Bu
Bubastis, ägyptische Stadt, am rechten Ufer des alten tanitischen Nilarms, südöstlich des heutigen Zagazik gelegen. In ihr wird die > Bastet als Stadtgöttin verehrt. Der Name geht wie das hebräische Pi-beseth (Ez 30, 17) auf das ägyptische Per-Bastet („Heiligtum der Bastet“) zurück und lebt im Namen der Ruinenstätte Tell Basta fort. Die Stadt hieß an sich Bast.
Das Heiligtum existierte schon im Alten Reich, zur Zeit von Cheops und Chephren. Später wurde der Tempel bis in die 30. Dynastie hinein mehrfach erneuert, insbesondere durch Ramses II. und die Könige der 22. Dynastie, die in B. residierten, weshalb sie auch die Bubastiden-Dynastie genannt wird.
Die Begräbnisstätte der Katzen, die der Bastet heilig waren, wurde ebenfalls aufgedeckt. Mit den Katzen wurden auch Ichneumone (Schleichkatzen) beigesetzt – vielleicht weil sie dem > Atum heilig waren, der durch die Inschriften des Tempels mit Bastet in Beziehung gebracht wird.
Lit.: Naville, Édouard: The Festival-Hall of Osorkon II in the Great Temple of Bubastis (1887–1889); with 40 pl. Publ. by order of the committee. London: Paul, Trench, Trübner & Co, 1892.
Bubendorf, Spuk von. Der angebliche Spuk im Bubendorfer Pfarrhaus bei Basel ereignete sich von 1886 –1899; die Ereignisse wurden von der Frau des damaligen Pfarrers Sch., die Zeugin der Vorfälle war, aufgeschrieben und von Fanny > Moser veröffentlicht. Die Phänomene waren vor allem akustischer Art, wie Geräusche, Schritte, Fallen eines Gegenstandes über die ganze Treppe oder Klopfen. Einige schienen typisch für bestimmte Hausbewohner (Schließen der Tür, Gehen auf der Treppe). Auch seltsame Bewegungen, wie das Verrücken eines Bettes, werden genannt (Moser, S. 189 –197).
Lit.: Moser, F.: Spuk: Irrglaube oder Wahrglaube? Eine Frage der Menschheit. I. Band / Mit Vorrede von C. G. Jung. Baden b. Zürich: Gyr-Verlag, 1950.
Buber, Martin
(* 8.02.1878 Wien; †13.06.1965 Jerusalem), deutsch-jüdischer Philosoph mit engen Beziehungen zum > Chassidismus. B. studierte in Wien, Leipzig, Zürich und Berlin Philosophie, Kunst- und Literaturgeschichte, Psychiatrie, Germanistik, klassische Philosophie sowie Nationalökonomie. Einen bleibenden Eindruck machten auf ihn Dilthey und Simmel. 1899 heiratete B. die Schriftstellerin Paula Winkler. 1904 promovierte er in Wien mit der Arbeit Zur Geschichte des Individuationsproblems: Nikolaus von Cues und Jakob Böhme.
B. entfaltete eine umfangreiche publizistische Tätigkeit zur geistigen Erneuerung des deutschsprachigen Judentums, wobei er auch den Dialog mit katholischen und protestantischen Christen pflegte. Neben seinen jüdischen Studien befasste er sich zwischenzeitlich auch mit dem Taoismus. 1923 erschien dann mit Ich und Du eines seiner wichtigsten Werke. Nach B. wurzelt jede Gemeinschaft mit anderen Menschen wie auch mit Gott im Personsein des Einzelnen. 1933 stand B. dem „Freien Jüdischen Lehrhaus“ in Frankfurt am Main als Pädagoge vor, floh aber noch rechtzeitig mit seiner Familie und ließ sich in Jerusalem nieder, wo er an der Hebräischen Universität einen Lehrstuhl für Sozialphilosophie erhielt. 1962 schloss er seine Übertragung des AT in ein zeitgemäßes, aber nahe am Urtext bleibendes Deutsch ab. Seinen Dialog mit den Arabern pflegte B. bis an sein Lebensende.
Paranormologisch ist in seinem Lebenswerk vor allem die Entwicklung einer Soziallehre bedeutsam, die sich auf seine Studien des Chassidismus stützt, welche wesentlich zu seinem Bekanntheitsgrad im deutschen Sprachraum beitrugen.
W. (Auswahl): Ich und Du. Leipzig: Insel-Verl., 1923; Die Erzählungen der Chassidim. Zürich: Manesse Verl., 1949; Zwei Glaubensweisen. Zürich: Manesse Verl., 1950; Das dialogische Prinzip. Heidelberg: L. Schneider, 1962; Die Schrift / verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig. 4 Bde. Darmstadt: Wiss. Buchges, 1953 –1962.
Bubona, römische Göttin der Pferde und Rinder. Sie ist mit besonderer Schönheit ausgestattet und deckt sich mit der gallischen Göttin > Epona, deren Kult später vom römischen Heer übernommen wurde.
Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg: Herder, 2002.
Buccomantie (lat. bucca, Mund; fr. buccomancie; it. buccomanzia), Mundwahrsagung. Vom Zahnarzt William Rogers 1851 nach antikem Muster formulierte Bezeichnung für die Kunst, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Menschen durch Betrachtung seines Mundes und seiner Zähne zu deuten. Es handelt sich hier also um einen Teilaspekt der Physiognomie.
Lit.: Rogers, William: La Buccomancie, ou l’Art de connaitre le passe, le present et l’avenir d’une personne, d’apres l’inspection de sa bouche, nouveau systeme buccognomonique… [Bibliographie de l’auteur]; Paris: G. Bailliere, 1851.
Buch (engl. book; fr. livre; it. libro), grafische Materialsammlung geistig-immaterieller Inhalte in handlicher Form zur Konservierung und Weitergabe von symbolischen oder schriftlichen Inhalten. Die UNESCO definiert ein B. als gedruckte, der Öffentlichkeit verfügbar gemachte, nichtperiodische Veröffentlichung mit mindestens 49 Seiten und Umschlag.
Die ältesten Vorläufer des B. sind die > Tontafeln des 3. vorchristlichen Jahrtausends bzw. die > Papyrusrollen der Ägypter, von denen das älteste bekannte Exemplar über 5000 Jahre alt ist. Die Papyrusrollen wurden dann ab dem 1. Jh. allmählich vom römischen > Codex abgelöst, der aus mehreren Lagen Pergament bestand, die in der Mitte gefaltet und zusammengeheftet wurden. Er ist somit der unmittelbare Vorläufer des heutigen B.
Als ausgezeichneter Kulturträger und unentbehrliches Kommunikations- und Traditionsmittel wurde das B. zum Symbol des Wissens und der > Weisheit. Durch die zu einer Einheit zusammengefügten Blätter und Schriftzeichen ist es zudem Sinnbild der Totalität des Universums, weshalb man verschiedentlich auch der Vorstellung von einem Liber Mundi (B. der Welt) begegnet. Je nach Inhalt ist die Rede vom „heiligen“ Buch, wie bei der > Bibel, dem > Koran und anderen religiösen Schriften, im Gegensatz zum „unheiligen“ Buch, wozu je nach Einstellung ebenfalls sogar die Bibel gezählt wird.
Die Bibel selbst kennt das Buch des Lebens (Ps 69, 29; Offb 3, 5), das Buch mit sieben Siegeln (Offb 5, 6). Der > Rigveda wurde nach altindischer Überlieferung aus > Brahman ausgehaucht. Das heilige Buch der Sikh (> Adi-Granth) wird im Tempel zu Amritsar auf seidenem Kissen als der lebendige Sahib (Herr) verehrt. Der Koran soll schon vor seiner historischen Aufzeichnung im Himmel existent gewesen sein.
Der Schwörende legt seine Hand auf das heilige B. Das B. ist Attribut von > Aposteln, > Evangelisten, > Heiligen und Gelehrten. Das Essen eines Buches oder einer Buchrolle bedeutet die Aufnahme des göttlichen Wortes in das > Herz. Das geschlossene Buch ist ein Symbol des Möglichen und Geheimnisvollen.
Bei > Paracelsus, Joh. > Arndt und Jakob > Böhme verbindet sich das B. als Lehre der Natur mit der > Signaturenlehre.
Das B. kann aber auch das tote Buchwissen symbolisieren. „Unser Schulbuch sei vernichtet“ (Schiller: „An die Freude“, 1786). „Es nimmt kein Ende mit dem vielen Bücherschreiben, und viel studieren ermüdet den Leib“ (Koh 12,12). Wer nicht im B. des Lebens verzeichnet war, wurde in den Feuersee geworfen (Offb. 20,15).
Lit.: Koep, Leo: Das himmlische Buch in Antike und Christentum: eine religionsgeschichtliche Untersuchung zur altchristlichen Bildersprache. Bonn: Hanstein, 1952; Loerke, Wilhelm: Der Codex purpureus Rossanensis: Buch, Kunstobjekt. Roma: Salerno Ed. [u. a.], 1985; Müller, Inga-Kirsten: Buch und Bibliothek als Symbol in der europäischen Malerei und Grafik. Ein exemplarischer Überblick von der Antike bis zur Gegenwart. Hannover, Fachhochsch., Dipl.-Arb., 1997; Funke, Fritz: Buchkunde: ein Überblick über die Geschichte des Buches. München: Saur, 1999.
Buch Abramelin > Abramelin.
Buch Daniel (engl. Book of Daniel; it. Libro di Daniele), ein Buch der Bibel, dessen Abfassung in seiner heutigen Gestalt in die Makkabäerzeit fällt, jedoch eine längere Entstehungsgeschichte hat, wofür der Umstand spricht, dass Teile des Buches in Hebräisch (1,1-2,4a; 8-12), andere in Aramäisch (2,4b-7,28) und wieder andere in Griechisch (3,26-90; Kap. 13 und 14) abgefasst sind. Trotz dieser literarischen Verschiedenheiten gehört das B. als Ganzes zur > Apokalyptik. Der Verfasser schaut in einer Reihe von Gesichten den Lauf der Geschichte seines Volkes vom Babylonischen Exil bis zur schweren Unterdrückung in der Makkabäerzeit durch den syrischen König Antiochos IV.
Das B. ist besonders reich an paranormologischen Themen, die von diesem Gesichtspunkt aus in der Exegese kaum berücksichtigt werden. Es geht dabei vor allem um folgende Stellen: Nebukadnezars Traum von den Weltreichen und die Deutung durch Daniel (2,1-49) – Die drei Jünglinge im Feuerofen – Nebukadnezars Traum vom stolzen Baum und die Deutung durch Daniel (3,98-4, 34) – Daniel in der Löwengrube (6,2-29) – Daniels Vision von den vier Tieren und vom Menschensohn (7,1-28) – Daniels Vision von > Widder und > Ziegenbock (8,1-27) – Die > Weissagung von den siebzig Jahrwochen (9,1-27) – Die letzten Offenbarungen an Daniel (10,1-12,13) – Die Rettung der Susanna.
Lit.: Mertens, Alfred: Das Buch Daniel im Lichte der Texte vom Toten Meer. Würzburg [u. a.]: Echter [u. a.], 1971; Bauer, Dieter: Das Buch Daniel. Stuttgart: Verl. Kath. Bibelwerk, 1996; Santoso, Agus: Die Apokalyptik als jüdische Denkbewegung: eine literarkritische Untersuchung zum Buch Daniel. Marburg: Tectum-Verl, 2007.
Buch der Formeln, Verzeichnis von Beschwörungsformeln. Als magisches Buch enthält es alle Beschwörungs- und Zwangsformeln an den Geist oder das Wesen, das man anruft oder beschwört. Die Formeln beinhalten meist verschiedene Decknamen, deren Dechiffrierungsschlüssel nur Auserwählten Mund zu Ohr kundgetan wird. Eine Profanierung wird bestraft. Früher wurde dies sogar mit dem Tod geahndet.
Im Gegensatz zum > Grimoire mit seinen Beschwörungen und Zaubersprüchen, die allein durch ihre Anwendung wirken sollen, ist das B. ein regelrechtes Vormerkbuch, in dem der wahre Magier seinen gesamten Arbeitsvorgang vom Beginn bis zum Ende der magischen Handlung vermerkt. Um dem Umstand vorzubeugen, dass das B. in falsche Hände gerät, versieht er einen Punkt nach dem anderen mit Decknamen.
Lit.: Bardon, Franz: Die Praxis der magischen Evokation: Anleitung zur Anrufung von Wesen uns umgebender Sphären. Freiburg i. Br.: Hermann Bauer, 21956.
Buch der Geheimnisse, bekanntes anonymes Werk, das > Albertus Magnus zugeschrieben wurde, wie auch der vollständige Titel der Straßburger Ausgabe von 1519 lautete: Das buch der versamlung / oder das buch der heimligkeiten Magni Alberti / von artzney vnd tugenden der krüter vnnd edelgestein / vnd von etliche wolbekanten thieren.
Albertus galt gleichermaßen als Mann der > Magie wie auch als Mann der Wissenschaft. Doch wenngleich der Text persönliche Hinweise auf ihn enthält und einige Passagen über > Edelsteine einem seiner Werke entnommen sind, wurde die Schrift wohl von einem seiner Anhänger verfasst. Jedenfalls zeigt das Werk, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, wie fasziniert jene Zeit von den Geheimnissen war, die man sowohl Pflanzen, Edelsteinen, Tier- und Vogelarten als auch bestimmten Teilen des menschlichen Körpers zuschrieb.
Das B. lehrt die Tugend der sieben Kräuter: Narzisse, Knöterich, Chynostatus („hundstrübel oder capres“?), Wegerich, Fünffingerkraut, Bilsenkraut, Eisenkraut. Informativ sind auch die Kommentare über verschiedene Steine und Wildtiere.
Lit.: Albertus Magnus: Das buch der versamlung: oder das buch d’heimligkeiten Magni Alberti von artzney vnd tugenden der krüter vnnd edelgestein, vnd von etliche wolbekanten thieren. Straßburg: Knobloch, 1516, 40 Bl.
Buch der Geister (engl. Book of Spirits / The Spirits’ Book; fr. Le Livre des Esprits), katechismusartige Sammlung von systematisierten Äußerungen „Jenseitiger“ durch Allan > Kardec, der sich für die Wiedergeburt eines > Druiden hielt. Das französische Original erschien 1856 und erfuhr bis heute zahlreiche Auflagen und Übersetzungen. Nach den Ausführungen Kardecs ist jeder ein > Spiritualist, der davon überzeugt ist, dass in ihm noch etwas anderes steckt als bloße Materie. Das immaterielle, individuelle Wesen, die > Seele, welche in uns wohnt, überlebt unseren Körper, kann aber wiedergeboren werden.
Lit.: Kardec, Allan: Das Buch der Geister: die Grundsätze der spiritistischen Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, der Natur der Geister, ihren Beziehungen zu den Menschen; die Sittengesetze, das irdische und das künftige Leben und die Zukunft der Menschheit; nach Kundgebung höherer Geister durch verschiedene Medien / M. e. Vorw. v. Hans Geisler. Freiburg i. Br.: Bauer, 31989.
Buch der Heptade und der Schatten (arab. „Kitab al-haft wa al-azilla“), von ´alawitischen und ismailitischen Gemeinden tradierte arabische > Apokalypse. Ihre Abfassung wird Muhammad ibn Sinan aus Kufa zugeschrieben, der sie über Mufaddal ibn ´Umar als Offenbarung des Imams Gafar al Sadiq erhalten haben soll.
Der Inhalt ist ein gnostischer Schöpfungs- und Erlösungsmythos. Gott schuf mittels eines „schattenwerfenden Lichts“ sieben Himmel und darunterliegende Paradiese. In den Himmeln und dann in den > Paradiesen wohnen > Geister in > Lichtleibern, die Gott auf die Erde schickt, wo sie ihre himmlische Herkunft vergessen und erst durch die Imame wieder daran erinnert werden. Durch deren Unterweisung können sie Stufe für Stufe in ihre ursprüngliche Heimat zurückkehren.
Lit.: Halm, Heinz: Die islamische Gnosis: die extreme Schia und die ´Alawiten. Zürich; München: Artemis, 1982.
Buch der Jubiläen > Jubiläenbuch.
Buch der Klarheit (hebr. „Sefer ha-bahir“), Schrift der > Kabbala. Sie entstand im 12. Jh. in der Provence, soll aber auf wesentlich frühere Quellen zurückgehen. Durch die > Hypostasierung göttlicher Kräfte wird hier das erste kabbalistische System entwickelt. Die > Sefirot, die im Buch der Schöpfung als Zahlenwerte auftraten, werden als äonische Lichtwesenheiten personifiziert, welche in ihrer Gesamtheit das Bild des > Weltenbaumes als charakteristische Erscheinungsform des Göttlichen ergeben.
Lit.: Das Buch Bahir: ein Schriftdenkmal aus der Frühzeit der Kabbala auf Grund der kritischen Neuausgabe. Darmstadt: Wiss. Buchges. [Abt. Verl.], 41989.
Buch der Natur, Natur als Offenbarung Gottes. Seit > Augustinus gibt es im christlichen Denken die Vorstellung, dass Gott sich nicht nur in der Heiligen Schrift, sondern auch in der Natur offenbare, weshalb die Natur eine Quelle der Erkenntnis Gottes und somit das zweite Buch der > Offenbarung sei. Nach > Galilei ist das B. in mathematischen Lettern geschrieben.
Lit.: Rothacker, Erich: Das „Buch der Natur“: Materialien und Grundsätzliches zur Metapherngeschichte. Bonn: Grundmann, 1979.
Buch der Schatten (engl. Book of Shadows; it. Libro delle ombre), Zauberbuch des neuzeitlichen Hexenglaubens.
Es handelt sich dabei um eine Art Arbeitsbuch, das eine Hexe (oder ein Hexer) nach der Initiation handschriftlich von der sie einweihenden Priesterin (oder dem Priester) kopiert und nach ihren Bedürfnissen ein Leben lang erweitert. In diesem B. wird neben Rezepten, Zaubersprüchen, Mixturen, Visionen, Meditationen und Ritualen alles verzeichnet, was die Hexe oder der Hexer bei der Arbeit erlebt, fühlt und denkt. Es finden auch Abhandlungen zu verschiedenen magischen Themen Platz.
Der Begriff wurde von Gerald Brosseau > Gardner (1884 –1964) mit The Book of Shadows (Buch der Schatten) geprägt. Dieses Buch ist die grundlegende Schrift des von Gardner 1950 gegründeten neuzeitlichen > Hexenkultes. Der genaue Inhalt wird von der Wicca-Religion geheim gehalten und nur anderen Initiierten mitgeteilt. Gardner veröffentlichte bereits in der 1949 unter einem Pseudonym erschienenen Novelle High Magic Aid die wichtigsten Rituale des Buches, die er angeblich 1939 bei seiner Einweihung in einem Hexenkult kennenlernte. Nach Gardner handelt es sich bei dem B. um ein uraltes Werk. Die modifizierte Version eines Gedichtes von Rudyard Kipling, Auszüge aus der Gnostischen Messe und dem Book of Laws (Buch der Gesetze) von Aleister > Crowley sowie Entlehnungen aus dem 1899 von Charles Godfrey Leland (1824 –1903) veröffentlichten Buch Aradia, or, The Gospel of the Witches sprechen jedoch für einen neueren Ursprung. Man vermutet sogar, dass Crowley selbst an der Abfassung beteiligt war, zumal das B. auch eine Ethik verkündet, die mit der Maxime Crowleys für das Zeitalter des Horus – „Tu, was du willst“ – identisch ist.
Andere Hexengruppen benutzen ebenfalls Auszüge aus dem B.
Lit.: Leland, Charles Godfrey: Aradia, or, The gospel of the witches. London: David Nutt, 1899; Gardner, Gerald B.: Gardner’s book of shadows [edited by] Robin B. May. Mt. Shasta, CA: Star Rising Publishers, 2000.
Buch der Schöpfung (hebr. Sefer Yezira), kosmogonische Schrift der > Kabbala, die von der kabbalistischen Tradition in das 2. Jh. zurückdatiert wird, in ihrer Schlussredaktion jedoch aus dem 9. Jh. stammen dürfte. Sie enthält die Beschreibung der Schöpfung aus den > Zahlen eins bis zehn und den > Buchstaben des hebräischen Alphabets. Die Zahlen fungieren dabei als Grundkräfte allen Seins, > Sefirot genannt, während die Elemente des Universums aus den Buchstaben entstehen, indem Gott selbst sie auf 32 geheimen Wegen der Weisheit bearbeitet und in verschiedener Form anordnet. Jeder Buchstabe hat eine geheime Bedeutung, die jeweils auf den drei verschiedenen Ebenen von Sternenwelt, Mensch und Zeit erläutert wird.
Lit.: Das Buch Jezira = Sefer Yesîra / Eveline Goodman-Thau; Christoph Schulte; Johann Friedrich von Meyer. Berlin: Akad.-Verl, 1993; Sefer Jezirah / übers. und komm. von Guillaume Postel. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 1994.
Buch der Verdammten (engl. Book of the Damned), das erste der vier berühmten Bücher von Charles Fort (1874 –1932), das 1919 veröffentlicht wurde. Fort versucht darin die konventionelle Einteilung des Denkens und der Wissenschaft durch eine Auflistung und Interpretation jener Phänomene herauszufordern, die für gewöhnlich verneint, wegerklärt oder ignoriert werden. Die „Verdammten“ werden von Fort als „die Daten, welche die Wissenschaft ausgeschlossen hat“, beschrieben.
Lit.: Fort, Charles: The Book of the Damned. New York: Boni and Liveright, 1919; The books of Charles Fort, with an introduction by Tiffany Thayer. New York, Pub. for the Fortean Society by H. Holt and Company, 1941; Fort, Charles: Das Buch der Verdammten. Aus dem Amerikan. übers. von Jürgen Langowski. Dt. Erstausg., 1. Aufl. Frankfurt / M. [u. a.]: Zweitausendeins [u. a.], 1995.
Buch der Wandlungen > I Ging.
Buch der Weisheit (griech. Sophia Salomonis; lat. Liber Sapientiae), apokryphes Buch des Alten Testaments. Es stammt aus der jüdischen Diaspora, wahrscheinlich aus Alexandrien, und ist das späteste Buch des AT. Geschrieben wurde es um 50 v. Chr. von einem griechisch sprechenden, hellenistisch geprägten Juden. Indem er in der Person des Königs Salomo spricht (vgl. 9, 7) stellt er sich in die Reihe der Weisheitsliteratur Israels, ohne jedoch Salomo mit Namen zu nennen. In der Vulgata wird von Hieronymus der lateinische Titel Liber Sapientiae gewählt, weil auch er schon überzeugt war, dass Salomon nicht der Verfasser sein konnte. Das Buch wurde nicht in den jüdischen Kanon aufgenommen und wird daher auch von den Protestanten, die dem jüdischen Kanon folgen, nicht als Teil der Bibel angesehen, wohl aber von den Katholiken und orthodoxen Christen, die der Septuaginta folgen, in der es enthalten ist.
Der Verfasser wendet sich tröstend und mahnend an die verfolgten Glaubensgenossen und ruft sie auf, die > Weisheit zu suchen, denn der Gerechte geht in Gottes Ruhe ein (4, 7). „Die Gerechten leben in > Ewigkeit, der Herr belohnt sie, der Höchste sorgt für sie“ (5, 15). „Die Frevler aber werden für ihre Pläne bestraft“ (3, 10). „Die Weisheit ist ein Hauch der Kraft Gottes und reiner Ausfluss der Herrlichkeit des Allherrschers, darum fällt kein Schatten auf sie“ (7, 25).
Lit.: Das Buch der Weisheit, aus d. Grundtext übers. u. erl. v. Eugen Henne. Paderborn: Schöningh, 1937; Sapientia Salomonis, ed. Joseph Ziegler. 2., durchges. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1980; Schmitt, Armin: Das Buch der Weisheit: ein Kommentar. Würzburg: Echter, 1986; Das Buch der Weisheit. Stuttgart: Verl. Kath. Bibelwerk, 1997.
Buch des Geheimnisses des Himmels und der Erde, äthiopische Apokalypse. Sie wurde im 14. Jh. von dem Mönch Yeshaq nach den Weisungen seines Lehrers niedergeschrieben, zumal es sich ausdrücklich um esoterische Inhalte handelt, die nur Eingeweihten mitzuteilen sind. Die Geschichte der Texte liegt im Dunkeln. Es lassen sich aber vier Abschnitte ausmachen. Der erste Abschnitt erzählt nach biblischer Tradition die Schöpfungs- und Urgeschichte und beschreibt dann phantasievoll das himmlische Jerusalem. Der zweite enthält eine Auslegung der Johannesapokalypse, während im dritten die trinitarischen Zusammenhänge behandelt werden. Der vierte Abschnitt befasst sich mit zahlensymbolischen Deutungen biblischer Motive. Vorbilder dieser Abhandlungen finden sich in biblisch-apokryphen, apokalyptischen und kabbalistischen Texten, doch ist alles sehr eigenwillig in äthiopischer Symbolsprache abgefasst.
Ausg.: The Book of the Mysteries or The Book of the Mysteries of the Heavens and the Earth and other Works of Bakhayla Mîkâ‘êl (Zôsîmâs) the Ethiopic texts ed. from the unique manuscript (Eth. 37 Peiresc) in the Bibliothèque Nationale / Bahayla Mîkâ’êl / 1935.
Buch des Glanzes (hebr. Sefer ha-Zohar), Buch Sohar, das Hauptwerk der jüdischen > Kabbala. Die wichtigsten Teile davon wurden mit großer Sicherheit von dem spanisch-jüdischen Kabbalisten > Mosche Ben Shem Tov, genannt Moses de León (1250 –1305), geschrieben. Indem Moses sein Hauptwerk dem alten Meister Simeon bar Yochai und seinen Freunden (2. Jh.) in den Mund legte, war seine Verfasserschaft Jahrhunderte hindurch unsicher. Das Werk hat jedenfalls zahllose Juden und Nichtjuden spirituell bereichert.
Lit.: Sefer ha-Zohar: Sefer Tiqqune ha-Zohar menuqad u-meturgam be-Lashon ha-Qodesh; Jerusalem: Yehuda Adri. 1998.
Buch des Lebens > Abulafia, Abraham ben Samuel; > Buch, Goldenes und Schwarzes.
Buch des Rechtschaffenen > Abulafia, Abraham ben Samuel.
Buch des Zoroaster, esoterischer Text, der im > Johannes-Apokryphon, einem gnostischen Dialogevangelium, als längerer Einschub zitiert wird. Der Einschub ist astrologischen Inhalts und beschreibt die Erschaffung des Urmenschen > Adam als Werk dämonischer Himmelsmächte. Den Körper des Menschen sollen 365 Dämonen gebildet haben, die im B. in ihrer Funktion namentlich genannt seien. Im Einschub werden lediglich 72 von ihnen aufgeführt. Diese Zahl scheint an altägyptische astronomische Lehren angelehnt, welche mit 36 Sternbildern (Dekanen) arbeiteten. Spätestens seit hellenistischer Zeit wurden die Dekane mit dem ebenfalls altägyptischen Konzept der Gliedervergottung in Zusammenhang gebracht, so dass jedem Dekan ein bestimmter Körperteil zugeordnet wurde. Eine mögliche Vorlage für das B. sind die sogenannten Salmeschiniaka, ein vermutlich aus hellenistischer Zeit stammendes astrologisches Werk, das 72 > Dekane kennt, die ebenfalls mit Körperteilen in Verbindung gebracht werden.
Lit.: Apocalypsis Johannis apocrypha: die drei Versionen des Apokryphon des Johannes; im Koptischen Museum zu Alt-Kairo / hrsg. von Martin Krause. Wiesbaden: Harrassowitz, 1962; Quack, J. F.: Dekane und Gliedervergottung. Altägyptische Traditionen im Apokryphon Johannis. In: Jahrbuch für Antike und Christentum, 1995.
Buch Dzyan (tibet. dzin (?), lernen), Name eines geheimnisvollen Buches, dem nach H. P. > Blavatsky der Hauptinhalt der „Geheimlehre“ (The Secret Doctrine) entnommen sei. Das Buch, das in sieben Strophen von der kosmischen Evolution und in zwölf Strophen von der Anthropogenesis, der wahren Schöpfung des Menschen, handelt, ist kaum verständlich. Nach der Schilderung Blavatksys habe sie in Tibet ein Exemplar unbestimmten Alters in Händen gehalten (Frick, 280).
Lit.: Frick, Karl R. H.: Licht und Finsternis II: Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert; Wege in die Gegenwart. Teil 2: Geschichte ihrer Lehren, Rituale und Organisationen. Graz: ADEVA, 1978.
Buch Ezechiel, alttestamentliche Botschaft des Propheten Ezechiel, der 597 v. Chr. von Nebukadnezzar in die Verbannung nach > Babylon geführt wurde. In dieser Botschaft ist die Rede von Schuld, Gericht und Umkehr, Heil, Wiederherstellung und göttlichem Erbarmen, aber auch von menschlicher Verantwortung. Jahwe, der Gott Israels, ist der Herr aller Völker.
Aus paranormologischer Sicht sind vor allem der Bericht über die > Berufung > Ezechiels zum > Propheten (1, 1-3, 27), die messianischen > Weissagungen (17, 22; 34, 23f; 37, 22-25), die Auditionen zum Kampf gegen Gog (38, 1-39, 29) und die > Visionen und > Auditionen vom neuen Israel (40, 1- 48, 35) zu nennen.
Lit.: Das Buch des Propheten Hesekiel (Ezechiel): Kapitel 20-48 / übers. und erklärt von Karl-Friedrich Pohlmann. Mit einem Beitr. von Thilo Alexander Rudnig. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2001; Sedlmeier, Franz: Das Buch Ezechiel: Kapitel 1-24. Stuttgart: Verl. Kath. Bibelwerk, 2002; Pohlmann, Karl F: Ezechiel: Der Stand der theologischen Diskussion. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2008.
Buch Jezirah (hebr. Sefer Jezirah, Buch der Schöpfung), das älteste eigenständig überlieferte Werk der > Kabbala. Man weiß allerdings nicht genau, wann der Text entstanden ist, in dem Bedeutung und Funktion der „32 Pfade der Weisheit“, nämlich der 10 > Sephirot oder Urzahlen und der 22 Konsonanten des hebräischen Alphabets, dargelegt werden. Der Text selbst wird auf das 6. Jh. zurückgeführt, während die ersten Kommentare zum Buch im 10. Jh. verfasst wurden.
