Begriffe Be

Be

Bealings-Glocken (engl. Bealings Bells), mysteriöses Glockengeläute im Hause Edward Moores in Great Bealings, Suffolk, England, das am 2. Februar 1834 begann und bis zum 27. März 1834, also 53 Tage, andauerte. Jeder Versuch, die Ursache zu finden, scheiterte. Auch konnte das rasche Läuten nicht nachgeahmt werden. Nach drei Tagen gab sich Moore überzeugt, dass das Läuten nicht durch menschliches Zutun erfolge (Encyclopaedia of Occultism). Nach Frank > Podmore ist diese Aussage zu schnell gefasst, da Moore der einzige Zeuge war. Es sollen jedoch auch verschiedene andere Mitglieder des Hauses das Glockengeläute zu unterschiedlichen Zeiten wahrgenommen haben. Der Fall zeigt, wie schwer derartige spontane Begebenheiten unter Beweis zu stellen sind.

Lit.: Moore, Edward: Bealings Bells. An Account of the Mysterious Ringing of Bells at Great Bealings, Suffolk, in 1834. Woodbridge, 1841; Podmore, Frank: Modern Spiritualism: A History and a Criticism. Methuen, 1902; Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Bealphares, Dämon, manchmal auch als Engel bezeichnet, der als Wohnort die feurige Region hat und dort als Anführer der Dämonen gilt.

Lit.: Wierus, Joannes: Ioannis Wieri De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577.

Beard, Paul (14.10.1904 – 9.06.2002), Autor und Präsident des College of Psychic Studies in London sowie Mitglied der > Society for Psychical Research. B. schrieb u. a. eine Trilogie, in der er sich mit der Analyse von Beweisen für und gegen ein Fortleben der menschlichen Seele nach dem Tode befasste.

W.: Beard, Paul: Living On. Study of Altering Consciousness After Death. London: George Allen & Unwin, 1987.

Beathach Mor, ein riesiges Monster, das angeblich im Loch Awe hausen soll, einem 45 km langen und 800 bis 1.500 m breiten Binnensee in den schottischen Highlands von Argyll, der an seiner tiefsten Stelle bei 90 Meter tief ist. Bei B. soll es sich um einen furchterregenden Lindwurm mit einem Pferdekopf, einem schuppigen Rücken und zwölf mächtigen Beinen handeln. Um ihn zu erblicken, müsse man entsprechend Whisky trinken und nach seinem Anblick noch etwas mehr, um die Nerven zu beruhigen.

Lit.: Baigent, Michael / Richard Leigh: The Temple and the Lodge. London: J. Cape, 1989.

Beatrijs, Marienlegende in 1038 paarreimenden Versen, die sich zusammen mit anderen religiösen und lehrhaften Texten in einer Sammelhandschrift, dem Codex 76 E 5, in der Kgl. Bibliothek in Den Haag befindet. Der Codex wird aufgrund der darin enthaltenen Ortstafel auf ca. 1374 datiert. Das Werk handelt von der Küsterin eines Klosters, die, von Liebe überwältigt, das Kloster verlässt und ihrem Geliebten folgt, von diesem aber trotz der Geburt zweier Kinder verlassen wird. Als sie in ihrer großen Not auf eine innere Stimme hin wieder zum Kloster zurückkehrt, macht man dort nicht viel Aufhebens, weil ihr Platz in der Zwischenzeit von der Gottesmutter eingenommen worden war.

Lit.: Pasenier, Anke Eline: Beatrijs: het middeleeuwse verhaal van de verliefde non op rijm bewerkt. Roosendaal: Boekenbent, 2007.

Beatrijs (Beatrix) von Nazareth

(1200 – 1268), selig (Fest: 29. August), Mystikerin, geb. um den 16.04.1200 als jüngstes von sechs Kindern in der brabantischen Stadt Tienen (Tirlemont) bei Löwen, gest. am 29.08.1268 im Kloster Nazareth bei Lier, Belgien.

Über ihr Leben berichtet ein unbekannter Verfasser in der sog. Vita Beatricis. Nach dem Tod ihrer Mutter (1207) wurde B. zuerst Beginenschülerin und dann Schülerin im Zisterzienserinnenkloster Florival bei Wavre. 1210 sei sie dem Zisterzienserinnenkloster Bloemdal als Oblatin übergeben worden und 1216 habe sie ihre Profess als Zisterziensernonne abgelegt. Historisch zuverlässig dürfte ihre Wahl als Priorin 1237 des Klosters Nazareth bei Lier sein, wohin sie 1236 gekommen war. Dieses Amt übte sie vermutlich bis zu ihrem Tod aus.

Außer über ihre normale Tätigkeit berichtet der Biograf auch davon, dass B. zu bestimmten Zeiten entrückt worden sei, erstmals im Januar 1217. Bei einer Entrückung im Winter 1231 hörte sie angeblich eine Stimme sagen, dass sie die Seligkeit erlangen werde. Aus dieser Gewissheit heraus schrieb sie wahrscheinlich ihre kleine Abhandlung über die sieben Arten der Liebe (Van seven manieren van minnen). Der Text gilt als einer der ältesten, wenn nicht als der älteste datierbare Text der Minnenmystik schlechthin.

Lit.: Vita Beatricis: de autobiografie van de Z. Beatrijs van Tienen O. Cist., 1200 – 1268. In de Latijnse bewerking van de anonieme biechtvader der Abdij van Nazareth te Lier voor het eerst volledig en kritisch uitgegeven / door L. Reypens. Antwerpen: Ruusbroec-Genootschap, 1964; Stölting, Ulrike: Christliche Frauenmystik im Mittelalter: historisch-theologische Analyse. Mainz: Grünewald, 2005, S. 103 – 118 mit Text: Sieben Arten der Liebe.

Beatrix von Ornacieux

(ca. 1260 – 25.11.1303 / 1309), selig (Confirmatio cultus 15.04.1869, Fest: 13. Februar), Kartäusermystikerin, trat 1273 in Parménie in den Kartäuserorden ein und gründete als Priorin 1301 das Kloster Eymeux. B. ist nur durch die von Margarete von Oingt verfasste Vita bekannt. Demnach soll sie neben zahlreichen Erscheinungen, Traumvisionen, Auditionen und Empfindungen der Anwesenheit Christi auch von teuflischen Trugbildern geplagt worden sein. Um die Passion zu imitieren, brachte sie sich mit einem stumpfen Nagel die Stigmen selbst bei. Dies zeigt, wie sehr sie ihre Erlebnisse aktiv zu steuern suchte, sodass von eigentlichen Eingebungen nur schwer die Rede sein kann.

Lit.: Bouvier, Claude: La bienheureuse Béatrix d‘Ornacieux religieuse de Parménie. Montsûrs: Ed. Résiac, 1975.

Beattie, John, pensionierter Fotograf aus Clifton, Bristol, England, der in den Jahren 1872 / 73 eine Reihe von Experimenten zur Prüfung der von Frederick A. > Hudson gemachten Aussagen über die > Geisterfotografie durchführte. Da er am > Spiritismus interessiert war, wandte er sich an einen mediumistisch begabten Freund namens Butland mit der Bitte, ihm bei eigenen fotografischen Versuchen zur Verfügung zu stehen, bei denen er von Dr. G. S. Thompson assistiert wurde. Nach anfänglichen Misserfolgen erzielte er 1873 wichtige Ergebnisse. Das > Medium, das kein Materialisationsmedium, sondern ein Trancemedium war, beschrieb im Voraus die Erscheinung, die dann auf der Platte abgebildet wurde. Das Medium soll dies hellseherisch erfasst haben. Über die Experimente berichteten Rev. Stainton > Moses und andere in Human Nature (vol. 8, 1874).

W.: Beschreibung merkwürdiger Experimente in der Photographie, III. In: Psychische Studien (1881), 253.

Lit.: Krauss, Rolf H.: Jenseits von Licht und Schatten: die Rolle der Photographie bei bestimmten paranormalen Phänomenen – ein historischer Abriss. Marburg: Jonas Verlag, 1992.

Beatus (lat., der Selige), heilig (Fest: 9. Mai), geb. im 1. oder 6. Jh. möglicherweise in Frankreich oder Schottland, gest. 112 oder im 7. Jh. bei Beatenberg in der Schweiz. Da eine alte Vita fehlt und eine solche erst 1511 vom Basler Minoriten Daniel Agricola vorgelegt wurde, kann nur die sichere Aussage gemacht werden, dass B. seit Beginn des 13. Jhs. als Patron der Kirche von Beatenberg nachweisbar ist. Er lebte als Einsiedler und hatte seine Zelle in dem später nach ihm benannten Sankt Batten (Beatushöhle) am Thuner See. Das Augustinerkloster Interlaken hatte seine Gebeine mit Silberdraht aneinanderfügen und in einem silberbeschlagenen Sarg in der Höhlenkapelle Beatenberg beisetzen lassen. Das alte Sankt Batten war bis 1528 der größte Wallfahrtsort Berns. Vor allem zu Zeiten der Pest, aber auch um Heilung erkrankter Kinder oder Erwachsener pilgerte man zum hl. B. Er wird als Einsiedler vor oder in der Höhle mit einem Drachen dargestellt, den er besiegt haben soll. Seit 1512 gibt es in Zürich eine Beatus-Bruderschaft.

B. ist Patron der Innerschweiz sowie gegen Pest und Krebs.

Lit.: Agricola, Daniel: Almi confessoris et anachorete Beati: Helveciorum primi evangelistae et apostoli: a sancto Petro. Impressum, Basileae: ex officina providi viri Adae Petri de Langedorff, impressa anno Domini 1511; Stueckelberg, Ernst Alfred: Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters: ein Hand- u. Nachschlage-Buch für Forscher, Künstler, und Laien. Zürich: Amberger, 1903.

Beauchamp, Christine. Der Fall der Miss B. gilt als einer der berühmtesten Fälle von > Persönlichkeitsspaltung, über den der New Yorker Arzt Morton Prince († 1929) 1906 ein Buch und später noch mehrere Folgeberichte veröffentlichte. 

B., geboren 1875, war 23 Jahre alt und College-Studentin in Neu-England, als sie sich wegen Kopfschmerzen, Schwindelanfällen und Appetitlosigkeit zu Prince in Behandlung begab. Sie wird als eine fromme und introvertierte junge Frau mit strengen moralischen Vorstellungen beschrieben, die sich in gelegentlichen Fastenaktionen ausdrückten. Unter > Hypnose kam eine zweite Persönlichkeit zutage, die als egoistisch, regressiv und cholerisch beschrieben wird. Prince gab der prüden Persönlichkeit (von der Patientin selbst „Christine“ genannt), den Namen „die Heilige“; die andere, egoistische, Persönlichkeit bezeichnete er manchmal als „die Frau“ und manchmal als den „Realisten“. Im Laufe der Therapie kam hinter den beiden ersten Persönlichkeiten der Patientin noch eine dritte, extrovertierte junge Frau, Sally, zum Vorschein, die sich nichts sagen ließ. Von den drei Persönlichkeiten wusste nur Sally von der Existenz der anderen, während sich die Heilige und der Realist ihrer nicht bewusst waren.

Später trat noch eine weitere – regressive – Persönlichkeit zutage, die „Idiotin“. Zu diesem Zeitpunkt bekam Prince heraus, dass B. mit 18 Jahren einen Nervenschock erlitten hatte. Von 1898 bis 1904 führten diese Persönlichkeiten dann eine „Komödie der Wirrungen“ auf, die manchmal einer Tragödie nahekam. Schließlich gelang es Prince, die Persönlichkeiten zu einer einzigen zu verbinden.

Der Fall B. ist insgesamt jedoch weniger kompliziert als der von Walter Franklin > Prince veröffentliche Fall > Doris.

Solche Fälle von Spaltpersönlichkeiten sind besonders auch für die Phänomenologie der > Besessenheit von Belang.

Nach M. Österreich (S. 112) hat Prince aus Abneigung gegen die > Parapsychologie möglicherweise diesbezüglich relevantes Material nicht veröffentlicht.

Lit.: Prince, Morton: Die Spaltung der Persönlichkeit. Stuttgart: Kohlhammer, 1932; Oesterreich, Maria: Traugott Konstantin Oesterreich: „Ich“-Forscher und Gottsucher; Lebenswerk und Lebensschicksal. Stuttgart: Fr. Frommanns Verlag, 1954; Prince, Morton: Psychotherapy and Multiple Personality. Selected Essays. Cambridge, Mass.: Harvard Univ. Press, 1975.

Beaumont, John (ca. 1650 – 1731), britischer Geologe, Chirurg und Autor, der von 1693 bis 1724 mehrere Bücher verfasste, darunter 1705 An Historical, Physiological and Theological Treatise on Spirits, Apparitions, Witchcrafts, and other Magical Practices. Dieses Buch sollte die Realität des Geister- und Hexenglaubens durch eigene Erfahrungen beweisen. B. wird als ziemlich belesener Hypochonder, jedoch mit einem beachtlichen Hang zur Leichtgläubigkeit beschrieben. In dieser Veranlagung sah er tagsüber Hunderte von imaginären Männern und Frauen um sich, nachts hingegen machte er derlei Wahrnehmungen nur bei Kerzenlicht oder Mondschein. Dabei gab es zwei Geister, die drei Monate hindurch dauernd anwesend waren und sich gegenseitig beim Namen nannten. Zudem riefen ihn zahlreiche Geister an seine Wohnungstür und fragten, ob die genannten Geister bei ihm seien. All diese Erfahrungen dürften wohl auf Halluzinationen oder gar auf Spaltpersönlichkeitsstrukturen beruhen. Jedenfalls wurde das Buch oft zitiert und auch ins Deutsche übertragen.

W.: An Historical, Physiological and Theological Treatise of Spirits, Apparitions, Witchcrafts, and other Magical Practices. London: Printed for D. Browne, 1705; Historisch-Physiologisch- und Theologischer Tractat Von Geistern, Erscheinungen, Hexereyen und andern Zauber-Händeln: Darinnen Von denen Geniis oder Spiritibus familiaribus … wahrgenommen … Anbey D. Bekkers bezauberte Welt Nebst andern Scribenten, die sich dergleichen Glaubwürdigkeiten wiedersetzt, wiederlegt wird. Aus der Englischen Sprache in die Teutsche … übersetzt von Theodor Arnold. Nebst einer Vorrede Des Geheimbden Raths Thomasii, Wie auch neuen Summarien und vollständigen Registern. Halle im Magdeburgischen: Neue Buchh., 1721.

Beauraing / Belgien, Marienerscheinungen vom 29. November 1932 bis 3. Januar 1933. Im kleinen Dorf Beauraing, Bistum und Provinz Namur, erklärten fünf Kinder, dass ihnen in einer Lourdesgrotte 33mal die Mutter Gottes erschienen sei. Bei den Kindern handelte es sich um die Geschwister Fernande (15 J.), Gilberte (13 J.), Albert (11 J.) Voisin und die Geschwister Andrée (14 J.) und Gilberte (9 J.) Degeimbre. Diese Kinder erblickten am 29. November 1932 in der Lourdesgrotte des Klostergartens der Schwestern von der Christlichen Liebe unweit der Pfarrkirche vor der Grotte in einem hellen Licht die Muttergottes „wie eine lebende Statue“. Am Abend des folgenden Tages nahmen sie „die schöne Frau“ wieder wahr, diesmal bewegte sie sich. Bei der dritten Erschei­nung waren sie von der Schönheit der Gestalt überwältigt, knieten sich auf die Erde nieder und beteten den Rosenkranz. Am 2.12. stürzten die Kinder gleichzeitig, wie von einem heftigen Stoß getroffen, mit einem Ruck auf die Knie.

Manchmal dauerte die Erscheinung nur ganz kurz, dann wieder für die Dauer eines Rosenkranzes. Dabei trug sie am rechten Arm selbst einen Rosenkranz, hielt die Hände über der Brust gefaltet oder breitete sie aus, wie es die nach den Berichten der Seher angefertigte Statue am Erscheinungsort erkennen lässt. In der Mitte der Brust wurde ein strahlendes goldenes Herz sichtbar. Am 8.12. waren über 10.000 Menschen anwesend. Maria erschien in derselben Haltung mit einer Krone auf dem Haupt, weiß gekleidet als „Königin des Himmels“. Man erwartete eine Heilung, doch eine solche geschah nie, auch kein anderes außergewöhnliches Zeichen. Am 21.12. bat Albert: „Sag uns deinen Namen!“ Die Antwort war: „Ich bin die Unbefleckte Jungfrau.“ Am 30.12 mahnte Maria: „Betet! Betet viel!“ Am 3.01.1933 kam sie zum letzten Mal.

Die fünf Kinder beschrieben die Erscheinung wie folgt: Maria gleicht einer jungen Frau von zwanzig Jahren. Ihre Gesichtszüge sind scharf geprägt und überaus liebevoll. Ihr langes Gewand fällt in vielen Falten bis zu den Füßen.

1934 begann die kirchliche Untersuchung, welche die Entscheidung in die Kompetenz des Bischofs von Namur legte, der am 19.02.1943 entschied, dass „Unsere Liebe Frau von Beauraing“ öffentlich verehrt werden dürfe.

Am 2. Juli 1949 erklärte der Bischof von Namur nach Anerkennung zweier Heilungen: „Wir können völlig beruhigt und trotz aller Vorsicht bestätigen, dass die Himmelskönigin den Kindern von Beauraing erschienen ist… .“

Lit.: Johanns, A.: Die Ereignisse von Beauraing. Wahrheitsgetreuer Bericht e. Augenzeugen ueber d. Erscheinungen zu Beauraing. Loewen [Belgien]: Rex, 1933; Höcht, Johannes Maria: Die Wahrheit über die belgischen Muttergottes-Erscheinungen und außergewöhnlichen Heilungen: Beauraing, Banneux, Onkerzele. Unter Berücks. d. Visionen von 3 Deutschen dargest. im Anschluss an e. Wallfahrt nach Beauraing. Wiesbaden: Matthias-Grünewald-Verl., 1934; Monin, Arthur: Die Königin mit dem goldenen Herzen: Die Erscheinung Unserer Lieben Frau von Beauraing. Dt. von Thaddäus Soiron. Kevelaer: Butzon & Bercker, 1956; Weigl, Alfons M.: Volk unter prophetischem Anruf : Marien-Erscheinungen theol. u. prakt. gewertet; e. vorläufige Einf. / P. F. Branz. Hg. von A. M. Weigl. Altötting: St.-Grignion-Verl., 1986; McClure, Kevin: Beweise. Erscheinungen der Jungfrau Maria. Dt. Erstausg. München: Droemersche Verlagsanst. Th. Knaur Nachf., 1987.

Beauséant (alt-franz., schwarz und weiß gepunktet), Flagge des Ordens der > Templer, halb schwarz, halb weiß, mit der Inschrift: Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam (Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib die Ehre, Ps. 115, 1). Das B. wird auch bei den heutigen Templern gepflegt und als geheimes Erkennungszeichen benutzt.

Lit.: Barthel, Manfred: Die Templer. Reichtum, Macht und Fall eines Ritterordens. Gernsbach: Katz, 2005.

Beausoleil, Jean du Chatelot, Baron de (ca. 1576 – 1643) und Martine de Bertereau. Der deutsche Bergwerkstechniker B. wanderte mit seiner jungen Frau Martine, als Bergbauberater sehr geschätzt, durch ganz Europa, um mit Hilfe der > Wünschelrute nach Metallen zu suchen. 1626 wurde das Ehepaar vom Marquis d’Effiat, der unter König Ludwig XIII. die Aufsicht über die königlichen Erzlager hatte, nach Frankreich eingeladen. Mit 60 ausgesuchten Kumpels, die sie aus Deutschland und Ungarn mitbrachten, suchten sie über ein Jahr lang die Böden der Provence und Südfrankreichs nach Erzen ab, erhielten jedoch keinerlei Entlohnung. Als ihre Geldforderungen dringlicher wurden, sie aber ihre Arbeit dennoch fortsetzen wollten, wurden sie eines Tages von Beamten des Marquis angehalten und beschuldigt, die Erzlager mit Hilfe > Schwarzer Magie ausfindig zu machen. Ihr Gepäck sowie mindestens 100.000 Taler, Schmuck und Edelmetalle wurden eingezogen. Das fast mittellose gewordene Ehepaar wandte sich voller Verzweiflung an den einflussreichen Kardinal Richelieu. Dieser antwortete mit gnadenloser Härte und ließ die beiden getrennt hinter Gitter setzen, wo der Baron 1643 starb. B. gilt als der größte Bergwerkstechniker seiner Zeit.

W.: Diorisinus verae philosophiae de materia prima lapidis. Biterris: apud J. Martellum, 1627; Archetypus verae philosophiae de materia prima lapidis, auctore Dn. Joanne de Chastellet [sic]. Augustae Vindelicorum: apud J. Paetorium, 1630.

Beauvais, Yvonne, Yvonne-Aimée de Jésus (*16.07.1901 Mayenne; † 3.02.1951 Natal,
Frankreich). Ende 1921 erkrankte B. an Paratyphus und war von März bis Anfang September 1922 in der Kloster-Klinik der Augustiner-Krankenschwestern von der Barmherzigkeit in Malestroit interniert. Da sieben Ordensfrauen in Malestroit Zeugen der außergewöhnlichen Gnaden (Visionen, Auditionen, auch Bilokation und Stigmata) und besonderen Prüfungen von B. wurden, konnte es nicht ausbleiben, dass diese mystischen Erlebnisse gegen ihren Willen auch der kirchlichen Obrigkeit zu Ohren kamen. Der zuständige Bischof verbot ihr daraufhin, nach Malestroit zu gehen, was sie tief traf. Erst am 10.09.1927 wurde ihr die Einkleidung als Augustinerin in Malestroit gestattet, wobei sie den Namen Schwester Yvonne-Aimée de Jésus erhielt. Am 29.09.1931 legte sie die ewigen Gelübde ab. 1932 wurde sie Novizenmeisterin und 1935 Oberin von Malestroit. Am 16. Februar 1943 nahm sie die Gestapo fest, doch entkam sie nach Verhören und Misshandlungen auf außergewöhnliche Weise. Das Kloster selbst, das als Stützpunkt für die Fallschirmspringer diente, wurde beim großen Ansturm vom 17. Juni 1944 verschont, obwohl Schwester Yvonne eine Reihe von Widerstandskämpfern versteckt hatte. Nach Kriegsende überreichte ihr General de Gaulle das Abzeichen der Ehrenlegion. Ende August 1946 wurde Mutter B. zur Generaloberin einer Konföderation von 30 Klöstern mit insgesamt 1500 Ordensschwestern gewählt.

Lit.: René Laurentin: Yvonne-Aimée de Jésus – Geschichte einer großen Liebe. Stein am Rhein: Christiana-Verlag, 2000.

Bechard, nach dem Zauberbuch > Grimorium Verum ein > Geist, der über Winde, Stürme, Gewitter, Hagel und Regen gebietet. > Magier konnten ihn mit einem magischen > Amulett, das sein > Zeichen trug, herbeirufen.

Lit.: Il segreto dei segreti: il vero grimoire con la gran cabala della farfalla verde: Grimorium verum, vel Probatissime Salomonis claviculae rabini Hebraici in quibus tum naturalia tum super naturalia secreta licet abditissima in promptu apparent, modo operator per necessaria et contenta faciat scia tamen oportet demonum potentia dum taxat per agantur / tradotto dall‘ebraico da Plaingiere, con una raccolta di segreti magici, a Memphis, presso Alibeck, l‘egiziano, [1978?] Viareggio: Rebis, [1978?].

Becher (mlat. bicarium). 1. Trinkgefäß aus Holz, Ton, Glas, Zinn, Edelmetall, Elfenbein oder Gold, meist ohne Henkel, in besonderer Form auch „Pokal“ oder „Kelch“ genannt, der seit dem Altertum verschiedene Formen aufweist. Er ist Symbol der Freundschaft und der Verbundenheit, aber auch der Hinterlist und des Todes. Diese Zweideutigkeit kommt schon in der Bibel zum Ausdruck: „Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen (Mt 10, 42), und: „Ja, so hat der Herr, der Gott Israels, zu mir gesprochen: Nimm diesen Becher voll Zornwein aus meiner Hand und gib ihn allen Völkern zu trinken, zu denen ich dich sende“ (Jer 25, 15). Der B. diente in der Antike aber auch als Wahrsageinstrument. „Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert“ (Dtn 18, 10).

Allerdings war der B. seit der Vorgeschichte vornehmlich nur den höheren Ständen eigen, weshalb er in den hergebrachten Komplex magischer Handlungen kaum einbezogen wurde. Außer dem ledernen und hölzernen B. zum Würfeln kennt das Volk diesen Gefäßtypus kaum.

Ein besondere Rolle spielt der B. hingegen bei Zaubertricks.

2. Sternbild Crater des Südhimmels.

Lit.: Meyer, Elard Hugo: Mythologie der Germanen. Straßburg: Trübner, 1903; Fuchs, Gisela: Der Becher des Sonnengottes: zur Entwicklung des Motivs „Becher des Zorns“. Münster u. a.: Lit, 2003.

Becher, Johann Joachim (*6.05.1635 Speyer; † Oktober 1682 London), Sohn eines lutherischen Pfarrers; Mediziner, Chemiker, Physiker und Merkantilist.

B. studierte Medizin, Chemie und Physik, erwarb sich Kenntnisse in der Politikwissenschaft, bereiste Deutschland, Schweden, Italien, die Niederlande, trat zur katholischen Kirche über und behauptete, nie eine Universität besucht zu haben. 1660 erregte er mit einem Perpetuum Mobile die Aufmerksamkeit des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn (reg. 1647 – 1673) und wurde Hofmedicus und -mathemathicus. 1661 veröffentliche er sein erstes Buch, Naturkündigung der Metallen. Im gleichen Jahr wurde er Dr. med. und 1663 Professor an der Universität Mainz. 1664 berief ihn der bayerische Kurfürst Ferdinand Maria (reg. 1651 – 1679) in dieselbe Funktion nach München. 1666 ging B. als „Commercienrath“ nach Wien und wurde 1670 als Alchemist und Wirtschaftsberater von Kaiser Leopold I. (1640 – 1705) eingestellt. 1677 fiel er in Ungnade und versuchte 1678 in Holland Gönner zu finden, bis ihn 1680 Prinz Ruprecht in England zur Verbesserung der Metall- und Kohleverarbeitung sowie zur Entwicklung von Laboröfen (Becher-Öfen) einstellte.

Während seiner Aufenthalte an verschiedenen Höfen verfasste B. zahlreiche Bücher, von der Universalsprache bis hin zur Moralphilosophie und Pädagogik, legte den Schwerpunkt jedoch auf chemische und ökonomische Werke.

Er entwickelte ein Konzept, das die drei Prinzipien des > Paracelsus durch die drei Elementarprinzipien Luft, Wasser und Erde ersetzte. Wie viele seiner Zeitgenossen glaubte auch er an die Möglichkeit der Metallumwandlung und sah in der > Alchemie eine potentielle Einnahmequelle des Staates.

W.: Natur-Kündigung der Metallen: mit vielen curiosen Beweissthümen … vor Augen gestellet. Franckfurt a. M.: Hermsdorff, 1705; Oedipus chymicus: oder chymischer Rätseldeuter, worinnen derer Alchymisten dunckelste Redens-Arten und Geheimnisse offenbart und augelöst werden. Aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzet … zum Druck befördert durch Friederich Roth-Scholtzen. Nürnberg, 1729; J. J. Becheri Physica subterranea. Ed. Noviss. / cur. Georg Ernst Stahl. Lipsiae, 1738; Politischer Discurs von den eigentlichen Ursachen des Auf- und Abnehmens der Städte und Länder. Georg Heinrich Zincke [Hrsg.]. Zelle; [Druckorte:] Frankfurt; Leipzig: Georg Conrad Gsellius, 1754; Johann Joachim Bechers Chymischer Glücks-Hafen, oder grosse chymische Concordantz und Collection, von 1500 chymischen Processen. Nebst e. neuen Vorr. u. Bedencken von der Gold-Macherey, Herrn Georg Ernst Stahls. Neue u. viel verb. Ausg. Leipzig; Wien: Kraus, 1755; Entwurff oder Einladung einer ruh-liebenden und ihrem Nechsten zu dienen suchenden philosophischen Gesellschaft. Mit e. Nachw. vers. … von Ernst Darmstädter. Nach d. Ausg. Hamburg 1707 … wieder aufgelegt München: Heller, 1925; Parnassus medicinalis illustratus oder: Ein neues und dergestalt vormahln noch nie gesehenes Thier-, Kräuter- und Bergbuch sampt der Salernischen Schul: Cum Commentario Arnoldi Villanovani u. d. Praesagiis Vitae & Mortis, Hippocratis Coj; Auch gründl. Bericht vom destilliren, purgiren, Schwitzen, Schröpffen und Aderlassen. Alles in hoch-teutscher Sprach, sowol in Ligata als Prosa, lustig u. aussführlich in 4 Theilen beschrieben u. mit 1200 Figuren gezieret. Ulm / Donau: Haug, 1957; Zur mechanischen Sprachübersetzung: ein Programmierungsversuch aus dem Jahre 1661; allgemeine Verschlüsselung der Sprachen; (Charakter pro notitia linguarum universali); deutsch – lateinisch. Mit einer interpretierenden Einl. von W. G. Waffenschmidt. Stuttgart: Kohlhammer, 1962; Vademecum zu einem universellen merkantilistischen Klassiker. Faks.-Ausg. Düsseldorf: Verl. Wirtschaft und Finanzen, 1990; Chymischer Glückshafen oder grosse chymische Concordanz und Collection von fünffzehenhundert chymischen Processen. Nachdr. d. Ausg. Frankfurt 1682. Hildesheim: Olms, 1974; Experimentum Chymicum Novum: Oder Neue Chymische Prob, Worinnen die künstliche gleich-darstellige Transmutation, oder Verwandelung derer Metallen augenscheinlich dargethan: An statt einer Zugabe in die Physicam subterraneam. Nochmaliger Zusatz über die Unter-erdische Naturkündigung; Chymisches Laboratorium, oder Unter-erdische Naturkündigung. Nachdr. d. Ausg. Frankfurt (Main), 1680. Hildesheim [u. a.]: Olms-Weidmann, 2002.

Becherweissagung (engl. cylicomancy, von griech. kylis, Trinkschale), Orakel, bei dem man Öl, geschmolzenes Wachs oder Metall in das Wasser in einem Becher gießt und die sich bildenden Formen zu deuten versucht. Ein früher Beleg dieser Form der Weissagung findet sich in der Bibel: „Sie hatten sich noch nicht weit von der Stadt entfernt, da sagte Josef zu seinem Hausverwalter: Auf, jag hinter den Männern her! Wenn du sie eingeholt hast, sag ihnen: Warum habt ihr Gutes mit Bösem vergolten und mir den Silberbecher gestohlen? Das ist doch der, aus dem mein Herr trinkt und aus dem er wahrsagt. Da habt ihr etwas Schlimmes getan (Gen 44, 4-5).

Die B. kann auch durch den direkten Blick in das Wasser des Bechers erfolgen. > Kylikomantie, > Lekanomantie, > Hydromantie.

Lit.: Mantik: Profile prognostischen Wissens in Wissenschaft und Kultur / hrsg. von Wolfram Hogrebe. Würzburg: Königshausen und Neumann, 2005.

Becherzählung. Nach römischem Brauch trank man am Fest der Göttin > Anna Perenna ungemischten Wein nach der Zahl der Becher und glaubte, dass die Göttin dem Trinker noch so viele Jahre schenken würde, als er Becher auf ihr Wohl leerte. Auch Liebende tranken auf das Wohl ihrer Geliebten so viele Becher, als ihr Name Buchstaben hatte.

Lit.: Ovidius Naso, Publius: In Quo Fast, Tristia, Ponticae Epistolae, Et Ibis. Trajecti Batavorum: vande Water, 1713; Vergil: Werke in einem Band. Berlin [u. a.]: Aufbau-Verl, 1984, Aeneas V; Macrobe, Ambrosius Theodosius: Les saturnales. Paris: Garnier, 1937, I, 12.

Bechterew, Wladimir Michailowitsch

(* 1.02.1857 Sorali bei Kirow; † 24.12.1927 Moskau), russischer Neurologe, Neurophysiologe, Psychiater und Schüler Wilhelm Wundts. Von 1893 bis 1907 war B. Prof. für Psychiatrie und Neurologie in Petersburg; Mitbegründer der Reflexologie. Mit I. P. > Pawlow entwickelte er die Lehre vom bedingten Reflex, nach der möglichst alle seelischen Inhalte aus physiologischen Reflexvorgängen abgeleitet werden. Er ging dabei von der Annahme aus, dass alles Existierende, gleichgültig ob tote Materie, Pflanze, Tier oder Mensch, aus einem Urstoff besteht. Geist und Materie, das Sichtbare und Unsichtbare stellen für ihn keine Gegensätze dar, sondern sind lediglich verschiedene Formen der Existenz. Das Bewusstsein ist eine Begleiterscheinung der Gehirnfunktionen. Der lebende Organismus vermag nämlich andere Energieformen in neuropsychische Energie umzuwandeln. So befasste er sich schließlich auch mit der Untersuchung der telepathischen Kommunikation mit Tieren, und zwar mit dem Ziel, deren Verhalten suggestiv zu beeinflussen. Dabei hatte er das Glück, in dem Dompteur V. L. Durow und dessen dressierten Tieren ideale „Mitarbeiter“ zu finden. Fast sechs Jahre lang wurde experimentiert. So erfolgreich einzelne Gedankenübertragungen zwischen Mensch und Tier auch funktionierten und man im Menschen die Radiostation sah, die Gedankenbilder formt und aussendet, während die Versuchstiere als Radioempfänger bezeichnet wurden, blieb völlig offen, wie man sich die Strahlen vorstellen müsse, um eine wortlose Kommunikation zu erklären. B. hatte auch Versuche von Gedankenübertragung bei räumlicher Entfernung beim Menschen vorgenommen. Durch dieses Interesse an > Telepathie animierte er die Arbeiten seines Schülers L. L. > Wassiliew.

W.: Bewusstsein und Hirnlokalisation. Rede, gehalten auf der allgemeinen Versammlung des VI. Kongresses russischer Ärzte zur Erinnerung an N. J. Pirogoff. Deutsch von R. Weinberg. Leipzig: Georgi, 1898; Die Energie des lebenden Organismus und ihre psycho-biologische Bedeutung. Wiesbaden: Bergmann, 1902; Die Bedeutung der Suggestion im sozialen Leben. Wiesbaden: Bergmann, 1906; Psyche und Leben. Wiesbaden: Bergmann, 21908; Kleinhirn, Mittelhirn, Zwischenhirn und subkortikale Ganglien. Jena: Fischer, 1909; Objektive Psychologie oder Psychoreflexologie, die Lehre von den Assoziationsreflexen. Autoris. Übers. aus d. Russ. Leipzig [u. a.]: Teubner, 1913; Allgemeine Grundlagen der Reflexologie des Menschen: Leitfaden für das objektive Studium der Persönlichkeit. Mit einem Vorwort von Ad. Czerny. Nach der 3. [russ.] Aufl. hrsg. von Martin Pappenheim. Leipzig [u. a.]: Deuticke, 1926; Die kollektive Reflexologie. Mit einem Vorwort von Paul Plaut. Halle / Saale: Marhold, 1928; Versuche über die „unmittelbare Einwirkung“ auf das Verhalten von Tieren. In: Hans Bender (Hg.): Parapsychologie: Entwicklung, Ergebnisse, Probleme. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1966.

Bechulle, nach der irischen Mythologie eine der zwei keltischen Zauberinnen der Tuatha De Danaan (Das Volk der > Danu), welche die Macht hatte, Felsen, Berge und Bäume in ein bewaffnetes Heer zu verwandeln.

Lit.: Gods and Fighting Men: the Story of the Tuatha de Danaan and of the Fianna of Ireland / arranged and put into English [from the Gaelic] by Lady Gregory; with a preface by W. B. Yeats. Gerrards Cross: Smythe, 1976.

Beckenzauber > Hydromantie.

Béco, Mariette > Banneux.

Beda venerabilis (* um 673 Monkton bei Wearmouth in der Grafschaft Northumberland, England; † 26.05.735 Kloster Jarrow, Grafschaft Durham), Benediktiner, hl. (seit dem 9. Jh., Fest: 25. Mai), Kirchenlehrer (13.11.1899). Mit sieben Jahren wurde B. dem Gründer und Abt des Klosters St. Peter in Wearmouth zur Erziehung anvertraut. Als dieser 682 das Kloster St. Paul in Jarrow gründete, folgte B. mit dem Abt Ceolfrid dorthin und blieb hier bis zu seinem Tod. Im 19. Lebensjahr empfing er die Diakonats- und im 30. die Priesterweihe. Als Lehrer und Schriftsteller entfaltete B. eine einflussreiche Tätigkeit. Zu seinem Freundeskreis zählten bedeutende Männer seiner Zeit. Das von ihm aufgestellte Verzeichnis seiner Werke enthält Kommentare zu vielen biblischen Büchern, chronologische, historische und hagiografische Schriften, Gedichtsammlungen, Homilien und Briefe, Lehrbücher der Orthografie und Metrik, ein Kompendium der Erd- und Himmelskunde, Schriften aus dem Gebiet der Mathematik, Physik und Musik. Sein Hauptwerk, das ihm den Ehrennamen „Vater der englischen Geschichtsschreibung“ einbrachte, ist die Historia ecclesiastica gentis Anglorum, die Kirchen- und zugleich politische Geschichte Englands von Cäsar bis zum Jahr 731, die auch für die Geschichte und Religion der Germanen bedeutsam war. Von seinen chronologischen und historischen Werken seien genannt: De ratione temporum, ein Lehrbuch der Zeit- und Festrechnung, in dem zum ersten Mal die Berechnung der Jahre nach der Geburt Christi auftritt, und als Anhang dieser Schrift das bis zum Jahr 727 reichende Chronicon de sex aetatibus mundi, die erste Universalgeschichte in England.

In seinem Kommentar zu den Cantica Canticorum, zum Hohelied, äußert B. seine Gedanken über Kontemplation und Mystik. In der Kontemplation vernimmt er die Stimme des Bräutigams. Wenngleich er diesen nicht von Angesicht sehen kann, so vernimmt er doch in der heiligen Schrift seine wohltuende Stimme. Ein noch größeres Geschenk erfährt er in der mystischen Begegnung, wenn sein Geist sich zu den Himmlischen erhebt und dabei einen ersten Vorgeschmack des kommenden Lebens empfängt.

W.: Chronica maiora (Anh. z. De ratione temporum) u. Chronica minora (Anh. z. De temporibus), hrsg. v. Theodor Mommsen, in: MG SS XIII, 247ff. – GA v. J. A. Giles, 6 Bde., London 1843 / 44; Historia ecclesiastica gentis Anglorum, hrsg. v. C. Plummer. 2 Bde. Oxford, 1896 – dt. v. M. M. Wilden, Schaffhausen, 1866; Vita 5 abbatum Wiremuthensium, hrsg. v. P. Wilcock, Sunderland, 21910 – dt. v. Stephanus Hilpisch, Leben der Äbte des Klosters Wearmouth-Jarrow, 1930; In Tobiam; In Proverbia; In Cantica Canticorum; In Habacuc curante CETEDOC. Universitas catholica Lovaniensis, Lovanii Novi. Turnhout: Brepols, 1983.

Bedawang Nala (bedawang, „kochendes Wasser“; nala, Feuer), nach der Mythologie von Bali eine riesige Schildkröte, die auf ihrem Rücken (ähnlich wie > Atlas in der griechischen Mythologie) die Welt trägt. Ihre unermüdlichen und rastlosen Bewegungen verursachen Erdbeben und Vulkanausbrüche, wobei sie glühendes Magma erzeugt, das durch vulkanische Spalten und Öffnungen an die Oberfläche der Erde dringt. B. befindet sich in Gesellschaft zweier riesiger Schlangen, den > Nagas.

Lit.: Storm, Rachel: Mythology of Asia and the Far East: Myths and Legends of China, Japan, Thailand, Malaysia and Indonesia. London: Southwater, 2003.

Bedeutungsbewusstsein. 1. Die Überzeugung des Individuums von seiner eigenen Wichtigkeit.

2. Das Wissen um den Wert eines Sachverhalts oder Gegenstandes und den Beziehungswert derselben.

3. In der > Parapsychologie ist B. die Grundlage für das Erkennen des Paranormalen der Erfahrung durch den Erlebenden. Dabei kann das B. mit dem Erlebnis selbst gegeben sein: als sichere Ahnung, als spontane Gewissheit, als Evidenzerlebnis, als überzeugende Eingebung, Vision, Traumerfahrung oder durch nachträgliche Informationsbestätigung. In manchen Fällen, wie etwa bei Ekstasen, Absencen oder somnambulen Verhaltensformen kann nur der Beobachter und nicht der Erfahrende selbst das Paranormale des Geschehens wahrnehmen.

Lit.: Bonin, Werner: Lexikon der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete: mit 3000 Stichwort-Artikeln und zahlreichen Fallbeispielen. Sonderausgabe. Bern; München: Scherz, 1988.

Bedford, Herzogin von > Woodville, Elizabeth.

Bedingter Reflex, bedingte Reaktion (engl. conditioned reflex, conditioned reaction), durch bestimmte spezielle Erfahrungen erlernte Verhaltensform im Gegensatz zu den „unbedingten“, d. h. angeborenen Reflexen, wie z. B. Sehnenreflex, Niesreflex, Hustenreflex usw. Dagegen sei das Ertönen eines Glockensignals kein Reiz, den der Hund von vornherein durch Speichelabsonderung beantworten würde. Bekanntlich entdeckte Ivan Petrowitsch > Pawlow (1849 – 1936) den bedingten Reflex bei der Scheinfütterung von Hunden. Er ließ dazu wiederholt kurz vor dem Futterreiz ein Glockensignal auf den Hund wirken. Schließlich genügte das Glockenzeichen allein schon zur Reflexauslösung. Der Hund hatte die Reaktion mit dem Glockenklang verbunden, also gelernt. Für diese Lehre vom bedingten Reflex erhielt Pawlow 1904 den Nobelpreis. Es steht außer Zweifel, dass negative „bedingte Reflexe“ auch bei der Entstehung von psychosomatischen Krankheiten eine Rolle spielen.

Positive und negative bedingte Reflexe sind insbesondere auch bei der paranormologischen Klärung außergewöhnlicher Verhaltens- und Reaktionsformen bis hin zu angeblicher Besessenheit, Stigmatisation und Wunderheilung zu beachten.

Lit.: Fuchs, Rainer: Gewissheit, Motivation und bedingter Reflex. Über ihre Funktion in Hypnose u. im Normalzustand. Meisenheim a. Glan: Westkulturverl., 1954; Astrup, Christian: Die Schizophrenien: Untersuchungen unter Anwendung bedingter Reflexe. Übers. aus d. Amerikan. von Hans-Gert Kupferschmidt. Leipzig: Hirzel, 1967.

Bedürfnisträume. Träume, die ein persönliches Bedürfnis befriedigen, das grundsätzlich vom Wachbewusstsein anerkannt werden muss. Es geht dabei also um die Erfüllung von Wünschen, die dem wachen Bewusstsein des Träumers durchaus verständlich sind, d. h. um die Erfüllung von bewusstseinsfähigen Wünschen.

Lit.: Zenker, G.: Traumdeutung und Traumforschung. Leipzig; Dresden: Astra, 1928.

Beelzebub (griech. beezebub oder beelzebul; hebr. baal zebub), im NT erwähnter Name für den obersten Dämon. Die Schriftgelehrten sagten: „Er ist von Beelzebub besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus“ (Mk 3, 22; Mt 12, 24). Der Name ist von dem westsemitischen Gott > Baal abgeleitet, den die Philister unter dem Namen Bal Zebub, „Herr der Fliegen“, bzw. Baal Zebul, „Baal, der Fürst“, als Stadtgott von Ekron verehrten (2 Kön 1, 1-7), der in der ganzen Umgebung auch als Erteiler von Orakelsprüchen in hohem Ansehen stand. Die rabbinischen Texte erklären den Namen mit „Herr des Misthaufens“, wobei das Wort „zabal“ (düngen) auch den Götzendienst bezeichnet. Als Fliegendämon besitzt B. eine ältere Vorlage im weiblichen Dämon > Nasu in der zoroastrischen Dämonologie. Sie verkörperte die Unreinheit, die Verwesung, und nährte sich von Leichen. 

In späterer Zeit kann B. als Dämon des Saturn erscheinen (jüdische Planetengebete). Im Mittelalter wird B. mitunter über Satan gesetzt und als riesige Gestalt mit großen Hörnern und breiten fledermausartigen Schwingen, mit Entenfüßen, einem Löwenschwanz und dichtem schwarzem Haar beschrieben. In der Zauberliteratur wird er zum Patron der > Magie.

In späteren Jahrhunderten wurden Dämonen, die an Hexensabbaten auftreten, als B. bezeichnet, besonders dann, wenn sie die Gestalt einer riesigen Fliege annahmen. In mittelalterlichen arabischen Berichten ist B. der König der > Dschinnen, der stirbt und beklagt wird.

Als Peter Binsfeld 1589 eine Hierarchie der Hölle aufstellte, bezeichnete er B. als Dämon der Unmäßigkeit. Hexen gestanden, dass sie bei ihrem Festessen im Namen B.s, des Schöpfers und Erhalters aller Dinge, die Speisen gesegnet hätten. B. wurde auch zu Hilfe gerufen, doch konnte dies „ohne magischen Kreis“ den Tod bedeuten. Aleister > Crowley behauptet allerdings, dass er B. erfolgreich beschworen und zusammen mit neunundvierzig Teufeln ausgeschickt habe, um seinem Rivalen Samuel > Mathers zu schaden.

Im Okkultismus und Satanismus wird B. meist als Name für den > Teufel verwendet.

Lit.: Dictionnaire infernal / Collin de Plancy, Jacques Auguste Simon (1794 – 1881). Slatkine: [diffusion Champion], 1980; Frick, Karl R. H.: Das Reich Satans: Luzifer / Satan / Teufel und die Mond- und Liebesgöttinnen in ihren lichten und dunklen Aspekten – eine Darstellung ihrer ursprünglichen Wesenheiten in Mythos und Religion. Graz: ADEVA, 1982; Seligmann, Kurt: Das Weltreich der Magie: 5000 Jahre geheime Kunst. Eltville a. Rhein: Bechtermünz, 1988; Binsfeld, Peter: Tractat von Bekanntnuß der Zauberer unnd Hexen: [ob und wie viel denselben zu glauben] / Hrsg. und eingeleitet von Hiram Kümper. Wien: Mille-Tre-Verl. Schächter, 2004.

Beer, Johannes († 1600), Sohn eines Schweidnitzer Bäckers, Pansoph des 16. Jhs. B. studierte in Krakau zunächst die Schwarze Kunst, dann aber die Heilige Schrift und > Thauler. Um 1570 lebte er nicht weit von Bolkenhain, war schließlich Schulmeister in Reichenau und hauste in Schönberg. Er starb 1600 und hinterließ eine Tochter. B. gehörte zu den > Pansophen, welche die Mysterien der Bibel und die Philosophie kannten, Gottes Wunder in der Natur philosophisch erklärten und dann durch Gebet, nebst göttlicher und natürlicher Erkenntnis der Arznei, die Gabe verliehen bekamen, in die untersten Bereiche der Erde einzugehen und den Geistern im Gefängnis zu predigen.

Lit.: Peuckert, Will-Erich: Das Leben Jakob Böhmes. Jena: E. Diederichs, 1924; Sagen aus Schlesien / ges. und hrsg. von Will-Erich Peuckert. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1995.

Befana, Befania, bezeichnet als Verballhornung von Epiphania (Dreikönig, 6. Januar) eine italienische > Fee und Dämonin, die der > Holda bzw. > Perchta verwandt ist. Zu Dreikönig streift sie angeblich als Hexe umher und erschreckt die Kinder. Der Legende nach ist sie eine unglückliche Person, die zwar von der Geburt Jesu gehört hat, aber zu spät aufgebrochen ist. Sie kommt durch den Kamin, ist daher rußschwarz, und bringt jedem Haus Geschenke, denn jedes könnte das Haus sein, das Jesus beherbergt. Während sie die von braven Kindern aufgestellten Schuhe mit Süßigkeiten und kleinen Gaben füllt, steckt sie in die Schuhe der schlimmen Kinder nur ein Kohlenstück.

Lit.: Grimm, Jakob: Deutsche Mythologie. Überarb. Reprint d. Orig.ausg. v. 1943 nach d. Exemplar d. Verlagsarchives. Coburg: K. W. Schütz-Verlag, o. J.; Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste: 3000 Stichwörter mit Infos, Tipps und Hintergründen. Freiburg: Herder, 2000.

Beflügelung. In der griechischen und römischen Mythologie wurden die > Genien, > Seelen, > Liebesgötter (Eroten, Amoretten), bacchischen Dämonen, Winde und Einzelgötter wie > Merkur, > Amor, > Iris und > Nice (Victoria) zur Versinnbildlichung ihrer Schnelligkeit und zur Andeutung einer höheren Welt mit Flügeln versehen – daher die Beinamen Aliger, Ales, Alipes usw. Eine ansonsten geflügelte Gottheit ohne Flügel dargestellt sollte andeuten, dass sie den Ort nicht verlassen dürfe, z. B. Nice apteros in Athen. Diese Vorstellungen wurden dann auch von der christlichen Kunst aufgegriffen, vor allem bei der Darstellung der > Engel.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag, 2004.

Befragung Gottes, Anfragen der Israeliten an Gott zur Klärung religiöser, politischer, rechtlicher und kriegerischer Probleme. Diese Anfragen wurden im Allgemeinen im sogenannten Offenbarungszelt (Ex 33, 7) oder in der Stiftshütte (Ex 25, 8 und 26, 1) und später im Tempel vorgenommen. Rund 750 Jahre wurden solche Befragungen durchgeführt, bis die Israeliten in den Jahren 597, 587 und 582 v. Chr. durch König Nebukadnezar II. (605 – 562) von Neubabylonien in drei Schüben in die babylonische Gefangenschaft geführt wurden. Damals wurde der Tempel in Jerusalem geplündert und die Gerätschaften zur Befragung Gottes gingen verloren. Es wird nirgendwo berichtet, dass sie später aufs Neue angefertigt wurden.

Lit.: Marti, Kurt: Gottes-Befragung: d. 1. Johannesbrief heute. Stuttgart: Radius, 31986; Van Dam, Cornelis: The Urim and Thummim: A Means of Revelation in Ancient Israel. Winona Lake, Ind.: Eisenbrauns, 1997.

Befreiungsgebet. Während man sich beim > Exorzismus direkt an den Teufel wendet, wenn auch im Namen Gottes, wendet man sich beim B. an Gott, Maria, den hl. Erzengel Michael, Engel oder Heilige mit der Bitte um Befreiung von Einflüssen des Teufels auf eine bestimmte Person oder Personen. Das B. kann daher jeder Gläubige anwenden, sofern er dabei nicht direkt an den Teufel herantritt. In solchen Fällen ist nach einem Schreiben der Glaubenskongregation vom 29. September 1985 (La preghiera di liberazione, 16) auch beim Befreiungsgebet eine entsprechende Erlaubnis einzuholen.

Lit.: Balducci, Corrado: Il diavolo: “…esiste e lo si può riconoscere”. Casala Monferrato: Piemme, 51989; Leonardi, Giovanni Maria: La preghiera di liberazione. San Severino Marche: Edizioni Croce Bianca, 1996; Amorth, Gabriele: Neue Berichte eines Exorzisten. Stein a. Rhein: Christiana-Verl., 2000; ders.: Dämonische Mächte unserer Zeit: Exorzisten im Gespräch mit Psychiatern. Fremdingen: Unio-Verl., 2003; Exorzismus oder Therapie? Ansätze zur Befreiung vom Bösen  / Ulrich Niemann; Wagner, Marion [Hrsg.]. Regensburg: Friedrich Pustet, 2005.

Begabung, angeborene Befähigung oder Veranlagung eines Individuums für bestimmte Empfindungen, Denkprozesse, Leistungen oder Gestaltungen, die zwar durch Erfahrungs-, Übungs- und Lernprozesse entfaltet, nicht aber erworben werden kann.

Die Begabungsforschung kann durch die Testpsychologie wohl eine Differenzierung verschiedener Begabungsformen und deren Entfaltungsmöglichkeiten aufzeigen, die Begabung selbst bleibt davon jedoch unberührt. So kann sich jemand ohne musikalisches Talent vielleicht zum Musiker als Techniker, nicht aber zum Musiker als Künstler heranbilden. Hier stoßen Machen und Sein aufeinander.

In diesem Zusammenhang sind auch mediale und paranormale Begabungen zu nennen, wie erhöhte Sensitivität in Form von > Telepathie, > Teleästhese und > Medialität, und paranormale Leistungen, wie > Telekinese, > Heilen, bis hin zu außergewöhnlichen literarischen und künstlerischen Leistungen in veränderten Bewusstseinszuständen.

