte wurden zerstört, Mitte November wurden Steine gegen Fenster, Türen und Kamine geworfen. Kleider, Mützen, Schuhe, selbst wenn am Leib getragen, wurden zerschnitten. Den Personen selbst geschah nichts. Dann wurden Kisten und Kästen geöffnet und der gesamte Inhalt zerschnitten. C. wurde genötigt, seinen Beruf aufzugeben und mit der Familie auszuziehen. Daraufhin blieb es fünf Tage ruhig, bis sein Sohn Thomas heimkehrte. Am Tag danach, einem Sonntag, wurde das Haus angezündet, die Flammen konnten jedoch gelöscht werden. Auch als der Knabe nicht mehr im Haus war, wurde die Familie in Angst versetzt. Als Thomas das Haus wieder betreten wollte, hörte er eine Stimme, die ihm dies verbot. Er ging dennoch hinein, wurde aber so arg misshandelt, dass er es wieder verlassen musste.

Am Montag, den 12. Februar 1655, hörte auch die übrige Familie eine Stimme, die schließlich sagte, dass sie ein böser Geist, Satan ihr Vater und gekommen sei, um das Haus zu peinigen. Am 18. September 1655 ertönte um Mitternacht der Schrei: „Ich will das Haus verbrennen!“ Vier Tage später wurde eines der Betten angezündet, das jedoch noch gelöscht werden konnte. So wurde der Mann fortan gepeinigt. Damit endet der Bericht.

Der Fall wurde durch den Mathematiker George Sincla(i)r († 1696) bekannt, der in diesem Spukfall gleichsam den mathematischen Beweis für die Existenz von Geistern sah. Der Historiker und Bischof van Salisbury, Gilbert Burnet (1643 –1715), erwähnt den Fall ebenfalls. > Spuk.

Lit.: Görres, Joseph von: Mystik, Magie und Dämonie. München: R. Oldenbourg, 1927, S. 334 –337; Burnet, Gilbert: History of His Own Time. Vol. 1– 6. Hildesheim: Olms, 1969.

Campbell, Duncan (1680 ? – 1730), taubstummer > Wahrsager.

C. wurde in Lappland als Sohn eines schottischen Vaters und einer Einheimischen geboren. 1694 übersiedelte die Familie nach London, wo C. mit seinen Voraussagen in besseren Kreisen Eindruck machte. Als er in Schulden geriet, ging er nach Rotterdam, wo er als Soldat aufscheint. Nach einigen Jahren wieder in London, schätzte C. den Reichtum einer jungen Witwe zu seinem eigenen Vorteil, kaufte ein Haus und geriet neuerdings in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Laut einem Bericht der „Daily Post“ vom Mittwoch, den 4. Mai 1720, überreichte er dem König zu dessen besonderer Freude eigenhändig „The History of his Life and Adventures“.

1726 taucht C. als Verkäufer von Wundermitteln auf. Im ersten seiner aus zwei Briefen bestehenden Veröffentlichung „The Friendly Demon“ berichtet er von einer Krankheit, die ihn 1717 befiel und nahezu acht Jahre dauerte, bis ihm angeblich sein guter Geist erschien und ihm mitteilte, dass er durch den Magnetit geheilt werden könne. C. starb 1730.

W.: The friendly demon; or, The generous apparition: being a true narrative of a miraculous cure, newly perform’d upon that famous deaf and dumb gentleman, Dr. Duncan Campbell, by a familiar spirit that appear’d to him in a white surplice, like a cathedral singing boy. London: Printed and sold by J. Roberts …, 1726.

Lit.: Defoe, Daniel: The Life and Adventures of Mr. Duncan Campbell. In One Volume. Oxford: D.  A. Talboys, 1841.

Campbell, Joseph (*26.03.1904 White Plains, New York; † 30.10.1987 Honolulu), amerik. Religionswissenschaftler und Autor, bekannt für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Mythologie.

C. trat das direkte Erbe von C. G. > Jung an und wirkte auch als spiritueller Mentor vieler Anhänger des „Personal Growth Movement“. Er hatte Jung 1953 in Zürich besucht und begeisterte sich für dessen Art, die universalen Themen der Weltmythologie zu interpretieren. Für C. sind > Mythen > Träume, die aus dem tiefsten Wesen der Menschheit kommen und in allen Kulturen die gleiche Funktion haben. So pflegte er in seinen Seminaren am berühmten > Esalen-Institut in Kalifornien und an anderen Orten zu erklären, die Mythologie helfe, die Geheimnisse der den Menschen durchströmenden Energien zu entschlüsseln. Dabei solle man stets dem folgen, was sich als je eigener „Pfad des Herzens“ oder als eigene „Begabung“ erweist.

W. (Auswahl): Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt a. M.: S. Fischer, 1953; Lebendiger Mythos. München: Dianus-Trikont-Buchverlag, 1985; Mythen der Menschheit. München: Kösel, 1993; Der Flug der Wildgans. München; Zürich: Piper, 1994; Das bist du. München: Ansata, 2002.

Campe (griech.), 1. Ein Ungeheuer, das die von > Uranus in den > Tartarus gesperrten > Centimanen, > Titanen und > Zyklopen bewachen sollte. Als > Jupiter, beraten von seiner Mutter und der > Metis, zur Bekämpfung seines Vaters Verstärkung suchte, wurde ihm der Beistand der Zyklopen, Titanen und der hundertarmigen Riesen angeboten, wenn er sie befreie. Jupiter tötete das Ungeheuer und befreite die Gefangenen (Apollod.lib. I.c.2. §.I.).

2. C. heißt auch ein anderes Ungeheuer, das aus der Erde geboren wurde und viele Einwohner von Zabirna in Libyen tötete. Als > Bacchus (> Dionysos) durch Libyen zog und in Zabirna sein Lager aufschlug, tötete er das Ungeheuer, was ihm großen Ruhm einbrachte. Zur Verewigung seines Ruhms errichtete er über dem toten Tier einen mächtigen Hügel (Diod. Sic. lib. III. c. 72. p. 143).

Lit.: Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1996.

Camrosh (iran.), Vogelwesen der iranischen Mythen, das die Samen des Lebensbaumes, > Gao-kerena, einsammelte und zu > Tishtrya brachte, der sie dem Regenwasser beimengte und so Keimung und Wachstum ermöglichte. Die periodische Beutesuche des C. verschaffte dem iranischen Volk Lebensmöglichkeiten, den nicht iranischen Stämmen hingegen, welche die Vernichtung der Iraner im Sinn hatten, bescherte sie Not.

Lit.: Bellinger, Gerhard J.: Knaurs Lexikon der Mythologie. München: Droemersche Verlagsanst. Th. Knaur Nachf. GmbH & Co.KG, 2005.

Camulos, auch Camulus, keltischer Gott, dessen Verehrung durch einige Weihetafeln und zahlreiche Inschriften gesichert ist. In der > Interpretatio Romana wird er dem römischen > Mars gleichgesetzt. Die Etymologie des Namens ist ungeklärt. C. wird als Schutzgott im Krieg gedeutet und hat als Attribut einen > Bock oder einen Widder bzw. einen Hammel. Damit ist wahrscheinlich auch das bevorzugte Opfertier bezeichnet.

Lit.: Steuding, Hermann: Camulus. Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Bd. 1,1. Leipzig, 1886; Birkhan, Helmut: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1997.

Canaima (indian.), bösartige Gottheit und Widerpart des guten Gottes Cajuña bei den Waika und Makiratere-Indianern am Unterlauf des Orinoco. C. äußere sich in den Flusswäldern des Orinoco vor allem dann, wenn in den zahllosen Tierstimmen unvermittelt Ruhe eintritt.

Auch bei den Kamarakoto-Indianern bezeichnet C. als Inbegriff des Bösen eine furchterregende Gottheit.

Die Bezeichnung C. erhalten ferner Menschen, die wegen schwerer Vergehen aus der Stammesgruppe ausgestoßen werden.

Die Geographen wiederum bezeichnen mit C. das Gebiet im äußersten Südosten Venezuelas, das im Juni 1962 zum Nationalpark erklärt wurde.

Lit.: Biedermann, Hans: Dämonen, Geister, dunkle Götter: Lexikon der furchterregenden mythischen Gestalten. Graz / Stuttgart: Leopold Stocker, 1989.

Canale, Bartholomäus Maria (*10.12.1605 Mailand; † 27.01.1681 Monza / Italien), Barnabit und Mystiker; verfasste mehrere asketische Bücher und war ein gefragter Spiritual. Der Seligsprechungsprozess ist eingeleitet. 1948 wurde seine Tugendhaftigkeit anerkannt.

W. (Auswahl): Diario spirituale: considerazioni per tutti i giorni dell’anno, diviso in tre parti. Monza: Tip. e libreria de’Paolini; La verità scoperta al cristiano intorno alle cose presenti. Milano: G. Palma; 1895.

Lit.: Premoli, Orazio M.: Vita del ven. Bartolomeo Canale. Barnabita. Milano: A. Bertarelli & C., 1908.

Canangaöl. > Öl, das wie > Ylang-Ylang-Öl aus dem Cananga-Baum (Cananga odorata), einem bis zu 25 m hohen tropischen Baum, gewonnen wird, der auf den Philippinen und in Java heimisch ist, aber auch auf der Insel Réunion vorkommt. Die Blüten des Baumes, mit denen sich die Mädchen auf den Philippinen schmücken, verströmen einen betörenden Duft. Das Besondere beim Canangabaum ist, dass die Blüten der Pflanze während der gleichen Wasserdampfdestillationsoperation zwei geruchlich völlig verschiedene Öle liefern, deren Zusammensetzung chemisch gesehen jedoch qualitativ fast gleich ist. Das beste C. wird in Java gewonnen.

Lit.: Keller, Erich: Düfte bewusst erfahren und nutzen. Bern: Scherz, 1995; Kettenring, Maria M.: Ätherische Öle. München: Südwest-Verl., 2009.

Canavesio, Orlando (1915 –1957), argentinischer Chirurg und Neurologe. Geboren in Buenos Aires, Argentinien, studierte C. Medizin und interessierte sich für die medizinischen und biologischen Aspekte der parapsychischen Phänomene. C. war einer der wenigen argentinischen Experten für die wissenschaftliche Diagnose von Geisteskrankheiten. Seine medizinische Doktorarbeit trug den Titel Electroencefalografia en los Estados Metapsiquicos. Es war dies die erste Dissertation in Lateinamerika mit einer parapsychologischen Thematik. 1946 gründete C. die Argentinische Medizinische Gesellschaft für Parapsychologie, die erste Gesellschaft überhaupt, welche Ärzte zur parapsychologischen Forschung anregte. Er gab auch die Revista Medica de Metapsiquica heraus. Zur Untersuchung des Verhältnisses von > ASW und Hirnphysiologie im Zusammenhang mit sog. Sensitiven bediente sich C. der Elektroenzephalographie (EEG). Dabei stellte er fest, dass sich Rute und Pendel für derartige Forschungen besser eigneten.

Ferner bemühte sich C., die Parapsychologie in den offiziellen Universitätslehrplan einzuführen. 1948 wurde er zum Vorsitzenden des Instituto de Psicopatología Aplicada ernannt, das im gleichen Jahr gegründet worden war, um abzuklären, ob die spiritistische Bewegung eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit bedeute. C. hielt zahlreiche Vorträge zum Thema und befasste sich vornehmlich auf qualitativem Weg mit einer Reihe von Untersuchungen von Grenzfragen wie > Tischrücken, > Levitation, > Raps und anderen Phänomenen. Als führender Parapsychologe Argentiniens wurde er 1953 zum Ersten Internationalen Kongress für Parapsychologie in Utrecht, Holland, eingeladen. Leider starb C. allzu früh an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

Lit.: Berger, Arthur S. / Berger, Joyce: The Encyclopedia of Parapsychology and Psychical Research. New York: Paragon House, 1991; Parra, Alejandro: Biology without Metapsychics. A Bird without wings: Orlando Canavesio’s contribution to parapsychology. Journal of Parapsychology 71 (2007).

Cancer (lat., Krebs), im Tierkreis die lateinische Bezeichnung für das vierte > Tierkreiszeichen.

Lit.: Sahihi, Arman: Das neue Lexikon der Astrologie. Genf: Ariston, 1991; Fiebig, Johannes: Tierkreiszeichen Krebs. Klein Königsförde am Nord-Ostsee-Kanal: Königsfurt-Verl., 1991.

Candamius (lat.), altspanischer Gott. Auf ihn verweisen heute noch mehrere Ortsnamen in Zentral- und Nordwestspanien. Vermutlich war er ein Berggott, der auch himmlische (coelare) Funktionen hatte. Die Römer bezeichneten ihn als > Jupiter.

Lit.: González, J., in: Boletin del Instituto de Estudios Asturianos 29 (1956), 370ff.

Candarosana (sanskr., „der Zornige und Leidenschaftliche“), wilde Gottheit des > Buddhismus. C. ist einköpfig, zweiarmig, schielend, mit großem Mund und fletschenden Hauern. Als heilige Schnur trägt er eine weiße > Schlange, als Gewand ein Tigerfell und in der Krone findet sich das Bild von > Akshobhya. In der rechten Hand hält er ein > Schwert und in der linken, die auf dem Herzen liegt, eine Schlinge.

C. wird auch mit > Acala gleichgesetzt. Im > Tantrismus ist sein Kult geheim, daher wird seine Statue verborgen gehalten.

Lit.: George. Ch. S.: The Candamahārosana Tantra. Chapters I–VIII. New Haven, 1974.

Candi (sanskr., böse, wütend, gewalttätig). 1. Einer der Namen der Hindu-Göttin. Damit soll nicht sosehr eine bestimmte Göttin, als vielmehr die gewalttätige Erscheinungsform der > Devi herausgestellt werden. Da C. in der Sanskrit-Liebesdichtung eine Frau im Zustand des Zorns bezeichnet, die der Liebhaber durch Kniefall besänftigen muss, bildete der Dichter seine eigene Unterwerfung unter die Göttin dem nach.

2. In Bengalen wurde C. als ursprünglich eigenständige Volksgottheit ab dem 14. Jh. zunehmend in die Mythologie der > Purānas einbezogen und so mit der sanskritischen C. vermischt.

3. In Nordindien ist C. ein anderer Titel für das > Devi Mahatmya.

Lit.: Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Candi, Pseudonym, unter dem Leo Cunibert Mohlberg (1878 – 1963) das Buch Briefe an Tschü: Anregungen zu radiästhetischen Studien in 35 Briefen veröffentlichte.

Der Benediktinermönch Mohlberg war ein weltbekannter Forscher auf dem Gebiet der Geschichte der Liturgie sowie Professor am Päpstlichen Institut für christliche Archäologie und am Internationalen Kolleg Sant’Anselmo in Rom. Besondere Verdienste erwarb er sich auch als Redakteur des Handschriftenkatalogs der Zentralbibliothek Zürich, wofür ihm am 29. April 1958 das Ehrendoktorat der Universität Zürich verliehen wurde. Zudem erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz.

Seine Briefe an Tschü gehen auf Beiträge zur Radiästhesie in den „Neuen Züricher Nachrichten“ von Mai 1943 bis Februar 1944 zurück. Dabei „ging es darum, veranlasst durch einen konkreten Fall (vorklinischen Krebs), einmal allgemein, aber energisch für die Radiästhesie als Hilfsmittel der Medizin öffentlich einzutreten“ (Briefe, S. 13).

Die Briefe stellen das Wesentliche der physikalischen und mentalen > Radiästhesie sowie der > Teleradiästhesie dar und verweisen dabei auf Zusammenhänge mit > Zahlenmystik, östlicher Weisheit über Atem, Ton, Geheimnis der > Pyramiden sowie Harmonien in den Pflanzen. Zudem versucht Mohlberg mit einer echten > Gnosis der Welt und des Glaubens ein Wissen und Ahnen von Hintergründen und Zusammenhängen aufzuzeigen, die in Wissenschaft und Glauben nur selten ernst genommen werden.

Lit.: Candi: Briefe an Tschü: Anregungen zu radiästhetischen Studien in 35 Briefen. Ulm: Arkana-Verlag, 1959.

Candleburning Magic (engl., Kerzenleuchter-Magie), eine Form der Magie, die besonders im angelsächsischen Raum verbreitet ist. Das einfache magische Ritual zum Erzielen eines Wunsches oder Beschwörungserfolges besteht im Anzünden einer oder mehrerer farbiger Kerzen, wobei die Farbe der Kerze, die sich nach dem jeweiligen > Tierkreiszeichen richtet, von besonderer Bedeutung ist.

In die > Kerze wird ein magisches Zeichen oder ein Kreuz geritzt. Zudem wird Öl darauf geträufelt. Nach dem Entzünden der Kerze wird der Wunsch bzw. die Beschwörung laut ausgesprochen. Richtet sich die Beschwörung an > Satan, wird eine schwarze Kerze verwendet.

Die Ursprünge des C. gehen in die frühe Menschheitsgeschichte zurück. Schon in den > Veden diente das Feuer der Abwehr von > Dämonen und feindlichem > Zauber. Der indische Feuergott > Agni gilt als Beschützer der Menschen. Bei der Geburt eines Kindes wird zum Schutz vor bösen Geistern, auch bei vielen Naturvölkern, eine Kerze angezündet. Der Brauch der Kerze wurde vom Christentum übernommen, als Symbol Christi zum Zeichen des Schutzes und des ewigen Lebens: bei der Geburt und Taufe eines Kindes (seit 360), bei der Beerdigung (seit 370), zu Ostern (seit 417) und zum Gedenken an die Verstorbenen.

In der > Freimaurerei wird die Logensitzung oft durch das Anzünden der drei Kleinen Lichter (Weisheit, Schönheit, Stärke) eröffnet.

Im modernen C. unterscheiden sich die Vorschriften über die Farben der Kerzen und der magischen Praktiken je nach Autor.

Lit.: Buckland, Raymond: Practical Candleburning Rituals: spells & rituals for every purpose. Woodbury, Minn.: Llewellyn, 2004. 

Candomblé (Bantu, candombe, Perkussionsinstrument), afro-brasilianische Kultform. Zentrum des C. ist Salvador (Bahia) in Brasilien. Es handelt sich dabei nicht um eine organisierte „Kirche“, sondern um eine Vielzahl unabhängiger Zentren (terreiros), von denen einige rein afrikanisch ausgerichtet, andere mehr „synkretistisch“ sind. Die Wurzeln des C. liegen in der westafrikanischen > Yoruba-Kultur, die sich gegen andere afrikanische Kulturen durchsetzte.

Die zur Sklaverei nach Brasilien importierten Afrikaner brachten auch ihre Götter und die Ahnenwelt mit. Der Herr des Himmels ist Olorún (Olodumaré), der selbst keinen Kult besitzt. Er ist dem Menschen unzugänglich und schuf Oxalá (Obatalá), den Himmel, sowie Odudua, die Erde, aus deren Verbindung die Schöpfung und die Orixás, die Ahnengeister, hervorgingen, welche als Mittlerfiguren der kosmischen Energie (Axé) im Kult verehrt werden.

Afrikanischen Ursprungs ist auch das > Orakel (Ifá). Das Speiseopfer (Ebó, portug. Despacho) gehört zur Magie der Nachahmung und Sympathie, kann aber auch dem Zufügen von Schaden dienen.

An der Spitze der Hierarchie des C. steht die „Mutter des Heiligen“ (Māe de Santo). Ihre „Töchter“ bzw. Söhne (Filhas bzw. Filhos de Santo) werden beim Kultfest, das mit dem Schlachten der Opfertiere beginnt, initiiert und empfangen im Trancezustand ihren spezifischen Orixà (Geist).

Abgesehen von diesen Einweihungsriten besteht eine typische Zeremonie des C. aus sechs Teilen: einleitende Reinigungsriten; Herabkunft der Geister, die im Takt typisch afrikanischer Trommeln von den Körpern der Eingeweihten Besitz ergreifen; Tanz der Eingeweihten (d.h. der Geister, von denen die Körper besessen sind), der bis zur Erschöpfung führen kann; Verabschiedung der Geister; heiliges Mahl und schließlich eine „Befragung“ der Geister, die Ratschläge für das physische und geistige Leben erteilen.

In einigen terreiros haben sich okkultistisch-spiritistische Elemente europäischen und nordamerikanischen Ursprungs eingeschlichen, die den C. dem > Umbanda ähnlich erscheinen lassen, der jedoch ein völlig anderes Phänomen ist.

Lit.: Johnson, Paul Christopher: Secrets, Gossip, and Gods: The Transformation of Brazilian Candomblé. Oxford [u.a.]: Oxford Univ. Press, 2002; Opipari, Carmen: Images en mouvement: une lecture non-binaire du Candomble. São Paulo, Brasil, 2002; Merrell, Floyd: Capoeira and Candomblé: Conformity and Resistance in Brazil. Princeton, NJ: Wiener, 2005.

Candra, auch Chandra (sanskr., „der Glänzende“), indischer Mondgott von weißer Körperfarbe. Er trägt weiße Gewänder und fährt einen weißen Wagen, der von zehn weißen Rossen oder einer weißen Antilope gezogen wird.

In späterer Zeit war C. ein anderer Name für > Soma oder Götterschnaps (sanskr. amaravaruni), eine Flüssigkeit, die sich am Ende des Susumna-Kanals, > Nadi, bildet, der sich zwischen den Augenbrauen befindet. Diese Flüssigkeit ist identisch mit dem Lebenssaft, sodass kein Tropfen davon verloren gehen darf.

Lit.: Schleberger, Eckard: Die indische Götterwelt: Gestalt, Ausdruck und Sinnbild; ein Handbuch der hinduistischen Ikonographie. Köln: Diederichs, 1997.

Canephoren auch Kanephoren (griech., „Korbträgerinnen“), Jungfrauen, die in Athen bei festlichen Anlässen wie den Festen von > Minerva, > Ceres und > Bacchus in prachtvollen Körben Opfergerätschaften auf dem Kopf trugen. Die C. wurden nur aus den edelsten Geschlechtern genommen und genossen hohes Ansehen.

Wegen ihrer Vornehmheit und der gefälligen Gestalt dienten sie des Öfteren als Motive für die bildende Kunst. Berühmt sind jene der griechischen Bildhauer Polyklet und Skopas.

Lit.: Polyklet: der Bildhauer der griechischen Klassik; Ausstellung im Liebieghaus, Museum Alter Plastik. Frankfurt am Main, [17.10.1990 – 20.01.1991]. Frankfurt / M.: von Zabern, 1990.

Caneques, zwergengestaltige > Poltergeister der > Maya und als solche die ausführenden Gottheiten bei > Sturm und > Donner, die dem Regengott > Chac assistierten. Sie hausten in den Wäldern und verursachten Einwohnern und Reisenden Ungemach.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Canewdon, Hexen von. Das Dorf C. in Essex in Südostengland stand lange im Ruf, eine der ältesten Hochburgen des > Hexenwesens in der englischen Geschichte zu sein. Der Sage nach soll es, solange der Kirchturm steht, sieben Hexen in C. geben. Erzählungen bis ins 20. Jahrhundert hinein berichten zudem von einem Hexenzirkel, der angeblich von einer > Hexe heimgesucht wird, die vor vielen Jahren hingerichtet wurde.

Der 1909 verstorbene Landarbeiter George Pickingale soll der letzte Hexenmeister in C. gewesen sein. Er soll die Macht, den Hexenzirkel mit seiner Holzpfeife zusammenzurufen, den > Bösen Blick und die Fähigkeit, Warzen zu besprechen, gehabt haben. Durch Drohen mit seinen Zauberkünsten soll er von den Nachbarn, nebst anderen Dingen, auch unentgeltlich Bier erpresst haben. Seine Hausgeister erschienen in Gestalt runzeliger weißer Mäuse.

Viele Häuser in C. wurden mit > Hexenflaschen geschützt.

Lit.: Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei. S.l.: Bechtermünz Verlag, 1999.

Canidia, eine von Horaz verewigte Magierin. Sie soll bei ihren Zaubereien Wachsfiguren verwendet und mit ihren magischen Gedichten den Mond zum Herabsteigen gezwungen haben. Kritiker werfen Horaz vor, C., eine reale Person, nach Pomponius Porphyrius eine Apothekerin namens Gratidia aus Neapel, aus Hass angegriffen und in der Satire 1,8 und in den Epoden als Hexe verspottet zu haben. So beschreibt Horaz in der fünften Epode, dass C. mit ihren Helfershelferinnen einen frei geborenen Jungen entführt habe, um aus dessen Leber und Knochen einen Liebestrank zur Rückgewinnung ihres Geliebten, des alten Varus, zu brauen.

Lit.: Horatius Flaccus, Quintus: Des Q. Horatius Flaccus erste Satire. Frankfurt a. M.: Andreae, 1830; Porphyrio, Pomponius: Pomponii Porphyrionis Commentarii in Q. Horatium Flaccum. Lipsiae: Teubner, 1874; Horatius Flaccus, Quintus: Oden und Epoden. Artemis und Winkler, 2002; Kytzler, Bernhard: Frauen der Antike. Düsseldorf: Patmos, 2005.

Canin, Marie-Thérèse. 50. Wunderheilung von > Lourdes.

C., geboren 1910 in Marseille (Frankreich), wurde am 9. Oktober 1947 im Alter von 37 Jahren in Lourdes von einer Wirbel- und Bauchfelltuberkulose mit Fisteln geheilt.

1936 erkrankte sie im Alter von 26 Jahren an Tuberkulose an der Wirbelsäule (Pottsche Krankheit) und am Bauchfell. Durch ein Gipskorsett, das vom Nacken bis zum Kreuzbein reichte und das die Kranke zehn Monate hindurch trug, hoffte man, ihr Besserung zu verschaffen, jedoch ohne Erfolg. So verbrachte sie die folgenden zehn Jahre zwischen zahlreichen Krankenhausaufenthalten, vorübergehenden Besserungen, Rückfällen, Eingriffen und Knochenmarktransplantationen. Ab 1947 fühlte sie ihre Kräfte völlig schwinden. Es zeigten sich Ödeme an den Beinen und Fisteln in der Vagina, verbunden mit sehr häufiger plötzlicher Herzschwäche. Ihr Leib, der nur noch 38 kg wog, hatte keine Widerstandskraft mehr. Die Füße waren zu Klumpfüßen verunstaltet und die Hirnhautentzündungen häuften sich. In diesem Zustand fuhr sie am 7. Oktober 1947 mit der Rosenkranzwallfahrt nach Lourdes.