Das B. beschreibt die Entstehung der Welt als Emanation Gottes. Im Gegensatz zur Bibel wird die Welt nicht aus dem Nichts, sondern aus Gott selbst geschaffen. Daher sind Gott und die Welt eine vollkommene Einheit. Das einigende Band der Welt sind die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets und die ersten 10 Zahlen, ausgedrückt durch die ersten 10 Buchstaben. Zusammen sind sie 32 wunderbare Wege zur Weisheit, auf die Gott seinen Namen gegründet hat. Sie unterscheiden sich in drei verschiedenen Formen: die > Sefar, die Zahlen, welche Verhältnisse, Gewicht, Bewegung und Harmonie ausdrücken; die > Sipur, das Wort und die Stimme des lebendigen Gottes; schließlich das > Sefer, die Schrift, die Schöpfung.
Für die 10 Sephirot gibt es kein Ende, weder in Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart noch im Guten oder Bösen. Die Grundlage des Weltplanes ist die Zahl 10. Mit ihrer Hilfe erkennt der Verstand das Sein der Welt und des göttlichen Handelns. Die 22 Buchstaben des Alphabets stellen hingegen die materielle Form des Geistes dar, die auch die Form alles dessen ist, was existiert.
Lit.: Postel, Guillaume: Sefer Jezirah Neudr. der Ausg. Paris 1552. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 1994; Das Buch der Schöpfung – Sefer Jezira / Hrsg. Klaus Herrmann. Frankfurt a. M.: Verlag der Weltreligionen, 2008.
Buch Joël, Wort des Herrn an Joël, den Sohn Petuëls. Mit dieser Überschrift ist ein alttestamentlicher Text überliefert, der wahrscheinlich von einem Autor im 5. oder 4. Jh. v. Ch. verfasst wurde. Von der Person des Propheten ist nichts Näheres bekannt. Die Schrift, die nur 4 Kapitel umfasst, enthält Teile, die sich stark voneinander unterscheiden. Die ersten beiden Kapitel spiegeln die Bußfeier wider, während die Kapitel 3 und 4 das zukünftige Heil Israels behandeln. Joël zitiert dabei auch prophetische Vorgänger und erweist sich in seinen Aussagen selbst als > Prophet.
Bei der Ankunft des „Tags des Herrn“, wird es einen Tag des Dunkels und der Finsternis geben, das Morgenrot breitet sich über die Berge aus, die Erde bebt, Sonne und Mond verfinstern sich (2, 1-11), am Himmel geschehen wunderbare Zeichen und wer den Herrn anruft, wird gerettet (3, 1-5), > Ägypten wird zur Wüste und Edom zur verödeten Steppe (4, 19).
Lit.: Schmalohr, Joseph: Das Buch des Propheten Joel. Münster i. W.: Aschendorffsche Verl.h., 1922; Bic, Milos: Das Buch Joel. Berlin: Evang. Verl.-Anst., 1960; Roth, Martin: Israel und die Völker im Zwölfprophetenbuch: eine Untersuchung zu den Büchern Joel, Jona, Micha und Nahum. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2005.
Buch Moses > Bücher Mose.
Buch Sacharja, Wort des Herrn an den Propheten Sacharja, des Sohnes Brechjas. Mit diesen einleitenden Worten beginnt das Buch des Propheten Sacharja, der im Blick auf das Kommen der endzeitlichen Gottesherrschaft den Eifer der Zeitgenossen zu einem mutigen und opferbereiten Handeln beim Wiederaufbau Jerusalems nach der Rückkehr aus Babylon anspornt.
Das Buch zerfällt in zwei deutlich voneinander geschiedene Teile. Den Schwerpunkt des ersten Teils (Kap. 1-8), der auf den Auftritt des Propheten in Jerusalem von 520 –518 v. Chr. zurückgeht, bilden acht Visionen, die den Plan Gottes zur Wiederherstellung des zerstörten Jerusalem und zur Neuordnung des begnadeten Gottesvolkes darlegen. Neben den Visionen mit symbolträchtigen Gestalten und Gegenständen erlebt der Prophet auch > Auditionen: „Danach erging an mich das Wort des Herrn“ (Sach 6, 9).
Die Entstehung des zweiten Teils (Kap. 9 –14) fällt in eine spätere Zeit, wie der andersartige geschichtliche Hintergrund und die weiterentwickelten Vorstellungen über die Endzeit erkennen lassen. Hier wendet sich der Prophet direkt dem Endgeschehen zu und warnt vor den falschen Propheten: „Die Wahrsager schauten Lügen. Sie verkündeten nichtige Träume und spendeten leeren Trost“ (Sach 10, 2).
Lit.: Elliger, Karl: Das Buch der zwölf Kleinen Propheten II. Die Propheten Nahum, Habakuk, Zephanja, Haggai, Sacharja, Maleachi. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1950; Lieth, Norbert: Der Prophet Sacharja – Vision für eine neue Zeit: was am Ende geschieht. Pfäffikon: Verl. Mitternachtsruf, 2002; Langenberg, Heinrich: Die Mission des Propheten Sacharja. Hamburg: Schriftenmission Langenberg, 2006.
Buch Thot (engl. Book of Thoth), alternative Bezeichnung des > Tarot aufgrund der 1781 von Antoine Court de > Gébelin aufgestellten Behauptung, eine altägyptische Weisheit als verborgene Bedeutung der Karten entdeckt zu haben. Sein Zeitgenosse, der Mathematiker Jean François > Alliette, der unter Umkehrung seines Namens in „Etteilla“ den wahrsagerischen Gebrauch der Spielkarten förderte, versuchte durch einige Veränderungen an den herkömmlichen Spielkarten den ägyptischen Tarot zu rekonstruieren. Sein Kartenspiel hatte er bereits 1770 unter dem Titel „Etteilla“ veröffentlicht, das reiche Verbreitung fand.
Gébelins ägyptische Deutung des Tarot wurde von der Forschung sehr bald widerlegt. Als 1799 der „Stein von Rosette“ gefunden wurde, der Jean-François > Champollion im September 1822 die Entzifferung der ägyptischen > Hieroglyphen ermöglichte, konnte eine Verbindung derselben zum Tarot nicht festgestellt werden. Dennoch wurden die Spekulationen von Gébelin und Alliette von einer Vielzahl geheimwissenschaftlicher
Gruppierungen aufgegriffen. Man sah im Tarot die alte „Geheimlehre“ überliefert und behauptete, sie entschlüsselt zu haben. 1944 gab Aleister > Crowley seinem Buch über Tarot den Titel Book of Thoth.
Lit.: Alliette, M.: Etteilla, ou manière de se récréer avec un jeu de cartes [Texte imprimé]. Paris: Lesclapart, 1770; Therion, Master (A. Crowley): The Book of Thoth. A short essay on the Tarot of the Egyptians. London: O.T.O, 1944; Therion, Meister: Das Buch Thot: eine kurze Abhandlung über den Tarot der Ägypter. München: Urania-Verl, 21983; Graf, Eckhard: Mythos Tarot: historische Fakten. Ahlerstedt: Param-Verl., 1989; Alliette: Das Buch Thot. [Krummwisch]: Königsfurt, 2003 [orig.-getreue Reproduktion des „Grand jeu de l’oracle des dames“. Paris, 1870].
Buch Urantia, stellt den Begriff „Urantia“ als den Namen des Planeten Erde vor. Es entstand zwischen 1924 und 1955 in Chicago, die genaue Autorschaft ist nicht bekannt. Darin wird der Anspruch erhoben, „umfassendere Konzepte und eine fortgeschrittene Wahrheit“ in einem „Versuch darzustellen, kosmisches Bewusstsein zu erweitern und die geistige Vorstellung zu erhöhen“. Das Buch mit ursprünglich 2.097 Seiten thematisiert Wissenschaft, Religion, Geschichte, Philosophie und Schicksal in 196 Aufsätzen. Eine verkürzte Form erschien unter dem Titel Urantia United.
Lit.: The Urantia Book. Chicago: Urantia Foundation, 1955; Synthese Urantia-Buch / [Hrsg.: Barbara Uthemann]. Graz: Salviad-Verl., 2007.
Buch vom Durchwandeln der Ewigkeit, Titel einer Textkomposition aus der Spätzeit Ägyptens, die in Theben auf Papyrus mit ins Grab genommen wurde, aber auch auf Stelen aus den frühen Jahren der römischen Herrschaft in > Ägypten aufscheint:
„Möge deine Seele im Himmel bei Re leben,
möge dein ka göttlich sein bei den Göttern,
möge dein Leib ruhen in der Unterwelt bei Osiris,
möge deine Mumie zu einem verklärten Geist (ach) werden vor den Lebenden,
dein Name sicher im Mund derjenigen, die auf Erden sind,
in diesem Buch vom Durchwandeln der Ewigkeit;
mögest du herausgehen am Tage,
mögest du dich vereinigen mit der Sonnenscheibe,
mögen ihre Strahlen dein Gesicht erleuchten“ (Forman, 171–172).
Lit.: Forman, Werner: Die Macht der Hieroglyphen: das Leben nach dem Leben im Alten Ägypten / Quirke, Stephen. Stuttgart: Kohlhammer, 1996.
Buch vom Tage > Buch von der Nacht.
Buch von der Erde > Buch von der Nacht.
Buch von der Nacht, Buch vom Tage, Szenen und Texte der späteren königlichen Ramessidengräber Ägyptens geringerer Bedeutung, die von den Ägyptologen „Buch von der Nacht“ und „Buch vom Tage“ genannt wurden. Die damit bezeichneten Texte dürften zu einer Litanei aus den Riten des Könighofes gehört haben, in welcher der König oder der an seiner Stelle agierende Priester zu Beginn jeder Stunde des Tages oder der Nacht die entsprechenden Worte verkündete. Dieses Ritual ist in Fragmenten aus dem Sonnenhof im Terrassentempel der > Hatschepsut erhalten geblieben sowie in den ptolemäischen Tempeln von Edfu, Philae und Dendata, die zwölf Jahrhunderte jünger sind.
Die Abbildungen und ein Teil der Texte dieser Bücher von der Nacht und vom Tage betonen die wichtige Pflicht des Königs, den Lauf der Sonne über den Himmel aufrechtzuerhalten und dadurch die Ordnung entgegen dem Chaos zu wahren.
Für die zwölf Stunden der Nacht ist im Grab Ramses VI. eine ganze Szenenfolge erhalten geblieben. Die Komposition betont insbesondere die dunklen regenerativen Kräfte der Erde und erhielt daher den Namen „Buch der Erde“, wobei bei der Reise der Sonne durch den Nachthimmel unter der Erde drei Erdgötter eine Rolle spielen (Forman, 127–128).
Lit.: Forman, Werner: Die Macht der Hieroglyphen: das Leben nach dem Leben im Alten Ägypten / Quirke, Stephen. Stuttgart: Kohlhammer, 1996.
Buch Zefanja, Schrift der „kleinen Propheten“ des Alten Testaments. Zur Entstehung gibt die Überschrift als Zeit die Epoche des Königs Joschita (641– 609 v. Chr.) an, in die auch die als echt geltenden Texte passen. Von Zefanja selbst ist außer den Angaben in 1,1 nichts weiter bekannt. Seiner Prophezeiung nach haben die Praxis fremder religiöser Riten, die Übernahme fremder Bräuche und der Verfall der Sitten den Zorn Gottes hervorgerufen.
Das B. weist drei Teile auf: die Strafankündigung gegen Juda, die anderen Völker (1,2-2,15) und gegen Jerusalem (3,1-8), sowie die Ankündigung der Bekehrung der Völker und des Heils für Jerusalem (3,9-20). Der Schlussabschnitt (3,16-20) wurde erst längere Zeit nach dem Exil angefügt. Der Tag des Herrn ist ein Tag der Abrechnung: Die Straßen sind entvölkert, die Städte verwüstet. Übrig bleibt „ein demütiges und armes Volk, das seine Zuflucht sucht beim Namen des Herrn“ (3,12).
Der Text vom „Tag des Herrn“ diente als Vorlage der berühmten kirchenmusikalischen Sequenz Dies irae (lat., „Tag des Zorns“).
Lit.: Weigl, Michael: Zefanja und das „Israel der Armen“: eine Untersuchung zur Theologie des Buches Zefanja. Klosterneuburg: Verl. Österr. Kath. Bibelwerk, 1994; Irsigler, Hubert: Zefanja. Freiburg i. Br.: Herder, 2002.
Buch, das schwarze (engl. black book; it. libro nero), Namenverzeichnis der Hexen, die in englischen Hexenprozessen erwähnt werden. Der oberste > Dämon eines jeden Bezirkes sei angehalten, diese Namenverzeichnisse mit großer Sorgfalt aufzubewahren, da ein Verlust den Tod aller > Hexen zur Folge habe.
Im Übrigen hat die Bezeichnung „Das Schwarze Buch“ ganz allgemein die Bedeutung einer Auflistung von Rechtsbrüchen und den damit zusammenhängenden Personen, Handlungen und Gegenständen.
Lit.: Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.
Buch, Goldenes und Schwarzes, „Tugendbücher“ des heiligen > Nikolaus von Myrna (4. Jh.). Beim Einkehrbrauch des hl. Nikolaus am 6. Dezember übernimmt dieser die Rolle eines gütigen Richters, der nach dem Volksglauben sein Wissen um die Tugenden der betreffenden Personen dem „Goldenen Buch“ und jenes über die Untugenden dem „Schwarzen Buch“ entnimmt. Die Vorstellung von himmlischen, von Gott oder Göttern geführten Büchern, hat eine alte Tradition. So hatte der ägyptische Götterhimmel in > Thot, der babylonische in > Nabo einen Schreibergott. In der Bibel ist die Rede vom > Buch des Lebens als Verzeichnis der Guten: „Wer nicht im Buch des Lebens verzeichnet war, wurde in den Feuersee geworfen (Offb 20,15; Ex. 32, 32f; Dan 21,1; Ps 69,29; Offb 3,5). Danach werden auch die Toten beurteilt: „Und Bücher wurden aufgeschlagen; auch das Buch des Lebens wurde aufgeschlagen. Die Toten wurden nach ihren Werken gerichtet, nach dem, was in den Büchern aufgeschrieben war“ (Offb 20,12).
Das Buch ist das biblische Symbol der Allwissenheit Gottes. Der hl. Nikolaus belohnt an seinem Festtag nach alter Tradition in Befolgung der Aufzeichnungen der himmlischen Bücher die Guten mit Gaben, die Bösen lässt er leer ausgehen und ermahnt sie zum Guten.
Lit.: Meisen, Karl: Nikolauskult und Nikolausbrauch im Abendlande: eine kultgeographisch-volkskundliche Untersuchung. Düsseldorf: Schwann, 1981; Becker-Huberti, Manfred: Der heilige Nikolaus: Leben, Legenden und Bräuche. Köln: Greven-Verl., 2005.
Buchanan, Joseph Rodes (*11.12.1814 Frankfort, Kentucky, USA; † 26.12.1899 San José, Kalifornien). B. promovierte 1842 an der Louisville Universität in Medizin und war von 1846 bis 1856 Professor für Physiologie am Eclectic Medical Institute in Covington, Kentucky, wo er von 1849 bis 1856 das Journal of Man herausgab. In der Folge war er an einem ähnlichen Kolleg in New York und in Boston tätig.
B. bezeichnete sich als den Entdecker des „Phrenomesmerismus“ und veröffentlichte 1843 einen phrenologischen Atlas mit einer neuen Einteilung der Gehirnregionen, wobei er schon 1838, noch vor der Lokalisierung des „Gefühlszentrums“ durch David Ferrier, die „Sensibilitätsregion“ ausmachte. Er beobachtete nämlich an einem gewissen Mr. Charles Inman, dass wenn dieser mit seinen Händen für kurze Zeit den Kopf eines Menschen berührte, er in der Lage war, erstaunlich genaue Angaben über dessen Charakter zu machen, was ihm auch bei völlig fremden Personen gelang. Im Zuge weiterer Experimente stellte B. fest, dass Inman dieselbe Fähigkeit aufwies, sobald er einen Brief oder einige Zeilen von jemandem auch nur einen Augenblick anfasste. Dabei brauchte er keinen Blick auf die Schrift zu werfen oder gar Kenntnis vom Inhalt zu nehmen. Für diese bis dahin unbekannte psychische Fähigkeit prägte er 1942 den Begriff > Psychometrie (griech. psyche, Seele; metreo, messen), worunter er ganz allgemein das „Messen“ durch die Seele oder das Erfassen und die Abschätzung aller Dinge verstand, die sich im Bereich der menschlichen Intelligenz befinden. Reaktionen dieser unbekannten psychischen Kraft verband er mit der „Sensibilitätsregion“. Einen höchst ungewöhnlichen Sinn für atmosphärische, elektrische und physikalische Zustände stellte er bei dem Baptistenbischof Leonidas Polk fest. So brauchte Polk in der Dunkelheit nur ein Stück Metall zu betasten und wusste sekundenschnell, das es z. B. Messing war. Zugleich spürte er einen typischen Geschmack auf der Zunge. Am Geschmack konnte er bei verbundenen Augen auch jedes andere Metall erkennen. Weitere Versuche anhand von Schriftstücken und Fotos, vor allem mit seiner sensitiv begabten Frau Cornelia, führten ihn zur Aussage, dass auch Vergangenheit und Zukunft erfahrbar seien. Jeder Gegenstand, so auch der menschliche Körper, verfüge über eine subtile Emanation, die er „Nervenaura“ nannte.
Die Psychometrie ist für B. eine grundsätzlich menschliche Fähigkeit, die nicht der Geister bedarf, wenngleich er die spiritistische Hypothese nicht prinzipiell ablehnte. So war er von 1849 –1855 der einzige Mediziner, der die > Fox-Schwestern verteidigte. Bei den Experimenten mit seiner Frau erhielt er in > direkter Schrift eine Botschaft vom „hl. Johannes“ und bei weiteren Sitzungen dieser Art sogar ein Porträt von Moses und anderen (Primitive Christianity). Diese Aussagen stießen natürlich auf Skepsis und stellten seine Arbeit in Frage. B. war jedoch ein intelligenter und ehrlicher Mediziner und Wissenschaftler.
W. (Auswahl): Manual of Psychometry: The Dawn of a New Civilization. Boston: F. H. Hodges, 1889; Primitive Christianity. San Jose, CA: Joseph Rodes Buchanan, 1897– 1898.
Buchanan, Spuk von. 1870 fanden in der Gemeinde Buchanan bei Lexington, Virginia, USA, im Haus des Baptistenpfarrers G. C. Thrasher spukartige Ereignisse statt, die von diesem untersucht und dokumentiert wurden. Die Umtriebe begannen im November 1870 und schienen mit einer jungen Hausangestellten namens Anna Pring in Zusammenhang zu stehen. Ein in Lexington erscheinendes Blatt, die Gazette, fasste ein von Pfr. Thrasher erhaltenes Schreiben wie folgt zusammen: „Fünf Tage der vergangenen Woche hindurch waren die Manifestationen häufig, vielfältig und heftig. Ziegelsteine, alte Knochen, Holzklötze, Kornähren, Steine usw. flogen im Hause herum, ohne dass man hätte sagen können wie, und im Wohnzimmer und in den Schlafkammern wurde ein ums andere Mal alles auf den Kopf gestellt. Eines Tages befanden sich zwei junge Damen im Hause, die durchaus dem Geheimnis auf die Spur zu kommen versuchten. Zu diesem Zwecke brachten sie die Wohnstube in Ordnung, verriegelten sämtliche Türen, schickten Anna Pring mit dem Söhnchen von Mrs. Thrasher, das den Aufpasser ihr gegenüber spielen sollte, in die Küche und trugen sämtliche Schlüssel in das Zimmer der Hausfrau. Das alles hatte nur wenige Minuten gedauert, doch als sie in die Wohnstube zurückkehrten, fanden sie die Türen offen, die Bücher vom Mitteltisch auf dem Boden verstreut, die Lampen vom Kaminsims auf den Boden gestellt und alles übrige im Durcheinander; und was das ganze noch rätselhafter machte: es stak ein fremder Schlüssel, der in kein Schloss im Hause passte, im Schlüsselloch der Wohnzimmertüre…“ (nach Thursten, 174).
Für Thrasher war alles so unerträglich, dass er seinen Wohnsitz nach Tennessee verlegte, wie er in einem Brief schrieb: „Die Manifestationen dauerten in meinem Hause in Virginia vier Monate lang an und hörten erst eine Woche vor meiner Übersiedlung in den neuen Wohnort auf. Es ist mir nicht gelungen, der Ursache auf die Spur zu kommen; sie ist noch immer in tiefes Dunkel gehüllt“ (nach Thurston, 175).
Lit.: Thurston, Herbert: Poltergeister / Mit einem Vorw. v. Gebhard Frei. Luzern: Räber & Cie., 1955; vgl. Spiritual Magazine vom April 1871, das einen Brief von einem Korrespondenten aus Virginia enthält, und: Crowell, Eugene: The Identity of Primitive Christianity and Modern Spiritualism, vol. 1. New York: C. W. Carleton & Co.; London: Trubner & Co.: London, 1874, S. 183 –186.
Buchdrucker (engl. printer; it. tipografo). Zu den B.n wurden neben den eigentlichen Druckern auch die Schriftgießer und Schriftsetzer gezählt. Bei dieser Zunft hat sich noch ein Rest einer alten Gesellenweihe erhalten, die seit dem Mittelalter in vielen Handwerken üblich war und letzten Endes auf uralte primitive Jünglingsweihen zurückgeht. Es ist dies das sog. „Gautschen“ (Grimm, 4, Sp. 1589 –1592), bei dem der Lehrling nach Beendigung der Lehrzeit in ein mit Wasser gefülltes Gefäß getaucht wird. Zur Bestätigung wird ihm ein vom Lehrherrn und allen Gehilfen unterzeichneter „Gautschbrief “ ausgehändigt.
Lit. Grimm, Jakob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. Vierten Bandes erste Abteilung. Leipzig: Hirzel, 1878.
Buche, gehört zur Familie der Buchengewächse (Fagaceae), ist ein Waldbaum mit silbergrauem Stamm und glatter Rinde. Die Blätter sind eiförmig, mittelgroß und wachsen so dicht, dass die B. starken Schatten spendet. Sie ist der charakteristische Baum der Wälder Mitteleuropas, wo immer sie Böden mit guter Wasserversorgung findet, und wird bis zu 30 Meter hoch. Die Blüte beginnt meist Ende April / Anfang Mai. Aus den Blüten entwickeln sich die bekannten Buch-
eckern. Die Pollenproduktion ist nicht sehr groß und die Allergenität gering bis mäßig.
Inhaltsstoffe: Kreosot, Fettstoffe, Protein.
Verwendete Pflanzenteile: Rinde, Holz, Teer, Blätter, Bucheckern (Samen, Früchte).
Sammelzeit: Holz im Winter, Blätter im Mai, Früchte im Oktober.
Heilwirkung: Die Rinde wirkt fiebersenkend, hustenstillend und fördert den Auswurf; die Blätter kann man bei Geschwüren auflegen, frische Blätter können auch gegessen werden; die Blüten werden unter dem Namen „Beech“ als Bachblüte verwendet; die öl- und eiweißhältigen Bucheckern, einst Nahrungsmittel für Tier und Mensch, können getrocknet wie Mehl verwendet werden oder der Zubereitung von Speiseöl dienen.
Sonstige Verwendung: Möbel, gutes Feuerholz, Dachschindeln, Räucherholz für Lebensmittel, Holzkohle, Seife. Aus der B. entstanden die ersten beweglichen Lettern Gutenbergs; auch der Begriff „Buch“ leitet sich von der B. ab.
Symbolische Bedeutung: Festigkeit, Sicherheit, Schutz, Klarheit und rechtes Maß, innere Stärke und Potenz, seelischer Frieden, Maria als nährende Mutter.
Brauchtum: Die bei > Neumond gehauene B. ist dauerhaft. Blitzregel: Eiche weiche, Fichte flüchte, Weide meide, Buche suche.
Mythologische Bedeutung: Unter der Hexenb. sitzen die Hexen; ein mit T bezeichnetes Buchenblatt, das Mensch oder Vieh eingegeben wird, soll allen Schaden heilen und vor Hexen schützen.
Der Planet der B. ist > Saturn, ihr Element ist die Luft, ihre Schwingung ist heiß. Die B. ist der > Diana geweiht.
Magische Kraft: Die besondere Kraft der B. kommt in der > Wunschmagie, im > Fruchtbarkeitszauber, in der > Kreativität und > Orakelkunst zum Tragen. In der Edda (Sigurdrifa) ist die Rede davon, dass die auf Buchenbrettchen geschnitzten > Runen auch zur Wahrsagung dienten.
Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HdA). Bd. 1. Berlin: Walter de Gruyter, 1987; Magister Botanicus: Magisches Kreutherkompendium; ein erweytertes wahrhaft ergötzliches Werk ueber die magischen Verrichthungen mit Kreuthern und den zauberischen Kräfften der Pflanzen sowie dehren medicinalischer Beteuthungen. 2., überarb. u. erg. Aufl. Speyer: Die Sanduhr – Fachverlag für altes Wissen, 1995; Turok, Jozef: Genetische Untersuchungen bei der Buche: genetische Anpassungsprozesse und die Erhaltung von Genressourcen in Buchenwäldern (Fagus sylvatica L.). [Hrsg.: Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten, Landesamt für Agrarordnung
Nordrhein-Westfalen]. Münster: Landwirtschaftsver-
lag, 1996; Hageneder, Fred: Geist der Bäume: eine ganzheitliche Sicht ihres unerkannten Wesens. Saarbrücken: Neue Erde, 2004.
Buchela (Pseudonym), Margarethe Goussanthier geb. Meerstein (*12.10.1899 Honzrath, Deutschland; † 8.11.1986 Bonn), „Seherin von Bonn“, „Phythia vom Rhein“.
Ihren Angaben zufolge wurde sie unter einer > Buche geboren, worauf sich ihr Künstlername bezieht. Ihr Vater war Hausierer und so zog sie schon als Kind durch die Lande. Ihre Sehergabe entdeckte B., als sie den Tod des Bruders voraussah. Ihre weitere Kindheit verbrachte sie im Waisenhaus. Später heiratete sie Adam Goussanthier. Nach dem Krieg lebte B. in Remagen, wo u. a. Konrad Adenauer zu ihren Besuchern zählte. Als sie ihm für 1953 den Wahlsieg voraussagte, obwohl alle Umfragen dagegen sprachen, wurde sie bekannt. Erhebliche Bekanntheit verdankte sie auch ihrer Beteiligung an der Aufklärung der Soldatenmorde von Lebach im Saarland / Deutschland (1969).
Könige und Präsidenten suchten sie auf und vermutlich auch viele ranghohe Politiker.
Ihr Vermächtnis hinterließ sie in dem Buch „Ich aber sage euch“.
W.: Ich aber sage euch: d. Vermächtnis e. grossen Seherin. München: Droemersche Verlagsanstalt Knaur, 1983.
Bücher Jeu (engl. Books of Jeu; it. Libri di Jeu), Erstes und Zweites Buch Jeu aus dem Codex Brucianus. Es handelt sich dabei um gnostische Texte aus dem 4. Jh., deren Rahmenhandlung aus Offenbarungsreden Jesu besteht. Der Hauptgegenstand von 1 Jeu ist die Gottheit Jeu, die als eine Emanation des höchsten Gottes Myriaden von Wesen hervorbringt, welche die Lichtwelten, „Schätze“ genannt, bevölkern. Darauf beschreibt ein Hymnus die Einsetzung, von > Archonten, > Dekanen und > Liturgen in dreizehn > Äonen durch Jeu und auf Veranlassung durch das „Erste Mysterium“. In diesen Äonen sind die Glieder Jesu verstreut. Am Ende des Hymnus ist ein Erlösungsvorgang beschrieben, der darin besteht, dass das „Erste Mysterium“ die verstreuten Glieder Jesu wieder einsammelt und die Äonenschöpfung damit rückgängig macht. Im dritten Teil durchwandert Jesus mit den Jüngern die Lichtwelten, wobei magische Werkzeuge, die Kenntnis von Namen und Zahlen, erforderlich sind, um durchzukommen. Jesus lehrt die Jünger einen übergeordneten Namen, der für alle Durchgänge gilt.
In 2 Jeu geht es ausschließlich um die belehrende und zeremonielle Vorbereitung der Jüngerinnen und Jünger für die Reise durch die Äonen (> Seelenreise).
In beiden Texten machen initiatorische > Mysterien die wichtigsten Inhalte der Lehre aus.
Lit.: Koptisch-gnostische Schriften: die Pistis sophia. Die beiden Bücher des Jeu. Unbekanntes altgnostisches Werk / Carl Schmidt (Hrsg.). Berlin: Akad.-Verl, 21954.
Bücher Mose. 1. Die ersten fünf Bücher des AT, die in Anlehnung an die LXX (Septuaginta) auch Pentateuch (griech., fünf Schriftrollen) genannt werden. Es sind dies: Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium, die fast unverändert in das Lateinische übernommen wurden. Die Juden nennen diese Bücher Tora, Weisung, Gesetz. Der Pentateuch ist eine komplexe Zusammenführung von Quellenschriften, die im 5. Jh. v. Chr. die vorliegende Endgestalt erhielten.
2. Neben diesen Büchern sind noch die > Apokryphen Schriften zu nennen, die unter dem Namen Mose kursieren, so Moses-Apokalypse, Moses-Himmelfahrt, Moses-Testament.
Im 4. Jh. erschien dann eine Schrift unter dem Titel Das achte und zehnte Buch Moses, ein Papyrus, der zu den Papyri Graecae Magicae zählt und ein langes Ritual, eine Unterweisung durch den Erzengel, ein Gebet Mose an die Mondgöttin > Selene sowie einen Hinweis auf einen Schlüssel des Moses enthält, in dem zusätzliche Riten und Geheimnamen zu finden sind. Die Bezeichnung 8. und 10. Buch erklärt sich dahin, dass diese Zahlen in der spätantiken Symbolik als vollkommen galten. Moses wurden noch weitere Bücher zugeschrieben, so Das Schwert des Mosis (Bloch, 7), eine Zusammenstellung von Zaubersprüchen aus dem Mittelalter in hebräischer Sprache, in Nachahmung ähnlicher Titel magischer Schriften in den ersten christlichen Jahrhunderten als Ergänzung der fünf Bücher Mosis.
3. Im 18. Jh. erschienen dann erste magische Rezeptbücher mit angeblichen Beschreibungen von Zauberkünsten des Moses am Hof des Pharao. Am 28. März 1797 wurde im „Allgemeinen Literarischen Anzeiger“ ein VI. et VII. Liber Mosis angeboten und 1849 erschien auf dieser Basis beim Verlag Scheible in Stuttgart das 6. und 7. Buch Mosis in einem Band, das bis heute die verschiedensten Auflagen erlebte. Es handelt sich dabei um ein > Grimoire, ein > Zauberbuch mit einem Gemisch aus volkstümlichem Zauber und fragwürdigen Hausmitteln.