Lit.: Resch, Andreas: Aspekte der Paranormologie. Die Welt des Außergewöhnlichen (Imago Mundi; 13). Innsbruck: Resch, 1992; Waszkewitz, Bernhard: Begabung und Bildung oder Begabung und Begabungsentwicklung und eine humangerechte Bildungsorganisation. Stuttgart: Ibidem-Verl., 2003; Simchen, Helga: Kinder und Jugendliche mit Hochbegabung: erkennen, stärken, fördern – damit Begabung zum Erfolg führt. Stuttgart: Kohlhammer, 2005; Broeg, Ingo: Die Zaubernüsse: Die Wiederentdeckung unserer Begabung – Lernen … Einmal anders. Mammendorf, Oberbay.: Mayer-Scholz, 2006.

Begarden (der urspr. Name beguini wurde nach der Mitte des 13. Jhs. durch beggardi, bogardi u. Ä. ersetzt), in den ersten Jahrzehnten des 13. Jhs. im belgisch-flandrischen Raum entstandene Bewegung, deren Mitgliederzahl jedoch wesentlich geringer blieb als bei den > Beginen. Anders als diese rekrutierten sich die B. aus ärmeren Schichten, denen sich neben den Rechtgläubigen auch herumschweifende Bettelbrüder anschlossen, weshalb sie noch stärker unter Häresieverdacht gerieten als die Beginen. Einzelne Gruppen, die sich der Krankenbetreuung widmeten, schlossen sich im 14.  /15. Jh. unter der Bezeichnung Celliten oder Alexianer zu klösterlichen Gemeinschaften zusammen und erhielten 1472 die Augustinerregel. Von den verschiedenen Gruppierungen bestehen heute nur noch die Alexianer.

Lit.: MacDonnell, Ernest William: The Beguines and Beghards in Medieval Culture. With special emphasis on the Belgian scene. 1954; Descoeudres, Georges: Klöster, Stifte, Bettelordenshäuser, Beginen und Begarden. Stuttgart: K. Theiss, 1992; Die Beginen und Begarden in der Schweiz / bearb. von Hansjakob Achermann. Basel; Frankfurt / M.: Helbing und Lichtenhahn, 1995.

Begehungstechnik, Vorgangsweise mittels > Rute oder > Pendel beim Aufsuchen von Reaktionsstreifen in bestimmten Gebieten, die auf Lage und Verlauf von Erzadern sowie anderen Bodenschätzen und Strukturen hinweisen. Die jeweils eingesetzten Methoden richten sich nicht nur nach den zu untersuchenden Problemen, sondern auch nach den Empfindungs- und Reaktionsformen sowie dem Fühlungs- und Denkpotential des Radiästheten. Solche Regeln für die B. gibt es schon seit Beginn des 16. Jhs.

Lit.: Schneider, Reinhard: Leitfaden und Lehrkurs der Ruten- und Pendelkunst: Einführung in die Radiästhesie. Wertheim: Oktogon, 1984.

Begeisterung, erhöhtes Antriebsgefühl und Glücksempfinden bei bestimmten Zielvorstellungen und Inhalten, was zu > Trance, > Verzückung und unkontrollierten Handlungen führen kann. Die B. ist immer ein Über-Sich-Hinausgehen. Dies kann zur Steigerung des eigenen Erlebens und Handelns führen, aber auch eine Flucht vor dem eigenen Selbst darstellen. Durch die Identifikation mit dem Anderen als dem vermeintlichen Glücksbringer verliert das Selbst an Bedeutung und kann im Extremfall gänzlich durch den Anderen ersetzt werden, was zum Verlust, ja sogar zur Verneinung der persönlichen Identifikation führen kann.

Lit.: Bolterauer, Lambert: Die Macht der Begeisterung: Fanatismus und Enthusiasmus in tiefenpsychologischer Sicht. Tübingen: Ed. diskord, 1989.

Beginen (Name ungeklärt, wahrscheinlich Benennung nach dem Priester Lambert de Beghe, der 1180 in seinem Garten in Lüttich eine Anzahl einzelner Häuschen als Wohnungen für Jungfrauen und Witwen ohne Unterschied von Stand oder Vermögen stiftete, damit sie dort züchtig, arbeitsam und verträglich zusammenlebten), spontan entstandene Bewegung von Frauen, die sich weder einem bestimmten Orden angliederten noch die üblichen Frauenrollen (Gattin, Mutter) übernahmen, sondern allein oder in Gemeinschaften ein religiöses Leben führten. 1216 erreichte Jakob von Vitry bei Honorius III. eine ausdrückliche Anerkennung dieser Lebensform. Den Lebensunterhalt erwarben die B. durch Handarbeit, teilweise auch durch Betteln. Die Bewegung geriet unter konstanten Häresieverdacht, der im B.-Verbot des Konzils von Vienne 1311 / 12 gipfelte. Dennoch blieb das B.-Wesen, das vielen bürgerlichen Frauen geistliche und materielle Unterstützung sicherte, bis Ende des MA die verbreitetste Form fraulicher Laienfrömmigkeit. In der Reformbewegung des 15. Jhs. schlossen sich viele B-Gemeinschaften den Dritten Orden (Terziaren) der Bettelorden an. Überdauern konnte das B.-Wesen allein in Belgien und in den Niederlanden bis in die Gegenwart, wo es – oft auch ohne religiösen Bezug – neu belebt wird.

Die bekanntesten Vertreterinnen der B. sind: > Mechthild von Magdeburg, die die meiste Zeit als B. lebte; > Gertrud von Delft, häufig die „Große“ genannt, die mit 25 Jahren eine Liebesbindung an Jesus erfuhr; > Hadewijch von Antwerpen, deren Visionen ebenfalls das Thema der Vereinigung mit Gott durch ekstatische Liebe behandeln; > Marguerite Porète, die von der Vollkommenheit als Freiheit spricht, welche den Tugenden enthoben ist.

Dieser Einheitsgedanke der B. als Ausdruck von Liebe und persönlicher religiöser Erfahrung führte mangels theologischer Bildung zuweilen zu biblischen und theologischen Formulierungen, die von der Lehre der Kirche abwichen, oft aber auch missverstanden wurden und – wie im Fall von Porète – auf den Scheiterhaufen führten.

Die männliche Entsprechung der B. sind die > Begarden.

Lit.: Descoeudres, Georges: Klöster, Stifte, Bettelordenshäuser, Beginen und Begarden. Stuttgart: K. Theiss, 1992; Greven, Joseph: Die Anfänge der Beginen: ein Beitrag zur Geschichte der Volksfrömmigkeit und des Ordenswesens im Hochmittelalter. Brüssel: Algemeen Rijksarchief, 2002; Hofmann, Gertrud: Die Beginen: Geschichte und Gegenwart. Kevelaer: Butzon & Bercker, 2008.

Begleiterscheinungen der Mystik (engl. phenomena of mysticism), die im Kontext der mystischen Erfahrung auftretenden außergewöhnlichen Phänomene an Körper, Seele und Geist wie > Levitation, > Gestaltverwandlung, > Bilokation, > Stigmen, > Audition, > Vision, > Ekstase, > Herzensschau, > Prophetie usw. Diese Erscheinungen machen zwar nicht das Wesen der Mystik aus und werden von Mystikern oft sogar als störend empfunden, treten aber bei den durch die mystischen Erlebnisse modifizierten Körperfunktionen, verbunden mit psychischer und geistiger Versenkung, vermehrt auf, sodass sie indirekt zur Mystik gehören.

Lit.: Thursten, Herbert: Die körperlichen Begleiterscheinungen der Mystik. Luzern: Räber & Cie., 1956; Resch, Andreas: Mystik. Innsbruck: Resch, 21984.

Begnadung, Ausstattung mit göttlichen Gaben, die dem Begnadeten das Empfinden der Verbundenheit mit dem Ewigen als Auftrag vermittelt. Dies schlägt sich in einer Weitung des Erkennens, Fühlens und Liebens nieder, wo Gott zum Inhalt wird und der Nächste zum Auftrag. Dabei kann es sein, dass das eigene Selbst sich auflösen möchte, um ganz bei Gott zu sein, die Begnadung jedoch einen Auftrag für das Diesseits enthält, der den vollen Selbsteinsatz in der Welt in einer Form verlangt, in dem die B. durch den uneingeschränkten Einsatz zur Vollentfaltung kommt.

Dabei ist die B. stets zu hinterfragen, ob nicht alles nur Einbildung ist. Die Antwort ist auch hier „an den Früchten“ zu erkennen, wobei die Früchte nicht im unmittelbaren Erfolg, sondern oft lange in der Echtheit der eigenen Hingabe liegen und unter Umständen sogar erst nach dem Tod des Begnadeten aufgehen bzw. wahrgenommen werden. Im Rahmen einer B. kann es oft zu paranormalen Erfahrungen und Sinnzusammenhängen kommen, die vom Begnadeten erkannt werden und ihm über Durststrecken hinweghelfen. So sagte Jesus zu Paulus: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit“ (2 Kor 19, 9). > Charismen, > Gnade.

Lit.: Horváth, Tibor: Caritas est in ratione: Die Lehre d. hl. Thomas über d. Einheit d. intellektiven u. affektiven Begnadung d. Menschen. Münster / Westf.: Aschendorff, 1966.

Begocidi (Busengrapscher), eine > Trickster-Figur der Navajos, die für die dunkle Seite der Seele steht. B. verfügt über einen übermäßigen Sexualtrieb, begrapscht Frauen, und falls diese sich auf ihn einlassen, bringen sie Ungeheuer zur Welt. Mitunter wird B. auch als > Transvestit dargestellt.

In einigen Mythen bringt B. den Menschen die Kunst des Töpferns bei, in anderen ist er als Kind der Sonne Schöpfergott.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika. Molyneaux, Brian L.; Elisabeth Liebl [Übers.]. Reichelsheim: Edition XXV, 2001.

Begraben lassen, lebendig, besonders von Yogis praktiziertes Schauspiel, wobei das Wiedererwachen vorher bestimmt wurde. So sind auch die vielen Berichte über das glückliche Überstehen einer Beerdigung bei lebendigem Leib mit Vorsicht zu genießen. Hier paart sich oft Geltungsdrang mit Nervenkitzel. So wird neuerdings Lebendbegraben als sportliche Extremerfahrung angeboten. Diesen Berichten schließen sich die mythischen Belege nahtlos an, bei denen weniger an eine Erinnerung echter Ereignisse zu denken ist als vielmehr an symbolische Aussagen und literarische Dramaturgie.

Ganz anders steht es mit der Angst, lebendig begraben zu werden. Sie ist eine der ältesten und tiefsten Ängste des Menschen, und zwar bis auf den heutigen Tag nicht völlig unbegründet. Bereits seit dem 16. Jh. ist man sich des Phänomens des > Scheintodes bewusst, den man im 18. Jh. als faszinierendes Erlebnis in die Literatur aufnahm. Zur Zeit der > Aufklärung kam es zur Errichtung des ersten Leichenschauhauses durch Christoph Wilhelm > Hufeland in Weimar, und heute darf der Arzt erst bei absolut sicheren Todeszeichen den Totenschein ausstellen.

Da die Angst, lebendig begraben zu werden, sehr groß war, fand dieses auch schon früh Eingang in das Strafverfahren. So bestand die volkstümliche alte Anordnung der Bestrafung des überführten Grenzsteinverrückens fast immer im Lebendigeingraben an der Stelle, wo der Markstein stand (Ilg, 221).

Bei solchen Angstzuständen kann es auch zu Verfolgungsvisionen und Angsträumen bis hin zu Totstellreflexen kommen.

Lit.: Hufeland, Christoph Wilhelm von: Ueber die Ungewißheit des Todes und das einzige untrügliche Mittel, sich von seiner Wirklichkeit zu überzeugen und das Lebendigbegraben unmöglich zu machen: nebst der Nachricht von der Errichtung eines Leichenhauses in Weimar. Weimar: Glüsing, 1791; Lothmer, C. J.: Ueber das Lebendigbegraben. Erzählung für das deutsche Volk. Leipzig: Wigand, 1847; Ilg, Karl: Volk und Wissenschaft. Beitrag zur Volkskunde Westösterreichs. Hrsg. von Peter Stürz; Paul Rachbauer; Michael Becker. Innsbruck: Inst. für Volkskunde der Univ. Innsbruck, 1979.

Begräbnis > Bestattung.

Begräbnisläuten, Läuten der Glocken zur Beerdigung. Das Läuten erfolgt einige Zeit vor dem Leichenzug, vor allem wenn derselbe mit Musik oder Gebeten gestaltet wird. Es ist neben der Betonung der Bedeutung der Feier für die Gemeinde und darüber hinaus auch ein Zeichen der Wertschätzung und der sicheren Begleitung des Verstorbenen auf seinem Weg in die endgültige Heimat. Die Glocken sind geweiht, sollen daher die Dämonen abwehren und den Weg zur letzten Ruhestätte sichern. Die Verweigerung des Geläutes wird als Strafe empfunden. Daher will man auch an den Kartagen, wo keine Glocken läuten, nicht beerdigt werden.

Die > Seele – so die Vorstellung – verlässt die Erde in dem Augenblick, in dem der Sarg unter Glockengeläute aus dem Haus oder der Leichenhalle getragen wird. Dabei soll das Läuten der Seele auch helfen, leichter aus dem Fegfeuer zu steigen.

Nicht zuletzt soll das Geläute die Lebenden vor dem Toten oder den Totengeistern schützen.

Lit.: Otte, Heinrich: Glockenkunde. Leipzig: Weigel, 1858; Hoermann, Ludwig von: Die Jahreszeiten in den Alpen: Bilder aus dem Natur- und Volksleben mit besonderer Berücksichtigung Tirols. Innsbruck: Verlag der Wagner‘schen Universitäts-Buchhandlung, 1889. Welt ohne Tod – Hoffnung oder Schreckensvision? / Hrsg. und eingel. von Hans-Joachim Höhn. Göttingen: Wallstein, 2004; Babendererde, Cornell: Sterben, Tod, Begräbnis und liturgisches Gedächtnis bei weltlichen Reichsfürsten des Spätmittelalters. Ostfildern: Thorbecke, 2006.

Begtse (tibet. Beg-ce, „verborgenes Panzerhemd“), gepanzerter Kriegsgott im > Lamaismus, der eine Girlande mit Menschenköpfen und eine Schädelkrone trägt. Auf der Stirn hat er ein > drittes Auge. Er ist möglicherweise mongolischer Herkunft und tritt zuweilen unter dem Namen Lčam-srin („Bruder und Schwester“) auf.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Behandlung, magische > Heilmagie > Medizinmann.

Behbet-el-Hagar, nördlich von Sebenytos gelegen, wurde der Ort als Kultstätte der > Isis von den Alten Iseum bzw. Isegpolis oder Isis oppidum, von den Kopten Na-esi genannt. Hier, im 12. unterägyptischen Gau Iseum / Behbet-el-Hagar im Nildelta, liegt vermutlich der Ursprungsort der Isis. Für das Alte Reich (etwa 2670 – 2200 v. Chr.) sind Kultorte der Isis, bis auf Kusae, nicht nachzuweisen. Im Mittleren Reich (etwa 2050 – 1700 v. Chr.) wurde Isis u. a. in Abydos als Mutter- und Totengöttin verehrt. In Behbet-el-Hagar und auf Philae entstanden ihre größten und berühmtesten Tempelanlagen erst in der Spätzeit (700 – 330 v. Chr.) unter Nektanebos II. (380 – 343 v. Chr.) und unter Ptolemäus II. (309 – 246 v. Chr.).

Lit.: Röder Urkunden zur Religion des alten Ägypten / hrsg. von Günther Roeder. Düsseldorf [u. a.]: Diederichs, 1978; Porter, Bertha / Moss, Rosalind L. B.: Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs and Paintings. Oxford: The Griffith Institute, Ashmolean Museum, 1991; Bonnet, Hans: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3. unveränd. Aufl. Berlin: Walter de Gruyter, 2000.

Behedti, Sonnengott der Stadt Behdet (Edfu). Er wurde in der Gestalt eines hockenden Falken verehrt und früh zu einer Lokalform des großen Falkengottes > Horus. Man nannte ihn Horus-Behedti wie auch „Horus von Edfu“.

Sein eigentliches Symbol ist die Sonnenscheibe, an der ein Flügelpaar sitzt, die bereits in der 5. Dynastie nachweisbar ist (Borhardt, Taf. 9). Seit dem Mittleren Reich wurde die Flügelsonne zu einem weitverbreiteten Schutzsymbol. Im Neuen Reich begegnet man auch Darstellungen des B., die sich auf die Sonnenscheibe beschränken. Andererseits deutet das stereotype Beiwort des B. – „der bunt Gefiederte“ – auf das Flügelpaar hin. So fügt man zu den Namen und Titeln des B., die sich regelmäßig unter beiden Flügeln symmetrisch wiederholen, auf der einen Seite „Herr des oberägyptischen Reichheiligtums“, auf der anderen „Herr des unterägyptischen Reichheiligtums“ ein (Roeder, 136). Damit sind die Flügel in Beziehung zu den Landesteilen gesetzt. In dieser Sicht mutet die Flügelsonne wie ein Reichssymbol an (Sethe, § 156 / 9). Als Gestalt des Reichsgottes Horus ist B. selbst König.

Lit.: Borchardt, Ludwig: Die Ausgrabung des Totentempels Königs Sahu-re bei Abusir 1907 / 8: vorläufiger Bericht. Berlin, 1908; Sethe, Kurt: Urgeschichte und älteste Religion der Ägypter. Leipzig: Deutsche morgenländ. Gesellschaft, 1930; Urkunden zur Religion des alten Ägypten / hrsg. von Günther Roeder. Düsseldorf [u. a.]: Diederichs, 1978.

Behemoth (hebr.: Plural von behema, Tier), ein Tierungeheuer, das dem Nilpferd oder Wasserbüffel ähnelt und zum ersten Mal im AT als ein gefräßiges und durstiges Ungetüm beschrieben wird: „Sieh doch das Nilpferd [Behemoth], das ich wie dich erschuf. Gras frisst es wie ein Rind… Seine Knochen sind Röhren von Erz, wie Eisenstangen sein Gebein…“ (Ijob 40, 15-24). Was allerdings die nähere Deutung von B. anbelangt, so gehen die Meinungen auseinander. In der außerbiblischen und christlichen Literatur ist man sich jedoch darin einig, dass es sich um ein mythisches Wesen handelt, ähnlich dem > Leviathan, wie dies in pseudoepigraphischen Texten dargelegt wird. So ist Leviathan nach 1 Henoch 60, 7-9 ein weibliches Monster, das in den Wassertiefen herrscht, während B. ein männliches Monster ist, das in der verborgenen Wüste regiert.

Da der ägyptische Gott > Seth als Symboltier das Nilpferd hatte, wird der Ursprung von B. auch nach Ägypten verlegt. Ferner wird B. mit > Baphometh, dem Schaden bringenden Dämon der Tempelritter, in Verbindung gebracht. In der mittelalterlichen Dämonologie und bei H. P. > Blavatsky ist B. identisch mit Satan. Der britische Okkultist Aleister > Crowley hat sich als einen seiner Titel den Namen B. zugelegt.

Lit.: Kubina, Veronika: Die Gottesreden im Buche Hiob: e. Beitr. zur Diskussion um d. Einheit von Hiob. Freiburg i. Br [u. a.]: Herder, 1979; Wacker, Marie-Theres: Weltordnung und Gericht: Studien zu 1 Henoch 22. Würzburg: Echter, 1985; Dictionary of Deities and Demons in the Bible (DDD) / Karel van der Toorn; Becking, Bob; Horst, Pieter W. van der [Hrsg.]; Second extensively rev. edition. Leiden [u. a.]: Eerdmans; Brill, 1999; Whitney, K. William: Two Strange Beasts: Leviathan and Behemoth in Second Temple and Early Rabbinic Judaism. Winona Lake, Ind.: Eisenbrauns, 2006.

Behexung, > Verzauberung durch Ausübung von > Schadenszauber, meist durch Hexen, mit Hilfe von Bannsprüchen, Zauberformeln, Anrufung von Dämonen, aber auch durch > Bösen Blick, > Fluch, Verwünschung oder magische > Beschwörung. Der Schaden kann Tier wie Mensch, Felder, Behausungen und alles, was dem Menschen dienlich ist, betreffen. Im Übrigen sind die Formen der B. Legion und finden sich in der einen oder anderen Art bei allen Völkern.

Beliebte Verwünschungsmittel sind das Tot-
beten, der Feuerteufel, die Gesundheitsverschwörung und der Antifruchtbarkeitszauber. Letzterer soll Männer impotent und Frauen steril machen, um Nachkommen und Erben zu verhindern. Hexen gönnen einem Mädchen nicht die Schönheit, einem Kinde nicht die Jugend und einem Erwachsenen nicht den Erfolg.

Die Grundmotive der B. sind Neid, Eifersucht und Schadenfreude. Allerdings ist eine B. nur so weit wirksam, als sich jemand beeinflussen lässt.

Inwieweit in diesem Zusammenhang > Telepathie und > Teleästhesie eine Rolle spielen, muss offen bleiben. Tatsache ist, dass sich negative Stimmung überträgt und dass das Ernstnehmen von B. zu Angst und Minderung der Lebensfreude bis hin zu Aggression nach außen und innen führen kann.

Lit.: Arnold, Hans: Magische Kräfte in uns: was starker Wille und zweifellose Überzeugung ist, und welche wunderbaren Wirkungen man durch diese Kräfte erreichen kann. 4., verb. Aufl. von „Die Kraft der Überzeugung“. Leipzig: Verlag „Wahrheit“ Ferdinand Spohr, o. J.; Kruse, Johann: Hexen unter uns? Magie und Zauberglauben in unserer Zeit. Hamburgische Bücherei, 1951; Schrödter, Willy: Magie, Geister, Mystik. Berlin: Schikowski, 1958. Atkinson-Scarter, H.: Sympathie-Magie und Zaubermedizin: ein Handbuch zur magischen Krankheitsbehandlung. Berlin: Richard Schikowski, 1960; Baroja, Julio Caro: Die Hexen und ihre Welt / M. e. Einf. u. e. ergänz. Kap. v. Will-Erich Peuckert. Stuttgart: Ernst Klett, 1967; Frick, Karl R. H.: Das Reich Satans: Luzifer / Satan / Teufel und die Mond- und Liebesgöttinnen in ihren lichten und dunklen Aspekten – eine Darstellung ihrer ursprünglichen Wesenheiten in Mythos und Religion.Graz: ADEVA, 1982.

Behringer, Wolfgang (* 17.07.1956), Prof. für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität des Saarlandes, gehört durch seine Veröffentlichungen Mit dem Feuer vom Leben zum Tod (1988); Hexenverfolgung in Bayern (3. Aufl. 1997, engl.: Witchcraft Persecutions in Bavaria, 1997); Hexenglaube (32002); Witches and Witch-Hunts (2004, chin. 2006) zu den führenden Hexenforschern Deutschlands, insbesondere was die Auswertung der diesbezüglichen Quellen, vornehmlich in Bayern, anbelangt.

Die Ursachen der > Hexenverfolgung sieht B. im damaligen Strukturwandel Mitteleuropas von der traditionellen zur modernen Gesellschaft, wobei es zu einem Konflikt zwischen der magisch geprägten Volkskultur und der rationalen Oberschichtkultur kam, die von den Theologen repräsentiert wurde. Zudem hätten die ständigen Hungersnöte des 16. Jhs. in der Volkskultur die inneren Widersprüche zum Ausbruch gebracht, für die man die Hexen verantwortlich machte. In diesem Zusammenhang untersuchte B. auch die Rolle der Kinder bei den > Hexenprozessen (Zeitschrift für historische Forschung, 16 (1989) 1).

Bekannt wurde B. nicht zuletzt durch seine Kontroverse mit den Autoren des Buches Vernichtung der weisen Frauen, in dem diese behaupten, dass die Hexenverfolgung ein Nebenprodukt der Geburtenkontrolle sei, was nach B. quellenmäßig in keinerlei Weise gedeckt ist.

W.: Mit dem Feuer vom Leben zum Tod. Hexengesetzgebung in Bayern. München: Hugendubel, 1988; Hexenverfolgung in Bayern. Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit. München: Oldenbourg, 31997; engl.: Witchcraft Persecutions in Bavaria: Popular Magic, Religious Zealotry and Reason of State in Early Modern Europe. Translated by J. C. Grayson and David Lederer. Cambridge [u. a.]: Cambridge University Press, 1997; Hexen. Glaube – Verfolgung – Vermarktung. München: C. H. Beck, 32002; Witches and Witch-Hunts. A Global History. Cambridge, 2004. Übersetzung ins Chinesische, Peking 2006;

Lit.: Heinsohn, Gunnar / Steiger, Otto: Die Vernichtung der weisen Frauen. Beiträge zur Theorie u. Geschichte von Bevölkerung u. Kindheit. Herbstein: März, 1985.

Beifuß (Artemisia vulgaris L.), in Europa weit verbreitete, häufig am Wegesrand wachsende Pflanzenart aus der Gruppe der > Artemisia. B. wurde früher auch Artemisia oder mater herbarum, die „Mutter der Kräuter“, genannt.

Die Wurzeln des B. werden als Mittel gegen Epilepsie benutzt, während das Kraut ähnlich wie Wermut (> Absinth) angewendet wird.

Wie bei vielen Artemisia-Arten spielt auch der aromatisch duftende B. eine wichtige Rolle in der > Zauberei, und zwar nicht nur in der germanischen Tradition, sondern auch in jener aus Dänemark, Belgien oder Frankreich. Von der Isle of Man wird von seiner Zauberkraft, besonders seiner Schutzkraft gegen teuflische Wesen, berichtet. In Japan und China wird gleichfalls eine A.-Art zur Dämonenabwehr benutzt. B. gilt seit alters her als zauberwidriges Mittel. In der Antike wurde er laut Pseudo-Apuleius (4. / 5. Jh. n. Chr.) im Haus aufgehängt, um gegen > Dämonen und den > bösen Blick zu schützen. > Plinius beschreibt ihn als Mittel für Wanderer, das an den Körper gebunden vor Müdigkeit schütze (Plinius, 26, 150), was noch im deutschen Volksglauben weiterlebt, nach dem der B. zu demselben Zweck in den Schuh gelegt werden soll. Nach dem altenglischen Neunkräutersegen verleiht er übernatürliche Stärke und gibt „Macht gegen 3 und gegen 30“ (Marzell, 435).

Das Donnerkraut und Hexenkraut soll ferner > Blitz und > Hexen abhalten und wird am Dachfirst aufgehängt. Auch angezauberte Krankheiten könne er beseitigen sowie verhexte Milch und Eier entzaubern. Ferner soll der aus den Wurzeln des B. geflochtene Johannisgürtel oder Sonnwendgürtel – beides sind weitere Namen für das Kraut – von einem Kranken in das Johannisfeuer geworfen werden, um die Leiden auf das Feuer zu übertragen. Auch soll mit Hilfe der Wurzel Kohle in der Erde ausfindig gemacht werden können, die sich in Gold verwandeln kann (Werner). Weiters wurde der B. als Liebeskrautwurzel bezeichnet, was auf eine mögliche Verwendung der Pflanze als > Aphrodisiakum hindeutet (Marzell, 441).

Lit.: Plinius, C. Secundus: Naturalis historiae libri XXXVII. Hg. v. Lud. Jan und Carol. Mayhoff. Lipsiae, 1892 bis 1898; Marzell, Heinrich: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, Bd. 1. Leipzig: Hirzel, 1943; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 1. Bd. Berlin: W. de Gruyter, 1987; Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik, Wiesbaden: Fourier 1991.

Beigaben, Grabausstattungsbeilagen bei den alten Ägyptern, die unmittelbar neben der Leiche oder in der Sargkammer und ihren Nebenräumen niedergelegt wurden. Diese Gaben bildeten neben dem Kult in den oberirdischen Räumen die wichtigste Sicherung für ein glückliches Leben im > Jenseits. Zahl und Art der Gaben waren verschieden und hingen mit dem Wandel des Jenseitsbildes, dem Reichtum der Hinterbliebenen und der Verstorbenen zusammen.

In der Vorzeit und Frühzeit war die Fürsorge für den Toten fast ganz auf die B. gestellt, wobei die Sorge für die Ernährung im Vordergrund stand. Dabei nahm das Gefäß, das auch nur mit Ersatzstoffen gefüllt wurde – Sand vertrat Mehl, zäher Nilschlamm das Öl – einen besonderen Stellenwert ein. Es genügte, um die Existenz seines Inhalts zu verbürgen. Dieses Mittel der Scheinbeigaben blieb für die Grabausstattung in späterer Zeit maßgeblich.

Unter den Ersatzwaren überwogen Scheinbilder von Schalen und Krügen sowie von Fleischstücken, die auf das Totenmahl hinwiesen und seinen Fortbestand sicherten.

Im Alten Reich zog zudem der Brauch, Stiftungen für den Totendienst (> Totenpriester) auszusetzen, weite Kreise, womit man sich für den > Totenkult absicherte und so die B. verringern konnte (Junker, Giza I.100ff.).

In der Übergangszeit zum Mittleren Reich bediente man sich dann einfach bestimmter Schnitzwerke, wie Herden, Schiffe und Figuren des Grabherrn und der Seinen. Die B. wurden also durch ihre Bilder ersetzt.

Erst in der zwölften Dynastie setzte sich dem alten Brauch ein neuer entgegen. Das Vertrauen in den Kult wuchs und man brachte die B. dem Grabherrn in feierlichem Zug. Die Modelle verschwanden, denn es reichten die Gerätfriese.

Das Neue Reich setzte die Tradition fort. Durch den steigenden Wohlstand schwoll die Zahl der B. an, wie intakte Gräber, etwa das der Schwiegereltern Amenophis’ III., des Jue und des Tue zeigen. Auf der anderen Seite vermehrten sich die magischen Sicherungsmittel, besonders die > Uschebti, denen man vereinzelt schon im M. R. begegnet. Es folgten die > Herzskarabäen, während Geräte der Mundöffnung, Pyramiden und Kornmumien nur vereinzelt zu nennen sind. Auch > Totenbücher tauchen auf. Dies ist insofern nicht neu, da bereits im Ausgang des A. R. den Toten Sprüche mitgegeben wurden. Neu ist hingegen, dass man sie auf Papyrusrollen schreibt.

Gegen Ende des N. R. blieben dann im Wesentlichen nur die B. magischen Charakters zurück. Neu hinzu traten Kopftafeln, Figuren des > Osiris, anderer Schutzgötter und > Amulette.

Lit.: Blackman, Aylward Manley: The Rock Tombs of Meir. London: Egypt Exploration Fund, 1914; Gîza: Bericht über die von der Akademie der Wissenschaften in Wien auf gemeinsame Kosten mit Wilhelm Pelizaeus unternommenen Grabungen auf dem Friedhof des Alten Reiches bei den Pyramiden von Gîza / in Verbindung mit Otto Daum hrsg. von Hermann Junker. Wien [u. a.]: Hölder-Pichler-Tempsky, 1929; Wreszinski, Walter: Atlas zur altaegyptischen Kulturgeschichte. Réimpr. d. éd. Leipzig, 1923 – 1935. Genève [u. a.]: Slatkine Repr, 1988; Bonnet, Hans: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3. unveränd. Aufl. Berlin: Walter de Gruyter, 2000.

Bein, paarige Gliedmaßen bei Mensch und Tier zur Fortbewegung. In der ägyptischen Mythologie galt das linke Bein als Reliquie des zerstückelten Osirisleibes, aus dem der Nil entströmte und das Land fruchtbar machte. Das linke Bein wurde auch mit dem linken Auge des Himmelsgottes > Horus, also dem Mond, gleichgesetzt. Es ist Symbol der Mondsichel und damit des beschädigten linken > Horusauges, dessen verlöschender Glanz wieder erhellt werden muss. Als Schützer, Retter und Herr des Mondauges galt > Thot, der nach alter Überlieferung selbst „aus dem Bein hervorkam“.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Symbole des alten Ägypten. Neuausg. Frankfurt a. M.: S. Fischer, 2005.

Beinwell (Symphytum officinale L.), auch Glotwurzel, Hasenbrot, Hasenlaub, Himmelsbrot, Honigblum, Kuchenkraut, Lotwurz, Milchwurz, Schärzwurz, Schmalwurz, Schmeerwurz, Soldatenwurzel, Speckwurz, Wallwurz, schwarze Waldwürze, Wottel, Zuckerhaferl genannt, ist eine dicke, möhrenartige, außen schwarze, innen weißgraue Wurzel von Symphytum officinale. Sie gehört zu den Boraginaceae (lat. borra, steifes Haar), den Rauhblattgewächsen, wächst überall an feuchten Stellen, Wiesengräben, Bachufern und wird 30 – 100 cm hoch. Die gesamte Pflanze zeigt eine borstige Behaarung und ist in trockenem Zustand sehr spröde.

Den Namen hat B. von den Beinen, denen er gut tun bzw. deren Knochen er zusammenwallen soll. In der Naturheilkunde wird B. in Salben oder anderen Zubereitungen zur äußerlichen Anwendung bei Prellungen, Zerrungen, Stauungen und Entzündungen verwendet (Pschyrembel).

Nach mythologischem Verständnis handelt es sich beim B. um eine Saturnpflanze, die ihre Blüten nicht nur zum Licht, sondern auch nach unten neigt. Seine mythisch-zusammenfügende Eigenschaft ergibt sich aus der Fähigkeit, dass auseinandergeschnittene Wurzeln im Boden wieder zusammenwachsen. Im Mittelalter nannte man den B. mit den blauen Blüten Beinwellmännlein, jenen mit den gelblichen Blüten Beinwellweiblein.

Lit.: Magister Botanicus: Magisches Kreutherkompendium; ein erweytertes wahrhaft ergötzliches Werk ueber die magischen Verrichthungen mit Kreuthern und den zauberischen Kräfften der Pflanzen sowie dehren medicinalischer Beteuthungen. 2., überarb. u. erg. Aufl. Speyer: Die Sanduhr – Fachverlag für altes Wissen, 1995; Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren / Bearb. v. d. Wörterbuch-Redaktion d. Verlages unter d. Leitung v. Helmut Hildebrandt. Berlin; New York: de Gruyter, 1996.

Beireis, Gottfried Christoph (* 2.03.1730 Mühlhausen / Thüringen; † 12.09.1809 Helm-
stedt), Prof. der Chemie, der Medizin und Dichter.

Nach dem frühzeitigen Tod des Vaters studierte B. zunächst Theologie, wandte sich dann aber dem Studium des Rechts zu, was ihn auf den Weg zum Polyhistor verhalf. Daraufhin studierte er Medizin. 1754 übersiedelte B. nach Helmstedt, wo er noch vor der Promotion 1759 zum Professor der Physik ernannt wurde. Weitere Lehrstühle, u. a. der Medizin (1762) und der Chemie, folgten. 1803 ernannte ihn Carl II., Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, zu seinem Leibarzt.

Der Unterhalt eines eigenen Laboratoriums, die umfassenden chemischen Kenntnisse und seine Schaudemonstrationen brachten ihm bald den Ruf ein, die > Goldmacherei erlernt zu haben. So wollten sich Mitglieder der > Rosenkreuzer und andere Esoteriker von ihm in die experimentelle > Alchemie einführen lassen, was er jedoch ablehnte. Den Ursprung seines Reichtums vermutete man ganz allgemein u. a. in der Weiterentwicklung von Färbeverfahren. 1805 besuchte sogar > Goethe den geheimnisumwitterten „Magus von Helmstedt“.

B. betätigte sich übrigens auch als Dichter. Sein wissenschaftlicher Ruf hält sich in Grenzen. Seine Gedenktafel ist im Helmstedter Stadtarchiv zu finden.

Lit.: Nachrichten über Gottfried Christoph Beireis, Professor zu Helmstedt von 1759 bis 1809 / ges. durch Carl von Heister. Berlin: Nicolai, 1860; Merbach, Paul Alfred: Gottfried Christoph Beireis. Mühlhausen i. Th.: Verlag des Altertumsvereins, 1930; Kopp, Hermann: Die Alchemie bis zum letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Hildesheim: Olms, 1962; Gmelin, Johann Friedrich: Geschichte der Chemie: seit dem Wiederaufleben der Wissenschaften bis an das Ende des 18. Jahrhunderts. Hildesheim: Olms, 1965; Lyrik in Helmstedt / Hrsg.: Rudolf Kleinert. Mit Förderung der Stadt Helmstedt. Helmstedt, 1985, Teil II.

Beischläferin, Figuren von Frauen und Dienerinnen, die man in > Ägypten dem Toten mitgab, um angeblich dessen erotisches Verlangen zu stillen. Allerdings war die Absicht weniger auf den Geschlechtsgenuss als auf die Erzeugung von Kindern gerichtet, denn der Frau ist, hier wie auch sonst, oft ein Kind beigegeben. Sie sollte also dem wohl kinderlos Verstorbenen offenbar einen Sohn gebären.

Die handhohen Figuren bilden in sich ein Zaubermittel, das wie jedes > Amulett in sich selbst die Kräfte hat, ohne an einen bestimmten Ort gebunden zu sein. Daher finden sich in den Häusern Exemplare der verschiedensten Typen solcher Figuren. Sie sollen der Hausfrau Fruchtbarkeit bringen.

Lit.: Weber, Wilhelm: Die ägyptisch-griechischen Terrakotten. Berlin: Curtius, 1914; Steindorff, Georg: Aniba.-Service des Antiquités de l‘Egypte, Mission Archéologique de Nubie 1929 – 1934; Kees, Hermann: Totenglauben und Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter: Grundlagen u. Entwicklung bis zum Ende d. Mittleren Reiches. 5., unveränd. Aufl. Berlin: Akademie-Verlag, 1983.

Bekanntheitstäuschung, falscher Erinnerungsschluss, eine bestimmte Erfahrung schon einmal gemacht zu haben. Dieser kann bei Ermüdung oder emotionaler Gestimmtheit auftreten und beruht meist auf der Ähnlichkeit der gegenwärtigen Erfahrung mit einem früheren Erlebnis, das entsprechend ergänzt wird. Solch falsches Wiedererkennen wird oft kritiklos als Reinkarnationsbeweis oder als erlebte präkognitive Erfahrung gedeutet. > Präkognition, > Reinkarnation, > Déjà-vu-Erlebnis.

Lit.: Moser, Fanny: Das große Buch des Okkultismus: originalgetreue Wiedergabe des zweibändigen Werkes „Okkultismus – Täuschungen und Tatsachen“ / Mit einem Geleitwort von Hans Bender. Olten; Freiburg i. Br.: Walter-Verlag, 1974.

Bekker, Balthasar

(* 20.03.1634;   † 11.06.1698), reformierter holländischer Prediger, wurde nach seinen Studien in Groningen und Franeker Prediger in Amsterdam. Unter dem Einfluss von René Descartes (1596 – 1650) und Nicolas Malebranche (1638 – 1715) kämpfte er entschieden gegen den > Hexenglauben. In seinem vierteiligen Werk De betooverde Wereld (Die bezauberte Welt), das 1691 erschien, wandte er sich, vom Teufelsglauben ausgehend, gegen die gesamte Dämonologie, weshalb er permanent angefeindet wurde. B. hielt es für einen grundsätzlichen Fehler, alles nicht sofort Verständliche dem > Hexenwesen und anderen paranormalen Erscheinungen zuzuschreiben.

Im ersten Band spricht er dem Teufel schlechthin die Macht über die Menschen und die irdische Welt ab. Im zweiten Band zeigt er, zu welch verhängnisvollen Folgen der Hexenglauben führen könne und betont mit Berufung auf die Bibel und die Naturwissenschaft, dass es nie > Hexen gegeben habe. > Geister könnten wohl existieren, doch könnten sie weder von einer Person Besitz ergreifen (> Besessenheit) noch Pakte als Entgelt für die Seele eines Menschen schließen.

Satan ist für B. ein Geist, der zur Strafe in den Abgrund hinabgestoßen wurde und unfähig sei, eine körperliche Gestalt anzunehmen oder auf die Körperwelt einzuwirken. Genauso unfähig seien seine Gehilfen, die > Dämonen. Daher gäbe es auch keinen > Schadenzauber. In der Bibel würden die Zauberer lediglich als Betrüger angesehen. Der Glaube an den > Teufel und an böse Geister ebenso wie > Wahrsagerei, > Zauberei und > Hexerei entstammten ursprünglich dem paganen Glauben und hielten durch Ignoranz, Vorurteile und Angst Einzug in die katholische Kirche und letztendlich in die Reformation. Er beendet sein Werk mit einer massiven Kritik an der Grausamkeit und Irrationalität der Hexenverfolgungen, in denen törichte und falsche Zeugenaussagen Richter dazu brachten, unschuldige Menschen zu verurteilen.

Zur Untermauerung seiner Theorie setzte er sich kritisch mit den Lehren der wichtigsten Autoritäten auf dem Gebiet der Dämonologie von > Thomas von Aquin bis Martin Anton > Delrio auseinander, indem er ihnen nachweist, dass sie sich nicht auf die Bibel berufen können.

Diese Kritik der traditionellen Lehre vom Teufel führte 1692 zu seiner Amtsenthebung und daraufhin zum Ausschluss aus der holländischen reformierten Kirche. Spätere Kritiker des Hexenglaubens, wie Christian > Thomasius, beriefen sich auf seine Lehre.

B.s Buch ist ein umfassendes Sammelwerk aller Spuk-, Gespenster-, Zaubergeschichten und magischen Tricks, die zu seiner Zeit in Umlauf waren. > Goethe bezog daraus Anregungen für seinen > Faust.

Weitere Werke von B. sind: De Philosophia Cartesiana Admonita candida et sincera (Versuch eines Vergleichs der cartesianischen Philosophie mit der Theologie, 1668); Ondersoek van de betekening der Cometen (1683), worin er die > Kometen als Vorboten kommenden Unheils bezeichnet; Schriftelyke satisfactie, eine Rechtfertigung gegen die böswilligen Auslegungen seiner „bezauberten Welt“.

W.: De philosophia Cartesiana admonita candida et sincera. Vesaliae: Hovgenhuysen, 1668; Ondersoek van de betekening der Cometen, by gelegendheid van de gene die in de jaren 1680, 1681, en 1682, geschenen hebben. / Deze druk is vermeerdert met een Hooftstuk en een Nareden: Hier is noch bygevoegd een berigt en een naberigt aangaande de Oost en Westvindinge, voorgegeven van Lieuwe Willems Graaf / Jan ten Hoorn / 1692; Die bezauberte Welt (1693). Mit einer Einl. hrsg. von Wiep van Bunge. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 1997.

Lit.: Duller, Ed.: Friedrich Spee, Balthasar Bekker und Christian Thomasius. Frankfurt a. M.: Meidinger, 1847.

Beklaffen > Besagen.

Bekleidung, Kleidungsstücke, die der Magier in der zeremoniellen Magie je nach magischer Handlung zu tragen hat.

In der > Freimaurerei bezeichnet B. die symbolischen Kleidungsstücke, wie Handschuhe und Schurz. Bei den Beamten gehören zur B. auch ihre Amtsinsignien.

B. hat sowohl symbolische als auch magische Bedeutung.

Lit.: Constant, Alphons Louis (Eliphas Levi): Dogma und Ritual der hohen Magie. Wien; Leipzig: Barth, 1927.

Bektaschi, auch Bektaschiya oder Bektashi, türkischer Derwisch-Orden, der im 13. / 14. Jh. von einem gewissen Hadschi Bektasch gegründet worden sein soll. Die B. verehren Ali, den Schwiegersohn Muhammads, der zu den zehn Gläubigen gehört, denen der Prophet das Paradies verheißen hat. Der Lehre nach waren die Mitglieder > Schiiten, obwohl sie sich nicht als solche deklarierten. In der geheimgehaltenen Lehre vereinten sich nämlich sufitisches, schiitisches, gnostisches und jüdisch-christliches Gedankengut. Auf den christlichen Einfluss scheint ihre Kommunion mit Brot, Wein und Käse zurückzugehen. An den Feiern nahmen Frauen unverschleiert teil. 1826 wurden die B. mit den > Janitscharen aufgelöst, konnten sich aber neuerlich behaupten, bis sie 1925 nominell aufgehoben wurden. In der Türkei und vermutlich in Albanien haben sie im Untergrund noch Anhänger.

Die Berichte über > Seelenreisen, > Trance und > Besessenheit durch Hilfsgeister bis hin zur > Levitation verweisen auf den zentralasiatischen > Schamanismus.

Lit.: Faroqhi, Suraiya: Der Bektaschi-Orden in Anatolien: (vom späten fünfzehnten Jahrhundert bis 1826). Inst. für Orientalistik der Universität Wien, 1981; Schweizer, Gerhard: Die Derwische: Heilige und Ketzer des Islam. Salzburg: Das Bergland-Buch, 21984.

Bel (akkad., Herr). 1. Luftgott und Beherrscher all dessen, was zwischen Himmel und Erde sowie auf der Erde selber ist. B. ist somit auch „Herr der Länder“. Die Semiten nannten ihn > Baal. In späterer Zeit wurde B. von > Marduk verdrängt, sodass B. öfters für den Namen Marduk steht (Jes 46,  1; Dan 14, 3), der das Chaosungeheuer > Tiamat besiegte und Welt und Menschen schuf.

2. Oberster Gott von Palmyra, dessen Name ursprünglich Bol lautete. Er war ein Himmelsgott mit den Attributen Blitzbündel und > Adler.

3. Wortbestandteil zahlreicher Götternamen, oft in Verbindung mit Städtenamen, wie Bel-Harran, der dem sumerischen > En entspricht.

Lit.: Deimel, Anton: Pantheon Babylonicum oder Keilschriftkatalog der Babyl. GN. Rom: Verl. d. Päpstl. Bibelinst., 1950; Seyrig, Henri: Le temple de Bêl à Palmyre. Paris: Geuthner, 1968; Unger, Eckhard Axel Otto: Babylon: die heilige Stadt nach der Beschreibung der Babylonier. Berlin: De Gruyter, 21970.

Bélanger, Maria Dina Adelheid (Ordensname: Maria von der hl. Cäcilia von Rom), geb. am 30. April 1897 in Quebec, gest. ebd. am 4. September 1929 im Alter von 32 Jahren an Tuberkulose; selig (20.03.1993, Fest: 4. September). B. war außerordentlich begabt, insbesondere beeindruckten ihre Klavierkonzerte. In > Auditionen konnte sie zwischen den Eingebungen, die von Christus, und jenen, die vom Teufel kamen, klar unterscheiden (Resch, Beati, S. 100).

1921 trat B. in die Kongregation der Schwestern von Jesus und Maria in Quebec ein, nahm den Namen „Maria von der heiligen Cäcilia von Rom“ an und legte am 15. August 1923 die ersten Gelübde ab. Von 1924 an schrieb sie in Gehorsam ihre Autobiografie nieder. Im gleichen Jahr hörte sie am 15. August die Stimme des Herrn: „Du wirst die Profess ablegen, und ein Jahr später werde ich dich genau am 15. August durch den Tod zu mir nehmen.“ Dina, wie sie immer genannt wurde, dachte an den physischen Tod, es handelte sich aber um den mystischen Tod. In der Tat fühlte sie sich am 15. August ganz in Gott aufgenommen: „Gott hat mein ganzes Sein absorbiert.“

W.: Das Lied der Liebe: Autobiographie der Seligen Dina Bélanger, Mutter Maria von der heiligen Cäcilia von Rom RJM (1897 – 1929). [Ins Dt. übertr. von Sr. M. Raphaela von Schlichtner. Hrsg.: Engelbert Recktenwald]. Lauerz: Theresia-Verl., 1998.

Lit.: Recktenwald, Engelbert: Die Selige aus Kanada: Dina Bélanger und ihre Sendung. Lauerz: Theresia-Verl., 1996; Resch, Andreas: I Beati di Giovanni Paolo II. Volume III. 1991 – 1995. Vaticano: Libreria Editrice Vaticana, 2003; ders.: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008.

Belasco, David (*25.07.1853; †14.05.1931), bekannter amerikanischer Bühnenschriftsteller und Theaterproduzent, als dessen wichtigste Stücke Madame Butterfly, Girl of the Golden West, Zaza, The Heart of Maryland und The Return of Peter Grimm gelten. Die Inspiration zum letztgenannten Stück, in dem der Geist der verstorbenen Person wiederkehrt, erhielt er zu Hause in Newport, Rhode Island, als er aus dem Tiefschlaf erwachte und seine Mutter sah, von der er wusste, dass sie in San Francisco weilte. Als er sich aufsetzen wollte, lachte sie ihn an und nannte ihn bei seinem Kosenamen. Dann neigte sie sich, als wollte sie ihn küssen. Daraufhin wich sie etwas zurück und sagte: „Sei nicht traurig, ich bin glücklich.“ Dann verschwand sie. Am nächsten Tag erhielt B. die Nachricht, dass seine Mutter zu eben jener Stunde, zu der sie ihm erschienen war, gestorben sei. Diese Erfahrung machte ihn zu einem bedeutenden Beobachter von > Veridiken Phänomenen.

Lit.: Prince, Walter Franklin: Noted Witnesses for Psychic Occurrences. New Hyde Park, NY: Univ. Books, 1963.

Belbog (slaw. bel, weiß, bog, Gott; auch Bjelbog, Belobo, Belun, Bielbog), der „Weiße Gott“ der Slawen. Er verkörpert Licht, ist der Gott des Guten, des Glücks, des Tages- und Frühlingshimmels. Bei den Russen hieß er Bielbog und hatte einen Tempel in Kiew, wo er auch als Donnergott galt. Auch in Julin und Jüteborg wurde er verehrt.

Dargestellt wird B. als alter, ergrauter Mann, der mit Lorbeeren bekränzt ist und einen Palmzweig in seiner Rechten hält.

Sein Widersacher ist > Tschernebog (szert, Teufel, „Schwarzer Gott“), der Gott des Bösen. An der Erschaffung des Menschen hatten beide Anteil. Tschernebog erschuf den Leib, B. hauchte die Seele ein.

Lit.: Dankovszky, Gergely: Die Goetter Griechenlands, die zum Theil bei den alten, zum Theil bei den jetzigen Slawen noch leben, in ihrer eigentlichen und sinnbildlichen Bedeutung dargestellt. Preßburg, 1841; Grimm, Jacob: Deutsche Mythologie. Vollständige Ausgabe. Wiesbaden: Marix, 2007.

Belcier, Jeanne > Anges, Jeanne des (Johanna von den Engeln).

Belemnit (griech. bélemnon, Geschoss, Blitz), zu Stein gewordener Vorläufer des Tintenfisches aus dem Mesozoikum, der durch seine unzähligen volkstümlichen Namen, wie Albenstein, Albschoss, Gespensterkerze, Hexenpfeil, Hexenschuss, Mahrenzitze, Donnerkeil oder Teufelsfinger auf seine ungeheure Zauberkraft verweist. Es handelte sich dabei um schlanke, nach oben spitz zulaufende, außen von einem festen Feuersteinmantel umgebene und innen meist mit Kreidekalk gefüllte Hohlkegel, die einer Zigarre glichen. Die Art ist, ähnlich Ammoniten und Dinosauriern, Ende der Kreidezeit ausgestorben.

Dem Volksglauben zufolge wurden die B.n bei Gewittern vom Himmel geschleudert. So legte man sie beim Heranziehen eines Unwetters zum Schutz auf den Tisch, Herd oder das Fensterbrett. Nach anderen Deutungen sollen die B.n einst Geschosse der > Alben und > Hexen gewesen sein. Den Regeln des > Analogiezaubers entsprechend sollten sie daher den Schuss der Alben und Hexen abwehren können. Zu den vielfältigen Anwendungen des B. gehörte schließlich auch die Heilung von Krankheiten, wie Harn-, Stein- und Blasenbeschwerden.

Lit.: Valentini, Michael Bernhard: Museum museorum, oder Vollständige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung. Franckfurt a. M.: Zunner, 21714; Müllenhoff, Karl: Die Natur im Volksmunde. Berlin: Weidmann, 1898; Sartori, Paul: Sitte und Brauch. Leipzig: Heims, 1910; Rätsch, Christian: Lexikon der Zaubersteine aus ethnologischer Sicht. Graz: ADEVA, 1989.

Belenus (auch Belenos und Belos), keltischer Gott, der besonders in den östlichen Alpenländern, aber auch in Norditalien und Südgallien verehrt wurde. Er war ein Lichtgott, der die Blitze des Himmelsgottes > Taranis mildern und durch Regen und sprudelnde Quellen zum Positiven wenden sollte. In Aquilea, Italien, wurde er mit > Apollo gleichgesetzt. Die Gottheit lieferte u. a. auch den Namen für die Schweizer Stadt Biel / Bienne.

Lit.: Gourvest, J.: Le culte de Belenos en Provence occidentale et en Gaule (Ogam 6 / 1954); Maraspin, F.: Il culto di Beleno-Apollo ad Aquileia (Atti del Centro Studi e Documentazione sull’Italia Romana 1/1967 – 1968).

Beleth, ein auf einem blassen Pferd reitender Dämon, der bei seinem ersten Erscheinen schrecklich wirkt (> Pseudomonarchia daemonum). Man muss ihn in einen Kreis (> Magischer Kreis) bannen, freundlich empfangen und Opfer darbringen. Zu seinen Fähigkeiten gehört es, Liebe zu wecken.

Lit.: Wierus, Joannes: Ioannis Wieri De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577.