Am 9. Oktober fühlte sich C. nach der Prozession mit dem Allerheiligsten geheilt. Sie konnte aufstehen, umhergehen und am Abendessen teilnehmen. Am nächsten Tag wurde sie im > Ärztebüro untersucht, wo man eine vollständige Besserung feststellte, die auch bei der zweiten Untersuchung am 6. Oktober 1948 in Anwesenheit von 33 Ärzten bestätigt wurde. Sie hatte wieder ihr ursprüngliches Gewicht von 55 kg. Die Tuberkulose, die ihre Eltern das Leben kostete, hatte sie nie mehr befallen.

Am 6. Juni 1952 wurde die Heilung von Marie-Thérèse C. nach positiver Beurteilung durch das Ärztebüro und die Kanonische Kommission durch Erzbischof Jean Delay von Marseille als > Wunder anerkannt.

Lit.: Resch, Andreas: Die Wunder von Lourdes: 69 anerkannte Heilungen. Innsbruck: Resch, 22015.

Cannon, Alexander (1896 –1963?), britischer Psychiater, Hypnotiseur und Autor paranormologischer Bücher.

Geboren in Leeds, England, studierte er in Leeds, London, Wien, Honkong sowie an anderen Universitäten und erwarb neben dem Dr. med. und dem Dr. phil. auch noch weitere Titel, darunter so illustre wie „Kushog Yogi of Northern Tibet“ und „Master-The-Fifth of the Great White Lodge of the Himalayas“. Im Bereich der Medizin führte C. den Vorsitz in verschiedenen Gremien. Zugleich befasste er sich mit paranormologischen Fragen und durchwanderte Indien und Tibet. Sein Buch The Invisible Influence (1933), in dem er von einer persönlich erfahrenen > Levitation spricht, kostete ihn seine Stellung als Psychiater. Er eröffnete daraufhin eine Privatpraxis in London, wo er bei seinen Diagnosestellungen die Dienste Sensitiver einsetzte, und schrieb Bücher über > Hypnose, > Glaubensheilung, > Suggestion und > Karma. C. führte auch als einer der Ersten Suggestionstherapie-Experimente unter Verwendung von Grammofonaufzeichnungen durch. In seinen letzten Jahren zog er sich auf die Isle of Man zurück, wo er um 1963 starb.

W. (Auswahl): Hypnotism, Suggestion and Faith-Healing. London: Heinemann, 1932; The Invisible Influence: A Story of the Mystic Orient with Great Truths Which Can Never Die. New York, NY: Dutton, 1934; Sleeping Through Space. Woodthorpe: Walcot Publ. Co., 1938.

Canobeus, nach der griechischen Mythologie ein ägyptischer > Herkules aus Canobus. Als Herkules einst das delphische Orakel befragte, wollte ihm die > Pythia keinen Spruch geben, weil er vom Mord des Iphitus noch nicht gereinigt war. Daraufhin drohte er, den goldenen und dem Apollo heiligen > Dreifuß zu entwenden, was Pythia erschrocken ausrufen ließ: „Das ist ein anderer Herkules, der tirynthische, nicht der canobische!“ Damit zufrieden, gab C. den Dreifuß wieder zurück. Dieser Sage zufolge wäre also vor dem tirynthischen Herkules ein ägyptischer Herkules aus Canobus nach > Delphi gekommen. Ein Heiligtum des Herkules wird an der canobischen Mündung des Nils erwähnt.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Leipzig: Reprint-Verl., 1994.

Canon Epscopi (lat. canon, Rechtssammlung; episcopus, Bischof), eine Rechtssammlung, die nach dem Textbeginn „Episcopi“ (die Bischöfe) benannt ist. Der C. erschien erstmals um 906 in den in Trier verfassten Libri duo de synodalibus causis et ecclesiasticis disciplinis, dem Sendhandbuch des Abtes Regino von Prüm (um 840 –915). Dort wird der Text fälschlicherweise einem Konzil von Ancyra im 4. Jh. zugeschrieben. Über mögliche Vorlagen Reginos lässt sich nur spekulieren.

Von Bedeutung ist hingegen die große Rezeption des Textes. So fand er über > Burchard von Worms († 1025) und Ivo von Chartres († 1115 / 1116) Aufnahme in die große Kirchenrechtssammlung des Gratian (Decretum Gratiani, 1142) und damit in das Corpus Juris Canonici, das bis 1918 gültig blieb.

Vermutlich diente der C. in der Karolinger- und Ottonenzeit der Bekämpfung verbliebener heidnischer Glaubensvorstellungen, die als Aberglauben und Teufelswerk beurteilt wurden. Er konnte bei der kirchlichen Bekämpfung von > Zauberei und > Hexerei in sehr unterschiedlicher Weise eingesetzt werden. Inhaltlich wendet sich der C. an die Bischöfe, Archidiakone und Archipresbyter.

Der C. verurteilt die Wahrsage- und Zauberkunst (sortilegam und malificam artem) wie auch die Vorstellungen einer nächtlichen Ausfahrt der Frauen als eine vom > Teufel vorgegebene Täuschung: „Auch dies darf nicht übergangen werden, dass einige verruchte, wieder zum Satan bekehrte Frauen von den Vorspiegelungen und Hirngespinsten böser Geister verführt sind und glauben und behaupten, sie ritten zu nächtlicher Stunde mit Diana, der Göttin der Heiden, und einer unzähligen Menge von Frauen auf gewissen Tieren und legten in der Stille der tiefen Nacht weite Landstrecken zurück und gehorchten ihren (Dianas) Befehlen wie denen einer Herrin und würden in bestimmten Nächten zu ihrem Dienst herbeigerufen. Aber wären doch nur diese Frauen allein in ihrem Unglauben zugrunde gegangen, und hätten sie nicht viele Menschen mit sich in den Untergang des Unglaubens hineingezogen! Denn eine unzählige Menge wird von dieser falschen Anschauung getäuscht und glaubt, diese Dinge seien wahr, und indem sie dies glaubt, weicht sie vom rechten Glauben ab und verwickelt sich wieder in den Irrtum der Heiden, weil sie meint, dass es irgendeine Gottheit oder etwas Göttliches neben dem einen Gott gebe“ (Hartmann, S. 421).

Diese Zurückführung des > Hexenfluges auf Täuschung durch den Teufel wurde von den Hexenverfolgern, die ab dem 15. Jh. an die Echtheit des Hexenfluges glaubten, nicht angenommen, während sich die Gegner der Hexenprozesse wie Johann > Weyer und gemäßigte Theologen darauf als ein Element der frühneuzeitlichen Hexenlehre berufen konnten.

Lit.: Tschacher, Werner: Der Flug durch die Luft zwischen Illusionstheorie und Realitätsbeweis. Studien zum sog. Kanon Episcopi und zum Hexenflug. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 116, Kan. Abt. 85 (1999), 225 –276; Hartmann, Willfried: Die Capita incerta im Sendhandbuch Reginos von Prüm. In: Thomas Zotz / Oliver Münch (Hg.): Scientia veritatis. Festschrift für Hubert Mordek zum 65. Geburtstag. Ostfildern: Thorbecke, 2004.

Canon, The (engl., „Der Kanon“), Titel eines esoterischen Buches von William Stirling, das erstmals 1897 in London erschien und die Gesetze beschreibt, auf denen Astronomie, Kunst, Naturwissenschaften, Politik und Musik in den Kulturen der alten Völker beruht haben sollen. Die Proportionen und Abmessungen der antiken Tempel werden darin mit den alten Göttern in Verbindung gebracht. Stirling war der Ansicht, dass in den klassischen Gesellschaften des Altertums (> Griechenland, > Rom, > Ägypten) den Priestern durch Deutung der kosmischen Zyklen und Gesetze eine Schlüsselfunktion in der Gesellschaft zukam und dass diese metaphysische Sichtweise seither verloren gegangen sei. > Numerologie.

Lit.: Stirling, William: The Canon. An exposition of the Pagan mystery perpetuated in the Cabala as the rule of all the arts. London, 1897.

Canopus (Alpha Carinae, 14°16’ Krebs), hellster Fixstern im Sternbild Schiffskiel, im Sternzeichen > Krebs gelegen. Er wird von > Saturn und > Jupiter geprägt und weist auf kommende Gefahren (bei Schiffsreisen) hin. Benannt wurde er nach einem Schiffssteuermann in den Diensten des mythischen Königs Menelaos.

Lit.: Löhlein, Herbert A.: Handbuch der Astrologie. München: Lichtenberg Verlag GmbH, 1977.

Canopy (engl.), Baldachin, unter dem in der > Freimaurerei der Meister sitzt und der in einigen angelsächsischen Großlogen bei feierlichen Aufzügen über dem Großmeister getragen wurde.

Celestial C. bezeichnet den Himmel, der zumeist an den Decken der Logenräume dargestellt wird und damit die Unbegrenztheit der Loge nach oben symbolisiert. In gleichem Sinne symbolisiert Clouded C. den bewölkten Himmel.

Lit.: Lennhoff, Eugen: Internationales Freimaurerlexikon. München: Herbig, 2000.

Canori Mora, Elisabeth (*21.11.1774 Rom; † 5.02.1825 ebd.), Mutter und Mitglied des Dritten Ordens der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, selig (24.04.1994, Fest: 5. Februar). Mit 21 Jahren heiratete sie Cristoforo, den Sohn des berühmten Francesco Mora, dem sie vier Kinder schenkte, wovon zwei bereits im Kindesalter starben. Von ihrem Mann völlig vernachlässigt, blieb sie ihm dennoch treu. Ihre Heiligkeit bestand in der heroischen Ausübung ihrer Tugenden bei der Sorge um Kinder und Ehemann und in der Einheit mit Gott durch ständiges Gebet, bei dem sie tiefe mystische Zustände erreichte. So empfing sie, nachdem sie ihre letzte Krankheit und den Tod vorausgesagt hatte, am 5. Februar 1825 in > Ekstase ihren ewigen Lohn.

Die sterblichen Überreste von C. wurden in der linken Seitenkapelle der Kirche S. Carlino alle Quattro Fontane in Rom bestattet.

Lit.: Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991–1995. Innsbruck: Resch, 2008, S. 131–134.

Canossa, Magdalena von (*1.03.1774 Verona / Italien; † 10.04.1835 ebd.), heilig (2.10.1988, Fest: 10. April), Gründerin der Canossianerinnen.

C. enstammte dem berühmten Geschlecht der Markgrafen von Canossa und verbrachte nach dem frühen Tod ihres Vaters ihre Jugend auf dem Schloss ihres Onkels. Mit 15 Jahren wurde sie von einer eigenartigen Krankheit befallen, die für die Ärzte tödlich zu sein schien. Nach Überwindung der Krise artete das Übel in Pocken aus, die ihren ganzen Körper auf eine einzige Pustel reduzierten. Zur gleichen Zeit schrieb sie: „Als ich mich in der Absicht, Jungfrau zu bleiben, vollkommen gestärkt fühlte, suchte ich die Nächstenliebe in allen Formen zu üben.“ Den Verwandten gegenüber, die sich sorgten, dass ihr Gesicht durch die Krankheit für immer entstellt blieb, erwiderte sie gelassen: „Ich muss niemandem gefallen; ich werde Nonne.“

Am 8. Mai 1808 verließ C. heimlich den Palast, um mit ihren Lehrerinnen und Schülerinnen den Grundstein für die kommende Kongregation der Töchter der Nächstenliebe (Canossianerinnen) zu legen, dem sie 1810 in Venedig die endgültige Form gab. Ihr ganzer Einsatz für ihre Gemeinschaft und den Nächsten war von einem dauernden Zwiegespräch mit dem Herrn begleitet, wie im XV. Kapitel ihrer Erinnerungen zu lesen ist: „Auf normale Weise schien mir dann, dass mir der Herr zu verstehen gab, wie er wollte, dass ich ihm den Gedanken meines ewigen Heiles überlasse, wie auch das Wohlergehen der Häuser des Institutes, was er nach meinem Empfinden dann auch gemacht hat.“

Arbeitsam bis zum letzten Moment, starb C., wie sie vorausgesagt hatte, am 10. April 1835 in Verona. Drei Monate später wurde sie im Haus der Töchter der Nächstenliebe, der Canossianerinnen, via S. Giuseppe, 15, Verona, begraben.

Lit.: Resch, Andreas: I Santi di Giovanni Paolo II. Innsbruck: Resch, 2010, S. 83 – 86.

Canseliet, Eugène (*18.12.1899 Sarcelles; † 17.04.1982 Savignies), französischer Alchemist und Spagyriker. Oft als Schüler von > Fulcanelli bezeichnet, der wohl C. selber war, wie er Robert Amadou, Jean-Paul Dumont und anderen verriet und wofür auch sein jeweiliges Vorwort zu den Werken von Fulcanelli spricht.

Nach der Lektüre von Les Grands Initiés d’Hermes von E. Schuré (1831) entdeckte C. mit 13 Jahren beim Lesen des Hermès dévoilé von Cyliani (1932) die > Alchemie. Nach dem Studium von Latein und Griechisch trat er 1920 als Angestellter in das Gaswerk der Gesellschaft Georgi in Sarcelles ein und begann seine alchemistische Praxis. In der Freizeit betätigte er sich als Lehrer. 1922 nahm er nach eigenen Angaben an einer Transmutation durch Fulcanelli teil. C. gilt als großer Spezialist der Alchemie des 20. Jh.

W.: Deux logis alchimiques, en marge de la science et de l’histoire. Paris: Jean Schemit, 1945; Alchimie, études diverses de symbolisme hermétique et de pratique philosophale. Paris: Jean-Jacques Pauvert, 1964; L’Alchimie et son Livre muet (Mutus Liber). Paris: Jean-Jacques Pauvert, 1967; L’Alchimie expliquée sur ses textes classiques. Paris: Jean-Jacques Pauvert, 1972; Einführung in zahlreichen alchemistischen Werken wie Le Mystère des Cathèdrales von Fucanelli.

Lit.: La Tourbe des Philosophes, « Hommage aux 80 ans de Eugène Canseliet », n°10, Grenoble, Éditions de la Tourbe; Schuré, Édouard: Les Grands Initiés: Esquisse de l’histoire secrète des religions. Paris: Perrin Et Cie, 1931; Amadou, Robert: Le Feu du Soleil, Entretien sur l’Alchimie avec Eugène Canseliet. Éditions Pauvert, 1978.

Canterville, Gespenst von (The Canterville Ghost), populärer Roman von Oscar Wilde (1854 –1900), der 1887 erschien und in dem englischer Manierismus und englische Tradition sowie amerikanische Trivialität und Geschichtslosigkeit in witzigen Zügen gegeneinander ausgespielt werden. Der Titelheld ist ein böser > Spukgeist, der in Ketten an Händen und Füßen gefesselt umhergehen muss, weil er einst seine Frau ermordet hat. Er nimmt sich ein Zimmer im Schloss Canterville Chase, unweit von Ascot, und verschreckt dort die Menschen. Die Engländer lieben aber sein zur Schau gestelltes übernatürliches Gehabe und seine aberwitzigen Taten.

Trotz Warnung des Hausherrn wird das schottische Spukschloss von einer amerikanischen Familie gekauft, die keinerlei Sinn für gelebte Tradition hat. Auf das ständige Stöhnen und Kettenrasseln des Geistes antworten die Amerikaner mit Schmähungen und erschrecken ihn sogar mit einem künstlichen Geist. Den Schandfleck, das Blut der ermordeten Frau, versuchen sie mit einem Reinigungsmittel zu beseitigen. Das Gespenst wollen sie vertreiben. Dazu bedarf es aber der Erlösung mit Hilfe einer guten Seele. Virginia, die Tochter der Familie, erbarmt sich schließlich des Geistes und bringt ihm Verständnis und Zuneigung entgegen. Er dankt es ihr mit einem Handkuss. Der Spuk hat daraufhin ein Ende und die Seele ihre Ruhe.

Lit.: Wilde, Oscar: Der Geist von Canterville. Berlin; Leipzig: Volk u. Wissen, 1946.

Cantilever (engl., Ausleger), eine freitragende Konstruktion. W.J. Crawford (1880 –1920) verwendete den Ausdruck zur Bezeichnung des von ihm postulierten „ektoplasmatischen Tragbalkens“ bei telekinetischen Phänomenen in Anwesenheit von begabten Medien. Zu dieser Theorie kam Crawford bei seinen 1914 bis 1920 durchgeführten Untersuchungen mit der > Goligher-Familie in Belfast, Irland, insbesondere mit Tochter Kathleen, die das begabteste Medium der Familie war. Ausführliche Berichte über diese Untersuchungen finden sich in Crawfords Büchern.

W.: Experiments in Psychic Science. London: John M. Watkins, 1919; The Reality of Psychic Phenomena. London: Watts & Co., 1920; The Psychic Structures in the Goligher Circle. London / New York, 1921.

Cao Dai (vietnames., „höchster Palast“ oder „Altar“), Name für den höchsten Gott des > Caodaismus, einer religiösen nationalistischen Bewegung, die sich im Zuge spiritistischer Sitzungen im Mekong-Delta von Vietnam entwickelte, bei denen im Jahre 1919 dem Verwaltungsbeamten Ngo Van Chieu eine neue „dritte Offenbarung“ vermittelt wurde. Die „erste“ und „zweite“ Offenbarung brachten nach diesen Vorstellungen den Konfuzianismus, den Taoismus, die Geisterverehrung, den Buddhismus und das Christentum hervor. C. soll diese vereinen und vervollständigen. Alle Gottheiten und Gründer werden zusammen mit einem kleineren Pantheon verehrt, zu dem auch Jean d’Arc und Sun Yat-sen gehören.

Gott spricht weiterhin durch Weissagungen. Die Ausübung des Gottesdienstes wird täglich viermal erwartet und es gibt eine konfuzianische und eine buddhistische Form der Ethik.

1923 begann der Geschäftsmann Le Van Trung den Caodaismus als eine starke Organisation nach römisch-katholischem Vorbild mit Papst, Kardinälen, Erzbischöfen, Bischöfen und Priestern herauszubilden, die, abgesehen vom Papst, auch durch Frauen ersetzbar sind. Die eigenwillige Liturgie verlangt unbedingten Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes, den Glauben an die Seelenwanderung, eine vegetarische Lebensweise und den Umgang mit Heiligen. Symbol ist ein Auge im Kreis. Die beschworene Einheit zersplitterte später allerdings in zahlreiche Sekten mit eigenen heiligen Städten.

Das Interesse der Bevölkerung an C. beruht nicht zuletzt darauf, dass hier traditionelle Formen der Geisterbefragung in eine neue Bewegung integriert wurden. Die Medien bedienten sich anfangs des Tischrückens, dann des automatischen Schreibens. Dabei sollen sich besonders häufig Li T’ai-po, Sun Yat-sen, Jeanne d’Arc und Viktor Hugo manifestiert haben.

Die offizielle Proklamation des Caodaismus erfolgte 1926. Als an die zwei Mio. Mitglieder gezählt wurden, entwickelte sich die Bewegung zu einer politischen und, durch ihre eigenen Armeen, militärischen Macht.

Lit.: Gobron, Gabriel: Histoire du caodaïsme: boudhisme rénové, spiritisme annamite, religion nouvelle en Eurasie. Paris: Dervy, 1948; Cao-Dài giáo-ly: Zeitschrift des Vereins der Caodaisten in der Bundesrepublik Deutschland (gemeinnütziger e.V.) = Die Lehre der Cao-Dài-Religion. München, 1987; Der Caodaismus: die Religionen Vietnams. München: Hoi Tín Hu‘u Cao-Dài-Giáo Viêt-Nam, [1999?].

Cao Guojiu (chin.), daoistischer Unsterblicher, der nach der chinesischen Mythologie zu den > Acht Unsterblichen gehört. Angeblich war er ein Verwandter der Song-Dynastie. C. führte ein vorbildliches Leben, doch sein jüngerer Bruder wurde zum Mörder. Aus Scham darüber zog er sich in die Berge zurück und erreichte als Einsiedler ein hohes Alter. Reichtum und Ehre waren für ihn nicht mehr als Staub. Nach > Lu Dong-bin, einem anderen Unsterblichen, erreichte C. die Vollkommenheit in wenigen Tagen und wurde so unsterblich.

C. ist Schutzpatron der Schauspieler und wird mit Kastagnetten und einem Jadetäfelchen dargestellt, das den Zugang zum Kaiserhof ermöglicht.

Lit.: Münke, Wolfgang: Die klassische chinesische Mythologie. Stuttgart: Klett, 1976; Lind, Werner: Lexikon der Kampfkünste. Berlin: Sportverl., 2001.

Caodaismus (vietnames., „hohe Plattform“), Selbstbezeichnung einer 1926 in Vietnam von Ngo Van Chieu (1878 –1932) aufgrund spiritistischer > Offenbarungen des Gottes > Cao Dai („höchster Palast“ oder „Altar“) gegründeten synkretistischen Religion chinesisch-buddhistischer Prägung. Zum Führer wurde der Mandarin Le Van Trung ernannt. Das Gemeindeleben ist nach katholischem Vorbild hierarchisch strukturiert. Gesichert wurde die Bewegung durch die Mitgliederzahl, eine umfassende Wirtschaftsorganisation, eine eigene Verwaltung und durch eine Armee, sodass sie zu einer der wichtigsten Mächte in Vietnam wurde.

In ihrer Lehre beansprucht sie nach den zwei östlichen (Buddha und Laotse) und den westlichen (Mose und Jesus) Offenbarungen die dritte „Offenbarung Gottes“ zu vertreten, die Verehrung von Cao Dai (Bezeichnung für den höchsten Gott).

Lit.: Gobron, Gabriel: Histoire du caodaïsme: boudhisme rénové, spiritisme annamite, religion nouvelle en Eurasie. Paris: Dervy, 1948; Der Caodaismus: die Religionen Vietnams. München: Hoi Tín Hu‘u Cao-Dài-Giáo Viêt-Nam, [1999?].

Capaccocha-Ritual, Praxis von Menschenopfern bei den > Inka, die vor allem an Kindern vorgenommen wurde. Diese Praxis wird heute als eine der vielen Strategien des Inka-Reiches betrachtet, um das Land zu kontrollieren und zusammenzuhalten.

Das C.-Ritual wurde bei besonderen Ereignissen, wie dem Tod eines Herrschers, der Geburt eines Königssohnes, dem Sieg bei einer Schlacht oder bei den Jahres- oder Zweijahresfeiern des Inka-Kalenders begangen, aber auch zum Schutz vor Dürre, Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Epidemien durchgeführt.

Besonders makaber war dabei das Opfern von Kindern auf dem heiligen Berg Llullaillaco. Dazu wurden die schönsten Mädchen und Jungen des Landes ausgewählt und monatelang auf den Übergang in den Tod vorbereitet. In den letzten Wochen ihres Lebens verabreichte man ihnen Alkohol und Koka, um sie für den anstrengenden Marsch zum Berggipfel fit zu halten und zu beruhigen. Dort wurden sie dann geopfert und fanden ihre vorletzte Ruhestätte am Gipfel des 6739 Meter hohen Vulkans Llullaillaco. Davon zeugen die Funde eines ca. 13 Jahre alten Mädchens, eines fünfjährigen Jungen und eines etwa gleichaltrigen Mädchens. Diese drei Kinder wurden in reich ausgestatteten Gräbern in den Anden beerdigt. 1999 wurden sie gefunden und von Wissenschaftlern als die wohl besterhaltenen Mumien der Welt gefeiert. Dank der modernen Analyse können die Überreste viel über ihr Leben vor 500 Jahren erzählen.

Über die Praxis des C.-Rituals hatten zwar bereits spanische Missionare berichtet, doch erst neuere archäologische Funde haben wieder darauf aufmerksam gemacht.

Lit.: Reinhard, Johan: “A 6,700 metros niños incas sacrificados quedaron congelados en el tiempo”. National Geographic, Spanish version (November 1999), 36 –55.

Capeau, Louise > Aix-en-Provence-Nonnen.

Capeete (finn.), nach der finnischen Mythologie > Kobolde, > Luftgeister, die große Macht hatten und sich sogar mit dem Mond in einen Kampf einließen (Finsternisse), der nur mit Mühe als Sieger daraus hervorgehen konnte. Es gab vielerlei C. mit je eigenen Verrichtungen in einer gewissen Rangordnung. > Zauberer und > Hexer bedienten sich ihrer des Öfteren, um Personen, die ihnen verhasst waren, Schaden zuzufügen.

Lit.: Castrén, Matthias Alexander: Vorlesungen über die finnische Mythologie. Repr. St. Petersburg: Buchdr. der Kaiserlichen Akad. der Wiss., 1969.

Capella (Alpha Aurigae – 21°10’ Zwillinge), hellster Fixstern des Sternbilds Fuhrmann im Sternzeichen > Zwillinge. Unter dem Einfluss von > Mars und > Merkur stehend verweist er auf Ehre und Glück.

Lit.: Sahihi, Arman: Das neue Lexikon der Astrologie. Genf; München: Ariston, 1991.

Capelloni, Paul (*21.02.1776 Rom, † 14.10.1857 Neapel), Jesuit, Diener Gottes, Prediger und Thaumaturg.