Darüber hinaus kursiert noch das „Buch Jezirah“ mit dem sechsten, siebten, achten, neunten, zehnten und elften Buch Moses.
Sicher ist, dass eine Anzahl der > Höllenzwänge Fausts sich auf die „Tradition des 6. und 7. B. M. Bibliae Arcano Magicae“ (Scheible, 5, 1107) wie auch auf das Buch „Beschwörung des Moses“ (Buch Jezirah, 51) bezieht.
Ferner gibt es bereits ein Zwölftes und Dreizehntes Buch Moses und vermutlich kommen noch weitere hinzu. Doch wenngleich diese Veröffentlichungen häufig auf die besonders getreue Beachtung der Wiedergabe alten Wissens verweisen, sind die wiedergegebenen Texte zumeist kunterbunt aneinandergereiht und oft ganz verschiedener Herkunft, sofern sie nicht einfach rückdatiert werden. So enthält ein B. des heutigen Büchermarktes zwei Bücher als „magisch-sympathetischen Hausschatz“ mit volksmedizinischen Anweisungen zur Pflege der geistigen und körperlichen Gesundheit, ein Buch zur „Schule magischer Wunderkräfte“, wie sie von der Kabbala mitgeteilt wurden, ein „Romanus-Büchlein oder Gott der Herr bewahre meine Seele“, eine „Engel-Hülfe zu Schutz und Schirm in großen Nöten“, „Das heilige Sales-Büchlein oder die Glücks-Ruthe“ und schließlich das Buch „Der wahrhaftige feurige Drache oder die Herrschaft über die himmlischen und höllischen Geister und über die Mächte der Erde und Luft“ nebst einem Postskriptum aus dem großen Buch von König Salomo. Als Vorlage wird ein in Frankreich aufgefundenes Manuskript von 1522 genannt.
Gleich den frühesten Texten, die Moses als dem großen Magier zugeschrieben wurden, sind auch diese Texte vor allem auf ihren Realitätsgehalt zu überprüfen, besonders dort, wo es um körperliche und seelische Gesundheit geht, zumal die reine geschichtliche Absicherung diesbezüglich nichts besagt.
Lit.: Codex Pseudepigraphus Veteris Testamenti / Collectus Castigatus, Testimoniisque, Censuris & Animadversionibus illustratus à Johanne Alberto Fabricio, SS. Theol. D. & Professore Publ. in Gymnasio Hamburgensi. Hamburg; Leipzig: Liebezeit, 1713; Scheible, J.: Das Kloster: weltlich und geistlich; meist aus der ältern deutschen Volks-, Wunder-, Curiositäten-, und vorzugsweise komischen Literatur; zur Kultur- und Sittengeschichte in Wort und Bild. Stuttgart: Thomas, 1845; Wessely, Karl: Griechischer Zauberpapyrus von Paris und London. (Wien), 1888; Dieterich, Albrecht: Abraxas: Studien zur Religionsgeschichte des späteren Altertums; Festschrift Hermann Usener zur Feier seiner 25-jährigen Lehrtätigkeit an der Bonner Universität dargebracht. Leipzig: Teubner, 1891; Bloch, Philipp: Geschichte der Entwickelung der Kabbala und der jüdischen Religionsphilosophie. Berlin: Poppelauer, 1894; 6./7.;
Das Buch Jezira, das ist das grosse Buch der Bücher Moses; das sechste, das siebente, das achte, das neunte, das zehnte und das elfte: aus ältesten kabbalistischen Urkunden; Kabbala denudata; Offenbarungen aus den Büchern Moses; Das Geheimnis aller Geheimnisse; sämtliche 40 Hauptwerke über Magie, verborgene Kräfte und geheimste Wissenschaften. Frankfurt a. M.-Süd: Merkur-Verl., Kirchhoff, 1922; 6., 7. [Sechstes, siebtes] Buch Moses. Berlin: Kramer, 1979; Daxelmüller, Christoph: Zauberpraktiken. Eine Ideengeschichte der Magie. Zürich: Artemis und Winkler, 1993; Bauer, Wolfgang (Hrsg.): Das Sechste und Siebente Buch Mosis, sein wahrer Wert und was das Volk darin sucht. Berlin: Karin Kramer-Verlag, 1996; Sechstes und siebentes Buch Mosis: oder der magisch-sympathetische Hausschatz; das ist Mosis magische Geisterkunst, das Geheimniß aller Geheimnisse. Leipzig: C. R. Hülsemann, o. J.; Das 13. Buch Moses: Lehre der Lebensweisheit und Menschenerkenntnis, eine göttliche Offenbarung der All-Natur und der Welt der Geister; die Morgenröte der nahen Zukunft; die Krone der Unsterblichkeit. Graz: Ed. Geheimes Wissen, 2008.
Bücher vom Atmen. Antike Bezeichnung für die Zusammensetzung der Totentexte der späten Ptolemäer- und frühen Römischen Herrschaft in > Ägypten. In diese Texte wurde frühere Totenliteratur aufgenommen und überarbeitet, um dem Verstorbenen einen sicheren Übergang in das Nachleben zu garantieren.
Lit.: Forman, Werner: Die Macht der Hieroglyphen: das Leben nach dem Leben im Alten Ägypten / Quirke, Stephen. Stuttgart: Kohlhammer, 1996.
Bücher, heilige. In allen Religionen, in denen schriftliche Überlieferungen eine wichtige Rolle spielen, gibt es heilige Schriften. Zu den ältesten können die Ritualtexte der ägyptischen Könige von ca. 2400 v. Chr. gezählt werden.
Bei den großen Religionen sind chronologisch folgende B. zu nennen:
Parsismus: > Avesta, > Gathas.
Hinduismus: > Veden, > Upanishaden, > Bhagavadgita, > Bhagavata-Purana, > Puranas, > Gita Govinda.
Judentum: > Tora, > Pentateuch, > Tanach (hebräische Bibel), > Talmud, > Sohar (Kabbala).
Buddhismus: > Pali-Kanon (Tipitaka), > Mahayana-Sutren, > Bardo Thödol (Tibetisches Totenbuch).
Christentum: > Altes Testament und > Neues Testament.
Islam: Koran.
Lit.: Eliade, Mircea: Geschichte der religiösen Ideen. Freiburg u. a.: Herder, 1990 – 1991; Heilige Bücher: Text und Überlieferung / Annemarie Ohler (Hg.). Freiburg i. Br.: Rombach, 1995; Religionen der Welt / hrsg. von John Bowker. Aus dem Engl. von Karl-Heinz Golzio. Darmstadt: WGB, 2004.
Bücherproben > Buchtest.
Buchis. Der heilige > Stier der altägyptischen Stadt Hermonthis bei Theben, dessen Mutterkühe als heilig galten, weil sie > Re geboren hatten, wird in griechischen Texten und Eigennamen B. genannt. Er wurde jedoch schon früh mit dem Ortsgott > Month verschmolzen. Gleichzeitig galt er als „lebende Seele“ oder als „Herold“ des Re, was insofern keinen Widerspruch darstellte, als auch Month als Month-Re zum Sonnengott gehörte.
Das Kennzeichen des Stiers war eine weiße Körperfarbe mit schwarzem Kopf, weshalb er oft „weißer Stier“ genannt wird. Die Begräbnisstätte der B.-stiere hieß „Haus Atum“, das Bucheum, das im Nekropolengebiet von Hermonthis aufgedeckt wurde.
Im Volk genoss B. als Orakelgott großes Ansehen.
Lit.: Otto, Eberhard: Beiträge zur Geschichte der Stierkulte in Aegypten. Leipzig: Hinrichs Verl., 1938.
Buchorakel > Bibliomantie.
Buchprüfungen > Buchtest.
Buchsbaum (Buxus sempervirens L.; engl. box), Strauch mit lederartigen, eiförmigen immergrünen Blättern und kleinen, unscheinbaren gelblich-weißen Blüten. Er gehört zur Familie der Buchsbaumgewächse (Buxaceae) und hat seine Heimat im südlichen und westlichen Europa sowie in Nordafrika. Aufgrund seines langsamen Wachstums wird er auch häufig in Gärten und Friedhöfen gepflanzt. Er kann acht Meter hoch werden und ein Alter von bis zu 600 Jahren erreichen. Sein Holz ist schwer und geht im Wasser unter. Der B. blüht Ende März; aus den befruchteten Blüten entwickeln sich kapselartige Früchte, die durch ihre drei kleinen Hörner unverwechselbar sind.
Werkzeug: Das harte Holz diente zu Schnitzereien, z. B. für die danach benannten Büchsen (puxίs), etwa für Medikamente, das Apollobild von Olympia, Käseformen, Flöten, aber auch Schreibtafeln usw. (Dioscurides).
Inhaltsstoffe: Buxin (giftig), Parabuxin, Buxinidin, Gerbsäure.
Verwendete Pflanzenteile: Blätter (besonders giftig) und Rinde.
Heilwirkung: Der B. ist, wie gesagt, giftig, weshalb seine innerliche Anwendung nicht mehr empfohlen wird. Äußerlich findet er bei chronischem Hautleiden, Rheuma, Gicht und Fieber als Bad oder Umschlag Verwendung.
Symbolische Bedeutung: Schmerz, Tod, Hoffnung auf ewiges Leben, Schutz, Gnade, Klarheit und Fruchtbarkeit. Als christliches Attribut symbolisiert der B. Maria als Gebärerin des göttlichen Kindes und Christus als das Unsterbliche im Menschen. Aus Buchsbaumholz ist auch der Hammerstil der Freimaurer gefertigt, zum Zeichen von Ausdauer und Standhaftigkeit sowie der gestaltenden Kraft in der Natur.
Brauchtum: Als Bestandteil des Palmbuschens schützt er vor Blitzgefahr, Unfruchtbarkeit und anderem Ungemach in Haus und Hof (Leithaeuser, 11). Schon seit den Römern diente er als Grenze und Einfassung zum Schutz und zur Gestaltung.
Mythologische Deutung: Der B. symbolisiert einen Schutzwall und soll den Teufel vertreiben.
Magische Kraft: Unter einem B. zu schlafen, gilt als gefährlich. Löffel oder Messerhefte aus B. nehmen angeblich die Lust zur Unkeuschheit (Ortus sanitatis, Kp. 70). Ferner dient der B. auch als Orakelpflanze. Dabei wird z. B. besonders auf das Knistern der auf den heißen Ofen gelegten eintrocknenden Blätter geachtet (Rolland 9, 246).
Lit.: Sanitatis: Gart der Gesuntheit; von allen Thieren, Foglen Fischen und edlem Gestein, ußgezogen was des Menschen Leib zu Gesunheit dienen mag; nüw corigiert; hin zu gesetzt vil guter Stück uß dem Herbario, und sunst nütz und gut. Nüw corigiert. Straßburg, 1524; Rolland, Eugène: Flore populaire ou: histoire naturelle des plantes dans leurs rapports avec la linguistique et le folklore. Paris, 1896; Leithaeuser, Julius: Bergische Pflanzennamen. Barmen: Wandt, 1912; Beuchert, Marianne: Symbolik der Pflanzen – Von Akelei bis Zypresse. Frankfurt a. M.: 1995; Dioscorides, Pedanius: Pedanii Dioscuridis Anazarbei De materia medica libri quinque / ed. Max Wellmann. Hildesheim: Weidmann, 1999; Tornieporth, Gerda: Buchs im Garten. München: blv Verlag, 2003; Zerling, Clemens: Lexikon der Pflanzensymbolik / M. e. Vorw. v. Wolfgang Bauer. Baden; München: AT Verlag, 2007.
Büchse der Pandora > Pandora.
Buchstaben (engl. letters; it. lettere), Träger besonderer symbolischer Bedeutung und magischer Kraft. In den meisten Kulturen besitzen die einzelnen B. des > Alphabets seit der Zeit, als die Schreibkunst priesterliches Reservat war, den Nimbus des Geheimnisvollen. Vor allem den Anfangsbuchstaben wird eine besondere Symbolkraft und magische Wirkung zugeschrieben. Sie gelten als Elemente der > Schöpfung, da das Schöpfungswort und der Name Gottes, wie das > Tetragrammaton, daraus bestehen.
Im altgermanischen Raum verwendete man im Bereich der Zauber- und Loszeichen ursprünglich die „Buchenstäbe“. Man warf sie als Loszeichen auf den Boden, „las“ sie wieder zusammen, daher das Wort „Lesen“, und bestimmte danach glückliche und unglückliche Unternehmungen.
Aus alter Zeit sind auch geheimnisvolle Zauberworte bekannt, die Kraft in sich bergen, wie das ägyptische > Abracadabra als sog. „Schwundformel“. Wie die B. schwinden, so sollen auch Seuchen und Krankheiten durch das Sprechen der Formel verschwinden. Ähnlich verhält es sich mit der > Sator-Formel, bei der die Worte als „magisches Quadrat“ von allen Seiten gelesen werden können.
Manche Zauberformeln sind aus Anfangsbuchstaben oder Kürzeln gebildet wie > Akronyme und > Anagramme, wobei der Verschlüsselung der Worte in der Aneinanderreihung oft eine größere Wirkung zugebilligt wird als dem gesprochenen Wort.
Die > Kabbala kennt ein ganzes System mystischer Spekulationen, das vor allem mit der Form der einzelnen B. sowie mit bestimmten Zahlenwerten zusammenhängt. Die sieben griechischen Vokale (mit zwei E: Epsilon und Eta, und zwei O: Omikron und Omega) galten in der Antike als Symbole der sieben Himmelssphären und der sieben sich in ihnen bewegenden Gestirne oder aber als Symbole des Geistes, während die Konsonanten die Materie symbolisierten. Im Neuen Testament sind der erste und letzte griechische Buchstabe Alpha und Omega: „Ich bin das A und O, sagt Gott der Herr“ (Apk 1,8), also deutsch A und Z, Ausdruck des Göttlichen und des Umfassenden. Der Islam unterscheidet zwischen luftigen, feurigen, erdhaften und wässrigen B. Dabei sind alle B. als Materialisationen des göttlichen Wortes Träger besonderer Bedeutungen, u. a. mit Bezug auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Unsprechbare B.-Kombinationen werden für die verschiedensten Zauberformeln empfohlen, auf Spruchzettel geschrieben und > Amuletten eingraviert. Im religiösen Raum dienen B.-Kombinationen als Segens- und Schutzformeln, wie C+M+B für Christus Mansionem Benedicat (Christus segne das Haus!).
Nicht zuletzt sind B. eine Fundgrube für Dekorationsformen.
Lit.: Dornseiff, Franz: Das Alphabet in Mystik und Magie. Reprint der 2. Aufl. Leipzig; Berlin: Teubner, 1925; Das Buch der geheimen Zaubersprüche: Sammlung allerlei geheimer magischer Sprüche aus allen Ländern und Provinzen; anno Domini, Colonia 1684 / ges. und getreu niedergeschrieben von einem der letzten der Karthäuser. Bawinkel: Jaspers, 2004; Altägyptische Zaubersprüche / eingeleitet, übers. und komm. von Hans-W. Fischer-Elfert. Mit Beitr. von Tonio Sebastian Richter. Stuttgart: Reclam, 2005; Bandt, Cordula: Der Traktat „Vom Mysterium der Buchstaben“: kritischer Text mit Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen. [Hrsg. durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften von Christoph Markschies]. Berlin; New York, NY: de Gruyter, 2007.
Buchstabenkräfte, Wirkung der einzelnen Buchstaben. Jeder Buchstabe ist mit einem besonderen Klang, einer charakteristischen Farbe und einem spezifischen Gefühl besetzt. Daher drückt jeder von ihnen ein ihm entsprechendes Gefühl und einen ihm zugrunde liegenden Gedanken aus. Diese Gefühle und Gedanken können die Buchstaben auch in anderen Menschen hervorrufen, sobald sie ertönen, gesprochen und gehört oder geschrieben werden. Darin liegt die Macht der Sprache und der Musik, ähnlich der Wirkung der > Tattwas.
Lit.: Mlaker, Rudolf: Geistiges Pendeln: Forschungsergebnisse. Neuaufl. Freiburg i. Br.: Hermann Bauer Verl., 1959.
Buchstabenmagie (engl. magic of letters) > Bibliomantie.
Buchstabenmystik, Entfaltung geistiger Lebenserfahrung und Weisheit durch Anwendung von Buchstaben als Träger verhüllter und höherer Wahrheiten. Diese Form von Mystik erwuchs aus der im alten Orient aufgekommenen Vorstellung von der Heiligkeit oder dem göttlichen Ursprung der Buchstaben und der Wertung eines Wortes durch die den einzelnen Buchstaben zugewiesenen Zahlen.
Die Berechnung des Zahlenwertes eines Wortes anhand der den Buchstaben zugeteilten Zahlen, > Gematria (hebräische Entstellung des griechischen Wortes geometria) genannt, ist seit dem 8. Jh. v. Chr. aus Milet bekannt. Dabei wird entweder die milesische Berechnung beibehalten (a = 1,… k = 20 usw.) oder die Nullen der Zehner und Hunderter werden gestrichen (regula novenaria) oder die Buchstaben werden in laufender Folge gezählt
(a = 1 … w = 24).
Die dann vor allem von der jüdischen > Kabbala auf der Grundlage des hebräischen Alphabets zu einem Deutungsmedium für die gesamte Wirklichkeit ausgebaute B. enthält neun solcher Systeme. Nach der Kabbala, die auf dem jüdischen Schriftverständnis fußt, hat Gott die Welt mit Schrift und Sprache erschaffen. In den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets, das keine Vokale kennt, sieht der jüdische Mystiker verborgene schöpferische Energien, mit deren Hilfe er sich selbst und die Welt miterschaffen kann.
In der islamischen B. werden die Buchstaben Engeln zugeordnet.
Auch > Apokalyptik, > Mantik, > Magie und > Astrologie haben die B. in verschiedener Weise aufgegriffen, wobei sie dem > Alphabet als solchem magische Kräfte zuschreiben, zumal unter allen denkbaren Kombinationen der Buchstaben auch die geheimen Götter- und Dämonennamen enthalten sind.
Ebenso bedienen sich das Christentum, verschiedene paranormologische Lehren, geheime Bruderschaften und die > Alchemisten der B. bzw. der > Buchstabensymbolik, um Botschaften zu vermitteln. So sind beispielsweise auf altchristlichen Elfenbeintafeln manchmal der Anfangs- und Endbuchstabe des griechischen Alphabets (> Alpha und Omega) eingeritzt, mit der Bedeutung von Anfang und Ende (> Chronogramm).
In babylonischen Gebeten und hebräischen Psalmen ergeben die Anfangsbuchstaben der einzelnen Verse gelegentlich ein besonderes Wort.
Lit.: Endres, Franz Carl: Mystik und Magie der Zahlen. 3., überarb. u. verm. Aufl. Zürich: Rascher, 1951; Thimus, Albert von: Der technisch-harmonikale und theosophisch-kosmographische Inhalt der kabbalistischen Buchstaben-Symbole des althebräischen Büchlein’s Jezirah, die pythagorisch-platonische Lehre vom Werden des All’s und von der Bildung der Weltseele in ihren Beziehungen zur semitisch-hebräischen wie chamitisch-altägyptischen Weisheitslehre und zur heiligen Überlieferung der Urzeit. Hildesheim [u. a.]: Olms, 1988; Coudert, Allison: Der Stein der Weisen: die geheime Kunst der Alchemisten. Herrsching: Pawlak, 1992; Dornseiff, Franz: Das Alphabet in Mystik und Magie. Reprint d. Orig.-Ausg. von 1925. Leipzig: Reprint-Verl, 1994; Frick, Karl R. H.: Die Erleuchteten: Gnostisch-theosophische und alchemistisch-rosenkreuzerische Geheimgesellschaften bis zum Ende des 18. Jahrhunderts; ein Beitrag zur Geistesgeschichte der Neuzeit. 2., unveränd. Aufl. Graz: ADEVA, 1998.
Buchstabenorakel > Bibliomantie.
Buchstabenquadrat, magisches, ein Quadrat, bei dem die Buchstaben einer Reihe von Wörtern so angeordnet sind, dass sie von allen Seiten gelesen werden können. Solchen Quadraten werden magische Eigenschaften zugeschrieben. Die bekanntesten sind das > Sator-Arepo-Quadrat und das templerische Buchstabenquadrat, auch > Baphomet genannt.
Lit.: Hardenberg, Kuno Graf von: Rosenkreuz und Bafomet: Versuch der Lösung zweier alter magischer Quadrate [Holzschnitte von Annelise Reichmann]. Darmstadt: Ges. Hessischer Bücherfreunde, 1932; Endres, Franz Carl: Mystik und Magie der Zahlen. 3., überarb. u. verm. Aufl. Zürich: Rascher, 1951.
Buchstabensymbolik, metaphorische Bedeutung einzelner oder zusammengesetzter Buchstaben. Meist dient das jeweilige > Alphabet dazu, den Symbolwert der Buchstaben durch ihre Stellung im Ganzen zu bestimmen, wie dies seit dem 8. Jh. in Babylonien und bei den Griechen, besonders in der pythagoreischen Tradition, bekannt ist, später von der jüdischen Kabbala aufgegriffen wurde und > Gematrie (hebräische Entstellung des griechischen Wortes geometria) genannt wird.
Im Gegensatz zur > Buchstabenmagie benennt die B. einzelne oder zusammengesetzte Buchstaben oder Zahlen rein metaphorisch, ohne ihnen eine magische Kraft zuzuschreiben.
So bezeichnen sich Gott (Offb 1, 8) und Christus (Offb 22,13) selbst mit > Alpha und Omega, dem ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets. Die Anfangsbuchstaben Iesous Christos Theou Yios Soter (Jesus Christus Gottes Sohn, Heiland) ergaben das griechische Wort ichthys (Fisch), woraus sich die frühchristliche Bezeichnung „Fisch“ für Christus ableitete. Das im Spätmittelalter aufkommende IHS-Monogramm rührt von der lateinischen Bezeichnung Jesus Hominum Salvator (Jesus Erlöser der Menschheit) her.
B. findet sich aber auch im nicht-christlichen und profanen Bereich bis hin zu persönlichen Monogrammen.
Lit.: TRE. Theologische Realenzyklopädie 7. Berlin: Walter de Gruyter, 1981, S. 303 – 315; Letter symbols including conventions and signs for electrical technology. A handbook for everyday use: Symboles littéraux. Letter symboles. Buchstabensymbole sowie Vereinbarungen und Vorzeichenregeln für die Elektrotechnik. Ein Handbuch zum täglichen Gebrauch. 1. Ausg. mit dt. Text. Genève: Commission Électrotechnique Internationale, 1984; Dornseiff, Franz: Das Alphabet in Mystik und Magie. Reprint d. Orig.-Ausg. von 1925. Leipzig: Reprint-Verl., 1994.
Buchstabenübungen, Buchstaben- und Vokalatmen. Es handelt sich dabei um eine Joga-Art, die vom deutschen Freimaurer Johann Baptist > Kerning (Pseudonym für Johann Baptist Krebs, 1774 –1851) aufgestellt und später wegen ihrer Verwandtschaft mit dem > Hatha Yoga auf dieser Basis weiterentwickelt wurde. Durch Denken an bestimmte Buchstaben und Worte, begleitet von entsprechender Atmung, soll die Konzentration gesteigert werden. Derartige Übungen sind nach Dr. Franz > Hartmann, ursprünglich Schüler und Lehrer dieses Systems, nur am richtigen Ort und auf die richtige Art von Nutzen. Völlig falsch sei es, zu glauben, man könne durch das Hersagen von Formeln und Zaubersprüchen in den Besitz magischer Kräfte gelangen, um sie dann zu eigennützigen Zwecken zu gebrauchen. Manche seien dabei exzentrisch, mediumistisch und irre geworden. So habe er sowohl unter den > Christian Scientists in Amerika als auch unter den > Rosenkreuzern in Europa bedauerliche Folgen festgestellt (Hartmann, 373). Dennoch wurden diese Übungen zumindest teilweise von > O.T.O, von der > Adyar-TG und anderen Gruppen weiter verwendet.
Zu den B. im weiteren Sinne gehören auch > mantrische Übungen, die allerdings nicht in erster Linie der Stärkung der Konzentrationskraft dienen, sondern im materiellen wie im Astralkörper gewisse Änderungen hervorzurufen suchen.
Lit.: Krebs, Johann Baptist: Schlüssel zur Geisterwelt oder die Kunst des Lebens. Lorch (Württ.): Renatus-Verl., 1926; Hartmann, Franz. In: Lotosblüten, Jg. 1894, S. 217, 373.
Buchstabierbrett > Oui-ja-Board.
Buchstabieren, automatisches > Oui-ja-Board.
Buchtest (engl. book test), parapsychologisches Experiment zum Ausschluss von > Telepathie bei der mediumistischen Kommunikation. Eine mögliche Versuchsanordnung besteht darin, dass man das Medium auffordert, einen Satz auf einer bestimmten Seite eines Buches zu lesen, dessen Lage genau angegeben wird (z. B. im Haus von K., 2. Stock, linkes Zimmer, unterstes Regal rechts, S. 19, dritter Absatz). Es soll dabei nicht nur gewährleistet sein, dass das > Medium die Stelle nicht kennt, sondern dass auch der Experimentator davon nichts weiß, um jedwede telepatische Kommunikation auszuschließen.
Die Parapsychologen versuchten mit diesem Experiment, reines Hellsehen, frei von Telepathie, zu testen, wenngleich Telepathie nie mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Eine andere Form des B., bei der von „Test“ im eigentlichen Sinne nicht gesprochen werden kann, sah man darin, dass die > Kontrolle des Mediums (der sog. Kontrollgeist) Angaben zu einem Buch machte, den Ort eines bestimmten Satzes angab und den Inhalt dieses Satzes als seine Botschaft bezeichnete.
Die Vertreter der animistischen Hypothese beurteilen solche Effekte im Rahmen von Hellsehen oder Telepathie. Andere sehen darin einen Beweis für die spiritistische Hypothese, dass also die Kontrolle des Mediums der Geist des Verstorbenen sei, der angeblich als Kontrolle aus dem Mund des Mediums spricht, vor allem wenn das betreffende Buch in dessen Wohnung stand. Auf welche Weise der angebliche Geist des Verstorbenen Kenntnis von der angegebenen Stelle erlangt hat, bleibt letztlich offen.
Ebenso offen bleibt die endgültige Beurteilung der zahlreichen durchgeführten B., die tatsächlich außergewöhnliche Feststellungen erbrachten, wie einschlägige Berichte in der angeführten Literatur zeigen. So kam Henry > Sidgwick (verh. mit Eleanor Mildred Balfour) zu dem Schluss: „Insgesamt bin ich der Ansicht, dass die vorhandene Evidenz einen vertretbaren prima facie Fall für die Annahme einer Wahrnehmung externer Gegebenheiten darstellt, die keinem der Anwesenden bekannt sind, wohl aber jemandem sonstwo“ (Proceedings, 1921).
Der früheste Fall wird von William Stainton > Moses berichtet und die ersten systematischen Untersuchungen wurden mit Gladys Osborne > Leonard durchgeführt.
Lit.: Moses, William Stainton: Spirit Teachings. London: Spiritualist Alliance, 1907; Glenconner, Pamela: The Earthen Vessel. A volume dealing with spirit-communication received in the form of book-tests … With a preface by Sir O. John Lane: London. New York, 1921; Sidgwick, Eleanor Mildred: An examination of Book-tests. Proceedings, Society for Psychical Research, April, 1921; Some New Evidence for Human Survival, etc. (abridged edition). London: Spiritualist Press, 1948.
Buck, Jirah Dewey (1838 –1916) war ein frühes Mitglied der > Theosophischen Gesellschaft und arbeitete sehr eng mit W. Q. > Judge zusammen. B. leitete die amerikanische Sektion der > Adyar-TG und gründete nach dem Bruch mit ihr die „Theosophische Gesellschaft in Amerika“. Sein Werk über mystische > Freimaurerei, das sich an James Albert > Pike anlehnt, diente in der Adyar-TG lange Zeit als Lehrbuch der FM.
W.: A Study of Man and the Way to Health. Cincinnati: R. Clarke & Co., 1889; Mystische Maurerei oder die Symbole der Freimaurerei und die grösseren Mysterien des Altertums. Mit 4 Taf. Nach d. 3. engl. Aufl. in autor. Übers. hrsg. Gross-Lichterfelde bei Berlin: Zillmann, 1908.
Bucke, Richard Maurice (*18.03.1837 Methwold, Norfolk, England; † 19.02.1902 London, Ontario, Kanada), kanadischer Psychiater und Schriftsteller. Als er ein Jahr alt war, nahm ihn sein Vater mit nach Kanada, wo er später die London Grammar School besuchte und 1862 an der McGill Universität in Medizin promovierte. Nach Fortbildungsaufenthalten in Europa eröffnete B. 1864 in Kanada eine Arztpraxis. 1876 wurde er Chefarzt der Irrenanstalt von Hamilton, Ontario, und 1878 von London, Ontario. Eine besondere Freundschaft verband ihn mit dem Dichter Walt Whitman.
Mit 35 Jahren machte B. eine tiefgreifende, lebensverändernde Erfahrung, während der er vorübergehend in eine neue Bewusstseinsdimension einstieg. Besagtes Erlebnis ließ ihm das Universum in einem lebendigen Licht erscheinen, weshalb er diesen Bewusstseinszustand > kosmisches Bewusstsein nannte, was auch zum Titel seines von William > James hochgelobten Buches wurde.
B. war Präsident der Psychologischen Sektion der British Medical Association und Professor für Psychiatrie an der Western University in Ontario. Von seinem Erleben war er so überzeugt, dass er die nächsten dreißig Jahre nach Personen Ausschau hielt, die ähnliche Erfahrungen machten, und eine Theorie höheren Bewusstseins aufstellte, das er als natürliche Fähigkeit eines gewissen Entwicklungszustandes bezeichnete. Durch sein Ansehen und seine Arbeit erlangte die „mystische“ Erfahrung einen Stellenwert wie nie zuvor. Sein Ansatz wurde dann von Pandit > Gopi Krishna weiterentwickelt, der ebenfalls über eine persönliche Erleuchtung schrieb.
W. (Auswahl): Walt Whitman. With a new introd. by Harold Jaffe. New York: Johnson Reprint Corp, 1970; Kosmisches Bewusstsein: zur Evolution des menschlichen Geistes. Frankfurt / M.; Leipzig: Insel-Verl, 1993.
Lit.: Johnson, Raynor Carey: The Imprisoned Splendour. An approach to reality, based upon the significance of data drawn from the fields of natural science, psychical research and mystical experience. London: Hodder and Stoughton, 1953.