Beletseri, babylonische Göttin, „Buchführerin“ und „Schreiberin“ der > Unterwelt. Da die Unterwelt mit „Steppe“ umschrieben wird, trägt sie auch den Beinamen „Herrin der Steppe“. Sie ist die Gattin des Nomadengottes > Martu.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Beli (altnord., „Brüller“). 1. Nach der nordischen Mythologie ein Riese der > Jötunn, Sohn von Gymir und Aurbodia, Bruder der Gerd. Im Kampf gegen den Gott > Freyr tötete ihn dieser in Ermangelung eines Schwertes mit einem Hirschgeweih. Freyr hatte das Schwert seinem Diener Skirnir gegeben, damit er um die Hand der Gerd anhalte. Diese aber ließ wissen, dass sie den Mörder ihres Bruders niemals ehelichen werde.

2. Name eines Pferdes in der Kálfsvísa, einem Gedicht in der > Snorra-Edda.

Lit.: Snorri Sturluson: Snorra-Edda. Reykjavík: Mál og Menning, 2002; Bellinger, Gerhard: Knaurs Lexikon der Mythologie: über 3000 Stichwörter zu den Mythen aller Völker. Erftstadt: area, 2005; Simek, Rudolf: Lexikon der germanischen Mythologie. Stuttgart: Kröner, 2006.

Belial oder Beliar (hebr., „der Heillose“, „Nichtswürdige“), nach dem AT ein feindseliger Mensch (2 Sam 16, 7; 1 Sam 25, 17), nach den Texten von Qumran ein Anführer der bösen Engel und nach dem NT der Widersacher Jesu als Finsternis: … „Was haben Licht und Finsternis gemeinsam? Was für ein Einklang herrscht zwischen Christus und Beliar?“ (2 Kor 6, 14 – 15)

Im mittelalterlichen Buch Belial des Jacobus de Teramo (Augsburg, 1473) tritt der Dämon vor den Richterstuhl des weisen Königs Salomo und wird in Holzschnitten als geschwänzter, spitzohriger Teufel mit einem Vogelgesicht am Gesäß, Hufen oder Krallenfüßen dargestellt; aus dem Maul ragen Reißzähne. Er beklagt sich darüber, dass ein gewisser Jesus sich in seine weltliche Herrschaft eingemengt habe. Das Urteil fällt jedoch zu seinen Ungunsten aus. In einem Berufungsgericht wird dann entschieden, dass B. über all jene Menschen Macht ausüben darf, die am Tag des Weltgerichts verdammt werden.

Im spätmittelalterlichen > Hexenhammer (Malleus maleficarum) der Inquisitoren Heinrich > Institoris und Jakob > Sprenger heißt es, der > Teufel werde auch B. genannt, was soviel heißt wie „ohne Joch“ oder „ohne Herrn“, weil er gegen den ankämpft, dem er untertan sein müsste. Und > Agrippa von Nettesheim schreibt in seinem Werk > De occulta philosophia (3, 109) über die Dämonen der Ungerechtigkeit, deren Fürst B. ist.

B. wird ferner in Zusammenhang mit der babylonischen Unterweltgöttin > Belili gebracht, und der Augsburger Büchsenmeister Zimmermann bildete daraus den Begriff „Belialia“ zur Bezeichnung von Zaubermitteln.

In der > Pseudomonarchia daemonum wird B. als Stellvertreter > Luzifers bezeichnet.

Lit.: Teramo, Jacobus di germ.: Belial zu teutsch. Eyn geruhtz Handel zwischen Beleal hellschem Verweser und Jesu Cristo, himmlischem got (etc.). Straßburg: Johannes Prüß, 1508; Wierus, Joannes: Ioannis Wieri De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577; Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius: De occulta philosophia: 3 Bücher über d. Magie. Nördlingen: Greno, 1987.

Beliante, Franziska Maria Gräfin, Prinzessin von Savoyen († 1923), Gattin eines italienischen Adeligen und Mutter von fünf Kindern. Als Terziarin des hl. Franziskus gehörte sie dem Vorstand fast aller wohltätigen katholischen Vereine an. Sie starb 1923 im Alter von 35 Jahren. In einem Brief vom 5. Mai 1923 sagte sie zunächst drei Heiligsprechungen voraus. Namentlich nannte sie > Albertus Magnus, der 1932 heiliggesprochen wurde. Die andern beiden bezeichnete sie als „zwei demütige Heilige“. Des Weiteren befasste sich B. mit dem Nationalsozialismus: „Ich sehe ein Land, in dem das Kreuz Christi verbogen ist (Hakenkreuz). In diesem Lande werden stolze Staatsmänner auftreten, die Christus vom Throne stürzen wollen … Um des (wahren) Kreuzes willen werden in diesem Lande viele Priester und Ordensleute in den Gefängnissen schmachten und sterben“ (Retlaw, 55) . Wann das alles genau geschehen werde, wurde von der Seherin allerdings nicht gesagt. Die Hinweise treffen, abgesehen von einigen Übertreibungen, auf den Nationalsozialismus mit seinen Konzentrationslagern zu. Die Aussagen über den Dritten Weltkrieg sind besonders düster und können hier nicht beurteilt werden.

Lit.: Retlaw, E. G.: Prophezeiungen über Ausbruch und Verlauf des Dritten Weltkriegs: eine kritische Übersicht europäischer Visionen. Murnau: Argiva-Verlag, 1961.

Beliar, Gott der Zerstörung, des Todes und der Nacht. Sein oberstes Ziel ist die völlige Vernichtung aller Dinge. So wird bereits im apokryphen Bartholomäus-Evangelium der Teufel neben > Beelzebub auch B. genannt. B. fand ebenso Eingang in die neuere Dämonologie. > Belial.

Lit.: Weidinger, Erich: Die Apokryphen. Aschaffenburg: Pattloch, 1985.

Beliden > Danaiden.

Belili, babylon. Unterweltgöttin, Schwester des Vegetationsgottes > Dumuzi und Frau von > Nin-gishzida, die zuweilen auch mit der biblischen Gestalt des > Belial in Verbindung gebracht und als Frau des > Bel, das assyrische und babylonische Äquivalent zu > Baal, bezeichnet wurde.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Belin, Jean-Albert (* ca. 1610 Besançon, Frankreich, † 1677), Benediktiner, Autor einer Abhandlung über den > Talisman (Traité des talismans) und einer Dissertation über astrologische Zeichen (figures astrales). Zudem veröffentlichte er ein alchemistisches Werk über Sympathie sowie ein Werk über die Abenteuer eines unbekannten Philosophen bei der Suche nach dem > Stein der Weisen.

W.: Les Aventures du philosophe inconnu en la recherche et en l‘invention de la pierre philosophale, divisées en quatre livres, au dernier desquels est parlé si clairement de la façon de la faire que jamais on n‘a parlé avec tant de candeur. Paris, 1646; Traité des talismans ou Figures astrales.­ Paris: de Bresche, 1658; La proudre de sympathie justifiêe. Paris: de Bresche, 1658; Apologie du grand oeuvre, ou Elixier des philosophes, dit vulgairement pierre philosophale. Paris: de Bresche, 1659; Manuel astronomic, ou Introduction aux jugemens astrologiques, contenant un abregé succinct, positif & familier, pour servir, tant à la medecine, agriculture, & navigation, qu‘aux horoscopes. Auquel est ajoûté un petit Traité des talismans ou figures astrales, & de la poudre & de l‘encre de sympathie … Par Pierre Godard, Belin, Jean-Albert. Rouen: Vicent de la Motte, 1689.

Belisama, keltische Feuer- oder Lichtgöttin, die von den Römern der > Minerva gleichgestellt wurde. Der Namensteil bel bedeutet „glänzend“, „strahlend“.

Lit.: Bertholet, Alfred: Wörterbuch der Religionen / Begründet von Alfred Bertholet in Verbindung mit Hans Frh. von Campenhausen. 4. Aufl. / neu bearb., erg. u. hrsg. von Kurt Goldammer. Stuttgart: Kröner, 1985.

Belladonna (ital., „schöne Frau“), Wolfskirsche, Tollkirsche, Teufelsbeere, botanisch Atropa Belladonna L., eine Pflanze, die der Gattung der Nachtschattengewächse, Solanaceae, angehört. Sie besitzt eine glänzende rötlich-schwarze Beere von der Größe und Gestalt einer Kirsche, die sehr giftig ist. In Menge genossen können Blätter, Wurzeln und Beeren schlimme Zustände verursachen und sogar zum Tod führen. Der giftige Bestandteil ist das in der ganzen Pflanze, hauptsächlich aber in den Blättern und Wurzeln enthaltene Alkaloid Atropin, welches in der heutigen Medizin vielfach Verwendung findet: als Tinktur und standardisierter Extrakt (in Kombinationspräparaten) bei Spasmen und kolikartigen Schmerzen des Magen-Darm-Traktes und der Gallenwege, bei Krankheiten des Nervensystem und zur Erweiterung der Pupille (von daher der botanische Name!).

Früher hat man die trockenen Blätter dieser betäubenden Giftpflanze gegen Schleimhusten und die Engbrüstigkeit alter Menschen, mit Tabak vermischt und bis zum betäubenden Gefühl geraucht bzw. empfohlen (Most).

Im Zauberwesen kommt B. als wesentlicher Bestandteil von Zaubersalben und Getränken in Betracht, da sie durch ihr Alkaloid narkotische Wirkungen, Visionen und Schlafzustände hervorruft.

Lit.: Most, Georg Friedrich: Encyklopädie der Volksmedizin / Einleitung Karl Frick und Hans Biedermann. Neuauflage der Ausgabe Graz 1973 (durch eine neue Einleitung vermehrter Nachdruck der 1843 bei F. A. Brockhaus in Leipzig erschienenen Ausgabe). Graz: ADEVA, 1984; Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde: und alternative Heilverfahren / Bearb. v. d. Wörterbuch-Redaktion d. Verlages unter d. Leitung v. Helmut Hildebrandt. Berlin; New York: de Gruyter, 1996.

Bellarmin, Robert Franz Romulus

(* 4.10.1542 Montepulciano / I.; † 17.02.1621 Rom (Grab S. Ignazio)), heilig (29.06.1930, Fest: 17. September), Jesuit, Kardinal, Kirchenlehrer. B. war einer der großen Kontroverstheologen und als solcher bemüht, jede Unklarheit oder Beliebigkeit zu vermeiden.

Beim Seligsprechungsverfahren auf Diözesanebene in Capua 1622 berichtete der Zeuge Thomas dello Sapone aus Capua, 53 Jahre alt, von einem reichen Fischfang auf die Fürbitte von B. Der Bericht wurde in die Positio super virtutibus, Romae 1712, Summarium additionale, S. 118 – 121, aufgenommen, und von Wilhelm Schamoni ins Deutsche übersetzt.

Wie Thomas berichtet, hatten die Fischer schon länger keinen Fang mehr gemacht:

… Gegen Abend, um 21 Uhr, kam der Herr Kardinal Bellarmin zu einem Spa­ziergang. Er war aus dem Wagen gestiegen, und als wir ihn in der Nähe sahen, gingen wir ihm entgegen. Er gab uns den Segen und fragte: ,Was macht das Fischen?‘ Und einer von uns, Scipio di Leone, antwortete: ,Hochwürdigster Herr, wir sterben hier vor Hunger, denn wir fangen keine Fische.‘ Und jener antwortete: ,Zieht die Reusen hoch, dann werdet ihr welche fangen.‘ Scipio erwiderte, um ihm zu gehorchen, wolle er sie hochziehen, obwohl sie kurz zuvor sie hochgezogen und nichts gefangen hatten. Der Herr Kardinal sagte darauf, er solle noch etwas warten, und ging einige Schritte weiter hin zu einer alten Kapelle … Der Herr Kardinal kniete sich in der Kapelle hin, betete eine Viertelstunde, erhob sich und trat zu uns, die wir bei den Winden am Flusse standen. Er erhob die Hand … machte damit das Kreuzzeichen und sagte so laut, dass wir alle es verstanden: ,Kommt, Fische!‘ Darauf fingen wir an, mit dem Handnetz zu fischen, und jedes Mal, wenn wir es heruntergelassen hatten und wieder hochzogen, fingen wir Fische, auf einen Schlag­ ein, zwei und sogar drei Alsen auf einmal. Das ging so etwa eine Drittel­stunde lang. Darauf sagte der Herr Kardinal: ,Geht und zieht die Reusen hoch!‘ Und als wir das taten, fingen wir eine sehr große Menge Fische … Über den Fang waren wir sehr glücklich. Wir gingen zu dem Herrn Kardinal und baten ihn, er möge oft zu der Fischerei kommen.“

Diese Aussagen wurden beim Apostolischen Prozess von 1626 / 27 in Capua von dem Zeugen Sebastian Belleze, 57 Jahre alt, mit ähnlichen Worten wiederholt und inhaltlich bestätigt.

Lit.: Schamoni, Wilhelm: Wunder sind Tatsachen / M. e. Geleitw. v. Kard. Dr. Lorenz Jaeger. Würzburg [u. a.]: Johann Wilhelm Naumann; Christiana; Veritas, 1976.

Beller, Karoline (*11.11.1830; † 1863), Stigmatisierte. Aus dem ostwestfälischen Dorf Lütgeneder gebürtig, zeigte B. als 15-Jährige 1845, nachdem sie eine anhaltende und schmerzhafte Krankheit überstanden hatte, die fünf Wundmale Christi. Die Menschen strömten in Scharen herbei, sahen und glaubten. Zwischen der Geistlichkeit, der Ärzteschaft und den Behörden entstand hingegen ein regelrechter Kampf um das Deutungsmonopol, das letztlich den Ärzten überlassen wurde, die den Ereignissen ein Ende setzten.

Erst Karolines Tod 1863 veranlasste Pfarrer Happe, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Er ersuchte dabei eine Vinzentinernonne, die das Mädchen gepflegt hatte, die Ereignisse aus der Erinnerung niederzuschreiben.

Karoline erkrankte am 28. März 1845 an rheumatisch bedingter Rückenmarksreizung und wurde vom Arzt Dr. Suren erfolgreich behandelt, bis am 30. April ein unerwarteter Rückfall eintrat. Bei B. traten heftige Krämpfe auf und sie konnte nicht mehr sprechen. Vom 2. Mai an nahm sie keine feste Nahrung mehr zu sich. In der Nacht vom 16. zum 17. Mai traten Blutspuren im Gesicht auf, am 18. Mai kam es zu Blutabsonderungen an Händen und Füßen sowie an der rechten Seite. Bereits am darauffolgenden Morgen verbreitete sich in Lütgeneder die Nachricht von der erfolgten Stigmatisation.

B. wurde schließlich in ein Krankenhaus eingewiesen und mit Gefängnis bedroht. So sagt sie in ihrer einzigen Stellungnahme: „Sie haben mich so lange in Angst und Schrecken gemacht bis daß ich sagen musste ich hätte mir selbst gemacht die Wunden… daß ich nicht brauche ins Gefängnis darum habe ich gesagt ich habe sie mir selbst gemacht, wenn nun auch muss Schande vor der Welt leiden. Das thut nicht“ (Sonntagsblatt). Ende August 1846 wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. Für B. erwies sich die Behandlung als fatal, denn die Stigmata waren ihr geblieben, doch musste sie nun als Betrügerin gebrandmarkt leben und versank in die Anonymität, allein gelassen in ihrem Leid bis zum Tod im 33. Lebensjahr.

Lit.: Sonntagsblatt Nr. 28, 13. Juli 1845, S. 224 (Wartburg, den 30. Juni). Wunderbare Erscheinungen: Frauen und katholische Frömmigkeit im 19. und 20. Jahrhundert / Irmtraud Götz von Olenhusen [Hrsg.]. Paderborn: Schöningh, 1995.

Bellerophóntes (Bellérophon), Sohn des Glaukos und der Eurymede, Enkel des > Sisyphos, korinthischer Nationalheld.

B. muss Korinth wegen eines Totschlags verlassen und wird von König Proitos von Tiryns freundlich aufgenommen, dessen Frau > Stheneboia ihm ihre Zuneigung bekundet. Da B. sie abweist, behauptet sie ihrem Gemahl gegenüber, B. habe ihr nachgestellt. Proitos glaubt ihr und schickt B. zu seinem Schwiegervater Iobates, dem König von Lykien. Der Brief, den er ihm mitgibt, enthält den Auftrag, ihn zu töten.

Iobates will den Auftrag nur indirekt ausführen, indem er B. zu gefährlichen Abenteuern aussendet. Zuerst soll er die > Chimaira, ein Ungetüm (vorn Löwe, in der Mitte Ziege, hinten Schlange), bezwingen, das mit seinem feurigen Atem das Land verwüstet. B. besteigt sein Flügelross > Pegasos und vernichtet die Chimaira. Auch die zweite Aufgabe, den Kampf mit dem kriegerischen Bergvolk der Solymer, erfüllt er glänzend. Als er vom dritten Auftrag, dem Krieg gegen die > Amazonen, siegreich heimkehrt, stellt ihm Iobates einen Hinterhalt. Als B. alle Feinde tötet, nimmt ihn Iobates auf, gibt ihm eine seiner Töchter zur Frau und macht ihn zu seinem Thronerben.

Darauf kehrt B. nach Tiryns zurück, um sich an Stheneboia zu rächen. Er überredet sie zur Flucht mit Hilfe des Pegasos und stürzt sie auf dem Flug ins Meer. Als B. dann auf dem Pegasos zum Olymp fliegen will, schleudert ihn Zeus auf die Erde und B. endet im Wahnsinn.

Die von P. Kretschmer vorgenommene Ableitung des Namens von „Töter des Belleros“ (vorgriechischer Name eines Unholds) ist fraglich (Hunger, S. 97), wie überhaupt die Ansichten über B. unter den Gelehrten auseinandergehen. Euripides schrieb die Tragödien „Bellérophon“ und „Stheneboia“, wovon jedoch nur Fragmente erhalten sind.

Lit.: Kretschmer, P.: Bellerophontes. In: Glotta 31 (1948), 92 – 104; Schachermeyr, Fritz: Poseidon und die Entstehung des griechischen Götterglaubens. Salzburg: Verl. Das Bergland-Buch, 1950; Peepermüller, Rolf: Die Bellerophontessage: ihre Herkunft u. Geschichte. Tübingen, 1961; Hunger, Herbert: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie: mit Hinweisen auf das Fortwirken antiker Stoffe und Motive in der bildenden Kunst, Literatur und Musik des Abendlandes bis zur Gegenwart. 8., erw. Aufl. Wien: Verlag Brüder Hollinek, 1988.

Belletristik, esoterische, Unterhaltungsliteratur, die innere Zusammenhänge von persönlichen, kosmischen bis transzendenten Begebenheiten im freien Fluss klärender und deutender Sachkenntnis jenseits jeder Realitätskontrolle beschreibt und daher zwischen Märchen und Fiktion einzureihen ist. Die Abgrenzung von der phantastischen Literatur ist dabei oft schwierig, doch ist die esoterische Literatur stets mit dem Schleier des Geheimnisvollen, des „erleuchteten“ Wissens sowie einem Hauch von Eingebung und Weisheit umgeben, häufig getragen von Besserwisserei und einem bodenlosen Geltungsdrang bis zu reinem Macht- und Marktdenken, aber auch von der Sehnsucht nach innerer Geborgenheit und seelischer Erfüllung in einem Leben ohne Wiederstände, Krankheit und Tod.

Lit.: Magre, Maurice: Die Kraft der frühen Himmel: Weisheit u. Widerstand bei d. Druiden, Katharern u. Zigeunern. Hrsg. von Sylvia Luetjohann. Bad Münstereifel; Trilla (P. O.): Edition Tramontane, 1986; Roberts, Marc: Das neue Lexikon der Esoterik. München: Goldmann, 1995.

Bell-Hexe von Tennesee, der weiblich gedachte Poltergeist, der die Familie von Jack Bell aus Robertson County in Tennessee, USA, von 1817 bis 1820 so massiv belästigte, dass er zum berühmtesten Geist der USA avancierte. Er begann zunächst im Spätsommer 1817 den Farmer Bell, seine Frau und die acht Kinder zu verfolgen. Kurze Zeit trat er in Gestalt seltsamer Tiere und dann durch Klopfgeräusche innerhalb und außerhalb des Hauses auf. Hierauf begann er, die Bettdecken der schlafenden Kinder zu entwenden und diejenigen zu kneifen und zu schlagen, die sich zu wehren versuchten. Als das Ganze bekannt wurde, strömten unzählige Besucher in das Haus, wobei nicht wenige den Zorn des mittlerweile „Bell-Hexe“ genannten Phantoms zu spüren bekamen. Nach Monaten begann der „Geist“ zu sprechen und den Grund seines Auftretens zu nennen: „Ich bin niemand anderes als die Hexe der alten Kate Bell, und ich bin entschlossen, den alten Jack Bell, solange er lebt, heimzusuchen und zu quälen“ (Heining, 152).

Am 19. Dezember 1820 starb der alte Bell. Dann hörte man nur noch unter ominösen Umständen von dem Geist. Um ganz sicher zu sein, dass er die Umgebung nicht mehr terrorisierte, wurde das Haus abgerissen. 1934 wurde die Geschichte von Charles Bailey Bell, einem Nachkommen der Familie, aufgezeichnet.

Lit.: Carrington, Hereward / Fodor, Nandor: Haunted People. Story of the Poltergeist Down the Centuries. New York: Dutton, 1951; Bell, Charles Bailey: A Mysterious Spirit: The Bell Witch of Tennessee [by] Harriet Parks Miller. Nashville, Tenn.: C. Elder, 1972; Haining, Peter: Das große Gespensterlexikon: Geister, Medien und Autoren. Lizenzausg. f. Gondrom Vlg. GmbH, Bindlach, 1996.

Belli Paaro, eine frühere Geheimgesellschaft in Liberia, Afrika, deren Kult die Verbrüderung mit den Geistern der Verstorbenen zum Inhalt hatte. Das Ritual selbst heißt B. P. und symbolisiert den Tod, das Wiedergeborenwerden und die Vereinigung mit den Geistern. Die Gesellschaft ist also nichts anderes als eine Konfraternität all jener, die durch den symbolischen Durchgang durch den Tod zum Leben vergeistigt werden.

Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company: Book Tower, 21984.

Belloc, Jeanne (ca. 1609), eine angebliche Hexe, die während der Herrschaft von König Heinrich IV. (1589 – 1610) im damaligen Distrikt Labourd in der französischen Baskenregion lebte und mit 84 Jahren der Zauberei beschuldigt wurde. Im Verhör mit Pierre Delancre gab sie zu Protokoll, dass sie im Winter 1609 mit regelmäßigen Besuchen des > Hexensabbats begann, wo sie dem Teufel vorgestellt wurde, der sie küsste – eine Form von Anerkennung, die er nur den größten Zauberern zuteil werden ließ. Sie erzählte, dass diese Zusammenkünfte eine Art Maskenball waren, zu dem manche in normaler Kleidung, andere wiederum als Hunde, Katzen, Esel, Schweine und sonstige Tiere verkleidet zum Tanz erschienen. 

Allerdings ist kein Verlass auf die Aussagen der Opfer von Delancre, der Folter anwandte und die Meinung vertrat, dass die meisten der 30.000 Bewohner von Labourd, Priester eingeschlossen, in Hexerei verwickelt waren.

Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan. 1. Bd. Gale Research Company: Book Tower, 21984.

Bellona, 1. Kappadokische (kleinasiatische) Göttin, die in das Gefolge der Muttergöttin > Kybele aufgenommen wurde.

2. Ältere Form: Duellona, römische Kriegsgöttin, häufig mit der griechischen Göttin > Enyo gleichgesetzt, später auch mit der kappadokischen > Ma. B. ist genau genommen eine Personifikation des Krieges, leitet sich ihr Name doch vom lateinischen bellum (Krieg) ab. Sie galt gelegentlich als Schwester oder Gattin des > Mars oder des > Quirinus. Ihr Tempel in Rom lag auf dem Marsfeld in der Nähe des Marsaltares. Vor dem Gebäude stand die columna bellica (Kriegssäule), von der aus die > Fetiales durch symbolischen Speerwurf den Krieg erklärten. Der Tempel der Göttin wurde oft dazu benutzt, fremde Gesandte willkommen zu heißen.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989; Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg [u. a.]: Herder, 2002.

Bellonaria, ein Kraut, dessen Identität nicht sicherzustellen ist. Es wurde als nekromantisches Mittel verwendet und bei > Geisterbeschwörungen eingesetzt, teils als Räucherung, teils als Pulver.

Lit.: Flaccus Valerius C.: Argonautica: lateinisch / deutsch. Frankfurt a. M. [u. a.]: Lang, 2003.

Bells Theorem. Nach dem bekannten Quantenphysiker John Stewart Bell (1928 – 1990) zeichnen sich Ereignisse auf der Quantenebene durch „Nicht-Lokalität“ aus, d. h., dass es Verbindungen und Kommunikationen gibt, die unmittelbar und nicht durch Informationsübermittlungen erfolgen, wie sie dem Makrobereich eigen sind. Bell stützt sich dabei auf das > Einstein-Rosen-Podolsky-Paradoxon und weist darauf hin, dass die Welt entweder objektiv nicht real oder durch Kanäle verbunden ist, die Informationen schneller als Licht befördern können, denn – so sein 1964 veröffentlichtes Theorem: In weit voneinander liegenden Systemen kommt es zu augenblicklichen Veränderungen.

In einem Festvortrag an der Universität Wien im Jahre 1987, anlässlich des 100. Geburtstages von Erwin Schrödinger, sprach Bell insofern von einem „Skandal“, als die sog. „deBroglie-Bohm-Interpretation“ (BBI) der Quantenmechanik nicht in gleichwertiger Weise mit der „Kopenhagener Interpretation“ behandelt und an den Universitäten gelehrt werde. Die „Kopenhagener Interpretation“ hat sich geschichtlich gegen die „Nicht-Lokalität“ durchgesetzt, der de Broglie in den 1920er Jahren und David Bohm seit den 1950er Jahren nachgegangen ist und die heute daher BBI genannt wird. Die „Kopenhagener Interpretation“ ist nicht daran interessiert, was hinter den derzeit bekannten Quanteneffekten liegt, sondern begnügt sich mit den technologischen Verwertungserfolgen der Quantentheorie. So war auch im Jahr 2000, zum Symposium mit renommierten Physikern aus aller Welt anlässlich des 10. Todestages von John Bell, der seine Arbeiten fast ausschließlich den Implikationen rund um das besagte BBI gewidmet hat, kein einziger Repräsentant der BBI in der Rednerliste angeführt. Die Diskussionsoffenheit der Wissenschaft entpuppte sich somit einmal mehr als reine Theorie.

Die Vorstellungen von Bells Theorem fanden hingegen besonderen Anklang bei den transpersonalen Wissenschaften, die sich mit Zeit und Raum übergreifenden Erfahrungen befassen: > Transpersonale Psychologie, > Bewusstseinsforschung, > Parapsychologie, > Synchronizität.

W.: Bell, John: On the Problem of Hidden Variables in Quantum Physics. Review of Modern Physics, 38 (1966); Stapp, H. P. Whiteheadian Approach to Quantum Theory and the Generalized Bell’s Theorem. Foundations of Physics 9 (1979); Bell, John S.: John S. Bell on the Foundations of Quantum Mechanics. Singapore [u. a.]: World Scientific, 2001; ders.: Speakable and Unspeakable in Quantum Mechanics. Second, rev. ed. / with an introd. by Alain Aspect. Cambridge [u. a.]: Cambridge Univ. Press, 2004.

Bellum polemos, ein Ungeheuer als Personifikation des Krieges in der griechischen und römischen Mythologie, das mit hundert eisernen Riegeln verwahrt werden musste. Es wurde auch mit auf den Rücken gebundenen Händen gefesselt gedacht.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag, 2004.

Bélmez de la Moraleda, Gesichter von, farbige Gesichtsformen, die 1971 auf dem Küchenfußboden eines Bauernhauses in einem 2000 Einwohner zählenden Dorf in Andalusien, Spanien, auftraten.

Am 23. August 1971 sah Maria Gómez plötzlich, wie ein Gesicht am Boden auftauchte. Sie rief die Nachbarin, die das Gesicht ebenfalls sah. Gómez versuchte es durch Schrubben zu beseitigen, doch war das Gesicht, das sich im Lauf der Zeit veränderte, nicht zu entfernen. Ihr Sohn riss schließlich den Boden heraus und schüttete neuen Zement auf. Doch dasselbe Gesicht erschien wieder an der gleichen Stelle. In der Folge tauchten noch weitere Gesichter auf, von denen manche blieben, andere wieder verschwanden. Jahrzehnte lang kamen Forscher, entnahmen Bodenproben und untersuchten diese im Labor. Sie gruben bis zu 3 Meter tief, wo sie auf menschliche Knochen stießen. Es stellte sich heraus, dass Marias Haus auf einem Friedhof aus dem 15. Jh. stand. Eine Erklärung für die aufgetretenen Bilder blieb bislang aus. Selbst die größten Skeptiker vermochten sich ihre Entstehung nicht zu erklären.

Man glaubte, dass mit dem Tod von Maria Gómez Anfang 2004, im Alter von 85 Jahren, alles vorbei sei. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr sind neue Gesichter, und zwar in Marias Geburtshaus, aufgetaucht.

Lit.: Martín Serrano, Manuel: Sociología del milagro: las caras de Bélmez. Barcelona: Barral, 1972; Schneider, Alex: Conceptographie – Ein neuer Fall in Belmez. In: Grenzgebiete der Wissenschaft 25 (1976) II, 318 – 340; Martínez Romero, José: Las Caras de Bélmez. Barcelona: Roca, 1978.

Belocolus, eine weißer Stein mit einem schwarzen Auge, der den Träger auf dem Schlachtfeld unsichtbar machen soll.

Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Bd. 1. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Beloff, John (*19.04.1920; † 1.06.2006), britischer Psychologe und Parapsychologe. Als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer geboren, die vor dem 1. Weltkrieg nach England ausgewandert waren, studierte B. an der Universität von London Philosophie und Psychologie. 1952 wurde er Forschungsassistent an der Universität von Illinois, 1953 Lektor für Psychologie an der Queen’s University von Belfast und 1956 schließlich Professor für Psychologie an der Universität Edinburgh in Schottland, wo er bis zu seiner Emeritierung 1985 lehrte. Neben der Psychologie interessierte sich B. wegen der philosophischen Implikationen auch für die Parapsychologie und war 1972 sowie 1982 Präsident der Parapsychological Association und von 1974 – 1976 der Society for Psychichal Research. 1981 wurde B. Herausgeber des Journal of the Society for Psychical Research. Als Treuhänder der Koestler-Stiftung (nach Arthur Koestler, 1905 – 1982) errichtete er 1984 an der Universität Edinburgh den Koestler-Lehrstuhl für Parapsychologie.

B. war ein Verfechter des ganzheitlichen Dualismus aus Materie und Geist. In der parapsychologischen Forschung suchte er eine Antwort auf die Frage, ob es dem Menschen je möglich sein werde, mit der Umgebung anders als mit den Sinnen und der Motorik in Verbindung zu treten. Um jeden Betrug auszuschließen, griff er die Anregung auf, bei Experimenten, bei denen Täuschungen möglich sind, einen kompetenten Zauberer zu Rate zu ziehen. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen sollen hier nur die wichtigsten Bücher genannt werden.

W.: The Existence of Mind. London: McGibbon & Kee, 1962; Psychological Sciences: A Review of Modern Psychology. London: Crosby Lockwood Staples, 1973; New York: Barnes & Noble, 1974; Utrecht: Het Spectrum, 1976; Mexico City: El Manual Moderno, 1979; The Relentless Question: Reflections on the Paranormal. London: McFarland, 1990; Parapsychology: A Concise History: London: Athlone Press, 1993.

Belomantie (griech.; engl. belomancy), Wahrsagen mit Hilfe von Pfeilen. Die meist mit besonderen Zeichen versehenen Pfeile wurden aus einem Köcher geschüttelt oder gezogen (Ez 21, 26) und auf den Boden geworfen oder in eine bestimmte Richtung nach einem sinnbildlich dargestellten Ziel geschossen (1 Sam 20, 20; 2 Kön 13, 15-19) Aus der größeren oder geringeren Entfernung und aus der Art des Niederfallens wurde die Zukunft gedeutet. Diese Form der Wahrsagekunst geht wahrscheinlich auf die Babylonier zurück und wurde auch von den Skythen, Arabern und einigen nordamerikanischen Indianerstämmen praktiziert.

Lit.: Meissner, Bruno: Babylonien und Assyrien. Heidelberg: Winter, 1920; Lenormant, François: Magie und Wahrsagekunst der Chaldäer (La magie chez les Chaldéens et les origines accadiennes). Walluf: Sändig, 1974; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 1. Bd. Berlin: W. de Gruyter, 1987; Das große Handbuch der Magie: Handlesen, Wünschelrute, Biorhythmus, Graphologie, Hellsehen; Kartenlegen. München: Wilhelm Heyne, 31990; Gessmann, Gustav W.: Handbuch der Wahrsagekünste. Leipzig: Bohmeier, 2006.

Belon, Gott der Heilkunst bei den Galliern. Julius Caesar (100 – 44 v. Chr.) stellte ihn in De bello Gallico, VI. 17, 2) sogar auf die Stufe des > Apollon.

Belot, Jean, Vikar von Milmonts, Frankreich, genannt „Professor der göttlichen und himmlischen Wissenschaften“. Er verfasste einst sehr geschätzte Bücher über > Chiromantie und > Physiognomik: Opera Mathematica, Rouen 1640; Chiromantia et Physiognomia, Rouen 1649; L‘Oeuvre des Ouevres, ou le plus Parfait des Sciences Steganographiques, Paulines, Armedelles et Lullistes. Paris 1623, Rouen 1640.

In diesen Büchern er­weist sich B. als Kenner der Schriften des > Raimundus Lullus und des > Agrippa von Nettesheim.

Seine Werke erschienen ge­sammelt unter dem Titel Oeuvres de J. Belot, contenant la chyromancie, physionomie, l’art de la mémoire de Raymond Lulle, traité des divinations, augures et songes, les sciences stéganographiques etc… Dernière édition, revue, corrigée et augmentée de divers traictés. Rouen, Jean Berthelin, 1647 und 1669, 3 parties en 1 vol. in 8º, de 7 ff. 463 pp. Dieses Sammelwerk wird heute zu hohen Preisen angeboten.

Belphegor, Dämon der Entdeckungen oder sinnreichen Erfindungen bzw. ein > Dämon in Frauengestalt. Sein Name geht auf assyr. Baal-Peor (Herr > Baal) zurück, der von den Moabitern auf dem Berg Phegor verehrt wurde und in der jüdischen und mittelalterlichen Dämonologie einer der führenden Dämonen ist. Er wurde aus der Hölle zur Erde gesandt, um herauszufinden, ob es auf Erden eine glückliche Ehe gebe, wofür er jedoch keine Beweise fand.

Wenn er angerufen wird, erscheint er angeblich als junge Frau. Manchmal wird er auch dem phrygischen Gott > Príapos gleichgesetzt. Der Dämonologe Peter > Binsfeld (um 1540 – 1603) bezeichnet ihn als einen der sieben Hauptteufel, dem er die Trägheit zuordnet. > Wierus nennt ihn einen Dämon, der immer den Mund offen hat. Diese Feststellung verdankt er dem Namen Phegor, was „Kluft“ oder „Spalt“ bedeutet, weil man ihn manchmal in Höhlen anbetete und ihm durch Lichtschächte Opfergaben zuwarf.

Lit.: Wierus, Joannes: Ioannis Wieri De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577; Binsfeldius, Peter: Tractat von Bekanntnuß der Zauberer und Hexen, ob und wie viel denselben zu glauben / anfänglich kurtz und summarischer Weiß in Latein beschrieben durch Petrum Binsfeldium. Jetzt aber allen Liebhabern der Warheit und Gerechtigkeit zu gutem, verteutscht. Trier, 1590; Collin de Plancy, Jacques Albin Simon: Die Kinder Lucifers: kleines Lexikon der schwarzen Engel / [Collin de Plancy]. Aus d. Franz. übers. von Dieter Walter. Hrsg. u. mit e. Nachw. vers. von Jakob Shadoku. Berlin: Zerling, 1989.

Belschazzar, Sohn und Nachfolger Nebukadnezzars, letzter König von Babylon, bevor Kyrus es eroberte. Das Ende weissagte ihm der Prophet > Daniel, indem er ihm die Schrift deutete, die eine unbekannte Menschenhand schrieb:

5  In derselben Stunde erschienen die Finger einer Menschenhand und schrieben gegenüber dem Leuchter etwas auf die weißgetünchte Wand des königlichen Palastes. Der König sah den Rücken der Hand, als sie schrieb…

24  Darum hat er diese Hand geschickt und diese Schrift geschrieben. 25  Das Geschriebene lautet aber: Mene mene tekel u-parsin. 26  Diese Worte bedeuten: Mene: Gezählt hat Gott die Tage deiner Herrschaft und macht ihr ein Ende. 27  Tekel: Gewogen wurdest du auf der Waage und zu leicht befunden. 28  Peres: Geteilt wird dein Reich und den Medern und Persern gegeben“ (Dan 5, 5.24-28).

Daraufhin verkündete B., dass Daniel als Dritter im Reich herrschen sollte, doch wurde B., der König der > Chaldäer noch in derselben Nacht getötet und der Meder Darius übernahm die Herrschaft.

Lit.: Steck, Odil Hannes: Das Buch Baruch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998; Santoso, Agus: Die Apokalyptik als jüdische Denkbewegung: eine literarkritische Untersuchung zum Buch Daniel. Marburg: Tectum-Verl, 2007.

Beltane (irisch, auch Beltaine oder Bealtaine), vorchristliches, keltisches Jahreszeitenfest in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai, dem Beginn des Sonnenhalbjahres bei den Kelten. Der 1. Mai liegt nämlich genau in der Mitte zwischen Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche und der Sommersonnenwende. Bel bedeutet „strahlend“, „leuchtend“, Tene oder Teine ist das „Feuer“. So trägt auch der keltische Sonnengott den Namen > Belenus.

B. ist als Fest der Vermählung von Himmel und Erde nicht nur eine Feier der Fruchtbarkeit in Sinne der Fortpflanzung, sondern auch der Kreativität, neuer Ideen und Beziehungen. Die Wahl eines Maikönigs und einer Maikönigin symbolisiert rituell die heilige Hochzeit als Symbol für die Verbindung von Gott und Göttin. Der heute noch weitverbreitete Brauch der Wahl einer Maikönigin ist ein letzter Hauch dieser üppigen Feiern. 

B. gilt zudem als der höchste Feiertag der > Hexen.

Lit.: Ansha: Die magische Welt der Kelten: [Mythologie, Naturverständnis, Kunst, Kultur und Jahresfeste – und was sie heute für uns bedeuten]. München: Ludwig, 2000; Krause, Arnulf: Die Welt der Kelten: Geschichte und Mythos eines rätselhaften Volkes. Frankfurt a. M. [u. a.]: Campus, 22007.

Beltrami, Carolina (*4.08.1869 Alessandria / Italien, † 8.04.1932) gründete am 15. Januar 1898 mit zwei Gefährtinnen die Kongregation der Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis Mariä für den Dienst am Menschen in Erziehung, Seelsorge, Nächstenliebe, Pflege und Beruf. Am 17. April 1910 trat sie in den Dritten Orden der Diener Mariens ein. Am 15. Januar 1920 berief sie der Bischof nach verschiedenen Schwierigkeiten wiederum in die Leitung der Gemeinschaft, die sie mit großem Einsatz aufbaute. Von der neuen Oberin vollkommen zurückgesetzt, starb sie am 8. April 1932 als einfache Schwester. Bei der Übertragung ihrer sterblichen Überreste am 28. April 1944 war ihr Körper lediglich etwas geschrumpft, sonst aber völlig unversehrt.

Lit.: Lanzavecchia, Renato: Carolina Beltrami: la figura, le opere. Casale Monferrato, 1986; Bouflet, Joachim: Encyclopédie des phénomènes extraordinaires dans la vie mystique. Tome 1: Phénomènes objectifs. Paris: Editions Le jardin des Livres, 2002.

Belus > Belenus.

Bély, Jean-Pierre, Geheilter von Lourdes. B. wurde am 9. Oktober 1936 geboren und lebte zur Zeit der Heilung am 9. Oktober 1987 in La Couronne (Frankreich). Am 14. November 1998 ließ das Internationale Medizinische Komitee von Lourdes (CMIL) verlauten, dass die plötzliche, vollständige und dauerhafte Heilung von Multipler Sklerose im fortgeschrittenen Zustand bei B. wissenschaftlich nicht erklärbar sei. Am 9. Februar 1999 wurde die Heilung von Bischof Dagens von Angoulême als Wunder anerkannt. Sie ist als 66. Wunderheilung von Lourdes eingetragen.

Lit.: Resch, Andreas: Die Wunder von Lourdes. Innsbruck: Resch, 2009.

Belzemärtel > Andreasnacht.

Bemafest, das höchste Fest im > Manichäismus, das am Ende des zwölften Monats, des manichäischen Fastenmonats, an Stelle des Osterfestes gefeiert wurde. Im Mittelpunkt des Festes stand die Erinnerung an den Tod > Manis und den Aufstieg seiner Seele in das Lichtreich. Dazu wurde ein „Richterstuhl“ (Bema) aufgestellt, zu dem fünf Stufen emporführten. Der leere Stuhl symbolisierte die Anwesenheit des toten Meisters. Nach Widengren ist dieser leere Stuhl dem Buddhismus entlehnt, wo das leere Tribunal ursprünglich die Bedeutung hatte, „dass Buddha zum Himmel der 33 Götter aufgestiegen war“ (Widengren, S. 103).

Lit.: Widengren, Geo: Mani und der Manichäismus. Stuttgart: Kohlhammer, 1961; Wurst, Gregor: Das Bêmafest der ägyptischen Manichäer. Altenberge: Oros-Verl., 1995.

Ben (hebr.), in der > Kabbala der geheime Name von > Asijjah, der materiellen Welt oder der „Welt der Verfestigung“. Sie ist als Materie die vierte und letzte der kabbalistischen Welten, enthält jedoch auch geistige Elemente, wenngleich auf der untersten Stufe, zumal in der Kabbala Materie nichts Selbstständiges oder Ursprüngliches ist.

Lit.: Maier, Johann: Die Kabbalah. München: Beck, 1995.

Ben Elieser, Israel > Baal-Schem-Tov.

Benandanti (ital., „die Wohlfahrenden“), Träger eines Fruchtbarkeitskultes in der Provinz Friaul, Italien, zwischen 1550 und 1650. Dieser Kult wurde von dem Historiker Carlo Ginzburg anhand von Akten der Inquisition rekonstruiert. Ihm fiel die Kluft zwischen den Fragen der Inquisitoren und den Aussagen der Hexen (Frauen und Männer) auf, die den üblichen Stereotypen widersprachen. So berichteten die Hexen, dass die B., die mit einer Eihaut zur Welt gekommen seien, viermal im Jahr nachts „im Geiste“ (Traum, Trance) mit Fenchelzweigen bewaffnet gegen die Malandanti, die Hexen (strege) und Hexer (stregoni), aufbrechen müssten, welche ihrerseits mit Hirsestängeln bewaffnet seien, um für die Fruchtbarkeit der Felder zu kämpfen. Der Ausgang der Kämpfe entscheide über das Wohl der Gemeinschaft. Ob die beschriebenen Riten auch wirklich stattgefunden haben, ist allerdings bislang nicht bewiesen.

Derartige Beschreibungen erinnern an schamanistische Vorstellungen im gesamten eurasischen Raum, wonach sich Angehörige eines Stammes in einen tranceartigen Zustand versetzten, um eine Reise in das Totenreich zu unternehmen, in dem um die Fruchtbarkeit der Felder gekämpft wurde. Die B. heißen bei den Völkern Osteuropas > Kresniki (Istrien), > Negromanat (Bosnien) > Zduhac (Herzogowina), > Taltos (Ungarn) und Burkuzäutä (Kaukasus). > Hexen; > Erdmutter; > Sabbat.

Lit.: Ginzburg, Carlo: Die Benandanti. Feldkulte und Hexenwesen im 16. und 17. Jahrhundert. Aus dem Ital. von Karl Friedrich Hauber. Hamburg: Europ. Verl.-Anst, 1993; ders.: I benandanti: stregoneria e culti agrari tra Cinquecento e Seicento. Torino: Einaudi, 2005; ders.: Hexensabbat. Entzifferung einer nächtlichen Geschichte. Aus dem Ital. von Martina Kempter. Berlin: Wagenbach, 2005.

Benben („bnbn“), Ur-Obelisk, der nicht durch archäologische Funde, sondern durch Hieroglyphen belegbar ist. Nach den Hieroglyphen, die, ähnlich den Zeichen der chinesischen Schrift, unmittelbar aus der realen Welt entliehen wurden, hatte B. eine spitz oder konisch zulaufende Form. Es wird sogar vermutet, dass aus dem etwas wuchtig wirkenden Pfeiler sich später der schlanke, seine Schwerfälligkeit überwindende Obelisk entwickelt habe.

Von Heliopolis hat dieser kegelförmige Steinfetisch seine Bezeichnung auf die Spitze der > Obelisken (Urk. IV. 385 fem. bnbn. t) und der > Pyramiden (> Pyramydion) übertragen.

Der B. selbst sei laut Überlieferung der Ägypter ein Gegenstand gewesen, der vom Himmel zur Erde herabkam. In ihm befand sich Gott > Re (später von > Atum überlagert), der auf diese Weise zu den Menschen gelangte und zum Herrscher Ägyptens wurde. So heißt es in den Pyramidentexten über Re, die seit der 5. Königsdynastie in den Kammern und Gängen der Pyramiden zu lesen sind: „Du bist erschienen als benben-(Stein)“ (nach Fiebag, S. 107).

Lit.: Sethe, Kurt: Die altaegyptischen Pyramidentexte nach den Papierabdrücken und Photographien des Berliner Museums / Neu hrsg. u. erl. Kurt Sethe. Bd. 1– 4. Leipzig: J. C. Hinrichs, 1908 – 1922; Dondelinger, Edmund: Der Obelisk: e. Steinmal ägypt. Weltanschauung. Graz: ADEVA, 1977; Fiebag, Peter: Ge-
heimnisse der Naturvölker: Götterzeichen, Totenkulte, Sternenmythen; kosmische Rituale auf Sulawesi und in den Anden. München: Langen Müller, 1999.

Bender, Albert K., gründete Anfang der 1950er Jahre das International Flying Saucer Bureau (IFSB) in Bridgeport, Connecticut /USA, und gab vor, wesentliche Entdeckungen über den Ursprung der > UFOs gemacht zu haben, sei jedoch im September 1953 von drei mysteriösen schwarz gekleideten Männern zum Schweigen gebracht worden. Der Schriftsteller Gray Barker veröffentlichte diese Geschichte 1956 in dem Buch They Knew Too Much About Flying Saucers, worin er erklärt, dass B. deshalb zum Schweigen gebracht worden sei, weil er das UFO-Geheimnis geknackt habe. Seither sind die Männer in Schwarz in die UFO-Mythologie eingegangen. 1962 veröffentlichte B. das Buch Flying Saucers and the Three Men, worin er die schwarzen Männer als monströse Kreaturen vom Planeten Kazik beschreibt, auf dem es drei Geschlechter gäbe. Der Phantasie werden dabei keine Grenzen gesetzt, doch findet die Geschichte vielleicht gerade deshalb weiterhin Anklang.

W.: Flying Saucers and the Three Men. Lilburn, GA: IllumiNet Press, 1997.

Lit.: Barker, Gray: They Knew Too Much About Flying Saucers. New York: University Books, 1956.

Bender, Hans (*5.02.1907 Freiburg i. Br., Deutschland; † 7.05.1991 ebd.), Nestor der Parapsychologie der zweiten Hälfte des 20. Jhs.

B. interessierte sich schon sehr früh für das Außergewöhnliche. Mit 17 Jahren nahm er an einer Séance in London teil, in der mittels Planchette-Buchstabieren Botschaften erhalten wurden, welche die Teilnehmer offenbar überraschten. Solche und ähnliche rätselhafte Vorgänge scheinen dafür verantwortlich zu sein, dass B. sich nach einem kurzen Jusstudium in seiner Heimatstadt für das Studium der Psychologie, Philosophie und Romanistik entschied. In Paris hörte er im Collège de France Pierre > Janet, der sich mit dissoziierten Bewusstseinszuständen befasste und Schwierigkeiten hatte, die > Telepathie in sein Weltbild einzuordnen. Dies stimulierte B., sich eingehend mit Parapsychologie zu befassen. 1933 promovierte er bei Prof. Erich Rothacker mit der Dissertation Psychologische Automatismen: Zur Experimentalpsychologie des Unterbewussten und der außersinnlichen Wahrnehmung. B. absolvierte dann als Assistent am Bonner Psychologischen Institut das Studium der Medizin, das er 1939 mit dem Staatsexamen abschloss. 1941 habilitierte er sich an der Bonner philosophischen Fakultät mit der Arbeit Experimentelle Visionen. Kurz nach der Habilitation wurde er Dozent an der damaligen Reichsuniversität Straßburg, wo er das Institut für Psychologie und Klinische Psychologie unter Einbezug der Astrologie aufbaute.

Da ihm nach dem Krieg die Franzosen die parapsychologische Literatur überließen, brachte er diese zusammen mit der Büchersammlung von Dr. Albert von > Schrenck-Notzing in Sicherheit, um bereits 1946 mit der Errichtung eines Instituts zu beginnen. Unterstützt von Frau Lotte Böhringer konnte er 1950 in Anwesenheit von Prof. J. B. > Rhine und dessen Frau Louisa in Freiburg das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene eröffnen. 1953 stellte Fanny > Moser eine Stiftung für eine personelle Besetzung zur Verfügung. An der Universität Freiburg konnte B. als Gastprofessor seine Lehrtätigkeit fortführen. 1953 kam es zur Errichtung eines Extraordinariats für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie, das B. übertragen und 1967 in ein Ordinariat umgewandelt wurde. Zur gleichen Zeit wurde dem Psychologischen Institut der Universität eine Abteilung für Grenzgebiete der Psychologie angegliedert, für die von der Universität Räume in Benders Institut angemietet wurden. Damit war auch die Lehrtätigkeit von B. bestimmt: 70 % Psychologie, 30 % Parapsychologie.

Nach seiner Pensionierung 1975 widmete sich B. der Leitung des Instituts. Durch seine Veröffentlichungen und Vorträge wurde er zu einem der bekanntesten und zugleich am meisten angegriffenen Professoren im deutschen Sprachraum, was auch seine zahlreichen Ehrungen bekunden, von denen hier nur die Ehrenmitgliedschaft des Instituts für Grenzgebiete der Wissenschaft (IGW) in Innsbruck und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse genannt seien.

In den letzten Jahren zog sich B. von der Öffentlichkeit zurück und starb völlig unerwartet am 7. Mai 1991.

Trotz aller Angriffe und Verleumdungen ist es B. gelungen, die Parapsychologie zu universitären Ehren zu führen, was z. B. Max Dessoir (Berlin), Traugott Konstantin Österreich (Tübingen), August Messer (Gießen) oder Hans Driesch (Leipzig) nicht gegönnt war.

In der wissenschaftlichen Ausrichtung von B. lassen sich zwei Ansätze ausmachen: Die parapsychologische Erforschung der „okkulten“ Erscheinungen und die psychohygienische Hilfestellung für die „okkult“ Geschädigten. Dabei waren für B. nicht so sehr die statistischen Daten als vielmehr die persönlichen Erfahrungen von Bedeutung, worin er sich mit C. G. > Jung sehr verbunden fühlte. Hingegen war ihm die Beschränkung J. B. Rhines auf die Kartensymbole als standardisiertes Versuchmaterial zu eng, da für ihn das „affektive Feld“ für die Manifestation von Psi von besonderer Bedeutung war. Hier stimmte er mit dem Holländer W. H. C. > Tenhaeff überein, mit dem er > Platzexperimente mit dem Hellseher Gerard > Croiset durchführte.

Als weiterer Schwerpunkt seiner Forschung ist neben den Spukfällen, von denen er 60 untersuchte, die Welt der Träume zu nennen, wozu die medial begabte Schauspielerin Christine > Mylius einen herausragenden Beitrag leistete. Zudem hat B. gegen den offiziellen Trend der empirischen Parapsychologie auch die Astrologie in sein Programm aufgenommen und selbst die Frage des Fortlebens nach dem Tode nicht völlig ausgeblendet.

Was schließlich seine Veröffentlichungen anbelangt, so belaufen sich diese – abgesehen von Artikeln und Interviews in Zeitungen und Illustrierten sowie Rundfunk- und Fernsehsendungen – auf 186 Titel (Bauer). Thematisch lassen sich diese Arbeiten vor allem den Begriffen > Außersinnliche Wahrnehmung, > Hellsehen, > Präkognition, > Psychokinese und > Telepathie zuordnen.

Besonders hervorzuheben sind schließlich noch die 1957 erfolgte Gründung der Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie sowie die Errichtung einer Spezialbibliothek, die seit 1973 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird.