Mit 25 Jahren in Rom zum Priester geweiht, arbeitete er zunächst als Erzieher und entfaltete gleichzeitig gemeinsam mit den ihm befreundeten ehemaligen Jesuiten, die während der französischen Okkupation verboten waren, eine rege Tätigkeit. Da er dem geforderten Eid Napoleons nicht Folge leistete, musste er nach Rieti in Verbannung gehen. Als 1814 die Gesellschaft Jesu wiederhergestellt wurde, war C. einer der Ersten, die eintraten und am Wiederaufbau mitarbeiteten. 1821 wurde er nach Neapel versetzt, wo er bis zu seinem Tod in der Kirche Gesù Nuovo segensreich wirkte. Als er mit 81 Jahren starb, musste sein Leichnam noch drei Tage länger als üblich zur Verehrung ausgestellt werden. Fünfzehn Monate später wurde dieser nach Öffnung des Sarges vollkommen unversehrt vorgefunden. 1909 wurde der Seligsprechungsprozess eingeleitet, bei dem im Zuge der Zeugenbefragung von > Heilungen, > Todesahnungen, > Gabe der Tränen, > Herzensschau und > Weissagungen die Rede war.

Lit.: Schamoni, Wilhelm: Charismatische Heilige. Stein am Rhein: Christiana-Verlag, 1989.

Capizzi, Ignatius (*2.09.1708 Bronte / Sizilien; † 27.09.1783 Palermo), Oratorianer, Diener Gottes (Seligsprechungsprozess 1819
eingeleitet, 27. Mai 1858 Anerkennung der
heroischen Tugenden).

In Bronte, an den Hängen des Ätna, geboren, studierte C. Theologie, trat in das Oratorium des hl. Philipp > Neri ein und wurde 1736 zum Priester geweiht. Sogleich begann er eine intensive Apostolatstätigkeit auf ganz Sizilien. Sein Einsatz war so groß und erfolgreich, dass er der „Philipp Neri Siziliens“ genannt wurde. 1769 zog er sich in das Oratorium von Olivella in Palermo zurück. Dort starb er im Alter von 75 Jahren, genau an dem von ihm vorhergesagten Tag. Sein Leichnam ruht in der Kirche des Collegio della Sapienza in Palermo.

Bei den Zeugenaussagen im Seligsprechungsprozess war die Rede von > Seelenschau, > Levitation, > innerem Feuer, plötzlicher > Eingebung, > Lichtglanz und > Bilokation.

Lit.: Schamoni, Wilhelm: Charismatische Heilige. Stein am Rhein: Christiana-Verlag, 1989; Correnti, F.: Il fulgore della santità. Vita di Ignazio Capizzi. Roma, 1989; ders.: Un santo per oggi. Ignazio Capizzi. Roma, 1993.

Capnomantie (engl. capnomancy) > Kapnomantie.

Cappotas (griech., „Ruhegeber“), Name der Lakonier für den Stein, auf dem angeblich > Orestes gesessen hatte und daraufhin von seiner Raserei befreit wurde.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Capra, Fritjof (*1.02.1939 Wien), Physiker, Systemtheoretiker und New Age-Denker.

C. promovierte 1966 an der Universität Wien in Theoretischer Physik, lehrte von 1966 bis 1968 auf dem Gebiet der Hochenergiephysik an der Universität Paris, von 1968 bis 1970 an der University of California, Santa Cruz, am Stanford Linear Accelerator Center (1970) und am Imperial College London, University of London, 1971 bis 1974. Von 1975 bis 1988 war er am Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory der UC Berkeley tätig und gründete dann dort das Center for Ecoliteracy, dessen Direktor er ist.

C. veröffentlichte einige technische Artikel, beschäftigte sich mit den philosophischen Auswirkungen der Naturwissenschaft vor allem im Zusammenhang mit der fernöstlichen Philosophie und Mystik und veröffentlichte eine Reihe von Büchern.

W. (Auswahl): Der kosmische Reigen: Physik u. östl. Mystik; e. zeitgemäßes Weltbild [Einzig berecht. Übertr. aus d. Amerikan. von Fritz Lahmann]. [München]: Barth, 1977; Wendezeit: Bausteine für e. neues Weltbild. Bern: Scherz, 1983; Das Tao der Physik: d. Konvergenz von westl. Wiss. u. östl. Philosophie. Bern: Scherz, 1984; Die Seele Indiens: Tamil Nadu. Hamburg: Ellert und Richter, 1984; Das neue Denken: Aufbruch zum neuen Bewusstsein. Bern: Scherz, 1987; Lebensnetz. München: Droemer Knaur, 1999; Synthese. München: Droemer Knaur, 2000; The Science of Leonardo. New York [u.a.]: Doubleday, 2007.

Lit.: Haep, Peter: Hoffen auf die „Hinterwelt“: der Capraismus als verkappte Religion und seine politischen Implikationen. Duisburg, Univ., Diss., 2000; Modemann, Christian: Omegapunkt: christologische Eschatologie bei Teilhard de Chardin und ihre Rezeption durch F. Capra, J. Ratzinger und F. Tipler. Münster: Lit, 2004.

Capra, Giuseppe (*7.08.1933; † 2.12.2013 Fossano, Italien), Salesianer, Exorzist.

C. wurde nach Eintritt in die Gemeinschaft der Salesianer und dem Studium der Philosophie und Theologie am 21. März 1964 zum Priester geweiht. Er war einer der Ersten, der unter Einschluss von Psychologen und Psychiatern eine Arbeitsgruppe um sich versammelte, um den zahlreichen Hilfesuchenden aus Turin und Umgebung beizustehen. Dabei unterschied C. zwischen psychischen Störungen, spirituellen Beschwerden und > Besessenheit. Von einem direktem Einfluss des Teufels, also von einer echten Besessenheit, sprach er jedoch mit großer Zurückhaltung, ohne diese grundsätzlich auszuschließen. C. war davon überzeugt, dass bestimmte Heilungen nur durch das Einwirken Gottes erklärbar sind. Jahre hindurch hatte er seine Arbeitsräume unter der Basilika Maria Ausiliatrice in Turin, wo sich jeden Nachmittag zahlreiche Personen, vor allem Frauen, jeden Alters und jeder beruflichen Stellung einfanden, um Hilfe bei ihren Leiden zu finden, deren Ursache sie dem > Teufel zuschrieben.

1986 wurde C. von Kardinal Anastasio Ballestrero zum Exorzisten bestellt und von seinem Nachfolger, Kardinal Giovanni Saldarini, in dieser Funktion bestätigt. 1994, in der Zeit des Aufblühens privater Fernsehstationen, machte C. einen Aufruf gegen die Vermarktung des Okkulten, das seiner Ansicht nach vielen psychisch labilen Personen zum Verhängnis werde.

Auf dem 15. Imago Mundi-Kongress 1995 in Innsbruck hielt C. einen Vortrag über seine Arbeit.

2007 hat Kardinal Severino die Gruppe der Exorzisten neu geordnet. Dies bot C. die Möglichkeit, sich von der aufreibenden Arbeit zurückzuziehen, nachdem er der Einzige war, der von den Anfängen bis dahin durchgehalten hatte. Das Leben eines Exorzisten verlangt letzten Einsatz, ein hohes Maß an Selbständigkeit und reiches Wissen um spirituelle und psychische Probleme. Hierin hat C. ein unübertroffenes Beispiel gegeben.

Lit.: Capra, Giuseppe: Erfahrungen eines Diözesanexorzisten. Anhören, Werten, Befreiungsgebet, Exorzismus. In: A. Resch: Paranormologie und Religion. Innsbruck: Resch, 1997 (Imago Mundi; 15), S. 479 –502.

Capricornus (lat., Steinbock), lateinische Bezeichnung für das zehnte Zeichen im > Tierkreis (21. Dezember bis 19. Januar). C. war nach seinem Vater Aigipan, dem halbziegenartigen Pan, benannt und wurde als Ziehbruder des kleinen > Zeus auf dem Berge Ida unter die Sterne versetzt.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Freiburg: Herder, 2002.

Caput galeatum > Glückshaube.

Caput Mauri > Alembic.

Caput mortuum (lat., Totenkopf), in der > Alchemie der unverdampfte Rückstand bei der Destillation oder Sublimation flüchtiger Substanzen. Da man diesen eine Belebtheit durch einen > Geist oder eine > Seele zuschrieb, durch die das Feuer freigesetzt und ausgetrieben würde, hielt man den Rückstand für tot, nicht aber auch allgemein für wertlos. In den paracelsistischen Schriften vermutete man im C. ein essenzielles Salz, das sich durch heftige > Calcinatio und nachfolgende Extraktion mit Wasser, Alkohol oder einem anderen Lösungsmittel isolieren lasse. Der verbleibende Rückstand nach der Entfernung der löslichen Bestandteile des C. wurde terra damnata (verfluchte Erde) genannt.

Lit.: Döbereiner, Franz: Grundriss der Chemie. Stuttgart: Becher, 1848; Alchemie. München: Beck, 1998.

Caragabi, Schöpfergott bei den Indianern Westkolumbiens. Er schuf die Vorfahren und soziale Strukturen, um dem Inzest vorzubeugen. Die Himmelskörper setzte er ans Firmament. Den Menschen gibt er Nahrung und ist für das Durchtrennen des Lebensfadens verantwortlich.

Lit.: Seal, Graham: Encyclopedia of Folk Heroes. Santa Barbara, Calif.: ABC-Clio, 2001.

Caraiben > Kariben.

Caraka (sanskr., auch Charaka), indischer Arzt und Anhänger der > Samkhya-Philosophie. Er soll Leibarzt des Königs Kanishka (um 100 n. Chr.) gewesen sein und dessen Gemahlin bei einer schweren Geburt beigestanden haben. Sein medizinisches Werk Caraka Samhita, das noch vor dem 8. Jh. auch ins Arabische übersetzt wurde, bildet zusammen mit der > Sushruta Samhita das älteste noch erhaltene medizinische Werk Indiens und eines der Grundlagenwerke des > Ayurveda, den C. so definiert:

Dies wird als jene Wissenschaft des Ayus genannt, in welcher die wohltuenden wie schädlichen, die glücklich wie unglücklich machenden und dadurch zum Leben beitragenden Vorgänge und die Schätzung der Lebensdauer, wie deren Beschreibung, vorgenommen wird“ (Caraka-Samhita I.41).

C. gliedert Ayurveda in acht Teile: Allgemeine Prinzipien – Pathologie – Diagnostik – Physiologie und Anatomie – Prognose – Therapie – Pharmazie – Behandlung.

Lit.: Srikanta Sena: Ayurveda-Lehrbuch; Kompendium des Ayurveda-Klassikers Charaka-Samhita, 2 Bde. Vasati Verlag, 22005.

Caran pahul (Pañjabi, „Fuß-Initiation“), hinduistisches Initiationsritual, das von den Sikh-Gurus übernommen wurde. Es verpflichtete jede Person, die ein Sikh werden wollte, zum Zeichen der Demut caranamrt zu trinken, ein Wasser, in dem die Füße eines > Brahmanen oder einer > Murti gewaschen wurden.

Lit.: Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Carancini, Francesco (um 1863 – 1940), italienisches Medium, das zu seiner Zeit als eines der besten Medien der Welt bezeichnet wurde.

C. produzierte psychokinetische Bewegungen, seltener > Materialisationen, schrieb medial auch in Latein und Altgriechisch. Da alle Phänomene in absoluter Dunkelheit oder bei nur leichter Beleuchtung produziert wurden, konnte trotz sorgfältiger Fesselung C.s der Verdacht der Manipulation nie völlig ausgeschlossen werden. C. erlaubte zwar Blitzaufnahmen, doch nur auf sein Zeichen hin. Wenngleich er von namhaften Wissenschaftlern in Rom, Paris und Genf untersucht wurde, ohne betrügerisches Handeln aufzudecken, wurde 1909 bei der Untersuchung durch die Society for Psychical Research in London unter der Leitung von W. W. > Baggally und Everard Feilding, die vorher Eusapia > Palladino in Neapel untersucht hatten, nur Betrug festgestellt: Zündhölzer zur Erzeugung von „Geisterlichtern“ und jeweils eine freie Hand, um Gegenstände zu levitieren oder Phänomene zu erzeugen. Ob damit auch alle anderen unter Kontrollbedingungen beobachteten Phänomene auf Betrug beruhten, kann angenommen, aber nicht bewiesen werden.

Lit.: Baggally, W. W.: Some Sittings with Carancini. Journal of the Society for Psychical Research 14 (1910), 193; Flournoy, Théodore: Esprits et médiums, mélanges de métapsychique et de psychologie. Genf: Kündig, 1911; Annales des Sciences Psychiques 1913, S. 243 – 247.

Caravacakreuz oder Spanisches Kreuz, Schutzschrift gegen Hochgewitter mit einem Gebet zu Maria und St. Florian, die an der Schlafkammer oder Haustür befestigt wurde. Das Gebet endet mit Versen. Die Schrift besteht aus zwei Textspalten, zwischen denen ein Doppelkreuz aufgedruckt ist.

Solche Kreuze sind auch unter dem Namen Spanisches Kreuz als Anhängekreuze aus Metall bekannt (Stoiber). Der Name geht auf die Sage zurück, dass ein maurischer König in der spanischen Stadt Caravaca dem Priester der dort gefangen genommenen Christen befohlen haben soll, eine Messe zu lesen. Für den Altar fehlte am 3. Mai 1232 jedoch das Kreuz. Da brachten es zwei Engel auf wunderbare Weise vom Himmel herab. Das Kreuz wird als crux lignea bipalmaris (zweiarmiges Holzkreuz), Doppelkreuz, bezeichnet. Der König wurde durch das Wunder bekehrt und nahm das Kreuz in seine Schatzkammer auf.

Für die häufig von schweren > Gewittern heimgesuchte Stadt Caravaca wurde dieses Kreuz zum Schutzsymbol vor allem gegen Unwetter (Gretser, I. 201f.).

Die Nachbildungen des Kreuzes waren besonders im 16. und 17. Jh. sehr verbreitet und mit zahlreichen Gnaden verbunden, insbesondere gegen Gewitter. 1678 wurden sie von der Kirche verboten (Decreta authentica, I,13).

Lit.: Gretser, Jacob: Iacobi Gretseri, Societatis Iesv, … Opera Omnia, De Sancta Crvce. Ingolstadii: Eder, 1616; Stoiber, U.: Armamentarium Ecclesiastivum 2 (1726), 97; Decreta authentica s. congr. Indulg. Sacrisque reliq. Praepositer ab ao. 1668 ad ann. 1882 (1883).

Carbonari (ital., „Köhler“, „Kohlenbrenner“), italienischer politischer Gemeinbund. Die Herkunft des Namens ist umstritten. Die C. entstanden im Italien des 19. Jh. und gehen möglicherweise auf den in Frankreich im 18. Jh. gegen Napoleon I. gegründeten Geheimbund „Charbonnerie“ zurück. Organisatorisch waren sie den > Freimaurern ähnlich. Die C. wurden in Zeiten der napoleonischen Herrschaft in Süditalien, vor allem in Kalabrien, sehr stark. In den Hütten beschworen sie die Einheit und Unabhängigkeit Italiens. Ihr symbolischer Wahlspruch hieß: „Säuberung des Waldes von den Wölfen“. Ihre Riten betonten in besonderer Weise das religiöse Moment. Die einzelnen Gruppen bildeten jedoch keine Einheit. Später wandten sich die C. gegen jede aristokratische Herrschaftsform und forderten ein geeintes Italien mit einer freiheitlichen Verfassung.

Als sie sich auch in der Lombardei und im Kirchenstaat verbreiteten, wurden sie von Pius VII. am 13.09.1821 verurteilt. 1831 wurde in Bologna unter dem Druck der C. das Ende der weltlichen Herrschaft des Papstes proklamiert. Mit der Niederschlagung der Revolution durch österreichische Heere ging aus ihnen 1832 das „Giovine Italia“ Mazzinis hervor, der sowohl Mitglied der C. als auch der Freimaurer war.

Lit.: Falcionelli, Albert: Les sociétés secrètes Italiennes: les Carbonari, la Camorra, la Mafia. Paris: Payot, 1936; Gabrieli, Giuseppe: Massoneria e carboneria: con 14 documenti originali riprodotti fuori testo. Roma: Atanor, 1982.

Cardanus, Hieronymus (*24.09.1501 Pavia; † 21.09.1576 Rom), Mediziner, Mathematiker, Naturwissenschaftler, Astrologe, Philosoph und Schriftsteller, Prototyp des Universalwissenschaftlers der Renaissance.

Von 1520 –1526 studierte C. in Pavia und Padua Medizin und arbeitete nach der Promotion zum Dr. med. als Arzt von 1532 an in Mailand, wo er neben der medizinischen Praxis auch als Dozent für Mathematik tätig war. 1536 erschien sein Werk De malo recentiorum medicorum medendi usus libellus, in dem er, ähnlich wie sein Zeitgenosse > Paracelsus, die galenische Schulmedizin durch eigene Beobachtungen zu ersetzen suchte. Von 1543 bis 1552 und dann von 1559 bis 1560 war er Professor für Medizin in Pavia, 1562 in Bologna. 1551/52 folgte er einer Einladung nach Schottland. Seine letzten Jahre waren überschattet von Inhaftierung und Häresie. Da er sich zu einer pantheistischen Naturphilosophie bekannte, wurde er der Häresie angeklagt und am 16. Oktober 1570 vom Heiligen Offizium eingesperrt, nach 77 Tagen aber auf Kaution freigelassen. Beim Prozess am 18. Februar 1571 musste er einige Irrtümer in De rerum veritate widerrufen und durfte nicht mehr veröffentlichen. Schließlich übersiedelte er nach Rom, wo er zahlreiche Prälaten behandelte. 1573 erhielt er vom neuen Papst Gregor XIII. eine Pension. C. starb bald nach Vollendung seiner Autobiografie De propria vita (1575) in Rom.

In seinen über 200 Werken beansprucht C., 40.000 kleinere und größere Probleme gelöst zu haben. Auf mathematischem Gebiet verfasste er wertvolle Werke wie Practica arithmetica (1539) und De regulis algebraicis (1545), wobei er im Liber de ludo alae eine brauchbare Untersuchung der Wahrscheinlichkeitsrechnung vorlegte. In seinem Buch zur Physiologie, Metoposcopia (1546), versuchte er aus den Details der Gesichtsbildungen von 800 Fällen Entsprechungen für menschliche Charaktertypen aufzuzeigen, und zwar aus den astrologisch gedeuteten Stirnlinien.

Zwiespältig sind hingegen seine naturkundlich-naturphilosophischen Werke. In seinem philosophischen Hauptwerk De subtilitate libri XXI (1550) stellt er seine Sammlung von Theorien über den gesamten Bereich der Natur dar. Dabei ist für ihn „subtilitas“ alles, was dem sinnlichen und intellektuellen Erkennen der Sache nach Schwierigkeiten bereitet. Solche Schwierigkeiten seien auf die > Sympathie und > Antipathie der Dinge zurückzuführen.

Das Werk De rerum varietate libri XVII (1557) bringt eine Abhandlung über die physischen, himmlischen und irdischen Phänomene (Buch 1– 8), eine Untersuchung der Künste und Handwerke, durch die der Mensch die Natur verändert (Buch 9 –13), und eine Abhandlung über die Wahrsagekunst, die als privilegierte Form menschlichen Wissens dargestellt wird (Buch 14 –17). Dementsprechend sind auch die Fähigkeiten des Menschen dreifach gegliedert: Der Geist dient der Erkenntnis des Göttlichen, die Vernunft der Erforschung der physischen Phänomene und die Hand der Benutzung des Körperlichen.

In De arcanis aeternitatis (lat., Von den Geheimnissen der Ewigkeit) befasst sich C. mit den Wahrheiten, die hinter der Wirklichkeit stehen und denen sich der Mensch nur durch Mutmaßungen nähern kann, und zwar durch Wahrsagen und Mathematik. Während jedoch die > Wahrsagekunst den Menschen höheren Mächten übergibt und so an einem realen Wesen teilhat, beruht die mathematische Erkenntnis auf der Tatsache, dass sie nicht über den Bereich unserer Phänomene hinausgeht. Die vollkommene Erkenntnis steht nur Gott zu, die sich quantitativ wie qualitativ vom Menschen abhebt. Der Versuch des Menschen, die Identität der beiden Wissensarten zu erreichen, ist nach C. der Ursprung aller menschlichen Fehler.

Entsprechend den genannten Beschreibun-
gen von Natur, Mensch und Gott sind auch seine Ansichten in den Bereichen der > Paranormologie zwiespältig. Bald erklärt er die Astrologie, Chiromantie, Alchemie und Magie für trügerische Künste, kritisiert, dass man in Worten und Charakteren übernatürliche Kräfte suche, nennt die Gespenster Geschöpfe der Einbildungskraft, reklamiert für sich aber einen
spiritus familiaris, einen Hausgeist, leitet die Schicksale und Fehler der Menschen aus der Konstellation der Sterne bei der Geburt ab und nennt sich selbst einen Propheten und > Thaumaturgen (Wundertäter). Die Grundlagen der > Inquisition stellt er nicht in Frage, wendet sich aber entschieden dagegen, dass Lügen und Gerede für eine Anklage herangezogen werden. Er glaubt auch an die Möglichkeit, dass die sog. > Hexensalben eine psychoaktive Wirkung hätten. Die > Teufelsbuhlschaft versucht er dadurch zu klären, dass die Dämonen sich an Leichen vergehen, die sie zu diesem Zweck wiederbeleben.

Seine Werke berichten auch von > Visionen und > Astralreisen, insbesondere in seinem Traumbuch De somniis (1585). Schließlich dürfte C. selbst paranormale Fähigkeiten besessen haben.

Lit.: Cardano, Girolamo: Opera omnia / Hieronymi Cardani Mediolanensis. Curâ Caroli Sponii. Faks.-Neudr. d. Ausg. Lyon 1663 / mit e. Einl. von August Buck. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann, 1966.

Cardea (lat. cardo, Türangel), römische Göttin der Türangel, eine jungfräuliche Jägerin, die > Janus liebte.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Freiburg: Herder, 2002.

Cardiff, Riese von (Cardiff Giant), eine der größten Fälschungen der nordamerikanischen Archäologie, auch als „amerikanischer Goliath“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Gipsstatue von drei Metern Höhe mit Schuhgröße 70, die der Tabakpflanzer George Hull herstellen ließ, um damit einen Pfarrer an der Nase herumzuführen, der die Meinung vertrat, dass es in alter Zeit Riesen gegeben habe, weil dies schließlich auch in der Bibel stand. Hull vergrub die von ihm noch weiter bearbeitete Statue auf dem Gelände seines Verwandten und Komplizen C. Newill in Cardiff (New York), wo sie am 16. Oktober 1869 „entdeckt“ wurde. Obwohl die Wissenschaftler schon kurze Zeit darauf das Ganze als Schwindel hinstellten, kamen die Besucher in Scharen und zahlten 50 Cent pro Person. Innerhalb einer Woche verkaufte Newill drei Viertel seiner Rechte an dem angeblichen Fossil für $ 30.000 an eine Gesellschaft in Syracuse, NY.

Der amerikanische Zirkuspionier P. T. Barnum nützte die Gunst der Stunde und lockte die Schaulustigen mit einer Nachbildung in die Irre. Als nach Bekanntwerden der Hintergründe das Interesse an der „Fälschung“ abnahm, entwickelte sich die Barnums-Ausstellung zum eigentlichen Renner.

Die „Überreste“ des Riesen von C. sind heute im Landwirtschaftsmuseum von Cooperstown (New York) ausgestellt.

Lit.: Taylor Dunn, James: The True, Moral and Diverting Tale of the Cardiff Giant or The American Goliath. New York, 1948.

Cardines Geniturae (lat., Kardinale Wendepunkte), die vier kardinalen Wendepunkte des Horoskops: Aufgang (Ortus), Untergang (Occasus), Himmelsmitte (Medium Coeli) und Himmelstiefe (Imum Coeli).

Lit.: Sahihi, Arman: Das neue Lexikon der Astrologie. Genf: Ariston, 1991.

Cardiognostik > Herzensschau.

Carducci, Giosuè, Pseudonym Enotrio Romano (*27.07.1835 Valdicastello, heute Pietrasanta, Toscana; † 16.02.1907 Bologna), italienischer Dichter, Redner und Literaturhistoriker.

Als Sohn eines Landarztes studierte C. an der Universität Pisa Philologie und promovierte dort zum Doktor der Philosophie. Er arbeitete zunächst als Lehrer der Rhetorik. Da Arezzo eine Professur für Griechisch wegen seiner atheistischen Ansichten ablehnte, wurde er 1860 Prof. für Griechisch in Pistoia und von 1861 bis 1903 Prof. für italienische Literatur in Bologna.

1862 wurde C. Mitglied der Freimaurerloge „Galvani“ und Mitbegründer der Loge „Felsinea“ in Bologna, später affiliiert in der Loge „Propaganda Massonica“. 1890 wurde er Senator, 1906 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Aus paranormologischer Sicht ist von seinen literarischen Werken die 1863 geschriebene „Hymne an Satan“ (Inno a Satana) zu nennen, welche er 1865 unter dem oben angegebenen Pseudonym als eine Art Flugblatt zur Verteilung an Freunde drucken ließ; am 8. Dezember 1869 wurde sie in Bologna von der Zeitung Il Popolo veröffentlicht. Die Hymne hatte einen sensationellen Erfolg und wurde sogar zum freimaurerischen Festlied:

Zu dir, des Seins

Unermesslicher Anfang,

Materie und Geist,

Vernunft und Sinn.

Sei gegrüßt, o Satan,

O Rebellion,

O rächende Macht

Der Vernunft!

Heilig sollen zu dir emporsteigen

Der Weihrauch und die Gelübde!

Du hast besiegt den Jehova

Der Priester.“

Lit.: Carducci, Giosuè: Poetische Werke. Zürich: Coron-Verl., [1969].

Cargo-Kulte (neomelanes. cargo, Güter), Bezeichnung einer Vielzahl von Bewegungen der eingeborenen Insulaner, insbesondere der Melanesier, die der Ansicht sind, dass Frachtschiffe und Transportflugzeuge mit Geld und Gütern an Bord durch magische Beschwörung herbeigerufen werden könnten. Dieser Glaube beruht auf der Vorstellung von der Macht des „weißen Mannes“, der sich tadelnswert benommen hat, und der Hoffnung auf eine gerechte Umverteilung des westlichen Reichtums und der materiellen Güter.