Buckingham, George Villiers, Erster Herzog von (*28.08.1592; † 23.08.1628), englischer Politiker und Günstling Jakobs I., bekannt wegen seiner strengen Haltung gegen die > Hexen. B. soll hingegen in die Schwarze Kunst eingeweiht gewesen sein. In Frankreich ausgebildet, heiratete er Catharine Manners, die ebenfalls im Ruf einer > Hexe stand.
Als Jakob I. 1625 im Sterben lag, soll er in der Hoffnung, sein Leben zu verlängern, B. und dessen Frau erlaubt haben, ein magisches Ritual durchzuführen. Er sah zu, wie die beiden in die Rolle von Gott Vater und einer Hebamme schlüpften, ein Ferkel in ein christliches Taufkleid steckten, eine rituelle Taufe abhielten und dem Tier dabei den Namen Jakob gaben. Dann jagten sie es zur Tür hinaus, damit es die Krankheit des Königs mit sich forttrage. Das Ritual schlug jedoch fehl und der König starb.
Lit.: Williamson, Hugh Ross: George Villiers, First Duke of Buckingham. Duckworth, 1940; Lockyer, Roger: Buckingham, the Life and Political Career of George Villiers, First Duke of Buckingham, 1592 – 1628. London: Longman, 1981.
Buckingham, George Villiers, Zweiter Herzog von (10.01.1628; †16.04.1687), englischer Politiker und Dichter. Als Sohn des gleichnamigen Ersten Herzogs von Buckingham trat er in die politischen Fußstapfen seines Vaters. Auch er stand im Ruf, ein Vertreter der Hexenkunst zu sein. B. war zudem einer der ausschweifendsten Höflinge Karls II., oberster Minister und erfolgreicher Bühnenautor. Als Botschafter in Frankreich traf er 1670 Cathérine > Deshayes, die bekannte Leiterin eines Hexenzirkels. Er nahm wohl auch an einem ihrer > Hexensabbate teil, bei dem nackte Frauen als Altar dienten (> Chamber-Ardente-Prozess). 1672 begab er sich wieder nach Paris und besuchte dort neuerlich den Zirkel von Deshayes. Später überwarf er sich mit dem König und schied unter dem Druck seiner Gegner aus dem Amt.
Lit.: Gardner, Winifred: George Villiers, second duke of Buckingham. London, 1903; Bloomfield, Paul: Uncommon People. A Study of England’s Elite. Hamilton: London, 1955; Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei: Bechtermünz Verlag, 1999.
Buckland, Raymond (*31.08.1934, London, England), Okkultist, Buchautor und Hexer, auch „Vater der amerikanischen Wicca“ genannt. Mit 12 Jahren führte ihn sein Onkel in den Spiritismus ein. B. interessierte sich für alles Okkulte und für das Theater. Seine Studien beschloss er mit dem Doktorat in Anthropologie. 1955 heiratete B. Rosemary Moss; 1962 emigrierte er in die USA, wo zwei Bücher sein Leben beeinflussten: The Witch-Cult In Western Europe von Margaret A. Murray (1921) und Witchcraft Today von Gerald B. > Gardner (1954). B. sah in > Wicca eine alte und neue Religion und trat in eine enge Freundschaft mit Gardner, dessen Sprecher er wurde. 1963 empfingen er und seine Frau in Gardners Anwesenheit in Perth, Schottland, durch Gardners Hohepriesterin Monique Wilson die Weihe. B. erhielt den Namen „Robat“ und Rosemary wurde „Lady Rowen“ genannt. Es war dies die einzige Begegnung von B. mit Gardner, der 1964 starb.
Nach Rückkehr in die USA gründete er in Long Island in der Tradition von Gardner einen > Coven (Hexenzirkel) und eröffnete 1968 das Erste Museum für Hexerei und Magie. 1973 trennte er sich von Rosemary und heiratete 1974 Joan Helen Taylor, von der er sich 1982 wieder trennte, um ein Jahr später Tara Cochran aus Cleveland zu ehelichen.
Um 1974 ließ B. die Gardner-Tradition hinter sich und schuf den Seax-Wicca, wobei er Elemente der alten angelsächsischen Religion aufnahm und das dreistufige Rangsystem des Wiccakultes abschaffte, da es zu Rivalitäten führte. Die Hohepriesterin bzw. der Hohepriester des Coven mussten jährlich gewählt werden. Die neuen Grundlagen seiner Lehre fasste B. in dem Buch The Tree: Complete Book of Saxon Witchcraft zusammen. In Virginia gründete er ein Seax-Wicca-Seminar, an dessen Fernkursen über 1.000 Studenten teilnahmen.
1992 zog sich B. mit seiner Frau Tara völlig zurück. Er ist Verfasser von zahlreichen Büchern und Aufsätzen.
W. (Auswahl): A Pocket Guide to the Supernatural. Raymond Buckland. New York: Ace Books, 1969; Witchcraft from the Inside. St. Paul: Llewellyn, 1971; Witchcraft Ancient and Modern. New York: H. C. Publ. Inc., 1971; The Tree: Complete Book of Saxon Witchcraft. New York: S. Weiser, 1974; Practical Candle-Burning. Saint Paul, Minnesota: Llewellyn, 1974; Scottish Witchcraft: the History & Magick of the Picts. St. Paul, Minn.: Llewellyn, 1992; The Spirit Book: the Encyclopedia of Clairvoyance, Channeling, and Spirit Communication. Canton, Mich.: Visible Ink. Northam: Roundhouse, 2005.
Buckliger (engl. hunchback, it. gobbo), Mensch mit versteiftem Rundrücken. Körperversehrte Menschen wie B., Lahme, Einäugige und Blinde galten schon in der Antike als unheilvoll. Selbst das Christentum vermochte diesen Glauben nicht zu unterbinden (Stemplinger, 45). B. gelten als „gezeichnete“ Menschen, denen man aus dem Weg gehen soll. Aus diesem Grunde werden auch die > Hexen vorzugsweise hinkend und bucklig dargestellt.
Lit.: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol. Brixen: Buchh. des Kath.-polit. Pressvereins, 1897; Stemplinger, Eduard: Antiker Aberglaube in modernen Ausstrahlungen. Leipzig: Dieterich, 1922; Grimm, Jacob: Deutsche Mythologie: vollständige Ausgabe. [Textrev.: Manfred Stange]. Neu gesetzte, korr. und überarb. Ausg., rev. nach der Ausg. Wiesbaden, 2003, der die 4. Aufl., Berlin, 1875 –78 zugrunde liegt. Wiesbaden: Marix, 2007.
Buda, Dämonen im koptisch-christlichen Äthiopien. Die B. sollen wie die Teufel (Ganēn) Krankheit, Unfruchtbarkeit, Säuglingssterblichkeit und ähnliche Schicksalsschläge verursachen. Durch ausdrucksstarke Zauberrollen mit Bildern und Gebetsformeln wie auch durch Beschwörungen, Exorzismusrituale und Opferzeremonien werden sie gebannt. Einige dieser gefürchteten Geistwesen sind in Legenden und Gebetsformeln namentlich genannt, so vor allem Aynät, Shotälay und Werzelya, durch die besonders Schwangere und Gebärende, aber auch Säuglinge gefährdet seien. Götzen werden beschworen, Heilern bei Tranceritualen die Namen der auszutreibenden Krankheitsgeister zu nennen und Hinweise für eine zielführende Behandlung zu geben. B. sollen sich auch in Hyänen verwandeln und um Mitternacht Gräber ausrauben.
Lit.: Bozzano, Ernst: Übersinnliche Erscheinungen bei Naturvölkern. Freiburg i. Br.: Aurum, 1975;
Biedermann, Hans: Dämonen, Geister, dunkle Götter: Lexikon der furchterregenden mythischen Gestalten. Graz: Leopold Stocker, 1989.
Buddha (sanskr., „der Erleuchtete“; jap.
Butsuda; chin. Fo).
1. Ehrentitel für ein Wesen, das > bodhi (Erleuchtung), das höchste Lebensziel, erlangt und so, erlöst von der Wiedergeburt (samsāra), die vollkommene Befreiung (> Nirwana) erreicht hat. Man unterscheidet zwei Arten von B., Pratyeka-B., der vollkommen erleuchtet ist, die Lehre aber nicht weitergibt, und den Symyak-Sambuddha, der die von ihm neu entdeckte Lehre zum Heil aller Wesen weitergibt.
2. Der historische B., der zum Stifter des > Buddhismus wurde, ist Siddhārtha Gautama aus dem Geschlecht des Shakya-Stammes. Er lebte nach neueren Forschungen wahrscheinlich von 450 –370 v. Chr. im südlichen Nepal. Von seinen Verehrern wurde er Shākyamuni („der Weise aus dem Shākya-Stamm“) und nach seiner Erleuchtung B. genannt. Nach der Erkenntnis, dass auch er Alter, Krankheit und Tod nicht entrinnen kann, kehrte er der Religion den Rücken und verkündete im Tierpark von Benares seine Lehre (dharma) von der Befreiung aus dem Samsāra, der Wiedergeburt, durch einen > achtfachen Pfad der Selbsterlösung ohne Gott.
Der Shākyamuni-B. ist allerdings nicht der erste und einzige B. Bereits in frühen hinayanistischen Texten werden sechs B. genannt, die ihm vorausgingen: Vipashyin (Pali: Vipassi), Shikhin (Sikhī), Vishvabhū (Vessabhū), Krakuc-chanda (Kakusandha), Konogāmana und Kāshyapa (Kassapa). Der bei einer Wiederbelebung des Dharma auf Shākyamuni folgende B. ist > Maitreya.
3. Buddha-Prinzip: manifestiert sich nach der Mahayanistischen Trikāya-Lehre in drei Grundformen, den sogenannten Drei Körpern (> Trikāya), wobei die unzähligen transzendenten B. Verkörperungen der verschiedenen Aspekte des Buddha-Prinzips darstellen.
4. Buddha-Wesen (auch Buddha-Natur): Synonym für das Absolute, die eigenschaftslose letzte Wirklichkeit. Wird im Zen die Frage gestellt: „Was ist B.?“, dann ist es die Frage nach der zeitlosen Wahrheit des Buddha-Wesens.
Lit.: Buddha: Auswahl aus dem Palikanon. Wiesbaden: Fourier, 1979; Buddha: Die Lehre des Erhabenen. München: Goldmann, 1979; Die Lehrreden des Buddha aus der Angereihten Sammlung: Anguttara-Nikaya / Aus dem Pali übersetzt von Nyanatiloka: überarb. u. hg. v. Nyanaponika. 4., überarb. Aufl. Freiburg i. Br.: Aurum, 1984; Diener, Michael S.: Das Lexikon des Zen: Grundbegriffe und Lehrsysteme, Meister und Schulen, Literatur und Kunst, meditative Praktiken, Geschichte, Entwicklung und Ausdrucksformen von ihren Anfängen bis heute. Bern u. a.: Otto Wilhelm Barth, 1992.
Buddhabhadra (359 – 429), buddhistischer
Mönch des frühen chinesischen Buddhismus. In Kaschmir geboren, trat er mit 17 Jahren in den buddhistischen Orden ein und konzentrierte sich dann auf das Studium der Meditation und des monastischen Rechts (Vinaya). 408 ging er auf Einladung von Mönchen aus China nach Ch’ang-an, wo er in dem von > Kumarajīva geleiteten Übersetzungsinstitut arbeitete. Als Vertreter der Auffassungen seines Lehrers Buddhasena, eines berühmten Dhyana-Meisters (> Dhyana), stieß er auf den Widerstand der Mönche aus Kumarajīvas Schule, die vom Kaiserhof unterstützt wurden. Mit mehr als 40 Schülern suchte er nun Zuflucht auf dem Lu-shan, wo er von Hui-yüan aufgenommen wurde. 415 kam B. in das heutige Nanking, wo er grundlegende Werke des Buddhismus, wie das Vinaya-Pitaka und das Mahopari-Nirvana-Sutra, übersetzte. Von 418 bis 421 verfasste er eine 60-bändige Version des Buddhavatamsakāmahavaipulya-Sutra, des grundlegenden Textes der mahayanistischen Kegon-Schule.
Bei seinen chinesischen Zeitgenossen genoss B. vor allem wegen seiner erstaunlichen Wunderkräfte höchstes Ansehen.
Lit.: Sakaino, Koyo: Shina bukkyo-shi kowa. Tokyo: Kyoritsu-sha, 1927; Dumoulin, H[einrich]: Zen: Geschichte und Gestalt. Bern: Francke, 1959.
Buddha-Dharma (sanskr.; jap. Buppō), das „Buddha-Gesetz“, die „Buddha-Lehre“, die „Buddha-Ordnung“. B. bezeichnet allgemein die Lehre des historischen > Shākyamuni-Buddha, die auf Erleuchtung beruht und zu dieser hinführen soll, und ist somit ein Synonym für „Buddhismus“.
Im > Zen wird B. (Buppō) nicht als schriftlich oder mündlich übermittelbare Lehre verstanden, sondern als die begrifflich nicht fassbare Grundwahrheit, aus deren Erfahrung die Lehre Buddhas entsprang, und die nur in eigener Erleuchtungserfahrung zugänglich ist.
Lit.: Diener, Michael S.: Das Lexikon des Zen:
Grundbegriffe und Lehrsysteme, Meister und Schulen, Literatur und Kunst, meditative Praktiken, Geschichte, Entwicklung und Ausdrucksformen von ihren Anfängen bis heute. Bern u. a.: O. W. Barth, 1992; Müller, Gotelind: Buddhismus und Moderne: Ouyang Jingwu, Taixu und das Ringen um ein zeitgemäßes Selbstverständnis im chinesischen Buddhismus des frühen 20. Jahrhunderts. Stuttgart: Franz Steiner, 1993.
Buddhakapala („Buddhakopf“), Gott des > Tantrismus. B. ist von gewaltiger Statur, blauschwarzer Farbe, vierarmig und mit Knochen geschmückt. Als Attribute hält er Messer, Sanduhrtrommel, Keule und Schädeldecke. Dabei wird er von seiner weiblichen Partnerin > Prajñā umschlungen.
Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.
Buddha-Mandala. Sinnbildliche Darstellung der verschiedenen Stufen der > Buddhaschaft zur kontemplativen und meditativen Betrachtung.
Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.
Buddha-Natur (sanskr. Buddhatā), unveränderliche und ewige Natur aller Wesen. Bereits im älteren > Buddhismus war man der Auffassung, dass potenziell jedes Wesen eine Erleuchtung von der Qualität > Buddhas erreichen kann. Das > Mahajana entfaltete diese Vorstellung zur Konzeption, dass alle Wesen (später in einigen Schulen sogar alle Dinge) am Wesen Buddhas teilhaben und so Erleuchtung erlangen. Allerdings divergieren die Auffassungen darüber, ob tatsächlich alle Wesen und auch Unbelebtes B. besitzen.
Lit.: Ruegg, David Seyfort: La Théorie du Tathagatagarbha et du Gotra. Limoges: Impr. Bontemps, 1969; King, Sallie B.: Buddha Nature. Albany: State University of New York Press, 1991.
Buddhaschaft (engl. buddhahood), Ver-
wirklichung der vollkommenen Erleuchtung. Sie ist das Charakteristikum eines > Buddha. Das Erlangen der B. ist das Geburtsrecht und höchste Ziel aller Lebewesen. Sie verwirklicht sich beim Einzelnen in der Erkenntnis, dass der Kreislauf der > Wiedergeburten beendet ist.
Nach den höheren Lehren des > Buddhismus, wie im > Zen formuliert, ist jedes Lebewesen immer schon B. oder Buddha-Wesen (jap. Busshō). Es geht daher nicht darum, B. zu erlangen, sondern diese als Ur-Vollkommenheit zu erfahren und im Alltag umzusetzen.
Lit.: Prince, A. J.: The Conception of Buddhahood in Ealier and Later Buddhism. Journal of the Oriental Society of Australia 7 (1970), 87–118.
Buddhavatamsaka-Sutra (sanskr., wörtlich: „Sutra der Buddha-Girlande“), kurz: > Avatanshaka-Sutra. Dieses mahayanistische Sutra bildet die Grundlage der Lehre der chinesischen Huayen-Schule (jap. Kegon-Schule). Sie betont vor allem die gegenseitige ungehinderte Durchdringung aller Dinge und dass der menschliche Geist das Universum selbst und mit > Buddha identisch ist.
Lit.: Diener, Michael S.: Das Lexikon des Zen: Grundbegriffe und Lehrsysteme, Meister und Schulen, Literatur und Kunst, meditative Praktiken, Geschichte, Entwicklung und Ausdrucksformen von ihren Anfängen bis heute. Bern: O. W. Barth, 1992.
Buddha-Yoga > achtfacher Pfad.
Buddhi (sanskr., Intellekt), höhere geistige Fähigkeit oder das Organ der Erkenntnis, Urteilskraft und Entscheidung. In den verschiedenen philosophischen Systemen wird B. zwar unterschiedlich definiert, steht aber insgesamt im Gegensatz zu > Manas, Verstand, dessen Bereich das gewöhnliche Bewusstsein und die Verbindung des > Atman mit den Sinnen ist. B. wirkt jedoch in den von Manas eingerichteten Sinnen als höhere Fähigkeit, befindet sich als solche im tiefsten Innern unseres Seins und ist die dem Atman, unserem Selbst oder Geist, am nächsten liegende geistige Gabe, im transzendentalen Sinn auch „Weltseele“ oder „Weltsubstanz“ genannt.
In der Samkhya-Yoga-Philosophie ist B. das erste Prinzip, das sich aus der > Prakriti, der unbewussten Materie, dem transparenten Reflektor für das reine Bewusstsein, > Purusha, herleitet, mit dem B. sich irrtümlich identifiziert. Zur Erlösung muss B. daher zur Unterscheidung zwischen sich selbst als unbewusster Materie, Prakriti, und dem unabhängigen und transzendenten Prinzip des reinen Bewusstseins, Purusha, gelangen. B. gilt als das hervorragendste innere Organ der Unterscheidung oder des Urteils.
Bei. H. P. > Blavatsky ist B. der 6. Körper des Menschen, bei Annie > Besant die 4. Ebene, die Ebene des spirituellen Körpers, der Glückseligkeit und der Einweihung, bei Rudolf > Steiner der „Äthergeist des höheren Menschen“ und bei > Paracelsus die Geistseele.
Lit.: Hartmann, Franz: Paracelsus als Mystiker. München-Pasing: Drei Eichen Verlag Hermann Kissener, 1963; Spiesberger, Karl: Magische Einweihung: esoterische Lebensformung in Theorie und Praxis. 2. Aufl. v. Hermetisches ABC Bd. I. Berlin: Richard Schikowski, 1976; Glasenapp, Helmuth von: Die Philosophie der Inder: eine Einführung in ihre Geschichte und ihre Lehren. Stuttgart: Kröner, 41985; Bhagavadgita: das Lied der Gottheit / Neu bearb. u. hg. v. Helmuth von Glasenapp. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2000.
Buddhismus, Ordnungsbegriff zur Bezeichnung aller Lehren, Schulen und Gemeinschaftsbildungen (Orden), die sich aus der Lehre des > Buddha herleiten und in einem Grundkonsens von Lehre und Praxis übereinstimmen. Diese Bezeichnung wurde von Eugene Burnouf (1801–1852), dem Verfasser des ersten wissenschaftlichen Werkes über den B., 1844 eingeführt.
Der B. ist vom Wesen her die einzige Weltreligion, die keinen Gott kennt oder benennt, obwohl Buddha quasi als gottgleich verehrt wird. Aus dem Gesetz von Ursache und Wirkung ergibt sich nämlich nach buddhistischer Auffassung, dass es keinen Schöpfergott geben kann, da dieser von Anfang an hätte existieren müssen, ohne dass ihm eine Ursache vorausgegangen wäre. Statt Gott werden die Begriffe „Das Eine“, „Das Absolute“ oder „Buddha“ als das Absolute verwendet, da sie die Allumfassenheit am besten ausdrücken. Es gibt im B. zwar eine Vielzahl von Göttern, die praktisch nur eine Stufe über den Menschen stehen, weil ihr Leben sehr angenehm ist, weshalb sie auch nicht nach Erleuchtung streben. Das macht sie aber dem Menschen unterlegen, denn es ist im Sinne des B. besser, als Mensch wiedergeboren zu werden und Erleuchtung zu suchen, als einer der vielen Götter zu sein.
Trotz dieser Eigenart ist der Religionscharakter des B. heute weitgehend unbestritten.
Geschichte
Der B.entstand im Leben der Stadtkulturen des Gangestales, die sich nach dem 6. Jh. v. Chr., auf die Zeit der > Veden und > Upanishaden folgend, entwickelt hatten. Der Zerfall der Stammeskulturen, der Glaube an die endlose Wiedergeburt und das endlose Sterben, in den Veden nur spurenweise vorhanden und in den Upanishaden als Geheimlehre entwickelt, führten zu einem tiefen Pessimismus und zur Sehnsucht nach einer Endgültigkeit. Die Opferriten der Brahmanen konnten hier keine befriedigende Antwort mehr geben. So kam es zur Bildung religiöser Gemeinschaften wie der > Ajīvikas, Jainas (> Jainismus) und der Buddhisten.
Als Gründer des Buddhismus gilt Siddhārta Gautama aus dem Shākya-Stamm, der nach neuerer Forschung wahrscheinlich von 450 – 370 im südlichen Nepal lebte. Von seinen Verehrern wurde er Shākyamuni („der Weise aus dem Shākya-Stamm“) und nach seiner Erleuchtung > Buddha (der „Erwachte“ oder „Erleuchtete“) genannt. Da auch Buddha vor seiner Erleuchtung schon mehrmals wiedergeboren wurde und er jeweils einen anderen Namen trug, beschreibt sein Name Shākyamuni Buddha das Leben, in dem er erleuchtet wurde und die Lehre verbreitete. Einschneidende Erlebnisse brachten ihm nämlich zu Bewusstsein, dass auch er Alter, Krankheit und Tod nicht entrinnen konnte. So kehrte er der Religion seiner Väter den Rücken und verkündete im Tierpark von Benares zum ersten Mal öffentlich seine Lehre (dharma) von der Befreiung aus dem samsāra, der Wiedergeburt, durch einen achtgliedrigen Meditationsweg der Selbsterlösung ohne Gott: rechte Anschauung, rechter Entschluss, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Verinnerung, rechte Vertiefung (Buddha, 359).
Nach Shākyamunis Tod teilte sich der B. bald in zwei große Schulen oder „Fahrzeuge“ (für den Weg der Erlösung), nämlich in > Hinayana und > Mahayana. Später kam noch ein drittes Fahrzeug hinzu, das > Vajrayana, das vom > Tantrismus beeinflusst wurde. Auf den Lehren des Vajrayana beruht der tibetische Buddhismus (> Lamaismus) unter Einbeziehung der tibetischen Ur-Religion > Bon.
Karma und Wiedergeburt
Am Ende dieses Meditationsweges wird der Mensch nicht mehr wiedergeboren, sondern geht in das > Nirvana ein. Diesem Eintritt in das Nirvana kann jedoch eine lange Wanderung durch die Existenzen im Geburtenkreislauf vorausgehen. Bei aller Abgrenzung vom Opferritus der Brahmanen und der Lehre der Upanishaden hielt Buddha an der Lehre von > Karma und > Wiedergeburt fest, allerdings in einem völlig eigenen Verständnis. Handelt es sich dabei im > Hinduismus um eine „Seelenwanderung“ durch die Geburten, so ver-
steht Buddha das Wandern durch die Geburten als einen unpersönlichen Prozess, dessen Beginn unbekannt bleibt. Verursacht wird diese „anfangslose Wanderung“ durch den „Durst“ nach Werden, der karmisch bedingt ist.
Karma als Qualität des Denkens, Redens und Handelns bestimmt die Art der Wanderung wie überhaupt den Umstand, dass ein Wesen wiedergeboren wird. Auch als wer oder was jemand wiedergeboren wird, hängt von den Taten (karma) im früheren Leben ab. Der Anfang der Wiedergeburt ist unbekannt, während die Ursache in der Unwissenheit liegt (Samyutta-Nikaya, 235). Dabei werden die „verehrten Wesen“ in diesem Geburtenkreis von drei „Wurzeln des Unheilsamen“ festgehalten, nämlich von Gier, Hass und Verblendung:
„Wahrlich, diese verehrten Wesen sind in Taten mit schlechtem Wandel behaftet, sind in Worten mit schlechtem Wandel behaftet, sind in Gedanken mit schlechtem Wandel behaftet, sind Schmäher der Edlen, sind Anhänger falscher Ansicht und erleben die Wirkung solcher falschen Ansicht. Die tauchen dann beim Zerfall des Körpers nach dem Tode auf einem Abweg auf, auf übler Fährte, in gesunkenem Zustand, in Höllenwelt“ (Buddha, 294).
Diese Höllenwelt befindet sich unter dem Kontinent und besteht aus acht heißen Höllen mit jeweils sechs Nebenhöllen und acht kalten Höllen. Sie liegen in der untersten Sphäre der vertikal geteilten Welt, nämlich in der Sinnenwelt oder der Welt des Verlangens. Die größte Hölle ist > Avichi. In diesen Höllen, in denen Tiere, Hungergeister, Menschen und sechs Götterklassen wohnen, werden die Lebewesen wiedergeboren, entsprechend den von ihnen begangenen schlechten Taten. Die Leiden dauern jedoch nicht ewig. Jede Geburt gibt die Möglichkeit, durch gute Werke die schlechten Taten zu mindern und sich dem guten Weg zu nähern, denn nur die Wesen, die den guten Weg beschritten haben, gelangen in die Himmelswelt.
Nirvana
Das Heilziel des B. ist nämlich das Nirvana, was wörtlich „Verwehen“, „Verlöschen“ heißt. Es handelt sich dabei nicht um ein Nichts im ontologischen Sinn, sondern vielmehr um das Eintreten in einen Zustand, der für die menschlichen Sinne nicht mehr wahrnehmbar ist (Pfad zur Erleuchtung, 103).
Ist es die vom Körper befreite Seele, die in diesen Zustand eintritt? Buddha lässt nämlich in seinen frühen Lehrtexten die Frage nach dem Vorhandensein und dem Wesen der Seele offen, da nur, was zur Erlösung, zum Nirvana führt, Gegenstand seiner Lehre sei. Ziel seiner Lehrreden ist es, den Irrglauben zu zerstören, dass die aus fünf „Daseinsgruppen“ zusammengesetzte Persönlichkeit das Selbst, das Ich oder das Mein sei. Denn gerade diese falsche Annahme sei die Ursache des Begehrens, wodurch das Wesen im Geburtenkreislauf festgehalten werde.
Das älteste Werk, in dem die Seele ausdrücklich geleugnet wird, sind Die Fragen des Königs Menandros aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert. In diesem Dialog zwischen dem griechisch-baktrischen König Menander und dem buddhistischen Lehrer Nagasena geht es nämlich auch um die Frage des Trägers der Wiedergeburt. Wenn nun aber das, was als irdische Persönlichkeit erscheint, in Wirklichkeit die fünf „Daseinsgruppen“ sind und diese ununterbrochen entstehen und vergehen, wie kann dann unter derartigen Umständen Verantwortlichkeit für Taten und Vergeltung möglich sein? Die Antwort lautet, dass letztlich die „Daseinsgruppen“ aufgrund des Gesetzes der „Entstehung in Abhängigkeit“ in einem ununterbrochenen Strom bis zur Erlösung von einem Dasein in ein anderes übergehen.
Ein entscheidendes Charakteristikum aller
buddhistischen Schulen ist nämlich die Ablehnung der Annahme, irgendeine der er-
kennbaren Gegebenheiten könne als eine unvergängliche Seele angesehen werden. Es gibt kein „ewiges Ich“, sondern nur die Verwirklichung der Freiheit des Nirvana, das als der höchste Friede, das Ungewordene, Ungestaltete, das Unbedingte, die Todlosigkeit beschrieben wird.
Da also keine Seele von Geburt zu Geburt wandert, kann man letztlich auch nicht von Seelenwanderung sprechen, sondern nur von einer Aneinanderreihung der fünf empirischen Daseinsgruppen, welche die jeweils neue empirische Person ausmachen. Mit dem Ende der Geburten endet auch das Personsein.
Der B. hat im asiatischen Raum im Laufe der Jahrhunderte eine überaus große Verbreitung gefunden, vor allem in Japan, Kambodscha, der Mongolei, Nepal, Sri Lanka, Südkorea, Taiwan, Thailand und Vietnam.
Lit.: Die Fragen des Königs Menandros. Aus d. Pali zum 1. Male ins Dt. übers. von Otto Schrader. Berlin: Raatz, 1905; Buddhistische Geisteswelt. Vom historischen Buddha zum Lamaismus. Texte ausgew. u. eingel. von Gustav Mensching. Wiesbaden: Vollmer, 1975; Buddha: Die Lehre des Erhabenen: aus dem Palikanon ausgew. u. übertr. von Paul Dahlke. Eingel. von Martin Steinke / Tao Chün. 2. Aufl. nach der 1920 ersch. Originalausg. München: Goldmann, 1978; Oldenberg, Hermann: Buddha. Sein Leben, seine Lehre, seine Gemeinde. Hrsg. v. Helmuth von Glasenapp. Stuttgart: Magnus-Verlag, 1983; Die Lehrreden des Buddha aus der Angereihten Sammlung = Anguttara-Nikaya. Aus dem Pali übers. von Nyanatiloka. Überarb. und hrsg. von Nyanaponika. Neue Gesamtausg. in 5 Bdn. Freiburg; Braunschweig [u. a.]: Aurum-Verl. [u. a.], 1984; B. II Buddha: Die Lehre des Erhabenen: aus dem Palikanon. Ausgew. u. übertr. von Paul Dahlke. Eingel. v. Martin Steinke / Tao Chün. München: Goldmann, 1986; Pfad zur Erleuchtung. Das Kleine, das Große und das Diamant-Fahrzeug. Übers. u. hrsg. von Helmuth von Glasenapp. München: Diederichs, 1988.
Buddhismus, chinesischer. In > China wurde die Verbreitung des B. besonders durch Kaiser Mingti (58 –76 n. Chr.) gefördert, zunächst in Form des > Hinayana, dann wurde das > Mahayana die vorherrschende Lehre. Unter den Mongolenkaisern fand ab 1261 auch der > Lamaismus Verbreitung. Der B. verschmolz in China mit dem > Ahnenkult und dem > Taoismus. Der chinesische Kaiser wurde als eine Inkarnation des > Bodhisattva angesehen.