W.: Psychische Automatismen. Zur Experimentalpsychologie des Unterbewussten und der außersinnlichen Wahrnehmung. Leipzig: Barth, 1936; Zum Problem der außersinnlichen Wahrnehmung: ein Beitrag zur Untersuchung des „räumlichen Hellsehens“ mit Laboratoriumsmethoden. Sonderdruck. Leipzig: Barth, 1936; Unser sechster Sinn: Telepathie, Hellsehen und Psychokinese in der parapsychologischen Forschung. Stuttgart [u. a.]: Dt. Verl.-Anst, 1975; Parapsychologie, ihre Ergebnisse und Probleme. Frankfurt / M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 1976; Zukunftsvisionen, Kriegsprophezeiungen, Sterbeerlebnisse. Aufsätze zur Parapsychologie II. München: Piper, 1983; Telepathie, Hellsehen und Psychokinese. Aufsätze zur Parapsychologie I. München: Piper, 51984; Umgang mit dem Okkulten. Freiburg: Aurum, 21986; als Hg.: Parapsychologie, Entwicklungen, Ergebnisse, Probleme. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1980.

Lit.: Bauer, Eberhard: Verzeichnis der Schriften von Prof. Dr. Dr. Hans Bender. Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 29 (1987) 1, 101 – 111; Gruber, Elmar R.: Suche im Grenzenlosen: Hans Bender – ein Leben für die Parapsychologie. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1993.

Bendis, waffentragende, jungfräuliche Göttin der Thraker. Die Griechen setzten sie der > Artemis, verschiedentlich auch der > Hekate, gleich. Ihr Kult wurde zur Zeit des Perikles in Athen eingeführt.

Lit.: Nilsson, M. P.: Bendis in Athen (From the Collections of Ny Carslberg Glyptothek 3 / 1942; Ambos, Claus /Stephan Hotz / Gerald Schwedler / Stefan Weinfurter (Hrsg.): Die Welt der Rituale: von der Antike bis heute. Darmstadt: Wiss. Buchges., 22006.

Bendit, Laurence John (14.05.1898 Marseille / Frankreich; † 1974), Psychiater und Autor. B. studierte an der Universität Cambridge, England, und war der Erste, dem eine britische Universität die Doktorwürde der Medizin für eine Arbeit über die Parapsychologie verlieh. Von 1923 an arbeitete er als Psychiater in Privatpraxis. 1939 heiratete B. Phoebe Daphne Payne, Mitautorin einiger seiner Bücher. Aufgrund seines Interesses für außergewöhnliche psychische Phänomene war er von 1937 – 1946 Mitglied der > Society for Psychical Research, trat der > Theosophischen Gesellschaft bei und war von 1958 – 61 deren Generalsekretär. B. schrieb zahlreiche Artikel in theosophischen Zeitschriften und mehrere Bücher. Er befasste sich vor allem mit der Frage der psychischen Fähigkeiten in Bezug auf psychische Probleme.

W.: The Psychic Sense. With a foreword by L. A. G. Strong. London: Faber & Faber, 1942 (zus. m. Phoebe D. Payne); Paranormal Cognition: Its Place in Human Psychology. London: Faber and Faber Ltd., 1944; This World and That: An Analytical Study of Psychic Communication. London: Faber and Faber, 1948; Man Incarnate. A Study of the Vital Etheric Field. London: Theosophical Publishing House, 1956 (zus. m. Phoebe D. Payne).

Bendit, Phoebe Daphne (Payne) > Bendit, Laurence John.

Benedict, Mrs. (ca. 1850), offizielles Medium des Apostolic Circle in Auburn, New York, und die erste amerikanische Sensitive nach den > Fox-Schwestern. Ihre sensitiven Fähigkeiten kamen in Katie Fox’s Zirkel in Auburn zur Entfaltung. > Harris, Thomas Lake; > Mountain Cove Community.

Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Benedikt von Canfield (*1562 Essex, England; † 21.11.1610), Kapuziner; wurde in der anglikanischen Kirche auf den Namen William Fitsch getauft. Während seines Jurastudiums in London trat er am 1. August 1585 heimlich zur katholischen Kirche über, ging nach Paris, trat in den Kapuzinerorden ein, studierte in Venedig Theologie und empfing 1589 die Priesterweihe. B. wirkte dann als Novizenmeister in Orléans und wurde bei dem Versuch, 1599 in Zivilkleidung nach England zu reisen, gefangen genommen. Während seiner dreieinhalbjährigen Haft verfasste er ein englisches Manuskript seines auf Französisch erschienenen Hauptwerkes La règle de perfection. Darin beschreibt er auf vielen Seiten eigenes ekstatisches Erleben und die mystische Versenkung. Ab 1603 hielt er sich wieder in Frankreich auf, wo er als Spiritual und Schriftsteller arbeitete.

Nach B. könne man durch vollkommene Übereinstimmung mit dem Willen Gottes und der Betrachtung des Leidens Christi sowie durch passives Zu-Nichts-Werden (Entrückung) und aktives Zu-Nichts-Werden (In-Gott-Sein) im überragenden mystischen Erleben Gott schauen. 1689 kam La règle de perfection wegen quietistischer Tendenzen auf den Index.

W.: La Règle de Perfection contenant un abregé de toute la vie spirituelle, réduite à ce seul poinct de la volonté de Dieu; divisé en trois parties… Augmentee en ceste septiesme edition de sa miraculeuse conversion, & un sommaire discours de son heureuse vie & mort; plus une sienne methode & adresse de l‘oraison, avec une lettre qu‘autrefois il a escrit au pere Ange de Joyeuse. Charles Chastelain, 1633.

Benedikt von Nursia (* um 480 Nursia, Umbrien, Italien, † 21.03.547 Monte Cassino – der Tag ist sicher, das Jahr nur erschlossen), heilig (Fest: 21. März), Gründer des Benediktinerordens, Vater des abendländischen Mönchtums und Patron Europas; B. studierte in Rom artes liberales, schloss sich nach einem Bekehrungserlebnis zunächst einer Asketengruppe an und lebte dann drei Jahre als Einsiedler in der Nähe von Subiaco. 530 gründete er zu Monte Cassino das Stammkloster des nach ihm benannten Benediktinerordens und verfasste die bedeutendste lateinische Mönchsregel mit der Grundaussage: ora et labora (bete und arbeite).

In seinen Dialogen – II (ganz B. gewidmet), III, 16; IV, 7 – will Gregor I. d. Gr. (590 – 604) keine eigentliche Biografie schreiben, sondern am Beispiel von B. den mystischen Weg zu Gott aufzeigen. Dieser Weg ist gekennzeichnet durch eine Reihe paranormologisch relevanter Episoden: > Visionen, Gabe der > Unterscheidung der Geister, > Wiederbelebung einer Leiche durch Gebet usw.

Unter anderem ist von folgender Vision die Rede: B. stand am frühen Morgen am Fenster, betete und blickte ins Freie. Da sah er plötzlich, wie sich ein Licht von oben her ergoss, alles erhellte und den ganzen Tag das Tageslicht übertraf. Dabei wurde B., wie er später erzählte, die ganze Welt, wie in einem Sonnenstrahl vereinigt, vor Augen geführt.

Die mit B. in Verbindung gebrachten Devotionalien haben Amulettcharakter und sollen vor schwerem Tod, Unwetter, Bezauberung u. a. m. schützen.

Lit.: Vogüé, Adalbert de – Calati, Benedetto – Gregorius PP. I, Magnus / Dialogi. Roma: Vita Nuova, 2000.

Benedikt Manassari von San Philadelphio (der Mohr), Franziskaner, heilig (24.05.1807, Fest: 4. April), als Sohn eines äthiopischen Sklaven 1526 in San Philadelphio bei Messina geboren, seiner dunklen Hautfarbe wegen auch „der Mohr“ genannt, wurde in jungen Jahren Einsiedler in San Fratello in der Nähe seines Heimatdorfes und trat dann als Laienbruder bei den Franziskanern ein. Obwohl er nicht lesen und schreiben konnte, ernannte man ihn aufgrund seiner charismatischen Gaben zum Guardian und anschließend zum Novizenmeister. B. starb in seinem Kloster zu Palermo am 4. April 1589 und wurde 1807 heiliggesprochen. Als gefordertes Wunder für seine Heiligsprechung wurde die plötzliche und vollkommene > Heilung des vierzehnjährigen Philipp Scaglione anerkannt, dessen Beine von Geburt an verkrüppelt waren.

In der Zeugenvernehmung des Heiligsprechungsverfahrens machte Philipp Scaglione als 21-Jähriger folgende Aussage: „Ich bin in dieser Welt an beiden Beinen als Krüppel geboren, und so lebte ich viele Jahre dahin, niemals habe ich auf meinen Füßen stehen können. Wenn ich gehen wollte, musste ich auf dem Boden kriechen mit den Knien. Und oftmals vermochte ich das nicht einmal zu tun“ (Schamoni, S. 179). Als er 14 Jahre alt war und die Franziskaner die Reliquie des Bruders Benedikt an seinem Haus vorbeitrugen, ließ er sich von seiner Schwester Vinzenza zum Fenster bringen. „Nachdem sie mich dorthin getragen hatte, bat ich ihn, er möge meine Beine heilen, damit ich gehen könne, und ich bat ihn darum aus ganzem Herzen. Als die Prozession vorüber war… sah ich einen Franziskaner mit schwarzem Gesicht neben mir, der mir sagte, ich solle gehen, denn ich sei schon geheilt…. Ich ging frei und fröhlich, etwas, was ich in meinem Leben noch nie getan hatte… Und so ist es bis heute geblieben… ich kann tüchtig gehen und unbehindert laufen ohne jede Schwierigkeit“ (Schamoni, S. 80).

Lit.: Benedictus a Sancto Philadelphio, Positio super miraculo. Romae, 1780, S. 7 – 11; Schamoni, Wilhelm: Wunder sind Tatsachen. Würzburg [u. a.]: Johann Wilhelm Naumann; Christiana; Veritas, 31976.

Benedikt XIV., Papst (1740 – 1758), vorher Prospero Lambertini, wurde am 31.3.1675 in Bologna geboren. Zu höheren theologischen Studien begab er sich nach Rom und spezialisierte sich in bür­gerlichem und kanonischem Recht. Etwa 40 Jahre lang war er zunächst als Konsistori­alanwalt, später als Glaubensanwalt in der Hl. Ritenkongregation tätig, auch noch als Bischof. 1727 wurde er Erzbischof von Ancona, 1728 Kardinal und 1731 Erzbischof von Bologna, wo er u. a. die erste Frau in der Geschichte zur Professorin der Physik ernannte.

Sein Hauptverdienst liegt in der Gesetzgebung, in die er die Kenntnisse seiner 30-jährigen Tätigkeit als Glaubensanwalt (advocatus diavoli) der Ritenkongregation (heute Heiligsprechungskongregation) über das Gesamtgebiet der Heiligsprechung und die Wunderfrage einbaute. Dabei folgt er bei der Herausgabe der Zusammenfüh­rung der zahlreichen Dokumente, die sich im Laufe der Jahrhunderte zum Thema Wunder angesammelt hatten, in seinem monumentalen Werk Opus De Servorum Dei Beatificatione et Beatorum Canonizatione der kirchlichen Lehre mit strengen Kriterien. Denn obgleich er es für mög­lich hält, hinsichtlich Martyrium und Heroizität der Tugenden zu einem sicheren Urteil gelangen zu können, besteht er dennoch auf der Not­wendigkeit von Wundern als einer göttlichen Bestätigung dieser Tugenden. Die Wunder sind notwendig, um sicherzustellen, dass das Leben eines Nicht-Märtyrers insgeheim nicht „laxer“ („laxior“) verlaufen ist als aus den Zeu­genaussagen hervorgeht, wobei er sich auf die Lehre des Thomas von Aquin beruft, demzufolge Gott Wunder zum Wohle der Menschen, zur Untermauerung der verkündeten Lehre oder zum Beweis der Heiligkeit ei­nes Dieners Gottes wirkt, entweder zu dessen Lebzeiten oder nach seinem Tod.

Um hier jedweder Form einer vorschnellen Beurteilung als übernatürlich vorzubeugen, setzt sich Lambertini im dritten und vierten Band von De Servorum mit den einschlägigen paranormologischen Themen im Zusammenhang mit der Wunderheilung auseinander, die im Folgenden kurz aufgelistet seien:

hier Tabelle!

In Vorbereitung dieser Abhandlungen in De Servorum verfasste Lambertini ein Manuskript mit dem Titel Notae de miraculis, das Emidio Alessandrini O.F.M. in Bologna entdeckte und in seiner von Andreas > Resch vorgeschlagenen Doktorarbeit als von Lambertini geschrieben identifiziert und anhand der Wiedergabe des lateinischen Originaltextes kommentiert hat. Das in 7 Kapitel eingeteilte Manuskript befasst sich in Kap. 1) mit der Definition des Wunders; in 2) mit dem Wunder im Allgemeinen; in 3) mit den Regeln der Unterscheidung der Wunder; in 4) mit den unkörperlichen Substanzen; in 5) mit der Magie; in 6) mit der Existenz der Wunder in der christlichen Religion und in 7) mit der Qualität der Wunder der christlichen Religion.

Wenn auch viele Deutungen des Paranormalen in den Werken Lambertinis vom heutigen Wissensstand aus als zeitbedingt erscheinen, so betont er doch bereits die Macht der Suggestion, sieht auch im nichtchristlichen Raum positive Aspekte des Paranormalen, kann sich eine natürliche Ekstase auch bei Heiligen und eine natürliche Ursache bei Offenbarungen vorstellen. So bezeichnet er den Daimonion des Sokrates als innere Stimme, als göttliches Zeichen, das ihm von der politischen Tätigkeit abriet.

Während das Werk De Servorum eine reife Arbeit ist, die zusammen mit anderen im Klima der Aufklärung entstand, wurden die Notae de miraculis in Lambertinis frühen Jahren und ohne besondere Rücksicht auf die öffentliche Meinung verfasst, wenngleich die wissenschaftlichen und seelsorglichen Aspekte in der zweiten Hälfte der Arbeit berücksichtigt werden. Die Notae sind daher als Initialkern von De Servorum zu bezeichnen.

In De Servorum versucht Lambertini angesichts der rationalistischen Verneinung alles Außergewöhnlichen durch die Aufklärung auf der einen Seite und die Diskussionsentfremdung der Theologen vom Empfinden des Volkes auf der anderen Seite das Paranormale auf eine solide kritische Urteilsebene zu stellen, ohne es grundsätzlich zu verneinen. So schrieb er: „Der Mensch wandert zwischen zwei Abgründen, sodass es einfach ist, ihn alles glauben und nichts glauben zu sehen.“ Diese Zwiespältigkeit suchte er durch eine kritische Betrachtung des Paranormalen zu überwinden.

Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die von Lam­bertini formulierten Kriterien zur Beurteilung von Wunderheilungen, die sich wie folgt zusammenfassen lassen und heute noch Geltung haben:

1.  Die Krankheit muss schwer und ihre Heilung laut Urteil qualifizierter Ärzte extrem schwierig bis unmöglich sein.

2.  Die Krankheit darf sich nicht schon kurz vor dem Abklingen befin­den oder bei der Krisis angelangt sein, welche der Heilung des Kranken vorausgeht. Nicht gegen ein Wunder spricht jedoch, wenn die Krankheit normalerweise durch ein Medikament oder andere ärztliche Mittel geheilt werden kann, diese Mittel aber dort fehlen, wo sich das Wunder ereignet.

3.  Es dürfen keine Medikamente verabreicht worden sein, die eine sol­che Krankheit heilen könnten. Ferner muss sicher sein, dass sich die ver­wendeten Medikamente als unwirksam erwiesen.

4.  Die Heilung muss plötzlich erfolgen.

5.  Die Heilung muss vollständig sein. Zurückbleiben dürfen lediglich harmlose Folgeerscheinungen, wie etwa Narben.

6.  Der Heilung darf keine größere heilsame Krise vorausgegangen sein, dies unter Bezugnahme auf Galenus, demzufolge die Natur eine Heilung auf dreifache Weise bewirken könne: durch Dekubitus, durch Krisis und durch einfache Remission.

Aufgrund dieser umfangreichen Betrachtung des Paranormalen ist Benedikt XIV. als der erste Paranormologe zu bezeichnen.

W.: De Lambertinus Opus De Servorum Dei Beatificatione et Bea­torum Canonizatione, in septem volumina distributum. Editio novissima ad postremam remondinianam exacta. Prati, MDCCCXXXIX f.

Lit.: Alessandrini, Emidio: Creder tutto Creder nulla: Il Notae de Miraculis: Opera inedi­ta del Cardinale Prospero Lambertini (Benedetto XIV), sui fenomeni straordinari e magi­co-superstiziosi. Excerpta ex Dissertatione ad Doctoratum in Theologia Morali Conse­quendum. Assisi: S. Mariae Angelorum, 1995 (Die Doktorarbeit wurde an der Accademia Al­fonsiana, Rom, unter Leitung von Sabatino Majorano und Andreas Resch verfasst.).

Benediktenrose > Pfingstrose.

Benediktinische Mystik, ein Weg zu Gott, der von zwei Säulen getragen wird: dem Leben > Benedikts von Nursia und der von ihm verfassten Ordensregel.

a)  Das Leben Benedikts wird in den „Dialogen“ Gregors I. des Großen um 594 in Buch II; III, 16; VI, 8.9 beschrieben. Es wird berichtet vom Weg Benedikts zu Gott, von Berufung, Bekehrung, Läuterung und der höchsten Schau Gottes, der > Unio mystica. In der Niederlage zog sich Benedikt ganz zurück, um allein durch Gottes Hilfe seine Seele zu läutern. Wie viele Mystiker hatte auch er gegen Versuchungen und Widerstände zu kämpfen, wurde aber andererseits durch besondere Gaben ausgezeichnet. So sah er die Seele seiner Schwester als Taube zum Himmel fliegen und das Weltall in einem einzigen Sonnenstrahl zusammengefasst. Zudem hatte er die Gabe der Unterscheidung der Geister.

b) Die zweite Säule der benediktinischen Mystik ist die Regula Benedicti. So steht in Kap. 4,  10: „sich selbst verleugnen, um Christus nachzufolgen“; 4,  21: „nichts der Liebe zu Christus vorziehen“; 57,  9: „damit in allem Gott verherrlicht werde“. Alles hat jedoch in rechtem Maß zu geschehen. 64,  19: „das weise Maß ist die Mutter der Tugenden“.

Durch > Bernhard von Clairvaux wurde das Demuts- und Gehorsamsverständnis und durch > Gertrud die Große die Nachahmung des Gehorsams Christi weiter vertieft.

Die Regel fordert aber auch ein Verankertsein in der Hl. Schrift und in der Liturgie, was die Texte aller Mystiker/innen benediktinischer Prägung, wie z. B. der > Hildegard von Bingen, der > Elisabeth von Schönau, der > Mechhtild von Hackeborn, des > Johannes von Kastl u. a., bezeugen.

Lit.: Les mystiques bénédictins des origines au XIIIe siècle [Texte imprimé] / Besse, Jean-Martial (1861 – 1920) / P. Lethielleux: Desclée de Brouwer: Abbaye de Mardesons / 1922; Heufelder, P. Emmanuel: Der Weg zu Gott nach der Regel des heiligen Benediktus. Dülmen i. Westf.: Laumann, 1948; Tschudy, Julius Franz: Der heilige Benedikt und das benediktinische Mönchtum. S[ank]t Ottilien: EOS-Verlag, 1979; Vogüé, Adalbert de – Calati, Benedetto – Gregorius PP. I, Magnus / Dialogi: Roma: Vita Nuova, 2000; Die Benediktusregel lat.-deutsch / Hrsg. Salzburger Äbtekonferenz. Beuron: Beuroner Kunstvlg., 2006.

Benediktuskreuz und Benediktusmünzen, dem heiligen > Benedikt geweihte Kreuze, Medaillen und Münzen, denen man eine besondere Wirkung gegen alles Böse, vor allem aber gegen > Hexen zuschrieb. Die Wirkung sollte durch bestimmte Zauberworte noch verstärkt werden, wie etwa die Formel

CSSML NDSMD,

die man auf Kreuze gravierte:

Crux Sacra Sit Mihi Lux

Non Draco Sit Mihi Dux.

(Das heilige Kreuz sei mir Licht

Nicht sei der Drache mir Führer.)

Im Jahre 1647 gaben mehrere Frauen, die im bayrischen Natternberg als Hexen festgenommen wurden, während des Verhörs zu Protokoll, dass ihre Künste gegen Menschen und Orte, die unter dem Schutz eines Benediktuskreuzes stehen, machtlos seien. Vor allem dem Kloster Metten könnten sie nichts anhaben, da es dort ein solches Kreuz gebe. Daraufhin wurde das Kloster inspiziert und man fand mehrere Kreuze dieser Art sowie eine Handschrift mit dem Bild des hl. Benedikt, die allerlei Informationen über den Nutzen der Benediktuskreuze enthielt.

Im Volk waren neben diesen Kreuzen auch mit Sprüchen versehene Benediktusmünzen verbreitet.

Lit.: Effectus et virtutes crucis sive numismatis s. patriarchae Benedicti: Item medicamentum spirituale contra morbos et pestem in eodem numismate characteribus expressum, cum addita benedictione. Salisburgi: Mayr, 1664; Das St.-Benediktuskreuz oder die Medaille des heiligen Benediktus. Durach: Schmid, 1994; Bandini, Ditte: Kleines Lexikon des Hexenwesens. Genehm. Lizenzausg. f. area verlag gmbh, Erftstadt. München: Dt. Taschenbuchverlag, 1999.

Benediktussegen, ein Doppelspruch in lateinisch gereimten Versen, der gewöhnlich nur mit den Wortinitialen auf den > Benediktuskreuzen und -medaillen geschrieben steht:

Auf Benediktuskreuzen: CSSML NDSMD

Crux Sacra Sit Mihi Lux

Non Draco Sit Mihi Dux.

(Das Heilige Kreuz Sei Mein Licht

Nicht Sei der Drache Mein Führer.)

Auf Benediktusmedaillen:

VRSNSMV SMQLIVB

Vade Retro Satana,

Numquam Suade Mihi Vana

Sunt Mala Quae Libas

Ipse Venena Bibas.

(Weiche Zurück, Satan,

Niemals Rate Mir Eitelkeiten!

Ist es Unheil, Das du Spendest,

Trinke Selbst das Gift.)

In den vier Kreuzwinkeln steht noch:

Crux Santi Patri Benedicti

Kreuz des Heiligen Vaters Benedikt.

Diese Sprüche werden in den diesbezüglichen Schriften auf den heiligen > Benedikt zurückgeführt. Sie wurden aber auch entschieden bekämpft (Thiers). So wurde 1678 das Büchlein Effectus von der Indexkongregation sogar verboten.

Lit.: Effectus et virtutes crucis sive numismatis s. patriarchae Benedicti: Item medicamentum spirituale contra morbos et pestem in eodem numismate characteribus expressum, cum addita benedictione. Salisburgi: Mayr, 1664; Thiers, Jean-Baptiste: Traité des superstitions: croyances populaires et rationalité à l‘age classique. Texte établ., prés. et annoté par Jean Marie Goulemot. Paris, 1984.

Benefizium (lat., Wohltat), positive Zuwendung bzw. Praktik zur Hebung des Wohlbefindens im Gegensatz zu > Malefizium (lat., Feindseligkeit und Fluch) zum Zwecke der Schadensstiftung.

Benefizplaneten (lat., glückbringende Planeten) sind in der > Astrologie die beiden „guten Planeten“: > Jupiter, der für Weisheit, Wohlstand und Großzügigkeit steht, und > Venus, das Sinnbild der Liebe. Sie sollen die guten Geschicke lenken, im Gegensatz zu den > Malefizplaneten > Mars und > Saturn. Günstige Himmelskörper sind ferner > Sonne, > Mond und > Merkur.

Lit.: Lexikon der Astrologie: präzise Informationen über Begriffe d. Astrologie, Astronomie (Astrophysik), Magie, Kosmologie / Im Auftrag der Lexikonredaktion des Verlages Herder erarbeitet von Udo Becker. München: Goldmann, 1981.

Benemmerinnen, Geburtshexen. Nach alten hebräischen Vorstellungen sind B. Hexen, die Frauen bei der Geburt heimsuchen, um das neugeborene Kind zu stehlen.

Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Benet, Johanna > Kerzenzauber.

Benevent > Nussbaum von Benevent.

Beng, Bezeichnung des > Teufels bei den Zigeunern, der sich oft in einen Wettkampf mit Gott einlässt, aber immer besiegt wird. Er wohnt im Wald und treibt vor allem in der Nacht sein Unwesen. Die etymologische Deutung des Namens ist unsicher.

Lit.: Berger, Hermann: Mythologie der Zigeuner. In: Wörterbuch der Mythologie, Bd. 5. Wiesbaden, 1984.

Bengel, Johann Albrecht (* 24.06.1687 Winnenden (heute im Rems-Murr-Kreis); † 2.11.1752 Stuttgart), lutherischer Theologe, bedeutendster Repräsentant des württembergischen Pietismus im 18. Jh. In seiner Studienzeit lernte er den radikalen Pietismus kennen. Nach dem Studium setzte sich B. in einer Disputation mit der Mystik (1607) auseinander. 1713 unternahm er eine mehrmonatige Studienreise, wobei er verschiedene Schuleinrichtungen wie auch pietistische Zentren kennenlernte. Im November 1713 wurde er Lehrer und Erzieher (Prärezeptor) an der neu gegründeten Klosterschule in Denkendorf bei Esslingen, wo er die alten Sprachen sowie Geschichte, Mathematik und Logik unterrichtete und sich daneben philologischen und theologischen Arbeiten widmete. Dabei suchte er pietistische Frömmigkeit und humanistische Gelehrsamkeit zu verbinden und verkörperte so das Ideal eines pietistischen Gelehrten. Darüber hinaus war er Privatlehrer des jungen Schiller.

Über den Denkendorfer Wirkungskreis hinaus schloss sich ihm u. a. sein theosophischer Meisterschüler Friedrich Christoph > Oetinger an.

Der Ruf an die Universität Tübingen blieb B. versagt. 1741 wurde er Propst von Herberichten bei Heidenheim a. d. Brenz, 1749 Prälat von Alpirsbach (Schwarzwald) und Konsistorialrat mit Sitz in Stuttgart. 1751 verlieh ihm die Universität Tübingen den Doktor der Theologie.

Mit der kritischen Ausgabe des griechischen Neuen Testaments (1734) wurde er zum Wegbereiter der modernen Textkritik. Sein Hauptwerk Gnomon (Fingerzeig) Novi Testamenti (1742) avancierte zum Klassiker pietistischer Exegese und bewahrte den schwäbischen Pietismus vor Schwärmerei.

Dabei sind Geschichte und Bibel für B. aufs engste verbunden. So favorisierte er vor allem die Entschlüsselung der Apokalypse. Mittels eines Erleuchtungserlebnisses von 1724 erschloss sich ihm die Bedeutung der Zahl 666, die „Zahl des Tieres“ (Apk 13, 18), die er auf die Herrschaft des antichristlichen Papsttums der Jahre von 1143 bis 1809 bezog. Apk 20 führte ihn zur phantasiereichen Deutung eines Endkampfes um den Menschen zwischen dem Reich Gottes und dem Reich Satans. 1836 beginne um den 18. Juni das Reich Gottes auf Erden als tausendjährige Friedenszeit. Ihr schließe sich ein zweites Tausendjähriges Reich mit einer ersten Auferstehung der Gerechten an, in dem Christus mit diesen im Himmel regiere. Indessen würde der Satan nochmals für eine kurze Zeit auf Erden losgelassen. Dann folge im Jahre 3836 die allgemeine Totenerweckung, das Weltende und die Schöpfung eines neuen Himmels und einer neuen Erde.

Schließlich weitete B. seine endzeitliche Mathematik zu einer hochfliegenden universal-heilsgeschichtlichen Chronologie aus, vom Anfang der Welt mit sieben Weltaltern von 7777 7/9 Jahren bis zur Vollendung der Schöpfung.

Diese ausgeprägte Vorstellung von Geschichte als sukzessiv sich entfaltender Hoffnungsträger wirkte auf den von einem „philosophischen Chiliasmus“ geprägten Deutschen Idealismus eines Hegel und Schelling. Schließlich wurde durch die Propagierung von B.s apokalyptischer Erwartung durch Johann Heinrich > Jung-Stilling die antimodernistische Erweckungsbewegung des 19. Jhs. nachhaltig beeinflusst, die sogar zu endzeitlichen Auswanderungen nach Russland, Nordamerika und Israel führte.

W.: Mälzer, Gottfried (Bearb.): Die Werke der württembergischen Pietisten des 17. und 18. Jahrhunderts. Verzeichnis der bis 1968 erschienenen Literatur. Berlin; New York, 1972.

Lit.: Böhmer, Johann Gotthold: Johann Albrecht Bengels prophetische Zeitrechnung erläutert. Leipzig, 1751.

Benincasa, Ursula (* 20.10.1547 Neapel; † 20.10.1618), Dienerin Gottes (7.08.1793), lebte schon als Kind in tiefer Verbundenheit mit Gott und hatte mit zehn Jahren ihre erste Ekstase. Da keine Heilmittel halfen und die Ekstasen zunahmen, versuchte man deren Echtheit zu ergründen. Man stach B. während der Ekstase mit Nadeln, verbrannte sie mit Fackeln im Gesicht und schüttelte sie heftig. Sie aber blieb unbeweglich und ohne Reaktion. Nach Rückkehr aus der Ekstase empfand sie an den verletzten Körperstellen jedoch Schmerzen. Um dem Andrang des Volkes zu entgehen, floh B. 1579 auf den Monte Sant’Elmo und lebte dort als Einsiedelerin. Nach einer Ekstase am 12. März 1582 ging sie nach Rom und erbat eine Audienz bei Gregor XIII. Dabei sagte sie dem Papst, dass sie den göttlichen Auftrag habe, ihn zu ermuntern, die Reform der Kirche zu beginnen. Da sie bei diesem Anlass mehrfach in Ekstase fiel, ließ sie der Papst nach Anhörung ihrer Mitteilung von einer neunköpfigen Kommission aus Prälaten und Theologen, darunter Philipp Neri, untersuchen. Neri, dem sie zur Beobachtung anvertraut wurde, blieb skeptisch. Die Untersuchung dauerte drei Monate. Es war die Zeit der Inquisition, wo man Visionen, Ekstasen usw. gegenüber sehr misstrauisch war. Neri erkannte ihre Unschuld schließlich an. B. konnte Rom verlassen und auf den Monte Sant’Elmo zurückkehren, freilich mit dem Verbot, Weissagungen zu verbreiten, und dem Gebot, weiterhin für Kontrollen zur Verfügung zu stehen.

1583 gründete sie die Kongregation der Oblatinnen von der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria. Am 2. Februar 1616 wurde ihr in einer Vision der Gottesmutter das blaue Skapulier der Unbefleckten Empfängnis anvertraut, was der Kirche auf dem Monte Sant’Elmo eine besondere Bedeutung verlieh, zumal Papst Clemens X. 1671 dasselbe durch ein Breve anerkannte. Mit 69 Jahren erhielt sie die Stigmen und 1617 gründete sie die Eremitinnen.

B. starb am 20. Oktober 1618 im Ruf der Heiligkeit. Am 7.08.1793 wurde das Dekret der heroischen Tugenden veröffentlicht.

Lit.: Maggio, Francesco Maria: Compendioso ragguaglio della vita, morte, e monasteri della venerabile madre D. Orsola Benincasa napolitana. Milano, 1673; Bagatta, Giovanni: Vita della ven. serva di Dio Orsola Benincasa napolitana dell‘Ordine de‘Cherici regolari. Fondatrice delle vergini. Roma, 1696; Pronzato, Alessandro: Una finestra con vista sul cielo: profilo biografico della ven. Orsola Benincasa fondatrice delle Suore teatine. Torino, 1985.

Bennet, Elisabeth > St. Osyth, Hexen von.

Bennett, (Charles Henry) Allan

(1872 – 1923), britischer Okkultist, der in London geboren und als Waise von dem bekannten Okkultisten Samuel MacGregor > Mathers adoptiert wurde. Dieser führte ihn in den > Golden Dawn (> Hermetischer Orden der Goldenen Morgendämmerung) ein, dem er künftig als Frater Iehi Aour (hebr.: „Es werde Licht“) angehören sollte. B. widmete sich so sehr der rituellen Magie, dass er Mathers an Bedeutung übertraf. Er verfasste die Anrufung Taphthartharath, durch die der Geist Merkurs sichtbar werden sollte. Im Golden Dawn begegnete er Aleister > Crowley, mit dem er zeitweise eine Wohnung teilte und den er in der Praxis der rituellen Magie unterrichtete. Zudem bearbeitete er einen Teil des magischen Bezugssystems 777, das Crowley später als Buch 777 herausbrachte.

B. machte eine Reihe von Selbstexperimenten, auch unter Anwendung von Drogen, um die Grenzdimensionen des Geistes zu ergründen. Als sich sein Gesundheitszustand verschlechterte (er litt unter starkem Asthma), besorgte Crowley Geld, um seinen Freund nach Ceylon zu schicken, wo er Schüler des Yogi Shri Parananda wurde. B. ging dann nach Burma, um im Kloster von Akyab unter dem Namen Bhikku Ananda Metteya als buddhistischer Mönch zu leben. 1903 gründete er die Internationale Buddhistische Gesellschaft. Nach London zurückgekehrt, wurde er zu einem der Hauptinitiatoren der buddhistischen Bewegung und 1908 zum Mitbegründer der englischen Buddhistischen Gesellschaft.

W.: The Wisdom of the Aryas. London: Paul, 1923; The Religion of Burma, and other papers. Adyar: Theosophical Publishing House, 1929.

Bennett, Ernest Nathaniel (1868 – 1947), englischer Politiker und parapsychologischer Schriftsteller. Als Mitglied der > Society for Psychical Research interessierte er sich vor allem für Spukhäuser.

W.: The Downfall of the Dervishes (1898); Christianity and Paganism in the Fourth and Fifth Centuries (1900); Apollonius, or the Future of Psychical Research (1927); Apparitions and Haunted Houses (1939).

Bennett, John Godolphin

(8.06.1897 – 13.12.1974), englischer Mathematiker, Arbeitsforschungsdirektor, Autor spiritueller Bücher. B. war über 20 Jahre lang Schüler von Georg Iwanowitsch > Gurdjieff. Im englischen Sherbourne House gründete er nach dem Vorbild der Gurdjieff-Schule in Frankreich die International Academy of Continuous Education, die eng mit dem Autor Sayed Idries-Shah zusammenarbeitete. So unterstützte er die > Subud-Bewegung und stand in Kontakt mit dem nepalesischen Heiligen Shivapuri Baba (damals 136 Jahre alt), den er 1962 / 63 im Himalaja besuchte. 1964 trat er mit seiner Frau Elisabeth zum katholischen Glauben über.

Auf dem Gebiet der Paranormologie befasste sich B. vor allem mit theoretischen Themen, wie dem Wesen paranormaler Phänomene, der Synchronizität, den Prinzipien und der Praxis der Psychokinese, der telepatischen Übertragung unter den Derwischen in Arabien und Anatolien.

Neben einer ausführlichen Biografie Gurdjieffs schrieb er über 20 Bücher, die sich mit der Gedankenwelt seines Meister befassen. In seinem vierbändigen Hauptwerk The Dramatic Universe versucht er den Nachweis für die Realität der spirituellen Welt zu erbringen.

W.: Der Aufbau einer neuen Welt. Freiburg i. Br.: Aurum, 1976; Ein anderes Bild Gottes. Frankfurt / M.: Martin, 1977; Eine spirituelle Psychologie. Frankfurt / M.: Martin, 1977; Gurdjieff heute. 2., verb. u. erw. Neuaufl. Frankfurt / M.: Martin, 1977; Transformation oder die Kunst sich zu wandeln. München: Ahorn-Verl, 1978; Die Meister der Weisheit. Freiburg i. Br.: Aurum, 1979; Gurdjieff entschlüsselt. Frankfurt / M.: Martin, 1981; Harmonische Entwicklung: Gurdjieffs Psychologie der harmonischen Entwicklung des Menschen. Salzhausen / Lüneburger Heide: Martin, 1982; Risiko und Freiheit. Südergellersen: Martin, 21983; Die inneren Welten des Menschen. Südergellersen: Martin, 1984; Eine lange Pilgerreise: Leben und Lehre von Sri Govindananda Bharati, bekannt als der Shivapuri Baba. In Zusarb. mit Thakur Lal Manandhar. Südergellersen: Martin, 1985; Der grüne Drache: das Herz der Sufi-Lehre; Gespräche mit J.  G. Bennett in Beshara / mit einer Einf. von Rashid Hornsby. Südergellersen: Martin, 1993.

Bennu, Manifestation von > Osiris in der Gestalt eines Vogels, der das ewige Leben und die Auferstehung symbolisiert. Ursprünglich war dieser Vogel ein phönixähnlicher Reiher, der sich bei Sonnenuntergang jeden Tag selbst in seinem eigenen Schutzbau in Heliopolis in Unterägypten zu Tode verbrannte und am nächsten Morgen wieder lebendig aus seiner eigenen Asche stieg. Er war in den Sonnenkult des > Re integriert und wurde in Heliopolis verehrt, wo es hieß, der B.-Vogel fliege von der Feuerinsel in die Unterwelt und verkünde dort die Wiederkehr der Sonne.

W.: Drury, Nevill: Lexikon esoterischen Wissens. Dt. Erstausg. München: Droemer Knaur, 1988.

Benson, Edward Frederic (1867 – 1940), Sohn von E. W. > Benson, Schriftsteller und Autor von vier klassischen Sammlungen von Geistergeschichten: The Room in the Tower (1912), Visible and Invisible (1923), Spook Stories (1928) und More Spook Stories (1934). Ausgewählte Beiträge sind fast in jeder neuen Geister- oder Horrorgeschichtenanthologie zu finden, in einer speziellen Selektion in The Horror Horn von Alexis Lykiard.

Lit.: The Horror Horn, and Other Stories … Selected and introduced by Alexis Lykiard. St. Albans: Panther, 1974.

Benson, Edward White

(14.07.1829 –11.10.1896), Begründer der Ghost Society und Erzbischof von Canterbury.

B. machte seine Ausbildung an der King Edward’s School in Birmingham und am Trinity College in Cambridge, wo er 1852 den B.A. erlangte. Gegen Ende seiner Studienzeit gründete er im Rahmen seiner vielfältigen Initiativen 1851 die Cambridge University Ghost Society zur Durchführung einer seriösen und ernsthaften Untersuchung der sog. „übernatürlichen“ Phänomene. Zu den Mitgliedern zählten J. B. Lightfoot, B. E. Westcott und F. J. A. Hort. Lightfoot und Westcott wurden Bischöfe, Hort Professor für Theologie in Cambridge. B. wandte sich dann vornehmlich der psychischen Forschung zu. Die Ghost Society wurde somit zur Muttergesellschaft der 1882 gegründeten > Society for Psychical Research (S.P.R.), deren erster Präsident, Henry > Sidgwick, nicht nur Mitglied der Ghost Society war, sondern auch der Bruder der Frau von B., welcher 1882 Erzbischof von Canterbury wurde.

Lit.: Salter, W. H.: The Society for Psychical Research: An Outline of its History. London, 1948, S. 5, 6; Benson, Arthur Christopher: Life of Edward White Benson, Archbishop of Canterbury, [S. l.]. Macmillan, 1899 –1900, 2 Bde; Gauld, Alan: The Founders of Psychical Research. NY: Schocken Books, 1968, S. 66.

Benvenuta Boiani (1255 – 1292), Dominikanertertiarin, selig (Confirmatio cultus 6.02.1765), lebte in Cividale / Friaul, betete schon als Kind unaufhörlich, strebte nach Einsamkeit und führte ein derart strenges Bußleben, dass sie der hl. Dominikus in einer Vision dafür tadelte. Er nannte ihr einen heiligmäßigen Dominikaner, der sie dann ihr ganzes Leben begleitete. B. wurde Dominikanerterziarin und versuchte das Leben des hl. Dominikus nachzuahmen. Plötzlich erkrankte sie und war fünf Jahre lang bewegungsunfähig. Nachdem sie die Grabstätte des Heiligen in Bologna besucht hatte, wurde sie unerwartet geheilt. Zu ihrer Familie zurückgekehrt, verbrachte sie dort die wenigen noch verbliebenen Jahre in Meditation und in völliger Hingabe an Gott. Sie starb im Alter von 38 Jahren und wurde in der Ortskirche der Dominikaner begraben. Am 6. Februar 1765 bestätigte Clemens XIII. Kult und Titel einer Seligen.

Lit.: Tilatti, Andrea: Benvenuta Boiani: teoria e storia della vita religiosa femminile nella Cividale del secondo Duecento. Trieste: LINT, 1994.

Benvenuto von Gubbio († um 1232 Corneto / Apulien, Italien), Franziskaner, selig (Confirmatio cultus 1697, Fest: 27. Juni). Soldat aus adeliger Familie, wurde er 1222 von > Franziskus als Bruder in den Orden aufgenommen und für den Dienst an den Leprakranken in den Spitälern bestimmt. Demut, die Liebe zum Allerheiligsten Altarsakrament und die Gabe der > Beschauung kennzeichneten seinen unermüdlichen Einsatz.

Der Ruf seiner außergewöhnlichen > Wunder verbreitete sich so sehr, dass Gregor IX. 1236 die Bischöfe von Melfi, Molfetta und Venosa beauftragte, die Berichte für die Kanonisation zu sammeln. Ein Seligsprechungsverfahren fand jedoch nicht statt. Dennoch wurde B. in den genannten Diözesen verehrt und ebenso in der Stadt Deliceto (Diözese Bovino), wohin seine sterblichen Überreste nach der Zerstörung von Corneto um 1243 gebracht wurden. 1697 bestätigte Innozenz XII. den Kult und dehnte das liturgische Fest auf den gesamten Franziskanerorden aus.

Lit.: Tannoja, Antonio Maria: Memorie istorico-critiche della vita, miracoli, e traslazione del B. Benvenuto da Gubbio … raccolte, ed illustra. Napolinella Stamperia de‘ Fratelli di Paci, 1780; Di Portogallo, Alessandro: Il beato Benvenuto da Gubbio. Delicato: Amministrazione comunale, 1991.

Benward, Blaisette, Hexenprozessopfer von 1593 in der Stadt Dieuze, Lothringen. Ausgelöst wurde der Prozess in erster Linie durch die Behauptung Dietrichs du Fourneau, Sergent des Bailli von Dieuze, und dessen Frau, dass B., die Witwe von Jean Banward aus Dieuze, einen ihrer Söhne zuerst lahm gemacht, dann durch Massage geheilt und zudem den Tod seines Säuglings verursacht habe. Dieser habe vor seinem Ableben gelbgrünen Schleim erbrochen, was als Zeichen für Hexerei oder Besessenheit angesehen wurde. Da B. bereits 1590 / 91 von der in Vergaville hingerichteten Blawel aus Guénestroff indirekt beschuldigt worden war, klagte man sie an.

B. war zum Zeitpunkt der Anklage ca. 60 Jahre alt, lahm und halb blind und verdiente sich nach dem Tod ihres Mannes den Lebensunterhalt durch Betteln. Die Voruntersuchung fand am 1. und 3. Juni 1593 statt. Am 9. Juni gestand sie die Verführung durch den Teufel, aber keine Schadenzauberdelikte. Als sie am darauffolgenden Tag im Gefängnis auf ihr Bekenntnis hin befragt wurde, widerrief sie dieses vollständig, so auch beim Verhör am 27. Juni 1593. Nachdem sie der Henker einer außerordentlichen Folterung unterzogen hatte, legte B. jedoch ein umfangreiches Geständnis ab. Daraufhin ordnete Nicolas Rémy am 2. Juli an, sie lebendig zu verbrennen, weil sie mit Hilfe von schädlichen Pulvern und Getränken nicht nur Tiere, sondern auch zwei Kinder getötet habe. Die Schöffen verlangten hingegen zur Klärung ihres Geständnisses eine erneute Anwendung der Folter. Dazu kam es aber nicht mehr, denn B. wurde bereits am folgenden Tag, den 3. Juli 1593, hingerichtet.

Lit.: Beaupré, Jean Nicolas: Essai historique sur la rédaction officielle des Principales coustumes et sur les assemblées d’États de la Lorraine ducale et du Barrois, accompagné de documents inédits et d’une bibliographie de ces coustumes. Nancy, 1845; Biesel, Elisabeth: Hexenjagd, Volksmagie und soziale Konflikte im lothringischen Raum. Trier, 1997 (Trierer Hexenprozesse – Quellen und Darstellungen; 3).

Benz, Ernst (*17.11.1907 Friedrichshafen; † 29.12.1978 Meersburg), evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker. B. besuchte als Sohn eines Reichsbahn-Ingenieurs die humanistischen Gymnasien in Friedrichshafen, Ravensburg und Stuttgart und studierte anschließend in Tübingen, Rom und Berlin klassische Philologie, Archäologie und Theologie mit dem Doktorat in Philosophie und Theologie. Auf Anregung von Ernesto Buonaiuti beschäftigte er sich mit Joachim von Fiore und mit den Fransziskanerspiritualen. In Berlin studierte er bei Erich Seeberg, als dessen Schüler er sich verstand und vom dem er sich zu zahlreichen Abhandlungen zur Geschichte der Mystik animieren ließ. 1932 habilitierte sich B. in Halle für das Fach Kirchen- und Dogmengeschichte und ging 1934 / 35 als Dozent an die Lutherakademie Dorpat. 1935 berief ihn die Universität Marburg zum außerordentlichen und schließlich 1937 zum ordentlichen Professor, wo er bis 1973 lehrte.

Das umfangreiche Werk von B. umfasst ein ungewöhnlich breites Spektrum, das weit über die traditionelle Kirchengeschichtsschreibung hinausgeht. So beschäftigte er sich intensiv mit der Mystik, mit asiatischen Religionen und schon früh mit russischer Sprache und Literatur und veröffentlichte 1957 das wichtige Werk Geist und Leben der Ostkirche. Über viele Jahre wirkte B. als Mitherausgeber der Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte. Seine vielseitigen Forschungen wurden durch die Verleihung mehrerer Ehrendoktorate gewürdigt.

B. gehört mit Gebhard > Frei und Adolf > Köberle zu jenen großen und seltenen Theologen, die das theologische Gespräch auch auf Fra­gen der > Paranormologie ausdehnten. Dies war für B. vor allem deshalb möglich, weil für ihn Theologie nicht Arbeit an einem System, sondern Re­flexion über den Sinn des Lebens war. Seine zahlreichen Veröffentlichungen und seine vielseitige Vortragstätigkeit, besonders auch in Amerika, verhalfen ihm zu weltweitem Ruf.

Am 16. September 1978 hielt B. auf dem VII. Internationa­len IMAGO MUNDI-Kongress in Innsbruck mit dem Thema „Fortleben nach dem Tode“ noch einen vielbeachteten Vortrag über „Die Idee der Rein­karnation in der europäischen Gei­stesgeschichte.“ Dieser Vortrag, den er noch kurz vor seinem unerwarteten Tod für den Druck fertigstellte, er­schien 1979 im 7. Band der Schrif­tenreihe Imago Mundi im Resch Ver­lag Innsbruck. Der Titel der Gedenkschrift für B. aus dem Jahre 1981, Religionen, Geschichte, Oekumene, umfasst die Arbeitsbereiche und Interessen des Marburger Kirchenhistorikers in markanter Weise.

Die hier angeführte Auswahl seiner Werke soll die Weite seines paranormologischen Interesses veranschaulichen.

W.: Außerirdische Welten: von Kopernikus zu den Ufos. Freiburg i.  Br.: Aurum, 21990; Symbole der Unio Mystica in der Barock-Mystik. Köln: Wienand Verlag, o. J.; Emanuel Swedenborg: Naturforscher und Seher. München: Hermann Rinn, 1948; Die christliche Kabbala: ein Stiefkind der Theologie. Zürich: Rhein-Verlag, 1958; Emanuel Swedenborg: Naturforscher und Seher. 2., verb. Aufl. Zürich: Swedenborg Verlag, 1969; Die Vision: Erfahrungsformen und Bilderwelt. Stuttgart: Ernst Klett, 1969; Der Heilige Geist in Amerika. Düsseldorf; Köln: Eugen Diederichs, 1970; Christlicher Glaube und Parapsychologie. Sonderdruck. Stuttgart; Berlin: Kreuz Verlag, 1973; Die Farbe im Erlebnisbereich der christlichen Vision. Leiden: E. J. Brill, 1974; Swedenborgs Lehre von der Pluralität der Welten. Sonderdruck. Zürich: Swedenborg Verlag, 1975; Meditation, Musik, Tanz: über den „Handpsalter“, eine spätmittelalterliche Meditationsform aus dem Rosetum des Mauburnus. Mainz; Wiesbaden: Akademie d. Wissenschaften u. d. Literatur; Franz Steiner, 1976. Franz Anton Mesmer und die philosophischen Grundlagen des animalischen Magnetismus. Mainz; Wiesbaden: Akademie d. Wiss. u. d. Literatur; Steiner [in Komm.], 1977; Kosmische Bruderschaft: die Pluralität der Welten; zur Ideengeschichte des Ufo-Glaubens. Freiburg i.  Br.: Aurum, 1978; Leopold Ziegler: Denker des erinnernden Urwissens, Deuter des Weltsinnes; Weg-Weiser in die Zukunft. Freiburg i.  Br.: Aurum, 1981; Parapsychologie und Religion: Erfahrungen mit übersinnlichen Kräften  /  M. e. Vorw. v. Hans Bender. Orig.ausg. Freiburg i.  Br.; Basel; Wien: Herder, 1983.

Lit.: Bibliographie Ernst Benz 1928 – 1973 zusammengestellt von Erich Geldbach und Norbert Fehringer, o.  J.

Benzai-ten, 1. japanische Göttin des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit – Göttin all dessen, was fließt. B. entspricht der indischen Göttin > Saraswati. Saraswati war auch der Name eines Flusses im alten Indien, weshalb man einen Zusammenhang zwischen Göttin und Fluss vermutet. B. kam zwischen dem 6. und 8. Jh. vor allem über die chinesischen Übersetzungen des „Sutras vom Goldenen Licht“ nach Japan. Dort wurde sie zur Schutzgöttin des Landes und des Volkes. Sie ist auch die einzige weibliche Gottheit unter den sieben Glücksgöttern und wird die Biwa (viersaitige Laute) spielend dargestellt, manchmal mit zwei, manchmal mit sechs Armen. Sie gilt als Schwester des Herrschers der Unterwelt, > Emma-ō.

2. Der indischen > Lakshmi entsprechende japanische Göttin, die trotz Namensgleichheit mit Benzai-ten (1.) nicht identisch ist. Auch wird sie mit anderen Schriftzeichen wiedergegeben. Sie gilt als Beschützerin der Armen.

Lit.: Fritsch, Ingrid: Japans blinde Sänger im Schutz der Gottheit Myoon Benzaiten. München: Iudicium Verlag, 1996.

Benzoe (lat.: Styrax benzoides), Harz des Benzoebaumes, der in Hinterindien, Ostindien, Siam, Thailand, Vietnam, Laos und Sumatra heimisch ist. B. wird durch tiefe Einschnitte aus dem Styrax-Baum gewonnen und durch Alkoholauszug und nachträgliche Destillation aufbereitet. Man unterscheidet dabei das vanilleartig riechende Siam-Benzoe und das aromatischer und kräftiger duftende Sumatra-Benzoe. Beide Harzsorten haben eine stark euphorisierende Wirkung.

In der > Magie steht B. für Reinigung und Reichtum. Räucherung mit Benzoin, Zimt und Basilikum soll die Kunden anziehen und den Warenverkauf fördern. In Asien bewirken Schamanen mit B. magische Transformationsvorgänge. In der > Alchemie wird B. dem Planeten Sonne und dem Element Luft zugeordnet.

In der > Heilkunde wird B. aufgrund seiner stark beruhigenden bzw. entzündungshemmenden oder desinfizierenden Wirkung bei Brustverschleimung, Husten, Bronchitis und Asthma sowie bei Pilzbefall und Wundwaschungen angewendet. Da es keine Fertigpräparate mehr gibt, findet sich B. heute nur in der > Naturheilkunde und in der > Homöopathie. Auch in der Seifen- und Parfümindustrie wird es eingesetzt.

Das vanilleartig duftende B. findet vornehmlich bei Räucherungen Verwendung und ist in der russisch-orthodoxen Kirche Hauptbestandteil des Kirchenweihrauchs.

Lit.: Magister Botanicus: Magisches Kreutherkompendium; ein erweytertes wahrhaft ergötzliches Werk ueber die magischen Verrichthungen mit Kreuthern und den zauberischen Kräfften der Pflanzen sowie dehren medicinalischer Beteuthungen. 2., überarb. u. erg. Aufl. Speyer: Die Sanduhr – Fachverlag für altes Wissen, 1995.