Die ersten C., die angeblich von Propheten mit Visionen geleitet wurden, kamen gegen Ende des 19. Jh. auf. Lokale Mythen von einem Goldenen Zeitalter hätten Propheten dazu bewogen, die kurz bevorstehende Rückkehr der Ahnen anzukündigen, die geistige oder materielle Güter (cargo) von der Art bringen würden, wie man sie durch Kontakte mit den Weißen entdeckt hatte.

Dabei vertreten die Mitglieder folgende Anschauungen: 1) Die Weißen hätten von den Göttern das Geheimnis gestohlen, materielle Güter zu erzeugen; 2) Schiffe, Flugzeuge und sogar Raketen würden den Gläubigen solche Güter völlig kostenlos liefern; 3) um dies zu verwirklichen, werde ein Messias kommen; 4) sobald dieser da ist, würden sie nie mehr arbeiten müssen; 5) mit den Gütern würden auch ihre toten Ahnen kommen; 6) die Weißen würden von den Eingeborenen an der Macht abgelöst werden.

Lit.: Steinbauer, Friedrich: Melanesische Cargo-Kulte: neureligiöse Heilsbewegungen in der Südsee. München: Delp, 1971; Cargo, Cult, and Culture Critique. Honolulu: Univ. of Hawaiì Press, 2004.

Carington, Walter Whately (*1884 London; † 2.03.1947 ebd.), eigentl. Walter Whately Smith (Namensänderung 1933), englischer Parapsychologe.

Bereits in seinen Studienjahren galt das Interesse von C. der offiziellen Wissenschaft wie der Parapsychologie. Eine bezahlte akademische Stelle lehnte er jedoch ab und zog es vor, in Armut zu leben, weil er die parapsychologische Forschung, der er sein ganzes Leben widmete, für wichtiger hielt.

Von 1916 bis 1917 untersuchte er das Medium Gladys Osborne > Leonard und dann das irische Medium Kathleen > Goligher. 1920 wurde C. Vorstandsmitglied der Society for Psychical Research in London, wo er mit E. J. > Dingwall und anderen an der Untersuchung des französischen Mediums Eva > C . (Marthe Beraud) mitarbeitete.

C. gründete und gab das Psychic Research Quarterly heraus und war einer der ersten Befürworter der quantitativen parapsychologischen Forschung. Anstatt mit Spielkarten oder > Zenerkarten (J. B. > Rhine) experimentierte er mit einer Serie von 20.000 Zeichnungen. C. war der Meinung, dass diese wegen ihrer größeren emotionalen Ladung bessere Dienste leisten würden. Als Versuchspersonen wählte C. keine Personen aus seiner Umgebung, sondern beliebige Außenstehende, um so die Versuche unmittelbar zu gestalten. Zudem nahmen die Vps. von ihrer eigenen Wohnung aus teil, da nach C. die Beziehungen der Personen so geregelt seien, wie sie die Assoziationsgesetze beschreiben. Auf diese Weise führte er von 1939 bis 1945 vor allem quantitative Experimente zur > Telepathie durch und hoffte durch Untersuchungen über große Entfernungen hinweg den Beweis zu erbringen, dass die Entfernung bei > ASW nicht von Bedeutung ist. Dabei verstand er ASW als eine Verbindung konkreter Vorstellungen, die er als individuelle Wesenheiten bezeichnete und „Psychonen“ nannte.

C. beobachtete als Erster den > Verschiebungseffekt, nämlich dass die Versuchsperson beim quantitativen Experiment nicht das Zielobjekt nennt, sondern das jeweils vorausgehende bzw. nachfolgende Objekt.

Er veröffentliche mehrere Artikel in den Proceedings der Society for Psychical Research sowie mehrere Bücher.

W.: The Foundations of Spiritualism (1920); The theory of the Mechanism of Survival (1920); The Death of Materialism (1932); Telepathy: an outline of its facts, theory and implications (1945); Matter, Mind and Meaning (completed by H. H. Price, 1949); The Quantitative Study of Trance Personalities, I – IV, in: Proc. SPR 1934 – 1937.

Carini, Magdalena, 51. Wunderheilung von Lourdes.

C. wurde am 11. März 1917 in San Remo (Italien) geboren und am 15. August 1948 im Alter von 31 Jahren von einer Bauchfell-, Lungen- und Rückgrat-Tuberkulose mit
Kreislaufstörungen geheilt.

Sie litt seit dem 10. Lebensjahr an verschiedenen Krankheiten, wie Pleuritis (Rippfellentzündung), tuberkulöser Wirbelsäulenentzündung und Pharyngitis (Kehlkopfentzündung), die jeweils längere Aufenthalte in Sanatorien und Kuranstalten nach sich zogen. Von 1938 an bis Kriegsende befand sie sich in häuslicher Pflege, ohne dass eine merkliche Besserung eintrat. 

1945 wurde C. in das Krankenhaus von Pavia und dann in das Sanatorium von San Remo aufgenommen. Die Tuberkulose schritt jedoch unaufhaltsam fort. Am 1. Juli 1948 bestätigte ein ärztliches Attest ihren prekären Gesundheitszustand, der damals als unheilbar galt. Sie wog nur noch 32 kg.

Am 15. August 1948 kam die Kranke nach Lourdes und verspürte vor der Grotte plötzlich eine Besserung. Nach der Untersuchung durch 21 Ärzte wurde die Heilung als plötzlich, vollständig, dauerhaft und medizinisch nicht erklärbar bezeichnet und die Akte an das Medizinische Komitee weitergeleitet. Dieses bestätigte bei seiner Sitzung im März 1951 das Gutachten des Ärztebüros.

Nach der lange hinausgezogenen kirchlichen Untersuchung und deren positiver Beurteilung wurde die Heilung von C. am 2. Juni 1960 durch Kardinal-Erzbischof Giovanni Battista Montini von Mailand als Wunder anerkannt.

Lit.: Resch, Andreas: Die Wunderheilungen von Lourdes. Innsbruck: Resch, 22015.

Carioni, Giovanni, Ordensname: Battista da Crema (* um 1460 Crema, † 1534 Guastalla / Italien), Dominikaner, größter geistlicher Schriftsteller der ersten Hälfte des 16. Jh.

C., dessen Biografie nur stückhaft bekannt ist, war Mitglied der reformierten Dominikaner der Lombardei und hatte den Ruf eines großen Predigers, Schriftstellers und Spirituals. Er war Mitbruder und Zeitgenosse von Fra Girolamo > Savonarola (1452 – 1498), der ihn in seinen Schriften mit großer Bewunderung erwähnt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die beiden für kurze Zeit im gleichen Haus wohnten.

Nach C.s geistlicher Lehre muss sich der Mensch im ständigen Kampf gegen alles bewähren, was sich der Liebe entgegenstellt. In der Liebe kann der Mensch die mystische Einheit mit Gott erreichen und dem Nächsten dienen. Wegen seiner besonderen asketischen Strenge beschuldigte man C., dass er in seiner Bußpraxis jener der > Beginen folge und in der Häresie des Pelagius verweile. Seine Werke wurden daher 1554 auf den Index von Venedig, 1559 auf den römischen und 1564 auf den tridentinischen Index gesetzt. 1900 wurden sie jedoch vom Index entfernt.

C. war ein großer Förderer der 1530 gegründeten Kongregation der Barnabiten und Autor von Werken der > Spiritualität.

W.: Philosophia diuina di quello uero maestro Iesu Christo Milano: per Gotardo da Ponte, 1531; Opera vtilissima. De la cognitione, & uittoria de si stesso. Componuta per il reuerendo patre frate Babtista da Crema maestro di scientia spirituale pratica, & perfettione christiana rarissimo. Impresso in Milano: per messer Gotardo da Ponte fiamengo che sta appresso alla Doana, 1531 a di xiii de marzo; Via di aperta verità. Venetia: per Bastiano Vicentino, 1532; Specchio interiore Milano: dal Caluo, 1540.

Lit.: Premoli, Orazio M: Fra’ Battista da Crema secondo documenti inediti: contributo alla storia religiosa del secolo XVI. Roma: Desclée, 1910; Bogliolo, Luigi: Battista da Crema: Nuovi studi sopra la sua vita, I suoi scritti, la sua dottrina. Torino: Sei, Soc. Ed. Internazionale, 1952.

Caritas (lat., Liebe), lateinische Bezeichnung der Liebe und Symbol der christlichen Tugend der Nächstenliebe, vor allem zu Armen und Hilfsbedürftigen. Attribute sind das > Lamm, die > Fackel, das flammende Herz, das gleicharmige Kreuz mit Ausstrahlung der Kreuzecken.

C. ist auch der Name der nationalen und internationalen katholischen Hilfsorganisation.

Lit.: Unsere Welt: Caritas für Caritas; ein Taschenatlas von Caritas International. Freiburg i. Br.: Dt. Caritasverb., 2009.

Carlo da Sezze > Karl von Sezze.

Carlson, Chester Floyd (*8.02.1906 Seattle, Washington; † 19.09.1968 New York), Physiker, Patentanwalt, Erfinder des modernen Fotokopierers.

C. studierte Physik und arbeitete nach Erlangung des B.S.-Grades in Physik am California Institute of Technology als Forschungsingenieur bei den Bell Telefon-Werken in New York City. Nach einem Jahr wechselte er in die Patentabteilung des Unternehmens und wurde dort Assistent eines Patentanwalts. Im Herbst 1934 heiratete er. Ab 1936 besuchte er die Abendklasse der New York Law School, wo er 1939 das Diplom als Patentanwalt erhielt, was ihm bei der Durchsetzung seiner Erfindungen sehr nützlich sein sollte.

An den Wochenenden studierte C. in der New York Public Library (NYPL). Da er die Bücher nicht kaufen konnte, unterzog er sich dem mühsamen Abschreiben. Dabei wurde ihm bewusst, welche Erleichterung ein einfaches Kopierverfahren bedeuten würde. Seine diesbezüglichen Versuche hatten zunächst keinen Erfolg, bis er in einer deutschen wissenschaftlichen Zeitschrift auf einen Aufsatz des ungarischen Physikers Pál Sélenyi (1884 –1954) stieß, in dem dieser über ein Verfahren zur elektrischen Übertragung und Aufzeichnung von fotografischen Bildern berichtete, das er bereits in den späten 1920er Jahren entwickelt hatte. Selényi nannte seine Erfindung „Elektrografie“ und beschrieb u.a. eine Methode, mit der er die zwecks Fernübertragung in elektrische Impulse zerlegten Bilder wieder sichtbar machen und auf einen Bildträger übertragen konnte. Diese Erfindung gab C. den entscheidenden Anstoß.

Er begann unverzüglich mit der Ausarbeitung eines Kopierverfahrens, das er „Electron Photography“ bzw. Xerografie (griech. xeros, trocken; graphein, schreiben), also „trocken schreiben“ nannte. Am 8. September 1938 meldete er die Erfindung als Patent an. Das erste Fotokopier-Experiment fand am 22. Oktober 1938 statt und wurde dann weiter ausgebaut. Ab 1960 wurde sein Konzept in allen xerografischen Bürokopierautomaten angewandt und bildet heute noch die Grundlage der digitalen elektrofotografischen Kopierer und Laserdrucker.

So wurde C. ein reicher Mann und förderte als solcher neben politischen, sozialen und humanitären Einrichtungen überraschenderweise auch die Parapsychologie. Dem ging eine völlige Abkehr vom Materialismus voraus, die vor allem von seiner Frau unterstützt wurde, welche um 1948 erste psychische Erlebnisse hatte. Eines Abends stellte sich C. selbst bei geschlossenen Augen, im Lehnstuhl sitzend, auf solche Erfahrungen ein. Ein Knall gleich einer Explosion ertönte im Raum, sodass der Hund aufsprang und die Frau Nachschau hielt.

C. begann daraufhin parapsychologische Literatur zu lesen, interessierte sich für > ASW und unterstützte die > American Society for Psychical Research (ASPR), was die Anstellung von Karlis > Osis, eine Programmerweiterung und die Errichtung des Chester F. Carlson Research Laboratory ermöglichte. C. selbst wurde Mitglied der ASPR und war von 1964 bis zu seinem Tod im Vorstand.

Lit.: Carlson, D.: The Beginning of Chester Carlson’s Interest in Parapsychology. PASPR 28 (1969) 5.

Carman (kelt.), irische Festgöttin und Personifikation der Natur- und Bodenkräfte. Sie stand im Ruf, eine große Zauberin zu sein, deren Kunst durch die > Tuatha Dê Danann gebannt wurde, als diese sie gefangen nahmen, wodurch C. ihre Bedeutung verlor. Ihre kultische Verehrung geschah vor allem durch Pferderennen.

Lit.: Bellinger, Gerhard J.: Knaurs Lexikon der Mythologie. München: Droemersche Verlagsanst. Th. Knaur Nachf. GmbH & Co.KG, 2005.

Carmelus (lat.), in der phönizischen Mythologie ein Gott ohne Tempel und Bild auf dem Berg Carmel. Er wurde aber mit einem Altar sehr verehrt, da er dort ein berühmtes > Orakel hatte, dessen Priester zuerst dem Vespasian aus den Eingeweiden der Opfertiere die Weltherrschaft weissagten.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Carmenta (lat.), in der römischen Mythologie eine Geburtsgöttin, die beim Kapitol ein Heiligtum und an der Porta Carmentalis Altäre besaß. Ihr Fest, die Carmentalia, wurde am 11. und 15. Januar von Frauen begangen. C. wurde dabei als Antevorta (Vorausschauende) und Postvorta (Zurückschauende) angerufen. Damit ist ihre Sehergabe angesprochen, soll sie doch dem > Herakles dessen Schicksal vorausgesagt haben.

Das spätere Bestreben der Römer, ihre eigene Mythologie mit der griechischen zu vermengen, machte C. zu einer Nikostrata oder Themis genannten Nymphe aus Arkadien, die mit ihrem Sohn Evander nach Italien kam.

Lit.: Corti, Cesira: Dizionario di scienze occulte e lessico ultrafanico. Mailand: Casa Editrice Ceschina, 1962; Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Freiburg: Herder, 2002.

Carmick-Manuskript (engl. Carmick Manuscript), die älteste freimaurerische Handschrift Amerikas. Sie stammt aus dem Jahre 1727 und ist im Besitz der Großen Loge von Pennsylvania. Das Manuskript umfasst 24 Seiten und ist eine Kopie von Konstitutionen nach altenglischen Mustern, die von einem Mitglied der Carmick-Familie, angeblich von Stephen Carmick, verfasst worden sei. Am Schluss der Kopie findet sich ein Eigentumsvermerk von Thomas Carmick, dem Besitzer, in dem dieser alle, die das Buch finden sollten, mit Beziehung auf ihren Eid verpflichtet, es ihm zurückzugeben. Bemerkenswert ist eine Dreieckzeichnung, die ausdrücklich als Bild der Loge bezeichnet wird (,,This figure represents the Lodge“), wie es bei alten Logen der Fall war, während die symbolische Form der Logen allgemein ein gegen Ost und West orientiertes längliches Viereck ist.

Lit.: Troisi, Luigi: Dizionario Massonico. Foggia: Bastogi, o.J.; Lennhoff, Eugen: Internationales Freimaurerlexikon. München: Herbig, 2000.

Carn (kelt., „Steinmahl“), bretonisch-gälische Bezeichnung für einen künstlichen Hügel, zumeist in Gebrauch für einen vorzeitlichen Steinhügel, eingeschlossen von Gräbern und Dämmen, auf dem die alten Briten gerichtliche und gottesdienstliche Handlungen verrichteten. Auf solchen Hügeln wurden Verbrecher geopfert und meist auch ein Feuer unterhalten. Aus heiliger Scheu näherte man sich den Kultstätten nur in Richtung von Osten nach Westen.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Carna (lat. caro, Fleisch), nach der römischen Mythologie die Göttin des Herzens und der übrigen Körperorgane sowie Schutzherrin der Gesundheit. Von daher auch die Ableitung des Namens von caro (Fleisch), der aber auch etruskischen Ursprungs sein könnte.

Ihr Fest, Carnaria, wurde am 1. Juni gefeiert und aufgrund der Opferung und Verspeisung von Bohnen und Speck in ihrem Heiligtum auf dem Caelius auch Kalendae fabariae (Bohnenerster) genannt.

Nach Ovid ist C. eine > Nymphe, die sich der vielen Verehrer dadurch zu erwehren wusste, indem sie ihnen befahl, vor ihr in eine Höhle zu gehen. Als sie ihr beim Hineingehen den Rücken kehrten, lief sie davon. Diese List hatte jedoch beim doppelgesichtigen > Janus keinen Erfolg. Er konnte sie für sich gewinnen und gab ihr aus Dankbarkeit die Macht, nächtliche vampirähnliche Wesen zu verjagen. Möglicherweise waren die Göttinnen C. und > Cardea ursprünglich identisch.

Lit.: Ovidius Naso, Publius: Fasti. München; Zürich: Artemis und Winkler, 1995, Buch VI; Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Freiburg: Herder, 2002.

Carnac (kelt. Carn, Steinmal; breton. Karnag), Ort in der Bretagne (Morbihan), wo sich 3000 > Menhire (Steinblöcke) erhalten haben, die in drei Gruppen von Zehner- bzw. Dreizehnerreihen angeordnet sind. Die Reihen sind über drei Kilometer lang und die Steine haben eine Höhe von 0,5 bis 4 m. Die größten Steine finden sich immer am westlichen Ende. In der Archäologie wird C. als ein Begräbnisplatz angesehen.

Lit.: Giot, Piere-Roland: Die Alignements von Carnac. Rennes: Éditions Quest-France, 1990; Patton, Mark: Statements in Stone: Monuments and Society in Neolithic Brittany. London: Routledge, 1993.

Carnegie, Dale (*24.11.1888 Maryville, Missouri, USA; † 1.11.1955 Forest Hills, New York), amerikanischer Schriftsteller und Motivationstrainer im Bereich Lebenshilfe und positives Denken.

Als Sohn armer Kleinbauern studierte er vier Jahre am Staatlichen Lehrerkolleg von Warrensburg in Missouri, um Lehrer zu werden, doch seine Bewerbungen an der Columbia-Universität und an der Universität von New York, an denen er Abendkurse in freier Rede geben wollte, wurden abgelehnt. Seinen ersten Erfolg erlebte C., als er einen Rednerwettbewerb gewann, woraufhin er ab 1912 die Überwindung der Furcht, vor Menschen zu sprechen, zur Grundlage seiner Weiterbildungskurse machte. Neben der freien Rede versuchte er auch Selbstvertrauen und eine positive Lebenseinstellung zu vermitteln. 1926 veröffentlichte C. sein erstes Werk, Public Speaking and Influencing Men In Business: a Practical Course for Business Men. Mit dem 1936 veröffentlichten Buch How to Win Friends and Influence People. A self-help book about interpersonal relations (Deutsch: Wie man Freunde gewinnt) landete er jenseits von psychologischen Theorien, von denen er nichts hielt, einen Welterfolg. 1948 erschien How to Stop Worrying and Start Living. A self-help book about stress management (dt.: Sorge dich nicht – lebe!).

C. zählt neben Mary > Baker-Eddy, Norman Vincent > Peale, Joseph > Murphy und Robert > Schuller zu den Begründern des > positiven Denkens, ohne dass er daraus eine Religion machte.

W.: Rede dich zum Erfolg. München: Heyne, 2002; Freu dich des Lebens! Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch-Verl., 2005; Wie man Freunde gewinnt. Wien: Ueberreuter, 2007.

Carneol > Karneol.

Caro, Rabbi Yosef (1488 –1575), geb. in Spanien oder Portugal, Kabbalist und einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten des letzten Jahrtausends.

1497 zog die Familie in die Türkei, wo C. die nächsten 39 Jahre lebte. Er war Schüler von Rabbi Jakob Beirav und Shlomo Alkabetz. 1536 kam er nach Zefat, einer Stadt in Galiläa im Nordbezirk Israels und damals Zentrum kabbalistischer Mystik. Ab 1546 wurde er Hauptrabbiner der Stadt.

Bekannt wurde C. jedoch vor allem als Verfasser einiger Standardwerke, einschließlich des Shulchan Aruch (hebr. „gedeckter Tisch“), eines umfassenden Kompendiums der Gesetze der Thora, geordnet nach den Bereichen Religiöses, Persönliches, Soziales, Familie, Geschäft, das ungeachtet der nachfolgenden Neuausgaben bis heute als wichtigste und maßgebende Zusammenfassung zu jüdischem Gesetz und Praxis Anerkennung erfährt.

C. war, wie eingangs erwähnt, vor allem auch ein anerkannter Kabbalist. In Maggid Mesharim (Über Visionen und Enthüllungen) beschreibt er seine Gespräche mit einem Engel, der ihn bei seinen Studien geführt habe.

Lit.: Cassel, David: Josef Karo und das Maggid Mescharim. Berlin: Rosenthal, 1888.

Carolina, Kurzbezeichnung der Constitutio Criminalis Carolina (C.C.C., Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532), erstes allgemeines deutsches Strafgesetzbuch verbunden mit Strafprozessordnung, das bis Ende des 18. Jh. gültig blieb. Das Strafrecht im Mittelalter fußte lange auf unvollkommenen Aufzeichnungen, die nur örtlich Geltung hatten, bzw. auf den Reichsgesetzen, Rechtsspiegeln, Stadtrechten oder einfach auf mündlicher Überlieferung beruhten.

Die C. besteht aus 219 Artikeln und sanktionierte den Gebrauch der Folter. Die Grausamkeiten der Leibesstrafen entsprachen den Gepflogenheiten der damaligen Zeit. Für die Hexenprozesse sind besonders Artikel 106 (Todesstrafe für die „Gottßschwerer und Gottlesterung“), 109 (Strafen für > Zauberei: bei Zufügung von Schaden Tod durch Verbrennung, ansonsten geringere Strafen), Artikel 21 und 44 (Anzeigen von Zauberei), 52 (Geständnis der Zauberei) bedeutsam. Für andere Straftaten in diesem Zusammenhang sind die Artikel 130 (Anwendung von Gift, auch magischer Art), 106 und 172 (Sakrileg, Blasphemie), 116 (Widernatürliche Unzucht, > Teufelsbuhlschaft) sowie 122 (Ehebruch verheirateter > Hexen) zu nennen.

Das Geständnis konnte durch Folter erzwungen werden und der Angeklagte musste es vor dem Richter wiederholen. Auf dem europäischen Kontinent wichen die Hexenrichter gegen Ende des 16. Jh. zusehends von der C. ab. An den Kaiser ergingen jedoch Appelle, dass die Ordnung strenger eingehalten werde.

Lit.: Karl V.: Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532 (Carolina). Stuttgart: Reclam, 1980.

Caroll, Lewis, Pseudonym für Charles Lutwidge Dodgson (*27.01.1832 Daresbury im County Cheshire; † 14.01.1898 Guildford im County Surrey), britischer Schriftsteller, Fotograf, Mathematiker und Diakon der anglikanischen Kirche.

C. verbrachte als ältestes von neun Kindern seine Jugend im Kreise seiner Familie, wo er schon mit sieben Jahren Bücher zu lesen begann. Mit 12 Jahren wurde er 1844 auf eine Privatschule geschickt, wo gleich seine besondere mathematische Begabung auffiel und in ihm ein echtes Genie gesehen wurde, ohne dies kundzutun. An dieser mangelnden Bestätigung hat C. zeitlebens gelitten, und sie könnte eine Ursache für sein Stottern, sein mangelndes Selbstbewusstsein und seine Identitätskrise gewesen sein. Schon in der Schulzeit las er intensiv Literatur- und Geschichtsbücher und veröffentlichte seine mit Zeichnungen versehenen literarischen Versuche im Schulmagazin und in der Familienzeitschrift Rectory Umbrella.

1850 schrieb sich C. in die Universität Oxford ein und ein Jahr nach Abschluss seines Mathematikstudiums 1854 wurde er als Tutor für Mathematik in Christ Church eingestellt; diese Position sollte er die nächsten 26 Jahre ausfüllen, obwohl ihn der Unterricht langweilte. 1856 legte er sich den Künstlernamen Lewis Caroll zu, unter dem er weltbekannt wurde.

C. ist der Autor der berühmten Kinderbücher Alice im Wunderland, Alice hinter den Spiegeln (oder Alice im Spiegelland) und The Hunting of the Snark. Seine Werke wurden zunächst als sogenannte Nonsense-Literatur bezeichnet, sind jedoch bis heute populär geblieben und haben nicht nur die Kinderliteratur, sondern auch Schriftsteller wie James Joyce oder die Surrealisten und Kognitionswissenschaftler beeinflusst.

Bekannt wurde C. nicht zuletzt als Fotograf, da er bereits ab Mitte des 19. Jh. Fotografie als Kunst betrieb.

Neuere Studien weisen darauf hin, dass C. in mehreren Passagen der Alice-Geschichten sowohl genaue Kenntnis von der psychedelischen Wirkung des Fliegenpilzes hatte als auch mit den Visionen und Halluzinationen auslösenden Methoden der > Spiegelmantik vertraut war. Zudem beschäftigte er sich mit paranormalen Erscheinungen und dem Phänomen des > Automatischen Schreibens, um seine Einfälle zu verstärken. Davon zeugen die zahlreichen Wortspiele und Wortneuschöpfungen seiner Alice-Bücher sowie seine Scherze über die Relativität von Raum und Zeit. Der Sinn seines Lebens aber war die Liebe. So schreibt er in dem seiner Meinung nach besten Gedicht:

Denn ich denke es ist Liebe,

denn ich fühle es ist Liebe,

denn ich bin sicher, dass es nichts

anderes ist als Liebe.

W.: Alice im Wunderland. Köln: Anaconda, 2009.

Lit.: Green, Roger L. (Hrsg.): The Diaries of Lewis Carroll, 2 Bde. [s.l.]: Casell, 1953.