Von den über zehn Schulen, die in der Zeit von 400 –700 entstanden, erlangte > Chan-tsung, die Schule der Meditation, die von > Bodhidharma (* um 440; † um 528) gegründet wurde, sehr große Bedeutung. Sie sieht in der Meditation über die Leere die einzige Möglichkeit zur Heilsgewinnung und verwirft Studium und äußere Formen. Sie hat vor allem auch großen Einfluss auf die chinesische Kunst.
Lit.: Dumoulin, H[einrich]: Zen: Geschichte und Ge-
stalt. Bern: Francke, 1959; Heiler, Friedrich: Die Religionen der Menschheit in Vergangenheit und Gegenwart. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 21962; Khan, Hazrat Inayat: Wanderer auf dem inneren Pfad / Ausgewählt, übers. u. eingel. v. Karima Sen Gupta. Originalausg. Freiburg i. Br.: Herder, 1986; Bowker, John (Hrsg.): Religionen der Welt. Darmstadt: Primus Verlag, 2003.
Buddhismus, esoterischer, Alternativ-Buddhismus, um die > Adyar-Theosophie für Buddhisten annehmbar zu machen. Nach der Gründung der ersten theosophischen Gesellschaft (1875) entstanden, speziell in der „Entschleierung der Isis“, zahlreiche Unverträglichkeiten gegenüber dem orthodoxen Buddhismus. Um dem Abhilfe zu schaffen, schrieb A. P. > Sinnett den „Esoterischen Buddhismus“ und Henry Steel > Olcott verfasste einen „Buddhistischen Katechismus“. Beide erklärten schließlich den orthodoxen Buddhismus für „exoterisch“ und ihren „esoterischen“ für einzig echt.
Lit.: Sinnett, A. P.: Esoteric Buddhism. Trubner & Co., 1883; Olcott, Henry Steel: A Buddhist Catechism. Madras, 1886.
Buddhismus, japanischer. Der > B. kam 538 über Korea nach Japan und erfuhr unter der Regierung von Prinz Shotoku (573 – 622) und Kaiser Shomu (701–756) eine rasche Verbreitung, da er mit seiner aristokratischen Geisteshaltung als geistiges Fundament der mittelalterlich-feudalistischen Gesellschaftsordnung Japans geradezu prädestiniert erschien. Der von Kaiser Suiko zum Regenten erhobene Prinz Shotoku erblickte in der buddhistischen Religion, die er durch ein kaiserliches Dekret einführte, die Aufgabe, „das Böse und Schlechte aus dem Menschenherzen zu verbannen, auf dass Einigkeit unter den Herrschenden und Harmonie im Volke walte“ (§ 2 der 17 Verfassungsartikel vom 3. April 604, Junay Kitayama, 7). Das offizielle Datum der ersten Berührung der Japaner mit dem Buddhismus ist der 13. Oktober 552.
Der > Schintoismus, der Japans Gemeinwesen betrifft, optimistisch eingestellt ist und die Unsterblichkeit der Seele betont, wird als Staatsreligion vom B., der durch Erleuchtung die Erlösung des Einzelnen anstrebt, zunehmend in den Hintergrund gedrängt, nicht ohne den B. in der vorherrschenden Form des > Mahayana weiterhin nachhaltig zu beeinflussen. Die Zahl der > Buddhas und > Bodhisattvas wird durch einheimische Götter erweitert und der B. zerfällt in zwölf Sekten. Die wichtigsten davon sind: 1. > Zen, eine Fortsetzung der von Bodhiharma in China gegründeten Meditationsschule; 2. > Shingon-shu mit einem stark ausgeprägten Zauberglauben; 3. Tendai-Schule mit Berücksichtigung der verschiedenen Heilswege Meditation, Studium und Kult; 4. > Jodo-Sekte: sie entspricht der chinesischen „Schule des Reinen Landes“; 5. Shin-Schule: sie verwirft die Askese; 6. Nichiren-shu-Sekte: sie will dem historischen Buddha wieder seinen gebührenden Platz einräumen.
Lit.: Kitayama, Junyu: Heiligung des Staates und Verklärung des Menschen: Buddhismus und Japan. Berlin: Limpert, 1943; Hanayama, Shinsh: A History of Japanese Buddhism. Translated and edited by Kosho Yamamoto, Tokyo: CIIB, 1960; Heiler, Friedrich: Die Religionen der Menschheit in Vergangenheit und Gegenwart. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 21962; Köhler, Gustav: Der Buddhismus in Japan. Grenzgebiete der Wissenschaft 16 (1967) 3, 97–108.
Buddhi-Yoga (sanskr., „Yoga der Erkenntnis“), hinduistischer > Yoga, der die höhere geistige Fähigkeit oder das Organ der Geisteskräfte, > Buddhi, von der Verbindung mit der Welt befreien will. Der B. ist zu unterscheiden vom > Buddha-Yoga und dient dazu, die Geisteskräfte so zu disziplinieren, dass die Erlösung eintritt.
Lit.: Eliade, Mircea: Yoga: Unsterblichkeit und Freiheit. Zürich; Stuttgart: Rascher Verlag, 1960.
Budge, E[rnest] A[lfred] Wallis, Sir
(*27.07.1857 – 23.11.1934), engl. Ägypto-
loge, Orientalist, Philologe und führender Übersetzer altägyptischer Texte, von 1894 – 1924 Leiter der Ägyptenabteilung des Britischen Museums. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen sind aus paranormologischer Sicht vor allem die englische Übersetzung des > Ägyptischen Totenbuches sowie das Buch Egyptian Magic (1901) zu nennen. B. soll auch mit dem sog. „ägyptischen Tempel“ des > Hermetischen Ordens der Goldenen Dämmerung (Hermetic Order of the Golden Dawn) in Verbindung gestanden sein.
W.: Auswahl: The Book of the Dead. London: K. Paul, Trench, Trübner & Co. Ltd., 1901; Egyptian Magic. London: Routledge and Kegan Paul, 1979; The Bandlet of Righteousness, an Ethiopian Book of the Dead; in facsimile from two manuscripts in the British Museum /edited with an English translation by Sir E. A. Wallis Budge, New York: AMS Press, 1982; Amulets and Magic: the original texts with translations and descriptions of a long series of Egyptian, Sumerian, Assyrian, Hebrew, Christian, Gnostic and Muslim amulets and talismans and magical figures. London: Kegan Paul, 2001.
Budha (sanskr.), in der Hindu-Mythologie Bezeichnung für den Planeten > Merkur. B. gilt als unehelicher Sohn des Mondgottes > Chandra und trägt gelbe Gewänder und Kränze. Seine Attribute sind Krummschwert, Schild und Keule. Sein Reittier ist der Löwe. Auf anderen Darstellungen reitet er auch auf einem Adler, schwebt auf einem Teppich oder thront auf einem von Löwen gezogenen Wagen.
Im Horoskop gibt die Stellung von B. Auskunft über die Fähigkeit eines Menschen, seine innere Wahrnehmungswelt und seine Umgebung durch die Sprache zu interpretieren und zu organisieren. Er urteilt, erstellt Konzepte und bestimmt damit, wie wir etwas sehen, was wir sehen, welchen Weg unsere Gefühle und unser Verhalten nehmen.
Lit.: Shaneman, Jhampa: Buddhistische Astrologie: Horoskop-Interpretation aus buddhistischer Sicht / Jan V. Angel. Aus dem Amerikan. von Marita Böhm. [Mit einem Vorw. von S. H. Dalai Lama]. Berlin: Ullstein, 2007.
Budh-Gaya, auch Bodh-Gaya, kleinere Stadt im nordindischen Bundesstaat Bihar, wo > Buddha die vollkommene Erleuchtung erlangte und wo als Symbol der Große Tempel und der > Bodhi-Baum („Baum der Erleuchtung“) stehen. Der Ort ist für Buddhisten der Nabel der Welt.
Lit.: Dharmapala Anagarika: The Budh-Gaya temple case. Calcutta, 1895.
Budli, schwedischer König. Er besaß zwei Schwerter, von denen eines dazu verflucht war, zwei Brüder, die Enkelkinder des Königs, zu töten. B. ließ das verzauberte Schwert daraufhin in den Mälarsee versenken, wo es aber später vom Helden Asmund gehoben wurde.
Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg: Herder, 2002.
Budos, Louise de († 1598). Louis de Rouvroy, Herzog von Saint-Simon, berichtet in seinen Erinnerungen von L. de B., die nach dem frühzeitigen Tod ihres Gemahls wiederum nach einem reichen Mann Ausschau hielt und dabei den > Teufel zu Hilfe rief. Dieser bot ihr im Austausch für ihre Seele eine reiche, ehrenvolle und unerwartete Heirat an. Im Februar 1593 steckte ihr eine Zigeunerin einen Ring an den Finger mit der Aufforderung, ihn dem Auserwählten an den kleinen Finger zu stecken. Die Aussagen der Zigeunerin erfüllten sich. Am 29. März desselben Jahres heiratete der fast sechzigjährige Konnetabel von Frankreich, Henri I., der seit zwei Jahren Witwer war und am 15. Februar 1593 seinen ältesten und einzig legitimen Sohn Hercule verlor, überraschend die achtzehnjährige B. Am 11. Mai 1594 brachte diese Charlotte-Marguerite und am 30. April 1595 den heiß ersehnten Sohn Henri zur Welt. Das Glück währte jedoch nur fünf Jahre. Ihr Mann war wegen schwerer innenpolitischer Kämpfe nur selten zu Hause. Als sie nach einer Fehlgeburt wieder schwanger war, wurde sie schließlich am 26. September 1598 mit gebrochenem Genick und mit auf den Rücken gedrehtem Gesicht im Kabinett aufgefunden, wohin sie ein Mann, der ihr schon am Vortag begegnet war, zum Gespräch gebeten hatte. In der Luft hing Schwefelgeruch und so glaubte Saint-Simon, der Teufel sei gekommen, um seine Schulden einzutreiben. Die Umstände ihres plötzlichen Todes waren jedenfalls merkwürdig und blieben ein Geheimnis.
Lit.: Saint-Simon, Louis von : Erinnerungen: Der Hof Ludwigs XIV; Auswahl, Übers. [aus d. Franz.] u. Anm. von Norbert Schweigert; Nachw. von Fritz Nies. Stuttgart: Reclam, 1984.
Buer. Nach Johannes > Weyer ist B. ein Dämon zweiter Klasse. Er hat die Form eines Sterns und erscheint, wenn die Sonne im Schützen steht. B. verfügt über philosophisches Wissen und über Kenntnisse in der > Kräutermedizin. Er schenkt den Kranken Gesundheit und ist zuständig für das häusliche Glück. Ihm unterstehen 15 Legionen.
Lit.: Wierus, Joannes: Ioannis Wieri De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577.
Bug, bösartiger Geist aus Wales. Er entspricht dem > Bogie.
Lit.: Puhle, Annekatrin: Das Lexikon der Geister: über 1000 Stichwörter aus Mythologie, Volksweisheit, Religion und Wissenschaft / M. e. Geleitw. v. Adrian Parker. München: Atmosphären Verlag, 2004.
Bugge, Sophus (*5.01.1833 Laurvik, Norwegen; † 8.07.1907), norwegischer Altertumsforscher, studierte in Christiania (heute Oslo), Kopenhagen und Berlin, 1866 Prof. für Vergleichende Sprachwissenschaft und Altnordisch an der Christiania-Universität. Neben der Sammlung von norwegischen Volksliedern und Bräuchen befasste er sich mit Runeninschriften und lieferte beachtenswerte Beiträge zur keltischen, romanischen, umbrischen und etruskischen Sprache. In seiner kritischen Ausgabe der Älteren Edda (1867) und den Studien über die Entstehung der nordischen Götter- und Heldensagen (Studier over der nordiske Gude- og Heltesagns Oprindelse) stellte er die provokante These auf, dass die in der altnordischen Literatur überlieferten Mythen auf spätantike und christliche Vorstellungen zurückgingen. Auch in der Edda fänden sich christliche Einschübe. Diese Aussagen stießen auf erbitterten Widerstand und trennten B. von seinen Vorgängern, die sich darin einig waren, dass man es bei der Edda mit einheimisch-heidnischem Material zu tun habe. Sein Hinweis auf die Möglichkeit südöstlicher Einflüsse auf die germanische Religion findet jedoch heute noch Beachtung.
W. ( Auswahl): Särnund Sigfüsson, hinn frööa: Norrün fornkvrföi Islandsk samling af folkelige oldtidsdigte an nordens guder og heroer almindelig kaldet Sfimundar Edda hins frööa. Christiania: Malling, 1867; Beiträge zur Griechischen und Lateinischen Etymologie. Leipzig, 1871; Studier agier de nordiske Gude- og Weltesagns oprindelse: forste rnkke. Christiania: Feilberg & Landmark, 1881; Studien über die Entstehung der nordischen Götter- und Heldensagen… Vom Verf. autoris. und durchges. Übers. von Oscar Brenner. München: Kaiser, 1889.
Bugni, Chiara (4.10.1471–17.09.1514),
Franziskaner-Tertiarin, selig (Fest: 17. September nach dem Franziskanischen Martyrologium). In Venedig geboren, erhielt sie bei der Taufe den Namen Bianca. Schon früh zur Waise geworden, trat sie dann mit 18 Jahren bei den Franziskaner-Tertiarinnen des Spitals vom Heiligen Grab in Venedig ein, wobei sie den Namen Chiara annahm. Trotz ihrer schwächlichen Gesundheit führte B. ein strenges Bußleben, begleitet von außergewöhnlichen Phänomenen: mystische Vermählung, Stigmen, Erscheinungen von Jesus und Maria, häufige Ekstasen. Ihr tugendhaftes Leben wurde von vielen Menschen ihrer Zeit geschätzt, die sie des öfteren aufsuchten. Kardinal Grimani und der Patriarch von Venedig, Antonio Suriano, erkannten ihre mystischen Phänomene an. 1504 wurde sie einstimmig zur Oberin gewählt und sieben Jahre später hätten sie die Schwester in ihrem Amt bestätigt, doch setzte der zuständige Franziskanerprovinzial eine andere Oberin ein. Man beschuldigte sie, durch ihre Strenge die Gemeinschaft zu stören, und stellte sie vor die Alternative, entweder das Kloster zu verlassen oder sich in einer Einzelzelle weitab von den anderen einzuschließen. B. wählte die einsame Zelle, wo sie unter unsäglichen Leiden, jedoch in tiefer Verbundenheit mit Gott, die zwei letzten Jahre ihres Lebens verbrachte.
Lit.: Marcus Lisbonensis: Croniche degli ordini instituiti dal P. S. Francesco. In Napoli: per Nouello de Bonis …, 1680; Cornaro, Flaminio: Ecclesiae Venetae antiquis monumentis nunc etiam primum editis illustratae ac in decades distributae. Venetiis: Pasquali, 1749.
Buguet, Édouard Isidore (1840 –1901) wurde in den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts durch seine angeblichen > Geisterfotografien weltweit bekannt. Die Revue Spirite hatte B. nämlich fortwährend als fotografisches Medium empfohlen, das auch die Geister verstorbener Verwandter und Freunde darzustellen vermöge. Für ein halbes Dutzend solcher Fotografien im Visitenkartenformat ließ sich B. 20 Francs bezahlen. Am 22. April 1875 wurde er jedoch des Betruges überführt und obwohl er diesen zugab, kam es am 16. /17. Juli 1875 zum Prozess, bei dem er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde (Perty, 239 –345). B. arbeitete nie wieder als Fotograf, seine Fotos wurden jedoch begehrte Sammelstücke, und es gab immer wieder Behauptungen, er habe tatsächlich die Geister von Toten fotografiert. Allerdings war auch Nicolas Camille > Flammarion von seinen Betrügereien überzeugt.
Lit.: Aksakow, Alexander: Die Verurteilung des Photographen Buguet. Psychische Studien 2 (1875), 337 – 339; Perty, Maximilian: Eine Verurteilung wegen betrügerischer sogenannter Geister-Photographie. Psychische Studien 2 (1875), 339 –345; Sterne, Carus: Ein Geisterphotograph vor Gericht. Gartenlaube 30 (1875), 506 ff.; Flammarion, Camille: Mysterious Psychic Forces; an account of the author’s investigations in psychical research, together with those of other European savants. Boston: Small, Maynard and Company, 1907.
Buhlsalben > Hexensalben.
Buhlschaft mit dem Teufel > Teufelsbuhlschaft.
Buhlteufel, weiblicher Dämon, > Succubus, der des Nachts kommt, um sich mit bestimmten Männern zu paaren. Dabei saugt er von ihrer Lebenskraft, indem er ihren Samen raubt. Das männliche Gegenstück ist der > Incubus, der sich nachts in gleicher Absicht an schlafende Frauen heranmacht.
Lit.: Balzac, Honoré de: Der Succubus. Berlin: H. H. Tillgner, 1923; Waldemar, Charles: Dämonie der Erotik: eine Psychopathologie der Frau. Wiesbaden: Reichelt, 1967.
Bühnenhypnose, Show-Hypnose. Im Gegensatz zur Heilungshypnose in Medizin und Psychologie geht es bei der B. um die Beeindruckung und Unterhaltung des Publikums.
Dabei ist bei der B. grundsätzlich zwischen echter und fingierter > Hypnose zu unterscheiden. Bei der echten Hypnose wird die Person auf der Bühne tatsächlich hypnotisiert, während bei der fingierten Hypnose nur verschiedene Techniken zur Anwendung gelangen, die hypnotische Reaktionen vortäuschen.
In der echten Hypnose werden mitunter auch Demonstrationen durchgeführt, von denen bekannt ist, dass sie dem Hypnotisierten schaden bzw. schaden können. Als Beispiel kann hier die sog. > Kataleptische Brücke genannt werden, bei der sich der Hypnotiseur auf den Hypnotisierten stellt, der nur mit dem Hinterkopf und den Füßen auf zwei Stühlen aufliegt. Doch auch Suggestionen während der Hypnose – z. B. einen Apfel zu essen, wobei man stattdessen einen Tennisball reicht; ein heißes Eisen anzufassen, indem man ein Stanniolpapier aushändigt; das Zufügen von echten Stich- und Schnittwunden zur Demonstration, dass kein Blut fließt – wie überhaupt Suggestionen, die der Zurschaustellung des Hypnotisierten als willenloses Opfer und der Manipulationen des „Meisters“ auf der Bühne dienen, werden bisweilen als traumatisch erlebt und können zu Folgeproblemen führen, die eine nachträgliche therapeutische Behandlung erfordern. Aufgrund der möglichen somatischen und psychischen Folgen der echten B. ist die Showhypnose in einigen Ländern (Israel, Kanada, Schweden, Südafrika) gänzlich verboten.
Doch auch die fingierte Hypnose ist nicht ohne Gefahren. Dies gilt z. B. für die sog. Karotistechnik, wo der Showmaster die Arterien hinter dem Adamsapfel des „Mediums“ mit seinen Fingern verschließt, während er das „Medium“ und die Zuschauer mit Sprüchen ablenkt, dann wartet, bis das „Medium“ aufgrund eines plötzlichen Blutunterdrucks ohnmächtig wird, in diesem Moment ruft: „Schlafe!“ und das Medium zu Boden gleiten lässt, und sobald er bemerkt, dass das „Medium“ wieder zu sich kommt, laut verkündet: „Wieder vollkommen wach“. Damit ist nichts gegen Kunstfertigkeiten gesagt, die der Unterhaltung dienen, nicht zuletzt auch des „Mediums“, was ja die eigentliche Absicht der B. ist.
Aus dem Gesagten ergibt sich somit der Grundsatz: Ob echte oder fingierte B. – das Wohl des „Mediums“ darf in keiner Weise beeinträchtigt werden!
Lit.: Bongartz, Bärbel u. Walter: Hypnose: wie sie wirkt und wem sie hilft. Zürich: Kreuz-Verl., 1988.
Buirmann, Franz (*1590 Euskirchen; † nach 1638), kölnischer Hexenkommissar, studierte an der Universität Köln, wo er 1608 immatrikulierte und das Studium schließlich mit dem Doktorat in Jurisprudenz abschloss. Ab 1628 war B. Bürger von Bonn, da er dort eine Stelle als Schöffe und Kommissar am Bonner Hohen Gericht erhalten hatte. Noch vor 1635 heiratete er Katharina Walravens.
Angesichts des damals weitverbreiteten He-
xenglaubens hoffte man, die Auswüchse mittels lokaler Hexenverfolgung zu bekämpfen. Dabei befahl der Erzbischof von Köln, Ferdinand von Wittelsbach, bei Schwierigkeiten mit Hexenprozessen ausgebildete Juristen von den beiden höchsten kurkölnischen Gerichten in Köln und Bonn, sog. „Kommissare“, beizuziehen, die auf die Korrektheit des Verfahrens und die Anwendung der juristischen Lehre der Zeit zu achten hatten. Dies wurde jedoch zum Verhängnis. Es waren nämlich gerade die > Hexenkommissare, die den ohnehin schon lodernden Flächenbrand noch mehr anfachten, nicht zuletzt, weil sie durch ihre enormen Honorare bei jedem Prozess zu großem Wohlstand gelangten. Einer der schlimmsten war Franz B., der als reisender Richter mit dem Vorrang vor allen lokalen Autoritäten durch Köln und die angrenzenden Gegenden zog.
Die Prozesse begannen im Juni 1631 in Rheinbach, wo er mindestens 20 Menschen wegen Hexerei zum Tod verurteilte. Die Schuldigen ließ er mit äußerster Härte foltern, auch unter Anwendung der > Spanischen Stiefel, oder sie wurden auf einen metallenen Hexenstuhl gebunden, unter dem man ein Feuer entfachte. Selbst seine eigenen Leute waren vor seiner mörderischen Aufmerksamkeit nicht sicher. 1636 ließ er in Siegburg den Scharfrichter als Hexer verbrennen.
Diese Serie der Hexenprozesse dauerte bis 1638.
Lit.: Löher, Hermann: Wehmütige Klage der frommen Unschuldigen. Köln: Nix, 1995.
Bukentauros (griech.), > Kentaur mit Stierkörper.
Lit.: Mode, Heinz: Fabeltiere und Dämonen: die Welt der phantastischen Wesen. Leipzig: Koehler & Amelang, 2005.
Bukephalos (griech. boukephalas, Ochsenkopf; lat. bucephalus), Name des Lieblingspferdes > Alexanders des Großen, der es Boukephala nannte. Über die Herkunft des Namens gibt es mehrere Deutungen: er könnte vom breiten Schädel des Tieres, von der stierkopfförmigen Blesse an der Stirn oder von den kleinen hornartigen Auswüchsen am Kopf des Pferdes herrühren. Vielleicht aber trug es als thessalisches Pferd als Brandzeichen einen Ochsenkopf.
Das Pferd soll der makedonische König Philipp II. für seinen Sohn um 13 Talente, den Monatssold für 1500 Soldaten, gekauft haben, und zwar in jenem Jahr, in dem er die Olympischen Spiele in Dion veranstaltete.
Das Pferd wird als von gewaltiger Größe mit dem prächtigen Elfenbeinhorn eines Einhorns und dem smaragdgrün gesprenkelten Schwanz eines Pfaus beschrieben. Nur Alexander selbst soll in der Lage gewesen sein, es zu reiten. Da er bemerkte, dass das Pferd vor seinem eigenen Schatten scheute, stellte er es beim Aufsteigen gegen die Sonne. Mit B. wurde Alexander in den folgenden Jahren zu einem der größten Eroberer der Geschichte.
Das Pferd soll 30 Jahre alt geworden sein und von ca. 355 bis 326 v. Chr. gelebt haben. Als es während der Schlacht am Hydaspes ertrank, errichtete Alexander auf dem Schlachtfeld die Stadt Alexandreia Bukephalos, heute Jhelam am gleichnamigen Fluss in der pakistanischen Provinz Punjab.
B. gilt als das bekannteste > Pferd der Antike, dem zahlreiche Denkmäler gesetzt wurden, so auch vor dem Quirinalspalast in Rom.
Lit.: Green, Peter: Alexander der Große. Mensch oder Mythos? Freiburg: Ploetz, 1974; Duve, Karen / Thies Völker: Lexikon der berühmten Tiere. Frankfurt a. M.: Eichborn, 1997; Basche, Arnim: Geschichte des Pferdes. [Sonderausg.]. Künzelsau: Sigloch-Ed., 1999.
Bukranien (griech. Bukranion, Ochsenschädel), Dekoration mit Tierschädeln. In der Vor- und Frühzeit gab es den Brauch, Tempel und Altäre mit Hörnern und Schädeln von Opfertieren oder auch Antilopen zu schmücken. Über ihre Bedeutung wissen wir nichts, sie könnten aber ein Schutzsymbol gewesen sein, indem man sich von deren Krafthaltigkeit eine wirksame Abwehr des Bösen versprach. Später findet sich in Ägypten der Brauch nur noch vereinzelt an Götterschreinen (Caulfield) und an Wohnhäusern (Petri). Auch die auf Stangen gepflanzten Rinderköpfe am Eingang zum Grab Ramses III. (Pierrot-Chipiez, 290) erinnern daran. In der Vorzeit war auch ein Amulett in Form eines Rinderkopfes beliebt (Capart).
Im Brauch des Verzierens von Gebäuden und Wohnungen, vor allem mit Jagdtrophäen, lebt diese alte Tradition heute noch als Schutz- und Kraftsymbol fort.
Lit.: Perrot, Georges / Charles Chipiez: Histoire de l’art dans l’antiquité. Parution: Hachette, 1898; Caulfield, Algernon: The Temple of the Kings at Abydos. London: B. Quaritch, 1902; Capart, Jean: Les débuts de l’art en Égypte [Texte imprimé]. Bruxelles: Vromant & Co., 1904; Petrie, William M. Flinders: Gizeh and Rifeh [Mikrofiche-Ausg.]. London: School of Archaeology in Egypt, 1907.
Bukura e dheut (alban., „die Schönheit der Erde“), feenänliche Gestalt im albanischen Volksglauben und Märchen. Sie ist so hilfreich und mächtig, dass sie Funktionen übernehmen kann, die sonst allein Gott oder einem Engel zustehen. Sie selbst wird von einem dreiköpfigen Hund, ihr Schloss von allerlei Wundertieren bewacht. B. kann aber auch dämonische Züge annehmen und Verbindungen zur > Unterwelt aufweisen.
Lit.: Schroeder, Kl.-H.: Bukura e dheut (Die Mythologie der Albaner). In: Hans Wilhelm Haussig: Wörterbuch der Mythologie 2. Stuttgart. Klett-Cotta, 1973.
Bukuri i qiellit (alban., „der Schöne des Himmels“), geläufige christliche Bezeichnung für „Gott“ in Albanien. Diese Bezeichnung reicht in die altillyrische Zeit zurück, in der sich drei Götter die Welt – Himmel, Meer, Unterwelt – teilten.
Lit.: Schroeder, Kl.-H.: Burkura e dheut (Die Mythologie der Albaner). In: Hans Wilhelm Haussig: Wörterbuch der Mythologie 2. Stuttgart: Klett-Cotta, 1973.
Bukwus, Ungeheuer der indianischen Volksgruppe der Kwakiutl. B. lebt angeblich in den Wäldern der Pazifikküste und obwohl er abstoßend ist, hat er doch große Sehnsucht nach Gesellschaft. Mit seiner wunderschönen Stimme lockt er daher die Geister der Ertrunkenen in seinen Bau.
Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika / Molyneaux, Brian L. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.
Bulaing, weibliche Schöpfergottheit bei den westaustralischen Karadjeri. Als im Himmel lebendes, unsterbliches Wesen hat B. alle Geschöpfe und Dinge erschaffen.
Unter dem Namen B. kennt man beim Karadjeri-Stamm auch eine Riesenschlange, von der man glaubt, dass, wenn man sie isst, das Wasser aus ihrem Körperinnern das ganze Land überschwemmt. Sie gilt daher als Erklärung für große Überschwemmungen.
Lit.: Lévy-Bruhl, Lucien: La mythologie primitive: le monde mythique des Australiens et des Papous; avec 4 pl. hors-texte. New York: AMS, 1978.
Bülau, Friedrich (* 8.10.1805 Freiburg, † 26.10.1959 Leipzig), Schriftsteller und Historiker. B. studierte an der Universität Leipzig Rechtswissenschaft, habilitierte sich 1829 an der philosophischen Fakultät, wurde 1833 außerordentlicher, 1836 ordentlicher Professor der Philosophie und 1840 der Staatswissenschaft. Nebenbei betätigte er sich als Hobbyhistoriker und Verfasser der Sammlung „Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen“, die den Charakter von Erzählungen und nicht der streng wissenschaftlichen Aufbereitung historischer Fakten hat, jedoch viel Anklang fand. Zu den darin enthaltenen verborgenen oder vergessenen Merkwürdigkeiten gehören auch Biografien über den Grafen > Saint-Germain, Baron von > Hund, > Cagliostro, > Schröpfer usw.
Lit.: Geheime Geschichten und räthselhafte Menschen: Sammlung verborgener oder vergessener Merkwürdigkeiten / hrsg. von Friedrich Bülau. 12 Bde. Leipzig: Brockhaus, 1850 – 1860; 21863 – 1864.
Bulcan Gobha (irisch), Höllenschmied. Er schmiedete die Waffe, mit welcher der irische Sagenheld Finn den mächtigen König Dáire Donn zu töten vermochte. Das Schmieden der Waffe erfolgte in der Nacht zu Dáires Geburt.
Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg: Herder, 2002.
Bulcock, John und Jane > Pendle, Hexen von.
Bulgakow, Sergej Nikolajewitsch
(*16.06.1871 Liwny; † 14.07.1944 Paris), russischer Religionsphilosoph und Theologe. Als Sohn eines orthodoxen Priesters studierte er in Moskau 1890 –1894 Jura und setzte dann seine Studien in Berlin und London fort. 1901 wurde er Prof. für Nationalökonomie am Polytechnischen Institut in Kiew und 1906 für dasselbe Fach Dozent an der Moskauer Universität. Zunächst leidenschaftlicher Marxist, wandte er sich unter dem Einfluss des Philosophen Wladimir Sergejewitsch Solowjew vom Marxismus ab, nahm 1917/18 am allrussischen Kirchenkonzil zur Erneuerung der orthodoxen Kirche teil und ließ sich 1918 zum Priester weihen. Zum Mitglied der höchsten Kirchenversammlung ernannt, wurde er 1923 aus Russland ausgewiesen und gelangte über Prag nach Paris, wo er von 1925 –1939 Prof. für Dogmatik und Dekan am Orthodoxen Theologischen St. Sergius-Institut war. Unter dem Einfluss der Lehren von Solowjew und Teilhard de Chardin entwickelte B. eine Lehre von der Immanenz Gottes, die als erste Orthodoxe > Naturphilosophie gelten kann. Die daraus erwachsene Lehre von der Sophia, der göttlichen Natur, dem Urbild der Schöpfung, die in Maria ihre reine Darstellung findet, wurde 1935 als gnostische Irrlehre abgelehnt. Er konnte aber unter dem Schutz des Metropoliten Eulogius seine theologische und priesterliche Tätigkeit fortsetzen. B. betonte die Notwendigkeit der religiösen Erfahrung und erneuerte damit im 20. Jh. das zentrale Anliegen des > Hesychasmus (griech. hesychia, Ruhe, Zurückgezogenheit), der orthodoxen Mystik.