Benzozia (lat. bona socia, „gute Freundin“, holdes Wesen), keltische Göttin, die > Diana der alten Gallier. Sie wird von Augerius Episcopus Conseranus (1280) als ein Wesen erwähnt, mit dem Frauen des 13. Jhs. wie mit > Diana, > Herodias und > Holda auf Pferderücken dahinzugleiten glaubten, um sich zu den nächtlichen Orgien der B. zu versammeln. Dort wurden alle gezwungen, die Namen zusammen mit denen der Zauberer in den Sabbat-Katalog einzutragen. Am Ende der Zeremonien glaubten sie dann, selbst > Feen zu sein.

In Montmorillon, Poitou-Charentes, Frankreich, wurde im 18. Jh. ein Teil eines antiken Tempels gefunden, ein Basrelief, auf dem die Gestalt einer nackten Frau eingraviert war. Nach dem französischen Okkultisten und Dämonologen Jacques Albert Simon > Collin de Plancy (1794 – 1881) ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese Gestalt die ursprüngliche Gottheit des Benzozia-Kultes war.

In der baskischen Mythologie ist B. die > Große Mutter, welche die Welt geschaffen hat.

Lit.: Grimm, Jacob: Deutsche Mythologie. Göttingen: Diterische Buchhandlung, 1835; Collin de Plancy, Jacques Auguste Simon: Dictionnaire infernal, ou, Bibliothèque universelle, sur les êtres, les personnages, les livres, les faits et les choses qui tiennent aux apparitions, à la magie: Paris: Livre Club du Libraire, 1963; Botheroyd, Sylvia: Keltische Mythologie von A – Z. Wien: Tosa-Verl., 2004; Spence, Lewis: An Encyclopaedia of Occultism. New York: Cosimo, 2006.

Beobachtung, zielgerichtete, methodisch kontrollierte Wahrnehmung von Personen, Objekten und Ereignissen. Sie gehört neben Befragung, Experiment und Inhaltsanalyse zu den vier wesentlichen empirischen Forschungsmethoden und ist daher Grundlage jedweder paranormologischen Forschung. Man unterscheidet spontane und erwartende B.: Die spontane B. beinhaltet alle Wahrnehmungen von Ereignissen, die unvermittelt und unerwartet auftreten, wie etwa Spuk, telepathische und hellseherische Erfahrungen, präkognitive Erlebnisse oder Wunderheilungen. Die erwartende B. kann in einer bestimmten Art der Untersuchung von und mit Sensitiven, einer gezielten Absicherung oder Stimulation telepathischer, hellseherischer oder prägkognitiver Erfahrungen, aber auch in einer Selbstbeobachtung durch Aufzeichnung von Träumen oder äußergewöhnlichen Erfahrungen und Beobachtungen sowie deren Hinterlegung bei einer rechtlich zuständigen Person oder Institution bestehen.

Lit.: Bender, Hans / Johannes Mischo: Präkognition in Traumserien I / II. In: Zeitschrift für Grenzgebiete der Psychologie 1960 / 61; Greve, Werner: Wissenschaftliche Beobachtung in der Psychologie. München: Quintessenz-Verl.-GmbH, 1991.

Beowulf, berühmtes angelsächsisches Epos, das in einer Handschrift des 10. Jhs. bewahrt ist und wahrscheinlich bereits Anfang des 8. Jhs. entstand. Es ist in Stabreimen verfasst und die älteste größere erhaltene Dichtung der germanischen Zeit. Der letzte Bearbeiter ist unbekannt, doch handelte es sich vermutlich um einen gelehrten Mönch, der die heidnischen Vorbilder mit christlichen Beimischungen versah.

Inhaltlich wird das Leben des schwedischen Gautenfürsten B. beschrieben. Dieser hatte am dänischen Königshof das Ungeheuer > Grendel und dessen schreckliche Mutter besiegt. Er wurde Regent, dann König von Gothland und fand nach 40-jähriger Regierung im Kampf mit einem Drachen selbst den Tod, betrauert vom ganzen Volk.

B. gilt als Urbild des germanischen Helden, dem das Epos nach Totenklage und Darstellung der Bestattung ein Fürstenlob widmet. Die Sage wird geschichtlich dem König Chochilaicus (um 520) zugeschrieben.

Lit.: Berendsohn, Walter Artur: Zur Vorgeschichte des ,Beowulf‘. Mit e. Vorw. v. Otto Jespersen. Kopenhagen: Levin & Munksgaard, 1935.

Beragen > Borretsch.

Berande, eine angebliche Zauberin, die 1577, auf dem Höhepunkt des Hexenwahns, in Baubec, Frankreich, verbrannt wurde. Als sie im Zuge einer Gegenüberstellung von einem Mädchen beschuldigt wurde, Zauberei betrieben zu haben, leugnete sie zunächst. Ihr Gegenüber schrie daraufhin: „Erinnerst Du dich nicht, dass Du beim letzten Tanz in Croix du Paté einen Giftbecher bei dir hattest?“ Daraufhin gestand B. und wurde zusammen mit ihrer Anklägerin verbrannt.

Lit.: Spence, Lewis: An Encyclopaedia of Occultism. New York: Cosimo, 2006.

Beratung, parapsychologische (engl. counseling, parapsychological), Behandlung von
Personen, die durch parapsychische Erfahrungen Störungen der persönlichen Sicherheit oder der psychischen Ausgeglichenheit davontrugen. Liegt die Unsicherheit im Mangel an diesbezüglichem Wissen, so kann entsprechende Information hilfreich sein. Handelt es sich hingegen um eine echte psychische Störung, bedarf es einer therapeutischen Beratung oder Behandlung. Das Besondere einer solchen Behandlung liegt in der Auseinandersetzung mit den angeblich verborgenen Kräften als Ursache erlebter paranormaler Erfahrungen, die zuweilen zu existenzbedrohenden Ängsten führen können. Die diesbezügliche Beratung bzw. Behandlung erfordert neben der therapeutischen Befähigung ein eingehendes Verständnis des persönlichen Bedeutungsgehaltes paranormaler Erfahrungen.

Lit.: Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990; ders.: Aspekte der Paranormologie. Innsbruck: Resch, 1992; ders.: Paranormologie und Religion. Innsbruck: Resch, 1997; Lucadou, W. v.: Lebenshilfeberatung, Beratung bei ungewöhnlichen menschlichen Erfahrungen und spirituellen Krisen – Was braucht der Berater / die Beraterin? In: W. Belschner u. a. (Hrsg.): Perspektiven transpersonaler Forschung (Transpersonale Studien; 3). Oldenburg: Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg, 2001.

Béraud, Marthe, verh. Waespé > C. (= Carrière), Eva.

Beraunung > Inkantation.

Berbedette, Eugen (1871), Marienerscheinung in Pontmain, Frankreich. Am Abend des 17. Januar 1871, nach 18.00 Uhr, sah der zwölfjährige Bauernsohn B. über dem Dach des Nachbarhauses, des Schreibers Guidecoq und des Holzschuhmachers Bottin, eine sehr schöne, große Dame. Ihr blaues Kleid, mit Sternen übersät, hatte keinen Gürtel und fiel frei herab. Die Ärmel waren weit und hingen hinunter. Die Schuhe waren dunkelblau mit einer goldenen Rosette. Ein schwarzer Schleier verhüllte Haar und Ohren, zum Teil auch die Stirn, und fiel über den Nacken bis zur Schulter. Das Antlitz war frei. Auf dem Haupt trug sie eine goldene Krone mit einem roten Streifen in der Mitte. Sie betrachtete den Knaben und lächelte.

Bald waren 60 Personen versammelt, darunter auch der Pfarrer, doch nur sieben Kinder, so auch der zehnjährige Bruder von B., konnten die Dame sehen. Alle Anwesenden nahmen ein Zeichen am Himmel wahr: Drei große Sterne ordneten sich über Kopf und Schultern der Dame zu einem deutlichen Dreieck, das drei Stunden unbeweglich am Himmel blieb, währenddessen die andern Sterne sich bewegten. Dann vergrößerte sich die Gestalt der Frau auf das Doppelte und eine Schrift wurde sichtbar: „Betet Kinder! Gott wird euch in kurzer Zeit erhören. Mein Sohn lässt sich rühren.“ Eine Viertelstunde vor 21.00 Uhr war die Erscheinung vorbei.

Der zuständige Bischof prüfte den Fall und erkannte ihn 1872 als > Marienerscheinung an. 1873 begann man mit dem Bau einer Basilika, die 1900 eingeweiht wurde.

Lit.: Le Frank, A.: Das Ereignis von Pontmain / Erzählt und besprochen von A. Le Frank. Hrsg. von J. Gabalda. Autor. Übers. aus d. Französ. von Alois Wiesner. Reichenbach, O.-Pf.: Selbstverlag d. Übersetzers, 1927; Graber, Rudolf: Marienerscheinungen: Maria als Zeichen d. sicheren Hoffnung. Würzburg: Echter, 1984; Weigl, Alfons M. / P. F. Branz: Volk unter prophetischem Anruf: Marien-Erscheinungen theol. u. prakt. gewertet; e. vorläufige Einf. Altötting: St.-Grignionverl., 1986.

Berberitze (lat. Berberis vulgaris), auch Sauerdorn, Sauerach, Essigbeere, Berbesbeere, Bubenlaub, Dreidorn, Essigscharl, Gaißenlaub, Hasenbrot, Kukucksbrot, Fäßlistrauch, Maulholz, Spießdorn, Weizäpferl, Zizerlstrauch genannt, gehört zur Familie der Sauerdorngewächse. Der aus Asien stammende Zierstrauch mit gelbem Holz und gelber Wurzel kann bis zu drei Meter hoch werden. Die roten, länglichen Beeren sind genießbar, können getrocknet und als Gewürz verwendet oder frisch zu Marmelade oder Sirup verarbeitet werden.

In magischem Zusammenhang wurde die B. schon in der Antike mit > Merkur und > Mars in Verbindung gebracht. Am Karfreitag gepflückte B. sollen vor Zauberei schützen und wurden in Ställe und Stuben gehängt, während die im Herbst ausgegrabene Rinde beim Goldsuchen hilfreich sei.

Lit.: Auster, Fritz: Berberis vulgaris L. Leipzig: Thieme, 1959; Bayr, Georg: Berberis vulgaris: e. Nachprüfung mit d. Potenzen D 3 u. D 30. Heidelberg: Haug, 1984; Magister Botanicus: Magisches Kreutherkompendium; ein erweytertes wahrhaft ergötzliches Werk ueber die magischen Verrichthungen mit Kreuthern und den zauberischen Kräfften der Pflanzen sowie dehren medicinalischer Beteuthungen. 2., überarb. u. erg. Aufl. Speyer: Die Sanduhr – Fachverlag für altes Wissen, 1995.

Berchta (ahd. Perahta, „die Leuchtende“), auch Berchtel oder Perchta genannt, ist in Schwaben, im Elsass, in der Schweiz, in Bayern und Österreich „die Glänzende“, die wie > Hulda den glänzenden Schnee erzeugt. Dem Wort nach gütig, wird sie gewöhnlich als fürchterliches, kindererschreckendes Wesen, als Bauchaufschlitzerin und als hexenhafte „Percht mit der eisernen Nase“ dargestellt. Im Gedicht „Pluemen der tugent“ von Hans Vintler (1411) wird „Perchten mit der eisnen nas“ genannt“ und nach einem mhd. Gedicht von 1393 aus Tirol, „Berchten mit der langen nâs“, ist B. eine gräulich aussehende Frau, die diejenigen tritt, die nicht „fast“ gegessen haben.

Gleich > Hulda führt sie auch Aufsicht über die Spinnerinnen. Was sie am letzten Tag des Jahres unabgesponnen findet, verdirbt sie. Im Advent geht sie durch die Dörfer, schenkt den braven Kindern Hutzelbrot und Nüsse und bestraft die faulen mit der Rute. Am Perchtentag (Dreikönig) ist es in manchen Alpengegenden Brauch, ihr Speisen auf das Dach zu stellen. Wenn an diesem Tag Fische und Klöße fehlen, schneidet sie dem, der andere Speisen zu sich genommen hat, den Leib auf, füllt ihn mit Häckerling und näht ihn mit einer Pflugschar statt der Nadel wieder zu (Grimm, S. 177)

In der mittelalterlichen Literatur erscheint B. neben > Diana als Nachtfrau. Nach B. haben die > Perchten ihren Namen.

Lit.: Frick, Karl R. H.: Das Reich Satans: Luzifer / Satan / Teufel und die Mond- und Liebesgöttinnen in ihren lichten und dunklen Aspekten – eine Darstellung ihrer ursprünglichen Wesenheiten in Mythos und Religion. Graz: ADEVA, 1982; Grimm, Jakob: Deutsche Mythologie. Überarb. Reprint d. Orig.ausg. v. 1943 nach d. Exemplar d. Verlagsarchives. Coburg: K. W. Schütz-Verlag, o. J.; Timm, Erika: Frau Holle, Frau Percht und verwandte Gestalten: 160 Jahre nach Jacob Grimm aus germanistischer Sicht betrachtet. Unter Mitarb. von Gustav Adolf Beckmann. Stuttgart: Hirzel, 2003.

Berendt, Heinz C(haim), geb. 1911 in Berlin, machte mit 22 Jahren sein Doktorat in Zahnheilkunde, musste das vollmedizinische Studium jedoch nach vier Jahren 1933 ab­brechen. 1937 ging er nach Palästina, um in Jerusalem als Zahnarzt zu ar­beiten. B. war Vorsitzender der Is­raelischen Zahnärzte-Vereinigung und unterrichtete von 1956 – 1960 am Zahnärztlichen Institut der Hebräischen Universität Zahnärztliche Röntgenologie.

Den Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit in der > Parapsychologie datiert B. mit dem Zeitpunkt der Aufnahme des Briefwechsels mit Prof. J.  B. > Rhine im Jahre 1951. B. gilt als einer der Begründer der Israel Parapsychology Society, deren Vorsitzender er zwischen 1962 und 1977 war. 1966 erschien sein Buch Einführung in die Parapsycholo­gie. Es war das erste in hebräischer Sprache. 1972 folgte – als Resultat ei­ner ausgedehnten Studienreise nach Europa und in die USA – sein zweites Buch mit dem Titel Parapsychologie: eine Einführung, das 1976 in spani­scher Übersetzung erschien. 1983 schließlich kam das Buch Telepathie und Hellsehen heraus. B. ist auch Verfasser zahlreicher Beiträge zum Thema Parapsychologie in den verschiedensten Publikationsorganen. Bei seinen Un­tersuchungen des sog. „Metallbiegens“ gelang es ihm, ei­nen solchen Vorgang filmisch festzu­halten.

B. war Jahrzehnte hindurch der parapsychologische Vertreter Is­raels auf den zahlreichen internatio­nalen Kongressen für Parapsycholo­gie und Grenzgebiete der Wissen­schaft in allen Teilen der Welt, so auch bei den IMAGO MUNDI-Kongressen in Innsbruck / Österreich 1982 und 1991, wo er 1991 zum Ehrenmitglied des Instituts für Grenzgebiete der Wissenschaft, Innsbruck, ernannt wurde.

Dar­über hinaus trat B. von Anfang an für die Aussöhnung zwischen Israel und Deutschland ein, wenngleich er selbst die Heimat verlassen musste. Er starb am 2. November 1996 in Je­rusalem als Nestor der israelischen Parapsychologie.

W.: Telepathie und Hellsehen: was wissen wir darüber? M. e. Vorw. v. Andreas Resch. Orig.-Ausg. Freiburg i.  Br. [u. a.]: Herder, 1983; Sprung über die Zeit: Vorschau in parapsychologischer Sicht. Orig.-Ausg. Freiburg i.  Br. [u.  a.]: Herder, 1985; Jenseits des Möglichen? Einführung in die Psychokinese / Mit dokumentarischen Fotos und mit einem Originalbeitrag von Prof. F.  S. Rothschild. Originalausg. Freiburg i.  Br.: Herder, 1986.

Berendt, Joachim Ernst, Prof. h. c.

(*20.07.1922 Berlin, † 4.02.2000 Hamburg), Musikjournalist, Musikautor mit dem Spezialgebiet Jazz, führender Theoretiker der New Age-Bewegung. 1945 war B. Mitbegründer des Südwestfunks Baden-Baden. Sein Jazz-Buch und seine Plattenproduktionen wurden in der ganzen Welt ausgezeichnet.

In seinen Nadha-Brahma-Sendungen entwickelte er auf der Grundlage der westlichen und östlichen Weisheitslehren eine Theorie des „Tao Hörens“. Hören bedeutete für ihn, spirituell werden. Diese musiktheoretische Vorstellung beruht auf den von Hans > Kayser und seinem Schüler Rudolf > Haase entwickelten harmonischen System. Von Kayser stammt die Vorstellung, dass die Obertonreihe bestimmten Verhältnissen in der Umlaufbahn der Planeten entspricht. In diesem Zusammenhang konzentrierte sich B. auf die „Untertöne“, den Erd-, Sonnen-, Mond-, Jupiter-, Mars-, und Venuston, und versuchte, sie in einem Supersound musikalisch darzustellen, nach dem Motto des Propheten Jesaja: „Höre, so wird deine Seele leben.“ Für das Hören solcher Urklänge bedürfe es nach B. allerdings des Hörens durch ein drittes Ohr, um so ein kosmisches Bewusstsein zu erhalten. > Sphärenharmonie.

W.: Der Jazz: Eine zeitkritische Studie. Stuttgart: Dt. Verl.-Anst., 1950; Das Jazzbuch: Entwicklung u. Bedeutung d. Jazzmusik. Frankfurt a. M.; Hamburg: Fischer Bücherei, 1953; Jazz optisch. München: Nymphenburger Verl.-Handl., 1954; Nada Brahma: d. Welt ist Klang. Frankfurt a. M.: Insel-Verlag, 1983; Das dritte Ohr: vom Hören d. Welt. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1985; Der Klang der Seele: Musik und Spiritualität. Hrsg. und eingel. von Richard Reschika. Freiburg i.  Br.: Herder, 2000.

Bereschit (hebr., „im Anfang“), die ersten beiden Worte der hebräischen Bibel (Gen 1, 1), die auch einen der beiden Teile der > Kabbala bezeichnen. Der B. genannte Teil bezieht sich auf die Schöpfung und ihre geheimnisvollen Gesetze und wird im > Buch Jezirah dargelegt. Der andere, der metaphysische, bezieht sich auf das Wesen der Gottheit und die Arten seiner Offenbarung und wird von den Kabbalisten > Mercava (himmlischer Wagen) genannt; er ist im Buch > Sohar niedergelegt.

Lit.: Sefer jezirah / übers. u. kommentiert von Guillaume Postel. Neudr. der Ausg. Paris 1552 / hrsg., eingeleitet und erl. von Wolf Peter Klein. Stuttgart- Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 1994.

Berg, abgrenzbare Geländeerhebung, die vom Hügel nur durch Größenordnung unterschieden ist. Durch seine oft bis zu den Wolken ragende Höhe wird er zum Symbol der Verbindung von > Himmel und > Erde und somit zum bevorzugten Begegnungsort von Göttern und Menschen. Wegen des beschwerlichen Aufstiegs ist er Symbol der mühsam zu erringenden Höherentwicklung als Vorbereitung auf die Begegnung mit Gott.

Berge sind daher etwas Heiliges. Sie spielen in allen Religionen und Kulturen eine bedeutende Rolle. Viele religiöse Überlegungen kennen einen heiligen B., der als > Axis mundi, als Nabel oder Mittelpunkt der Welt, angesehen wird, wie z. B. der mythische Berg Meru (Sumeru) für die Hindus, Buddhisten und Jainisten. Im oberägyptischen Gau XVII wurde in Gebeten des Volkes die „Bergspitze des Amun“ angerufen. Der heilige B. ist Wohnsitz der Götter: Fuji im Shintoismus, Olymp in Hellas, Baal ist mit dem Zaphon verbunden, und auf dem Tempelberg Zion hat Jahwe seine Wohnung. Christus stirbt seinen Erlösungstod auf dem Kalvarienberg. In China kennt man fünf heilige Berge, den Songgao oder Gipfel des Zentrums in Henan, den Taishan oder Gipfel des Ostens in Shandong, den Hengshan oder Gipfel des Südens in Hunan, den Huashan oder Gipfel des Westens in Shenxi und den Hengshan oder Gipfel des Nordens in Shanxi.

Der B. wird auch als spirituelles Kraftzentrum bezeichnet und ist daher ein beliebter Ort für Tempel, Kirchen und Klöster. Er ist ferner eine Stätte der Offenbarung. Mose erhielt die Zehn Gebote auf dem Sinai bzw. Horeb und Muhammad erlebte seine Eingebung auf dem Hira. Jesus hielt seine erste Predigt auf einem B. (Mt 5,  1ff), und am Ende der Zeiten wird der Gottesberg höher sein als alle anderen (Mich 4, 1).

Der B. gilt aber auch als Tummelplatz von > Geistern. Wolken umwittern ihn mit Geheimnissen, nicht zu reden von den Vulkanen mit ihrer ungeheuren Macht und Symbolik.

In einigen Religionen wird der B. auch als Wohnstätte der Toten angesehen. In der hinduistischen Tradition überschreitet der Totengott > Yama als erster den Pass des Himalaya, um den Toten den Weg ins Jenseits zu weisen.

Lit.: Hecht, Johann: Lipsiae septicollis: das … auf sieben heilige Berge Gottes zu aller Welt Verwunderung erhöhete Chursächsische Leipzig / fürgestellet von Johann Hecht. Leipzig: Richter, 1690; Des Heiligen Johannes vom Kreuz Aufstieg zum Berge Karmel / Nach der neuesten kritischen Ausgabe aus dem Spanischen übersetzt von P. Ambrosius a S. Theresia Ord. Carm. Disc. 4., unveränd. Aufl. München: Kösel, 1952; Evans-Wentz, Walter Y.: Cuchama: heilige Berge der Welt. Hrsg. von Frank Waters und Charles L. Adams. Basel: Sphinx, 1984; Golowin, Sergius: Magier der Berge: Lebensenergie aus dem Ursprung. Basel: Sphinx, 1984; Poser, Manfred: Phantome der Berge: der Yeti, Feen und viele Geister. Freiburg i.  Br.: Eulen Verlag, 1998; Athos: Heiliger Berg = Hágios Oros. Weingarten: Kunstverl. Weingarten, 2006.

Bergelmir (nord., „Bergbrüller“), ein Wasserriese der nordgermanischen Mythologie, Sohn des Thrudgelmir und Enkel des Urriesen > Ymir (Edda, Wafthrudnirlied 29). Nachdem Ymir von > Odin, > Vili und > Vé erschlagen wurde, konnten sich B. und seine Frau als einzige > Reifriesen in einem als Boot fungierenden hohlen Baumstamm vor dem Ertrinken im Blutstrom des Ymir retten. Sie fuhren an einen Ort namens Jötunheim und sorgten dort für eine große Nachkommenschaft. So wurde B. zum Urvater einer neuen Generation von Riesen, die als > Jötunn bekannt sind.

Lit.: Die Edda: Götterdichtung, Spruchweisheit und Heldengesänge der Germanen. München: Hugendubel, 2006; Simek, Rudolf: Lexikon der germanischen Mythologie. Stuttgart: Kröner, 2006.

Bergentrückung, alte und weitverbreitete mythologische Vorstellung, derzufolge berühmte Helden und Herrscher nicht gestorben seien, sondern, in Zauberschlaf versunken, in einem Berg säßen, aus dem sie in der Stunde der Entscheidung zu ihrem Volk zurückkehren würden.

Berühmte bergentrückte Helden sind in England König > Artus (in den Hügeln von Alderley Edge), in Deutschland Karl der Große (im Desenberg bei Warburg, auch im Donnersberg in der Pfalz u. a.), Heinrich der Finkler (im Südemer Berg bei Goslar), Otto der Große und an seiner Stelle später Kaiser Friedrich Barbarossa (im Kyffhäuser), Karl V. (im Untersberg bei Salzburg), in Persien Dahak usw. 

Die B. findet sich bereits in altgriechischen (Rhode) und altgermanischen Vorstellungen. Dahinter steht die Wunschvorstellung, den Helden und Herrscher nicht verstorben, sondern ruhend im > Berg zu wissen, jederzeit bereit, zu helfen. Als Symbol für den magischen Schlaf gilt der lange Bart, der durch den Tisch wächst (Barbarossa), u. Ä.

Lit.: Rohde, Erwin: Psyche: Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen; zwei Bände in einem Band. Reprograf. Nachdr. d. 2. Aufl. Freiburg i.  Br., Leipzig und Tübingen, 1898. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1991; Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg [u.  a.]: Herder, 2002.

Berger, Arthur Seymour (*1920), amerikanischer Rechtsanwalt, Autor, Thanatologe und Historiker zur Geschichte und Forschung der > Parapsychologie. Die Frage „Warum bin ich?“ und „Was ist mein letzter Sinn?“ führten ihn zur Parapsychologie. Er ist Mitglied mehrerer parapsychologischer Gesellschaften und wurde 1981 Präsident der > Survival Research Foundation. Sein Hauptinteresse gilt der Frage des > Fortlebens nach dem Tode. Um hier eine fundierte wissenschaftliche Antwort zu geben, erarbeitete er ein Experiment zum Testen der Hypothese des persönlichen Fortlebens, genannt „Dictionary Test“, und schrieb eine Reihe von Artikeln und Büchern zum Thema. Als Direktor des International Institute for the Study of Death und als Vizepräsident der Cross-Cultural Affairs of Columbia University’s Foundation of Thanatology befasste er sich auch mit bioethischen Fragen.

W.: Aristocracy of the dead: New Findings in postmortem Survival. Jefferson, N. C.: McFarland & Co., 1987; Lives and Letters in American Parapsychology: A Biographical History, 1850 – 1987. Jefferson, N. C.: McFarland, 1988; To Die or not to Die? Cross-Disciplinary, Cultural, and Legal Perspectives on the Right to Choose Death / edited by Arthur S. Berger and Joyce Berger. New York: Praeger, 1990; Dying & Death in Law & Medicine: A Forensic Primer for Health and Legal Professionals / medical foreword by David V. Schapira; legal foreword by Raphael Steinhardt. Westport, Conn.: Praeger, 1993; Fear of the Unknown: Enlightened Aid-in-Dying. Westport, Conn.: Praeger, 1995; When Life Ends: Legal Overviews, Medicolegal Forms and Hospital Policies / foreword by Louis Lemberg. Westport, Conn.: Praeger, 1995.

Berger, Hans (*21.05.1873 Neuses bei Coburg; † 1.06.1941 Jena), Neurophysiologe, Psychiater und Entdecker des Elektroenzephalogramms (EEG). Kurz vor seinem Tod veröffentlichte er eine kleine Schrift mit dem Titel Psyche. Diese erschien 1940, zu Beginn des Krieges, und blieb nicht nur deshalb nahezu unbeachtet, sondern auch, weil sie bei vielen Naturwissenschaftlern, Medizinern und Psychologen Unbehagen auslöste. B. bekennt sich darin nämlich aufgrund eigener und vor allem fremder Untersuchungen zur Realität der > Telepathie. Es gelang ihm jedoch nicht, diese mittels einer energetischen Theorie zu erklären. Er postulierte eine psychische Energie, die psychische Eigenschaften besitze und dem Gesetz der Erhaltung von Energie unterworfen sei. Ein Indikator für die Energiequelle schien ihm damals der Abfall der Temperatur des menschlichen Gehirns bei geistiger Arbeit zu sein. Er unterstützte dabei Richard > Baerwald, der die Meinung vertrat, dass sich die Gedankenübertragung restlos aus unserer gewohnten Naturerkenntnis erklären lasse, obwohl seiner Ansicht nach die psychische Energie durch keinerlei Hindernisse aufgehalten werden könne.

W.: Berger, Hans: Psyche. Jena: Fischer, 1940.

Lit.: Bender, Hans: Telepathie, Hellsehen und Psychokinese. Aufsätze zur Parapsychologie I. München; Zürich: R. Piper & Co. Verlag, 51984.

Bergerac, Cyrano de, eigentlich Hector-
Savinien de Cyrano
(*6.03.1619 Paris; † 28.07.1665 ebd.), Schriftsteller. Sohn einer reichen Bürgerfamilie, kämpfte nach seinen Studien am Collège de Beauvais bei den Gascogner Garden. Zweimal schwer verwundet, kehrte er 1641 nach Paris zurück, wo er in seinen satirisch-utopisch-alchimistischen Romanen die politischen, philosophischen und kirchlichen Autoritäten kritisierte und durch spitze Formulierungen hervortrat, z.  B.: Der Pessimist ist jemand, der vorzeitig die Wahrheit erzählt.

Seine Bekanntheit beruht neben seinen eigenen Werken auf dem komödiantischen Versdrama Cyrano de Bergerac (1897) des Schriftstellers Edmond Rostand, das auch mehrfach verfilmt wurde. Mit seiner großen Nase hat dieser buchstäblich einen Riecher für poetische Liebeserklärungen und erobert die Schönste der Schönen im Auftrag eines anderen. Franco Alfano (1899 – 1983) komponierte die Oper „Cyrano de Bergerac“.

W.: Le pédant joué (1645); L’histoire comique contenant le états et empires de la lune (1649); L’histoire comique contenant les états et empires du soleil (ca. 1650), unvollendet; La mort d’Agrippine (1654).

Lit.: Canseliet, Eugène: L‘alchimia 1. Studi diversi di Simbolismo Ermetico e di Pratica Filosofale / Paolo Lucarelli [Übers.]. Neudruck. Roma: Edizioni Mediterranee, 1996.

Bergfee, besondere Spezies der > Berggeister, die bei den Franzosen (Sébillot I, 124) und den Magyaren beliebt ist. In Deutschland gibt es sie nicht. Hingegen erzählt in Kärnten eine Sage fremden Ursprungs von einer musikalischen B., die den Bauern das Singen beibringt und dann wieder untertaucht.

Lit.: Sébillot, Paul: Le Folk-Lore de France. Tome 1-4. Paris: Guilmoto, 1904 – 1907; Der Zwerg in der deutschen Heldendichtung des Mittelalters. Breslau: Marcus, 1911; Graber, Georg: Sagen aus Kärnten. Gesamtausg. Klagenfurt: Kärntner Druck- und Verl.-Anst., 1912.

Bergfräulein, auch „Wilde Frauen“ oder „Bergwibli“ genannt, die in der Männergeisterwelt der Berge einsam und verlassen sind. Sie wohnen in Burgruinen und Klüften, hüten Schätze, kümmern sich um kleine Kinder und schenken gelegentlich den fleißigen Spinnerinnen Wunderknäuel, da sie sich selbst ganz ausgezeichnet auf das Spinnen verstehen. Als Wilde Frauen können sie aber auch Böses tun, etwa Kinder stehlen oder nächtliche Wanderer in die Irre führen. > Berggeister, Bergmännchen, Bergwerksgeister.

Lit.: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens / M. e. Vorw. v. Christoph Daxelmüller. Unveränd. photomechan. Nachdr. d. Ausg. Berlin u. Leipzig, de Gruyter, Guttentag, Reimer, Trübner, Veit, 1927.

Berggeister, Geistwesen der Berge, die in Menschengestalt erscheinen, oft wie Bergleute gekleidet sind und deren Grubenlicht heller als das der anderen brennt. Sie wohnen in verlassenen Gängen, wo sonst niemand haust, klopfen, hämmern und rumoren. In Zeiten, wo niemand im Bergwerk ist, poltern sie dort herum und lassen Lichter aufblitzen. Sie verschütten die Gruben und schicken schlagende Gewitter. Dass es sich hier um Naturerscheinungen oder Täuschungen handeln könnte, genügte dem Bergarbeiter nicht. Im täglichen Kampf ums Überleben herausgefordert, beseelte er seine Umwelt. Polter- und Klopfgeräusche konnten für ihn nur von Menschenhand stammen.

Selbst der Begründer der Bergbaukunde, Georgius > Agricola (1494 – 1555), spricht in seinem Werk De animantibus subterraneis (Von den unterirdischen Lebewesen) im Zusammenhang mit Tieren auch von kleinen > Dämonen, die sich in den Bergen aufhielten. Man könne diese geheimnisvollen Wesen hören, jedoch kaum sehen. Nur manchmal blitze am Ende eines Stollens ein Licht auf.

Neben den Geistern in den Bergen, soll es auch solche in der Umgebung der Berge geben. Sie seien freundlich, kämen sogar in die Häuser und benähmen sich wie > Hausgeister und > Kobolde. Wie alle Kobolde hätten sie Sinn für Humor.

Aus heutiger Sicht können viele psychologische Deutungen für die B. herangezogen werden – auch zur Frage ihrer Entstehung, die für das Berginnere unweigerlich mit dem Bergbau selbst und den damit verbundenen Ängsten und Hoffnungen in Zusammenhang stehen. So treiben angeblich in allen Gebirgen, in denen Bergbau betrieben wird oder wurde, B. ihr gespenstisches Unwesen. Doch geht es hier nicht so sehr um die psychologische Deutung der B., sondern um die Beschreibung ihrer vielfältigen Erscheinungsformen als lebendige Vorstellungsbilder der Bergarbeiter und der Bergbewohner.

Lit.: Agricola, Georg: Georgii Agricolae De Animantibus Subterraneis Liber. Hactenus a multis desideratus, Nunc Vero Ingratiam Studiosorum Seorsim editus, in certa capita divisus, capitum argumentis & nonnullis marginalibus exornatus / a Johanne Sigfrido. Witebergae: Schürer, 1614; Spiess, Christian Heinrich: Die Berggeister. Eine wahre Geschichte. Leipzig, 1797; Poser, Manfred: Phantome der Berge: der Yeti, Feen und viele Geister. Freiburg i.  Br.: Eulen Verlag, 1998; Puhle, Annekatrin: Das Lexikon der Geister: über 1000 Stichwörter aus Mythologie, Volksweisheit, Religion und Wissenschaft / M. e. Geleitw. v. Adrian Parker. München: Atmosphären Verlag, 2004.

Bergier, Jacques (*8.08.1912 Odessa, Ukraine; † 23.11.1978 Paris), Chemiker, Alchimist, Spion, Journalist und Schriftsteller. Mit dem zusammen mit Louis Pauwels 1960 herausgegebenen Buch Le Matin des Magiciens (dt.: Aufbruch ins dritte Jahrtausend) weckte er in Europa und darüber hinaus ein nachhaltiges Interesse für > Magie und das Geheimnisvolle. Das Buch zeigt in journalistischer Aufmachung, welch bedeutende Rolle die > Schwarze Magie in der Weltanschauung Hitlers spielte, und betont die Wichtigkeit der > Prä-Astronautik. Außerdem befasste sich B. auch mit der Frage der > Extraterrestrischen.

Er begründete und redigierte mit Pauwels die französische Zeitschrift Planete mit Zweigausgaben in Spanien, Italien, Brasilien, und Deutschland (Planet).

In Paris errichtete B. ein Büro zum Studium der chemischen und nuklearen Reaktionen, wobei er das Freiwerden von nuklearer Energie aus leichteren Elementen propagierte. 1943 wurde er von der Gestapo verhaftet und misshandelt.

In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt er sich mit den verschiedensten Gebieten, von der Naturwissenschaft, über die Politik bis zur Magie.

W.: Die fantastischen Möglichkeiten der modernen Chemie. Rüschlikon / Zürich: Müller, 1974; Wissenschaftsspionage und Geheimwaffen. Frankfurt a.  M.: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1975; Aufbruch ins dritte Jahrtausend: von d. Zukunft d. phantast. Vernunft. München: Goldmann, 1986.

Lit.: Charles Moreau, Jacques Bergier, résistant et scribe de miracles. Montréal: Anthropos, 2002.

Bergkönig. Von Königen der Berge ist in der skandinavischen Mythologie die Rede. So berichtet das schwedische Volkslied „Den bergtagna“ von einer jungen Frau, die sieben Jahre bei einem B. verbringen musste. Nachdem sie ihm sieben Söhne und eine Tochter geschenkt hatte, durfte sie wieder nach Hause zurückkehren.

Lit.: Puhle, Annekatrin: Das Lexikon der Geister: über 1000 Stichwörter aus Mythologie, Volksweisheit, Religion und Wissenschaft / M. e. Geleitw. v. Adrian Parker. München: Atmosphären Verlag, 2004; Herrmann, Paul: Nordische Mythologie. Neu hrsg. von Thomas Jung. Augsburg: Weltbild, 2006.

Bergkristall (griech. krystallos, „was gefroren ist“), heller, farbloser, durchsichtiger Quarz, von > Plinius einst für „versteinertes Eis“ gehalten. Dieses Mineral, aus dem sich auch der Sand und die Kieselsteine aufbauen, ist nach dem Feldspat das häufigste auf der Erde. Seine Formvielfalt ist fast unbegrenzt. Dies gab auch Anlass zu zahlreichen Legenden. Man sprach von leuchtenden Palästen im Innern der Berge, zu denen man nur als Auserwählte durch dunkle Höhlengänge gelangte, um dort Freundschaft mit geheimnisvollen Erdleuten, > Zwergen, > Gnomen und > Kobolden, zu schließen.

Die Ägypter und Babylonier benutzten den B. bereits um 1500 v. Christus für > Amulette, und die Äthiopier sollen ihre toten Könige in Sarkophagen aus reinem B. aufbewahrt haben, um die Körper vor Verwesung zu schützen. In Japan heißt der B. Sinsho und genießt als Stein der Konzentration hohe Wertschätzung.

Die alten Ärzte benutzten ihn mit Vorliebe als Brennlinse.

Es gibt auch Berichte, dass B. zerrieben und mit Honig gemischt der stillenden Mutter die Milch vermehre. Die hl. > Hildegard von Bingen schätzte ihn als Heilmittel gegen Kopfleiden, Herz-, Magen- und Leibschmerzen; zudem wird er als „gefrorenes Eis“ auch gegen Durst und Hitze, Augenbeschwerden usw. empfohlen.

Nach der modernen Edelsteinmedizin beeinflusst er das > Dritte Auge, wirkt als Elixier gegen Schwindel, Gleichgewichtstörungen, Blutungen und Durchfall. Da er „der Himmelstrahlen Licht“ einschließt und die „Herzen der Götter“ erfreut, wie es ein Orpheus zugeschriebenes Lied besingt, könne man ihn gegen eine Vielzahl von Krankheiten einsetzen, weil er den Energiefluss zu aktivieren vermöge.

Neben diesen Eigenschaften soll er noch besondere magische Kräfte besitzen. So könne er die Kräfte der Individualseele derart steigern, dass man mit der > Weltseele (anima mundi) in Kommunikation treten und in der > Akasha-Chronik (Schicksalsbuch) lesen könne. Wer einen B. bei sich trägt, könne die Gedanken anderer lesen. Zudem beherberge der B. ein inneres Licht, das vor bösen Nachstellungen, Neid und Missgunst schütze. Im Haus aufbewahrt, soll er dieses vor Gewitter schützen.

Wie alle spiegelnden Oberflächen eignet er sich schließlich auch bei Konzentrationsübungen, Meditation und zum Hervorrufen veränderter Bewusstseinszustände, vor allem von Trance und Hypnose.

Lit.: Herzog, Wolfram: Apfel, Farn und Bergkristall…: Wissenswertes und Erstaunliches aus der Apotheke der Natur; ein Lese- und Gebrauchsbuch. Ludwigshafen: Dreieck-Verl., 1995; Roberts, Marc: Das neue Lexikon der Esoterik. München: Goldmann, 1995; Rykart, Rudolf: Quarz-Monographie: die Eigenheiten von Bergkristall, Rauchquarz, Amethyst, Chalcedon, Achat, Opal und anderen Varietäten. Thun: Ott, 1995; Hildegard von Bingen: Das Buch von den Steinen / Nach den Quellen übers. u. erläutert v. Peter Riethe. 3., völlig veränd. Aufl. Salzburg: Otto Müller, 1997; Hunziker, Bernhard: Mit Bergkristall und Turmalin die Seele heilen: Legesysteme zur Balancierung des menschlichen Energiesystems. Woldert: Smaragd-Verl., 2005.

Bergman, Samuel Hugo (1883 – 1975), studierte in Prag und Berlin Philosophie und veröffentlichte anschließend zionistische Artikel. In dieser Zeit traf er Martin > Buber, der ihn wesentlich beeinflussen sollte.

Von 1907 bis 1919 arbeitete B. als Bibliothekar an der Prager Universitätsbibliothek. Während des Ersten Weltkrieges diente er in der österreichischen Armee. Nach dem Krieg sandte ihn die Zionistische Bewegung nach London, um der Kulturabteilung vorzustehen. B. überzeugte die Bewegung, Gelder für die Gründung der Hebräischen National- und Universitätsbibliothek bereitzustellen. Daraufhin ging er mit seiner Familie nach Jerusalem, um diese Institution aufzubauen, und fungierte bis 1935 als deren erster Direktor. Ab 1928 lehrte er an der 1925 eröffneten Hebräischen Universität, 1935 wurde er Professor und von 1935 bis 1938 der erste Rektor.

B. war Herausgeber des philosophischen Teiles der Enzyclopaedia Hebraica und der philosophischen Vierteljahresschrift Iyyun. Er war Mitglied von HaPoel HaZair und von Brit Shalom. In dieser Eigenschaft stand er 1947 der jüdischen Delegation bei der Pan-Asiatischen Konferenz in Neu Delhi vor. Zudem war er Mitglied der Philosophischen Gesellschaft und arbeitete in der Kommission der Parapsychologischen Studiengruppe von Israel.

Sein wissenschaftliches Hauptinteresse galt der Philosophie und Religion. In seinem philosophischen Denken setzte er sich auch mit parapsychologischen Fragen auseinander. Seine diesbezüglichen Veröffentlichungen befassen sich mit Telepathie; Kant und Swedenborg, Schelling und Unsterblichkeit; Rabbi Kook über Unsterblichkeit. Zudem verfasste er Besprechungen parapsychologischer Bücher.

In seiner religiösen Haltung war er von Rudolf Steiner, Martin Buber, Franz Rosenzweig, christlichem und indischem Denken (Aurobindo) beeinflusst.

W.: Das philosophische Werk Bernard Bolzanos: mit Benutzung ungedr. Quellen krit. unters.; nebst einem Anh.: Bolzanos Beiträge zur philosophischen Grundlegung der Mathematik. Reprogr. Nachdr. d. Ausg. Halle (Saale), 1909; Jawne und Jerusalem: gesammelte Aufsätze. Nachdr. d. 1. Aufl. Berlin, Jüd. Verl., 1919; Königstein / Ts.: Jüdischer Verlag, 1981; Schelling on the Source of Eternal Truths [Nackdruck]. Jerusalem: Israel Academy of Sciences and Humanities, 1968. Hildesheim: Olms, 1970; The Quality of Faith. Essays on Judaism and Morality. Jerusalem: The Youth and Hechalutz Department of the World Zionist Organization, 1970; Tat in fremdem Auftrag: das Staatsgesetz und das Gewissen des Einzelnen In: Freiburger Rundbrief, Bd. 23 (1971), 85 / 88, S. 71 – 74; Faith and Reason: An Introduction to Modern Jewish Thought. New York: Schocken, 51976. 

Bergmännchen, Bergmännlein > Berggeister.

Bergmönch, weißhaariges, übergroßes Wesen, das als Kapuzenmann in den Bergwerken Deutschlands, welche Schätze bergen, sein Unwesen treiben soll. Der B. ist gerecht und unberechenbar zugleich. Schon sein Hauch kann töten und sein bloßes Erscheinen bringt Unglück. Gleich den > Berggeistern lässt auch er sein Pochen und Klopfen vernehmen. Ebenso gehören Neckereien, ähnlich > Poltergeistern, zu seinem Repertoire.

Seine guten Eigenschaften verschwinden hinter den bösen. Einer seiner engen Verwandten ist der schlesische Berggeist > Rübezahl.

Mit dem Aufkommen des Christentums verloren die > Naturgeister generell ihre positiven Züge. Martin Luther, der bereits die Poltergeister verteufelt hatte, schrieb auch dem B. dämonische Züge zu.

Nach Julian Franklyn, der den B. in seinem Buch A Survey of the Occult (1935) ebenfalls erwähnt, sollen die Schatzminen auf der ganzen Welt von ähnlichen Dämonen oder Schutzgeistern heimgesucht werden.

Lit.: Franklyn, Julian (Hrsg.): A Survey of the Occult; with contributions by F.  E. Budd [and others]. London: Barker 1935; Petzoldt, Leander: Kleines Lexikon der Dämonen und der Elementargeister. München: Beck, 1995.

Bergmütter, > Naturgeister, die sich in der Männerdomäne > Berg recht emanzipiert zeigen. So sind sie neben dem Wasserkochen auch gut im Brauen und Schießen. In ruhigen Bergen und Wäldern verursachen sie durch ihr Herumlaufen viel Unruhe und Lärm und durch ihre Tätigkeit bilden sich Nebel. Im Gegensatz zu den > Bergfräulein gehen die B. nicht in die Häuser.

Lit.: Puhle, Annekatrin: Das Lexikon der Geister: über 1000 Stichwörter aus Mythologie, Volksweisheit, Religion und Wissenschaft / M. e. Geleitw. v. Adrian Parker. München: Atmosphären Verlag, 2004.

Bergriesen, riesige > Geistwesen, welche die > Berge beherrschen. So stellt man sich Bergspitzen und ganze Bergzüge als persönliche Wesenheiten vor. Einige Berge haben ihre Namen von solchen Geistwesen, wie etwa der Watzmann.

Der hl. > Gallus belauschte angeblich noch vor 1400 Jahren in Bregenz die Geisterunterhaltung zwischen dem Wasserdämon des Bodensees und dem Dämon der Bergspitze (daemo de culminis monte).

Lit.: Wettinus < Augiensis >: Leben des heiligen Gallus. Leipzig: Dyk, 21888.

Bergrüster, Bergulme, in England auch „Hexenrüster“ genannt, ist ein Baum, dem verschiedene magische Eigenschaften zugeschrieben wurden. Er galt weit und breit als Glücksbaum. Wer aus seinem Holz einen Stock bei sich hatte, sollte damit alle Arten von Übel abwenden können. Zum Schutz vor dem > Butterzauber der Hexen legte man einen Zweig von der B. in ein Butterfass.

Lit.: Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei / Regina Van Treeck [Übers.]. Dt. Erstausgabe s. l.: Bechtermünz Verlag, 1999.

Bergson, Henri

(* 8.10.1859 Paris; † 4.01.1941 ebd.), Hauptvertreter der spiritualistischen Lebensphilosophie. Sohn jüdischer Eltern mit irischen Vorfahren, studierte Philosophie und lehrte als Lehrer an der École Normale Supérieure und dann von 1900 – 1921 als Prof. am Collège de France in Paris die französische Philosophie. Dem Positivismus, Szientismus und Phänomenalismus seiner Zeit setzte er eine Neubegründung der Metaphysik entgegen und stieß damit auf großen Widerhall. 1914 wurde er in die Académie Française gewählt und 1928 erhielt der den Nobelpreis für Literatur. Seit dem Ersten Weltkrieg war B. in diplomatischer Mission zu den USA tätig. Spirituell näherte er sich im Alter dem Katholizismus. Sein Begräbnis im besetzten Frankreich von 1941 wurde zu einer Art nationaler Demonstration.

B.s Denksystem entwickelte sich aus einer Kritik der Zeitauffassung Kants. Die Zeit als Kontinuum von Zuständen zu sehen, sei eine verstandesmäßige Deutung, die dem Phänomen Zeit nicht gerecht werde. Die Zeit könne nur intuitiv erfasst werden, da sie ihrem Wesen nach Dauer sei, in der das Lebendige sich verwirklicht. Sie ist das unmittelbar Gegebene. In der grundlegenden Beschreibung dieses unmittelbar Gegebenen kann die Philosophie strenge Wissenschaftlichkeit erreichen, denn die ihr eigene Methode ist die > Intuition. Diese könne nämlich, unabhängig von der Begrenzung des Intellekts, das Gegebene erfassen. Dabei bezeichnete B. den freien Willen als die eigentliche Natur unseres Lebens und als Ausdruck der Individualität. Die Vorstellung von einer dem Menschen zugänglichen ewigen Gegenwart wies er jedoch zurück.

Bei dieser intuitiven Betrachtung des Gegebenen, des élan vital, der schöpferischen Lebenskraft, befasste sich B. auch intensiv mit parapsychologischen Fragen. 1913 war er sogar Vorsitzender der > Society for Psychical Research. Gemeinsam mit Charles > Richet und anderen bedeutenden Persönlichkeiten, nahm er auch an Sitzungen mit Medien, wie Eusapia > Paladino, teil (Verborgene Welt, S. 16). 

B. war überzeugt, dass der menschliche Geist unabhängig vom Körper existieren und operieren und somit den Tod überdauern könne.

Dieses Interesse für das Paranormale findet sich auch bei seiner Schwester Moina Bergson. Sie war mit Samuel MacGregor > Mathers verheiratet, einem der führenden Okkultisten und Mitbegründer des > Hermetischen Ordens der Goldenen Dämmerung.

W.: Materie und Gedächtnis: eine Abhandl. üb. d. Beziehung zwischen Körper u. Geist. Neu übers. von Julius Frankenberger. Jena: Diederichs, 1919; Zeit und Freiheit: Eine Abhandlung über d. unmittelbaren Bewusstseinstatsachen. Jena: Diederichs, 1920; Einführung in die Metaphysik. Jena: Diederichs, 1920; Die seelische Energie. Aufsätze u. Vorträge. Jena: Diederichs, 1928; L‘Ame et le corps. Mit Einl. u. Anm. hrsg. von Max Müller. Frankfurt a.  M.: M. Diesterweg, 1928; Denken und schöpferisches Werden: Aufsätze u. Vorträge. Meisenheim am Glan: Westkulturverl., 1948; Textes de Bergson; Premières rédactions de la conscience et la vie, fantômes de vivants, le rêve, l‘effort intellectuel, le possible et le réel, la perception du changement; Index des matières des oeuvres. L‘année Bergson / (1859 – 1941). Presses universitaires de France, 1961; Materie und Gedächtnis und andere Schriften. Frankfurt a.  M.: S. Fischer, 1964; Schöpferische Entwicklung. Zürich: Coron-Verl., 1967.

Lit.: Wissenschaftlicher Kronzeuge. In: Verborgene Welt 5 (1955) 1.

Bergson, Moina

(*18.02.1865 Genf; † 25.07.1928 London), Schwester des Philosophen Henri > Bergson. In Paris geboren, studierte sie in London Kunst, trat der Theosophischen Gesellschaft bei und wurde eines der ersten Mitglieder des 1888 gegründeten spiritistischen Zirkels > Hermetischer Orden der Goldenen Dämmerung (Hermetic Order of the Golden Dawn). Als eifrige Studentin des > Okkultismus heiratete sie 1890 Samuel MacGregor > Mathers, einen der führenden Okkultisten und Mitbegründer des genannten Ordens. Besondere Aufmerksamkeit schenkte sie den untergegangenen Vorstellungen von einer > Großen Göttin und dem > Gehörnten Gott. Nach dem Tod ihres Mannes gründete sie in London eine neue Golden Dawn-Loge, in deren Mittelpunkt wiederum die Mythologie um den Gehörnten Gott stand.

Lit.: Frick, Karl R.  H.: Licht und Finsternis II: Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert; Wege in die Gegenwart. Teil 2: Geschichte ihrer Lehren, Rituale und Organisationen. Graz: ADEVA, 1978; Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei. Dt. Erstausgabe s. l.: Bechtermünz Verlag, 1999.

Bergspiegel, spiegelähnliche Vorrichtung, ursprünglich wahrscheinlich ein > Bergkristall, in der Sage „Venedigermännlein“ genannt, das Jahre hindurch einen Bauern aufsuchte, bis es von dessen Hund angegriffen wurde. Als der Bauer später nach Venedig kam, geleitete ihn ein Diener vor einem vornehmen Haus zum Herrn des Hauses. In diesem erkannte der Bauer seinen Gast von damals. Der Gastgeber führte den Bauern durch den Palazzo, zeigte ihm alle Kostbarkeiten und erzählte dem erstaunten Gast, dass alle „Reichtümer von Eurem Krautacker stammen“ (Sann). Er ließ den Bauern in einen goldgerahmten Spiegel blicken. Dort war die Landschaft zu sehen, die er auf seiner Fahrt durchwandert hatte, sein Hof und der Krautacker, auf dem das Gold nur so funkelte. Zudem bemerkte er, „dass dieser wunderbare Spiegel ein ,Bergspiegel‘ sei, der seinem Besitzer alles Gold und die geheimsten Schätze, und wären sie auch noch so weit entfernt, anzeige“ (Sann). Da der Bauer zweifelte, erschoss der Gastgeber durch den Spiegel hindurch den bissigen Hund des Bauern, ohne dass der Spiegel zerbrach. Als der Bauer nach Hause kam, fand er seinen Hund erschossen vor der Haustür. Nun wusste er, dass der reiche Mann nicht gelogen hatte.

Der B. als magisches Hellseh- und Telekinesegerät darf nicht mit dem > Erdspiegel, einem Mutungswerkzeug, oft auch nur in Form einer Zeichnung, zur Auffindung von Lagerstätten verwechselt werden.