Carotis-Technik, auch Karotistechnik (lat. carotis, Halsschlagader), fingierte > Bühnenhypnose. Der Hypnotiseur verschließt durch geschicktes Abdrücken die Halsschlagadern (Arteriae carotides) der ahnungslosen Versuchsperson, während er diese und die Zuschauer mit Sprüchen ablenkt. Dann wartet er, bis das „Medium“ aufgrund eines plötzlichen Blutunterdrucks ohnmächtig wird. In diesem Moment ruft er: „Schlafe!“ und lässt die Versuchsperson zu Boden gleiten. Sobald er bemerkt, dass das „Medium“ wieder zu sich kommt, verkündet er laut: „Wieder vollkommen wach“.

Die Technik war schon in der Antike bekannt, wo man die C. von griech. karoein („betäuben“) ableitete, weil man annahm, dass das Abdrücken der Arteriae carotides zur Bewusstlosigkeit führe. Die Technik ist nicht ungefährlich.

Lit.: Bongartz, Bärbel u. Walter: Hypnose: wie sie wirkt und wem sie hilft. Zürich: Kreuz-Verl., 1988; Schulze, Peter: Anatomisches Wörterbuch. Lateinisch-Deutsch, Deutsch-Latein. Stuttgart: Thieme, 1993.

Carpenter-Effekt (auch: ideomotorischer Effekt, ideomotorisches Gesetz), beruht auf dem Phänomen, dass vorgestellte oder wahrgenommene Bewegungen in Form von mikromotorischen Reaktionen durchgeführt werden. Dieser ideomotorische Effekt wurde erstmals 1852 von dem englischen Physiologen William Benjamin Carpenter (1813 –1885) beschrieben. Nach Carpenter regen die Sinnesempfindungen Vorstellungen an, denen sich intellektuelle (ideomotorische) Prozesse anschließen, die dann zu den gewollten Bewegungen führen. Diese nicht dem Willen unterworfene Bewegung komme vor allem dann zustande, wenn man mit Aufmerksamkeit etwas erwarte (expectant attention).

Willy Hellpach hat dieses Phänomen 1933 als > Ideo-Realgesetz auf alle subjektiven Wahrnehmungs- und Vorstellungsinhalte ausgedehnt.

Der C.-E. findet heute vielfältige Anwendung, insbesondere auch bei der Analyse der Wirkung von Werbespots, um in Ergänzung zu kognitiven Methoden (Befragungen, Tests) die Wirkung von Spots technisch physio-psychologisch zu messen.

Auf paranormologischem Gebiet versucht man damit Bewegungsformen wie > Pendeln, > Gläserrücken, Wünschelrutenausschlag, die > Gestützte Kommunikation und die verschiedenen Automatismen (Schreiben, Malen, Zeichnen usw.) wissenschaftlich zu erklären. Ob dabei die auslösende Vorstellung und Sinnesempfindung ihrerseits noch von anderen Einwirkungen verursacht werden, bleibt unbeachtet, kann aber nicht ausgeschlossen werden.

Lit.: Carpenter, William B.: On the Influence of Suggestion in Modifying and Directing Muscular Movement, Independently of Volition. Royal Institution of Great Britain, 1852. Weekly Evening Meeting, Friday, March, 12, p. 147–153; Hellpach, Willy: Elementares Lehrbuch der Sozialpsychologie. Berlin: Springer, 1933.

Carpzov, Benedict der Jüngere

(*27.05.1595 Wittenberg; † 30.08.1666 Leipzig), Prof. für Rechtswissenschaft, Beisitzer am Schöppenstuhl, einem der höchsten protestantischen Spruchkollegien, und Richter am Höchsten Gericht Sachsens in Leipzig.

C. gilt als einer der Begründer der deutschen Rechtswissenschaft. Von seinen zahlreichen Werken, in denen er die in Deutschland seit Aufnahme des römischen Rechts befolgte juridische Praxis wissenschaftlich abschloss, sind zu nennen: Practica nova Imperialis Saxonica rerum criminalium (1635) und Definitiones forenses (1638). Der eifrige lutheranische Kirchgänger, der von sich behauptete, die Bibel dreiundfünzigmal gelesen zu haben, sprach in ganz Sachsen Urteile bei Hexenprozessen, nachdem sie an das Leipziger Berufungsgericht verwiesen worden waren.

Das Hexenwesen wird von ihm in Practica in einem besonderen Abschnitt (I, 48 –50) behandelt. Das Delikt der Hexerei nennt er ein Sonderverbrechen (lat. crimen exceptum), bei dem bereits der Verdacht ausreiche, um die Folter anzuwenden. Als Argument führt er Stellen aus dem AT (Exod. 22,18), aus der klassischen Literatur (Tacitus: Annalen lib. II; Platon: De legibuns II), aus der Praxis des Zivilrechts und aus neueren Autoren, auch katholischen, wie z.B. > Bodin, > Delrio, > Remy und die Autoren des > Hexenhammers an. Eine weitere Quelle ist für ihn die umfangreiche Spruchpraxis des Leipziger Schöppenstuhls von 1582–1622.

Die > Zauberer und Zauberinnen teilt er in fünf Klassen ein: täuschende (praestigiatores), prophezeiende (haruspices, dazu gehören auch Astrologen), bösartig zaubernde (veneficii), die eigentlichen Hexen (lamiae, sagae ac striges, die mit dem Teufel Umgang haben; nur sie sind durch das Feuer hinzurichten) und Nekromanten (necromantici). C. war von den > Hexensabbaten ebenso überzeugt wie vom > Hexenflug und der > Buhlschaft mit Dämonen.

Die Practica genoss bis ins 18. Jh. hinein großes Ansehen und verblüfft ob ihrer gnadenlosen Härte gegen Hexen und Zauberer ebenso wie durch die hohe Gelehrsamkeit.

Von den Gegnern der Hexenverfolgung wurde die Practica als „protestantischer Hexenhammer“ bezeichnet. Die wiederholt vorgebrachte Behauptung, C. sei für die Todesurteile von 20.000 Menschen (vor allem Hexen) verantwortlich, wird jedoch von seriösen Studien als Fabel bezeichnet.

W. (Auswahl): Quaestionum fere universarum in Materia Delictorum Carnis, Furtorum, Rapinae, Sacrilegii, Falsi & Iniuriarum: Ex Iure civili Romano, Imperiali, Saxonico: ordinat. & constitut. Elector. Wittebergae: Wittebergae: Schurerus / Müllerus, 1635; Practicae Novae Imperialis Saxonicae Rerum Criminalium Pars. Wittebergae: Schurerus / Müllerus, 1635; Jurisprudentia forensis Romano-Saxonica secundum ordinem Constitutionum Augusti electoris Saxoniae: in Part. IV divisa; rerum et quaestionum in foro, praesertim Saxonico, ut plurimum occurrentium et in dicasterio septem virali Saxonico, quod vulgo Scabinarum Lipsiensem appellitante Jure Civili, Romano, Imperiali, Canonico, Saxonico & Provinciali tractatarum ach decisarum definitiones judicialis … exhibens. Francofurti ad Moenum: Schleichius, 1638; Decisiones Illustres Saxonicae Rerum Et Quaestionum Forensium, In Serenissimi Electoris Saxoniae Supremo Appellationum iudicio, & Scabinatu Lipsiensi utramq[ue] in partem ventilatarum ac discussarum, Responsis & iudicatis Dicasterii utriusque corroboratae: Gemino Indice, uno Decisionum, altero Rerum & verborum locupletassimo. Lipsiae: Kühne / Hönius, 1646.

Lit.: Tacitus, Cornelius: Annalen. Übers. von Erich Heller. Mit einer Einf. von Manfred Fuhrmann. Düsseldorf [u.a.]: Artemis & Winkler, 2005.

Carrel, Alexis (*28.06.1873 Lyon, Frankreich; † 5.11.1944 Paris), französischer Bio-
loge und Chirurg, erhielt 1912 den Nobelpreis für Medizin und war Augenzeuge zweier Heilungen in Lourdes.

C., Sohn eines Kaufmanns, studierte nach der Ausbildung in seiner Heimatstadt mit dem Bakkalaureat in Sprache und Naturwissenschaft ab 1890 an der Universität Lyon Medizin, promovierte 1900 und war an der Universitätsklinik tätig. Dies gab ihm die Möglichkeit, sich neben den anatomischen und chirurgischen Arbeiten vor allem auf die experimentelle Chirurgie, die Transplantation von Geweben und gesamter Organe zu konzentrieren. Bereits 1902 veröffentlichte er die von ihm entwickelte chirurgische Nahttechnik zur erfolgreichen Verbindung getrennter Blutgefäße. 1903 ging er nach Lourdes, um für seine Erklärung der Heilungen als Suggestion Material zu sammeln. Da er Arzt war, bat man ihn, das junge Mädchen Marie Bailly, das an einer tuberkulösen Bauchfellentzündung litt, zu betreuen. Die Ärzte hatten M. als hoffnungslos aufgegeben. C. gab ihr während der Fahrt zur Linderung der Schmerzen eine Morphiumspritze und untersuchte sie nochmals. Bei der Ankunft in Lourdes stellte der Arzt den bereits eingetretenen Todeskampf fest. Sie wollte jedoch noch zur Grotte und C. begleitete sie. Man legte sie ins Bad und stellte dann die Bahre mit der Sterbenden vor der Grotte ab. C. beobachtete sie genau. Der Zustand verbesserte sich. Das Mädchen fühlte sich sehr schwach, aber geheilt. Als C. seinem Professor darüber berichtete, erwiderte dieser, dass er mit solchen Ideen an der Universität Lyon keinen Platz finden würde, woraufhin C. den Entschluss fasste: „Wenn es so steht, gehe ich meine Wege!“ Er beschrieb dieses Erlebnis in der Schrift „Le Voyage de Lourdes“. 1910 erlebte C. in Lourdes die Heilung eines blind geborenen Kindes. Auch in seinem 1935 erschienenen Werk L’homme, cet Inconnu (Der Mensch, das unbekannte Wesen) ging er auf die Frage des Wunders ein.

Da also seine Universitätskarriere in Lyon allein schon durch seinen Bericht blockiert war, ging er 1904 an die Universität von Chicago, USA, und trat dort 1906 als Mitarbeiter in das Rockefeller Institute for Medical Research ein. 1908 demonstrierte er die ersten Ergebnisse zur Organtransplantation, 1912 erhielt er dafür den Nobelpreis. Von 1914 bis 1919 diente er als Major im Medizinischen Armeekorps Frankreichs. 1935 konstruierte er gemeinsam mit dem Luftfahrtpionier Charles Lindbergh ein Gerät, welches entnommene Organe steril beatmen konnte. Mit dem französischen Chirurgen Theodore Tuffier (1857 −1929) führte er erfolgreich eine Reihe von Herzklappen-Operationen durch und konnte Herzmuskelzellen in Kultur züchten.

1939 kehrte C. nach Frankreich zurück, übernahm eine Stelle im Gesundheitsministerium der Vichy-Regierung und wurde 1940 Direktor einer Fondation Carrel zum Studium menschlicher Probleme.

In seinen letzten Lebensjahren beschäftige sich C. mit philosophischen und religiösen Überlegungen. Sein Tod 1944 bewahrte ihn möglicherweise vor einer Verurteilung wegen Kollaboration mit der deutschen Besatzung.

W. (Auswahl): Das Wunder von Lourdes: mit Tagebuchblättern u. Betrachtungen aus d. Nachlass. Stuttgart: Deutsche Verl.-Anst, 1952; La prière. Paris: Plon, 1953; Der Mensch, das unbekannte Wesen. München: List, 1957; Tagebuch eines Lebens. München: List, 1957.

Carrière, Eva > C., Eva.

Carrington, Hereward Hubert Lavington (*17.10.1880 Jersey, England; † 26.12.1958 Los Angeles, USA), Parapsychologe und Autor zahlreicher Bücher.

In England geboren, übersiedelte C. 1899 in die USA, wo er 1900 dem amerikanischen Zweig der > Society for Psychical Research beitrat und den Dr. phil. erwarb. 1921 war er Delegierter des Ersten Internationalen Kongresses für Parapsychologie in Kopenhagen und dann der Kongresse in Warschau (1923), Paris (1927), Athen (1930) und Oslo (1931). Nach der Gründung der neuen > American Society for Psychichal Research wurde er Assistent von Prof. James H. > Hyslop und ging 1908 mit Everard Feilding und W. W. > Baggally im Auftrag der SPR nach Neapel, um Eusapia > Palladino zu untersuchen. Ihr Bericht wird als ein „Klassiker der parapsychologischen Forschung“ bezeichnet. C. nahm an zehn von elf Sitzungen teil und war von der Echtheit einiger Phänomene überzeugt. Er organisierte daraufhin eine Tour von Palladino durch die USA, die jedoch ein reiner Misserfolg wurde. 1921 gründete er das American Psychical Institute and Laboratory und untersuchte mit William > McDougall, Daniel Frost Comstock, Walter Franklin > Prince und Harry > Houdini das damals als „Margery“ (Mina S. > Crandon) bekannte Medium. C. war von der Echtheit einiger Darbietungen überzeugt, während die anderen dem nicht zustimmten.

C. befasste sich auch mit anderen paranormalen Phänomenen wie > Poltergeist, > Psychokinese, > außerkörperlicher Erfahrung, > Astralprojektion. Nach Experimenten mit Mrs. Eileen > Garrett war er von der Existenz nicht materieller Wesenheiten – unabhängig von der Kontrolle, dem Bewusstsein und dem Unbewussten des Mediums – überzeugt, die er als Hinweis auf ein Fortleben bewertete.

W. (Auswahl): The Physical Phenomena of Spiritualism (1907); The Coming Science (1908); Eusapia Palladino and Her Phenomena (1909); Death, its Causes and Phenomena (1911); Personal Experiences in Spiritualism (1918); Hindu Magic (1913); The Problems of Psychical Research (1914); True Ghost Stories (1915); Psychical Phenomena and the War (1918); Modern Psychical Phenomena (1919); Your Psychic Powers, and How to Develop Them (1920); Higher Psychical Development (1920); (with Dr. James Walsh) Spiritualism (1925); (with Sylvan Muldoon) The Projection of the Astral Body (1929); The Story of Psychic Science (1930); (with Bernard M. L. Ernst) Houdini and Conan Doyle (1932); A Primer in Psychical Research (1933); Loaves and Fishes (1935); Telepathy & Clairvoyance (1938); Laboratory Investigations into Psychic Phenomena (1939); Psychology in the Light of Psychic Phenomena (1940); The Invisible World (1946); The World of Psychical Research (1946); Psychic Science and Survival (1947); (with S. J. Muldoon) The Phenomena of Astral Projection (1951); (with Nandor Fodor) Haunted People (1951); Psychic Oddities (1952); The American Séances with Eusapia Palladino (1954); The Case of Psychic Survival (1957).

Carroll, Peter J. (*8.01.1953 Patching, England), Okkultist, Autor und Mitbegründer der „Illuminates ot Thanateros“.

C. studierte Naturwissenschaften an der Universität von London, arbeitete anschließend als Lehrer und verbrachte vier Jahre in Indien und im Himalaya. 1978 erschien sein Buch Liber Null, 1982 Psychonaut, die 1987 in einem Band herauskamen und der in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre entstandenen Bewegung der > Chaosmagie entscheidenden Antrieb verliehen. C. ist auch Mitbegründer der magischen Organisation Illuminates of Thanateros (IOT), die sich der Chaosmagie widmete. Die offizielle Gründung fand 1986 in Deutschland statt. Inzwischen existieren Sektionen in mehreren Ländern.

W.: Carroll, Peter J.: Liber Null & Psychonaut. York Beach, ME: Weiser, 1987.

Cartaphyllus (lat.), römischer Söldner. Einer Legende nach stand bei der Kreuzigung Christi ein römischer Söldner namens C. als Türhüter vor den Pforten des Palastes von Pilatus. Als Jesus herausgeführt wurde und dem Römer zu langsam ging, gab dieser Jesus einen Stoß und spottete: „Geh schneller, Jesus, geh, was verweilst Du?“ Jesus blickte ihn an und sagte: „Ich gehe, du aber wirst warten, bis ich wiederkomme!“ Seither wartet nun C., lebt in Angst und Tränen und zittert dem Jüngsten Gericht entgegen. Allein das Gebet Christi: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“ (Lk 23,34) hält ihn aufrecht.

Das Thema erinnert an die Fabel vom ewigen Juden.

Lit.: Seeber, Joseph: Der ewige Jude: Episches Gedicht. Freiburg i. Br.: Herder, 1917; Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004.

Carter, Howard (* 9.05.1874 Kensington, England; † 2.03.1939 London), britischer Archäologe und Ägyptologe.

Nach einer Ausbildung als Maler wurde C. Mitglied des Archeological Survey und als Zeichner für die Bauaufnahmen von Beni Hassan und El-Bersche in Ägypten verpflichtet. Zwischen 1883 und 1899 hatte er für die Publikationen von Naville alle Szenen und Inschriften des Totentempels der Königin Hatschepsut zu kopieren. 1899 wurde er Generalantikeninspektor von Oberägypten, 1903 Antikeninspektor von Unterägypten und 1907 mit dem Kopieren von Malereien aus den Gräbern im Tal der Könige beauftragt, was zur Entdeckung einiger neuer Gräber führte, wie von Mentuhotep II. und Amenophis I. sowie einiger Privatgräber.

Berühmt wurde C. jedoch durch seine Entdeckung des Grabes von > Tutanchamun 1922, dem er sich die folgenden zehn Jahre mit der Klassifizierung der Objekte widmete, ohne darüber jedoch eine erschöpfende Publikation zu erstellen. Er veröffentlichte lediglich eine Zusammenfassung und eine teilweise Inventarisierung der Objekte.

W.: Das Grab des Tut-ench-Amun. Wiesbaden: Brockhaus, 1973.

Cartheuser, William (*19.01.1890; † Februar 1966), amerikanisches Medium, das mehr als 30 Jahre lang mit seinen nicht unumstrittenen Auftritten das Publikum vor allem durch direkte Stimmen zu beindrucken suchte. Seine medialen Durchgaben wurden von Dr. Nandor > Fodor 1927 im Haus des Mediums Arthur > Ford untersucht. Auch Hereward > Carrington befasste sich mit ihm, stellte aber bei den von ihm produzierten physikalischen Phänomenen einen hohen Prozentsatz an Täuschungen fest. Darauf angesprochen, gab C. zu, dass er manchmal mithalf, bestand jedoch auf die Echtheit seiner Stimmenphänomene. > Direkte Stimme.

Lit.: McComas, Henry C.: Ghosts I Have Talked With. Baltimore: Williams and Wilkins, 1935; Carrington, Hereward: The invisible World. New York: Ackerman, 1946; Fodor, Nandor: The Haunted Mind. New York: Helix Press, 1959.

Carus, Carl Gustav (* 3.01.1789 Leipzig; † 28.07.1869 Dresden), deutscher Arzt, Psychologe, Naturphilosoph und Landschaftsmaler.

C. studierte an der Universität Leipzig Physik, Botanik, Chemie und Medizin und promovierte 1811 in Medizin. Hochbegabt trug er bereits mit 22 Jahren zwei Doktortitel (Dr. phil., Dr. med.) und hielt Vorlesungen über vergleichende Anatomie (erstmals in Deutschland als selbständiges Fach an einer Universität). C. war Leibarzt des sächsischen Königs und von 1814 bis 1827 Prof. für Gynäkologie und Direktor eines Krankenhauses in Dresden.

Bereits in seiner Jugend interessierte er sich intensiv für den > Mesmerismus und war einer der Ersten, der die Bedeutung des Unbewussten erfasste. Das > Unbewusste von C. ist im Gegensatz zu > Freud eine positive Kraft und steht mit dem Bewusstsein in Kommunikation, vor allem über die > Träume und die Gefühle. Im Traum nehme der Mensch teil an der Unermesslichkeit des Ganzen, das sich ihm über > Symbole kundtue. So ist für C. Hellsehen ein traumartiges Erkennen und die Ekstase ein Untertauchen in das Unbewusste. Der > Somnambulismus, eine unserem Urzustand nahe Lebensform, ist den Träumen verwandt. In ihm können sich paranormale Manifestationen ereignen, wie etwa die Innere > Autoskopie. Mit diesem Konzept des Unbewussten nimmt C. bereits Gedanken der Psychoanalyse und der analytischen Psychologie C. G. Jungs vorweg, der sich bei der Formulierung des kollektiven Unbewussten auf ihn beruft.

Der Körper ist für C. das Symbol der Seele, was sich vor allem in den Konstitutionstypen zeige, bei denen er 16 unterscheidet. Mit seiner Konstitutionslehre nahm C. manches von der Typenlehre E. Kretschmers vorweg. In diesem Zusammenhang versuchte er auch eine > Kranioskopie (Schädellehre) und eine chirologische Charakterdeutung zu begründen. Von Bedeutung sind ferner seine Beiträge zur > Physiognomik, von der er zusammen mit der Konstitutionslehre auch einen praktischen Nutzen für Pädagogik, die Möglichkeit einer individuellen Erziehung, für die Medizin eine Hilfe in der Diagnostik, für die forensischen Disziplinen die Erkenntnis krimineller Anlagen und nicht zuletzt Eignungsbeurteilungen im Berufsleben erhoffte.

C. war Altersfreund von Goethe und ein bedeutender Vertreter der Anthropologie der deutschen Romantik, ein lebensbejahender Mensch und Wissenschaftler.

W. (Auswahl): Psyche. Zur Entwicklung der Seele (1846); Über ungleiche Befähigungen der verschiedenen Menschheitsstämme für höhere geistige Entwicklung. Leipzig: Brockhaus, 1849; Symbolik der menschlichen Gestalt (1853); Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten (1865/66); Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Tierwelt (1866); Über Lebensmagnetismus und über die magischen Wirkungen überhaupt. Hg. von Konrad Ditzfelbinger. Andechs: Dingfelder, 1986.

Carver, George Washington (*12.07.1864 Diamond Grove, Missouri; † 5.01.1943 Tuskegee, Alabama), farbiger amerikanischer Pflanzenphysiologe und Chemiker.

Als ehemaliger Sklave arbeitete sich C. durch seine künstlerische Begabung und seine Liebe zur Natur über alle Rassenhindernisse hinweg zu einem der größten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts empor. Er leitete die Landwirtschaftsreform der infolge von Monokultur verarmten Südstaaten ein, indem er ehemalige Sklaven Anbautechniken zur Selbstversorgung lehrte und Hunderte von Verwendungszwecken der Erdnuss und anderer Pflanzen erfand, um so die Erträge der Landwirtschaft zu steigern.

Seine Liebe zu den > Pflanzen zeigte sich bereits in seiner Kindheit. Er sprach mit ihnen und behauptete, von ihnen auch Antworten zu bekommen. So behandelte er sie wie lebende Wesen und entwickelte über 300 Erdnussprodukte (Erdnussbutter eingeschlossen), einige hundert Arten von Süßkartoffeln und ungefähr 75 Arten von Pecannüssen.

Die einen sehen in seiner Zuneigung zu und in seinen Gesprächen mit den Pflanzen eine Art Selbstgespräch mit seinem Innern, andere einen > Backster-Effekt. Jedenfalls wird man von einer besonderen Fühligkeit C.s Pflanzen gegenüber sprechen müssen, die ihn in die Lage versetzte, deren Reaktionen wahrzunehmen und zu beeinflussen.

Aufgrund seiner außergewöhnlichen Erfolge erhielt er schließlich das Ehrendoktorat des Simpson College und der University of Rochester und 1990 einen Platz in The National Inventors Hall of Fame.

Lit.: Kremer, Gary R.: George Washington Carver in his own words. Columbia: University of Missouri Press, 1987.

Carynx (gall.-kelt.), Blasinstrument in Form eines langen Rohres mit einem gebogenen Mundstück und einem Schalltrichter mit federnder Zunge, mit dem Töne ähnlich Tierlauten erzeugt werden können. Ein ähnliches Instrument findet sich auch bei den > Azteken.

Mit dem Dröhnen dieser Trompeten wurde der Kampf eingeleitet. Dabei hatte der Schalltrichter oft die Gestalt von Ungeheuern, die Menschen verschlangen, um die Wirksamkeit des lauten Schalls zur verstärken, der die Angreifer befeuern und die Angegriffenen erschrecken sollte. Man glaubte nämlich, dass die magischen Kräfte der Tiere in den Klang übergingen.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.

Casanova, Giacomo Girolamo (*2.04.1725 Venedig; † 4.06.1798 Dux, Böhmen), selbst geadelt als Chevalier de Seingalt, Freimaurer und Sinnbild des Verführers.

Sohn der Schauspielerin Giovanna Farussi, genannt “Zanetta”; sein mutmaßlicher Vater war der Schauspieler Gaetano Casanova. Da seine Mutter viel auf Reisen war, wurde C. von seiner Großmutter erzogen, die ihn auf die Universität nach Padua schickte, wo er bereits mit 17 Jahren das Doktorat in weltlichem und kirchlichem Recht erwarb. Von der Großmutter zu einer kirchlichen Laufbahn als Priester angeregt, entzog er sich dieser Laufbahn nach den niederen Weihen und reiste 1742 nach Konstantinopel. Nach der Rückkehr wurde er wegen Erbschaftsstreitigkeiten das erste Mal inhaftiert. Dann reiste er nach Rom, wo ihm Papst Benedikt XIV. aufgrund amüsanter Plaudereien erlaubte, verbotene Bücher zu lesen, und ihn zum „Ritter des goldenen Sporns“ ernannte, woraus C. das Recht ableitete, sich Chevalier nennen zu lassen. Wegen einer Liebesaffäre musste er Rom schließlich verlassen. Er wurde venezianischer Fähnrich und verdiente sich seinen Lebensunterhalt u.a. als Orchestergeiger. 1775 wurde er wegen angeblicher „Schmähung der Religion“ verhaftet, entfloh aber den Bleikammern Venedigs unter Verwendung eines Orakels aus dem Buch L’Orlando Furioso; eigentlich gelang ihm die Flucht aber wohl durch Bestechung eines Wächters. C. schrieb darüber ein Buch.