B. ist auch bekannt durch seine Beteiligung an den Einigungsbestrebungen und der ökumenischen Bewegung.
W. (Auswahl): The Wisdom of God: A Brief Summary of Sophiology. New York: The Paisley Press; London: Williams and Norgate, 1937; Dialog zwischen Gott und Mensch. Marburg an d. Lahn: Edel, 1961; Die Orthodoxie. Trier: Paulinus-Verl., 1996.
Bulgarien, Republik in Südosteuropa, die an Griechenland, Mazedonien, Rumänien, Serbien und die Türkei grenzt. Seit 1. Januar 2007 ist B. Mitglied der Europäischen Union.
Geschichte
Die frühesten Bewohner von B. waren die Thraker, ein arisches Volk, das von den Römern zu Beginn der Kaiserzeit unterworfen wurde. Nach der Verwüstung durch die Völkerstürme der Goten und Hunnen wurde B. von Slawenstämmen besiedelt. 679 siedelte sich das nicht-slawische (finnische) Volk der Bulgaren zwischen der Donau und dem Balkan an und gründete ein großes Reich (681 – 1014/18). Kan Boris I. (852 – 889), der sich 864 taufen ließ, versuchte eine von Rom und Byzanz unabhängige Kirche zu errichten. 1018 wurde Bulgarien vom byzantinischen Kaiser Basilius II. unterworfen, die Privilegien der Kirche und des Adels blieben jedoch unangetastet. 1393 bzw. 1396 kam ganz Bulgarien unter osmanische Herrschaft, die fast 500 Jahre andauerte. Um 1800 erhob sich der geistig-nationale Widerstand mit der Forderung nach Unabhängigkeit, die nach blutigen Kämpfen im russisch-türkischen Krieg (1877–1878) mit dem Friedensvertrag von San Stefano 1878 erlangt wurde.
Dabei knüpften die Bulgaren wieder an antike und frühere bulgarische und byzantinische Traditionen an, die sich in den Farben, Rhythmen und Melodien der bulgarischen Folklore, in der Schönheit der bulgarischen Künste und des Handwerks, in den lebendigen Sitten und Bräuchen widerspiegeln.
Paranormologische Aspekte
Im bulgarischen Teil Thrakiens folgte man zunächst dem gemäßigten Dualismus der gnostischen Gruppen der Altbogomilen (> Bogomilen) und > Paulizianer. Auf dem Katharer-Konzil von St. Félix-de-Caraman (1167) wurden die > Albigenser vom Bogomilen-Bischof Niketas für die radikal-dualistische Lehre der Kirche von Dragowista in Thrakien (B.) gewonnen.
Schon seit slawischer Zeit spielt in B. die Vorstellung von > Vampiren eine große Rolle.
Weiters gibt es im volkstümlichen Weltbild der Bulgaren die häufig beschriebene und mysteriöse Märchengestalt des bösen > Drachens. Von ihm handeln viele Volkslieder zu den Frühlingsfesten, dem Lazarustag, zu Ostern und am Georgstag. Das darin beschriebene Ungeheuer war eigentlich halb Mensch, halb Drache und konnte nur von seiner Auserwählten gesehen werden, die es angeblich nachts in der Gestalt eines schönen, jungen Mannes besuchte.
In die bulgarische Volkskunst kam die Gestalt des Drachens über die slawische Mythologie, in der die > Schlange vergöttert wurde. So erzählt auch die Legende über den Drachen, dass er sich mal in eine Schlange, mal in eine Eidechse oder in einen Fisch verwandelte. Die alten Bauern glaubten, dass der Gewittersturm ein Kampf unter Drachen sei; ferner, dass er die Regenwolken aufhalte und daher Dürre ausbrach. Daher veranstalteten die Männer nachts eine symbolische Drachenjagd und gingen anschließend gemeinsam baden, in der Hoffnung, dass nun der für die Ernte wichtige Regen einsetzen werde.
Die alten Bulgaren nannten den ersten Tag des Monats Mai auch den Schlangentag. Ging man an diesem Tag auf das Feld zur Arbeit, so der > Aberglaube, werde man im Sommer von einer Schlange gebissen. Um sich dagegen und überhaupt gegen die Einwirkung des Bösen zu schützen, wurde speziell an diesem Tag von den jungen Mädchen und Burschen auch > Knoblauch gepflückt.
In einer vielfältigen Symbolgestaltung und -deutung spiegelt die bulgarische Folklore einerseits den landwirtschaftlichen Jahreszyklus und den Lebenszyklus der Menschen wider, andererseits wird die historische Zeit der Bulgaren miteingeflochten, deren Interpretation ihren eindruckvollsten Ausdruck im bulgarischen Epos findet. Dort steht die Gestalt des Helden im Vordergrund, am häufigsten Krali Marko mit seiner unbändigen Kraft und seinem Sonderverhältnis gegenüber der türkischen Invasion auf dem Balkan im 14. Jh.
Später finden wir in B. auch die > Freimaurerei, während der aus B. stammende Philosoph und Pädagoge Omraam Mikhael > Aivanhov (1900 –1986), Schüler von P. Deunov in Bonfin in Frankreich, die „Universelle Weiße Bruderschaft“ auf der Basis einer universellen Philosophie gründete, die anhand von > Theosophie, > Kabbala und östlichen Weisheitslehren Antworten auf Lebensfragen zu geben versucht.
Einen besonderen Stellenwert haben in B. nicht zuletzt alternative Heilmethoden (> alternatives Heilen).
In der wissenschaftlichen Erforschung des Paranormalen war vor allem Dr. Georgi > Lozanov, der am 22. Juli 1926 in Sofia geborene Begründer der > Suggestopädie, die treibende Kraft. Er wurde allerdings deswegen von den kommunistischen Machthabern lange Zeit verfolgt, bis er schließlich ins Exil nach Österreich ging. Später war es sogar möglich, dass eine vierköpfige Ärztekommission bei der Geistheilerin Krassimira > Dimowa deren Fähigkeit des Aurafühlens testete (Dimova). In diesem Zusammenhang hat vor allem auch die „blinde Prophetin“ Wanga > Dimitrowa Aufsehen erregt.
Lit.: Ostrander, Sheila: Psi: die wissenschaftliche Erforschung und praktische Nutzung außersinnlicher Kräfte d. Geistes u. d. Seele im Ostblock / Schroeder, Lynn. Bern; München: Scherz, 171983; Aivanhov, Omraam Mikhael: Die Kraft der Gedanken. Fréjus (F): Prosveta Verlag, 21997; Dimova, Krassimirà: Mein Weg zur Heilerin. Grenzgebiete der Wissenschaft 40 (1991) 4, 311– 333; Lennhoff, Eugen: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000. Oberste, Jörg: Der „Kreuzzug“ gegen die Albigenser: Ketzerei und Machtpolitik im Mittelalter. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2003; Lauhaus, Angelika: Bulgarien zwischen Byzanz und dem Westen: Beiträge zu Kultur, Geschichte und Sprache. Nümbrecht: Kirsch, W., 2008.
Bull, Titus (1871–1946), Arzt und Neurologe, Mitglied der American Association for the Advancement of Science. B. war eng befreundet mit dem Parapsychologen Prof. James H. > Hyslop (1854 –1920), der sich besonders mit der Frage der > Besessenheit befasste. Hyslop hatte aus seinen Beobachtungen den Schluss gezogen, dass einige sog. Geisteskranke Opfer von Besessenheit durch > Geister seien. Bei seinem Tod bat er B., seine Hypothese weiter zu verfolgen. Als Arzt versuchte dieser zunächst, derlei Fälle durch konventionelle Erklärungen und Behandlungen zu heilen. Wo er damit keinen Erfolg hatte, suchte er nach parapsychologischen Ursachen. Er brachte den Patienten in Kontakt mit einem > Medium, das keinerlei Kenntnis vom ihm hatte, aber dennoch vergessene Erinnerungen wachrief und zuweilen besitzergreifende Wesenheiten beschrieb. B. versuchte daraufhin den > Quälgeist über das Medium zu bewegen, die Besitznahme des Patienten aufzugeben. Dabei schrieb er die Möglichkeit einer Besessenheit einer Veränderung im Nervensystem zu und bediente sich zu deren Behebung ganz der spiritistischen Methode. Die Ergebnisse seiner 20-jährigen Forschung legte er in seinem Buch Analysis of Unusual Experiences nieder.
W. (Auswahl): Analysis of Unusual Experiences in Healing Relative to Diseased Minds and Results of Materialism Foreshadowed. New York, N.Y.: James H. Hyslop Foundation, Inc., 1932; Mental Obsession and the Latent Faculty. In: JASPR 32 (1938), 260.
Bulle (lat. bulla, Kapsel), Siegel, Urkunde.
1. Metallsiegel, die von Souveränen verwendet wurden. Seit dem 12. Jh. trugen B.n aus Blei den Namen des Papstes und auf der Rückseite die Porträts von Petrus und Paulus.
2. Ab dem 13. Jh. wurden Urkunden mit Metallsiegeln als B.n bezeichnet. Die unterschiedlichen Bezeichnungen: bullae consistoriales, curiales, camerales, comunes, secretae, clausae usw. verweisen auf Ort, Art, Weise und Form der Ausstellung. Zitiert werden die B.n nach den ersten Worten der Arenga.
Den Bereich der Paranormologie tangieren folgende Bullen:
HIIER TABELLE
Die Verordnungen dieser B.n haben heute nur mehr historischen Wert.
Im 20. Jh. wurden nur noch selten päpstliche Bullen erlassen, etwa zur Inkraftsetzung des Kirchenrechts (CIC) 1917 und zur Einberufung des Heiligen Jahres. Für Lehrtexte des Papstes wird seit 1740 häufiger die Form der Enzyklika gewählt, für Rechtsakte die Apostolische Konstitution.
Lit.: Martini, Aldo: I sigilli d’oro dell’Archivio Segreto Vaticano. Mailand: F. M. Ricci, 1984; Frenz, Thomas: Papsturkunden des Mittelalters und der Neuzeit. 2. aktual. Aufl. Stuttgart: Steiner, 2000 (Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen; 2).
Bullkater (mhd. bullen, büllen, „heulen“ (vom Wind), bellen, brüllen; „Kater“ oder „Katze“ ist eine gängige Bezeichnung für Wetterwolken bzw. Gewitterwolke. Die mannigfaltigen Einwirkungen der Wetterwolken auf das Leben und Empfinden des Menschen haben B. in mehrfacher Form die Bedeutung eines Dämons der Fruchtbarkeit und des bösen Mannes gegeben. Als > Korndämon befruchtet er die Getreidefelder, als Bullemann (heimtückisches Gespenst, böser Mann) versinnbildlicht er die drohende Gewittergefahr und die unberechenbaren Blitzschläge (Kück, 136). Schließlich gibt es auch noch Mischvorstellungen, die den getreidespendenden Dämon mit dem bösen Mann verbinden. Mit der Betonung des Bösartigen im Korndämon ist wohl auch der seltene Brauch verbunden, beim Ausdreschen der letzten Halme auf dem Gutshof eine Katze totzuschlagen (Mannhardt 2, 173 A).
Lit.: Mannhardt, Wilhelm: Wald- und Feldkulte. 2 Bde. Berlin, 21904 –1905; Kück, Eduard: Wetterglaube in der Lüneburger Heide. Mit Buchschmuck von F. Müller-Münster. Hamburg: Hermes, 1915.
Buluc Chabtán („elf Fastende“), Erdgottheit der > Maya. B. ist auch > Kriegsgott, der mit einer Hand Menschen niedersticht, mit der anderen Häuser ansteckt. Zudem ist er Opfergott. In den Maya-Kodizes wird er mit einer charakteristischen schwarzen Linie um die Augen dargestellt. Über seinem Kopf steht das Zeichen für 11.
Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika / Molyneaux, Brian L. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.
Buluga (auch Puluga), Schöpfergott der Negritos der Andamanen-Inseln an der Westküste Südostasiens. B. ist Schöpfer der Welt und des Menschen, Personifikation von Monsun, Gewitter und Sturm. Der Wind ist sein Atem, der Donner seine Stimme. Das Übertreten von Geboten bestraft er mit verheerenden Unwettern. Einen speziellen B.-Kult gibt es jedoch nicht und auch in den überlieferten Mythen spielt er nur eine geringe Rolle.
Lit:: Man, Edward Horace: The Aboriginal Inhabitants of the Andaman Islands. Published for the Anthropological Institute of Great Britain and Ireland by Trübner, 1884; Radcliffe-Brown, A[lfred] R[eginald]: The Andaman Islanders. New York: Free Press, 1964.
Bulwer-Lytton, Sir Edward George
(*25.05.1803 London; † 18.01.1873 Tourquai, England), engl. Politiker, 1858 –1859 britischer Kolonialminister, ab 1866 Lord Lytton, Rosenkreuzer und Romanschriftsteller; Studium in Cambridge, 1827 Heirat mit Rosina Wheelers aus Limerick. 1834 wurde B.-L. mit seinem historischen Roman Die letzten Tage von Pompeji sehr bekannt. Er interessierte sich für das Okkulte und Paranormale, nahm an Sitzungen mit ritueller Magie teil und hatte 1855 D. D. > Home zu Gast. Neben den britischen besuchte er auch französische esoterische Zirkel und unterhielt persönliche Kontakte zu Eliphas > Lévi, den er auf seinem Familiensitz in Knebworth des öfteren bewirtete und der ihn 1854 besuchte. Die beiden sollen gemeinsam den Geist des > Apollonius von Tyana beschworen haben, der ihnen u. a. den Entwurf für einen angeblich sehr wirksamen > Talisman mitteilte.
1861 übernahm B.-L. den Vorsitz der Societas Rosicruciana in Anglia (SRIA), deren Ehrenmitglied er war und die später im Hermetic Order of the Golden Dawn aufging.
Der von B. geschaffene > Vril-Mythos (schöpferische Kraft des Pflanzenwachstums) beeinflusste die nationalsozialistischen Esoteriker, wie den ehemaligen Steinerschüler Rudolf Heß, die eine Vril-Gesellschaft gründeten. Vril steht in seinem Roman Vril oder das kommende Geschlecht für eine reine schöpferische Kraft, die Pflanzen wachsen lässt. In Zukunft werde der Mensch in der Lage sein, diese Kraft für sich zu nutzen. Rudolf > Steiner betrachtete dieses Buch als eine Rückschau in verlorengegangene Fähigkeiten der frühesten Vorzeit. Vril ist eine Art Gegenkraft zu Lévis „Astrallicht“.
B.-L. hielt sich für einen okkulten Eingeweihten und betrachtete seine esoterischen Romane wie Zanoni und A Strange Story trotz ihrer geringen Popularität als seine Hauptwerke. Die Gesamtausgabe seiner Werke (London, 1873 –1875) umfasst 38 Bände. Der größte Teil wurde in alle Kultursprachen übersetzt.
Sein Grab befindet sich in der Westminster-Abtei in London. Sein Sohn wurde Vizekönig in Indien.
W.: Bulwer-Lytton, E. G.: Werke. Aus d. Engl. von Georg Nicolaus Bärmann. Leipzig: Schumann, 1833 – 1853.
Bumerang (Dharuk: „Wind“, „Luft“; engl. boomerang; it. bumerang), flache, gewinkelte Keule oder Wurfholz mit plan- oder bikonvexem Querschnitt, das den Ureinwohnern Australiens, den > Aborigines, als Wurf- oder Schlagwaffe, Werkzeug, Klangkörper und Sakralobjekt diente. Entgegen verbreiteten Annahmen kehren nur jene B.s zum Werfer zurück, die man für nicht alltägliche Zwecke, etwa zum > Wahrsagen, verwendet oder Kindern zum Spielen gibt. In Wirklichkeit beruhen die Rückkehreigenschaften auf plankonvexem Querschnitt und leicht schraubenförmiger Verdrehung der Schenkel zueinander.
Lit.: Schlatter, Gerhard: Bumerang und Schwirrholz. Eine Einführung in die traditionelle Kultur austral. Aborigines. Berlin: Reimer, 1985.
Bundehesh („die ursprüngliche Schöpfung“), ein spekulativ-mythologisches Religionswerk aus dem 9. / 10. Jh. n. Chr., das zur zoroastrischen Pehlevi-Literatur gehört und nur fragmentarisch erhalten ist, aber wichtige Aufschlüsse über die Lehre des > Parsismus gibt.
Lit.: Justi, Ferdinand (Hg.): Der Bundehesh [Bundahish] zum ersten Male herausgegeben, transscribirt, übersetzt und mit Glossar versehen. Leipzig, 1868. Reprint: Hildesheim: Georg Olms, 1976; Bertholet, Alfred: Wörterbuch der Religionen. 4. Aufl. / neu bearb., erg. u. hrsg. von Kurt Goldammer. Stuttgart: Kröner, 1985.
Bundeslade (engl. Ark of the Covenant; it. arca dell’alleanza), heiliger Schrein in der Heilsgeschichte Israels mit der ursprünglichen Bezeichnung „Lade JHWHs“, „Lade des Gottes Israel“. Der Ursprung der Lade ist unbekannt. In den verschiedenen literarischen Schichten des AT differieren nämlich die Auffassungen über ihre Herkunft, Gestalt und Bedeutung. Von ihr ist jedenfalls schon bei Mose die Rede, und zur Wüstenzeit Israels, in Ex 25,10-22 und 37,1-9, wird sie als heiliger Schrein beschrieben, den nur die Priester tragen durften.
Die B. war aus Akazienholz, 115 cm lang und 67 cm breit, innen und außen mit reinem Gold überzogen und ringsherum von einer Goldleiste verziert. An den Füßen waren vier Goldringe angebracht, durch welche zum Tragen vergoldete Stangen aus Akazienholz geführt wurden. In der Lade lag die Bundesurkunde. Eine Deckplatte aus purem Gold in den genannten Maßen schloss sie nach oben ab. Die beiden Enden an der Deckplatte zierten zwei Kerubim aus getriebenem Gold mit einander zugewandtem Gesicht und nach oben ausgebreiteten Flügeln zum Schutz der Lade. In ihr findet die Begegnung mit Gott statt: „Dort werde ich mich dir zu erkennen geben und dir über der Deckplatte zwischen den beiden Kerubim, die auf der Lade der Bundesurkunde sind, alles sagen, was ich dir für die Israeliten auftragen werde“ (Ex 25,22).
Die Geschichte der B. reicht von Mose (Dtn 10,1-5; 1 Kön 8,9) über die Wüstenwanderung, wo sie ihren Platz in der Stiftshütte hatte, bis zur Überführung unter David aus Schilo nach Zion und unter Salomo in den Tempel. Sie stand für die heilgeschichtliche Erwählung Israels, Davids und Jerusalems und galt als sichtbares Zeichen der helfenden und schützenden Gegenwart Jahwes bei seinem Volk, durfte aber magisch nicht missbraucht werden, etwa gegen die Philister (1 Sam 4, 5-8).
Mit der Zerstörung des Tempels von Jerusalem 586 v. Chr. scheint auch das Schicksal der B. mitbesiegelt worden zu sein, denn seither fehlt von ihr jede Spur. Viele vermuten sie heute unter dem Tempelberg.
Lit.: Schmitt, Rainer: Zelt und Lade als Thema alttestamentlicher Wissenschaft: eine kritische forschungsgeschichtliche Darstellung. Gütersloh: Mohn, 1972; Grierson, Roderick: Der Pakt mit Gott: auf der Suche nach der verschollenen Bundeslade. Bergisch-Gladbach: Lübbe, 2001; Hancock, Graham: Die Wächter des heiligen Siegels: auf der Suche nach der verschollenen Bundeslade. Wiesbaden: Marix-Verl, 2004.
Bundwesen, Leben sozialer Gruppierungen in freier Übereinkunft. Diese Übereinkunft ist als Bund Träger bestimmter Werte und geistiger Ziele, oft getragen von einer engen zwischenmenschlichen Beziehung, einer verbindenden Lebensaufgabe, einer ideologischen Zugehörigkeit oder einem gesellschaftlichen Einsatz. Die Mitgliedschaft kann öffentlich oder geheim (> Geheimbünde) sein oder eine Mischform aus beiden bilden. Eine solche Mischform sind u. a. Medizin-Bünde, in denen esoterisches Wissen von zentraler Bedeutung ist, dank dessen die Mitglieder Krankheiten zu heilen versuchen. Im Gegensatz zu den „echten Geheimgesellschaften“ und den offiziellen Verbänden arbeiten die Mischformen öffentlich auf der Grundlage intern gepflegter und tradierter Kenntnisse.
Lit.: Kreise – Gruppen – Bünde: zur Soziologie moderner Intellektuellenassoziation / Richard Faber; Christine Holste (Hrsg.). Würzburg: Königshausen und Neumann, 2000; Farkas, Viktor: Geheime Bünde & Verschwörungen. Wien: Tosa, 2001; Kurth, Alexandra: Männer – Bünde – Rituale: Studentenverbindungen seit 1800. Frankfurt / M.: Campus-Verl., 2004.
Bune, machtvoller > Dämon. Nach Johannes > Weyer ist B. ein sehr mächtiger Dämon und einer der Großfürsten der Unterweltregionen. Seine Gestalt ist die eines Mannes, der nur in Zeichen spricht. Er verträgt die Toten auf dem Friedhof und stellt rund um die Gräber und die Plätze der Toten Dämonen auf. Jenen, die ihm dienen, verhilft er zu Reichtum. Seinem Befehl unterstehen dreißig Legionen. Die von ihm befehligten Dämonen werden Bunis genannt, welche von den Tartaren als äußert boshaft bezeichnet werden. Ihre Zahl ist unüberschaubar und ihre Kraft enorm; die Zauberer stehen in ständiger Verbindung mit ihnen.
Lit.: Wierus, Joannes: Ioannis Wieri De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577.
Bunjil (Bundijl, „Falke“), höchstes Wesen der australischen Kulin. B. bildete aus Lehm die ersten Menschen und blies ihnen seinen Atem in Mund und Nabel, bis sie sich regten. B. wird meist nicht mit Namen angesprochen, sondern „unser Vater“ genannt. Sein Sohn ist Binbeal, der Regenbogen. Bei den australischen Kurnai wissen nur die initiierten Männer um das Wesen B.s.
Lit.: Wilpert, Clara Barbara: Kosmogonische Mythen der australischen Eingeborenen: das Konzept der Schöpfung und Anthropogenese. Köln, 1970; Howitt, Alfred William: The Native Tribes of South-East Australia. Facsim. ed. Canberra: Aboriginal Studies Press, 1996.
Bunyip. In der Mythologie der australischen > Aborigines ein behaartes Ungeheuer, das brüllend aus den Wasserlöchern springt, um Vorbeigehende zu erschrecken. Es fraß Menschen und versetzte die Eingeborenen in Angst und Schrecken.
Lit.: Wilpert, Clara Barbara: Kosmogonische Mythen der australischen Eingeborenen: das Konzept der Schöpfung und Anthropogenese. Köln, 1970; Howitt, Alfred William: The Native Tribes of South-East Australia. Facsim. ed. Canberra: Aboriginal Studies Press, 1996.
Buphonien (griech., „Stiermord“), ein in Athen dem Zeus Polieus („Stadtschirmer“) dargebrachtes Stieropfer. Dabei musste der Priester, der den Stier mit dem Beil getötet hatte, fliehen.
Lit.: Klauck, Hans-Josef: Die religiöse Umwelt des Urchristentums. Stuttgart [u. a.]: Kohlhammer, 1995.
Bura, Orakelstätte des Herakles. Unterhalb der Stadt Bura in Achaja, Griechenland, gab es in einer Höhle im Fels eine kleine Statue des > Herakles. Wer Herakles befragen wollte, musste zuerst vor der Statue beten. Danach nahm man vier der dort mit Bildern bemalten Würfel und würfelte. Je nach Lage der Bilder wurde die Antwort gedeutet. Der zu jeder Würfelfigur auf einer Tafel bezeichnete passende Text lieferte die Erklärung der Figur (Pausanias 7, 25.10). Es ist jedoch nicht mehr nachvollziehbar, in welcher Weise die Varianten gezählt wurden.
Lit. Pausanias <Periegeta>: Beschreibung Griechenlands. Zürich: Manesse-Verl., 1998; Rosenberger, Veit: Griechische Orakel. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2001; Orakel: alte Orakel- und Wahrsagetechniken. Leipzig: Bohmeier, 2009.
Buraq (arab. bark, Blitz), geflügelte Stute mit Frauenkopf und Pfauenschwanz. Von ihr wird gesagt, dass sie den Propheten > Muhammad auf seiner nächtlichen Reise von Mekka nach Jerusalem (Isrā’) und von dort in den Himmel (Mi’rādj) getragen habe. B. diente auch Ibrāhim als Reittier, um seinen nach Mekka verwiesenen Sohn Ismā’il zu besuchen.
Lit.: Bellinger, Gerhard J.: Knaurs Lexikon der Mythologie: über 3000 Stichwörter zu den Mythen aller Völker. Lizenzausg. f. area verlag gmbh, erftstadt. München: Droemersche Verlagsanst. Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, 2005; Lit.: Fiebag, Peter: Mystica: die großen Rätsel der Menschheit. Augsburg: Weltbild GmbH, 2006.
Burbank, Luther (*7.03.1849 Lancaster, Massachusetts, USA; † 11.04.1926 Santa Rosa, Kalifornien), amerikanischer Gärtner und Pflanzenzüchter, Telepath.
B. war das 13. von 18 Kindern einer Farmerfamilie. Er besuchte nur die Volksschule und hatte eine besondere Freude mit Pflanzen. Als sein Vater starb, kaufte der 21-Jährige mit dem Erbteil bei Lunenburg ein kleines Grundstück und züchtete die Burbank-Kartoffel, für die er dann die Rechte verkaufte, um seine Übersiedlung nach Santa Rosa zu finanzieren. Später erhielt eine rötliche Burbankkartoffel den Namen „Russet Burbank“; sie wurde zur meistverbreiteten Kartoffel in den USA.
Als Pflanzenzüchter erzielte B. neben der Kartoffel, die seinen Namen trägt, über 1000 Neuzüchtungen, darunter kernlose Pflaumen und einen stachellosen Kaktus. Die Arbeit mit den > Pflanzen führte ihn zu der Überzeugung, dass diese eine Sinneswahrnehmung haben und dass die Zuwendung zu ihnen – gute Gedanken oder das Sprechen mit ihnen – einen positiven Einfluss ausübe.
Von sich erzählte B., dass er von seiner Mutter die Fähigkeit geerbt habe, telepathisch Mitteilungen zu senden und zu empfangen; dasselbe galt auch für eine seiner Schwestern. Diese war bei Tests vor Vertretern der Universität von Kalifornien in der Lage, in sieben von zehn Versuchen die ihr telepathisch übermittelte Botschaft zu erkennen. Als die Mutter, die 96 Jahre alt wurde, in ihren letzten Lebensjahren kränklich war, brauchte er seiner Schwester in dieser Angelegenheit nie zu schreiben, zu telefonieren oder telegrafieren. Er sandte ihr vielmehr eine telepathische Botschaft, und jedes Mal kam die Schwester mit dem nächsten Zug nach Santa Rosa in Kalifornien.
Die große Wertschätzung der außergewöhnlichen Fähigkeiten und der Arbeit von B. ist daran zu ersehen, dass heute zahlreiche Schulen und Einrichtungen seinen Namen tragen.
W.: Burbank, Luther: The Training of the Human Plant. In: Century Magazine, May 1907.
Lit.: Kraft, K.: Luther Burbank, the Wizard and the Man. New York: Meredith Press, 1967; Pandora, Katherine: Luther Burbank. American National Biography. Retrieved on 2006-11-16.
Burchard von Worms (ahd. bergan, „bergen“; hard, stark), auch Burkhard, Buggo, Burchardus Wormaciensis (* um 965 Hessengau; † 20.08.1025 Worms), heilig (Fest: 20. August), Bischof von Worms und einer der bedeutendsten Kanonisten des Mittelalters.
B. wurde an verschiedenen Orten ausgebildet, um 995 Propst von St. Viktor in Mainz und königlicher Hofkaplan, 997 zum Priester und 1000 zum Bischof von Worms geweiht. Sein Wirken als Bischof umfasste die Neuorganisation der Diözese nach den Ungarneinfällen.
Zwischen 1008 und 1012 arbeitete er an der bis dahin vollständigsten Sammlung kirchlicher Rechtsbeschlüsse, den Decretorum Libri XX, die er aber bis 1023 /25 ständig redigierte. Diese Sammlung enthält im Abschnitt De incantatoribus et auguribus in Buch X und im Poenitential (meist als Corrector Burchardi zitiert) in Buch XIX wertvolle Quellen zur Geschichte des > Aberglaubens (maleficium).
Die Sammlung umfasst, mit Ausnahme des Dogmatischen, die ganze Fülle der in der kirchlichen Praxis begegnenden Fragen, besonders die Bußbestimmungen. Vom Aberglauben wird an verschiedenen Stellen gehandelt. In Buch I, Kap. 94, stehen die Bußfragen, die der Bischof bei der Bereisung der Diözese stellen soll, wobei sich die Fragen 9, 42– 45, 49 –52 und 54 auf abergläubische Bräuche beziehen. Das gesamte Buch X, De incantatoribus et auguribus, wendet sich gegen > Zauberei und > Wahrsagung. Gewisse Formen des Aberglaubens werden als real empfunden, hingegen wird der Glaube an den > Werwolf (werewulf), an > Wetterzauber, > Incubus und > Succubus sowie an die > Nachtfahrt ausdrücklich abgelehnt.
Das Buch XIX mit dem Titel Corrector et Medicus, das B. wahrscheinlich schon vorgefunden hat, enthält in Kap. 5 siebenundvierzig Bußfragen, die sich mit Aberglauben befassen; hinzu kommt noch Kap. 152. Die Texte nennen Abtreibungstränke, magisch induzierte Impotenz und den > bösen Blick als erwiesene Tatsachen. Hingegen werden > Liebestränke, die > Verwandlung in Tiere oder der geschlechtliche Umgang zwischen Menschen und Dämonen als Phantasie hingestellt. Erwähnt wird auch die Vorstellung luftfahrender Frauen, als deren Anführerin Frau > Holda genannt wird. Eine weitere Gruppe von Luftfahrerinnen, sind jene, die zu Schadenszwecken ausfahren, Menschen töten, deren Herz essen, dafür etwas in den Körper legen und dann die Opfer wiederbeleben. Eine dritte Gruppe gleicht den wilden Heeren. Zu bestimmten Zeiten sollen zwei Gruppen dieser Nachtfahrerinnen in den Lüften einander bekämpfen (Habiger-Tuczay, 121).