Lit.: Messer, August: Wissenschaftlicher Okkultismus. Leipzig: Quelle & Meyer, 1927; Roessler, Balthasar: Speculum metallurgiae politissimum oder hell-polierter Berg-Bau-Spiegel: darinnen zu befinden: wie man Bergwerck suchen, ausschuerffen, mit Nutzen bauen … u. verstehen soll; allen Berg-Bau-Liebenden … beschrieben In Dr. gegeben u. mit Kupffern gezieret durch Johann Christoph Boldbergen. Hannover: Edition Libri Rari Schäfer, 1980; Sann, Hans von der: Sagen aus der grünen Mark. Graz: Leykam, 1995; Dillinger, Johannes (Hrsg.): Zauberer – Selbstmörder – Schatzsucher: magische Kultur und behördliche Kontrolle im frühneuzeitlichen Württemberg. Trier: Kliomedia, 2003.

Bergwerk, Bergbau betreibender Betrieb, gekennzeichnet durch mühevolle und gefährliche Arbeit, stellt durch die Abgeschiedenheit von Tageslicht und Oberwelt zudem besondere Anforderungen an den Bergmann, was u. a. auch zu einer Reihe von magischen Vorstellungen führte. Dazu gehören > Berggeister, > Bergmönch, > Bergriesen, > Bergmütter und die vielen Sagen der Schatzsuche. Hatte ein Bergmann Glück, erschien ihm ein Berggeist und öffnete ihm die Stelle, an der sich das Gold befand (Wrubel, S. 32). Zuweilen deutete die Erscheinung eines goldenen Tieres auf die wertvolle Fundstelle. Damit verband sich die Vorstellung von einer Unterwelt, in der alles aus edlem Metall und edlem Gestein besteht.

Ein weiterer Sagentyp befasst sich mit der Sicherheit des B.s, der glücklichen Errettung, aber auch der Zerstörung desselben wegen Gottlosigkeit der Besitzer. Der Bergsegen kann ferner durch Meineid, > Zauber oder > Fluch zum Versiegen gebracht werden (Wrubel, S. 139). In diesem Zusammenhang ist schließlich auch der Bergmannsgruß „Glück auf “ zu nennen, der seit 1884 literarisch nachzuweisen ist (Drechsler, 69 ff.).

Lit.: Wrubel, Friedrich: Sammlung bergmännischer Sagen. Freiburg i. S.: Craz & Gerlach, 1882; Drechsler, Paul: Mitteilungen der schlesischen Gesellschaft für Volkskunde 7 (1905), S. 69 ff.

Bergwerk zu Falun. In der schwedischen Stadt Falun wurde zu Beginn des 18. Jhs. die unversehrte Leiche eines jungen Bergmanns gefunden, der mehr als fünfzig Jahre zuvor verschüttet worden war. Man stellte ihn im dortigen Bergmuseum aus, bis er nach dem Ersten Weltkrieg beerdigt wurde. Der Bericht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in ganz Europa und wurde zum Stoff für Dichter wie Johann Peter Hebel (1760 – 1826), der den Bericht in Das Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreunds einbrachte, und E. T. A. Hoffmann (1776 – 1822), der ihn in der Geschichte Die Bergwerke zu Falun aufgriff. Richard Wagner (1813 – 1883) plante eine Oper zum Thema, und Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929) gab dem Stoff in seinem 1899 geschriebenen, aber erst 1932 aus dem Nachlass veröffentlichten Trauerspiel die wohl schönste Fassung.

Lit.: Haining, Peter: Das große Gespensterlexikon: Geister, Medien und Autoren. Lizenzausg. f. Gondrom Vlg. GmbH, Bindlach 1996. Düsseldorf: Econ Verlag GmbH, 1983.

Bergwerksgeister > Berggeister.

Beriah (hebr., „Welt der Urschöpfung“). Bezeichnung der 2. Stufe der vier kabbalistischen Welten (> Aziluth, Beriah, > Jezirah, > Asijjah), Welt der „Schöpfung“, d.  h. der zehn Urformen, Weltideen oder bildenden Kräfte.

Mit der B. als der Erschaffung der Welt durch Jahwe beginnt auch die vom Patriarchen Hillel II. im Jahre 358 nach Angaben in der Bibel und im Talmud auf das Jahr 3761 festgelegte jüdische > Zeitrechnung.

Lit.: Holdheim, Samuel: Die jüdische Zeitrechnung: eine Predigt am zweiten Tage des Neujahrsfestes 5617 (1 Oct. 1856), geh. in der Synagoge der jüdischen Reformgemeinde zu Berlin. Berlin: J. Springer, 1856; Roberts, Marc: Das neue Lexikon der Esoterik. München: Goldmann, 1995.

Berigard von Pisa (1578? – 1664). B. lebte und lehrte mehrere Jahre in Pisa, weshalb er unter der genannten Bezeichnung bekannt wurde. In Wirklichkeit war er ein französischer Philosoph und Alchemist. Sein eigentlicher Name war Claude Guillermet de Bérigard, oft auch Beauregard geschrieben. Das Geburtsdatum ist unsicher, man stimmt jedoch darin überein, dass er in Moulins geboren wurde, als junger Mann ein besonderes Interesse für verschiedene Wissenszweige entfaltete und sich auch mit > Alchemie befasste. B. studierte in Aix, wo er das Doktorat in Philosophie und Medizin erwarb. Daraufhin scheint er eine gewisse Zeit an der Sorbonne in Paris studiert zu haben und von dort nach Florenz gezogen zu sein. Seine Gelehrsamkeit wurde weithin bekannt und so bekam er 1628 an der Universität von Pisa den Lehrstuhl für Naturphilosophie, den er bis 1640 innehatte. Bei seinen alchemistischen Experimenten gelang es ihm angeblich, mittels eines nach Meersalz riechenden Pulvers Quecksilber in Gold zu verwandeln, wie er 1643 im Circulus Pisanus schreibt. B. machte zehn Drachmen > Quecksilber heiß und warf das Pulver darauf. Alsbald gerann es und lieferte mit nur geringem Verlust 10 Drachmen > Gold, welches von den Goldarbeitern sorgfältig geprüft und für sehr fein befunden wurde. Nach Pisa erhielt B. einen ähnlichen Auftrag an der Universität Padua, jener Stadt, in der er mit großer Wahrscheinlichkeit starb.

Seine wichtigsten wissenschaftlichen Werke sind die Dubitationes in Dialogum Ealilaei pro Terrae immobilitate (1632) und die im Circulus Pisanus veröffentlichten kritischen Bemerkungen zu den Ideen des Aristoteles zur Physik, was ihm herbe Kritik einbrachte.

Nach Clymer (I, xxiii-xxvi) war B. mit Johann Valentin > Andreae, Jan Baptist van > Helmont, Heinrich > Khunrath, Julius > Sperber, Jean > D‘Aspagnet and Henricus > Madathanas sogar Begründer der > Rosenkreuzer.

Lit.: Rixner, Thaddä Anselm: Handbuch der Geschichte der Philosophie: zum Gebrauche seiner Vorlesungen. Sulzbach: Seidel, 1829; Clymer, F. Swinburne: The Book of Rosicrucians. Vol. I. Quakertown, PA: Beverly Hall Corporation, 1946; Kiesewetter, Carl: Die Geheimwissenschaften. Neu gesetzte und überarb. Ausg. nach der Ausg. Leipzig, 1895. Wiesbaden: Marixverl., 2005.

Berith, ein Dämon, der als Soldat in einer roten Rüstung und mit einer goldenen Krone auf einem roten Pferd daherreitet. Er kann mit Hilfe eines Zauberringes herbeigerufen werden und behauptet, die Fähigkeit zu haben, alle Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten und sogar Metalle in Gold zu verwandeln. Doch ist ihm kein Vertrauen zu schenken, da er ein notorischer Lügner ist.

Lit.: Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.

Berkeley, Hexe von, Frau unbekannten Namens, die dem Vernehmen nach im frühen Mittelalter in Berkeley (Gloucestershire), England, lebte und kurz vor ihrem Tod behauptete, eine Hexe zu sein. Diese von William of Malmesbury erzählte Geschichte wurde Jahrhunderte hindurch als warnendes Beispiel immer wieder neu aufgegriffen.

Die Erzählung, die möglicherweise aus dem Jahre 1065 stammt, berichtet von einer alten Hexe, die einen verheirateten Sohn und zwei weitere Kinder hatte, von denen eines ein Mönch, das andere eine Nonne war. Das Unglück ereignete sich, als die Frau die Nachricht vom Unfalltod des Sohnes und seiner Familie erhielt. Aus Angst, nun selbst dem Tod geweiht zu sein und vom Teufel abgeholt zu werden, sagte sie zu ihren noch lebenden Kindern:

Liebste Kinder; ich habe biß dato gelebt als eine Hexe, und dem Teuffel in allem durchauß gedient, also daß ich an meiner Seeligkeit schon längsten verzweiffelt, wann nit euere Verdienst und Fürbitt noch etwas helfen können. Nun aber ist jezt auch dise Hoffnung verlohren, weil ich weiß, daß ich die Teuffel zu Peinigern forthin haben werde, welche ich biß dato als Ratgeber angehöret habe“ (Bandini).

Daraufhin wies die Frau ihre Kinder an, ihren Leichnam nach ihrem Tod zur Rettung der Seele vor der Hölle in eine Hirschhaut einzunähen und rücklings in einen steinernen Sarg zu legen, diesen mit einem großen Stein zu beschweren und mit drei Ketten zu verschließen. Drei Tage sollten sie ihn in der Klosterkirche stehen lassen und fünfzig Priester sollten Tag und Nacht am Sarg Messen lesen und beten. Sollte ihr Leichnam am Ende dieser Vorkehrungen im Grab drei Tage lang unbehelligt bleiben, dann sei ihre Seele gerettet und sie könnten sich Ruhe gönnen.

Alle Maßnahmen nützten jedoch nichts. Als die Geistlichen in der ersten Nacht wachten, kam ein grausamer Teufel und zersprengte eine der Ketten. In der zweiten Nacht zerriss ein anderer die zweite Kette und in der dritten Nacht kam der Oberteufel, rief die Tote beim Namen, hieß sie aufstehen, zerriss mühelos die dritte Kette, öffnete den Sargdeckel und führte die Frau aus der Kirche hinaus zu einem schwarzen Pferd, das mit eisernen Stacheln bestückt war. Der Teufel setzte sie in den Sattel und verschwand mit ihr. Man hörte nur noch ein entsetzliches Geheul.

Lit.: Glover, Howard: The Old Woman of Berkeley. A Legend [begins: “The raven croak’d”]. The poetry by R. Southey, London, 1861; Bandini, Ditte: Kleines Lexikon des Hexenwesens. Genehm. Lizenzausg. f. area verlag gmbh, Erftstadt. München: Dt. Taschenbuchverlag, 1999; Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei. Dt. Erstausgabe s. l.: Bechtermünz Verlag, 1999.

Berliner Codex Gnosticus, ein durch den Gelehrten C. Schmidt 1896 bekannt gewordener Papyrus-Band, den die Ägyptische Abteilung des Berliner Museums in Kairo erworben hatte. Er enthält folgende gnostische Texte: Evangelium der Maria, Johannesapokryphon und die Sophia Jesu Christi sowie einen Ausschnitt aus der apokryphen Apostelgeschichte Die Taten des Petrus.

Lit.: Gnosis und Neues Testament: Studien aus Religionswiss. u. Theologie / hrsg. von Karl-Wolfgang Tröger. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Mohn, 1973.

Berlingr (altnord., „kurzer Balken“). Ein Zwerg, der im Sörla þáttr als einer der vier Schmiede von Freyjas Halsband genannt wird. > Brisingamen.

Lit.: Vries, Jan de: Altnordisches etymologisches Wörterbuch. Leiden: Brill, 21977.

Berlitz, Charles Frambach (* 20.11.1914 New York; † 18.12.2003 Tamarac, Florida /USA), Enkel des Gründers der berühmten Berlitz-Schulen, Sprachwissenschaftler und Archäologe, der insbesondere mit Büchern über ungeklärte Phänomene bekannt wurde. Er studierte an der Yale Universität und befasste sich mit Unterwasserarchäologie, Weltraumforschung, > Ufos, versunkenen Kontinenten wie > Atlantis und geheimnisvollen Orten wie dem > Bermudadreieck. Die Bücher wurden in der phantasievollen Ausschmückung seiner Forschungen zu Bestsellern.

W.: Geheimnisse versunkener Welten. Frankfurt a. M.: Societäts-Verlag, 1973; Das Bermuda-Dreieck: Fenster zum Kosmos? In Zusammenarb. mit J. Manson Valentine. Wien: Zsolnay, 1975; Das Atlantis-Rätsel. Wien: Zsolnay, 1976; Das Philadelphia-Experiment. Wien: Zsolnay, 1979; Weltuntergang 1999. In Zus.arb. mit J. Manson Valentine. Wien; Hamburg: Zsolnay, 1981; Der 8. Kontinent: Wiege aller Kulturen. Wien: Zsolnay, 1984; Die Suche nach der Arche Noah. Berlin [West]; Darmstadt; Wien: Deutsche Buch-Gemeinschaft, 1989; Das Drachen-Dreieck. München: Droemer Knaur, 1990.

Berman, Morris (*1944 Rochester, New York), Prof. für Geschichte in Victoria, Kanada, wurde durch sein Buch The Reenchantment of the World (1981; dt.: Wiederverzauberung der Welt – Am Ende des Newtonschen Zeitalters, 1985) bekannt, das einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der geistigen Grundlagen der > New Age Bewegung leistete. Seit dem 16. Jh. herrschte nach B. zwischen dem Menschen und der Natur eine völlige Trennung, was nicht nur zum Materialismus, sondern auch zum Verlust des Verantwortungsgefühls der Erde gegenüber führte. Der Mensch bedürfe einer Vergeistigung, betont er in den Büchern Coming to Our Senses; Body and Spirit in the Hidden History of the West (1989); Wandering God: A Study in Nomadic Spirituality (2000).

W.: Wiederverzauberung der Welt: am Ende d. Newton’schen Zeitalters. Ithaca; London: Cornell University Press, 1983; Bildung und Zukunft: ist d. Universum uns freundl. gesonnen? / Hrsg. von Heinrich Dauber in Zusammenarbeit mit Klaus Heipcke u. Rudolf Messner. Weinheim: Deutscher Studien-Verlag, 1989; Treffpunkt Zukunft: die Ganzheit des Lebens erfassen; Aspekte aus Naturwissenschaft, Philosophie, Medizin und Psychologie / Pier Luigi Luisi (Hg.). Stuttgart: Aktuell, 1991; Finstere Zeiten für Amerika: Ende einer imperialistischen Ära. Frankfurt a. M.; Zürich; Wien: Büchergilde Gutenberg, 2005.

Bermechobus, St. Methodios, Bischof von
Olymp († 311) bzw. dem hl. Methodios I.,
Patriarch v. Konstantinopel (788 / 800 – 847), zugeschriebene Schriften. Der eigentliche Name des Werkes war jedoch
Bea-Methodius, eine Abkürzung von Beatus Methodivo, der durch einen Druckfehler zu „Bermechobus“ wurde.

Das Werk, das im Mirabilis Liber abgedruckt ist, beschreibt nach Art einer > Apokalypse die Geschichte und das Schicksal der Welt. Das Buch erzählt, wie Seth im Osten ein neues Land suchte und dabei in das Land der Eingeweihten kam, während die Kinder von Kain in Indien ein System der > Schwarzen Magie errichteten. Die Ismaeliten identifiziert der Autor mit jenen Stämmen, welche die Römer besiegten. Ferner spricht er von einem mächtigen Volk im Norden, dessen Herrschaft vom > Antichristen gebrochen wird. Darauf wird ein universales Königtum gegründet, das ein Prinz französischer Abstammung regiert. Es folgt eine lange Zeit der Gerechtigkeit.

Lit.: Mirabilis Liber qui prophetias revelationesque nec non res mirandas preteritas presentes et futuras aperte demonstrat. Paris, o.  J. 

Bermudadreieck, Bezeichnung eines dreieckförmigen Meeresgebietes zwischen Florida, Kuba, den Bermudas und Puerto Rico, in dem angeblich überdurchschnittlich viele Schiffe und Flugzeuge verschwanden. Die genaue Begrenzung ist umstritten. Der Begriff wurde 1964 von Vincent Gaddis in der Zeitschrift Argosy geprägt.

Schon die spanische Silberflotte verlor in diesem Meeresgebiet zahlreiche Schiffe. Seit 1800 sollen es über 100 Schiffe und über 25 Flugzeuge gewesen sein, von denen man in den seltensten Fällen Wrackteile oder Tote gefunden hat. Auch große Schiffe, wie der 1973 vermisste norwegische Frachter „Anita“, gehören dazu. Einzelschiffe, wie die „Freya“ wurden ohne Besatzung im Dreieck aufgefunden, 1945 verschwanden fünf US-Tornadoflugzeuge, deren Besatzung über Funk von merkwürdig weißem Meereswasser und rotierenden Kompassnadeln berichtet hatte.

Diese Berichte machten das B., das auch „Hoodoo See“, „Teufelseck“ oder „Limbus der Verlorenen“ genannt wird, zur Legende. 1973 war die Vorstellung vom B. schon so fest in der Phantasie der Öffentlichkeit verankert, dass die Encyclopedia Britannica beschloss, es als Stichwort aufzunehmen. Im selben Jahr erschien der Bestseller Limbo of the Lost (Limbus der Verlorenen) von John Wallace Spencer. Ihm folgte 1974 The Bermuda Triangle (Das Bermudadreieck) von Charles > Berlitz, das weltweites Interesse auslöste. Berlitz behauptet darin, dass seit 1945 über hundert Schiffe und Flugzeuge sowie über 1000 Leute in diesem Dreieck verschwunden seien. Er vermutet, dass sich in besagtem Gebiet Apparaturen von Präastronauten befinden, die einst dieser Region Besuche abstatteten. 1975 eröffnete Lawrence David Kusche mit seinem Buch The Bermunda Triangle History – Solved (Die Geschichte des Bermudadreiecks – gelöst) einen aggressiven Gegenfeldzug.

Der russische Ozeanograph Vladimir Azha-
zha
führte die Unglücksfälle im „Teufelsdreieck“ auf sog. „Infratöne“ zurück, die vom menschlichen Ohr nicht mehr wahrgenommen würden, unter bestimmten Bedingungen aber zu einer immensen Kraft anwachsen und Schiffe wie Flugzeuge zerstören könnten. Amerikanische Wissenschaftler bestätigten, dass die Stärke der Infratonvibration bei Sturm zunehme und im „Teufelsdreieck“ durch die vom Golfstrom verursachten Temperaturunterschiede beeinflusst werden könnte. Infratonwellen könnten tausend Meilen wandern, um ihr Opfer in ruhiger See zu finden. Wenn die Welle groß genug sei, könne eine Mannschaft unmittelbar durch Herzstillstand zugrunde gehen. Azhazhas Theorie wurde auch von französischen Forschen bestätigt.

Diese naturwissenschaftliche Erklärung konnte nicht verhindern, dass der Mythos vom B. sich weiter verbreitete und zu einem magischen Ort der Erde wurde, der angeblich Schiffe, Flugzeuge und Menschen verschlingt. Es ist die Rede von außerirdischen Kräften, etwa von Raumfahrern aus der Vorzeit (> Präastronautik) und > UFOs, von versunkenen geheimnisvollen Apparaten und Ländern. Edgar > Cayce macht die untergegangene Kultur von > Atlantis dafür verantwortlich.

Lit.: Berlitz, Charles: Das Bermuda-Dreieck: Fenster z. Kosmos? In Zusammenarb. mit J. Manson Valentine. Wien; Hamburg: Zsolnay, 1975; Gaddis, Vincent: Geisterschiffe: d. Bermuda-Dreieck u. andere ungelöste Rätsel d. Meere. München: Heyne, 1976; Winer, Richard: Das Teufelsdreieck: neue Unters. über d. geheimnisvolle Todesfalle Bermuda-Dreieck. München: Heyne, 1977; Jeffrey, Adi-Kent Thomas: Die Wahrheit über das Bermudadreieck: Erlebnisberichte von Menschen, die der Hölle d. Teufelsdreiecks trotzten. München: Heyne, 1978; Kusche, Lawrence David: Die Rätsel des Bermudadreiecks sind gelöst. Berlin: Greven: Pölking-Verlag, 1978; Berlitz, Charles: Spurlos. Neues aus d. Bermuda-Dreieck. In Zusammenarbeit mit J. Manson Valentine. München: Droemer Knaur, 1979; Geheimnisvolle Phänomene: das große illustrierte Handbuch des Unerklärlichen; [UFOs und Bermuda-Dreieck, mysteriöse Wesen, unglaubliche Erscheinungen, das Rätsel von Raum und Zeit]. Rastatt: Moewig, 1999.

Bermuttersegen (Bärmuttersegen), sechszeiliger, in hebräischen Buchstaben niedergeschriebener deutscher > Zauberspruch gegen Kindesnöte, der 1875 von Moritz Güdeman in London, Jews’ College, Ms. Montefiore 115, gefunden und publiziert wurde. Obwohl der Text aus dem 14. Jh. stammt, ist der B. viel älter. Volksmedizinische und mythologische Eigentümlichkeiten weisen auf einen nördlichen Ursprungsort hin. Die Berufung auf den Gottessohn zeigt christlichen Einfluss. Die Vermischung heidnischer, christlicher und jüdischer Elemente machen den B. zu einem Unikum in der deutschen Literatur.

Lit.: Güdemann, Moritz: Vermischung von Jüdischem und Heidnischem aus neuer und alter Zeit, MGWJ 24, 1875, 269 – 273; Müller, A.: Ein mit hebräischen Buchstaben niedergeschriebener deutscher Segen gegen die Bärmutter, ZDA 19, 1976, 473 – 478; Howard, J.  A.: Der Bärmuttersegen – ein mhd. Spruch. Colloquia Germanica 12, 1978, S. 211 – 232.

Bernadette, hl. > Soubirous, Marie-Bernarde.

Bernard, Claude (*12.07.1813 Saint Julien bei Villefranche, Frankreich; † 10.02.1878 Paris). Obwohl literarisch begabt, studierte B. auf Wunsch seines Vaters Medizin und widmete sich anschließend vor allem der Anatomie und Physiologie. Er war Professor am Collège de France und am Musée d’Histoire Naturelle. Mit seinem Buch Introduction a l’étude de la médicine expérimentale (1865) erhob er das Tierexperiment zum Prüfstein der Medizin, wenngleich ein Großteil der damaligen Ärzteschaft über die Grausamkeit seiner Methoden entsetzt war und auf die Erkenntnisse aus seinen Labors lieber verzichtete. Dennoch setzte sich diese Methode im 20. Jh. an den Universitäten durch. Als Pionier der Stoffwechselforschung entdeckte B. die Funktion der Bauchspeicheldrüse und der Leber bei Verdauungsvorgängen.

Paranormologisch von Bedeutung ist, dass er als Erster die Bedeutung des Milieu intérieur für die Aufrecherhaltung des Lebens beschrieb. Damit wurde er als einer der ersten Protagonisten der > Homöostase zu einem Wegbereiter der modernen > Ganzheitsmedizin, wie beispielsweise der > dissipativen Strukturen. Nach B. strebt der Organismus stets danach, sein „inneres Milieu“ (Säuren-Basen-Gleichgeweicht, Temperatur, Blutdruck usw.) konstant zu halten. Alle spontanen Äußerungen lebender Organismen seien Folgen innerer Veränderungen und nicht eines äußeren Anstoßes. Krankheiten lauerten zwar überall, könnten aber nur dann im Organismus Fuß fassen, wenn das „Terrain“ dafür günstig sei. B. ist damit ein wichtiger Vorläufer der Lehre von der biologischen Regelung.

W.: Neue Funktion der Leber als zuckerbereitendes Organ des Menschen und der Thiere. Würzburg: Halm, 1853; Introduction à l‘étude de la médicine expérimentale. Paris [u.  a.]: Baillière, 1865; Einführung in das Studium der experimentellen Medizin (Paris, 1865). Ins Dt. übertr. von Paul Szendrö und biogr. eingef. und kommentiert von Karl E. Rothschuh. Leipzig: Barth, 1961; Experimental medicine; translated by Henry Copley Greene, with a new introduction by Stewart Wolf. New Brunswick, NJ: Transaction, 1999.

Bernardus Trevirensis. Über sein Leben ist kaum etwas bekannt, außer dass zwei alchemistische Werke seinen Namen tragen: De metallorum solutione, et compositione, ac de lapide philosophorum, und Epistola ad Thomam de Bononia de lapide philosophorum an Thomas von Bologna, den Leibarzt König Karls V. Letztere ist wegen der darin geäußerten starken Hinneigung zur Nur-Mercurius-Lehre und der Darstellung der Korpuskularlehre nach > Geber bemerkenswert.

Im 15. Jh. tauchten Namensvarianten wie Bernardus Trevisanus, Bernhard Graf von Trevigo und Bernardus von Treviso im Zusammenhang mit einem wachsenen Schriftkorpus aus. Eine dieser Schriften, De chymico miraculo (1583), enthält eine Autobiografie, die aber als sicher gefälscht gilt. Die Schriften von B. wirkten bis ins 17. Jh. Die Epistola wurde auch in Deutsch, Englisch und Französisch veröffentlicht.

W.: De metallorum solutione, et compositione, ac de lapide philosophorum. Oxford: Bodleian Library, Ashmole 1406; Epistola ad Thomam de Bononia de lapide philosophorum. Leiden: Bibliotheek der Universiteit. Voss. Chym. F. 20.

Lit.: Les textes alchimiques / Halleux, Robert. Brepols: Turnhout, 1979 (Typologie des sources du moyen âge occidental; 32); Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. München: Beck, 1998.

Bernauer, Agnes (* um 1410, † 12.10.1435 bei Straubing / Deutschland), Tochter eines Baders in Augsburg und von solcher Schönheit, dass sich Herzog Albert III., der einzige Sohn des Herzogs Ernst von Bayern-München, anlässlich eines Turniers beim Aufsuchen des Badehauses in sie verliebte und gegen den Willen der Eltern 1432 heimlich ehelichte. Als sein Vater davon erfuhr, kam es zum Zerwürfnis. Der junge Herzog schenkte B. das Schloss Straubing und erklärte sie öffentlich zu seiner rechtmäßigen Gemahlin und Herzogin. Der Vater hatte jedoch den Plan, seinen Sohn mit einer Tochter des Herzogs von Braunschweig zu vermählen. Da er durch die Heirat mit A. B. die Dynastie gefährdet sah, zumal die Nachkommen aus der unstandesgemäßen Ehe nicht erbberechtigt gewesen wären, ließ er sie in Abwesenheit ihres Gemahls, den er nach Landshut zur Jagd eingeladen hatte, im Turm des Straubinger Schlosses einkerkern. Er verleumdete sie als > Hexe, indem er behauptete, sie habe das Herz seines Sohnes nur mit Hilfe eines teuflischen Liebestrankes gewinnen können, und ließ sie durch ein Scheingericht zum Tod verurteilen. Die Anklage warf ihr Betörung des Herzogs durch zauberische Mittel sowie versuchten Giftmord an Albrechts Vater und einem jüngeren Vetter vor. Am 12. März 1435 wurde B. zur Donau gebracht und von der Straubinger Brücke ins Wasser geworfen. Als sie wieder auftauchte und um Gnade bat, wickelte ein Henker eine ihrer Haarsträhnen um eine Stange und drückte die Unglückliche solange unter Wasser, bis sie kein Lebenszeichen mehr gab.

Der junge Herzog, vormals ein berüchtigter Schürzenjäger, wurde daraufhin außerordentlich fromm und stiftete bei den Karmelitern täglich eine hl. Messe. Noch 1447 ließ er die Gebeine von A. B. in die von ihr einst gestiftete Grabstätte (Agnes-Bernauer-Kapelle) im Friedhof von St. Peter zu Straubing bringen und einen Grabstein aus Marmor errichten.

Die traurige Liebesgeschichte fand Eingang in Geschichtsschreibung, Volkslied, Dichtung und Musik. Friedrich Hebbel widmete ihr das Trauerspiel „Agnes Bernauer“ und Carl Orff eine Oper. In Straubing finden alle vier Jahre die „Agnes Bernauer-Festspiele“ statt.

Lit.: Schäfer, Werner: Agnes Bernauer und ihre Zeit. Vollst. Taschenbuchausg. München: Droemer Knaur, 1991; Böckl, Manfred: Agnes Bernauer: Hexe, Hur’ und Herzogin; Roman. Passau: Neue-Presse-Verl.-GmbH, 1993; Agnes Bernauer im Spiegel der Quellen, Chronisten, Historiker und Literaten vom 15. bis zum 20. Jahrhundert: ein Quellen- und Lesebuch / von Alfons Huber unter Mitw. von Karl Firsching. Straubing: Attenkofer, 1999.

Bernburger Hellsehprozess (1924 / 25).
Der Lehrer
August Christian Drost (*1883) arbeitete mit ca. 20 Medien, die er in seiner nebenamtlichen Praxis als Hypnotiseur entdeckt haben wollte. Er bezeichnete sich zwar nicht als Hellseher, war jedoch der Ansicht, eigene Kräfte auf die Medien übertragen bzw. in ihnen wecken zu können. Die Fragen der Klienten nach Dieben, Vermissten u. dgl. wurden von den Hypnotisierten entsprechend beantwortet, manchmal auch an Ort und Stelle der Tat.

Die Anklage wurde am 15.09.1924 aufgrund eines vom Potsdamer Landesdirektor Albert Hellwig erstellten Gutachtens von ca. 400 Seiten erhoben. Hellwig hatte 1924 die gegen die Parapsychologie gerichtete Schrift Okkultismus und Strafrechtspflege veröffentlicht. Die Hauptversammlung fand vom 12. – 17.10.1925 vor dem Großen Schöffengericht in Bernburg statt. Verhandelt wurden 45 Einzelfälle. Geladen waren 135 Zeugen. Als Sachverständige fungierten Hellwig, Rudolf > Tischner und Prof. Hayse, Direktor der Bernburger Landesirrenanstalt. Das Gericht klammerte zwar die Frage nach der Existenz des Parapsychischen aus, gelangte aber zu einem Freispruch für Drost.

Lit.: Hellwig, Albert: Okkultismus und Strafrechtspflege: Ueber d. Verwendg. von Hellsehern bei Aufklärg. von Verbrechen. Leipzig: Verlag E. Bircher, 1924; Seeling, Otto: Der Bernburger Hellseh-Prozess [und das Problem der Kriminaltelepathie]. Mit [Titel-]Bild u. Schriftprobe [von] Drost nebst e. Vorw. von Winterberg. Berlin-Pankow: Linser-Verlag, 1925.

Bernhard Maria von Jesus Silvestrelli, mit bürgerlichem Namen Cesare (* 7.11.1831 Rom; † 9.12.1911 Moricone, Italien), selig (16.10.1988, Fest: 9. Dezember), Passionist. Als Sohn einer römischen Adelsfamilie trat er am 25. März 1854 in das Noviziat der Passionisten auf dem Monte Argentario, Italien, ein, musste dieses jedoch aus Gesundheitsgründen wieder verlassen. Er konnte allerdings auf seinen Wunsch hin als Gast im Kloster verbleiben, wo er sich durch die theologischen Studien auf das Priestertum vorbereitete. Nach der Priesterweihe am 22. Dezember 1855 und einer sichtlichen Erholung begann B. am 27. April 1856 von neuem das Noviziat unter dem Namen Bernhard Maria von Jesus. Nach Ablegung der Profess am 28. April 1857 setzte er seine Studien fort und wirkte von 1865 bis 1869 als Novizenmeister und dann als Oberer im Kloster neben der Heiligen Treppe in Rom. 1876 wurde er zum Provinzoberen und am 4. Mai 1878 zum Generaloberen der Kongregation der Passionisten ernannt. B. leitete seine Kongregation 25 Jahre lang mit großer Umsicht und reichem Erfolg. Die Provinzen stiegen von 6 auf 12. 1907 trat er mit Zustimmung des Papstes als Generaloberer zurück.

B. starb am 9. Dezember 1911, wie er vorausgesagt hatte, durch einen Sturz von der Treppe und wurde im Gemeindefriedhof von Moricone begraben. Als man den Leichnam am 27. Oktober 1931 exhumierte, war dieser unverwest und selbst seine Kleider sahen so aus, als wären sie ihm am Tag vorher angelegt worden. Am 27. April 1932 wurden seine sterblichen Überreste in die Kirche der Passionisten in Moricone übertragen und in einer marmornen Grabstätte beigesetzt. Wie schon zu seinen Lebzeiten außerordentliche Charismen bezeugt sind, so geschahen nach seinem Tod zahlreiche Gebetserhörungen.

Lit.: Stanislao dell’Immacolata: Sulle orme dei patriarchi: Il p. Bernardo Maria di Gesù, passionista. Catania: Mascalcia, 1954; Naselli, Carmelo Amedeo: P. Bernardo M. di Gesu Silvestrelli (1831 – 1911): l‘uomo della libertà e della speranza. Moricone: S. Gabriele, 1972; Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005.

Bernhard von Clairvaux (* um 1090 Fontaines-lès-Dijon; † 20.08.1153 Clairvaux / F), heilig (Kanonisation 1174, Fest: 20. August), Zisterzienserabt, Kirchenlehrer (1830),
Theologe und Mystiker. Als dritter Sohn des Ritters Tescelin le Roux (der Rote) und dessen Frau Aleth von Montbard geboren, verbrachte er seine Kindheit zusammen mit fünf Brüdern und einer Schwester wohlbehütet in der begüterten burgundischen Adelsfamilie. Er besuchte die Schule im Stift St-Vorles in Châtillon-sur-Seine. Um 1111 sammelte er eine Schar von etwa 30 adeligen Gefährten um sich und trat mit diesen 1112 oder 1113 in das 1098 gegründete Reformkloster in Cîteaux südlich von Dijon ein, von dem sich der Name Zisterzienser ableitet. 1115 wurde er ausgesandt, um in der westlichen Champagne das Koster Clairvaux zu gründen, dessen Abt er bis zu seinem Lebensende war. Unter seiner Leitung ging von dieser Abtei, der er nahezu 170 Tochterklöster zuführte, eine Erneuerung sowohl des klösterlichen Lebens als auch der klösterlichen Baukunst aus. Mit seinen Briefen und Reisen wirkte er weit über sein Kloster hinaus. 1135 nahm er am Konzil von Pisa teil, intervenierte bei Bischofsernennungen und predigte in Aquitanien und Languedoc gegen die > Katharer.

Aufgrund seines diplomatischen Geschicks und seiner Redekunst arbeitete er im Auftrag von Papst Eugen III. am Zustandekommen des zweiten Kreuzzuges (1147 – 1149). Zu Weihnachten 1146 erreichte er in Speyer die Teilnahme des deutschen Königs Konrad III. sowie dessen welfischen Gegenspielers, Welf IV. Der Fehlschlag des Unterfangens traf ihn tief.

Diese Verbindung von äußerer Aktivität und religiöser Konzentration veranlassten ihn, sich selbst als „Chimäre meines Zeitalters“ zu bezeichnen.

Neben der Arbeit im Kloster und außerhalb desselben entfaltete B., zum Teil mit Hilfe von Sekretären, eine reiche schriftstellerische Tätigkeit. Sein erhaltenes Werk umfasst acht kürzere Arbeiten, über 200 Predigten und etwa 500 Briefe.

Paranormologisch bedeutsam ist B. vor allem durch seine außergewöhnliche Wertschätzung und sein Verständnis des spirituellen und mystischen Lebens. Seine Predigtreise für den Kreuzzug von Konstanz über Belgien bis nach Clairvaux glich der Fahrt eines Wunderheilers. Auch aus der Ferne wurden Kranke herbeigebracht, damit er sie berühre. Oft war das Gedränge so groß, dass man ihm die Kranken zum Fenster hinaufhob, die dann bisweilen, wenn sie nur den Saum seines Gewandes berührten, geheilt wurden. Es waren oft so viele, dass die Reisegefährten, die ein Tagebuch darüber führten, nicht nachkamen, die einzelnen Fälle zu notieren. Unter den Kranken befanden sich auch Lahme und Verkrüppelte. Bisweilen ging der Heilung kalter Schweiß voraus. B. schien stets zu wissen, wann eine Heilung geschah. Über das Geschehene war er dann selbst am meisten verwundert. Er sah darin eine Gnade Gottes für die Menschen.

Wenngleich B. in seinem persönlichen Leben wohl kaum ekstatisch-visionäre Erlebnisse hatte, war er doch ein tief mystischer Mensch. So entwickelte er in seinen Predigten über das Hohelied eine > Brautmystik. Der Gott, der ersehnt und geliebt wird, ist der Gott, der ersehnt und liebt. Christus ist der Bräutigam und der Heilige Geist ist sein Kuss. Deshalb ist der Grund zur Gottesliebe Gott selbst. Besondere Bedeutung in dieser Mystik nimmt der Begriff der > Erfahrung ein, wobei B. zwischen religiöser und nichtreligiöser Erfahrung unterscheidet. Im Unterschied zur nichtreligiösen Erfahrung vollzieht sich die religiöse und mystische Erfahrung im Innern des Menschen, im Gebet und in der Begegnung mit den Worten der Hl. Schrift, um zum Kommen des Wortes in die Seele und dessen Vereinigung mit ihr zu führen.

Neben dieser Brautmystik nährte sich B.s Frömmigkeit in hohem Maße von der Betrachtung des irdischen Jesus, seiner Passion von der Kindheit bis zum Tod, insbesondere von der Versenkung in den Gekreuzigten und seine Wunden, was man als Jesusmystik, Leidensmystik und Wundenmystik bezeichnen kann.

Die Auswirkung der Beschreibung seiner religiösen und mystischen Erfahrungen auf die Zisterziensermystik und darüber hinaus ist bis heute außerordentlich groß. Die Franziskanermystik und die Frauenmystik berufen sich seit dem 13. Jh. auf B. Seine Werke oder zumindest Auszüge davon sowie frei formulierte Gebete waren in ganz Europa verbreitet.

W.: Sämtliche Werke, 10 Bde., hrsg. v. Gerhard B. Winkler. Tyrolia: Innsbruck, 1990.

Lit.: Gilson, Etienne: Die Mystik des heiligen Bernhard von Clairvaux. Wittlich: Fischer, 1936; Bredero, Adriaan H.: Bernhard von Clairvaux: zwischen Kult und Historie; über seine Vita und ihre historische Auswertung, aus dem Niederländ. von Ad Pistorius. Stuttgart: Steiner, 1996; Dinzelbacher, Peter: Bernhard von Clairvaux. Leben und Werk des berühmten Zisterziensers. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1998; Leclercq, Jean: Bernhard von Clairvaux: ein Mönch prägt seine Zeit. München: Verl. Neue Stadt, 2005.

Bernhard von Corleone, bürgerlich: Filippo Latino (* 6.02.1605 Corleone, Sizilien; † 12.01.1667 Palermo), heilig (10.06.2001, Fest: 12. Januar), Kapuzinerbruder. B. war Schuster und liebte Waffengefechte. Bei einem Duell fügte er seinem Gegner, der ihn herausforderte, tödliche Verletzungen zu. Obwohl B. daraufhin als bester Fechter Siziliens gefeiert wurde, bereute er das Geschehene und trat am 13. Dezember 1631 in den Kapuzinerorden ein. Wahrscheinlich diente er dem Schriftsteller Alessandro Manzoni in seinen Promessi Sposi als Modell für die Gestalt des Fra Cristoforo, der den Habit nahm, um für eine Tötung mit dem Schwert zu sühnen.

Als Ordensbruder arbeitete B. in der Küche und in der Krankenpflege, die er auch auf die Tiere ausdehnte. In ständiger Verbundenheit mit Gott war er oft völlig abwesend oder befand sich in Ekstase. Zeugen berichten auch von seiner prophetischen Gabe.

Lit.: Frazzetta, Michele (1612 – 1681): Vitae compendium ven. f. Bernardi a Corleone Siculi laici cappuccini a P. Michaele Frazzetta Soc. Iesu Italice dat. Panormi, 1679; Colletto, Giovanni: San Bernardo da Corleone: Laico Cappuccino [Palermo]: stampa 2001.

Bernhardin (Albizzeschi) von Siena

(* 8.09.1380 Massa Marittima, Grosseto; † 22.05.1444 L’Aquila, Italien), heilig (1450, Fest: 20. Mai), Franziskaner. B. entstammte der vornehmen Familie Albizzeschi aus Siena, verlor bereits in jungen Jahren beide Eltern und wurde daraufhin von zwei Tanten großgezogen. Wegen seiner außergewöhnlichen Intelligenz wurde er schon mit elf Jahren an der Universität von Siena aufgenommen. Nach dem Studium des kanonischen Rechts und einigen karitativen Tätigkeiten, insbesondere der Pflege von Pestkranken, trat er am 8. September 1402 in den Orden der Franziskaner ein, legte am 8. September 1403 die Profess ab und wurde am 8. September 1404 zum Priester geweiht. Bei all diesen Entscheidungen folgte er einer inneren Stimme.

Als charismatischer Prediger zog er dann beinahe 40 Jahre lang durch Italien. Seine rhetorische Fähigkeit, verbunden mit zahlreichen außergewöhnlichen Begebenheiten, zeitigte einen Riesenerfolg, mit starker Zunahme der Marienfrömmigkeit und der Christusverbundenheit in der Verehrung des Namens Jesu mit Hilfe sog. IHS-Tafeln, was ihm viel Kritik einbrachte. 1426, 1431 uns 1438 wurde er deswegen sogar als Häretiker angeklagt. Viele, die ihn bis dahin bejubelt hatten, rückten von ihm ab. Er musste dabei erfahren, dass auch im religiösen Bereich die Massengunst äußerst flüchtig ist. Am Ende der Verfahren umarmte ihn Papst Martin V., der ihm vorher das Predigen verboten hatte. Sein Verteidiger, der hl. Johannes von Capestrano, entlarvte all die Anschuldigungen, und der Papst bot B. an, Bischof seiner Heimatstadt Siena zu werden, was dieser ablehnte. Die volle Würdigung seiner Verehrung des Namens Jesu erfolgte 1530, als den Minderbrüdern die Feier gestattet und 1722 das Fest auf die ganze Erde ausgedehnt wurde.

Durch die Ernennung zum Generalvikar des Ordens 1438 musste er seine Predigttätigkeit unterbrechen, trat als Generalvikar aber auf dem Konzil von Florenz für die Union mit den getrennten orthodoxen Christen ein und vermittelte in der Auseinandersetzung zwischen Guelfen und Ghibellinen.

Paranormologisch sind vor allem seine mystische Einheit mit Christus, seine visionäre Begegnung mit Maria, sein intuitives Erfassen der Dynamik der Massen und der psychischen Gestimmtheit der einzelnen Personen sowie die Ausstrahlung seiner Persönlichkeit zu nennen, was dazu führte, dass er bereits 1450 heiliggesprochen wurde. Zudem enthalten seine Predigten, vor allem die De Idolatriae cultu, zahlreiche Zeugnisse zum mittelalterlichen Aberglauben.

W.: S. Bernardini Senensis Ordinis Fratrum minorum opera omnia. Iussu et auctoritate Rmi P. Pacifici M[ariae] Perantoni (3 – 9: Augustini Sepinski), totius Ordinis Fratrum minorum ministri generalis, studio et cura PP. Collegii S. Bonaventurae ad fidem codicum ed. T. 1 – 9. Ad Claras Aquas, 1950 – 65.

Lit.: Stasiewski, Bernhard: Der Heilige Bernardin von Siena. Münster: Aschendorff, 1931.

Bernhardt, Oskar Ernst, Pseudonym: Abd-ru-shin, „Sohn des Lichts“ (*18.04.1875 Bischofswerda, Sachsen; † 6.12.1941 Kips-
dorf (Erzgebirge), Kaufmann, esoterischer
Schriftsteller. Auf seinen Auslandsreisen kam er in enge Berührung mit der Adyar-Theosophie. 1923 begann er mit der Niederschrift der ersten Vorträge über seine Lehre von der Gralsbotschaft und gründete die > Gralsbewegung („Ich gründe keine Kirche, keine Sekte, keine neue Religion, sondern bringe euch die Wahrheit selbst aus Gott.“). Diese Lehre ist eng mit seiner Person und Sendungsaufgabe verbunden. Ab 1928 lebte er mit seiner zweiten Ehefrau, Maria Freyer, auf dem Vomperberg bei Schwaz in Tirol /Österreich), wo er seinen göttlichen Auftrag erhielt. Wie Jesus – nach B. – erst bei der Taufe durch Johannes von seiner hohen Sendung erfuhr, so war es auch bei ihm: „Erst nachdem ER den größten Teil der Kündigung aus dem Lichte in Menschenwort gefasst hatte, offenbarte Er nach dem Willen Seines Vaters am 29.12.1929 Seine göttliche Herkunft. Dies war der Tag, an dem auf Erden zugleich das heilige Gericht begann“ (Miers). B. soll schon zur Zeit Mose einmal auf Erden gewesen sein und wurde nun als Bote Gottes wiedergeboren. „Wir wissen, dass in IHM die volle Kraft Immanuels wirkt, in der ER gleichzeitig steht als der König des heiligen Grals: als Parzifal“ (Walkhoff, Gralshandlungen). Auf dem Vomperberg, wo ein Zentrum seiner Anhänger entstand, verfasste er auch sein Hauptwerk,
Im Lichte der Wahrheit, die „Bibel der Gralsbotschaft“.

Durch zwei Strafprozesse, die zur Verurteilung führten, geriet B. mehrmals ins Zwielicht.

W.: Gebete, den Menschen gegeben. Stuttgart: Stiftung Gralsbotschaft, 1987; Die zehn Gebote Gottes. Stuttgart: Verl. der Stiftung Gralsbotschaft, 1994; Die letzten Vorträge an die Öffentlichkeit: Fragenbeantwortungen, gesammelte Texte, Verlagsmitteilungen. Montreux: Ed. Bernhardt, 2002; Im Lichte der Wahrheit [Elektronische Ressource]: Gralsbotschaft. Stuttgart: Verl. der Stiftung Gralsbotschaft, 2005.

Lit.: Walkhoff, E.: Die Gralshandlungen auf Erden. Schwäbisch-Gmünd, 1953; Die Gralshandlungen auf Erden. Vomperberg (Tirol): Bernhardt, 1974, völlige Neubearb. durch d. Grals-Verwaltung f. Deutschland e. V., München.

Bernheim, Hyppolyte (*17.04.1840 Mühlhausen; † 22.02.1919 Paris), französischer Mediziner und Wiederentdecker der > Hypnose. Im Elsass geboren, wirkte er als Mediziner an der Universität von Straßburg und machte sich mit Forschungen zu Herz-Lungenerkrankungen und zum Typhus einen Namen. Als Elsass nach dem Krieg 1870 / 71 zu Deutschland kam, ging B. als französischer Patriot nach Nancy, wo er 1879 Professor für Innere Medizin wurde. 1882 besuchte er den als Quacksalber verrufenen Arzt Ambroise Auguste > Liébeault und wurde dessen Schüler und Freund. Er übernahm seine Technik der > Hypnose und setzte sie bei seinen Patienten ein.

Entgegen den Ansichten von Jean M. > Charcot ist für B. die Hypnose keine künstliche Hysterie, da praktisch ein jeder hypnotisiert werden könne. Trotzdem ging er immer mehr von der Hypnose zur Suggestion im Wachzustand über, ohne sich jedoch von der Hypothese der Gedankenübertragung überzeugen zu lassen, weil er sie bei seinen Patienten nicht feststellen konnte.

Seine „Schule von Nancy“ bestand streng genommen nur aus ihm selbst, aus Liébeault, einem Gerichtsmediziner und einem Rechtsanwalt, der sich vor allem für die gerichtsmedizinischen Aspekte der Hypnose interessierte. Der Einfluss der Schule reichte jedoch bis zu Wladimir M. > Bechterew und Richard von > Krafft-Ebing. 1889 war Sigmund > Freud auf Besuch, der 1886 bei B. und Liébeault die Hypnosetechnik erlernte. Der 1. Internationale Kongress für experimentelle und therapeutische Hypnose von 1889 in Paris, an dem u. a. Alfred > Binet, Max > Dessoir, William < James, Cesare > Lombroso und Morton > Prince teilnahmen, stand ganz im Zeichen von B.

W.: De la suggestion dans l‘état hypnotique et dans l‘état de veille. Paris, 1884; De la suggestion et de ses applications à la thérapeutique. Paris, 21888; Die Suggestion und ihre Heilwirkung. Autor. dt. Ausgabe von Sigm. Freud. Leipzig [u. a.]: Deuticke, 1888; Neue Studien ueber Hypnotismus, Suggestion und Psychotherapie. Übers. v. Sigm. Freud. Leipzig; Wien: Deuticke, 1892.

Bernstein, auch Elektron, > Ambra und > Agtstein genannt, gehört als entwässertes Harz keiner Mineralklasse an. Er ist amorph und bildet Knollen, Körner und Gerölle, seltener kommt er in Tropfenform vor. B. war bereits in der Jurazeit (vor ca. 136 – 190 Mio. Jahren) bekannt. B.vorkommen gibt es im Baltikum, in der Karibik, im Libanon, in Jordanien und Spanien. Der Name deutet auf seine Brennbarkeit hin und ist seit dem 13. Jh. belegt. In der Antike nannte man ihn Lynkur (Luchsstein), weil man glaubte, dass er aus dem erhärteten Urin des Luchses entstand.

B. ist einer der ältesten Schmuck-, Amulett- und Medizinsteine. So stellten die Ägypter schon 3200 v.  Chr. > Amulette aus B. her. Dem griechischen Philosophen Theophrat (370 – 286 v.  Chr.) war bereits die magnetische und elektrische Wirkung des B. bekannt. Hellseher sollen mit Hilfe von B. unter Beachtung der Mondstellung weissagen können. Der B. gilt auch als Liebesstein, dessen Kraft eine treulose Geliebte wieder zurückholen könne. Ist er allerdings bereits rot und undurchsichtig geworden, zerstöre er die Liebe.

Besonders zahlreich sind die Berichte von der Heilwirkung des B. Er soll ein sonniges und sorgloses Leben fördern, macht traditionsbewusst und regt die Kreativität an. B. hilft bei Wundheilung, bei Magen-, Milz-, Leber-, Gallen- und Nierenleiden, bei angeschwollenen Mandeln und bei Halskrankheiten, er erleichtert das Zahnen kleiner Kinder; dabei soll er direkt auf der Haut getragen werden. Pulverisiert und mit Honig gemischt wirke er gegen Magen- und Darmerkrankungen. 

B. gilt ferner als ein Mittel gegen Wahnsinn und verschafft Kühlung, weshalb die Chinesen ihn unter das Kopfkissen legen. In der arabischen Medizin verwendet man ihn zusammen mit kaltem Wasser gegen Herz- und Magenleiden, zusammen mit Rosenwasser gegen Blutfluss und Durchfälle. Bis in die Neuzeit hinein verwendeten Ärzte Bernsteindämpfe gegen Asthma, und Bernsteinöl (Oleum succini) fand bei Neuralgien und Rheumatismus Anwendung.

Außerdem soll B. das Nabel-Chakra beeinflussen, als Elixier Schilddrüsenkrankheiten heilen und bei Gedächtnisschwund helfen.

Im Mittelalter galten umgehängte Ketten aus B.perlen als Schutzmittel gegen allerlei Übel.

Schließlich war B. auch ein Ersatzmittel für > Weihrauch.

Lit.: Károly, Alexander: Ueber das Bernsteinöl. Berlin: Ebering, [1914]; Schlee, Dieter: Bernstein in Natur- und Kulturgeschichte: aus d. Bernsteinsammlung d. Staatl. Museums für Naturkunde in Stuttgart. München: Bayer. Versicherungskammer, 1980; Barran, Ortrun: Bernstein in Heilung und Magie: Vortrag, gehalten beim „Prussentreffen 1992“ im Atelier unterm Dach, Offenbach / M. Dieburg: Tolkemita, 1993; Gienger, Michael: Lexikon der Heilsteine: von Achat bis Zoisit / Mit Fotos v. Wolfgang Dengler. Saarbrücken: Neue Erde, 42000.

Bernstein, Morey (1919 – 1999), Geschäftsmann und Hypnotiseur aus Pueblo, Colorado, USA, der 1956 mit seinem Buch The Search for Bridey Murphy erstmals eine weltweite Diskussion zur Frage der > Reinkarnation auslöste. Darin schildert er den Fall der Amerikanerin Virginia Tighe (1923 – 1995, im Buch Ruth Simmons genannt), mit der er insgesamt acht Hypnose-Sitzungen durchführte. In der dritten bis achten Sitzung (29. November 1952 bis 1. Oktober 1953) beschrieb Simmons ein früheres Leben als Bridey (eigentlich Bridget Kathleen) Murphy, Tochter von Duncan und Kathleen Murphy, die am 20. Dezember 1798 in Cork (Irland) geboren wurde. 1818 heiratete sie Sean Brian Joseph McCarthy (*1796) und zog mit ihm nach Belfast, wo sie 1864 starb.