In den folgenden Jahren reiste C. durch ganz Europa, wo er in den diversen adeligen Salons ein willkommener Gast war. In Frankreich war er 1757 Mitbegründer der Nationallotterie. 1760 besuchte er Voltaire in Genf und nannte sich von da an auch „Chevalier de Seingalt“. Im gleichen Jahr traf er in Rom Papst Clemens XIII. In England verliebte er sich unsterblich, ohne jedoch sein Ziel zu erreichen, was ihn fast in den Selbstmord trieb. 1764 kam er schließlich nach Sanssoucie, wo er Friedrich den Großen um eine Anstellung bat, die Stelle eines Lehrmeisters aber ablehnte. In Sankt Petersburg traf er 1765 zweimal mit Katharina der Großen zusammen. In Polen duellierte er sich 1766 auf Pistolen mit dem Grafen Branicki. Beide wurden schwer verletzt. C. musste Polen verlassen, bald darauf auch Frankreich und Spanien. So kehrte er 1769 nach Italien und 1772 nach Venedig zurück, wo er u.a. Theaterdirektor war. Ab 1776 fungierte er als Geheimagent der venezianischen Staatsinquisition. 1785 wurde er schließlich Bibliothekar des böhmischen Grafen Waldstein auf Schloss Dux, wo er spätestens 1790 mit der Niederschrift seiner Memoiren begann und auch starb.

C. war nie verheiratet, hatte jedoch eine unbestimmte Anzahl eigener Kinder, von denen er nur teilweise Kenntnis erhielt. Er war überaus begabt, fand aber in seiner Unstetigkeit auf der ewigen Suche nach fraulicher bzw. mütterlicher Geborgenheit nie das ersehnte Zuhause. Er wollte das Ganze und scheiterte am Stückhaften, vor allem in der Liebe.

W. (Auswahl): Mein Leben. Berlin: Ullstein, 2006; Erinnerungen. Neu-Isenburg: Melzer Verlag, 2006. Meine Flucht aus den Bleikammern von Venedig. Ebenhausen bei München: Langewiesche-Brandt, 2007.

Cäsar, Gaius Iulius (100 – 44 v. Chr.), römischer Staatsmann, Feldherr und Schriftsteller. Sein Leben ist von einer Reihe von > Prophezeiungen umrankt, insbesondere in Bezug auf seinen gewaltsamen Tod. So soll kurz vor seiner Ermordung in einem Grab in Capua die griechische Inschrift gefunden worden sein: „Wenn einst die Gräber Capuas geöffnet werden, dann wird ein Zweig des Julianischen Hauses von der Hand eines Verwandten fallen.“

Laut Plutarch erschien C. dem Brutus als Geist und prophezeite ihm seine Niederlage bei Philippi: „Ich bin dein böser Geist, Brutus. Bei Philippi wirst du mich wiedersehen“ (Leben des Caesar, 69, 11). Diese Stelle baute Shakespeare in seinen Julius Caesar, 4. Akt, 3. Szene, ein: “Thou shalt see me at Philippi”.

Ferner wurde C. vor den „Iden des März“ gewarnt. In der Nacht vor dem Mord träumte er selbst, er sei zu Jupiter entrückt. Seine Frau Calpurnia träumte hingegen, er läge blutend in ihren Armen.

Lit.: Kampe, Otto: Gajus Julius Cäsar: ein Leben für die Größe Roms. Göttingen: W. Fischer, 1960; Plutarchus: Alexander. Caesar. Stuttgart: Reclam, 2004.

Cäsarius von Arles (* um 470 Châlons-sur-Saône, † 27.08.542 Arles), Mönch und Bischof, hl. (Fest 27. August). Mit 18 Jahren wurde er in den Stadtklerus aufgenommen, 490 Mönch auf der Insel Lérins und um 499 zum Priester geweiht. 503 wurde er Bischof von Arles und dabei zunehmend in die politischen Spannungen in Südgallien verwickelt. 505 verbannte ihn der Westgotenkönig Alarich II. nach Bordeaux und 513 verpflichtete ihn der Ostgote Theoderich d. Gr. zum Treueid nach Ravenna, wobei C. die Gelegenheit zum Freikauf von Gefangenen nutzte.

In Ravenna hatte eine Witwe einen Sohn, der sie auf der Präfektur mit seinem Dienst unterstützte. Nach kurzer Krankheit war der junge Mann tot. In ihrer Verzweiflung eilte die Frau zu C. und bat ihn, ihr den Sohn wiederzugeben. C. zögerte. Um der armen Frau doch entgegenzukommen und kein Aufsehen zu erregen, ging er unerkannt zu ihrer Wohnung. Dort warf er sich auf den Boden und betete. Als er spürte, dass die Kraft Gottes durch den Hl. Geist da sei, ging er und ließ seinen Notar zur Beobachtung zurück. Kaum eine Stunde später öffnete der Junge die Augen. Die Nachricht verbreitete sich nicht nur in der Stadt, sondern in der ganzen Provinz.

Lit.: Arnold, Carl Franklin: Caesarius von Arelate und die gallische Kirche seiner Zeit. Leipzig: Hinrich, 1894; TRE 7, 531–536; Schamoni, Wilhelm: Auferweckungen vom Tode: aus Heiligsprechungsakten übersetzt. Selbstverlag, 1968.

Cäsarius von Heisterbach (* um 1180 vermutlich in Köln; † 1240 vermutl. im Kloster Heisterbach), Zisterzienser (OCist: Johann Vatiguerro = Br. Johann vom gespaltenen Felsen) und theologischer Schriftsteller. In Köln ausgebildet, wurde C. 1199 Zisterzienser, dann Novizenmeister und um 1227 Prior des Klosters. Um 1233 kam er nach Magdeburg, um Elisabeth von Thüringen aufzusuchen. C. verfasste zahlreiche Schriften, von denen er selbst 36 auflistete, angereichert mit zahlreichen Beispielen. Auf Befehl seines Abtes fasste er alle Erzählungen, die er beim Unterricht seiner Schüler benutzte, zusammen. Besonders der Novizenunterricht regte ihn an, Wunder-Beispiele einzubauen. So entstanden in der Zeit von 1219 –1223 der Dialogus magnus visionum atque miracolorum (Großer Dialog von den Gesichten und Wundern) und zwischen 1225 und 1227 die Libri VIII miracolorum (Acht Bücher über die Wunder).

Sein Hauptwerk, der Dialogus, ist ein Lehrgespräch zwischen „fragenden Novizen“ und „antwortendem Mönch“. Die 746 Kapitel verteilen sich auf Codices (Bände) zu je 6 Distinctiones (Abteilungen). Jede der 12 Distinctiones behandelt ein eigenes Thema: äußere und innere Bekehrung zum Klosterleben, Beichte, Versuchung, Versucher, Herzenseinfalt, Marienwunder, Visionen, Eucharistie, allgemeine Wunder, das Sterben und das göttliche Gericht über die Sterbenden.

Die Abteilung 5 über den Versucher enthält 56 Teufelsgeschichten, die mehr dem Volksglauben als der Theologie entnommen sind. Der Teufel, der sich immer den Umständen anpasse und in Gestalt von Mensch und Tier (Kröte, Hund, Affe oder Katze) erscheinen könne, habe mit Personen beiderlei Geschlechts sexuellen Kontakt, mit den Frauen als > Incubus, mit den Männern als > Succubus. Durch das Kreuzzeichen und die Verwendung von Weihwasser könne man ihn wieder vertreiben.

Jeder Mensch habe zwei Engel, einen guten zum Schutz und einen bösen, der ihn versucht. Beide könnten ihn jedoch nicht gewaltsam beeinflussen, weil der Mensch den freien Willen hat. Die Visionen enthalten auch verschiedene Prophezeiungen, die sich vor allem auf das Schicksal der katholischen Kirche beziehen.

Von den ursprünglich geplanten 8 Libri vollendete C. nur 2 mit 45 und 42 Kapiteln. Diese sind nicht als Lehrgespräche verfasst und weisen keine thematische Bindung auf. Wegen der schlichten Sprache, der geistlichen Belehrung und der moralischen Erbauung wurden die Werke auch in die Volkssprachen übersetzt.

Der C. häufig zugeschriebene Liber mirabilis mit einer Prophezeiung für die Jahre 1774 bis 1809 ist ein anonymes Werk, das 1522 in Frankreich und 1524 in Rom erschien und öfters nachgedruckt wurde.

W. (Auswahl): Von Geheimnissen und Wundern des Caesarius von Heisterbach: ein Lesebuch. Bonn: Bouvier, 1991; Die Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach. Düsseldorf: Droste, 1993; Johann Hartliebs Übersetzung des Dialogus miraculorum von Caesarius von Heisterbach: aus der einzigen Londoner Handschrift. Hildesheim: Weidmann, 2002; Das Leben der Heiligen Elisabeth. Marburg: Elwert, 2007.

Casaubon(us), Méric (*14.08.1599 Genf; † 14.07.1671 Ickham, Canterbury), Oxforder Theologe, Pfründner der Kathedrale von Canterbury, Herausgeber der Schriften von John > Dee.

C. war der Sohn des protestantischen Gelehrten und Polemikers Isaac Casaubon und seiner Frau Florence (geb. Etienne). Er verbrachte seine frühe Jugend in Paris und übersiedelte 1610 mit der Familie nach London. 1628 wurde er Pfründner der Kathedrale von Canterbury und 1636 promovierte er an der Universität Oxford zum Doktor der Theologie. Während des Englischen Bürgerkrieges (1640 –1651) wurde er aus seinen Ämtern vertrieben. Nach der Restauration der Monarchie im Jahr 1660 kehrte er nach Canterbury zurück.

In seiner Apologetik kämpfte C. gegen den blinden Gehorsam der katholischen Kirche, die Wildheit des revolutionären Protestantismus und den vernunftlosen Aberglauben. Sympathie und Bewunderung hegte er hingegen für die griechische und römische Philosophie, wie seine Übersetzungen der Schriften Marc Aurels (1634), des Hierokles von Alexandria (1654) und Epiktets (1659) dokumentieren.

Seine vier Werke „Abhandlung über den Gebrauch und die Gewohnheit“ (A Treatise on Use and Custom, London 1638), „Traktat über den Fanatismus“ (A Treatise concerning Enthusiasme, London 1655), „Über die Glaub- und Unglaubwürdigkeit aller natürlichen, staatlichen und göttlichen Gegenstände“ (Off Credulity and Incredulity in Things Naturall, Civill and Divine, London 1668) und „Über die Glaub- und Unglaubwürdigkeit der göttlichen und spirituellen Gegenstände“ (Off Credulity and Incredulity in Things Divine and Spirituall, London 1670) kreisen um das Thema Glaube und Irrglaube.

In einer Welt, in der fest an die Existenz der Engel Gottes und der Teufel Satans geglaubt werde, sei es besonders wichtig auf der einen Seite zuverlässig zwischen vorgetäuschter Inspiration, respektiver Illusion sowie wahrem Eifer und wahrer Frömmigkeit, zwischen echten Wundern und lediglich ungewöhnlichen Naturereignissen zu unterscheiden, auf der anderen Seite zwischen wahren diabolischen Handlungen (der Täuschung schwacher Seelen) und > Ekstase, Wahnsinn oder Kriminalität. Sonst würde nämlich der Atheismus durch die Ablehnung jedes spirituellen Wesens Auftrieb erhalten oder der Aberglaube und die Ignoranz würden dadurch hoffähig werden, dass in allem und jedem übernatürliche Einflüsse gesehen würden.

Daher bezeichnet C. in der Einleitung des von ihm auf Bitten von Freunden herausgegebenen spirituellen Tagebuchs von John > Dee, A true and Faithful Relation of what Passed for Many Years Between Dr. John Dee und Some Spirits, das ein wichtiges paranormologisches Quellenwerk darstellt, Dee als irregeleiteten Mann und bezichtigt ihn der Zauberei und des leeren Geschwätzes, was die völlige Diskreditierung Dees bewirkte. Erst vor wenigen Jahrzehnten ist es gelungen, Dee zu rehabilitieren und seine befremdlichen Gespräche mit Engeln und anderen Wesen als psychische Automatismen zu verstehen.

W.: Of credulity and incredulity in things divine and spiritual: wherein (among other things) a true and faithful account is given of the Platonick philosophy, as it hath reference to Christianity. London, 1670; A Treatise Proving Spirits, Witches, and Supernatural Operations, by Pregnant Instances and Evidences. London, 1672; (Hg.), A True & Faithful Relation of what passed for many years between Dr. John Dee … and Some Spirits. London, 1659.

Lit.: Harkness, Deborah E.: John Dee’s Conversations with Angels. Cambridge, UK, 1999.

Case history > Fallgeschichte.

Case, Paul Foster (*3.10.1884 Fairport, New York; † 2.03.1954 Mexiko), amerikanischer Okkultist, Rosenkreuzer und Tarot-Experte.

C. war Sohn eines Stadtbibliothekars, hatte bereits in seiner Kindheit luzide Träume und stieß in der Bibliothek des Vaters auf den > Tarot, welcher ihn von da an sein ganzes Leben faszinieren sollte. 1916 veröffentlichte er die Artikelreihe The secret doctrine of the Tarot, die heute noch beachtet wird. 1928 traf er mit Michael Whitty, dem Herausgeber der Zeitschrift Azoth zusammen und wurde Schatzmeister der Thot-Hermes-Lodge of the Rosecrucian Order of Alfa and Omega. 1920 zog er nach Los Angeles, um seinen eigenen Orden, den Builders of the Adytum (B.O.T.A.) aufzubauen, den er als direkten Nachfolger des > Golden Dawn bezeichnete, jedoch gereinigt von zweifelhaften Elementen. Von da an widmete er sich nur mehr der westlichen hermetischen Tradition, unter anderem Tarot, > Kabbala und > Alchemie.

W.: Schlüssel zur ewigen Weisheit des Tarot. Neuhausen: Urania, 1992; Die Rosenkreuzer-Allegorie – Der Wahre und Unsichtbare Orden vom Rosenkreuz. Siegburg: Ed. Esoterick, 2002.

Casey, Solanus, Bernard Francis Casey, Spitzname „Barney“ (* 25.11.1870 Oak Grove, Wisconsin, USA; † 31.07.1957 Detroit, Michigan, USA), Kapuziner (ehrwürdig 1995).

Als Sohn der irischen Einwanderer Bernard und Ellen Casey verbrachte er eine erlebnisreiche Jugend. Bereits als Junge rettete er einen Mann vor dem Ertrinken, was er der Fürbitte Mariens zuschrieb. Verschiedene weitere Zwischenfälle, wie das Miterleben eines Mordes, führten C. schließlich zur Entscheidung, Gott als Priester zu dienen. 1892 wurde er in ein deutsches Priesterseminar aufgenommen, bald darauf aber als ungeeignet entlassen. Wegen Sprachschwierigkeiten aufgrund einer Diphtherieerkrankung im Kindesalter hatte er in der Schule nur geringen Erfolg. 1896 trat er in das Seminar der Kapuziner ein und nahm den Namen Solanus an. Dort wurde er mit 33 Jahren zum einfachen Priester geweiht, was besagte, dass er weder predigen noch die Beichte abnehmen durfte. Die Leute standen jedoch Schlange, um mit P. Solanus sprechen zu können. Sie sahen in ihm einen tiefgläubigen Mann mit machtvollem Gebet. Viele Wunder wurden ihm zugeschrieben. Jeden Tag ereigneten sich in seiner Umgebung Heilungen und Bekehrungen. Er war jemand, der sich ganz Gottes Willen unterwarf. P. Solanus starb im St. John Hospital in Detroit. An der Tür seines Sterbezimmers wurde eine Gedächtnisplakette angebracht.
Am 8.07.1987 wurde sein Leichnam exhumiert und im Father Solanus Casey Center im St. Bonaventure Monastery, Detroit, USA, beerdigt, wo zahlreiche Pilger sein Grab besuchen.

1982 wurde das Heiligsprechungsverfahren eröffnet. 1995 erklärte ihn Papst Johannes Paul II. für ehrwürdig.

Lit.: Odell, Catherine: Father Solanus: The Story of Father Solanus. Huntington, Ind.: Our Sunday Visitor Press, 1988; Casey, Solanus; Casey, Bernadine (ed.): Letters from Solanus Casey OFM. Cap.: God Bless You and Yours. Detroit: Father Solanus Guild, 2000.

Cashen’s Gap, ein isolierter Ort auf der Insel Man, Großbritannien, im Manx-Dialekt als Doarlish Cashen bekannt, der durch einen sprechenden Mungo namens „Gef.“ zu einem der berühmtesten Spukfälle wurde. Nach Angaben der Familie Irving, die in C. lebte, verzehrte die Kreatur Kaninchen, beherrschte verschiedene Sprachen, lernte Kinderreime und imitierte andere Tiere oder Vögel.

Der Fall wurde von Harry > Price in Zusammenarbeit mit R. S. > Lambert (damals Redakteur der Zeitschrift The Listener) persönlich untersucht, doch weigerte sich das Tier, sich in ihrer Gegenwart zu äußern.

Der Fall wurde mit > Poltergeist-Phänomenen in Verbindung gebracht, zumal die 13-jährige Tochter der Familie, Voirrey Irving, mit den Manifestationen des sprechenden Mungo eng verbunden war. Betrug konnte nicht festgestellt werden. Price und Lambert berichteten darüber ausführlich in dem Buch The Haunting of Cashen’s Gap (1936).

Die Angelegenheit wurde auch von Dr. Nandor > Fodor, dem Forschungsdirektor des International Institute for Psychical Research untersucht. Er führte eine Reihe von Befragungen durch, unter Einschluss der Gegner. Die Poltergeisttheorie lehnte er ab und brachte stattdessen einen Lernprozess ins Spiel.

Jahre später wurde in dem Bezirk ein seltenes, nicht identifiziertes Tier getötet, bei dem es sich möglicherweise um „Gef.“ handelte.

Lit.: Price, Harry / Lambert, R. S.: The Haunting of Cashen’s Gap. London: Methuen, 1936.

Casilda, heilig (Fest: 9. April), lebte wahrscheinlich im 11. Jahrhundert, zur Zeit der muslimischen Herrschaft in Spanien. Sie war die Tochter des Emirs von Toledo, al-Maʼmun, nach anderen, des Statthalters von Cuenca, Ben Cannon. Nach dem Martyrologium Romanum wurde sie in San Vicente bei Briviesca in der Provinz Burgos in Kastilien geboren und in der muslimischen Religion erzogen. Dennoch hatte sie Mitleid mit den von ihrem Vater verhafteten Christen und half ihnen, so gut sie konnte. Der Legende nach wurde sie von ihm dabei ertappt, als sie den Gefangenen im Kerker Brot brachte, das sich daraufhin in ihrer Schürze in Rosen verwandelt haben soll.

Als sie eines Tages erkrankte und die Ärzte ihr nicht helfen konnten, pilgerte sie zum Heiligtum San Vicente von Briviesca, das wegen der Heilkraft seiner Quellen, besonders gegen Blutfluss, bekannt war. Auch C. wurde geheilt, trat zum Christentum über und lebte nach der Taufe als Einsiedlerin in der Nähe der Quelle, die dann ihren Namen erhielt. Nach ihrem Tod, dessen Datum nicht bekannt ist, wurde ihr Leichnam in der Kirche San Vicente beigesetzt und am 21. August 1750 in das neu errichtete Santuario de Santa Casilda, 11 km außerhalb der Stadt, überführt. C. ist die Patronin von Briviesca.

Lit.: Alberti, Rafael: Santa Casilda. Cádiz, Spanien: Fundación Rafael Alberti, Diputación Provincial de Cádiz, 1990.

Caspareck, auch Kaspareck, Michael († 28.02.1718), Gespenst von Lublau (Stará Ľubovňa (dt.: Lublau /Altlublau, ungarisch Ólubló, heute eine Stadt mit zirka 15.000 Einwohnern in der Nordostslowakei, damals in Ober-Ungarn).

In einem Schreiben vom Juli 1718 aus Lublau wird folgende unheimliche Geschichte berichtet:

Der Geldeinheber Michael C. starb am 28. Februar 1718 und wurde daselbst feierlich begraben. Da er die Menschen aber auch nach seinem Tode noch des Öfteren erschreckt haben soll, wurde er am 26. April exhumiert. Man entnahm der Leiche das Herz, vergrub es und verbrannte die Leiche. Damit war dem Spuk jedoch kein Ende gesetzt. C. kam nach wie vor zu den Leuten, sprach sie an, aß und trank mit ihnen. Bei einem Hochzeitsmahl verlangte er ein Fischgericht. Als man erschrocken die Türe verschloss, kam er zu Pferd, klopfte an die Tür und drohte mit Vergeltung. Man ließ ihn ein. Er aß und trank und ritt zu Pferde wieder fort. Zudem soll er mehrere Frauen geschwängert haben. Dann trat drei Wochen Ruhe ein, weil er in Warschau und im übrigen Polen herumgezogen sei, um Schulden einzufordern und Geld aufzunehmen, mit dem er danach seine Gläubiger in Lublau großzügig bezahlte. C. verbrannte auch Häuser, am 13. Juni bis zu 30, die von niemandem gelöscht werden konnten, sodass die Leute aus Furcht ihre Holzbauten verließen.

Auf die Frage, warum er nicht dort bleibe, wohin ihn Gott bestimmt habe, antwortete er, die Teufel wollten ihn in der Hölle nicht dulden, Gott wolle ihn nicht in den Himmel hineinlassen, und da man nicht sein Herz, sondern ein fremdes verbrannt habe, müsse er sieben Jahre in der Welt herumirren.

Der Bericht erschien im Europäischen Niemand, S. XI, auch in lateinischer Sprache, ohne Angabe des Verfassers. 1890 reich­ten die „Ethnologischen Mitteilungen aus Ungarn“ eine Untersuchung nach, der zufolge es sich um den Fall eines Blutsaugers handelte. Laut Bericht war dieser ein Grabgespenst des 18. Jh. Dabei dürfte der Geldeinheber die Menschen schon zu Lebzeiten erschreckt haben, sodass man ihm die Grabesruhe nicht zutraute. Inwieweit hinter der Erzählung eine derartige Implikation einer echten Volksangst steckt oder alles nur eine Erfindung des Autors ist, muss offen bleiben.

Lit.: Horst, Georg Conrad: Zauber-Bibliothek. Nachdr. d. sechsbänd. Ausg. Mainz, 1821–1826. Freiburg i. Br.: Aurum Verlag, 1979.

Caspiel, nach der > Pseudomonarchia Dae-
monum
ein Dämon, unter dessen Herrschaft 200 Herzöge und 400 Unterführer stehen. Sein Herrschaftsgebiet liegt im Süden, wo er alle Geheimnisse kennt.

Lit.: Wierus, Joannis: Joannis Vvieri De praestigiis daemonum, & incantationibus ac ueneficiis: libri sex, postrema editione quinta aucti & recogniti, accessit Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum. Basileae: Oporin, 1577.

Cassianus, Johannes > Johannes Cassianus.

Cassie, einer der kostbarsten Düfte, der aus den Blüten der echten Akazie (Acacia farnesiana) gewonnen wird, die in verschiedenen warmen Gebieten des Mittelmeerraumes dieses Blütenöls wegen kultiviert wird. C.-Öl, dessen Duft an Narzissen und Veilchen erinnert, wird vielen magischen Parfums beigemischt.

Cassiel (hebr. Qafsiel), Engel der Einsamkeit und der Tränen, der die Ereignisse des Kosmos beobachtet, ohne viel einzugreifen; er soll dem Tod der Könige vorsitzen. 

C. wird oft auch auf der Liste der > Sieben Erzengel angeführt und mit dem > Siebten Himmel in Verbindung gebracht. Astrologisch wird er dem > Saturn zugeordnet und regiert am Samstag.

Lit.: Bamberger, Bernard Jacob: Fallen Angels: Soldiers of Satan’s Realm. Jewish Publication Society of America, 2006.

Cassinis, Samuel de (15. / 16. Jh.), Franziskaner, Philosoph und Theologe in Mailand. C. gehörte zu jenen katholischen Theologen, die sich zu Beginn des 16. Jh. ganz entschieden gegen die Echtheit all jener Taten wandten, deren man die > Hexen anklagte, und die sogar der Meinung waren, dass die Inquisitoren mit ihren Anklagen schwer sündigten. In seinem kleinen 1505 in Mailand erschienenen Werk De lamiis, quas strigas vocant (Über die Lamien, welche sie Strigen nennen) wendet er sich gegen die Vorstellung des > Hexenfluges. Da der menschliche Körper zum Fliegen völlig ungeeignet sei, müsste Gott zu dessen Verwirklichung die Naturgesetze aufheben, also ein > Wunder bewirken. Dies könne aber nur geschehen, wenn es einem bestimmten Zweck diene, wie etwa bei der Entführung Jesu durch den Teufel. Gott erlaube jedoch niemals, dass die Naturgesetze aufgehoben würden, nur damit sich die Hexen mit dem Satan auf dem > Hexensabbat treffen könnten, um schwere Sünden zu begehen. Wenn man daher Frauen als Hexen anklagt, weil ihnen der Flug zum Sabbat vorgeworfen wird, sei dies eine schwere Sünde, bei der sich die Ankläger der Ketzerei schuldig machten. Diese Aussagen veranlassten den Dominikaner Vicente Dodo aus Pavia zu einer Erwiderung in Verteidigung des Standpunktes der > Inquisition. > Lamien; > Strigen.

Lit.: Cassinis, Samuel de: De lamiis, quas strigas vocant. Mailand, 1505.

Cassirer, Manfred (*12.07.1920 Berlin; † 18. / 19.12.2003 London), Paranormologe. C. übersiedelte 1937 aus politischen Gründen nach England, studierte an der Universität Oxford Theologie und Orientalistik und erwarb den akademischen Grad in Ägyptologie. Er interessierte sich für das gesamte Gebiet der Paranormologie und war Mitglied der > Society for Psychical Research, von 1975 an im Vorstand. Sein Hauptinteresse galt der Ufologie, den Medien und den Spontanfällen, worüber er eine Reihe von Beiträgen im Journal of the Society for Psychical Research veröffentlichte, so über Eusapia > Palladino (1983) und Helen > Duncan (1985).