Im Corrector macht B. Vorschläge zur Bestrafung von Wahrsagern, Nachtfahrenden und Zauberern. Sie sollten aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen oder des Pfarrbezirks verwiesen werden. Einen schuldigen Laien soll der Bann treffen und ein überführter Priester degradiert werden. Eine Hinrichtung fordert B. jedoch nicht (Daxelmüller, 111).
B. berichtet auch, dass Frauen zum Zwecke des Liebeszaubers auf ihrem entblößten Gesäß Brotteig kneteten und dem Mann davon zu essen gaben.
In die späteren kirchenrechtlichen Sammlungen wurde der Corrector nicht mehr aufgenommen.
W.: Burchardus, Wormaciensis: D. Burchardi Wormaciensis Ecclesiae Episcopi Decretorum Libri XX. ex Conciliis [et] Orthodoxorum patrum Decretis, tum etiam diversarum nationum Synodis, ceu Loci communes digesti. Coloniae: Novesiani, 1548.
Lit.: Habiger-Tuczay, Christa: Magie und Magier im Mittelalter. München: Eugen Diederichs, 1992; Daxelmüller, Christoph: Zauberpraktiken: die Ideengeschichte der Magie. Düsseldorf: Patmos, 2005.
Burckhardt, Titus (*1908 Florenz; † 1984 Lausanne), Schweizer Sufi-Forscher und Vertreter der > Philosophia perennis, Verleger, Kunsthistoriker und Schriftsteller.
B. schrieb Werke über > Alchemie und > Sufismus. In Alchemie – Sinn und Weltbild (1960) zeigt er auf, dass die verschiedenen Verfahren der Alchemie nur bildlich zu verstehen sind, da ihr eigentliches Anliegen die Umwandlung des Menschen sei. Wichtig sind auch B.s. Studien und Übersetzungen zum > Sufismus und zur islamischen > Astrologie. Was die Wissenschaft betrifft, so ist B. der Ansicht, dass die Naturwissenschaft wieder zu jener > Spiritualität zurückkehren müsse, die in der Antike und im Mittelalter die Menschen bei ihrer Erkenntnis geleitet habe.
W. (Auswahl): Alchemie: Sinn und Weltbild. Olten; Freiburg / Br.: Walter-Verl. 1960; Spiegel der Weisheit: Texte zu Wissenschaft, Mythos, Religion und Kunst. München: Diederichs, 1992.
Bureau Médical de Lourdes (BML), Ärztebüro von Lourdes. Das BML ist 1947 aus der Neuorganisation des 1883 gegründeten Bureau des Constatations Médicales (BCM) hervorgegangen. Im BML befindet sich das Archiv, in dem alle seit 1883 angelegten medizinischen Akten über die in Lourdes erfolgten Heilungen aufbewahrt werden. Dort liegt auch das Verzeichnis der A.M.I.L, Association Medicale Internationale de Lourdes (Internationale Ärzte-Vereinigung von Lourdes) auf, die 1947 zunächst als nationales und seit 1951 als Internationales Medizinisches Komitee von Lourdes die Aufgabe der zweiten Untersuchungsinstanz einnimmt. Erst wenn beide Instanzen – das Ärztebüro von Lourdes und auch das Internationale Medizinische Komitee von Lourdes – nach gewissenhaften, meist jahrelangen Untersuchungen zum Ergebnis „medizinisch nicht erklärbar“ gekommen sind, wird das Aktenstück über eine Heilung der kirchlichen Autorität vorgelegt.
Lit.: Theillier, Patrick: Lourdes: wenn man von Wundern spricht. Augsburg: St. Ulrich-Verlag, 2003.
Bureus, Johannes Thomae Agrivillensis (*15. / 25. März 1568 Åkerby, Schweden, † 22. Oktober 1652 Bondkyrka), eigentlich: Johan Bure, schwedischer Runenforscher, Rosenkreuzer, königlicher Hofarchivar und Schriftsteller.
B., Sohn eines lutherischen Pastors, besuchte Schulen in Uppsala und Stockholm und studierte später auch in Deutschland und Italien. Ab 1593 befasste er sich mit der Entzifferung der Runensteine in der Gegend von Uppsala, was ihm 1599 den Auftrag König Karls IX. einbrachte, die Runensteine des Landes zu untersuchen und zu katalogisieren. 1602 veröffentlichte er das erste Buch seiner Arbeiten, Monumenta veterum Gothorum in patria. Bereits der Zauberei verdächtigt und mit dem Tod bedroht, fiel ihm 1603 das von > Agrippa übersetzte Buch Arbatel de magia veterum in die Hände, das in ihm ein ernsthaftes Interesse für die > Kabbala und die > Rosenkreuzer entfachte. Im gleichen Jahr wurde er königlicher Hofarchivar und Lehrer der Prinzen Gustav II. Adolf und Karl Philipp, wodurch er später großen Einfluss auf Gustaf Adolf hatte, nachdem dieser 1611 König geworden war. 1611 erschien auch sein kleines Runenbüchlein Runa-ABC-boken. In den weiteren Veröffentlichungen, Ara Foederis Therapici F.X.R. (1616) und FaMa e sCanzaIa ReDUX (1616) kommt vor allem sein Rosenkreuzer- und theosophisches Denken zum Ausdruck.
W. (Auswahl): Monvmenta vetervm Sveonvm et Gothorvm in patria proprias eorvmdem literas exprimentia. Serenissimæ principi d. Christinæ regnorvm Svethiæ reginæ potentissimæ. Dedicata a Joh. Th. A. Bvreo. Typis Petri à Selow; Ara foederis therapici. F.X.R.: Der Assertion Fraternitatis R.C. consecrit An den Leser / [Johannes Bureus]. A.C. 1617 Von einem Bruder dieser Societet Erstlich in Latein beschrieben, nachmals verdeutschet … Durch J. S. N. P. & Poet. Coronat. Newenstad: Knuber, 1618.
Lit.: Svärdström, Elisabeth: Johannes Bureus’ arbeten om svenska runinskrifter / av Elisabeth Svärdström. Stockholm: Wahlström [och] Widstrand, 1936.
Burg (ahd. bur(u)g, mhd. burc; engl. castle; it. castello), auf einer beherrschenden Höhe gelegener Bau, der dem Adel vom 10. Jh. bis ca. 1500 als verteidigungsfähiger Wohnsitz diente. Diese exponierte Lage als Wohnung der Adeligen mit all den Festen, Machtkämpfen, Verliesen und Räumen wurde schon früh auch als Wohnstätte der > Geister verstanden, die in das bunte Geschehen der B. eingriffen. Der Burggeist konnte dabei als Schutz wie auch als Schrecken empfunden werden, je nachdem er die B. beschützte oder das Leben seiner Bewohner unerträglich machte. Geister wie die irische > Banshee, die > Weiße Frau der Hohenzollern oder die > Schwarze Frau der Wittelsbacher binden sich nur an alte, adelige Familien.
Wie in diesen Einzelfällen wird fast jede Burg in ihrer langen Geschichte mit allerlei Geistern in Verbindung gebracht und ist als Ort der Kraft nicht selten auch Stätte von Spukerscheinungen, des > Kündens und Heimat von Verstorbenen.
Lit.: Avenarius, Wilhelm: Rund um die weiße Frau: Geister, geheimnisvolle Kräfte, Übersinnliches;
Erscheinungen im Volksleben und auf Burgen und Schlössern. Heroldsberg: Glock und Lutz, 1984; Das Geister-Handbuch: übersinnliche Erscheinungen im Volksleben, auf Burgen und Schlössern. Herrsching: Pawlak, 1992.
Burgot, Pierre, wurde 1521 gemeinsam mit Michel > Verdun in Besançon, Frankreich, hingerichtet, weil sie sich in einen > Werwolf verwandelt hätten.
B. bekannte, dass sich ihm vor 19 Jahren beim Zusammentreiben seiner Schafe während eines Gewitters drei dämonische Reiter in schwarzer Kleidung genähert hätten. Einer der drei habe ihn gefragt, was ihn bedrücke. B. gab zur Antwort, er habe Angst, dass seine Schafe von wilden Tieren attackiert würden. Der > Dämon sagte ihm, dass, wenn er ihn als seinen Meister anerkenne und sich von Gott, der Jungfrau, den Himmlischen und der Taufe lossage, die Schafe sicher seien und er obendrein reich würde. B., der den Dämon wohl erkannte, lehnte zunächst ab. Als er dann aber später mit Michel Verdun zusammen war, nahm er an einem > Hexensabbat teil. Dabei entkleidete er sich und sein Körper wurde mit Öl eingerieben. Daraufhin wuchsen auf seinen Gliedern Haare und die Füße wurden wie die eines Tieres. Auch Verdun änderte seine Gestalt und beide liefen wie der Wind. In Gestalt von Wölfen griffen sie Kinder an und verübten andere kriminelle Handlungen.
Lit.: Lorey, Elmar Maria: Henrich der Werwolf: eine Geschichte aus der Zeit der Hexenprozesse; mit Dokumenten und Analysen. Frankfurt a. M.: Anabas-Verl, 1998; Stiegler, Christian: Vergessene Bestie: der Werwolf in der deutschen Literatur. Wien: Braumüller, 2007; Summers, Montague: The Werewolf in Lore and Legend. Mineola, N.Y.: Dover Publications, 2003.
Burgunder oder Burgunden, ostgermanischer Volksstamm, der im 2. Jh. v. Chr. aus Skandinavien in das Gebiet zwischen Oder und Weichsel kam. Anfang des 5. Jhs. gründeten sie am Mittelrhein ein Reich mit der Hauptstadt Worms, wurden jedoch 436 von Aëtius und den mit ihm verbündeten Hunnen vernichtend geschlagen, wobei ihr König Gundahar (Gunther) samt seiner Sippe umkam. Diese Ereignisse bilden den geschichtlichen Hintergrund der B. in der > Nibelungensage.
Die Reste der B. siedelten sich im heutigen Burgund an. Ihr dort 516 überliefertes Gesetz, Lex Burgundionum, nennt als frühere Könige auch Gundahari, Gislahari, Godamar und Gibica, die dem Namen nach den Gestalten der Nibelungensage entsprechen.
Lit.: Heusler, Andreas: Nibelungensage und Nibelungenlied: die Stoffgeschichte des deutschen Heldenepos. Darmstadt: Wiss. Buchges. [Abt. Verl.], 1991; Kaiser, Reinhold: Die Burgunder. Stuttgart: Kohlhammer, 2004.
Burgwindheim, Wallfahrtsort und Markt im Westen des ostfränkischen Landkreises Bamberg, Deutschland.
B. wurde durch ein > Hostienwunder im Jahre 1465 zum Wallfahrtsort. Bei der Fronleichnamsprozession fiel ohne fremdes Zutun und ohne Einwirkung des Windes die auf einen Stations-Altar gestellte Monstranz um und die Hostie zu Boden. Der Priester war trotz mehrerer Versuche nicht in der Lage, die Hostie aufzuheben. Die kirchliche Obrigkeit musste eingeschaltet werden und der Priester hatte sich durch Fasten und Beten auf das Aufheben der Hostie vorzubereiten. In der Zwischenzeit errichtete man zum Schutz derselben einen hölzernen Verschlag, der Tag und Nacht bewacht wurde.
Der Eberbacher Konvent bereitete sich in einem achttägigen Gebet auf das „Erheben“ der Hostie vor, was dann auch gelang. Die Hostie wurde daraufhin vom Abt von Eberbach in die Pfarrkirche zurückgebracht und das Ereignis als Wunder angesehen. Bereits zwei Jahre später erstand an der Stelle, wo die Hostie gelegen hatte, eine Kapelle zum Heiligen Blut. In den Altarstein wurde die Hostie als Reliquie eingeschlossen. 1596 wurde die Kapelle durch einen größeren Bau ersetzt. Die Zahl der Wallfahrten nahm noch weiter zu, als 1625 unweit der Kapelle eine Quelle entsprang, die bald als wundertätig galt. In einem sog. „Wunderbuch“, das dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer fiel, hatte man eine große Zahl von Heilungen niedergeschrieben. Die Wallfahrer kommen heute noch.
Lit.: Burgwindheimer Wallfahrtsbüchlein / J. Zach. Bamberg: St. Otto-Verl., 1982.
Buri (altnord., „Erzeuger“, „Vater“), mythi-
scher Urriese der Germanen, der erste Mensch und zugleich Stammvater der Götter. Er kam aus dem salzigen Eisblock hervor, als die Urkuh > Audhumla daran leckte, und zeugte aus sich selbst einen Sohn namens > Bör, aus dessen Ehe mit > Bestla > Odin, Vili und Vé hervorgingen.
Lit.: Die Edda: Götterdichtung, Spruchweisheit und Heldengesänge der Germanen / Übertr. v. Felix Genzmer; eingel. v. Kurt Schier. Kreuzlingen; München: Hugendubel, 2006.
Buridans Esel. Bezeichnung des erdachten Beispiels, durch das der Scholastiker Jean Buridan (Johannes Buridanus, ca. 1300 – 1358) in Paris seine Ansicht von der Unmöglichkeit der Willensfreiheit zu erläutern versucht haben soll: Ein hungriger Esel, in die Mitte zweier gleich großer Heubündel gestellt, kann sich für keines der beiden entschließen und verhungert. Die Stelle konnte in seinen Schriften zwar nicht gefunden werden, wurde aber zur sprichwörtlichen Wendung. In der Ethik des Spinoza wird darauf angespielt. Der Gedanke ist nicht völlig neu, denn schon > Dante sagt: „Zwischen zwei gleich entfernten und gleich anlockenden Speisen würde der Mensch eher des Hungers sterben, als dass er bei der Willensfreiheit eine von ihnen zwischen die Zähne brächte“ (Parad. IV, 1-3), und > Aristoteles weist auf den „heftig Hungernden und Dürstenden hin, der gleich weit von Speise und Trank entfernt ist und der in Ruhe verharren muss“ (de coelo II, 13 p. 295b 32).
Das Beispiel bildet heute noch eines der zentralen Probleme der modernen Handlungstheorie. Nach der am meisten verbreiteten Auffassung sind derartige Symmetriesituationen unmöglich, da zwei Dinge nie vollständig gleich seien.
Lit.: Kirchner, Friedrich: Kirchners Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe / 3. Neubearbeit. v. Carl Michalis. Leipzig: Meiner, 1911; Wörterbuch der philosophischen Begriffe: begründet von Friedrich Kirchner und Carl Michaelis, fortgesetzt von Johannes Hoffmeister, vollständig neu hg. von Arnim Regenbogen u. Uwe Meyer. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1998.
Burland, Cottie Arthur
(* 17.09.1905; † 1983), Ethnologe, wurde nach seinen Studium 1925 Ethnograph im British Museum in London – ein Amt, das er 40 Jahre innehatte. 1948 begann er mit dem Buch Life and Art in Ancient Mexico eine lange und vielfältige Liste von Publikationen auf dem Gebiet von Geschichte, Archäologie, Kunst, Mythologie und Okkultismus, wie Secrets of the Occult und Beyond Science: A Journey into the Supernatural. Zudem war er Mitherausgeber der Enzyklopädie Man, Myth & Magic (1970). B. genoss aufgrund seiner Arbeiten über alte Kulturen ein hohes Ansehen und erhielt 1965 den Imago Mundi-Preis.
W. (Auswahl): Art and Life in Ancient Mexico. Oxford: [s. n.], 1948; Secrets of the Occult. London:
Ebury Press, 1972.
Burma, Myanmar, amtlich Pyidaungsu
Thamada Myanmar Naing-Ngan-Daw, auch kurz Myanma Naingngan, sowie Birma genannt, ist ein Vielvölkerstaat in Südostasien und grenzt an Thailand, Laos, die Volksrepublik China, Indien, Bangladesch und den Golf von Bengalen. Das Land hat 54 Mio. Einwohner, verteilt auf 135 verschiedene Ethnien. Hinsichtlich der Religion sind 87% Buddhisten, der Rest sind Christen, Muslime und andere.
Auch der traditionelle Volksglaube ist nach wie vor präsent – man glaubt an eine vom Körper unabhängige > Seele, die nach dem Tode als leippya, als unsichtbarer Schmetterling, in der Nähe des Körpers bleibt, von > Zauberern und > Dämonen aber entführt werden kann. Zu ihrer Freilassung werden den Magiern und Dämonen Opfer dargebracht.
Der Glaube an > Geister, vor allem an böse Geister, ist weit verbreitet und findet seine besondere Ausprägung in > Nekromantie und > okkulter Medizin. Dabei bieten > Medien, > Exorzisten, > Magier, > Wahrsager und „weise“ Männer und Frauen durch spezielle Dienste ihre Hilfe an.
Auch > Prophetie und > Wahrsagen sind in B. sehr populär. Die > Astrologie ist hingegen indischer und chinesischer Herkunft, erfreut sich jedoch ebenso weiter Verbreitung.
Lit.: Fielding, H.: The Soul of a People. London; New York: Macmillan, 1903; Temple, Richard Carnac: The Thirty-Seven Nats: a phase of spirit-worship prevailing in Burma … With full-page and other illustrations. London: V. W. Griggs, 1906; Spiro, Melford E.: Burmese Supernaturalism. Philadelphia: Institute for the Study of Human Issues, 1978.
Burnat-Provins, Marguerite (*26.06.1872 Arras; † 20.11.1952 Grasse, Frankr.), machte ihre künstlerische Ausbildung 1891–1896 an den Akademien Julian und Colarossi in Paris. Nach der Heirat mit dem Schweizer Architekten Adolphe Burnat 1896 eröffnete sie eine Werkstatt für dekorative Kunst in Vevey in der Schweiz und arbeitete und stellte in ihrem Atelier in La Tour-de-Peilz im Kanton Waadt aus. 1898 entdeckte sie dank Ernst Biéler das Wallis und schloss sich den Künstlern der „Schule von Savièse“ an. B. begann zu schreiben und ihre Bücher häufig selbst zu illustrieren. Im Wallis begegnete sie Paul von Kalbermatten, der ihre erste Ehe zerstörte und sie zum Buch Le livre pour toi (1907) inspirierte. Der große Erfolg des Buches öffnete ihr die Tore von Paris. Sie verließ die Schweiz, begab sich auf Reisen und ließ sich schließlich in Grasse, Frankreich, nieder. Der häufige Ortswechsel, verbunden mit großen Prüfungen und schmerzhaften Brüchen, weckte in ihr Halluzinationen, die sie zu Papier oder auf Leinwand brachte. B. starb 80-jährig in Grasse. Ihre Werke kann man in der Kollektion de l’Art Brut in Lausanne und im Museum der schönen Künste von Sion in der Schweiz bewundern.
W.: De l’art nouveau à l’art hallucinatoire; [Exposition Marguerite Burnat-Provins: De l’Art Nouveau à l’Art Hallucinatoire présentée simultanément à la Fondation Neumann à Gingins et à la Collection de l’Art Brut à Lausanne du 22 mai au 14 septembre 2003] / sous la direction de Helen Bieri Thomson et Catherine Dubuis. Avec des contrib. de … Fondation Neumann. Gingins: Fondation Neumann, 2003; Le livre pour toi [Texte imprimé]: poèmes en prose. Paris: Éd. de la Différence, DL 2005.
Lit.: Dubuis, Catherine: Les forges du paradis: histoire d’une vie. Vevey: Éd. de l’Aire, 1999.
Burnet, Thomas (*ca. 1635 Croft bei Darlington, England; † 27.09.1715), englischer Theologe und Kosmologe, Studium an der Universität Cambridge, Ernennung zum
Rektor der Charterhouse School, Geistlicher am Hof Williams III.
Durch die Entdeckungen der modernen Naturwissenschaften und die Veränderung des komischen Systems wurde vor allem die Frage nach der göttlichen Gerechtigkeit laut, wenn alles zugrunde gehe. Newton sprach vom Untergang der Planeten und von der Entstehung neuer Weltkörper. Die englischen Naturforscher brachten solche Beobachtungen bereits in Zusammenhang mit den Aussagen der Johannesapokalypse. Den bekanntesten Entwurf einer solchen Auslegung der Apokalypse legte B. 1681 mit seinem Werk Telluris theoria sacra, orbis nostri originem & mutationes generales, quas aut jam subiit aut olim subiturus est, complectens vor, das später in englischer Sprache veröffentlicht und auch ins Deutsche übersetzt wurde. In den ersten beiden Teilen ist von der großen Flut und vom Paradies die Rede, im dritten und vierten von der Verbrennung der Welt und vom zukünftigen Stand der Dinge. Bezüglich der Frage der Gerechtigkeit findet B. folgende Lösung: Im Feuerbrand, der die Welt zerstört, werden zwar die Bösen vernichtet, die Guten aber werden, nachdem die Welt geschmolzen ist und aus diesem Schmelzprozess ein neuer Himmel und eine neue Erde hervorgegangen sind, auf der neuen Erde neue Leiber erhalten und dort ein Leben der Seligkeit führen.
Einige Ansichten, die er in seinem späteren Werk Archeologiae Philosophicae (1692) veröffentlichte, waren für die zeitgenössischen Theologen jedoch nicht mehr tragbar, weshalb er seine Stellung bei Hof aufgeben musste.
W. (Auswahl): Telluris Theoria Sacra: Orbis Nostri Originem & Mutationes Generales, quas Aut jam subiit, aut olim subiturus est, Complectens. Londini: N[orton], 1681; The theory of the earth: containing an account of the original of the earth, and of all the general changes which it hath already undergone, or is to undergo, till the consummation of all Things. London, 1684; De Diluvio & Paradiso. Editio Secunda. Londini: N[orton], 1689; De Conflagratione Mundi, Et De Futuro Rerum Statu. Londini: Kettilby, 1689; Archaeologiae philosophicae: Sive Doctrina antiqua de rerum originibus; Libri 2. Londini: Kettilby, 1692; Vom ursprünglichen Erdreich und dem Paradeyß. Hamburg: König, 1693; Theoria Sacra Telluris: d. i. Heiliger Entwurff oder Biblische Betrachtung Des Erdreichs, begreiffende, Nebens dem Ursprung, die allgemeine Enderungen, welche unser Erd-Kreiß einseits allschon ausgestanden, und anderseits noch auszustehen hat / Anfangs von Herrn Thomas Burnet in Latein zu Londen heraus gegeben. Anjetzo aber ins Hochteutsche übersetzt, und … mit einem doppelten Register, mehrern Figuren und diensamen Anmerckungen erläutert Durch M. Joh. Jacob Zimmermann, Vayhinga-Wurtenbergicum. Hamburg: Liebernickel, 1698.
Burns, James († 30.12.1894), britischer Spiritist und Autor; errichtete 1863 die Progressive Library & Spiritual Institution in Holborn, London, und gründete 1869 die Wochenzeitschrift The Medium, die später in The Daybreak aufging. Das Institut diente auch als Zentrum für Zusammenkünfte und Tagungen der Spiritisten. B. genoss aufgrund seiner unermüdlichen und mutigen Arbeit auf dem Gebiet des Spiritismus großes Ansehen, wurde aber wegen seiner Opposition zu anderen spiritistischen Vereinigungen, wie der „National Association of Spiritualists“, auch heftig kritisiert.
Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.
Bürospuk. Bei der Betrachtung von Spuk-
Spukphänomenen fällt auf, dass es in bestimmten Bereichen des menschlichen Lebens öfter spukt als sonst wo. Solche bevorzugte Orte von Spukereignissen sind Pfarrhäuser, Kirchen, Schlösser oder bestimmte Räume in Haus und Hof, wie Küche und Stall. Seit die Büros zu besonderen Lebensräumen wurden, gehören auch sie dazu. So berichtet Lister Drummond, Rechtsanwalt und nachmaliger Londoner Polizeirichter († 1916), von besonderen Ereignissen in einem Büro in London 1901 (Thurston, 137–147). Der bestuntersuchte Spuk stammt jedoch aus dem Jahre 1967 und spielte sich in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Adam in Rosenheim ab. > Rosenheim-Spuk, > Spuk.
Lit.: Moser, F.: Spuk: Irrglaube oder Wahrglaube? Eine Frage der Menschheit. I. Band / Mit Vorrede von C. G. Jung. Baden b. Zürich: Gyr-Verlag, 1950; Thurston, Herbert: Poltergeister / Mit einem Vorw. v. Gebhard Frei. Luzern: Räber & Cie., 1955; Resch, Andreas: Der Fall Rosenheim I – IV. In: Grenzgebiete der Wissenschaft 17 (1968) 2, 241– 249; 3, 289 –310; 4, 337–346; 18 (1969) 1, 1–15.
Burr, auch Borr oder > Bör genannt.
Burr, Harold Saxton (*18.04.1889 Lowell, Massachusetts / USA; † 17.02.1973). B. war Professor für Anatomie und Embryologie an der Yale-Universität. Mit seinen Forschungen über die bioelektrischen Potentiale von Pflanze, Tier und Mensch gilt er als Pionier der Elektrobiologie. 1935 veröffentlichte er zusammen mit dem Philosophen F. S. C. Northrop eine „Elektrodynamische Theorie des Lebens“ über die Bedeutung der von ihm seit den frühen 1930er Jahren gemessenen „elektrodynamischen Kraftfelder“ in lebenden Organismen. 1936 stellte er die These auf, dass zwar Feld und Partikel sich gegenseitig bedingen, dass aber das Feld das Verhalten der Materie bestimme und damit die elektrodynamische Theorie der Natur grundlegender sei als die chemische.
Dieses Konzept eines „biologischen Feldes“ hatten die Biologen Hans > Driesch, Hans Spemann, Alexander Gurwitsch und Paul Weiss bereits in den 1920er Jahren entwickelt.
B. glaubte zu erkennen, dass jeder noch so kleine Teil eines solchen Feldes das Gesamtschema eines Organs – gewissermaßen seine „Blaupause“ – in sich trage. Er nannte diese Felder „L-Felder“ (Lebensfelder).
W. (Auswahl): The Neural Basis of Human Behavior. Springfield, Ill.: Thomas, 1960; The Nature of Man and the Meaning of Existence. Springfield, Ill.: Thomas, 1962; Blueprint for Immortality. The Electric Patterns of Life. London: N. Spearman, 1972.
Burroughs, Cassio, angeblich ein Lebemann, der Mitte des 17. Jhs. in London lebte. Als er sich eines Abends, so die Legende, zu einem Duell begab, führte ihn der Weg an einem Friedhof vorbei, wo sich ihm plötzlich zwei Geister in den Weg stellten. Der eine war der Geist einer schönen italienischen Dame, der er Unrecht zugefügt hatte und die deshalb an gebrochenem Herzen starb. Ihr zur Seite stand ein grinsendes Skelett, Omen seines nahen Todes, der ihn dann beim Duell ereilte. Die Nachricht von seinem Tod wurde zum Hauptgesprächthema und schon bald durch Balladen und große Flugschriften weithin bekannt.
Lit.: Aubrey, John: Miscellanies upon the following subjects. London: Printed for Edward Castle, 1696; Weatherly, Lionel A.: The Supernatural. Bristol: J. W. Arrowsmith, 1892.
Burroughs, George > Salem, Hexen von.
Burt, Sir Cyril Lodowic (*3.03.1883 London; † 10.10.1971 ebd.), britischer Psychologe; studierte Psychologie an den Universitäten Oxford, Aberdeen und Reading, 1913 –1932 arbeitete B. als Psychologe für das London County Council; 1931–1950 Prof. für Pädagogik an der Universität London und ab 1950 Prof. für Psychologie am University College, London. B. war u. a. Herausgeber des British Journal of Statistical Psychology und Präsident der British Psychological Society (1924). Neben Psychologie interessierte er sich besonders auch für > Parapsychologie mit Schwerpunkt > Telepathie, > Hellsehen, > Mediumismus und > Fortleben in ihrer Bedeutung für Philosophie und Psychologie. Er führte eine Reihe von Experimenten zur Telepathie durch, sowohl in Hypnose als auch mit Kindern. Besonders bekannt wurde B. durch seine Untersuchungen zur Erblichkeit der Intelligenz, die nach seinem Tod hitzige Diskussionen auslösten. Es wurde festgestellt, dass er die Daten über die Vererbung – die Arbeiten darüber hatten ihm den Adelstitel eingebracht – mit großer Nachlässigkeit behandelte. Ob er dabei einige sogar gefälscht hat, bleibt weiterhin ungelöst. Manche Experten halten daher das Beweismaterial für nicht überzeugend, andere hingegen schon.
Was immer B. auch im Bereich der Psychologie unternommen hat, mindert in keiner Weise seinen Beitrag zur Parapsychologie.
W. (Auswahl): The Backward Child. University of London Press Ltd., 1937; Psychology and Psychical Research. London: Society for Psychical Research, 1968; ESP and Psychology, ed. by Anita Gregory. London: Weidenfeld and Nicolson, 1975.
Burtonen, > Wahrsager der alten heidnischen Preußen. Sie wahrsagten aus geworfenen > Losen, über das Kreuz geworfenen Stäben, ins Wasser gegossenem Blei oder Wachs usw.
Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart, 1874.
Bury St. Edmunds, Hexen von, Stadt in Suffolk in Ostengland als Schauplatz dreier Hexenprozesse.
Der erste > Hexenprozess fand im August 1645 auf Betreiben des selbsternannten obersten Hexenrichters Matthew > Hopkins statt und erreichte seinen Höhepunkt mit der Verhaftung von fast 200 Verdächtigen, darunter des Pfarrers John Lowes aus dem Dorf Brandeston, der bei seiner Gemeinde unbeliebt war und zudem unpopulärer Sympathien für das Königshaus beschuldigt wurde. Hopkins ließ Lowes im Wassergraben des Schlosses Framlingham zunächst > schwemmen und anschließend mehrere Tage und Nächte nahezu pausenlos hin und herlaufen (> Hexenspaziergang), bis er – von Wahn erfasst – alle Arten verbotener Praktiken gestand, nämlich: einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, mehrere Hausgeister gehalten und durch Zauberei vor Harwich ein Schiff zum Sinken gebracht zu haben, was vierzehn Personen das Leben kostete. Zudem gestand er andere Taten, wie das Verderben von Vieh. Doch obwohl man z. B. keinen Beweis für das Sinken des Schiffes hatte und Lowes nach einer kurzen Erholung von den Quälereien seine Aussagen widerrief, starb er mit 17 anderen Angeklagten am Galgen. Ein weiteres Opfer war eine Frau, die wegen eines angeblich durch Hexerei herbeigeführten Mordes an ihrem Ehemann verbrannt wurde.