Aus der hypnotischen Rückführung entnahm B. eine große Anzahl von Einzelinformationen, die William J. Barker für die Tageszeitung Post in Denver untersuchte. Er reiste nach Irland und fand dort fast alles bestätigt, was „Bridey Murphy“ in den Sitzungen erzählt hatte. Allerdings ließen sich in keinem Dokument weder ihr Name noch die Namen der von ihr genannten Personen nachweisen. Tighe erinnerte sich auch an eine kurze Inkarnation in Nieuw Amsterdam (Name von New York bis 1664).

Die erste gedruckte Erwähnung des Falles findet sich im Empire Magazine vom 12., 19. und 26. September 1954, doch erst das Buch von 1956 löste weltweit Resonanz aus. Es wurde in jeder nur erdenklichen Weise kritisiert und der Fall als reine Erfindung hingestellt. Eine journalistische Kampagne der Bildzeitung Chicago American gegen die in anderen Blättern veröffentlichte Geschichte bewirkte, dass die Berichte bald allgemein als ein Fall von > Kryptomnesie galten.

William Barker verteidigte seine Aussagen durch den Beitrag Bridey’s Debunkers Debunked (Brideys Entlarver entlarvt) und The Case for Bridey in Ireland (Der Fall für Bridey in Irland.) 

1966 wurde das Buch von B. verfilmt. William J. Barker spielte selbst mit.

W.: Der Fall Bridey Murphy: Dokument einer Wiedergeburt. Dt. aus d. Amerikan.von Heinrich F. Gottwald. Göttingen: Zierau, 1957.

Bernsteinhexe, Titel eines Romans von Pfarrer Wilhelm Meinhold mit der Titelheldin Maria Schweidler, der 1843 erstmals erschien. Im Vorwort berichtet Meinhold vom Fund eines Buches unter dem Chorgestühl der Kirche von Coserow auf der Insel Usedom mit Berichten über > Hexenprozesse. Angeregt durch diese Berichte machte er sich daran, die Hexenverfolgung in Pommern während des Dreißigjährigen Krieges (1630) in Romanform zu beschreiben und dabei, mit Ausnahme des romanhaften Schlusses, den Eindruck eines authentischen Berichtes zu erwecken. Die Bedeutung des Buches, das sogar das Lob des Preußenkönigs Wilhelm IV. fand, liegt nicht zuletzt darin, dass es das Interesse an der wissenschaftlichen Erforschung der Hexenproblematik weckte.

Lit.: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler, die Bernsteinhexe: der interessanteste aller bisher bekannten Hexenprocesse / nach einer defecten Handschrift ihres Vaters, des Pfarrers Abraham Schweidler in Coserow auf Usedom hrsg. von W. Meinhold. Berlin: Duncker u. Humblot, 1843.

Bernsteinspuk > Weiße Frau.

Bernus, Alexander Frhr. von (* 6.02.1880 Aeschach bei Lindau; † 6.05.1965 Donaumünster, Deutschland), Schriftsteller, Alche-
mist und Anthroposoph. Von 1902 – 1907 studierte er in München Literaturgeschichte und Philosophie und von 1912 – 1916 Medizin und Chemie. Bereits 1902 veröffentliche er mit Stefan Zweig erste Gedichte, denen 1903 sein erster Gedichtband
Aus Rauch und Raum folgte. Von 1902 – 1907 fungierte er als Herausgeber der Vierteljahresschrift Die Freistatt, 1907– 1912 unterhielt B. ein eigenes kleines Theater, die Schwabinger Schattenspiele. Von 1916 – 1920 gab er die philosophisch-anthroposophische Zeitschrift Das Reich heraus.

Nach dem Ersten Weltkrieg gründete er im Stift Neuburg bei Heidelberg ein alchemistisch-spagyrisches Laboratorium. 1926 gab er das Stift den Benediktinern zurück. B. übersiedelte daraufhin in seine beiden Häuser nach Stuttgart (Wohnung und Labor) und verbrachte die Sommermonate im Schloss Donaumünster, das er bereits 1921 erworben hatte und wohin er sich, nachdem seine beiden Häuser beim ersten Bombenangriff 1943 zerstört worden waren, zurückzog. 1954 trat er dem PEN-Club und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung bei. Da B. in England aufgewachsen war, übertrug er viel englische Lyrik ins Deutsche.

In seinem Laboratorium, das später „Soluna“ hieß, stellte er reine Naturmittel aus Kräutern her und entwickelte 30 spagyrische Heilmittel aus Pflanzen, Metallen und Mineralien. B. vertrat die Lehre von der > Reinkarnation und war sein ganzes Leben lang auf der Suche nach dem > Stein der Weisen.

Er verfasste 450 Werke, darunter Dramen, Novellen, Schattenspiele, Mysterienspiele, 20 Gedichtbände und weitere Prosatexte. Seine theoretischen Anschauungen legte er in dem Buch Alchemie und Heilkunst dar. Mit seiner Forschertätigkeit versuchte er den Beweis zu liefern, dass > Alchemie mehr ist als mittelalterlicher Glaube.

W.: Anleitung zur Behandlung mit den spagyrischen Arzneimitteln des Laboratoriums Stift Neuburg. Weimar: Lichtenstein, 1928; Alchymie und Heilkunst. Nürnberg: Carl, 1948.

Lit.: Schmitt, Franz Anselm: Alexander von Bernus. Dichter und Alchymist. Leben und Werk in Dokumenten. Nürnberg: Carl, 1971; Die Alchemiebibliothek Alexander von Bernus in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe: Katalog der Drucke und Handschriften / von Annelies Stöckinger und Joachim Telle. Wiesbaden: Harrassowitz, 1997.

Bernus, Ulla von (1913 – 1998), Tochter des Alexander von > Bernus aus zweiter Ehe, Ursula Pia, genannt Ulla, die sich in den Medien zeitlebens als „Hexe“ und „Schwarzmagierin“ verkaufte. Sie gilt als die bekannteste > Satanshexe Deutschlands. Nach eigenen Aussagen hat sie sich mit 17 Jahren für die > schwarze Magie entschieden. Ihre Sendung verdankte sie angeblich einem sog. tibetischen Grünkappen-Lama, dem sie in London begegnet sein will und der sie in die Technik des > Todesrituals einführte. So behauptete sie im Fernsehen, dass sie in der Lage sei, Menschen zu töten und schon 20 getötet habe. Beim Todesritual, das an einem Saturntag (Samstag) nach 24.00 Uhr stattzufinden hat, sind die hebräischen Todesengel > Osrael und > Zazael sowie die > Elementargeister (> Salamander, > Sylphen, > Undinen und > Gnomen) anzurufen. Der Magier müsse sich dabei nach Norden ausrichten, da von dort der Tod komme. Eine Wachspuppe wie ein Foto des Todeskandidaten seien auf ein Schwert zu spießen und über einer Flamme hin und her zu schwenken. Der > Magier selbst könne sich vor dem Angriff der Dämonen durch einen > magischen Kreis und durch Schwefelräucherungen schützen.

Am Ende ihres Lebens soll B. dem Satanismus abgeschworen haben und zum christlichen Glauben übergetreten sein.

Lit.: Weirauch, Wolfgang: Schwarze und weiße Magie. Flensburg: Flensburger-Hefte-Verlag, 1993, mit Interview von Wolfgang Weirauch mit Ulla von Bernus.

Berosus, auch Berossus, Berosos oder Berossos (um 340 – 270 v. Chr.), babylonischer Geschichtsschreiber und Priester des großen > Bel (Bel-Marduk) zu Babel. B. schrieb auf Griechisch ein dreibändiges Werk über die Kultur von Babylonien, das er Antiochus I. (280 – 261 v. Chr.) von Syrien widmete. Das Buch trug wahrscheinlich den Titel „Babyloniaca“, auch wenn es bei Josephus und Clemens von Alexandrien unter dem Namen „Chaldaica“ erwähnt wird. Es wurde jedenfalls von späteren griechischen Schriftstellern reichlich verwendet, obwohl es nur in indirekt überlieferten Fragmenten erhalten ist. In diesem Werk belehrte B. um 280 v. Chr. die Griechen zum ersten Mal genauer über die babylonische Götter- und Schöpfungsgeschichte wie auch über ihre Sternkunde und Sterndeutung, die er als die Weisheit des Bel beschreibt.

B. war vor allem in Astronomie und > Astrologie bewandert und soll auf der griechischen Insel Kos eine Astrologenschule gegründet haben. Nach seinen astrologischen Deutungen sollte der Weltbrand durch das Zusammentreffen aller Planeten im Zeichen Krebs entstehen; die Sintflut habe hingegen durch ein Planetentreffen im Zeichen des Steinbocks stattgefunden.

Lit.: Berosus, Babylonius: Berosi Chaldaeorum historiae quae supersunt, cum commentatione prolixiori de Berosi vita et librorum eius indole / auctore Joanne Dan. Guil. Richter. Lipsiae: Hartmann, 1825.

Berridge, Edward W. (1843 – 1923), britischer Arzt und Alchemist. Er stand unter dem Einfluss der Schriften von Thomas Lake > Harris und Andrew Jackson > Davis, dem er bei seinem Aufenthalt in den USA begegnet sein dürfte. Um 1850 kehrte er nach London zurück, wo er die adventistische Bruderschaft „New Life“ gründete, „um die industrielle Welt zu reorganisieren“. Zudem war er Mitglied weiterer Gruppierungen, so auch der Kirche Emanuel > Swedenborgs. Hinsichtlich des Okkulten interessierte er sich besonders für die psychosexuellen Theorien. 1889 trat B. unter dem Namen „Respiro“ und dem Motto „Resurgam“ (ich werde auferstehen) dem > Golden Dawn-Orden bei. Er verbündete sich mit den Mitgliedern in London, die McGregor > Mathers unterstützten, eingeschlossen Aleister > Crowley, der B. später in seinen „Bekenntnissen“ und in seiner Novelle Moonchild lächerlich machte.

Durch tantrische Übungen (> Tantra), die B. mit einigen Mitgliedern praktizierte, löste er im Orden eine Krise aus. Dabei befasste er sich intensiv mit dem Phänomen des damals in England viel diskutierten > Vampirismus und benutzte junge Frauen gewissermaßen als Reanimation seines lädierten Körpers als alternder Mann. Um möglichst viele junge Frauen hintereinander „lieben“ zu können, propagierte er den Geschlechtsverkehr ohne Ejakulation.

Als es im Orden zu einer Spaltung kam, gründete er in London den Isis-Tempel.

B. verfasste auch ein Lehrbuch der Homöopathie und beschäftigte sich mit praktischer Alchemie.

Lit.: Crowley, Aleister: Moonchild. A prologue. London: Mandrake Press, 1929; ders.: Die Bekenntnisse des Aleister Crowley. 2 Bde. Bergen-Dumme: Schulze, 1992.

Berrimas kopfloser Geist, bekannteste
Geistergeschichte Australiens, die sich in der Stadt Berrima, südlich von Sydney, zugetragen haben soll. Am 22. Oktober 1842 wurde im dortigen Gefängnis
Lucretia Dunkley gehängt, was der Auslöser für den unheimlichen Spuk von Berrima gewesen sein soll.

Joyce Zwarycz berichtet darüber in seinem Buch Visits from Beyond the Grave (1975). Lucretia, die Pächterin des Dorfgasthofes „Zum dreibeinigen Mann“ endete am Galgen, weil sie einen ihrer Gäste, einen wohlhabenden Farmer, ermordet und 500 Goldstücke gestohlen hatte. Nach der Hinrichtung wurde der Kopf Lucretias für wissenschaftliche Zwecke abgetrennt, worauf ihr kopfloser Geist angeblich um die Pinien vor dem Gebäude irrte. Jahrzehntelang berichteten Augenzeugen von der Erscheinung. Als die Pinien später gefällt wurden, verschwand der Geist, soll aber zu Ostern 1961 von zwei Jugendlichen, die in der Nähe der Ruine des ehemaligen Gasthofes ihr Zelt aufgeschlagen hatten, erneut gesehen worden sein.

Lit.: Zwarycz, Joyce: Visits From Beyond the Grave. Ilfracombe: Stockwell, 1975.

Berry, Catherine (1813 – 1891), englisches Medium, Automatistin (Schreiben, Malen), Geistheilerin. Sie entdeckte ihre Begabung nach einer Sitzung mit Mrs. Mary > Marshall, als sie mit einer Handbewegung Sitzungsteilnehmer umwarf. Daraufhin kamen andere Medien zu ihr, um ihre eigenen Kräfte zu stärken. Mit diesen Medien, wie etwa Frank > Herne, hielt sie gemeinsam Sitzungen ab. In Einzelsitzungen produzierte sie kaum physikalische Phänomene. Besondere Fähigkeiten zeigte sie auch im > automatischen Schreiben und Malen sowie als Heilerin. 1870 veröffentlichte B. einige Prophezeiungen zum Französisch-Preußischen Krieg.

W.: Experiences in Spiritualism: A Record of Extraordinary Phenomena Witnessed Through the Most Powerful Mediums … Second edition, enlarged. London: James Burns, 1876.

Berry, George († 17.07.1947), erster Präsident der 1922 in London gegründeten International Spiritualists’ Federation; er hatte das Amt sechs Jahre inne. Bereits von 1916 an war B. Mitglied des Rates der > Spiritualists’ National Union, 1919 wurde er Vizepräsident und von 1920 – 1922 war er Präsident, daraufhin Generalsekretär bis 1932.

Von 1924 bis 1932 gab B. die Zeitschrift National Spiritualist Monthly heraus. Er starb am 13. Juli 1947.

Lit.: Shepard, Leslie (Hrsg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Berserker (v. altnord. berserkr, Bärenhäuter), in der altnordischen Mythologie eine Art von Kriegerbund in der Gefolgschaft > Odins, bestehend aus Männern, die sich mit den Kräften und dem Gebaren wilder Tiere identifizierten und sich bis zur Erschöpfung in Raserei versetzten. In diesem Zustand fühlten sie sich übernatürlich mächtig und machten alles nieder, was ihnen in den Weg kam. Man vermutet, dass die Anfälle durch psychoaktive Drogen, wie etwa den > Fliegenpilz, hervorgerufen wurden.

Später wurde B. zur Bezeichnung von „Kämpfer“ überhaupt. Im neueren Sprachgebrauch wird B. häufig im übertragenen Sinn verwendet und auf Kraft und maßlose Kampfeslust („Berserkerwut“) ganz allgemein bezogen.

Lit.: Güntert, Hermann: Über altisländische Berserker-Geschichten. Heidelberg: Hörning, 1912; Storl, Wolf-Dieter: Berserker und Kuschelbär: der Bär als Seelengefährte des Menschen. Braunschweig: Aurum, 1992; Simek, Rudolf: Lexikon der germanischen Mythologie. 3., völlig überarb. Aufl. Stuttgart: Alfred Kröner, 2006.

Berstuk, Waldgottheit der Slawen, die häufig als bocksfüßiger Halbmensch gedacht wurde.

Lit.: Mode, Heinz: Fabeltiere und Dämonen: die Welt der phantastischen Wesen. Leipzig: Koehler & Amelang, 2005.

Bertha > Berchta.

Berthold der Schwarze, auch Bertholdus Niger und Bartholomäus genannt, sagenhafter Erfinder des Schwarzpulvers im Abendland. Im Feuerwerkbuch (Cod. 1481 a) des Germanischen National-Museums Nürnberg wird er als ein „maister in artibus“ bezeichnet, der seine Ent­deckung machte, als er mit „grosser Alchymy vmbgegangen“. In Zedlers Universallexikon, Bd. 35 / 1741, heißt es: „Schwartz . . . hieß sonst Constantin Angklitzen, war zu Freyburg in Deutschland um die Mitte des 14. Jhs. gebohren, und seiner Profeßion nach zu Mayntz ein Münch, und hat die Erfindung des Schießpulvers und der Büchsen 1330 wider sein Vermuthen zu Stande gebracht … Im übrigen haben einige vorgegeben, daß endlich Kayser Wentzel den Schwartz wegen dieser seiner Erfindung 1388 lebendig habe ver­brennen lassen.“

Nach André Thevet, der ebenfalls den Namen „Constantin Ancklitzen“ nennt, war B. ein Franziskaner. Darauf deutet auch der Berthold-Schwarz-Brunnen auf dem Rathausplatz in Freiburg i. Br. / D vor der ehemaligen Franziskanerkirche mit einem großen steinernen Standbild des Franziskanermönchs Berthold Schwarz hin. Die Bedeutung Freiburgs als Bergbaustadt in der Mitte des 13. Jhs. macht ein Wirken von B. nicht unwahrscheinlich. Historisch belegt ist, dass er 1388 in Prag wegen Ketzerei verurteilt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde.

Eine weitere Beschreibung des B. aus einem Feuerwerksbuch vom Ende des 14. Jhs. findet sich bei H. Meynert: „Also wollt derselbe Meister Bertholdus eine Goldfarb brennen, zu derselben Farb gehört Salpeter, Schwefel, Blei und Öl. Und als er diese Stücke in einen kupfernen Hafen brachte und den Hafen wohl vermachte, wie man thun muss, und ihn über das Feuer that, dass er warm ward, so brach der Hafen in gar viele Stücke“ (Geschichte des Kriegswesens I, S. 329 ff.). Meynert erwähnt auch die Namen „Constan­tin Artlitz in Cöln und Alitrel von Prag“ als sagenhafte Erfinder des Schießpulvers.

Das Schießpulver wurde allerdings als Sprengstoff bereits um 250 und für Signale und Feuerwerk im 9. Jh. in China verwendet, während die Vorderladerkanonen mit Steinkugeln 1288, ebenfalls in China, zum Einsatz kamen.

Um 1400 wird niger Bertholdus in Abschriften eines Feuerwerksbuches als Erfinder einer Steinbüchse genannt.

Lit.: Thevet, André: Les vrais pourtraits et vies des hommes illustres. Paris, 1584. Delmar, NY: Scholars’ Facsimiles & Reprints, 1973; Meynert, Hermann: Geschichte des Kriegswesens und der Heerverfassungen in Europa. Graz: ADEVA, 1975; Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständiges Universal-Lexikon. Graz: ADEVA, 1993.

Berthold von Regensburg (* um 1210 / 1215 Regensburg (?); † 14.12.1772 ebd.), Franziskaner (OFM), selig (Fest: 14. Dezember), größter Volksprediger des MA. Bei seinen Predigten ging er auch auf magische Bräuche und Zaubereien ein. So geißelte er das sog. > Mortbeten, das Herbeibeten des Todes. Besonders mit Hilfe des Fluchpsalms 109 wurde > Todeszauber bis in die Gegenwart ausgeübt. Sagte man diesen rückwärts her oder sprach man Psalm 91 morgens und abends den Fluchpsalm, so glaubte man, den baldigen Tod eines Feindes herbeiführen zu können.

B. befasste sich auch mit der Möglichkeit, kraft eines Teufelspaktes verborgene Schätze zu heben. Die Entdeckung der Heilkraft der > Mistel schrieb er König Salomo zu (Schönbach, S. 147), während er den > Bilwis und die > Nachtfahrerinnen für Dämonen hielt (Schönbach, S. 18). 

W.: Lat. Predigten. Bibliogr. bei G. Jacob, Die lat. Reden des sel. B. v. R., 1880; Sermones ad religiosos XX, ed. P. Hoeltzl, 1882; Messepredigten. In: A. Franz: Die Messe im MA, 1902, 741 ff.; hrsg. v. Georg Buchwald. In: ZKG 39, 1921, 77 ff. – Dt. Predigten, übertr. u. vollst. hrsg. v. Franz Göbel, 2 Bde., 1850 / 51 (51929); hrsg. v. F. Pfeiffer u. J. Strobl, 2 Bde., 1862 / 80; übertr. u. eingel. v. Otto Hermann Brandt, 1924; hrsg. v. Dieter Richter, 1968.

Lit.: Eis, Gerhard: mort und Verwandtes. In: Alte Zaubersprüche. Berlin: de Gruyter, 1964; Schönbach, A.: Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt: 2. Zeugnisse Bertholds von Regensburg zur Volkskunde. In: Wiener Sitzungsbericht. Der Akd. der Wiss. 141, 1900, Bd. VII, S. 147 f.; Habiger-Tuczay, Christa: Magie und Magier im Mittelalter. München: Eugen Diederichs, 1992.

Berthome du Lignon, genannt Champagnat, wurde 1599 in Montmorillon in der Grafschaft Poitou als Zauberer verurteilt. Er bekannte, dass ihn sein Vater in der Jugend zum > Sabbat der Zauberer mitgenommen und er dem > Teufel Leib und Seele verschrieben habe. Bei einem großen Sabbat habe ihn der Teufel einmal zum Tanz eingeladen. Dieser stellte sich in Gestalt eines schwarzen Ziegenbocks in die Mitte der Tanzfläche und gab jedem eine brennende Kerze, in deren Licht ihm die Anwesenden den Hintern küssten. Außerdem bekam er jeden Sabbat vom Teufel ein Pulver, um > Verhexungen vorzunehmen. Mit diesem Pulver habe er viele Menschen und Tiere getötet. Wann immer er wollte, rief er den Teufel an, der dann als Windsturm zu ihm kam. Er verbot allen, zu Gott zu beten, zur Messe zu gehen und Ostern zu feiern. Schließlich habe ihn der Teufel in der letzten Nacht im Kerker besucht und ihm mitgeteilt, dass er keine Möglichkeit habe, ihn herauszuholen.

Lit.: Spence, Lewis: An Encyclopaedia of Occultism. New York: Cosimo, 2006.

Berto, blindes, rechnendes Pferd. Im Spätherbst 1912 erhielt Karl Krall ein völlig erblindetes Pferd. Es war sein langgehegter Wunsch, ein solches zu unterrichten. Bei B. handelte es sich um einen Hengst Mecklenburger Schlages, ein Kaltblut, damals eineinhalb Jahre alt, gesund und lebhaft. Aus dem Verhalten des Pferdes und aus gründlichen Untersuchungen durch Tierärzte ging eindeutig hervor, dass das Tier völlig blind war, weshalb man es dem Schlachthof übergab, wo Krall es abholen durfte. Die erste Unterrichtsstunde fand am 21. September 1912 statt. Nach vierzehn Tagen beherrschte B. die Zahlenbegriffe bis neun sowie drei Rechenarten (Addieren, Subtrahieren und Multiplizieren). Am 13. November 1912 konnte B. mit zweistelligen Zahlen rechnen, wobei der rechte Fuß die Einer, der linke die Zehner angab. Anfang März 1913 hatte er schon dreistellige Zahlen gelernt; die Übungen mit Buchstabieren wurden fortgesetzt. Dabei zeigte sich, dass die Stimmungen des Pferdes den Lernerfolg beeinträchtigten und B. bereits nach 20 Minuten ermüdete. Am 29.09.1927 sprach Krall über seine Lernerfolge mit B. auf dem 3. Congrès Internationale de Recherches Psychiques in Paris.

Lit.: Krall, Karl: Berto. In: Denkende Tiere, Heft 2. Stuttgart: Verlag der Gesellschaft für Tierpsychologie, 1913; Jutzler-Kindermann, Henny: Können Tiere denken? Ein Buch vom Verstand und Wesen der Tiere. St. Goar: Reichl Verlag – Der Leuchter, 1996, S. 83 – 87.

Bertràn, Ludwig (*1.01.1526 Valencia; † 9.10.1581 daselbst), Dominikaner, heilig
(12.04.1671, Fest: 9. Oktober), war zuerst Novizenmeister, dann von 1562 – 1569 Missionar in Neugranada (dem heutigen Kolumbien). Anschließend kehrte er in seine Heimatstadt zurück, wo er im Geiste der tridentinischen Erneuerung mit dem hervorragenden Erzbischof von Valencia, dem hl. Johannes von Ribera († 1611), und mit der hl. > Theresia von Avila († 1582) zusammenarbeitete. Von besonderer Bedeutung waren für ihn aus persönlicher Erfahrung die vom Konzil von Trient erstellten Definitionen über die jenseitige Läuterung der Verstorbenen und die Möglichkeit, ihnen zu helfen. Bald nach seiner Priesterweihe (1527) erschien ihm nämlich acht Jahre hindurch verschiedene Male sein verstorbener Vater und bat ihn um Hilfe. Nach Gebeten und aufgeopferten heiligen Messen sah ihn B. schließlich glücklich aus der Läuterung befreit und erlöst.

B. ist zudem der erste namentlich bekannte Priester, der sich des Vorrechts bediente, am > Allerseelentag drei hl. Messen für die Verstorbenen zu feiern.

Lit.: Antist, Vicente Justiniano Verdadera relacion de la vida y mverte del padre fray Lvys Bertran de bienaventurada memoria. Impressa en Valencia: en casa de la viuda Geronima de Huete: a costa de Balthasar Simon …, 1583.

Bertrand, Alexandre (1795 – 1831), Franzose, Gegner des universalen „Fluidums“. B. befasste sich schon früh mit dem sog. > tierischen Magnetismus und veröffentlichte darüber zwei Werke, 1823 und 1826, in denen er sich entschieden gegen jede metaphysische Idee eines universalen „Fluidums“ ausspricht. Auch in Bezug auf die > Autoskopie bei den Somnambulen zeigt er sich skeptisch und verneint die Wirksamkeit der Heilmittel, welche die Kranken während ihrer Trance verschreiben. Dass sich die Voraussagen Somnambuler allem Anschein nach bewahrheiten, glaubt er zwar, verleiht jedoch seiner Meinung Ausdruck, dass die letztendlich eintretenden Ereignisse nicht „vorausgesagt“, sondern „vorausbestimmt“ gewesen seien.

W.: Du Magnétisme animal en France et des jugements qu‘en ont portés les Sociétés savantes, avec le texte des divers rapports faits en 1784 par les commissaires de l‘Académie des sciences, de la Faculté et de la Société royale de médecine… suivi de considérations sur l‘apparition de l‘extase dans les traitements magnétiques. Paris: J.-B. Baillière, 1826.

Bertschinger-Eicke, Erika (*20.02.1929 Zürich, Schweiz), genannt „Uriella“, geistige Führerin der religiösen Bewegung (Orden) Fiat Lux. Nach frühen Kontakten mit der Geistigen Loge Zürich und neuoffenbarerisch-mediumistischen Kreisen in den USA und England will B. 1971 ihre Heilungsgabe entdeckt haben. 1972 sprach, ihren Angaben zufolge, Jesus direkt zu ihr, später auch Maria. Nach einem Reitunfall, bei dem sie schwere Kopfverletzungen davontrug, soll sie die Gabe des Hellsehens erhalten haben. Im Anschluss an einen Aufenthalt im „Lichtzentrum Bethanien“, das 1967 von Frieda M. Lämmle in Sigriswil / Schweiz gegründet worden war, empfing sie Weihnachten 1975, wie sie sagte, in Tieftrance die erste Offenbarung. Nach dem Tod ihres ersten Mannes gründete B. am 12.01.1980 ein Heiligtum in Egg (Kanton Zürich) als Mittelpunkt der neu um sie entstehenden Bewegung > Fiat Lux („Es werde Licht“). In den ersten „Gottesdiensten“, die sie dort veranstaltete, gab sie unter der Selbstbezeichnung „Uriella“ (außer Jesus Christus betreut angeblich auch der Erzengel Uriel Frau Bertschinger) ihre Offenbarungen weiter, weil sie sich als Sprachrohr Jesu Christi verstand. Inzwischen wurde das sog. Heiligtum als Ausgangs- und Zentralpunkt der Bewegung nach Ibach / Lindau im Schwarzwald verlegt. 1984 bis 1988 unterstützte ihr späterer Ehemann Kurt Warter (1988 tödlich verunglückt), der sich „Uriello“ nannte, ihre Aktivitäten und vereinheitlichte die Offenbarung. Schließlich wurde Fiat Lux von Uriellas viertem Ehemann, Eberhard Bertschinger-Eicke, genannt „Icordo“, geführt.

Lit.: Fiat Lux: Entstehung, Lehre – Praxis / [Hrsg. und Red.: Referat für Weltanschauungsfragen]. Wien: Arbeitsgemeinschaft der Österr. Seelsorgeämter, Referat für Weltanschauungsfragen, 1988; Bender, Klaus-Martin: Fiat Lux: Uriellas Orden. München: Evang. Presseverb. für Bayern, Abt. Schriftenmission, 1992.

Berufen (mhd. beruofen), im Volksglauben auch behexen, verhexen, bezaubern, beschreien, verschreien, bereden, vermeinen genannt, hat die Bedeutung, von bösen Geistern, Hexen oder Menschen angesprochen bzw. verhext zu werden. Durch unbedachtes oder bewusstes Reden werden Unglück oder böse Geister herbeigeschrieen. Hierzu gehört auch das Lob mit boshaften Hintergedanken. B. ist sehr häufig mit > Blickzauber verbunden, dem mitunter selbst schon die Wirkung von B. zugeschrieben wird.

B. kann jeder den anderen wie auch sich selbst. Bei Menschen mit dem > bösen Blick und den > Hexen gehört B. zur Haupttätigkeit.

Die Wirkungen von B. machen sich zuweilen sehr rasch bemerkbar. Kleine Kinder beginnen abzunehmen, weil man an ihr Fortkommen nicht mehr glaubt und sie vernachlässigt. Erwachsene können mit Angst, Depression, Motivationslosigkeit, Aggression, somatischen Reaktionen, aber auch mit Selbstaufgabe reagieren.

Entsprechend groß ist die Zahl der Schutzmittel, angefangen vom Gegenberufen, von bewusstem Nicht-Beachten, Ausräuchern, Gebet, > Beschwörung und > Verwünschung, verbunden mit allerlei Formen von > Zauberei.

Lit.: Schmidt, Philipp: Dunkle Mächte: ein Buch vom Aberglauben einst und heute. Frankfurt a. M.: Josef Knecht; Carolusdruckerei, 1956; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Berlin: W. de Gruyter 1987.

Berufkräuter oder Besprechkräuter, Bezeichnung von Pflanzen, die wider das Verhexen oder die Verzauberung dienten. Der Ausdruck kommt von > berufen. d. h. von bösen Geistern oder Hexen angesprochen oder verhext worden zu sein. „Unberufen“ sein bedeutet hingegen ein „Frei- oder Unbeeinflusstsein“ von Ärgerlichem, Bösem, Krankem oder Schädlichem. Die B. sollten also einen Berufzauber unwirksam machen oder einem solchen vorbeugen. So legte man Kindern, die in der Nacht „laut aufschrieen“ B. in das Bett, damit sie vor Hexen und vor allem vor dem > bösen Blick sicher seien. Zu den B. zählt man eine Reihe von Kräutern, aus denen Tee oder ein Absud für Bäder und andere Anwendungen hergestellt werden, wie Frauenflachs (Linaria vulgaris), Sumpfgarbe (Achillea ptarmica), Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum), das Echte Berufkraut (Erigeron acer) und andere.

Lit.: Schöpf, Hans: Zauberkräuter. Graz: ADEVA, 1986; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Berlin: W. de Gruyter, 1987.

Berufung, Auserwählung durch Gott, eine Person oder Institution für eine bestimmte Aufgabe. Paranormologisch ist nur die B. durch Gott, durch Geistwesen und durch andere außergewöhnliche Berufungserlebnisse von Bedeutung.

Bei der göttlichen B. kommt die rûach Jahweh, der Geist Gottes, plötzlich und unverhofft über den > Propheten, von außen und von oben. Dabei wird der Wille des Berufenen nicht gebeugt, sondern nur geneigt gemacht. „Nichts tut Gott, der Herr, ohne dass er seinen Knechten, den Propheten, zuvor einen Ratschluss offenbart hat“ (Am 3,  7). Der Berufene gerät dabei zwar frei, doch ganz in den Bann Gottes. Er kann sich der B. nicht entziehen.

Ähnlich verläuft auch die B. des > Schamanen, die allerdings meist gegen seinen Willen erfolgt. Sie wird durch seinen Schutzgeist veranlasst, worunter ein Himmels- oder > Unterweltsgeist, ein > Naturgeist, ein > Geistertier usw. gemeint ist. In vielen Fällen sind es jedoch die > Geister der verstorbenen Schamanenahnen, die zur Weiterführung des Schamanentums aufrufen.

Die Berufung selbst geschieht beim Propheten wie beim Schamanen in > Träumen, > Visionen, > Auditionen und einem inneren Empfindungsgefüge, das zur Einwilligung drängt.

Ein solch unwiderstehliches inneres Gedrängtsein ist auch bei vielen B. im normalen Lebensbereich die entscheidende Kraft. Dabei kommt es immer darauf an, ob die berufene Person den Impuls aufzufangen und umzusetzen vermag. Rein rationale Erwägungen oder Ratschläge sind in solchen Fällen meist unwirksam, weil die B. sich letztlich im Innenraum der betreffenden Person abspielt.

Lit.: Koch, Robert: Charisma und Heiligkeit im Alten Testament. In: Andreas Resch: Mystik. Innsbruck, 1975, S. 87 – 174; Kucher, Walther Maximilian: Paranormale Heilung in ethnologischer Sicht. In: Andreas Resch: Paranormale Heilung. Resch: Innsbruck, 1977, S. 17 – 94; Berger, Jörg: Lebensziel Berufung: den eigenen Weg finden in einer Welt der Beliebigkeit. Marburg an der Lahn: Francke, 2006; Klasvogt, Peter: Angesprochen und herausgefordert: Priester werden aus Berufung. Befürchtungen – Anforderungen – Perspektiven. Paderborn: Bonifatius, 2006.

Berührung, körperliche Kontaktnahme als heilende und heiligende, aber auch als vernichtende Geste.

Die heilende und heiligende B. ist gekennzeichnet durch positive energetische Verstärkung und geistige Aufwertung der kontaktierten Person. So wird Heiligkeit als eine Art > Fluidum betrachtet, das durch B. übertragen wird, wie bei der Priesterweihe, dem Segen, der Handauflegung oder bei Kontakt mit einer bestimmten Körperstelle, so z. B. bei der Heilung des Taubstummen: „Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel“, dann sagte er zu ihm: „Effata!, das heißt: Öffne dich!“ (Mk  7, 33-34). Zuweilen genügt jedoch schon die Berührung des Kleides, wie bei der blutflüssigen Frau, die sich sagte: „Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt“ (Mt 9,  21). Jesus erweckte sogar Tote durch Berührung.

Wo eine direkte Berührung nicht möglich ist, kann die Heilung durch irgendein Bindeglied bewirkt werden, wie durch die Schweißtücher des Apostels Paulus (Apg 19, 12) oder den Schatten des Apostels Petrus (Apg 5, 15). Pius XII. pflegte die ihm gereichten weißen Käppchen (Pilleolus) für einige Augenblicke aufzusetzen und dann zurückgegeben, was die Empfänger als großen Lebensimpuls empfanden.

Neuerdings versucht man mit besonderen Techniken, wie > Reiki, > Shiatsu, > therapeutic touch und direktem Körperkontakt, eine heilende B. für Körper, Seele und Geist zu bewirken. 

Neben diesen menschlichen Bezügen schrieb man auch dem Kontakt mit gewissen Gegenständen eine besondere Wirkung zu. Brote, die auf dem Altar gelegen hatten, galten als „Schaubrote“ der Gottheit, so im Asklepios-Kult. Am Rhein legte man in der Karwoche während der Lesung der Passion Schinken auf oder unter den Altar, damit er gegen Unglück schütze.

Durch das Berühren solcher kraftgeladener Gegenstände sollen nicht zuletzt magische Effekte erzielt werden. Derlei Gegenstände können nicht nur Steine, sondern auch Pflanzen, Tiere usw. sein. Bei speziellen Formen reicht die Berührungsmagie tief in den Symbolbereich hinein. So soll durch das Tragen eines Löwenzahns als Amulett die Kraft des Löwen übertragen werden.

Ein weiterer Aspekt von B. liegt in der Vermittlung des Einheitsgefühls als Schutz- und Trutzbündnis. Dies gilt für das B. von Reliquien, Gräbern, Fetischen und Statuen.

Im > Mesmerismus betonen Magnetiseure, dass B. für den magnetischen Report wichtig sei. Sensitive sind oft nur bei Berührung der betreffenden Person zu Aussagen fähig. B., zumindest mit den Fingerspitzen, hat nicht nur beim > Tischrücken, sondern auch im Liebes- und Gruppenbereich eine besondere Bedeutung und Wirkung.

Zudem spielt B. in Träumen, Visionen und bei Erscheinungen in Form von Druckempfindungen und anderen Wahrnehmungen wie Hitze, Kälte und Feuchtigkeit eine Rolle. Doch nicht jeder Kontakt ist zuträglich. B. bedarf der rechten Zuordnung und Sympathie der Kräfte. So wird in Gen 3,  9 Adam mit dem Tod bedroht, wenn er den heiligen Baum auch nur berühre. Hier geht es um die genaue Befolgung der Vorschriften: „Damit sie am Leben bleiben und nicht wegen Berührung des Hochheiligen sterben, sollt ihr so verfahren: Aaron und seine Söhne sollen kommen und jedem von ihnen anweisen, was er zu tun und zu tragen hat“ (Num 4,  19).

In diesem Zusammenhang ist schließlich auch der > Schadenzauber und magische > Fluch durch B. zu nennen, sei dies direkt oder in symbolisierter Form wie beim > Voodooritual, wo man Nadeln in eine Puppe steckt, um eine bestimmte Person zu treffen oder sogar zu vernichten.

Lit.: Brown, Malcolm: Die heilende Berührung: die Methode des direkten Körperkontaktes in der körperorientierten Psychotherapie. Essen: Synthesis-Verl, 21988; Macrae, Janet: Therapeutic touch: Kontaktheilung, die heilende Berührung. Grafing: Aquamarin-Verl, 21995; Barnett, Libby: Reiki, Energie-Medizin: heilende Berührung für Praxis, Krankenhaus, Beruf und zu Hause. Essen: Synthesis, 1998; Daiker, Ilona: Shiatsu: heilende Berührung für Körper, Geist und Seele. Orig.-Ausg. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1998; Gößling, Andreas: Voodoo: Götter, Zauber, Rituale. Aktualisierte Neuausg. München: Knaur-Taschenbuch-Verl., 2004.

Beryll > Aquamarin.

Bes, auch Besz. Ägyptischer, zwergwüchsiger Gott, der ursprünglich aus dem Sudan stammt und ab der 12. Dynastie in > Ägypten als Schutzgott während der Nacht vor allem vor gefährlichen Wüstentieren, insbesondere Schlangen, verehrt wurde. Er wurde auch als Gott der Zeugung und der Geburt angesehen, der einerseits böse Geister vom Haus fernhielt und gleichzeitig die Schwangeren, Wöchnerinnen und Neugeborenen schützte. B. war der Hüter des Schlafes und sandte Träume, galt aber auch als Gott der Launen und Lustbarkeiten, tanzte zur Unterhaltung der Götter und spielte auf Harfe, Leier und Tamburin. Leute, die an Schlafstörungen litten, riefen ihn in Ritualen an, zu denen auch seltsame Getränke gehörten.

In seinem Aussehen vereinigte er menschliche und tierische Züge mit einem fratzenhaftem Gesicht und oft auch mit übergroßen Geschlechtsteilen. Ursprünglich trug er ein Löwenfell auf dem Rücken, von dem später nur die Tierohren und der Schwanz übrig blieben. Weitere Attribute waren die Sa-Schleife (Schutzsymbol), Messer, Musikinstrumente und oft auch eine hohe Federkrone.

Eine Sonderform wurde „Aha“, d. h. Kämpfer, genannt, der mit seinen Händen ein Schlangenpaar würgt oder eine dem > Seth zugeordnete Gazelle packt.

Lit.: Ballod, Franz: Prolegomena zur Geschichte der zwerghaften Götter in Ägypten. Moskau: Liessner & Sobko, 1913; Bonnet, Hans: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3. unveränd. Aufl. Berlin: Walter de Gruyter, 2000.

Besagen, Nennung von Komplizen und Mitbeteiligten an Hexerei beim Geständnis der Hexen. > Urgicht.

Lit.: Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.

Besançon, Ketzer von > Ketzer von Besançon.

Besant, Annie geb. Wood (* 1.10.1847 Clapham, London; † 20.09.1933 Adyar, Madras / heute Tamil Nadu, Indien), Theosophin, Freimaurerin, Frauenrechtlerin, Journalistin, Schriftstellerin und Politikerin. Als Tochter des englischen Arztes William Wood und der Irin Emily Morris wurde sie nach dem Tode ihres Vaters, als sie 5 Jahre alt war, zunächst von der Mutter, und dann vom 8. bis 15. Lebensjahr von der Calvinistin Ellen Marryat erzogen. In ihrer weiteren Entwicklung neigte sie zunehmend der katholischen Lehre zu. Mit ihrer Mutter zog sie nach London und studierte dort Werke von > Augustinus und > Ignatius von Loyola sowie moderne Autoren, wie John Keble (1792 – 1866) und Edward Bouverie Pusey (1800 – 1892), anglikanischer Theologe und Professor in Oxford. Mit 19 Jahren lernte sie den anglikanischen Geistlichen Frank Besant kennen, den sie 1867 heiratete und so Pfarrersfrau in Cheltenham wurde. In jener Zeit kam sie über ihren Schwager Walter Besant auch mit der > Freimaurerei in Berührung. Zunächst zum extremen Christentum neigend, ließ sie sich 1873 scheiden, wurde Freidenkerin und schrieb mit Thomas Scott gegen das Christentum. 1874 lernte sie den „reinen Materialisten“ Charles Bradlaugh, den Herausgeber der linksorientierten Wochenschrift National Reformer, kennen und trat mit ihm für antikonzeptionelle Methoden und als Anhängerin der Neomalthusianer für die Abtreibung ein. Ab 1884 engagierte sie sich als überzeugte Linksradikale und organisierte 1886 eine Gesamtkonferenz aller sozialistischen Vereinigungen, auf der sich die Marxisten durchsetzten. 1887 schrieb sie gemeinsam mit Charles Bradlaugh das atheistische Pamphlet Why I Do Not Believe in God. In der Folgezeit wurde sie in der Gewerkschaftsbewegung tätig und leitete 1888 erfolgreich den Match Girls’ Strike (Match Workers’ Strike) im Kampf gegen Hungerlöhne. Nicht zuletzt galt Annie B. als die bedeutendste Frauenrechtlerin Englands im 19. Jh.

1889 erhielt sie den Auftrag, eine Rezension über die ein Jahr zuvor erschienene Secret Doctrine (Geheimlehre) der H. P. > Blavatsky zu schreiben. Von dem Buch fasziniert, suchte sie die Bekanntschaft mit Blavatsky und wurde am 21. Mai 1889 in die Londoner Theosophische Gesellschaft (TG) aufgenommen. Sie vertrat nun die antimaterialistische Ansicht, dass bei Verminderung des körperlichen Einflusses Geisteskräfte stärker ans Licht treten würden.

Aufgrund ihres sprachlichen Talents avancierte sie zu einer engen Mitarbeiterin von Blavatsky, ging dann nach deren Tod nach Indien, gründete 1898 das Central Hindu College (CHC) in Benares und dozierte die > Bhagavadgita.

1902 erfuhr sie durch Francesca Arundale in London von der 1893 gegründeten freimaurerischen Gesellschaft Le Droit Humain, die auch Frauen zugänglich war. Noch im gleichen Jahr ließ sie sich mit sechs Theosophinnen in den Orden aufnehmen und war hauptverantwortlich für die in London gegründete erste englische Loge des „Droit Humain“, The Human Duty.

Nach dem Tod von Henry Steel > Olcott wurde B. 1907 Präsidentin der Theosophischen Gesellschaft.

Innerhalb der internationalen TG spielte bis zur Jahrhundertwende Charles Webster > Leadbeater (1847 – 1934) eine besondere Rolle. Er war längere Zeit der Sekretär von B. Mit ihm verfasste sie zahlreiche Bücher (Gedankenformen, dt. Übers. 1908, und Der sichtbare und unsichtbare Mensch, dt. Übers. 1905, ein Standardwerk zur Auraforschung). In ihrer Okkulte[n] Chemie (dt. Übers. 1905) entwickelte sie eine Atomlehre, die angeblich auf hellseherischen Beobachtungen beruhte. In Jiddu Krishnamurti sahen Leadbeater und B. schließlich einen neuen „Weltlehrer“. Vor allem mit dem Personal und den Studenten des CHC wurde 1911 in Benares zuerst der Order of Rising Sun und dann der Order of the Star of the East (später nur noch Order of the Star) gegründet. Durch den einsetzenden Krishnamurti-Kult geriet B. aber zunehmend unter Kritik und 1912 fiel der größte Teil der deutschen Theosophen unter Rudolf > Steiner von ihr ab – nach theosophischer Sicht vor allem aus wirtschaftlichen Gründen.

1913 gab B. ihre politische Zurückhaltung auf und beteiligte sich am politischen Leben Indiens. 1914 trat sie dem Indischen Nationalkongress (INC) bei, wurde einer der Köpfe der indischen Nationalbewegung und 1917 zur Präsidentin des Jahreskongresses des ICN gewählt. Sie agierte in der Folgezeit scharf gegen die Nicht-Kooperationsbewegung Gandhis, verlor dabei aber an politischer Bedeutung, da die westliche Presse an der Seite Gandhis stand. Sie wird in Indien jedoch heute noch verehrt und wurde sogar auf einer Briefmarke verewigt.

Die letzten Jahre von B. waren durch große Herausforderungen gekennzeichnet. Leadbeater, vorübergehend Bischof der Altkatholischen Kirche, wurde 1916 in Australien Bischof der Liberal-Katholischen Kirche, die aus der Altkatholischen Kirche hervorging. Als dann 1929 Krishnamurti den Order of the Star auflöste, sorgte das bei vielen Theosophen für Verwirrung. Dennoch blieben gerade in Indien die meisten Mitglieder der TG der Theosophie und Krishnamurti (bis heute) verbunden.

B. verfasste über 300 Aufsätze und Bücher, von denen neben den oben genannten die folgenden (in dt. Übers.) besonders hervorzuheben sind: Die uralte Weisheit (1898), Die vier großen Religionen (1904), Reinkarnations- und Wiederverkörperungslehre (1905) und Einweihung (1908). 

B. blieb trotz allem Präsidentin der TG bis zu ihrem Tod am 20. September 1933. Neben ihrer politischen Tätigkeit hielt sie Vorträge zum „esoterischen Christentum“ und prägte den Begriff „Kosmischer Christus“. Nach einer ersten buddhistisch orientierten Linie trat sie energisch für den Hinduismus ein.

W.: Autobiographical Sketches. London: Freethought Publishing Company, 1885; The Bhagavad-Gîtâ or the Lord‘s Song / transl. by Annie Besant. London [u.  a.]: Theosophical Publ. Soc., 21896; Die uralte Weisheit. Ludwig Deinhard [Übers.]. Leipzig, 1898; The Doctrine of the Heart: Extracts from Hindu Letters. London, 1899; Esoterisches Christentum oder Die kleineren Mysterien. Autoris. Übers. von Mathilde Scholl. Leipzig: Grieben, 1903; Theosophie. London: Jack [u.  a.], 1912; Einführung in den Yoga. Ins Dt. übertr. v. John Cordes u. Fr(iedrich) Feerhow. Leipzig, 1915; Nethercot, Arthur A.: Last Four Lives of Annie Besant. University of Chicago Press, 1963; Das Denkvermögen: seine Beherrschung u. Ausbildung. Graz: Adyar-Verl, 1979; Der Tod – und was dann? Eine detaillierte Studie über d. Vorgänge beim Tod, im Zwischenzustand u. bei d. Wiedergeburt. [Dt. Übers. von F. Hartmann]. Nachdr. d. 3. Aufl. Stuttgart: MANAS-Verlagsgesellschaft, 1984; Gedankenformen (zus. mit Charles W. Leadbeater) [autoris. Übers. ins Dt. von der Literarischen Abteilung des Theosophischen Verlagshauses]. Freiburg i. Br.: Bauer, 51993; On the Nature and the Existence of God. Bristol: Thoemmes Press, 1996; Eine Studie über das Bewusstsein. Grafing bei München: Aquamarin-Verl, 2004 (wo auch weitere Nachdrucke ihrer Werke erscheinen).

Beschauung (mhd. [be-] schouwunge), von den deutschen Mystikern des 13. und 14. Jhs. verwendete Bezeichnung der letzten Stufe des mystischen Weges. Das Wort gibt verschiedene griechische und lateinische Begriffe wieder, die heute oft mit „Betrachtung“ übersetzt werden, wie contemplatio, inspectio und meditatio. B. bildet jedoch über die betrachtende und analytische Tätigkeit des Verstandes hinaus jenes ganzheitliche Erfassen in Synthese von Empfinden und Denken, bei dem die Anschauung des Übergreifenden in seiner Wirkung erfahren wird. Dabei kann der Beschauende in zeitloser Erfahrung, bis zum Zustand der > Ekstase oder der > Pneumostase entrückt, der > Unio mystica, verweilen. Es geht hier also um jene Erfahrung, bei der alle geistigen Tätigkeiten verlassen werden und die Spitze des Empfindens ganz in Gott hinübergetragen und verwandelt wird, wovon nach Bonaventura (Itin. c. 7, n. 5) nur reden kann, wer davon Erfahrung hat.

Lit.: Jaegen, Hieronymus: Das mystische Gnadenleben / M. e. Einführung von M. Grabmann. Heidelberg: F.  H. Kerle Verlag, 41949; Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände. Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990; Böhme, Jakob: Theoscopia oder die hochteure Pforte von göttlicher Beschaulichkeit. Werke 4 / Hrsg. von Ferdinand van Ingen. Frankfurt a.  M.: Dt. Klassiker-Verl., 1997; Bonaventura, Sanctus: Itinerarium mentis in Deum = Der Pilgerweg des Menschen zu Gott: lat.-dt. / Übers. und erl. von Marianne Schlosser. Mit einer Einl. von Paul Zahner. Münster: Lit, 2004.

Beschickung, häufig verwendete Methode zur Konfliktregelung, um eine durch Direktkontakt zwischen den beteiligten Parteien drohende Eskalation zu vermeiden. Im Fall des Hexereiverdachts z.  B. wurden ein Mann, nicht selten zwei Männer, aber auch Frauen, häufig Autoritäts- oder Vertrauensleute (sog. „Beschicksmänner“ bzw. „Beschicksfrauen“), zur verdächtigten Person oder auch Familie geschickt, um zu informieren, die Angelegenheit einvernehmlich zu regeln, zur Verteidigung aufzufordern oder einfach zu vermitteln und Informationen einzuholen, die dann im Prozess vorgelegt wurden (Telgmann, S. 243 ff.).

Lit.: Telgmann, Rudolph Friedrich: Commentatio juris publicii Romano-Germanici von der Ahnen-Zahl, deren Ursprung, wie auch vormaligen & heutigen Nutzen fürnehmlich im H. Röm. Reiche teutscher Nation. Frankf.; Leipzig: Hechtel, 1749; Walz, Rainer: Hexenglaube und magische Kommunikation im Dorf der frühen Neuzeit: die Verfolgungen in der Grafschaft Lippe. Paderborn: Schöning, 1993.

Beschimpfung, Angriff auf die Ehre eines Menschen. Je nach Intention und Kontext kann B. auch magische Aspekte aufwiesen. Die Bezeichnung „Hexe“, „Zaubersche“, „Werwolf“, „Teufel“ usw. kann als Charakterisierung des Verhaltens, aber auch des Wesens einer Person verstanden werden.

Im Umfeld von > Hexenprozessen konnten Zauberbeschimpfungen sogar zum Verhängnis werden. So zeigten Untersuchungen, dass Beleidigungsklagen, die gegen solche Injurien eingeleitet wurden, parallel zu den Hexenprozessen stiegen.

In diesem Zusammenhang sind auch die sog. „magischen Drohungen“, etwa als Anwünschung von Krankheit oder Tod, zu nennen.

Lit.: Walz, Rainer: Hexenglaube und magische Kommunikation im Dorf der Frühen Neuzeit. Paderborn: Schöningh, 1993; Fuchs, Peter: Um die Ehre. Westfälische Beleidigungsprozesse vor dem Reichskammergericht (1525 – 1805). Paderborn: Schöningh, 1999; Briggs, Robin: Witches and Neighbours. Oxford: Blackwell Publishers, 2002.

Beschneidung, die aus rituellen oder hygienischen Gründen beim männlichen Säugling oder Erwachsenen vorgenommene Teilentfernung der Vorhaut, bei weiblichen Personen das Ausschneiden der kleinen Schamlippen oder des Kitzlers.

Je nach Art und Umfang des operativen Eingriffs beim Säugling oder Mann unterscheidet man: Ein­schneiden der Vorhaut (incisio praeputii), teilweise oder vollständige Entfernung der Vorhaut (circumcisio partialis /tota­lis), Durchbohren der Vorhaut (perfora­tio praeputii), Durchbohren des Penis (perforatio penis, glandis), Einschneiden der Eichel (incisio glandis), Aufschnei­den der Harnröhre von unten (discissio urethrae), Entfernung eines Hodens (exstirpatio te­sticuli).

Bei der Frau unterscheidet man: Entfernung der klei­nen Schamlippen (circumcisio labiorum minorum), teilweise oder vollständige Entfernung der Klitoris (excisio clitoridis), begrenztes oder dauerndes Verschließen der Scheide (infi­bulatio).

Während die männliche B. eine sehr weite ethnische Verbreitung hatte und noch hat, findet sich die weibliche B. weit seltener.