W.: Parapsychology and the UFO. London: Cassirer, 1988; The Persecution of Mr Tony Elms: The Bromley Poltergeist. London: Cassirer, 1993; Dimensions of Enchantment: The Mystery of UFO Abductions. Close Encounters and Aliens. London: Breese Books, 1994; Medium on Trial: The Story of Helen Duncan and the Witchcraft Act. Stansted: PN Publishing, 1996 (1997); The Hidden Powers of Nature. Pulborough: D. J. Ellis, 2001; Miracles of the Bible. London: M. Cassirer, 2003.

Cassoli, Piero, Dr. (*25.07.1918 Bologna; † 29.08.2005 ebd.), Arzt, Psychotherapeut und Parapsychologe.

C. studierte an der Universität Bologna Medizin, promovierte 1943 in Medizin und Chirurgie und heiratete 1948 Brunilde Mignana, die seine Arbeit aktiv mitgestaltete. Von 1944 –1950 war er als Universitätsassistent an der Medizinischen Klinik von Bologna tätig. Bereits Ende der 1940er Jahre interessierte sich C. auch für Parapsychologie, trat in Kontakt mit dem Psychoanalytiker und Parapsychologen Emilio > Servadio und widmete sich ab 1950 vorwiegend der Psychosomatik, Psychotherapie und Parapsychologie. Er wurde Mitglied der 1937 gegründeten Associazione Italiana di Parapsicologia (Italienische Gesellschaft für Parapsychologie) und hielt 1953 einen viel beachteten Vortrag auf einer Tagung der Gesellschaft an der Universität Bologna.

1954 gründete C. gemeinsam mit seiner Frau, Kollegen und Freunden das > Centro Studi Parapsicologici (CSP) in Bologna, in dessen Rahmen er viel zur Entwicklung der Parapsychologie in Italien beige­tragen hat. Nachdem er sich bis 1961 um die Rubrik „Parapsychologie“ in einem der angesehensten Publikationsorgane Italiens, der Zeitschrift Minerva Medica, kümmerte, wurde er schließlich federführend bei den 1970 von der CSP gegründeten Quaderni di Parapsicologia. Ebenfalls in den 1970er Jahren wurde ihm die Leitung der Monatszeitschrift ESP anvertraut. Nach Einstellung derselben betreute er jahrelang die Sparte „Leserbriefe“ in der populären Zeitschrift Il Giornale dei Misteri. In den Folgejahren verfasste C. Dutzende von Beiträgen und nahm an zahlreichen parapsychologischen Kongressen, Diskussionen, Seminaren und Fernsehauftritten teil. Zwischen 1983 und 2000 organisierte er zehn Symposien unter der Ägide der CSP, wofür er 2000 auch eine spezielle Auszeichnung der Parapsychological Association erhielt, deren Mitglied er seit 1965 war. Von seinen Veröffentlichungen seien besonders seine Lettere a un Paprapsychologo (1974) und Il Guaritore (1979) genannt. Von C. wurden auch in der Zeitschrift Grenzgebiete der Wissenschaft (GW) zwei Beiträge publiziert: „Studien eines Falles der sogenannten Medialen Malerei“ (GW 24 (1975) 1, 1–22) und „Die Heiler“ (GW 30 (1981) 1, 32– 45).

W.: Lettere a un Parapsicologo. Firenze: Corrado Tedeschi, 1973; Il Guaritore. Milano: Armenia, 1979; Cassoli, P. / Iannuzzo, G.: Ricerche sulla Pranoterapia e Sui Guaritori: La Pratica e i Risultati Valutati dalla Scienza. Como: Red., 1983; Cassoli, P. / Cassoli, B.: La Parapsicologia. Milano: Xenia, 2000.

Castaneda, Carlos (*25.12 1925 Cajmarca, Peru; † 27.04.1998 Los Angeles), Anthropologe und Schriftsteller.

Seinen eigenen biografischen Angaben zufolge wurde C. am 25.12.1935 geboren und kam unter dem Namen César Aranha 1951 per Schiff nach San Francisco. 1957 erwarb er unter dem inzwischen angenommenen Namen Carlos Castaneda die Staatsbürgerschaft der USA. Sicher ist auch, dass er ab 1959 an der Universität von Kalifornien in Los Angeles mehrere Seminare in Anthropologie besuchte und 1962 den B.A. sowie 1973 den Dr. phil. erlangte.

1960 heiratete C. in Tijuna, Mexico, Margareta Runyan, trennte sich aber bereits nach sechs Monaten von ihr, wenngleich die Scheidung erst 1972 erfolgte. Alle weiteren Angaben sind unzuverlässig, so auch, dass er den Yaqui-Indianer „Don Juan Matus“ kennenlernte. Sicher ist hingegen, dass seine zwischen 1968 und 1998 veröffentlichten 12 Bücher eine Millionenauflage erfuhren.

Während C. in seinen ersten beiden Büchern The Teachings of Don Juan: a Yaqui Way of Knowledge (Die anderen Lehren des Don Juan) und A Separate Reality (Eine andere Realität) die Begegnung mit Don Juan und seine Erfahrungen beim Konsum von Datura und psychedelischen Pilzen schildert, befassen sich die weiteren Bücher mit der Bedeutung der Verwendung dieser „Kraftpflanzen“.

Dabei ist die Forschung heute der Meinung, dass die meisten Erfahrungen und Erklärungen, die C. Don Juan zuschreibt, er selbst machte bzw. gab. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass seine Darstellungen die schrecklichen Realitäten des schamanischen Universums der Öffentlichkeit bekannt machten und auf großes Interesse stießen.

C. trat das letzte Mal 1990 zur Unterstützung der > Tensegrity, der Bewegungen der Zauberer, in Erscheinung. Er lebte einsam und starb einsam.

W.: Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens, 1968 (Originaltitel: A Separate Reality: A Yaqui Way of Knowledge); Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan, 1971 (A Separate Reality: Further Conversations with Don Juan); Reise nach Ixtlan. Die Lehre des Don Juan, 1972 (Journey to Ixtlan: The Lessons of Don Juan); Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten, 1975 (Tales of Power); Der zweite Ring der Kraft, 1977 (Second Ring of Power); Die Kunst des Pirschens, 1981 (Eagle’s Gift); Das Feuer von innen, 1984; Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan, 1987; Die Kunst des Träumens, 1993; Tensegrity – Die magischen Bewegungen der Zauberer, 1999; Das Wirken der Unendlichkeit, 1999; Das Rad der Zeit. Das Vermächtnis des Don Juan, 2000.

Castelli, Danila, am 16. Januar 1946 in Bereguardo bei Pavia in Italien geboren. Aus ihrer Ehe mit einem Arzt gingen vier Kinder hervor, von denen das Jüngste das Licht der Welt zwei Jahre vor ihrer Erkran­kung erblickte. Die ersten Anzeichen der Krankheit zeigten sich bereits 1981 in Form eines er­höhten Blutdrucks.

1982 wurden radiologische und echogra­phische Untersuchungen durchgeführt. Da­bei stellte man eine parauterine Masse so­wie eine fibromatöse Gebärmutter fest. C. wurde daher einer Hysterektomie und einer Adnexektomie unterzogen. Im November 1982 wurde ihr ein Teil des Pan­kreas entfernt. Im Folgejahr wurde sowohl im Bereich der Blase als auch des Rektums und der Vagina eine Szintigraphie durchge­führt, die das Vorhandensein eines „Phäo­chromocytoms“ (Tumor von speziellen Zellen) zu Tage förderte. Es folgten eine Reihe chirurgischer Eingriffe in der Hoffnung, die Stellen zu eliminieren, welche die Krisen des arteriellen Hochdrucks bis 1988 bedingt hatten, doch ohne jeden Erfolg. Nach sechsjähriger erfolgloser medizinischer Behandlung wurde eine Fortführung der Behandlung in der Mayo-Klinik in den USA in Erwägung gezogen. C. wollte jedoch nach Lourdes. Ihr Ehemann stimmte schließlich zu und fuhr mit ihr am 3. Mai 1989 nach Lourdes. Als sie am 4. Mai 1989, am Tag Christi Himmelfahrt, zu den Bädern ging, hatte sie den tiefen Wunsch zu sterben, fügte sich aber in den Willen Gottes ein und vertraute sich der Mutter Gottes an.

C. tauchte im Bad mehrmals ins Wasser. Als sie das Bad verließ, über­kam sie sogleich ein Gefühl des Wohlbefindens. Von da an litt sie nie mehr an erhöhtem Blutdruck und bedurfte auch keiner medizinischen Behandlung mehr. Sie war vollkommen geheilt.

Einige Monate später kehrte C. nach Lourdes zurück und informierte das Ärztebüro, das seit 2009 von dem italienischen Arzt Dr. Alessandro de Franciscis geleitet wird, über ihre mutmaßliche Heilung. C. stellte sich dem Büro in der Folge für fünf weitere Kontrollen zur Verfügung, und zwar 1989, 1992, 1994, 1997 sowie Ende September 2010, wo aus gegebenem Anlass hunder­te von Ärzten verschiedenster Spezialisierungen anwesend waren. Mit einer Enthaltung stimmten alle dafür, dass es sich hier um die vollständige und dauerhafte Heilung eines Syndroms handelte, das Danila C. bis 1989 belastet hatte.

Nach einer intensiven Diskussion des Falles bei der Internationalen Kom­mission von Lourdes bestätigten Professoren aus verschiedenen Teilen der Welt am 19. November 2011 die medizinische Diagnose und sprachen sich anschließend in geheimer Abstimmung dafür aus, dass hier eine Heilung vorliege, die nach den heutigen wissenschaftlichen Kenntnissen nicht erklärbar sei.

Am 20. Juni 2013 wurde die Heilung von Danila C. nach gründlicher Prüfung vom Bischof von Pavia, Msgr. Giovanni Giudici, als Wunder aner­kannt. Es ist dies das 69. kirchlich anerkannte Wunder von Lourdes.

Lit.: Lourdes france, le Site officiel des Sanctuaires: Danila Castelli.

Castelvitch, Gräfin (ca. 1920), portugiesisches > Medium. Zu Beginn des 20. Jh. zeigte C. eine Reihe von Phänomenen, die von Dr. d’Oliveira Feijao, Professor für Chirurgie an der Universität Lissabon, und Madeleine Frondoni-Lacombe genau beobachtet wurden. Nach dem Bericht von Dr. Feijao hörte man Schläge, den heftigsten gegen die Glastür eines Bücherschrankes. Zuweilen bewegten sich Möbelstücke: schwere Sessel glitten durch den Raum. Der geschlossene Bücherschrank öffnete sich, große Bücher krachten auf den Boden. Eine Glocke, das halb geöffnete Klavier und eine Gitarre erklangen laut. Der Tisch hob sich um ca. 60 cm u.a.m.

Die medialen Fähigkeiten von C. wurden 1913 entdeckt, hörten nach einem dramatischen Abschied am 14. Juli 1920 auf und kehrten nie wieder.

Lit.: Frondoni-Lacombe, Madeleine: Merveilleux Phenomènes de l’au delà. Lissabon, 1920; Richet, Charles: Thirty Years of Psychical Research. London, 1923.

Castiel (hebr.), Princeps armorum (Staricius, 92), ein Geistername, der auch im Heptameron des Petrus > Abano (Agrippa, 4, 142) als „Engel des Donnerstags“ und in Fausts Höllenzwang unter den Geisternamen Casadiel und Cadiel vorkommt.

Lit.: Staricius, Johannes: Geheimnisvoller Heldenschatz oder der vollständige egyptische magische Schild. Köln u. Weimar, 1750; Agrippa von Nettesheim: Magische Werke. 5 Bde. Berlin, 1916.

Castor und Pollux, die lateinischen Namen für die Dioskuren Kastor und Polydeukes, das etruskische Helden- und Brüderpaar, das von den Griechen übernommen wurde. C. und P. waren Zwillingssöhne des > Zeus und der Leda, Brüder von Helena und Klytaimnestra. Bei Homer ist nur Helena göttlich. Eine andere Version lässt C. einen sterblichen Sohn des Tyndareos, P. jedoch einen unsterblichen Sohn des Zeus sein. Während sich C. als Pferdebändiger auszeichnet, wird. P. als Faustkämpfer berühmt. Die beiden ziehen gegen Theseus, der Helena geraubt hat, befreien die Schwester und nehmen am Argonautenzug teil. P. besiegt den Bebrykerkönig Amykos in einem berühmten Boxkampf. Mit Herkules ziehen die beiden gegen die > Amazonen und erscheinen bei der > Kalydonischen Jagd.

Als sie von den Apharetiden, Lynkeus und Idas, ihren messenischen Vettern, zur Hochzeit geladen werden, bemächtigen sie sich der Bräute Phoibe und Hilaeira, der Töchter des Leukippos. Im Kampf tötet Idas C., während P. Lynkeus tötet. Zeus erschlägt den Idas durch einen Blitzschlag. In den Olymp aufgenommen, bittet P. den Zeus, mit seinem sterblichen Bruder zusammenbleiben zu dürfen. So verbringen die beiden Dioskuren C. und P. je einen Tag im Olymp und einen Tag in der Unterwelt (Hom. Od. 11, 298ff.).

Das Thema wurde in Dichtung, Kunst, Oper und Film vielfach aufgegriffen.

Lit.: Rameau, Jean-Philippe: Castor et Pollux: Tragédie lyrique en cinq actes. London: Erato, 1982; Hunger, Herbert: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Wien: Hollinek, 1988; Geppert, Stefan: Castor und Pollux: Untersuchungen zu den Darstellungen der Dioskuren in der römischen Kaiserzeit. Münster: Lit, 1996.

Castoreum > Bibergeil.

Castro, Alfonso de (* 1495 in Zamora / Spanien; † 1558 in Brüssel / Belgien), auch bekannt als Alphonsus a Castro, Franziskaner (OFM), Theologe und Jurist.

C. trat mit 15 Jahren in den Franziskanerorden ein und studierte dann Theologie und Philosophie an der Universität von Alcalá. Als Professor an der Universität von Salamanca begründete er mit seinem Mitbruder Luis Carvajal (ca. 1500 – nach 1548) und den Dominikanern Francisco de Vitoria (1486 –1546) sowie Domingo de Soto (1494 –1560) die spätscholastische, an Aristoteles und Thomas von Aquin orientierte „Renaissance der Theologie“. Er verfügte auch über gute Kenntnisse im römischen und kanonischen Recht sowie in der Medizin.

C. war Berater Karls V. und Philipps. II. Auf dem Konzil von Trient 1545 – 47 sowie 1551/52 wurde er durch sein Engagement zum Verfechter der spanisch-kaiserlichen Interessen und des katholischen Glaubens gegen die Lutheraner. In seinen letzten Lebensjahren wirkte er als Prediger in Antwerpen. Philipp II ernannte ihn Ende 1557 zum Erzbischof von Santiago de Compostela. C. starb jedoch noch vor Erhalt der Urkunde.

In seinen Hauptwerken widmet sich C. der Verteidigung des katholischen Glaubens gegen die Häretiker. Darüber hinaus verfasste er unter dem Titel De sortilegiis et maleficiis eorumque punitione eine 30-seitige Schrift, die 1558 in Lyon erschien und sich mit Zauberei, Hexerei und deren Bestrafung befasst. In diesem Zusammenhang ist auch sein kleiner Traktat über die Zauberer, De impia sortilegarum, Maleficarum, Lamiarum haeresi, earumque punitione (Lyon 1568) zu nennen, worin er sich mit der Gleichstellung von Magie, Zauberei und Hexerei mit der Häresie beschäftigt und zu differenzierten Entscheidungen kommt. Nach C. ist die Zauberei der Häresie gleichzustellen und wie diese mit dem Feuertod zu bestrafen, insofern dem Magier ein Pakt mit dem Dämon vorgeworfen wird. Ein solcher Pakt widerspreche dem katholischen Glauben, da der Magier den Dämon und nicht Christus anbete und ihm die Macht über seinen Willen gibt. Von der häretischen Zauberei unterscheidet C. jedoch jene Fälle, bei denen der Magier z.B. die christlichen Sakramente für seine Zwecke missbrauchen will, was der Anerkennung dieser Sakramente gleichkomme und daher keine Häresie darstelle.

Hinsichtlich der Realität des Hexenwesens versucht C. die zurückhaltende Tradition des kanonischen Rechts (> Canon episcopi) zu vermitteln. Den Transport der Hexen durch Dämonen oder Tiere hält er zwar grundsätzlich auch körperlich für möglich, nicht jedoch durch die Luft. Den Teufelscoitus und die Verwandlung der Zauberer in Tiere hält er für eine Illusion. Die Strafe der häretischen Zauberei ist dabei von der Realität der Dämonenwerke unabhängig, da aufgrund des subjektiven Verbrechensbegriffs der auf den Schaden gerichtete böse Wille mit der ordentlichen Strafe des Feuertodes zu bestrafen sei.
Diese praktische und theoretische Auseinandersetzung mit den Häretikern machte C. zum führenden Strafrechtssystematiker des 16. Jahrhunderts. Durch seinen Einfluss auf die Theologen und Kanonisten und auch auf manche Legisten seiner Zeit, wie den schon erwähnten
Domingo de Soto, Martín de Azpilcueta (1493 –1586), Diego de Covarrubias y Leyva (1512–1577) und Fernando Vázquez de Menchaca (1512–1566), fand sein theologischer Strafbegriff Eingang in die deutsche Natur- und Strafrechtslehre des 17. Jahrhunderts.

W.: Opera omnia: Alphonsi A Castro Zamorensi, Ordinis Minorvm Regvlaris Observantiae, Provinciae Sancti Jacobi Opera omnia Sammlung: duobus tomis comprehensa: inter quae quadraginta & nouem Homiliae, quibus idem author Psalmos 31. & 50. eleganter copioséque explicauit. Parisiis: Nivellius.

Lit.: Maihold, Harald: Castro, Alfonso de, in: Lexikon zur Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. v. Gudrun Gersmann, Katrin Moeller und Jürgen-Michael Schmidt. Universität München, 2002; ders.: Strafe für fremde Schuld? Die Systematisierung des Strafbegriffs in der Spanischen Spätscholastik und Naturrechtslehre. Köln: Böhlau, 2005.

Castruccio, Peter Adelbert (*11.01.1925 New York), amerikanischer Ingenieur und Weltraumtechniker.

C. studierte an der Universität von Genua, Italien, und an der John Hopkins University, Baltimore, Maryland, USA, Nuklearphysik, machte eine besondere Laufbahn in Raum-Kommunikation und Raum-Navigation und wurde Direktor des Westinghouse’s Astronautics Institute in Baltimore. Als solcher überwachte er auch die vom Institut unternommenen Untersuchungen zur möglichen Verwendung > Außersinnlicher Wahrnehmungen bei der Kommunikation. C. interessiert sich für alle Bereiche der Parapsychologie, speziell für Telepathie und Hellsehen, und verfasst Berichte über derlei Untersuchungen.

Lit.: Biographical Dictionary of Parapsychology: with Directory and Glossary 1964 –1966. New York: Helix Press, 1964.

Catachillay, Name einer heiligen Inkaquelle, die auf einer sog. Ceque-Linie entsprang, welche im Coricancha-Tempelbezirk von Cuzco ihren Ausgang nahm, nach Westen führte und die Huacas Capac Usnu, einen heiligen Pfeiler, mit einer Plattform für astronomische Beobachtungen verband. Diese Anordnung wurde zur Beobachtung der Plejaden im April benutzt, weshalb man die Sterne ebenfalls C. nannte.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Catalogus Auctorum, Liste mit Namen europäischer Geisterbuch-Autoren.

Der Buchhändler Henningus Grosius

(1553 –1621) veröffentlichte anonym das
Geisterbuch
Magica de spectris et apparitionibus spirituum, das er dann 1597 unter dem Titel Magica seu mirabilium historiae de spectris et apparationibus spirituum in seiner Druckerei in Eisleben herausgab. Darin findet sich ein sog. C. A., eine Liste mit den Namen bedeutender Verfasser von Werken über > Geister aus ganz Europa. Spätere Ausgaben erschienen unter dem Titel Magica de spectris et apparitionibus spirituum, de vaticiniis, divinationibus.

Lit.: Magica De Spectris Et Apparitionibus Spiri-
itu[um], De Vaticiniis Divinationibus [et]c / [Henningus Grosius, Bibliopol.]. Lugduni Batavorum: Hackius, 1656; Puhle, Annekatrin: Mit Shakespeare durch die Welt der Geister. St. Goar: Reichl Verlag Der Leuchter, 2009.

Catalogus Codicum Astrologorum Graecorum (CCAG), ein von klassischen Philologen ab dem Jahr 1895 erstellter Katalog astrologischer griechischer Handschriften aus europäischen Bibliotheken. Der Katalog dient als wichtige Quelle bei der Erforschung der geschichtlichen Aspekte von Sternreligion, Sternorakel und sämtlichen Fragen, die mit der hellenistischen Astrologie zusammenhängen.

Lit.: Catalogus codicum astrologorum Graecorum. Bruxelles: Lamertin, 1898.

Catena (lat., Kette), Internationale Vereinigung von Großlogen der > Freimaurerei, die Männer und Frauen als gleichberechtigte Mitglieder aufnehmen. Die C. entstand durch die Kooperation der „Nederlandse Grootloge der Gemengde Vrijmetselarij“, des deutschen „Universalen Freimaurer-Ordens Humanitas“ und der österreichischen „Großloge Humanitas Austria“ im Juli 1961. Heute gehören der C. Großlogen in verschiedenen Ländern an.

Lit.: Lennhoff, Eugen: Internationales Freimaurerlexikon. München: Herbig, 2000.

Caterina von Genua > Katharina von Genua.

Caterina von Siena > Katharina von Siena.

Catez, Elisabeth von der Heiligsten Dreifaltigkeit (*18.07.1880 Avor bei Bourges, Frankreich; † 9.11.1906 Dijon), Karmelitin, selig (25.11.1984, Fest: 9. November), Mystikerin.

C. studierte Musik und widmete sich mit großem Erfolg dem Klavierspielen. Ihre Konzerte beeindruckten und sie bekam mehrere Auszeichnungen. Mit der Erstkommunion am 19.04.1891 ändert sich ihr Leben: „Ich habe keinen Hunger. Jesus hat mich gesättigt.“ Durch die Musik versank sie in die Betrachtung Gottes. Auch auf den Festen der vornehmen Gesellschaft fühlte sie sich dem Herrn verbunden. „Im festlichen Treiben wurde ich, ergriffen von der Gegenwart meines Herrn und Meisters und vom Gedanken an den Empfang der hl. Kommunion am nächsten Tag, eine ganz andere und bemerkte nichts von dem, was um mich herum geschah.“

Am 2. August 1901 trat sie in den Karmel von Dijon ein, wo sie den Namen Elisabeth von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit erhielt. „Mir ist, als hätte ich den Himmel auf Erden gefunden, weil der Himmel Gott ist und er in meiner Seele wohnt.“ Am 28. Oktober 1906 kündigte sie die Mission an, die sie nach ihrem Tod ausüben würde: „Im Himmel wird es meine Aufgabe sein, Seelen zu gewinnen, indem ich ihnen helfe.“ Dem Tode nahe, sagte sie am 1. November 1906: „Alles vergeht. Am Abend des Lebens bleibt nur die Liebe.“ Und am Vorabend des Todes murmelte sie noch: „Ich gehe zum Licht, zur Liebe, zum Leben.“ Sie starb im Alter von 29 Jahren im Ruf der Heiligkeit.

Lit.: Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 –1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II.; 1), S. 153 –156.

Cath (Cautha), etruskischer Sonnengott. C. ist sonst unter dem Namen Usil (Sonne und Morgenröte, verwandt mit ausum, aurum, aurora, sol) bekannt. Er trägt eine Strahlenscheibe auf dem Haupt und in den Händen je einen Feuerball.

Lit.: Pfiffig, Ambros Josef: Religio etrusca. Wiesbaden: VMA-Verl, 1998.

Catlinit, roter Tonschiefer, heiliger Stein der Sioux-Indianer. Er symbolisiert das Blut der Sioux und ihre Hautfarbe und wird von den nordamerikanischen Indianern zur Herstellung des Kopfes der > Friedenspfeife (Calumet) verwendet. Der Stein ist nach dem amerikanischen Maler und Indianerkenner George Catlin (* 26.07.1796 Wilkes-Barre, Pennsylvania, USA; † 23.12.1872 Jersey
City, New Jersey) benannt. Er findet sich in einem Steinbruch in Minnesota (indianisch, roter Stein), der einst ein heiliger und neutraler Bezirk war. Später haben heftige Kämpfe um seinen Besitz stattgefunden, bis schließlich die Dakota-Indianer zu Herren des Ge-
bietes wurden und aus dem Verkauf des Steins eine Art Stammesmonopol machten.

Mit dem Steinbruch sind verschiedene indianische Überlieferungen verbunden, die zum Großteil darin übereinstimmen, dass > Wakonda, der „Große Geist“, die ersten Indianer aus dem roten Stein geschaffen habe, weshalb der C. den Indianern als das Fleisch der versteinerten Vorfahren gilt. Frisch aus der Erde genommen, ist er so weich, dass er sich mit Steinmessern und Holzbohrern bearbeiten lässt.

Eine dichterische Verklärung des Pfeifensteins findet sich in The Song of Hiawatha von H. Longfellow.

Lit.: Longfellow, Henry Wadsworth: Das Lied von Hiawatha. Leipzig: Herbig, 1856; Nölle, Wilfried: Völkerkundliches Lexikon. München: Goldmann, 1959.

Cato, > Zauberwort in der Formel: Cato caruce, sanum reduce, reduce sanum, Emanuel Paraclitus zur Heilung von Schlangenbissen. Die Deutung ist unsicher. A. Franz sieht in C. den Römer Cato, der im Ruf eines Heilkünstlers stand.