Im zweiten Prozess, der 1662 stattfand, wurden zwei Witwen aus Lowestoft, Rose Cullender und Amy Duny, zahlreicher Hexereien bezichtigt, so der Verhexung von Kindern, von denen eines starb. Besonders schwerwiegend wurden die Aussagen der Kinder gewertet, dass die Frauen ihnen selbst während des Gerichtsverfahrens erschienen seien, was bei ihnen zu Lähmungen und Erbrechen von Nägeln und Nadeln geführt hätte. Zudem hätten sie in ihrer Gegenwart bei der Nennung des Namens Jesu Christi stottern und bei Berührung durch eine der beiden Frauen schreien müssen. Amy Duny habe auch Saugwarzen entblößt, um ihre Hausgeister zu füttern. Obwohl die Frauen ihre Unschuld beteuerten, wurden beide vom Lordoberrichter Sir Matthew Hale, dessen Ruf als eine der gefeiertsten Gestalten in der englischen Rechtsprechung damit für immer befleckt wurde, verurteilt und vier Tage später gehängt, wenngleich einige der beim Prozess Anwesenden auf Betrug hinwiesen. Die Entscheidung blieb nicht ohne Einfluss auf das Verfahren gegen die Hexen von > Salem.
Zum dritten Hexenprozess in B. kam es 1694. Bei diesem sprach der Oberrichter Sir John Holt die vermeintliche Hexe Mother Munnings entschieden vom Vorwurf frei, durch Hexerei jemanden getötet zu haben.
Lit.: Deacon, Richard Matthew Hopkins: Witch Finder General. London: Muller, 1976; Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei / Regina Van Treeck [Übers.]. Dt. Erstausgabe. s. l.: Bechtermünz Verlag, 1999.
Bu-sa, auch Pu-sa, chinesische Bezeichnung für > Bodhisattva.
Busardier (17. Jh.), Alchemist, über den nur wenig bekannt ist. Geboren in Böhmen, soll er in Prag bei einem Adeligen gewohnt haben. Als er erkrankte und sein Ende nahen spürte, schrieb er seinem Freund Richthausen nach Wien, er möge doch kommen, um in den letzten Stunden bei ihm zu sein. Als Richthausen eintraf, war B. jedoch bereits tot, ohne irgendetwas zu hinterlassen zu haben – mit Ausnahme eines Pulvers, das Richthausen mit nach Wien nahm. Einige Jahre später, 1637, übergab er einen Teil des Pulvers Kaiser Ferdinand III., der als Anhänger der > Alchemie bekannt war. Dem Kaiser sei es dann mit Hilfe eines Korns des Pulvers gelungen, drei Pfund > Merkur in > Gold zu verwandeln. Zur Erinnerung habe er eine Medaille mit dem Bildnis des Apollo mit Merkurstab und einem entsprechenden Motto prägen lassen. Richthausen wurde als „Baron Chaos“ in den Adelsstand erhoben.
1658 wurde es angeblich auch dem Kurfürsten von Mainz gestattet, das Pulver und das erzeugte Gold zu testen. Dem Minenmeister zufolge hatte dieses mehr als 24 Karat und sei von solch edler Qualität gewesen, wie er sie nie zuvor gesehen habe.
Lit.: Waite, Arthur Edward: Lives of Alchemystical Philosophers, based on materials collected in 1815 [by F. Barrett], and supplemented by recent research… To which is added a bibliography of Alchemy and Hermetic Philosophy. London: G. Redway, 1888.
Busch, brennender (engl. burning bush), der durch das Feuer nicht verzehrt wird, gilt in der Welt der Sagen als Hinweis auf die Stelle, wo ein Schatz verborgen ist und gehoben werden kann (Eckart, 133). Neben dieser positiven Symbolik gibt es auch die negative. So wird aus dem Kanton Baselland von einem B. berichtet, aus dem eine Rauchwolke stieg, ohne dass Feuer zu sehen war. Als man darüber Zauberworte sprach, war ein Gepolter zu hören und das Rauchen hörte auf (Lenngenhager, 61).
Die Grundvorstellung vom B. ist wohl Ex 3,2 entnommen, wo die Rede vom brennenden > Dornbusch ist.
Lit.: Lenggenhager, Johann G.: Volkssagen aus dem Kanton Baselland. Basel: Kräst, 1874; Eckart, Rudolf: Südhannoversches Sagenbuch. Leipzig: Franke, [ca. 1899].
Buschgroßmutter > Buschweibchen.
Buschmänner (Buschleute) oder „San“ (ein „Khoekhoen“-Wort; Khoekhoen = Bezeichnung für eine kulturell und sprachlich eng miteinander verwandte Völkergruppe in Südafrika und Namibia), auch Basarwa genannt, gelten als die Urbevölkerung des südlichen Afrika. Sie stehen möglicherweise sogar an der Wurzel des menschlichen Stammbaumes.
Als Nomaden entwickelten sie als „rote Völker“ über Jahrtausende hinweg faszinierende Überlebensstrategien in der Dornbuschsteppe und in den Wüstengebieten der Kalahari. Ab dem 15. Jh. wurden sie von Bantu sprechenden Gruppen immer weiter abgedrängt. Dann verfolgten sie die Europäer, ausgenommen in Botswana. Heute bilden die B., zurückgedrängt in unwirtliche Steppen- und Bergregionen, die kleinste Minderheit im Vielvölkerstaat Namibia. Wegen ihrer ausgewachsenen Körpergröße von 1,40 m bis 1,60 m wurden sie manchmal als Pygmäen bezeichnet, stehen aber mit diesen in keiner Beziehung.
Die weltanschaulichen Vorstellungen der B. haben sich vor allem in ihren erstaunlichen > Felsmalereien niedergeschlagen. Seit ihrer Entschlüsselung wissen wir, dass für die B. die meisten Felszeichnungen religiöse Bedeutung hatten. Ihre Religion dreht sich um den Wunsch nach übernatürlichen Kräften. Dieser Kräfte bedienten sich die > Schamanen oder > Medizinmänner in > Trancezuständen, um Personen zu heilen, um Regen zu machen und um dem Geist des Schamanen eine außerkörperliche Reise zu ermöglichen. Während dieser „Reise“ suchte und steuerte er wilde Tiere oder er beschützte Freunde und Verwandte. Wenn er in einen solchen Zustand verfiel, nahm er die Gestalt eines Tieres, z. B. eines Löwen, an, oder er hatte das Gefühl, fliegen zu können. Diese schamanischen Erfahrungen sind es, die auf Tausenden von Felszeichnungen in ganz Südafrika festgehalten sind.
Auch heute noch befragen die B. vor der Jagd ein > Orakel aus Tonstücken, glauben an krankmachende Geister und an Heilung durch Trancetänze. Jedes Gruppenmitglied, das besondere spirituelle Fähigkeiten besitzt, kann als > Geistheiler oder -heilerin (meist ältere Frauen) tätig sein. Da die B. die Wirkungen verschiedener Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung gut kennen, kommen zudem pflanzliche Heilmittel zum Einsatz.
Auch von Gebeten am Grab eines > Ahnen ist die Rede. Ein höheres Wesen nennen sie Huwe und reden es mit Vater an.
Lit.: Moszeik, Otto: Die Malereien der Buschmänner in Südafrika. Mit 173 Abb. und 3 Tf. Berlin: Reimer, 1910; Heine, Bernd: Die Sprachen Afrikas. Hamburg: Buske, 1981; Thurner, Ingrid: Die transzendenten und mythischen Wesen der San [Buschmänner]. Eine religionsethnolog. Analyse hist. Quellen. Wien: Stieglmayr, 1983; Smith, Noël: Das Weltbild der Buschmänner: eine Deutung der prähistorischen Felsbildkunst im südlichen Afrika. Königstein / Tn.: Eigenverl. Smith Publ., 2002.
Buschmannrevolver, Pfeil- und Bogenköcher. Ein kleiner Lederköcher in Form und Größe eines Handschuhfingers, in dem ein oder zwei Bogen aus Horn und mehrere zum Teil vergiftete Pfeile und Grashalme stecken. Die Pfeile bestehen aus Grasschäften von etwa 6 cm Länge mit einer Horn- oder Hartholzspitze. Der leicht zu verbergende B. wird zu magischen Zwecken verwendet, indem man die Miniaturpfeile unter Verwünschung in Richtung des Feindes abschießt.
Lit.: Weule, Karl: Der afrikanische Pfeil: eine anthropogeographische Studie. Leipzig: Schmidt, 1899.
Buschseele, > Freiseele in der Verkörperung eines Baumes oder Tieres. Bei vielen Naturvölkern findet sich die Vorstellung, dass der Mensch außer der an den Körper gebundenen > Seele noch eine Freiseele habe, die in einem Baum oder einem Tier verkörpert sei, mit dem er in einer Art psychischer Identität stehe. Dieser Baum bzw. dieses Tier habe somit eine Form elterlicher Gewalt über den betreffenden Menschen. Eine Schädigung des Baumes oder Tieres verursacht gleichzeitig auch eine Schädigung der betreffenden Person. Mit dem Verschwinden der seelischen Naturverbundenheit löst sich die B. auf. So haben wir nach C. G. > Jung keine B. mehr, die uns etwa mit einem Tier identifiziert, da wir durch die konkrete Anschauung Baum und Tier zu reinen Gegenständen gemacht haben.
Lit.: Kucher, Walter: Jenseitsvorstellungen bei verschiedenen Völkern. In: Andreas Resch: Fortleben nach dem Tode. Innsbruck: Resch, 1987 (Imago Mundi; 7), S. 90; Jung, C. G.: Der archaische Mensch. GW 10. Olten: Walter, 41991, S. 82– 83.
Buschweibchen, auch Buschgroßmutter,
ein primitiver Waldgeist. Das B. wohnt im tiefsten Wald und lässt sich nur alle hundert Jahre einmal sehen. Es ist steinalt, runzelig, klein, tief gebeugt, mit schneeweißem, verlaustem Haar, Moos auf den Füßen und mit Stock, Schürze und einer Hucke auf dem Rücken. Von seinem Herd steigt der Nebel auf, der an den Bergen hängt. Es will gekämmt und gelaust werden. Willfährigen und freundlichen Personen erweist es sich als gut gesinnt und belohnt sie mit Laub, das zu Gold wird, oder mit unerschöpflichen Garnknäueln. Auch den Holzfällern, Hirten, frierenden Jägern, armen Alten und Kranken ist es behilflich. Gegen Unfreundliche und Spötter hingegen ist es böse. Sein Anhauch bringt Ausschlag und es hockt auf (> Aufhocker). Das Aussehen der Dämonin ist zum Teil regional verschieden. Ein besonders bezeichnender primitiver Zug ist das unberechenbare Zugleich von Bösartigkeit und Güte.
Lit.: Vernaleken, Theodor: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Wien: Braumüller, 1859; Grimm, Jacob: Deutsche Mythologie. Bd. 1. Wiesbaden: Fourier, 2003, S. 400 – 401.
Bushido (jap., „Weg des Kampfes“), auch Budo genannt. Bezeichnung für die japanischen Kampfkünste der Samurai. Als der > Zen nach Japan kam, übten die Samurai, der ritterliche Adel, noch eine fast uneingeschränkte Herrschaft aus. Durch die Zen-Methode der Willenskontrolle wurden ihre Körperbeherrschung, Geschicklichkeit und Charakterstärke noch gefördert. Das Grundprinzip von B. lautet: „Der Weg ist das Ziel“.
Lit.: Ambach, Christian: Bushido: die Welt des Kampfsports; Stile, Meister, Techniken. Stuttgart: Pietsch, 2004; Leffler, Andreas: Das Bushido-Prinzip – „der Weg ist das Ziel“. München [i. e. Puchheim]: Leffler, 2006.
Busiris. 1. In der griechischen Mythologie ist B. ein ägyptischer König, der auf den Rat von zwei Sehern alle Fremden umbrachte und dem > Zeus opferte, um eine Dürre von seinem Land abzuwenden. B. war der Sohn des > Poseidon und der > Lysianassa, Bruder der > Memphis und Erbauer > Thebens. Er wurde schließlich mitsamt seinem Sohn Amphidamas von > Heraklit erschlagen. Der Kern dieser Sage mag die in ägyptischer Spätzeit wieder aufgekommene Sitte sein, > Osiris Fremde von rötlicher Hautfarbe zu opfern. In ihnen wurde die Verkörperung des Osirisfeindes > Seth gesehen, der mit roter Haut dargestellt wurde.
2. Hauptstadt des 9. unterägyptischen Gaues und „Haus des Osiris“ (Per-Usir). Wenn Osiris auch nicht ursprünglich aus B. hervorgegangen ist, so findet man in der Stadt doch die ältesten Spuren seines Kultes. Die Stadt verlor dann zugunsten von Buto, das die Hauptstadt des Deltas wurde, jegliche politische Bedeutung.
Lit.: Rachet, Guy: Lexikon des alten Ägypten / Übers. u. überarb. v. Alice Heyne. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999; Bonnet, Hans: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3. unveränd. Aufl. Berlin: Walter de Gruyter, 2000.
Bussard, meist mittelgroße Greifvögel aus der Familie der Habichtarten. Der Name, der vom altfranzösischen bussart stammt und sich aus dem deutschen Wort Buse (Katze) und Aar (Adler) zusammensetzt, hat die Bedeutung von „Katzenadler“, vielleicht mit Bezug auf den Mäusebussard. Auf deutschem Gebiet wurde er zuerst von Conrad Gesner (1557) verwendet. B.e verzehren, bis auf wenige Ausnahmen, Kleinsäuger, insbesondere Mäuse und Vögel, aber auch Regenwürmer, Insekten, Reptilien und Aas.
Im griechischen Altertum wurde der B. triorches genannt, da man glaubte, er hätte drei Hoden. Seine Faulheit, die schon > Albertus Magnus (De Animal, 23,29) mit „pigri volatus“ (trägen Fluges) bezeichnete, hat zu sprichwörtlichen Redensarten geführt.
Paranormologisch galt der B. nach Plinius (N.H. 10, 9,1) bereits im Altertum als ein > Omen, und zwar des Guten. Davon ist auch im deutschen Sprachgebiet die Rede, doch wird er hier vorwiegend als Unglücksbote gedeutet (Hopf), während er in England Regen und Sturm (Swainson) ankündigt.
Lit.: Gesner, Conrad: Vogelbuoch. Dietikon (Zürich): Stocker-Schmid, 1969, Faks.-Dr. nach d. 1. dt. Froschauer-Ausg. aus d. Jahre 1557 / versehen mit e. synopt. Verzeichnis von Gessners latein. u. dt. Vogelbezeichnungen u. ihren modernen wiss. Synonymen, zusammengestellt von Vinzenz Ziswiler; Swainson, Charles: The folk lore and provincial names of British Birds. London: Elliot Stock, 1886; Hopf, Ludwig: Thierorakel und Orakelthiere: eine ethnologisch-zoologische Studie. Stuttgart: Kohlhammer, 1888; Mebs, Theodor: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Stuttgart: Franckh-Kosmos Verlag, 2002.
Busschbach, Johan George van
(*3.07.1896 Amsterdam; † 1974), holländischer Lehrer und > Parapsychologe, Vorstandsmitglied der Amsterdam Stichting voor Parapsychologisch Onderzoek (Amsterdam Foundation for Parapsychological Studies) und Gewinner des 1. McDougall-Award for Distinguished Research in Parapsychology für die Untersuchung von > Außersinnlicher Wahrnehmung zwischen Lehrern und Schülern an amerikanischen Schulen. B. befasste sich jahrelang mit dem von ihm so genannten „interpsychischen Kontakt“ zwischen Lehrer und Schüler.
Lit.: Busschbach, J. G. van: An investigation of Extrasensory Perception in School Children. Journal of Parapsychology 17 (1953), 210 – 214; ders.: A further report on an investigation of ESP in school children. Journal of Parapsychology 19 (1955), 73 – 91.
Bussho (jap., „Buddha-Wesen“, auch mit „Buddha-Natur“ übersetzt), Ausdruck für das Substrat von Vollendung und Vollkommenheit, wie es sowohl Lebewesen als auch Dingen immanent ist. Nach der Lehre des > Zen ist der Mensch wie jedes andere Lebewesen und Ding Buddha-Wesen, ohne sich dessen bewusst zu sein und danach zu leben, wie es ein zu seinem wahren Wesen Erwachter (Buddha) tut. Dieses Erwachen ist das Ziel des Zen.
Lit.: Dumoulin, H[einrich]: Zen: Geschichte und Gestalt. Bern: Francke, 1959; Diener, Michael S.: Das Lexikon des Zen: Grundbegriffe und Lehrsysteme, Meister und Schulen, Literatur und Kunst, meditative Praktiken, Geschichte, Entwicklung und Ausdrucksformen von ihren Anfängen bis heute. Bern; München; Wien: O. W. Barth, 1992.
Butler, Walter Ernst (1898 – 1978), englischer Magier, Schriftsteller und Sektengründer. B. arbeitete mit Dion > Fortune und ihrer Fraternity of Inner Light zusammen und war ab 1954 aktives Mitglied in „The > Churches Fellowship for Psychical and Spiritual Studies“ in Southampton. Mit seinen Büchern Magic, Its Ritual, Power and Purpose (1952) und The Magician, His Training and Work (1959, dt.: Die Hohe Schule der Magie) beeinflusste er eine ganze Generation von Esoterikern. Als die Fraternity von der praktischen Magie abrückte, gründete B. die Gesellschaft Servants of the Light School of Occult Science (SOL). Die Grundlage dieser neuen Gesellschaft bildete seine Einführung in die Kabbala, The Helios Course in practical Qabalah. Nach seinem Tod übernahm seine Schülerin und Mitarbeiterin Dolores Ashcroft-Nowicki die Leitung von SOL.
W.: Magic: Its Ritual, Power and Purpose. London; Aquarian Press, 1952; The Magician. His Training and Work. London: Aquarian Press, 1959; Die hohe Schule der Magie: praktische Anleitung zur Ausbildung und Nutzung supranormaler Fähigkeiten. Freiburg i. Br.: Bauer, 41989.
Butsudan (jap.), buddhistischer Altar-
schrein. Von diesem Schrein haben die meisten japanischen Buddhisten ein Modell zu Hause. Es enthält außer der Gestalt eines der > Buddhas oder > Bodhisattvas meist auch eine Tafel mit den Namen der Verstorbenen der Familie. Dem B. werden regelmäßig Speise- und Blumenopfer dargebracht. Bei besonderen Anlässen werden > Sutras davor rezitiert.
Lit.: Die drei Pfeiler des Zen: Lehre – Übung – Erleuchtung / Hg. u. komm. v. Philip Kapleau. Zürich: Rascher, 1969.
Butter (altgriech. boutyron, Rinderquark /Rinderkäse), meist aus Kuhmilch, seltener aus Schaf- und Ziegenmilch hergestelltes Streichfett, das nach EU-Verordnung zu mindestens 82% aus Milchfett besteht. Ein Wassergehalt von 16% darf nicht überschritten werden. Der Nährwert beträgt etwa 740 kcal je 100 Gramm.
Wann und wo die B. das erste Mal hergestellt wurde, ist unbekannt. Als älteste Darstellung gilt ein sumerisches Mosaik aus der Zeit um 3000 v. Chr. Viele Völker am nördlichen und südlichen Rand der antiken Welt (Thraker und Skythen, Gallier, Germanen und Araber) nutzten B., meist in flüssiger Form, als Speisefett und Salbe (Plin. nat. 28.133f.). Wenngleich die B. auch den Römern und Griechen bekannt war, bevorzugten diese das teurere Olivenöl (Edicta imperatoris Diocletiani, 4,50). Die B. galt als „barbarisches“ Produkt und diente nur medizinischen Zwecken.
Bei den B. und Käse produzierenden Völkern und Stämmen ist B. hingegen heilig wie Brot. Dementsprechend war der Prozess des Butterns ein Ritus, bei dem man äußerste Vorsicht walten ließ. Vor allem fürchtete man mögliche Sabotageakte durch > Hexen und > Geister, worauf Shakespeare z. B. in seinem „Sommernachtstraum“ Bezug nimmt:
„So bist du jener schlaue Poltergeist…
Durch den der Brau missrät und mit Verdruss
Die Hausfrau atemlos sich buttern muss.“
(Nach: Bandini, 57)
So spielte, der Vorwurf, dass eine Person Milch an sich zieht und viel Butter macht, auch in den Hexenprozessen eine große Rolle (Hansen, 302, 29).
In Indien gilt die B. als Träger kosmischer Energie und wurde auch rituell geopfert.
Lit.: Michel, Peter: Die Geschichte von der Butter. München: Langen, [1918]; Hansen, Joseph: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter: mit einer Untersuchung der Geschichte des Wortes Hexe. Hildesheim: Olms, 1963; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HdA). Bd. 1. Berlin: Walter de Gruyter, 1987; Bandini, Ditte: Kleines Lexikon des Hexenwesens. Genehm. Lizenzausg. f. area verlag gmbh, Erftstadt, München: Dt. Taschenbuchverlag, 1999; Herder-Lexikon Symbole. Freiburg; Basel; Wien: Herder, 72000.
Butterhexe. Nach verbreiteter Ansicht im Mittelalter und darüber hinaus wirken > Hexen derart auf die > Milch ein, dass diese eine rote oder blaue Farbe annimmt und die Herstellung von > Butter verunmöglicht. Die B. könne die Kuh sogar aus der Ferne melken oder bewirken, dass sie keine > Milch mehr gibt. Zur wirksamen Bekämpfung der Hexe muss man sie kennen, was dadurch möglich sei, dass man den Rahm auf das Feuer setzt, um darin das Bild der Hexe zu erkennen. Gelangt die Milch durch Überkochen ins Feuer, so die Vorstellung, verbrenne die Hexe. > Butterzauber.
Lit.: Matscher, Hans: Die Burggräfler in Glaube und Sage. Bozen: Vogelweider, 1931; Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.
Buttersack, Felix (*14.10.1865 Ludwigsburg; † 19.03.1950 Göttingen), deutscher Militärarzt, Schriftsteller und okkulter Metabiologe. Nach dem Studium der Medizin in Berlin arbeitete B. zunächst im Reichsgesundheitsministerium, dann an der ersten medizinischen Klinik in Leiden und wurde später Generalarzt in Göttingen. 1920 wurde er Oberregierungsmedizinalrat sowie Leiter des Hauptversorgungsamtes in Münster. 1924 in den Ruhestand versetzt, arbeitete er als Schriftsteller und Privatgelehrter in Göttingen.
Für den medizinischen Heilerfolg postulierte B. eine paranormale Komponente der Arzt-Patient-Beziehung: Nicht die physikalischen Energien und nicht die chemischen Valenzen bewirkten den Laboratoriumsgesetzen zufolge ihre Heilerfolge, sondern der Glaube des Arztes an seine Therapie.
Seine medizinischen, weltanschaulichen und okkulten Schriften fanden zu Beginn des 20. Jhs. breite Aufmerksamkeit, vor allem wegen seiner sozialethischen Vorstellungen, die dann im Dritten Reich zur Wirklichkeit wurden und heute wieder Anklang finden. In seiner Schrift Wider die Minderwertigkeit (1926) forderte er den Staat auf, Schwachsinnige, Schwindsüchtige, Krüppel, konstitutionelle Verbrecher, Geisteskranke, Für-
sorgezöglinge und Hilfsschüler menschenfreundlich zu eliminieren. Vor 1933 unterstützte er eine unter dem Tarnnamen „Archiv für berufsständische Rassenstatistik“ von der Göttinger NSDAP betriebene Datensammlung zur Erfassung aller Juden, die später Grundlage des Arierparagraphen wurde. Doch obwohl B. zu den geistigen Wegbereitern der NS-Euthanasie gehörte, war er nie Mitglied der NSDAP, die ihn 1939 sogar einen instinktlosen Halbidioten nannte. In seinen esoterischen Sachbüchern klammert er politisches Gedankengut weitgehend aus.
W. (Auswahl): Wider die Minderwertigkeit! Die Vorbedingung f. Deutschlands Gesundung; Skizzen zur Völker-Pathologie. Leipzig: C. Kabitzsch, 1926; Triebkräfte des Lebens: Auslösung d. Kraftspeicherung bei d. Individuen, Geschlechtern, Völkern. Stuttgart: F. Enke, 1929; Auf- u. Niedergang im Völkerleben: Biologische Gesetze. Berlin-Charlottenburg: Pan-Verlagsges., 1933; Körperloses Leben: Diapsychicum; Ausblicke e. erweiterten Arzttums; Ein großes Ziel – ein kleiner Anfang. Leipzig: W. Engelmann, 1936; Außersinnliche Welten. Stuttgart: Kröner, 1939; Seelenstrahlen und Resonanz: Beobachtungen u. Schlüsse. München: Ratio-Verl., 1939; Zu den Pforten des Magischen: Eine Studie über d. Grenzen d. exakten Erkenntnis. Stuttgart: Kröner, 1941; Unsichtbare Mächte. Im Auftr. d. Verf. aus d. Nachlass in d. Niedersächs. Staats- und Univ.-Bibliothek hrsg. von Karl Julius Hartmann. Göttingen: Musterschmidt, 1950.
Buttervogel (engl. butterfly). Dieser Ausdruck für > Schmetterling ist in seiner magischen Bedeutung mit Butterhex, Milchtrud, Milchzauberin, Molkentöfer (Michzauberer) verwandt. Den Bezeichnungen liegt der weitverbreitete Glaube zugrunde, dass sich die > Hexen in Schmetterlinge verwandeln, um ihren Gelüsten nach Milch und Butter leichter frönen zu können.
Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HdA). Bd. 1. Berlin: Walter de Gruyter, 1987.
Butterzauber, Rache der > Hexen durch Störung des Buttermachens. Viele Hexen wurden angeklagt und vor Gericht gebracht, weil sie beschuldigt wurden, die > Butter verhext zu haben. Bauern und Melker versuchten sich daher durch eine Reihe von Gegenmaßnahmen vor einer solchen Verhexung zu schützen. Es gab die Empfehlung, beim Buttern gewisse > Zaubersprüche herzusagen, eine Prise Salz ins Feuer oder eine Silbermünze in den Rahm zu werfen, ehe man an die Arbeit ging. Hilfreich war zudem ein Fass aus Eberesche. Mutmaßte man bereits den Einfluss der > Hexerei, so konnte man diesen durch das Eintauchen eines glühenden Schürhakens oder Hufeisens bannen und dem Schuldigen dabei auf magischem Weg eine Brandwunde zufügen.
Lit.: Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei. Dt. Erstausgabe. s. l.: Bechtermünz Verlag, 1999.
Buttlar, Eva von (1670 –1717), Hofmeisterin und Gründerin der neognostischen Geheimgesellschaft „Rotte“ im kleinen Duodezstaat Sachsen-Eisenach (Deutschland). B. kann zu den libertinistisch ausgerichteten Gnostikern gezählt werden. Die „Rotte“, auch „Buttlarsche Rotte“ genannt, sollte durch sexualmagische Praktiken ähnlich wie in der > Sperma-Gnosis die > Materie überwinden. Sie ging von der gnostischen Vorstellung aus, dass der > Ur-Adam ursprünglich das weibliche Prinzip in sich trug. Erst durch den Sündenfall sei es zu einer äußerlichen Trennung der Geschlechter gekommen, die durch den Sexualakt wieder aufgehoben werden könne. So verkörperte B. in ihrer Lehre den Heiligen Geist, die himmlische Sophia als weibliches Prinzip, und ihr Gegenpart, der Theologe Gottfried Winter, als männliches Prinzip Gott Vater. Da ihre Lehre die Trinität bejahte, wurde der Arzt Georg Appenfeller als Gott Sohn zum Dritten im Bunde und schließlich ihr Mann. Die „Rotte“ wurde stark verfolgt und löste sich dann auf. B. starb 1717 zu Altona (Frick, 221 – 222).
Lit.: Frick, Karl R. H.: Licht und Finsternis II: Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert; Teil 1: Ursprünge und Anfänge. Graz: ADEVA, 1975.
Butz, gespenstisches Wesen nach Art eines > Kobolds, das auch als Putz, Butzemann, Bussemann, Bozi, Mummelmann und in ähnlichen Formen überliefert ist. Der Name dürfte von „verbutzen“ (= verhüllen) abzuleiten sein und ist seit dem 12. und 13. Jh. vor allem im alemannischen Raum gebräuchlich. Sprachlich verwandt ist das longobardische „pauz“ (= verhüllen, vermummen).
Der B. soll Wanderer in die Irre führen, über Berg und Tal tragen, beißen, aber auch als eine Art > Poltergeist Unruhe stiften. So wird von den Totengeistern gesagt, dass sie gespenstern, spuken, butzen. Ruhelose Seelen im Bereich der Almwiesen werden in Volkssagen als „Almputz“ bezeichnet. Schließlich beziehen sich der „Bi-Ba-Butzeman“ des alten Kinderliedes und der in Teilen Österreichs übliche Kosename „Putzi“ ursprünglich auf ein gespenstisches Wesen.
Lit.: Grimm, Jacob u. Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. 2. Bd. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1984; Biedermann, Hans: Dämonen, Geister, dunkle Götter: Lexikon der furchterregenden mythischen Gestalten. Graz; Stuttgart: Leopold Stocker, 1989; Meyer-Rey, Ingeborg: Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann. Weinheim; Basel: Der Kinderbuch-Verl., 2005.
Buvée, Barbara (17. Jh.), Schwester St. Colombe, Äbtissin des Ursulinenklosters von Auxonne, Frankreich. Dort brach zwischen 1658 und 1663 eine Besessenheitsepidemie aus. Dabei beschuldigten einige Nonnen die Äbtissin, lesbische Beziehungen mit ihnen unterhalten zu haben. In Ketten gelegt, wartete sie auf ihren Prozess, der am 5. Januar 1661 in Dijon begann. Die Richter sahen jedoch, unterstützt von den Aussagen der Ärzte, keinen Grund zur Annahme eines Verbrechens und sprachen B. frei, die daraufhin in ein anderes Kloster übersiedelte. Über diesen Fall von > Besessenheit erschien 1895 eine Studie von Samuel Garnier und Dr. Bourneville in der „Bibliothèque Diabolique“, die von dem Psychiater Jean-Martin > Charcot herausgegeben wurde.
Lit.: Barbe Buvée, en religion, Soeur Sainte Colombe, et la Prétendue possession des Ursulines d’Auxonne (1658 – 1663). Étude historique et critique d’après des manuscrits de la Bibliothèque Nationale et des archives de l’ancienne province de Bourgogne, par le Dr Samuel Garnier. Préface du Dr Bourneville. «Bibliothèque Diabolique». Paris: Félix Alcan, 1895.