Lit.: Franz, Adolf: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter. Freiburg i. Br.: Herder, 1909.

Catoblepas (griech. katoblepo, „der nach unten blickt“), nach der antiken Mythologie ein an der Grenze zu Äthiopien beheimatetes Stierungeheuer, das erstmals von Plinius d. Älteren (Naturalis historia, 8.77) schriftlich beschrieben wurde. C. soll demnach ausgesehen haben wie ein schwarzer Büffel mit dem Kopf eines Schweins, der so schwer war, dass er stets herunterhing und den Boden berührte. Das an und für sich gutartige Ungeheuer nährte sich von giftigen Kräutern, konnte jedoch seine Gegner mit seinem Blick und seinem Atem töten. Da also bereits der Blick tödlich war, wurde das Gewicht des Kopfes zu einem glücklichen Umstand.

Lit.: Gaius Plinius Secundus: Naturkunde: lateinisch – deutsch. Hrsg. und übers. von Roderich König in Zusammenarbeit mit Joachim Hopp und Wolfgang Glöckner. 37 Bände. Zürich u.a., 1990 – 2004.

Catoptromantie (engl. catoptromancy) > Katoptromantie.

Caturmaharajas (sanskr., chin. Tian-wang, japan. Shi-tenno), im > Buddhismus die vier Großkönige als Hüter der Weltgegenden: Vaishravana bewacht den Norden, Virupaksha den Westen, Virudhaka den Süden und Dhrtarashtra den Osten. Die Vier entsprechen den indischen > Lokapalas. Sie thronen auf > Meru, dem unsichtbaren heiligen Weltberg, von wo aus sie die buddhistische Wahrheit (> dharma) in allen Weltgegenden beschützen. Ursprünglich gütig, wurden sie mit dem Aufkommen des > Tantrismus zu kriegerischen Gestalten. Wegen ihres Kampfgrimms werden sie auch mit einer Flammenaureole (jvalamala) dargestellt.

Lit.: Masson, Joseph: La Religion populaire dans le canon bouddhique pâli. Louvain: Bureaux du Museon, 1942.

Cauac (indian., „Regen, Sturm“), der 19. von 20 Tagen, die einen Maya-Monat ausmachten. C. gehörte zu den „Jahresträgern“, was besagt, dass in einem 52-jährigen Zyklus alle vier Jahre ein Jahr mit dem Tag C. begann. Der Tag wurde mit dem Süden und der Farbe Gelb assoziiert und es wurde ihm die Zahl Drei zugeordnet. Allerdings galt C. als Unglückstag und wurde von den > Azteken Quiáhiutl und von den > Zapoteken Ape genannt.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Cauda Pavonis (lat., Pfauenschweif), ein Farbenspiel bei der Herstellung des Steins der Weisen (> lapis philosophorum). Die Herstellung erfolgt in verschiedenen Stadien, die durch das Erscheinen verschiedener Farben gekennzeichnet seien. Sie zeigen dem > Adepten an, dass seine Arbeit planmäßig vor sich geht oder aber misslingt. Die erste Stufe des Opus ist mit der Farbe Schwarz verbunden (Nigredo), sie versinnbildlicht den Tod, die Rückführung auf die materia prima. Der nächste Schritt besteht in der Neuzusammensetzung der Urmaterie entweder direkt oder über eine als Pfauenschweif , C. P., bezeichnete Vielheit von glänzenden Farben zum alle Farben enthaltenden Weiß (> Albedo). Damit erreicht das Werk einen ersten Abschluss. Der Alchemist hat nun einen Stein von minderer Qualität in der Hand, der in der Lage ist, unedle Metalle in > Silber zu transmutieren.

Lit.: Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. München: Beck, 1998.

Cauquemare (franz., „Nachtmahr“) > Alp.

Causa (lat., Ursache), in der > Homöopathie Bezeichnung für die auslösende Ursache (C. occasionalis) einer Erkrankung oder Beschwerde, die nicht in einem bekannten pathophysiologischen Zusammenhang mit der Störung stehen muss, sondern auch physischer, emotionaler oder geistiger Natur sein kann. Die C. ist vor allem für die Arzneimittelauswahl von Bedeutung, wenn Ursache und Wirkung in keinem angemessenen Verhältnis stehen oder die Art der Wirkung für die Ursache sehr ungewöhnlich ist. Dies wird als Hinweis auf eine Schwachstelle des Organismus bewertet und entsprechend hoch gewichtet.

Lit.: Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde. Berlin: de Gruyter, 1996.

Causa prima (lat., Urgrund), nach der scholastischen Philosophie die Erstursache aller Dinge, die oft auch als „Gott“ bezeichnet wird. Im Gegensatz zur C. p. sind alle anderen Ursachen Teilursachen, so z.B.:

Causa materialis, materielle Ursache, die
im Innern der Materie liegt

Causa formalis, die formgebende Ursache

Causa efficiens, die Wirkursache

Causa finalis, die Zweckursache

Causa secunda, Zweitursache

Causa proxima, nächste Ursache

Causa remota, entfernte Ursache

Causa immediata, unmittelbare Ursache

Causa mediata, mittelbare Ursache

Causa principalis, Hauptursache

Causa instrumentalis, instrumentelle Ur-
sache

Causa sufficiens, hinreichende Ursache

Causa deficiens, nicht hinreichende Ursa-
che

Causa adaequata, adäquate Ursache

Causa essendi, Seinsursache

Causa sui, Ursache seiner selbst

Causa occasionale, Gelegenheitsursache

usw.

Die Unterscheidung dieser vielfältigen Ursachen ist auch für die paranormologische Forschung nicht unbedeutend, geht es hier doch vor allem darum, abzuklären, ob bei den einzelnen Phänomenen eine Ursache auszumachen ist oder nicht. Dazu ist die Kenntnis der möglichen Ursachen eine Grundvoraussetzung.

Lit.: Hügli, Anton: Philosophielexikon. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1991.

Causinomantie (engl. causinomancy), Deutung von Formen, die Gegenstände im Feuer annehmen. So sei es ein schlechtes > Omen, wenn der Gegenstand langsam brennt, hingegen ein gutes, wenn er rasch brennt bzw. wenn ein brennbarer Gegenstand überhaupt nicht brennt.

Die Deutung kann sich auch auf die Formen beziehen, die sich bilden, wenn gewisse Gegenstände ins Feuer geworfen werden und langsam brennen.

Lit.: Das große Handbuch der Magie. München: Wilhelm Heyne, 1990.

Caussade, Jean Pierre de (*7.03.1675 Quercy, Frankreich; † 1751 Toulouse), asketischer Schriftsteller und Mystiker. 1693 trat er in die Gesellschaft Jesu ein, wurde 1705 zum Priester geweiht und begann nach acht Jahren Gymnasialunterricht in Aurillac und Toulouse eine rege Predigttätigkeit, die ihn in mehr als 25 Jahren kreuz und quer durch Frankreich führte. Ab 1741 war er Ordens-
oberer der Kollegien von Perpignan und Albi und zuletzt Spiritual von Theologiestudierenden in Toulouse.

Dieses äußerst vielseitige und bewegte Leben als Professor, Prediger und Ordensoberer wurde von einer tiefen Innerlichkeit getragen, vom „Sakrament des gegenwärtigen Augenblicks“, wie er schreibt. Obgleich er außer einer anonym erschienenen Schrift über die verschiedenen Stufen des Gebets (Instruction spirituelles) nichts veröffentlicht hat, gehört er dennoch zu den größten und einflussreichsten geistlichen Schriftstellern aller christlichen Jahrhunderte. Es waren vor allem die Visitantinnen aus Nancy, deren Spiritual er war, die zuerst seine Schriften und Briefe zum geistlichen Leben und zur > Mystik abschrieben und herumreichten. Dann blieben diese wundervollen Brieffragmente mehr als hundert Jahre verschollen, bis sie schließlich in einem Pariser Kloster wiederentdeckt und von P. Ramiere SJ in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurden.

W.: Instruction spirituelles en forme de dialoges sur le diverse états d’oraison, suivent la doctrine de M. Bossuet, eveque de Meaux, 1741; L’abandon à la providence divine. Paris: Desclée De Brouwer, 1966 (dt.: Hingabe an Gottes Vorsehung). Zürich: Benziger, 1981; Traité sur l’oraison du cœur. Paris: Desclée De Brouwer, 1981; The Sacrement of the present moment. London: Collins, cop. 1982.

Cautes und Cautopates (iran.), Fackelträger in Begleitung des Sonnengottes > Mithras, insbesondere beim Tieropfer. Das Paar war fast immer beiderseits der Stiertötungsszene postiert; Cautes mit hoch erhobener Fackel, eventuell die aufgehende Morgensonne und das Leben symbolisierend, Cautopates mit gesenkter Fackel als Verkörperung der Abendsonne, des Winters und des Todes. Die Etymologie der Namen ist ungesichert. Die beiden entsprechen den Dioskuren > Castor und Pollux.

Lit.: Schwartz, M.: Cautes and Cautopates, the Mithraic torchbearers (Mitraic Studies, hrsg. von J. R. Hinnels). Manchester, 1975; Beck, Roger: Cautes and Cautopates: Some Astronomical Considerations. In: Beck on Mithraism. Aldershot: Ashgate Publishing, 2004, S. 133 –150.

Cautio criminalis seu de processibus contra Sagas Liber (deutsch: Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse). Mit diesem Buch gegen die Praxis der Hexenprozesse trug der Dichter und Jesuit Friedrich > Spee von Langenfeld entscheidend zum Ende des Hexenwahns in Deutschland bei. Das Werk erschien zunächst anonym und wurde 1631 in der Universitätsdruckerei Petrus Lucius in Rintelen an der Weser gedruckt. Von dieser ersten Auflage ohne jede Druckerlaubnis gibt es drei verschiedene Ausgaben, die sich in Titelblatt und Schluss unterscheiden. Die zweite und gewissermaßen authentische Auflage erschien, höchstwahrscheinlich mit Genehmigung der Oberen, 1632 bei Gronaeus in Frankfurt.

Ob Spee seine Kenntnisse der „Hexerei“ als Beichtvater von angeklagten Frauen oder als ihr Begleiter zum Scheiterhaufen erworben hat, bleibt offen. Sicher ist jedenfalls, dass sein Aufenthalt in Zentren der Hexenverfolgung (Köln, Trier, Würzburg, Mainz, Speyer, Paderborn) als Seelsorger und persönliche Nachforschungen das Ihre dazu beitrugen.

Spee verbindet sein Auftreten gegen die Folter mit geschickter Argumentation und verlangt, wie im Folgenden gezeigt wird, deren Abschaffung:

27. Ist die Folter ein geeignetes Mittel zur Enthüllung der Wahrheit?

Bei der Folter ist alles voll von Unsicherheit und Dunkel […]; ein Unschuldiger muss für ein unsicheres Verbrechen die sichersten Qualen erdulden.

28. Welches sind die Beweise derer, die sofort die auf der Folter erpressten Geständnisse für wahr halten?

Auf diese Geständnisse haben alle Gelehrten fast ihre ganze Hexenlehre gegründet, und die Welt hat’s ihnen, wie es scheint, geglaubt. Die Gewalt der Schmerzen erzwingt alles, auch das, was man für Sünde hält, wie lügen und andere in üblen Ruf bringen. Die dann einmal angefangen haben, auf der Folter gegen sich auszusagen, geben später nach der Folter alles zu, was man von ihnen verlangt, damit sie nicht der Unbeständigkeit geziehen werden. […] Und die Kriminalrichter glauben dann diese Possen und bestärken sich in ihrem Tun. Ich aber verlache diese Einfältigkeit. […]

29: Muss die so gefährliche Folter abgeschafft werden?

Ich antworte: entweder ist die Folter gänzlich abzuschaffen oder so umzugestalten, dass sie nicht mit moralischer Sicherheit Unschuldigen Gefahr bringt. […] Man darf mit Menschenblut nicht spielen, und unsere Köpfe sind keine Bälle, die man nur so hin und her wirft. Wenn vor dem Gericht der Ewigkeit Rechenschaft für jedes müßige Wort abgelegt werden muss, wie steht’s dann mit der Verantwortung für das vergossene Menschenblut? […]“ (nach Diel, 90 – 92).

Spee war nämlich aus eigener Erfahrung und Einsicht zur Überzeugung gekommen, dass die Opfer unschuldig waren, worauf all seine Überlegungen und Beweise der C. ausgerichtet sind. So sagt er: „Solange es diese Prozesse gibt, gibt es Hexen, und niemand ist sicher, nicht selbst der Hexerei angeklagt und verurteilt zu werden“ (Ritter, Frage 51, S. 288).

W.: Cautio criminalis, seu, De processibus contra sagas liber: ad magistratus. Rinthelii: Lucius, 1631; Cavtio criminalis, seu, De processibvs contra sagas liber: ad magistratvs Germaniñ hoc tempore necessarius, tum autem consiliariis, et confessariis principum, inquisitoribus, iudicibus, aduocatis, confessariis reorum, concionatoribus, caeteris & qacute; lectu vtilissimus. Ed. 2. Francofurti: Gronaeus Austrius, 1632; Cautio criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse. Dt. Ausg. von Joachim-Friedrich Ritter. Weimar: Böhlau, 1939.

Lit.: Diel, Johannes: Friedrich Spee. Freiburg i. Br.: Herder, 1901.

Cavendish, Richard (* 1930 Henley-on-Thames, Oxfordshire), englischer Autor auf dem Gebiet der > Magie und > Hexerei.

C. studierte an der Universität Oxford Mediävistik, war Herausgeber der enzyklopädischen Reihe Man Myth and Magic (1970 –71), die erstmals viele internationale Experten in Magie und Mythologie zusammenführte. Zu seinen populärsten Büchern gehören The Black Arts, Visions of Heaven and Hell und die Encyclopedia of the Unexplained.

W.: Visions of Heaven and Hell. New York: Harmony Books, 1977; King Arthur & the Grail. London: Weidenfeld and Nicolson, 1978; Die schwarze Magie. Berlin: Schikowski, 1980; Man, Myth & Magic. New York: Marshall Cavendish, 1983; Mythologie. Frechen: Komet, 1999.

Cayce, Edgar (*18.03.1877 Hopkinsville, Kentucky, USA; † 3.01.1945 Virginia Beach, Virginia), Sensitiver und Heiler.

C. wuchs auf einer Farm auf und hatte bereits als Kind außergewöhnliche Wahrnehmungen. Im Alter von sechs bis sieben Jahren erzählte er den Eltern, dass er Erscheinungen habe, mit denen er sprechen könne, etwa mit vor kurzem verstorbenen Verwandten. Daraufhin entwickelte er eine Art fotografisches Gedächtnis, indem er auf seinen Schulbüchern schlief und auf diese Weise lernte, was aber bald wieder aufhörte. Nach der siebten Klasse Grundschule musste er versuchen, auf eigenen Füßen zu stehen. Im Alter von 21 Jahren wurde C. Verkäufer in einer Papiergroßhandlung. In dieser Zeit wurde er von einer allmählich zunehmenden Lähmung der Halsmuskeln befallen. Da die Ärzte keine physische Ursache fanden, versuchte man es mit Hypnose, jedoch ohne dauerhaften Erfolg. C. ersuchte seinen Freund, bei ihm die gleiche Art des hypnotischen Schlafes hervorzurufen, die ihn einst befähigte, seine Schulbücher zu memorieren. Mit wenigen Anweisungen gelang es ihm dann, sich selbst in Trance zu versetzen und seine Beschwerden zu beheben. Die Ärzte der Umgebung machten sich seine einzigartige Gabe der Diagnose für ihre Patienten zunutze. Sie stellten bald fest, dass sie C. nur Namen und Adresse der Patienten zu nennen brauchten, um mit diesen in Verbindung zu treten und Diagnosen vorzunehmen. Am 9. Oktober 1910 berichtete die New York Times darüber. Von diesem Tag an strömten leidende Menschen aus allen Teilen des Landes herbei.

Bei seinem Tod hinterließ C. mehr als 14.000 stenografische Protokolle seiner telepathisch-präkognitiven Aussagen, die sich auf mehr als 6.000 Personen in einem Zeitraum von 43 Jahren erstrecken. Diese Dokumente werden als Caycesche Readings bezeichnet, zu deren Betreuung 1932 die > Association for Research and Enlightenment (ARE) in Virginia Beach gegründet wurde.

Da C. in seinen Trancezuständen neben den Diagnosen auch künftige Ereignisse voraussagte, darunter den Schwarzen Freitag von 1929, den Zweiten Weltkrieg, die Erfindung des Laserstrahls, die Entdeckung der Schriftrollen vom Toten Meer, die Flutwellen und Erbeben am Ende des 20. Jahrhunderts und das Ende der kommunistischen Herrschaft, wurde er der „schlafende Prophet“ genannt. Beim jeweiligen Austritt aus der Trance hatte er keinerlei Erinnerung an das Gesagte.

Während seine diagnostischen Fähigkeiten und seine Ehrlichkeit vielfach erwiesen sind, trafen die meisten seiner Zukunftsaussagen nicht zu oder lassen sich nicht beweisen, wie die Botschaft, dass er in einer früheren Inkarnation mit okkulten Fähigkeiten in Ägypten gewesen sei. Auch seine Mitteilungen zu Reinkarnation, Astrologie, die mehrfache Wiedergeburt Jesu, die Existenz von Atlantis oder zu Ursprung und Schicksal der Menschheit sind als rein persönliche Meinung zu werten.

1955 promovierte der amerikanische Religionspsychologe Harmon Hartzell Bro an der Universität von Chicago über C. und legte damit eine der ersten nordamerikanischen Dissertationen mit einem parapsychologischen Gegenstand vor.

W.: Edgar Cayce speaks. New York: Avon, 1969; Edgar Cayce’s s story of Jesus. New York: Coward-McCann, 1972; Über Sexualität und Erleuchtung. München: Goldmann, 1989; Du weißt, wer Du warst. München: Goldmann, 1990; Die Geheimnisse des Universums und wie wir sie uns zunutze machen können. München: Goldmann, 1993; Die tausend Leben deiner Seele. München: Goldmann, 1993.

Lit.: Bro, Harmon Hartzell: Traumdeutungen in Trance des größten Propheten der Gegenwart, Edgar Cayce. Genf: Ariston, 1969; Sugrue, Thomas: Edgar Cayce. München: Droemer / Knaur, 1983. Bro, Harmon Hartzell: Edgar Cayce: Seher – Heiler – Mystiker an der Schwelle des neuen Zeitalters. Genf: Ariston, 1992.

Cayce, Hugh Lynn (*16.03.1907 Bowling Green / Warren County, Kentucky, USA; † 4.07.1982, Virginia Beach, Virginia, USA), Sohn von Edgar und Gertrude Cayce. Wie sein Vater war auch er paranormal veranlagt, insbesondere in Bezug auf > Telepathie. Nach einigen Auseinandersetzungen wurde er für diesen ein unverzichtbarer Helfer.
1938 zog C. nach New York, wo er an einer Radiosendung über paranormale Fähigkeiten teilnahm. 1941 heiratete er Sally Taylor, die ihm zwei Söhne schenkte. 1943 wurde C. zu den Waffen gerufen und erlebte das Ende des Zweiten Weltkrieges in Frankreich.
Nach dem Tod seines Vaters widmete er sich mit ganzer Hingabe dessen Werk, um es weiterzuverbreiten. Ihm ist es zu verdanken, dass die > Association for Research and Enlightenment, kurz ARE genannt, heute eine international bekannte Organisation und sein Vater Edgar > Cayce weltweit bekannt ist.

Lit.: Cayce, Hugh L.: Earth Changes Update: Edgar Cayce’s Predictions Viewed in Light of Today’s Headlines. Virginia Beach, Va.: ARE Press, 1989.

Cazenave, Blaisette, 3. Wunderheilung von
Lourdes. C. wurde 1808 als Blaisette Soupè-
ne geboren und lebte zur Zeit der Heilung, im März 1858, im Alter von 50 Jahren, in Lourdes.

Sie litt nach ärztlichem Attest seit drei Jahren an einer chronischen Bindehaut- und Lidentzündung mit Auswärtskehrung der freien Augenlidränder (Blepharitis, Ektropium), die mit Komplikationen einherging. Die damalige Medizin konnte ihr keine wirksame Hilfe bieten. Ihre Krankheit wurde daher für unheilbar erklärt.

In dieser aussichtslosen Situation pilgerte sie im März 1858 nach Lourdes und wurde dort nach der zweiten Waschung völlig geheilt. Die Lider zogen sich wieder hoch, die Wülste waren weg, Schmerz und Entzündung verschwanden.

Prof. Dr. Henri Vergez, ein erfahrener Mediziner, der B. Cazenave im Juni 1860 einer Kontrolle unterzog, bestätigte die vollkommene Heilung der Augen, die als plötzlich, dauerhaft und medizinisch nicht erklärbar bezeichnet wurde.

Am 18. Januar 1862 wurde die Heilung dann durch Bischof Bertrand-Sévère Laurence von Tarbes als Wunder anerkannt.

Lit.: Resch, Andreas: Die Wunder von Lourdes. Innsbruck: Resch, 22015.

Cazotte, Jacques (*17.10.1719 Dijon; † 25.09.1792 in Paris guillotiniert), französischer Schriftsteller, Mitglied des Martinistenordens.

Nach dem Studium in einem Jesuitenkolleg übersiedelte C. 1740 nach Paris und nahm eine Anstellung in der Marineverwaltung an. Nach 1743 lebte er einige Zeit in Martinique, wo seine ersten Erzählungen entstanden. 1759 kehrte er schwer krank und nahezu blind nach Frankreich zurück, wo er in die Akademie von Dijon gewählt wurde. Hier gehörte er zum Kreis der > Illuminaten. Als Royalist wurde er im Zuge der Französischen Revolution am 10. August 1792 verhaftet und blieb nur durch das Eingreifen seiner Tochter am Leben. Bei seiner Freilassung prophezeite er, dass er in drei Tagen guillotiniert werde. Die von ihm in allen Einzelheiten beschriebene Verurteilung und Hinrichtung trat dann auch ein.

In seiner literarischen Tätigkeit wurde C. durch seine teils bizarren, vom Geheimnisvollen und von ironischer Skepsis getragenen Erzählungen, seine Parodien orientalischer Geschichten und die Voraussage der Französischen Revolution bekannt. In diesem Zusammenhang soll er bei einem festlichen Mahl 1788 den genauen Tod einiger Teilnehmer der Tafel prophezeit haben, was später aber als Nachlassfälschung dargetan wurde.

In seinem Hauptwerk Le diable amoureux (1772, dt.: Der verliebte Teufel, 1921) erzählt er anhand des Falls und Wiederaufstiegs eines jungen Mannes vom Kampf der dunklen Mächte um die menschliche Seele. Das Werk wurde 1845 mit einem Vorwort von Gérard de Nerval neu aufgelegt und innerhalb der sog. Schwarzen Romantik von E. T. H. Hoffman über Charles Baudelaire bis hin zu Guillaume Apollinaire stark rezipiert.

W.: Cazotte, Jacques: Der verliebte Teufel. Frankfurt a. M. [u.a.]: Büchergilde Gutenberg, 2007.

Cazzamalli, Ferdinando (*1887 Crema; † 30.12.1958 Como, Italien), Neurologe und Parapsychologe.

Nach seinem Studium der Medizin mit Spezialisierung in Neuropathologie leitete C. eine psychiatrische Klinik in Como und wurde dann Dozent an der Neuropsychiatrischen Klinik in Modena.

1923 –1925 stellte er im Rahmen seiner Experimente Rundfunk-Empfangsgeräte in einen Faradayschen Käfig, der jede Strahleneinwirkung von außen abschirmte. Dennoch sollen seine Versuchspersonen – 2 Epileptiker, 2 Hysteriker, ein Sensitiver, die ebenfalls in den Käfig eingeschlossen waren – hörbare Geräusche in den Apparaten erzeugt haben. C. schloss daraus, dass das menschliche Gehirn unter bestimmten Umständen kurzwellige elektromagnetische Strahlungen (er spricht von „zerebralen Radiowellen“) aussenden könne. Diese Ansicht wurde von Wladimir Michailowitsch > Bechterew als Arbeitshypothese aufgegriffen. Beide Forscher glaubten in diesen Wellen den Träger der Telepathie vermuten zu dürfen. Allerdings konnte nicht geklärt werden, ob es sich bei diesen „Hirnwellen“ bei besonderen psychischen Erregungen (Trance oder Hypnose) um primäre oder sekundäre Phänomene des Denkens, hervorgerufen durch Muskelkontraktionen oder andere Reaktionen, handelt. Während der normalen psychophysischen Aktivität treten die Phänomene nicht auf.

1937 gründete C. in Rom mit Giovanni Schepis, Emilio > Servadio and Luigi Sanguineti die Società Italiana di Metapsychica (Italienische Gesellschaft für Metapsychik), die er 1949 verließ, um in Mailand die Associazione Italiana Scientifica di Metapsichica ins Leben zu rufen. Zudem gründete er die Zeitschrift Metapsychica, die er von 1946 bis zu seinem Tod leitete und worin er zahlreiche Beiträge über seine Forschungen veröffentlichte.

W.: Problemi di vita manicomiale. Imola: Coop. Tip. P. Galeati, 1916; Dalla metapsichica al pane quotidiano: Articoli. Como: C.  Nani, 1934; Di un fenomeno radiante cerebropsichico (riflesso cerebropsicoradiante) come mezzo di esplorazione psicobiofisica. Ferrara: Ind. Grafiche, 1935; Metapsichica, neurobiologia e metodo sperimentale: Dalla metapsichica alla psicobiofisica. Ferrara: Ind. Grafiche, 1939; I fenomeni elettromagnetici radianti dal soggetto umano in intensa attività (orgasmo funzionale) psicosensoriale. Ferrara: Ind. Grafiche, 1942; Di una coda radioestesica e della rabdomanzia: risposta al prof. Agostino Gemelli. Roma: C. Colombo, 1942.