Geschichtlich gesehen wurde die männliche B. in Ägypten schon in vor- und frühgeschichtlicher Zeit praktiziert (Reisner, 112) und ist dann immer in Brauch geblieben. Sie hat sogar das Verbot Hadrians (Mommsen, 637) überdauert. Nach der hebräischen Bibel (hebr. berit milah, Bund der Beschneidung) beschnitt sich > Abraham selbst und alle männlichen Mitglieder seines Hauses in Gehorsam gegenüber Gott als Zeichen des Bundes. In Verfolgungszeiten galt die B. als Zeichen der Treue. Während das orthodoxe Judentum bis zur Gegenwart an der B. festhält, kann sie nach dem Reformjudentum durch ein Tauchbad ersetzt werden.

Das Neue Testament berichtet von der B. Johannes’ des Täufers und Jesu. Bereits auf dem Apostelkonzil (Apg 15,  6-31) wurde bei bekehrten Heiden auf die B. verzichtet, sodass sie im Christentum kein Thema mehr ist.

Bei den Arabern war die B. von Knaben (arab. hitan, in Marokko tahara, bei den Türken sünnet) hingegen üblich und ging als verbindlich in den Islam ein, ohne dass im Koran davon die Rede ist. Sie wird als verdienstvolles Werk bezeichnet, sodass kein Muslim in der Praxis auf sie verzichten würde, weshalb sie auch mit der Aufnahme von Konvertiten in die islamische Gemeinschaft verbunden ist. Die Beschneidung von Mädchen (khafd oder khifad) ist vor allem in Nordafrika üblich und beruht auf Behauptungen, dass sie zur Sunna gehöre. Sie wird hauptsächlich in drei Arten praktiziert: Einritzen oder Durchstechen der Klitoris, Entfernen der Klitoris und zuweilen auch der kleinen Schamlippen, Herausschneiden der großen Schamlippen und Zunähen der Scheide, abgesehen von einer kleinen Öffnung, die wieder erweitert wird, wenn die Frau verheiratet ist.

Im semitischen Asien, in Ozeanien, Afrika und Teilen Amerikas gehört die B. zu den > Initiationsriten (Reifeweihen und Reifezeremonien).

Der Zeitpunkt der B. liegt durchwegs vor der Pubertät; eine kultur­vergleichende Liste reicht von wenigen Tagen nach der Geburt (bei einigen is­lamischen Völkern) bis zum 17. Lebensjahr (bei den Kikuyu in Kenia). Bei vielen Völkern gilt die B. als Reifezeremonie, nach welcher der junge Mann oder die junge Frau als heiratsfähig gilt. Bei anderen wird sie als Opfer der Vorhaut an einen Fruchtbarkeitsgott betrachtet, durch das die Zeugung unter himmlischen Segen gestellt werden soll.

Lit.: Reisner, George A.: Tomb Seriation at Naga-‘d-Dêr, Egypt. In: The Archaeologist at Work. New York, 1959, S. 393 – 404; Steinschneider, Moritz: Die Beschneidung der Araber und Muhammedaner, mit Rücksicht auf die neueste Beschneidungsliteratur (1845). Neudruck Tel-Aviv, 1972; Mommsen, Theodor: Römisches Strafrecht. 2. Neudr. d. Ausg. Leipzig 1899. Aalen: Scientia-Verl, 1990; Dalos, György: Die Beschneidung: eine Geschichte. Frankfurt a.  M.: Suhrkamp, 1999; Behr, Yvonne: Die Beschneidung von Mädchen und Frauen in Deutschland: rechtliche Aspekte. Düsseldorf, Univ., Diss., 2005.

Beschreien > Berufen.

Beschreikräuter > Berufkräuter.

Beschütten, Bestreuen des Zielobjektes mit magischem Pulver zwecks > Behexung oder > Verrufung, wobei die Zusammensetzung des verwendeten Pulvers von entscheidender Bedeutung ist. So soll z.  B. ein Pulver, gewonnen aus der Asche einer Kröte, an Händen und Füßen Ausschlag hervorrufen. Besonders wirksam sei ein aus Brot gewonnenes Pulver, über dem eine heimlich zurückbehaltene Hostie aufgehängt wurde. Aus der Hostie träufle das Blut Christi auf das Brot, das davon die verrufende Kraft erhält (Frischbier, 5).

B. ähnelt der Behexung durch > Besprechen, > Anhauchen und > Berührung.

Lit.: Frischbier, Hermann: Hexenspruch und Zauberbann: ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen. Berlin: Enslin, 1870.

Beschwichtigungsriten, magische Handlungen zur Beruhigung des Ausübenden. Der Ausübende wird beim Vollzug der magischen Handlungen durch Ausschalten wie durch Überwindung unerträglicher oder hemmender Vorstellungen und Gefühle in seinem Selbstempfinden herausgefordert. Durch B. sollen sein Sicherheitsgefühl, seine Zuversicht und seine Bereitwilligkeit gehoben und verstärkt werden.

Lit.: Atkinson-Scarter, H.: Sympathie-Magie und Zaubermedizin: ein Handbuch zur magischen Krankheitsbehandlung. Berlin: Richard Schikowski, 1960.

Beschwörung (ahd. piswerian, mhd. beswern), Anrufung einer höheren Macht, wie Naturkräfte und Geistwesen (> Elementargeister, > Dämonen, Seelen Verstorbener, > Heilige, > Engel) oder Gott selbst zur Verstärkung oder direkten Ausführung der angewandten > Beschwörungsformeln. Die ursprüngliche Bedeutung von B. war inständiges und feierliches Bitten (lat. coniuratio). 

Geschichtlich reicht die B. bis tief in die
Menschheitsgeschichte hinein und findet sich bei allen Völkern und Kulturen. Dahinter steckt der Wunsch, in der eigenen Ohnmacht und Bedrängtheit bestimmte Ereignisse durch überirdische Mächte verwirklichen zu können. In der altorientalischen Beschwörungsliteratur fällt auf, dass in der Bibel keine Texte überliefert sind, die im engeren Sinne zur Gattung der B. gehören. Gleichwohl waren verschiedene Formen der B. im Alten Testament bekannt (Ex 7, 11;  1 Sam 16, 14 - 23; 2 Kön 9, 22; 17, 17; 21.6; 23, 24; Jes 2,  6; 3,  2 f.; 47.9.11 f.; Jer 27, 9; Nah 3, 4; Mal 3,  5, Tob 6,  16 ff.; 8,  2 f.; Schlangen-B.: Jer 8,  17; Ps 58,  6; Koh 10, 11; Sir 12,  13). > Segen und > Fluch enthalten die der B. immanente Vorstellung sprachmagischer Wirkung; Sühne- und Schuldopfer weisen auf die Purifikationspraxis vieler B.en hin. Anklänge an B.en finden sich auch im Neuen Testament in den Dämonenaustreibungen Jesu (Mk 1, 21-28; 3, 7-12; 5, 1-20; 7, 24-30; 9, 14-27), allerdings mit dem Unterschied zu den B. der Nigromanten, dass Christus selbst die göttliche Macht besitzt. In vielen spätantiken Beschwörungen (Zauberpapyri) wurde > Hekate als wichtigste Göttin angerufen. 

Seit dem Mittelalter hat B. die Bedeutung von Beschwören und Bannen.

Formen: Man unterscheidet dabei zwei Formen von B.: Das Anrufen (lat. invocatio) und das Herbeirufen (lat. evocatio), wobei beide Formen meist ineinander greifen.

Invokation: Beim Anrufen, der Invokation, wird die erwünschte Handlung der angerufenen Macht anvertraut: „Ich beschwöre dich, du Gicht oder Gesicht, bei dem unschuldigen Blut unseres Herrn Jesus Christi“, lautet eine Formel aus dem Böhmerwald. Mit solchen Beschwörungsformeln sollten böse Geister zum Verlassen des Kranken, des Verhexten, des Besessenen und unter Umständen von Örtlichkeiten gezwungen werden. So kannte die frühe christliche Kirche als sicheres Mittel zur Vertreibung der bösen Geister das > Besprechen durch den Namen Jesu. Ein Sonderform bildet hier der > Exorzismus.

Evokation: Gewöhnlich erfolgt die B. durch Hervorrufen höherer Mächte mit Hilfe eines magischen Rituals unter Verwendung eines magischen Kreises und durch Sprechen von Zauberformeln. Steht der Schwarzmagier, der > Nigromant, im magischen Kreis, kann er durch Beschwörungsformeln, die in den Zauberbüchern ausführlich beschrieben werden, den Dämon herbeizitieren. Die Sprache des Magiers muss klar und befehlend sein, ihr Rhythmus soll ihn dazu befähigen, sich in einen ekstatischen Zustand zu versetzen. Er darf sich dabei durch keine List der erscheinenden Dämonen dazu verleiten lassen, den Kreis zu verlassen, da er ihnen sonst wehrlos ausgeliefert ist. In Zauber- und Hexenprozessen ist auch davon die Rede, dass eine Rinderhaut den magischen Kreis ersetzen kann. Der erscheinende Teufel wird dann mittels Zaubersprüchen so lange gepeinigt, bis er sich bereit erklärt, den Nigromanten in irgendeiner Form zu begünstigen, ihm z. B. einen verborgenen Schatz zu zeigen oder diesen gar selbst herbeizuschaffen.

Zum Wort kann noch die drohende Gebärde treten, aber auch > Anhauchen, > Besprengen, > Umtanzen hinzukommen. B.en sind vor allem auch mit Räucherungen verbunden. Die > Räucherung schafft einen heiligen Raum und ist gleichzeitig Nahrung für die Götter. Lässt die Macht des Nigromanten zu wünschen übrig, muss er sich zuweilen mit einem Pakt (> Teufelspakt) begnügen (> Faust).

Vorbereitung, Ort und Zeit: Eine machtvolle B. erfordert vom Nigromanten über den magischen Kreis und die Zauberformeln hinaus eine intensive Vorbereitung auf das Ritual durch sexuelle Enthaltsamkeit, körperliche Reinigung, saubere Kleidung und die Wahl des rechten Ortes und der rechten Zeit. Bevorzugte Orte sind verrufene Plätze wie Ruinen, Galgenberge, Friedhöfe, unterirdische Höhlen, aber auch Kreuzwege und verlassene Kirchen.

Lit.: Hopfner, Theodor: Griechisch-ägyptischer Offenbarungszauber. Mit e. eingehenden Darst. d. griechisch-synkretist. Daemonenglaubens u. d. Voraussetzungen u. Mittel d. Zaubers überhaupt u. d. magischen Divination im Besonderen. Leipzig: H. Haessel Verl, 1921; Mensching, Gustav: Das heilige Wort: eine religionsphänomenol. Untersuchg. Bonn: Röhrscheid, 1937; Hampp, Irmgard: Beschwörung, Segen, Gebet: Untersuchungen zum Zauberspruch aus dem Bereich der Volksheilkunde. Stuttgart: Silberburg-Verl. Jäckh, 1961; Falkenstein, Adam: Die Haupttypen der sumerischen Beschwörung. Leipzig: Zentralantiquariat der Dt. Demokrat. Republik, 1980; Volksglaube, Beschwörung, Segensformel: magische Vorstellungen und Praktiken aus 3 Jahrhunderten; (Begleitbroschüre zur gleichnamigen Ausstellung) / Günther Biermann; Heimo Schinnerl. Klagenfurt: Landwirtschaftsmuseum, 2001.

Beschwörungsformeln, Zauberworte, die im Beschwörungsritual als vorgeschriebene Texte und stereotype Redewendungen verwendet werden. Dabei werden zunächst die zu beschwörenden Dämonen genannt, dann ihre Machtsphäre angegeben und ihre Wirkung geschildert, und schließlich folgt der Wunsch oder Befehl, dass ein bestimmter Auftrag ausgeführt werden möge. Die Texte sind in der Regel verschlüsselt, verstümmelt (verballhornt) oder enthalten Wortanleihen aus alten Sprachen, um den Nichteingeweihten ihren Sinn zu verbergen. Die Griechen benutzten in ihren Zauberbüchern ägyptische Worte, in neuerer Zeit verwendete man hebräische oder lateinische, und John > Dee erfand für seine Beschwörungen sogar eine eigene Kunstsprache, die > henochische Sprache, die von Aleister > Crowley wiederentdeckt wurde.

Lit.: Busch, Richard: Ueber die Betheuerungs- und Beschwörungsformeln in den Miracles de Nostre Dame par personnages. Marburg, 1886; Myhrman, David Wilhelm: Die Labartu-Texte: babylonische Beschwörungsformeln nebst Zauberverfahren gegen d. Dämonin Labartu. Strassburg: Trübner, 1902; Meier, John: Aufruf zur Sammlung der deutschen Segen- und Beschwörungsformeln / Der Verband deutscher Vereine für Volkskunde. John Meier [mutmaßl.Verf.]. Freiburg i.  Br., 1913; Niggemeyer, Jens-Heinrich: Beschwörungsformeln aus dem „Buch der Geheimnisse“: (Sefär ha-razîm); zur Topologie der magischen Rede. Hildesheim [u.  a.]: Olms, 1975; The Complete Enochian Dictionary: A Dictionary of the Angelic Language as Revealed to Dr. John Dee and Edward Kelley. York Beach, Me: Weiser, 1994.

Beseelung, die Ausstattung des Menschen mit einem nichtmateriellen Personträger oder aber der belebten Natur mit dem Lebens- und Empfindungsträger. So existiert nach > Thomas von Aquin, was die B. betrifft, eine stete Entwicklungsreihe von den niedrigsten Daseinsformen über das pflanzliche (anima vegetativa, Pflanzenseele) und tierische (anima sensitiva, Tierseele) Leben hinauf zu der vernünftigen Seele (anima rationalis, Geistseele) des Menschen und weiter der Welt reiner Geister (Engel), die u.  a. auch die Gestirne lenken, bis zur reinen Tätigkeit und absoluten Form, der Gottheit. Der Zeitpunkt der B. des Menschen wird heute mit der Empfängnis gleichgesetzt.

Nach animistischen Vorstellungen haben auch außermenschliche Wesen wie Tiere und Pflanzen, ja selbst leblose Gegenstände eine Seele. > Animismus.

Lit.: Sancti Thomae de Aquino: Summa Theologiae. Alba; Rom: Editiones Paulinae, 1962; Zacchia, Paolo: Die Beseelung des menschlichen Fötus. Buch IX, Kapitel 1 der Quaestiones medico-legales. Köln: Böhlau, 2002; Karfik, Filip: Die Beseelung des Kosmos: Untersuchungen zur Kosmologie, Seelenlehre und Theologie in Platons Phaidon und Timaios. München: Saur, 2004.

Besen (althd. besamo, mhd. beseme), Werkzeug zum Zusammenkehren von Unrat und Schmutz auf dem Boden. Ursprünglich studentensprachlicher Ausdruck (1795) für eine Magd, auch sonst für ein Mädchen, der dann in der Umgangssprache zur Bezeichnung für ein „streitsüchtiges weibliches Wesen“ wurde (Paul). Dies hängt damit zusammen, dass mit dem Besen Schmutz ausgekehrt wird. Dieser Schmutz galt früher und auch heute noch als mit dem Haus und seinen Bewohnern wesenhaft verbunden und ist somit ein Niederschlag des häuslichen Lebens. Aus diesem Grund durfte er auch nicht aus dem Haus hinausgekehrt werden, sondern wurde ins Feuer geworfen, damit niemand über ihn Einblicke in das häusliche Leben bekommen und so > Schadenzauber treiben könnte. Gleichzeitig kommt dem Kehren selbst die große symbolische Bedeutung der Entfernung alles Üblen zu.

Der B. ist jedoch nicht nur ein profanes Werkzeug, sondern erhielt durch die Reinigung heiliger Stätten auch kultische Bedeutung. Zudem stammen die Reiser, aus denen der B. gebunden ist, von Bäumen, die man nicht nur als Fruchtbarkeitsträger, sondern sich auch als von Geistwesen, Feen oder Elfen bewohnt dachte, was ihnen eine besondere Macht verlieh.

Da die häusliche Reinigung vornehmlich den Frauen oblag, ist es nicht verwunderlich, dass die Macht des B.s mit ihr in Verbindung gebracht wurde – zunächst als Frau, die Einblick in das häusliche Geschehen hatte und daher ihre Bemerkungen machte, was man abwertend als „streitsüchtiges Weib“ bezeichnete. Da der B. außerdem noch mit Geistwesen in Verbindung gebracht wurde, war die Bezeichnung der Frau mit der Macht des Besens als > Hexe naheliegend. Steht doch die Hexe als „weise Frau“ sowohl mit der Welt des Menschen als auch mit der Welt der Geister in Verbindung . 

Nach antikem Glauben würden im B. auch dämonische Mächte wirksam. Zauberer könnten ihn in einen wassertragenden Sklaven verwandeln – eine Vorstellung, die in Goethes Gedicht „Der Zauberlehrling“ nachwirkt. Wird der B. vor der Tür aufgestellt, haben Hexen keinen Zutritt, weil sie den Besen nie überschreiten. Dieses Verbot, einen Besen zu überschreiten, findet sich schon in den pythagoreischen Lehren (Plutarch Qu. Rom. 112).

Schließlich dient der B. auch zur Reinigung von Krankheit. So gab es in Altmexiko ein der Erdgöttin geweihtes B.fest, das der Vertreibung von Unheil und Krankheit diente, und noch Anfang des 20. Jahrhunderts „ritten“ Kranke auf dem B. zu bestimmten Kapellen, um von ihren Leiden geheilt zu werden. Hingegen haben nur wenige Hexen jemals bekannt, auf einem Besen geflogen zu sein, obwohl viele zugaben, in Hexenzirkeln an rituellen Tänzen teilgenommen zu haben, bei denen sie rittlings auf einem Stock gesessen hätten.

Lit.: Fehrle, E.: Der Besen im Aberglauben. In: Hässische Blätter für Volkskunde 11 (1912); Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens / M. e. Vorw. v. Christoph Daxelmüller. Unveränd. photomechan. Nachdr. d. Ausg. Berlin u. Leipzig, de Gruyter, Guttentag, Reimer, Trübner, Veit, 1927; Bandini, Ditte / Giovanni Bandini: Kleines Lexikon des Hexenwesens. Genehm. Lizenzausg. f. area verlag gmbh, Erftstadt. München: Dt. Taschenbuchverlag, 1999; Paul, Hermann: Deutsches Wörterbuch: Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes.Tübingen: Niemeyer, 2002.

Besenginster (Cytius scoparius [L]), stark verzweigte, bis zu zwei Meter hoch wachsende Pflanze aus der Familie der Schmetterlingsblütler mit leuchtend gelben Blüten im Frühling.

Der B. ist seit alters her eine bekannte Heilpflanze. So glaubte der englische Arzt Nicholas Culpeper (1616 – 1654), dass eine Abkochung der jungen Zweige nicht nur Kopfläuse vernichte, sondern auch Seitenstechen heile. Und Heinrich VIII. soll zur Behebung seiner nahezu ständigen Magenbeschwerden riesige Mengen von Ginstertee getrunken haben.

Im Mittelalter glaubte man mit B. Hexen vertreiben zu können, wozu man Besen aus B. anfertigte und damit das Haus ausfegte. Daher rührt auch der Name.

Volksmedizinisch werden die Ginsterblüten zum Entwässern und Blutreinigen getrunken. In der > Phytotherapie hat B. lediglich die Bedeutung einer Schmuckdroge für Teemischungen.

Lit.: Wichtl, Max: Teedrogen und Phytopharmaka: ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. Stuttgart: Wiss. Verl.-Ges, 2009, S. 91 – 93: Besenkraut.

Besenweibl > Toten-Maschkerer.

Besessene Orte (lat. loca infesta) > Spukorte.

Besessene von Gerasa, von Jesus geheilte Besessene. Von dieser Heilung der Besessenen von Gerasa oder Gerada (Mt) berichten die Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas (Mt 8,  28-34; Mk 5,  1-20; Lk 8,  26- 39). Den umfangreichsten und anschaulichsten Bericht bringt Markus, während sich bei Matthäus die kürzeste Fassung findet:

28  Als Jesus an das andere Ufer kam, in das Gebiet von Gadara, liefen ihm aus den Grabhöhlen zwei Besessene entgegen. Sie waren so gefährlich, dass niemand den Weg benut­zen konnte, der dort vorbeiführte. 29  Sofort begannen sie zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Sohn Gottes? Bist du hergekom­men, um uns schon vor der Zeit zu quälen? 30  In einiger Entfernung weidete gerade eine große Schweineherde. 31  Da baten ihn die Dämonen: Wenn du uns austreibst, dann schick uns in die Schweineherde! 32  Er sagte zu ihnen: Geht! Da verließen sie die beiden und fuhren in die Schweine. Und die ganze Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See und kam in den Fluten um. 33  Die Hirten flohen, liefen in die Stadt und erzählten dort alles, auch das, was mit den Besessenen ge­schehen war. 34  Und die ganze Stadt zog zu Jesus hinaus; als sie ihn trafen, baten sie ihn, ihr Gebiet zu verlassen“ (Mt 8, 28-34).

Im Gegensatz zu Markus und Lukas nennt Matthäus das Gebiet Gadara (besser bezeugte Lesart) und spricht von zwei Besessenen. Die Heilung erfolgt in allen drei Berichten auf die gleiche Weise. Die Dämonen fahren ihrem Wunsch entsprechend in die Schweine. Die Erlaubnis dazu erhalten sie jedoch von Jesus, der über sie die volle Macht hat. Die Einwohner sind von der Heilung der beiden weniger betroffen als vom Los der Schweineherde, geht es hier doch um ihren Lebensunterhalt. Sie haben Angst vor Jesus, der über solche Kräfte verfügt und alles vernichten könnte, und bitten ihn daher, ihr Gebiet zu verlassen, da sie von ihm nichts Gutes erwarten.

Lit.: Pesch, Rudolf: Der Besessene von Gerasa: Entstehung u. Überlieferung e. Wundergeschichte. Stuttgart: KBW-Verlag, 1972; Die Bibel. Einheitsübersetzung. Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk, 42003.

Besessenheit (engl. possession, fr. possession; it. possessione; span. obsesión), Besetzung von Körper und / oder Geist einer Person durch überwältigende geistige Kräfte und Mächte bis zur Ausschaltung des eigenen Ichbewusstseins und der persönlichen Verhaltenskontrolle. B. tritt als Phänomen und Vorstellung in allen Kulturen auf und reicht bis an den Ursprung der Menschheitsgeschichte zurück. Dabei fußte B. ursprünglich auf den Vorstellungen von bösen Geistern (Dämonen), die den Menschen umlauern und bei mangelnder Abwehr oder persönlichem Zutun in ihn einfahren können. Ferner wurden auch alle körperlichen und geistigen Veränderungen ohne erkennbare Ursache bösen Geistern zugeschrieben, die es zu bekämpfen galt.

1. Psychologische Deutung

Nach heutigem Gesundheitsverständnis müssen hinsichtlich B. alle Diagnosen nach dem Internationalen Dia­gnosenschlüssel ICD-10 klassifiziert werden. In diesem Schlüssel liest man unter der Nummer F 44.3 folgende Beschreibung von „Trance- und Besessen­heitszuständen“: Dies sind

Störungen, bei denen ein zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der vollständigen Wahrnehmung der Umgebung auftritt; in einigen Fällen verhält sich ein Mensch so, als ob er von einer anderen Per­sönlichkeit, einem Geist, einer Gottheit oder ,einer Kraft‘ beherrscht wird. Aufmerksamkeit und Bewusstsein können nur auf ein oder zwei Aspekte der unmittelbaren Umgebung begrenzt und konzentriert sein und häufig findet sich eine eingeschränkte, aber wiederholte Folge von Bewegungen, Stellungen und Äußerungen“.

Das diagnostische Manual DSM IV psychischer Störungen zählt die Beses­senheit zu den „dissoziativen Störungen (oder hysterischen Neurosen)“:

Die Überzeugung der Besessenheit von einer anderen Person, einem Geist oder einem anderen Wesen kann als Symptom einer Multiplen Persönlich­keitsstörung auftreten. In solchen Fällen ist das Symptom ,besessen zu sein‘ in Wirklichkeit Ausdruck der Erfahrung des Einflusses der anderen Persönlichkeit auf das Verhalten und die Stimmung des Individuums. Das Gefühl der ‚Besessenheit‘ kann jedoch nicht nur als Symptom der disso­ziativen Störung auftreten, sondern auch als Wahn in einer psychotischen Störung, z. B. der Schizophrenie.“

Oft handelt es sich bei diesen Erscheinungsformen multipler Persönlichkeiten jedoch nur um die Aktivierung von sekundären Persönlich­keiten. In derartigen Fällen sollte man von der Diagnose „Schizophrenie“ zu „Dissoziativer Reaktion“ übergehen. Solche dissoziativen Reaktionen können nämlich in kontrollierbaren Ansätzen kreative Phasen darstellen.

2. Trance- und Besessenheitszustände

In diesem Zusammenhang sind auch die verschiedenen Trancezustände zu beachten, also jene Bewusstseinsformen, in denen sich die Person zwar bewusst ist, aber anscheinend die äußeren und in­neren Reize nicht wahrnimmt oder nicht darauf reagiert. Diese Perso­nen handeln, als ob sie sich in ihrer eigenen Welt befänden. Sie sind je­doch nur anscheinend teilnahmslos, weil sie in Wirklichkeit sehr kom­plexe Handlungen ausführen können.

a) Besessenheitstrance

Bei der Besessenheitstrance kommt zur normalen Trance der Aspekt der Besetzung durch ein anderes Wesen hinzu. Form, Praxis, Erfah­rung und Bedeutung sind der beobachtenden Gemeinde wohlbekannt, weshalb die Besessenheitstrance eine allgemeine soziale Erfahrung darstellt, die von der Gemeinde gepflegt und akzeptiert wird. Die Be­sessenheitstrance kann selbst induziert werden, etwa von einem Hei­ler als Teil des Exorzismus, sie kann aber auch als Manifestation einer Besessenheit erfahren werden. Zudem kann sie ein ritueller Teil einer religiösen Handlung sein. In all diesen Fällen ist die Besessenheits­trance zwar als einmalig, jedoch als im Kontext spezieller Aktivitäten einer Gemeinde als normal zu betrachten.

b) Neurotisches Besessenheitsverhalten

Im Gegensatz zur Besessenheitstrance beinhaltet das neurotische Besessenheitsverhalten keine spezifischen Bewusstseinsfor­men, sondern zeigt nur Verhaltensmuster, die von der Gesellschaft auf der Linie „außergewöhnlich bis pathologisch“ eingestuft werden. Es dient sowohl dem Symptomausdruck als auch der Symptomlösung. Aus diesem Grunde wird das neurotische Besessenheitsverhalten von man­chen Kulturgruppen als Form der Konfliktaustragung bejaht.

c) Psychotisches Besessenheitsverhalten

Wenngleich es zwischen neurotischen und psychotischen Syndro­men Überlappungen gibt, zählt man zum psychotischen Besessenheits­verhalten eine Reihe kulturgebundener reaktiver Syndrome, wie Amok­laufen, > Latah (das zwangsmäßige Nachahmen von Handlungen bei Malayen, Afrikanern und Lappländern), > Koro (die vor allem in Asien epi­demisch auftretende Angst, der Penis könnte sich in den Körper zu­rückziehen, was zum Tod führen würde), > Pibloktoq (auch „arktische Hy­sterie“ genannt – ein- bis zweistündige Anfälle vor allem bei Frauen, mit tierischen Schreien und Zerreißen der eigenen Kleider – nach dem Anfall sind die Personen wieder völlig normal), > Witiko (die Angst, in ein Mon­ster verwandelt zu werden) oder gewisse Verhaltensmuster des Voo­doo-Rituals. Die Symptome sind charakterisiert durch ein stereotypes Verhalten meist psychotischen Ausmaßes, das kulturell eindeutig als pathologisch bezeichnet wird.

d) Tabellarische Darstellung der Eigenart der Besessenheitstrance

Die folgenden Tabellen veranschaulichen die physiologischen und transpersonalen Unterschiede der Besessenheitstrance zu anderen Trancezuständen (Tab. 1 – 2, nach Gagliardi / Margnelli, 1991):

HIER TABELLE

3. Dämonische Besessenheit

Während der Glaube an dämonische Besessenheit und Exorzismus sehr weit gestreut ist, sind das aktuelle Auftreten von Fällen dämoni­scher Besessenheit und die Praxis des > Exorzismus begrenzter. So ist z. B. das Auftreten des Empfindens, von einem Dämon besessen zu sein, meist mit folgenden sozialen Ge­gebenheiten verbunden:

–  bedrückende soziale Struktur, aktuell vor allem Mangel an Sinngebung

-  Verlust des Vertrauens in die Effizienz der Institutionen

–  scheinbare Unfähigkeit, mit den Übeln der gegebenen Situation fertig zu werden.

Wenn diese Faktoren eintreten, beobachtet man die Per­sonifizierung des Umfeldes in böse Dämonen, eine Verschiebung des so­zialen Protests in Form von Anklage, Besessenheit und Verhexung so­wie persönlicher Erfahrung von Besessenheit. Das Besessensein von sozialem Übel wird personifiziert, wobei der Angeklagte, der Kläger und der Exorzist die Symbolisierung des sozialen Konflikts in einer Ersatzform zu lösen suchen, weil aktiver Protest und Reform unmöglich zu sein scheinen.

a) Formen

Allgemein werden drei Formen von B. unterschieden:

Circumsessio (Umsessenheit): Die Dämonen belagern einen Menschen, ohne in seinen Körper einzudringen und ihm Schaden zuzufügen.

Obsessio (Besetzung): Der Dämon ergreift Besitz des Menschen, indem er in seinem Körper wohnt.

Possessio (Besitznahme): Der Mensch ist ein völlig willenloses Objekt der Dämonen, die ihn körperlich und geistig in Besitz nehmen und jeder Freiheit berauben.

b) Reaktionen

Der Ausbruch der Reaktionen des „Besessenen“ ist nicht vorherzusehen. Zuweilen geschieht es ganz plötzlich, dann wiederum gehen deutliche Anzei­chen voraus: der Betroffene schließt sich ab, beginnt zu schweigen, sein Blick geht ins Leere, die Pupillen verengen sich zu einem Punkt, er beginnt tief zu atmen, zeigt Ekel und neigt zu Brechreiz; alsdann setzen teils ruckarti­ge Bewegungen ein, die sehr oft auf den Hals- und Schulterbereich be­schränkt sind, Zittern am ganzen Leib macht sich bemerkbar. Mehr oder minder verständliche Schreie und Röcheln machen sich breit, unflätige Reden prasseln hernieder, die Schreie werden immer dröhnender, hefte Be­wegungen durchzucken den ganzen Körper und verlaufen immer unko-
ordi­nierter, bis schließlich die motorische Krise in höchst bizarre und unnatür­liche Haltungen ausartet. In der Folge flaut die Krise ab, das Opfer ist sehr geschwächt, manchmal schläft es ein, um ein paar Minuten später mit dersel­ben Abfolge der Verhaltensformen zu beginnen; oder aber es kommt zu kei­ner Krise mehr. Fast immer jedoch kommt es zu einer verstärkten Urinab­sonderung. Nach einiger Zeit ist sein Verhalten entspannt, die Haltung ist aufrecht und auch die Ausdrucksweise ist bestimmt. Der Betroffene macht ganz den Eindruck, als könne er sich an nichts mehr erinnern.

c) Theologische Aspekte

Die Bibel versteht unter B. die Besitzergreifung eines Menschen durch einen Dämon oder bösen Geist, der in ihm negativ handelt, was sich in verschiedenen beeinträchtigenden Formen zeigen kann: in Krankheit (1 Sam 16,  15-23; Mk 9,  14-29), in schädigendem Verhalten der Betroffenen gegen sich selbst und die Umwelt (Mk 5,  1-5), in Verwahrlosung (Mt  12,  43-45; Lk 11,  24-26). B. wird
im jüdischen und biblischen Schrifttum dem Wirken Satans und der ihm untergebenen Geisterwelt zugeordnet. Die endgültige Überwindung der Dämonen wird einzig und allein von Gott erwartet. Menschen können Dämonen nur für gewisse Zeit bannen (Sam 16,  15-23).

Wie in allen Religionen sind auch im Christentum seit dem Neuen Testament zahlreiche Fälle von dämonischer B. belegt, die man durch Gebete und Riten, insbesondere durch den Exorzismus, zu bekämpfen sucht. Vorbild ist dabei Christus, der Kraft seiner göttlichen Vollmacht (Mk  1,  22.27) die verschiedenen Formen der B. im Menschen überwindet und damit ein Zeichen des Anbruchs der Gottesherrschaft setzt.

Wie immer man auch die dämonische B. definiert: eine direkte Beurteilung einer echten dämonischen B. ist aus den Verhaltensmustern, wie oben gezeigt, nicht möglich; man kann höchstens von Indizien sprechen, die jedoch einer besonderen Abwägung bedürfen, wie unter > Exorzismus gezeigt wird.

Lit.: Ringger, Peter: Das Problem der Besessenheit. Oberengstringen / Zürich: Verlag Neue Wissenschaft, 1953; Petersdorff, Egon von: Dämonologie. I.  Band. Dämonen im Weltenplan. München: Verlag f. Kultur u. Geschichte, 1956; ders.: Dämonologie. II. Band. Dämonen am Werk. München: Verlag f. Kultur u. Geschichte, 1957; Balducci, Corrado: Gli indemoniati / M. e. Vorw. v. Emilio Servadio. Rom: Coletti, 1959; Roesermueller, Wilhelm Otto: Die göttliche Heilkunst Jesu: Beten und Fasten, die biblische Radikalkur gegen geistig-seelische Störungen, Gemütsdepressionen, Selbstmordgedanken, Besessenheit und leibliche Krankheiten; ein hilfreicher, religiöser Ratgeber für Hoffnungslose, Verzweifelte und von der ärztlichen Kunst Aufgegebene. Freiburg i.  Br.: Hermann Bauer, 31960; Rodewyk, Adolf: Die dämonische Besessenheit: in der Sicht des Rituale Romanum. Aschaffenburg: Paul Pattloch, 1963; ders.: Dämonische Besessenheit heute: Tatsachen und Deutungen. Aschaffenburg: Paul Pattloch, 1966; Tod und Teufel in Klingenberg: eine Dokumentation / Manfred Adler; Balducci, Corrado; Bender, Hans; Elliger, Katharina; Fischer, Heinz-Joachim; Haag, Herbert; Rahner, Karl; Ratzinger, Joseph Kard.; Resch, Andreas; Rodewyk, Adolf [Mitarb.]. Aschaffenburg: Paul Pattloch, 1977; Teufel – Dämonen – Besessenheit: zur Wirklichkeit des Bösen / Walter Kasper; Karl Lehmann [Hrsg.]. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag, 1978; Aubin, Nicolas: Geschichte der Teufel von Loudun: oder der Besessenheit der Ursulinen und von der Verdammung und Bestrafung von Urbain Grandier, Pfarrer derselben Stadt. 2., verb. Aufl. Berlin: Zerling, 1981; Naegeli-Osjord, Hans: Besessenheit und Exorzismus. Remagen: Der Leuchter, Otto Reichl Verlag, 1983; Frei, Gebhard: Probleme der Parapsychologie: die Welt der Parapsychologie, Besessenheit, Exorzismus und Ekstase. Die Parapsychologie in der Welt des Wissens / Mit einem Vorwort von Andreas Resch. Innsbruck: Resch, 31985; Calducci; Corrado. Il diavolo: “…esiste e lo si può riconoscere”. Casala Monferrato: Piemme, 51989; Gagliardi, Giorgio / Marco Margnelli: Psychologische und psychophysiologische Betrachtungen zum Ritus des Exorzismus im christlich-katholischen Bereich. In: Grenzgebiete der Wissenschaft 40 (1991) 1; Goodman, Felicitas D.: Ekstase, Besessenheit, Dämonen: die geheimnisvolle Seite der Religion. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1991; Naegeli, Hans: Umsessenheit und Infestation: die leichteren Formen der Besessenheit. Frankfurt a.  M.: R. G. Fischer, 1994; Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen DSM IV: übersetzt nach der 4. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders der American Psychiatric Association / dt. Bearb. u. Einf. von Henning Saß. Göttingen [u. a.]: Hogrefe, 1996; Schiebeler, Werner: Besessenheit und Exorzismus: Wahn oder Wirklichkeit? Aus parapsychologischer Sicht. Ravensburg: Wersch Verl., 21999; Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F); diagnostische Kriterien für Forschung und Praxis / Weltgesundheitsorganisation. Hrsg. von H. Dilling. 2., korrig. und erg. Aufl. Bern [u. a.]: Huber, 2000; Exorzismus oder Therapie? Ansätze zur Befreiung vom Bösen. Regensburg: Friedrich Pustet, 2005.

Besessenheitsepidemien, durch Auto- und Fremdsuggestion hervorgerufene Besessenheitsempfindungen und Reaktionen, die sich auf eine Anzahl von Menschen gleichzeitig oder in rascher Folge auswirkten. Zu solchen B. kam es vornehmlich in Nonnenklöstern sowie Mädchen- und Knabenschulen. Im Jahre 1566 wurden im Waisenhaus zu Amsterdam 70 Kinder befallen. Das Phänomen wiederholte sich in anderen Mädchen- und Knabenschulen. Bekannt wurden neben dem Fall des Nonnenklosters von > Loudun (1632 / 33) der Fall der besessenen Kinder von Morzine (Kanton Genf), der von 1857 an etwa zehn Jahre dauerte, und 1869 der Fall von in Illfurth in der Nähe von Solothurn (Schweiz), bei dem mehrere Knaben betroffen waren. Ihnen erschienen Frauengestalten und Wesen mit Entenschnäbeln und Krallenhänden. Sie konnten den Enten zwar Federn ausreißen, doch zeigte sich beim Verbrennen keine Asche. Als Auslöser kann das emotionale Umfeld mit libidinösen Spannungen genannt werden.

Lit.: Lafontaine, Charles: L’art de magnétiser: ou le magnétisme animal consideré sur le point de vue théorique, pratique et therapeutique. Paris: Germer Bailliere, 1847; Aubin, Nicolas: Geschichte der Teufel von Loudun: oder der Besessenheit der Ursulinerinnen und von der Verdammung und Bestrafung von Urbain Grandier, Pfarrer derselben Stadt. 2., verb. Aufl. Berlin: Zerling, 1981; Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.

Besessenheitskulte, Besessenheitsriten fin-
den sich vornehmlich in Afrika und in Südamerika sowie bei den Schamanen im zentralasiatischen Raum (Sibirien). Zu den bekanntesten Ausprägungen in Afrika, Südamerika und im Iran zählen Bori (> Hausa), > Zar (Ägypten, Sudan, Äthiopien, Iran) > Voodoo (Haiti), > Candomblé und > Umbanda (Brasilien). Die Kultgemeinschaften werden von einem durch > Initiation ausgewiesenen Medium geleitet. In einem für die besessene Person abgehaltenen > Übergangsritus verpflichtet sich das besetzende Wesen, den betroffenen Menschen nicht mehr durch Krankheit zu schädigen, und dieser erklärt sich im Gegenzug bereit, während der Besessenheitstrance seinen Körper der „spirituellen“ Macht zu „leihen“.

Im Gegensatz zu der bei solchen Besessenheitsriten vorherrschenden passiven Haltung, dem Ich-Verlust und der Überwältigung durch das „Eindringen“ der Geister, wo z. B. der Zar-Kult in Nord-Ostafrika mit Apathie, Depressionen, hysteriformen Anfällen oder akuten Psychosen einhergehen kann, sind die Besessenheitsriten des > Schamanen durch aktive Selbstkontrolle gekennzeichnet. Der Schamane tritt als Meister der Ekstase aktiv mit Toten, Dämonen und Naturgeistern in Verbindung und verfügt in der > Besessenheitstrance durch Hilfsgeister über heilende Kräfte.

Lit.: Hohenstein, Erica Jane: Das Reich der magischen Mütter. Eine Untersuchung über die Frauen in den afro-brasilianischen Besessenheitskulten Can-
domblé. Frankfurt a.  M.: Verlag für Interkulturelle Kommunikation, 1991; Nabhan, Muna: Der Zar-Kult in Ägypten: rituelle Begegnung von Geist und Mensch. Ein Beispiel komplementärer Gläubigkeit. Frankfurt a.  M.; New York: Peter Lang, 1994.

Besessenheitstherapie, Heilung durch den Dialog mit den besetzenden Geistern. Der amerikanische Psychiater Carl > Wickland vertritt in seinem 1924 veröffentlichten Buch Thirty Years Among The Dead (Dreißig Jahre unter den Toten) die Ansicht, dass in den meisten Fällen psychischer Störungen schädliche Geister Besitz von Seele und Körper der Patienten ergriffen hätten. Die Therapie bestünde nun darin, dass diese Geister über ein Medium zum Sprechen gebracht und einer Heilung zugänglich gemacht werden könnten. Wickland selbst diente seine eigene Frau als Medium. Dabei bediente er sich eines harmlosen elektrischen Impulses, weil der Besessenheitsgeist einer solchen elektrischen Behandlung nicht lange standhalte und daher den Patienten verlasse: „Der auf diese Weise ausgetriebene Geist kann nun mit Unterstützung unse­rer unsichtbaren Helfer einen Gang in das Medium finden. Dadurch wird es möglich, sich mit dem betreffenden Geist ganz unmittelbar zu unterhalten, und man macht nun den Versuch, ihn zur Erkenntnis seiner wahren Lage zu bringen und ihn zu belehren, dass er ja ein viel besseres Leben haben kann. Dann nehmen die höher entwickelten Geister ihn mit und sorgen weiter für ihn, während meine Frau in ihren normalen Bewusstseinszustand zurückkehrt“ (Wickland 1957, 47).

Lit.: Wickland, Carl: Dreißig Jahre unter den Toten. Remagen: Der Leuchter / Otto Reichl Verlag, 21957.

Besessenheitstrance > Besessenheit.

Besessenheitsverhalten > Besessenheit.

Beset, weibliche Bes-Gottheit. Die B. ist durch einige wenige Bilder für das Mittlere Reich bezeugt und tritt erst in der Ptolemäerzeit häufiger in Erscheinung. In ihrer Gestalt und Art gleicht sie völlig dem > Bes.

Lit.: Perdrizet, Paul: Bronzes grecs d’Égypte de la Collection Fouquet. Paris: Bibliothèque d‘art et d’archéologie, 1911.

Besetzung, nach der Psychoanalyse die Bindung psychischer Energie an bestimmte Gegenstände, Pflanzen, Tiere, Menschen oder Vorstellungen. In der Paranormologie bezeichnet B. die magische Aufladung von Gegenständen, Pflanzen, Tieren, Menschen im positiven wie im negativen Sinn. So kann man von destruktiver B. von Spiegeln oder Bildern in todesbezogenen Wahrträumen sprechen, aber auch von konstruktiver B. von Werkzeugen, Wohnräumen, Bildern und Vorstellungen zur Hebung von Initiative, Lebensfreude und Behaglichkeit.

Lit.: Müller, Lutz: Magie: tiefenpsychologischer Zugang zu den Geheimwissenschaften. Stuttgart: Kreuz Verl., 1989.

Beshara, vom > Sufismus inspirierte Bewegung, die ca. 1970 von einem Türken, dessen Name unbekannt ist, in London ins Leben gerufen wurde. Die Wurzeln ihrer Lehre liegen in den Schriften der Mystiker Ibn al > Arabi (1165 – 1240) und > Gal ad-Din Rumi (1207 – 1273). B. versteht sich als die „wahre esoterische Sufi-Tradition“, die durch die Praxis von Erinnerung, Meditation und Studium versucht, die Menschen zu einem beständigen Bewusstsein der Realität und Gottes zu bringen.

Lit.: Bennett, John G.: Der grüne Drache: das Herz der Sufi-Lehre; Gespräche mit J. G. Bennett in Beshara. Südergellersen: Martin, 1993.

Besinnet, Ada M., verh. Mrs. William Wallace Roche, († 1936), amerikanisches Medium, das viele Jahre in Toledo, Ohio, lebte und angeblich > Materialisationen, > Direkte Stimme und > Lichtphänomene hervorrief. Prof. J.-H. > Hyslop gab nach 70 Sitzungen von 1909 – 1910 folgendes Urteil ab: Das Medium erzeugt die Phänomene selbst, allerdings in einem hysterischen Zustand einer zweiten Persönlichkeit ohne die geringste Verantwortung der eigentlichen Persönlichkeit für den Betrug. Nach einem sechsmonatigen Einsatz im British College for Psychic Science in London kam man dort 1921 zu einem anderen Urteil. Dr. Hereward > Carrington konnten zwar die Sitzungen nicht überzeugen, doch gibt er zu, dass er bei der Séance von 1922 sehr eigenartige Lichterscheinungen wahrnahm.

Ihre Materialisationen waren unvollständig. Ferner wird berichtet, dass sie mehrfach in Trance auf unerklärliche Weise von einem in einen anderen Raum transportiert wurde, wo man sie dann in einem tiefen Koma fand. 

Für Admiral Osborne Moore (Glimps of the Next State, 1911) sind die Phänomene hingegen voll überzeugend.

Lit.: Hyslop, J.-H.: Proceedings, American Society of Psychical Research, Vol. 5, 1911; Carrington, Hereward: The Story of Psychic Science, JASPR, 1930.

Besprechen, Einsatz der magischen oder der auf Gott oder Heilige bezogenen Macht des Wortes zum Heil oder zum Fluch. Damit sind zwei Grundformen des B. angesprochen, mit den jeweiligen Ausrichtungen Heil oder Fluch.

Die magische Macht des Wortes besteht in der Anwendung von Zauberworten oder magischen Formeln in der Ausrichtung auf Heil, um Mensch oder Tier von Krankheit zu heilen, vor Unheil zu schützen und mit besonderer Lebenskraft zu versehen. Am populärsten ist das B. von Warzen, wobei bezeugte Erfolge sicherlich auf einem psychosomatischen Zusammenhang beruhen. Allerdings ist der Erfolg nicht bei jeder Person gleich, sodass man auch von angeborener Begabung spricht. So sagt der Neurologe Wladimir Lindenberg, er habe seine blutenden Wunden stillen können, indem er auf Russisch sagte: „Ging eine schwarze Kuh über den Graben, ging und blieb stehen, das Blut hörte auf zu fließen“ (Lindenberg, 28). Es können aber auch Gegenstände, Wohnräume und Landschaften besprochen werden, um das Wohlbefinden von Mensch und Tier zu gewährleisten und zu fördern. Hierbei spielt der Gedanke einer positiven Aufladung mit.

In gleicher Weise kann B. im negativen Sinn verwendet werden, um Tier oder Mensch Schaden zuzufügen. > Beschreien, > Behexung.

Beim B. unter Anrufung Gottes oder von Heiligen wird nicht dem Wort als solchem Macht zugesprochen, sondern der Fürsprache von Heiligen oder dem direkten Einwirken Gottes im Wort. Damit wird das B. zum Gebet. Wird dieses dreimal wiederholt, steigert sich die Wirkung. Hier kippt die Anrufung in das magische B. um.

Eine solche Anrufung kann auch an böse Geister oder den Teufel selbst gerichtet werden, um Unheil zu stiften. Dann wird das B. zum > Fluch und zum > Teufelspakt.

Geschichtlich reicht das B. bis in die Antike zurück. Das früheste Zeugnis einer Besprechungsformel findet sich bei Homer (Od. XIX, 457). Doch bereits die ältesten Natur- und Kulturvölker übten B. als Heilzauber aus (Merseburger Zaubersprüche). Vom Christentum wurde das B. als heidnischer Brauch nachdrücklich, aber meist vergeblich bekämpft. B. ist nämlich Ausdruck einer großen Unsicherheit und Angst, die man zu beschwören sucht. > Beschwörung.

Lit.: Heim, Ricardus Laurentius Maria: Incantamenta magica Graeca Latina. Lipsiae: Teubner, 1892; Ebermann, Oskar: Blut- und Wundsegen in ihrer Entwicklung. Berlin: Mayer & Müller, 1903; Hampp, Irmgard: Beschwörung, Segen, Gebet: Untersuchungen zum Zauberspruch aus dem Bereich der Volksheilkunde. Stuttgart: Silberburg-Verl. Jäckh, 1961; Lindenberg, Wladimir: Geheimnisvolle Kräfte um uns: Kurzgeschichten von schicksalhaften Begegnungen. München: E. Reinhardt, 1974; Jütte, Robert: Geschichte der Alternativen Medizin: von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. München: C. H. Beck, 1996; Beck, Wolfgang: Die Merseburger Zaubersprüche. Wiesbaden: Reichert, 2003.

Besprengen, mit Wasser, Blut oder anderer Flüssigkeit vorgenommene Handlung zur Reinigung und Sühnung. Eine besondere Wirkung der Reinigung und Sühnung wird dem > Weihwasser zugesprochen, das in der katholischen Kirche durch eine eigene Segensformel geweiht wird. Das > Blut ist vor allem mit Lebenskraft ausgestattet, hat zudem eine große Sühnesymbolik und findet vor allem bei magischen und satanischen Riten, wie bei > Beschwörungen, Verwendung.

Lit.: Wiesehöfer, Franz: Das Weihwasser in der Frühzeit des Christentums und bei den klassischen Völkern des Altertums: eine religions- u. liturgiegeschichtl. Untersuchung. Münster i.  W., 1933; Das Weihwasser in Haus und Hof / Hrsg. v. e. Benediktiner aus d. Kloster Einsiedeln. Einsiedeln: Verl. St. Wendelinswerk, 1953. 

Bessemans, Joseph François Antoine Albert (* 16.02.1888 Saint-Trond, Belgien; † 1973), Arzt und Parapsychologe; studierte an der Universität Löwen Medizin, war Professor für Medizin an der Universität von Gent und befasste sich ab 1913 mit parapsychologischen Fragen. Doch obwohl er Phänomene wie > Hellsehen, > Wünschelrute, > Psychometrie und > Fakirismus erforschte, konnte er nie ein echtes paranormales Phänomen ausmachen. 1949 gründete er das Belgische Komitee zur Wissenschaftlichen Untersuchung der Glaubwürdigkeit der Paranormalen Phänomene. Neben Beiträgen zur Parapsychologie veröffentlichte er in wissenschaftlichen Zeitschriften mehr als 500 Artikel zu medizinischen Themen und zur Kriminologie.

Lit.: Biographical Dictionary of Parapsychology, with Directory and Glossary 1964 – 1966 / Helene Pleasants [Hrsg.]. New York: Helix Press, 1964.

Bessent, Malcolm (* 8.02.1944 – 1997), britischer Sensitiver und erfolgreiche Versuchsperson. Seine sensitiven Erfahrungen reichen bis in seine Jugend zurück, doch kamen sie erst unter der Führung von Douglas > Johnson zur Entfaltung. 1969 ging B. zu parapsychologischen Tests in die USA. Mit C. > Honorton zeigte er Erfolge bei Präkognitionstests. Auch bei den Traumuntersuchungen im Maimonides Medical Center Dream Laboratory erzielte er unter der Leitung von S. > Krippner, C. Honorton und M. > Ullmann statistisch signifikante Ergebnisse. Er besaß die Fähigkeit, zufällig ausgewählte Ereignisse des nächsten Tages zu beschreiben. Bei einem Traumexperiment von sechs Nächten wurde eine Gruppe von 2000 Jugendlichen, die an einem Rockkonzert teilnahmen, ersucht, B. über eine Entfernung von 45 Meilen Zielbilder zu senden, während er im Traumlabor schlief. Seine Träume waren auch diesmal signifikant.

Lit.: Krippner, S. / C. Honorton / M. Ullmann: A Precognitive Dream Study with a Single Subject. In: JASPR 65 (1971), 192; Honorton, C.: Automated Forced-Choice Precognition Tests with a ‘Sensitive’. In: JASPR 65 (1971), 476; Krippner, S. / C. Honorton / M. Ullmann: A Long-Distance ESP Dream Study with the ‘Grateful Dead’. In: Journal of the American Society of Psychosomatic Dentistry and Medicine 20 (1973) 9.

Bessette, Andrè (*9.04.1845 bei Saint-Gregoire d’Iberille, Kanada; † 6.01.1937 Montrèal, Kanada), Ordensbruder und Heiler, heilig (17.10.2010, Fest: 6. Januar). B. war das achte von 12 Kindern sehr armer Eltern. Mit neun Jahren verlor er den Vater und mit 12 Jahren die Mutter. Trotz angeschlagener Gesundheit musste er sich schon frühzeitig sein Brot verdienen. Dabei bereiste er vier Jahre lang die USA und empfahl sich täglich dem hl. Joseph. Am 27. Dezember 1870 trat er im Alter von 25 Jahren als Bruder in die Kongregation vom Heiligen Kreuz in Montrèal ein. Nach der Profess wurde er Pförtner des Kollegs Notre-Dame in Montrèal, was er 40 Jahre lang blieb. Mit seinem Sinn für Humor, seiner Sensibilität und seiner hervorragenden Urteilskraft wurde er schon bald zum guten Geist für die Armen, Kranken und seelisch Bedrückten, die sich seinem Gebet anvertrauten.

Als er 30 Jahre alt war, geschahen außergewöhnliche > Heilungen. Ein erstes schriftliches Zeugnis davon erschien am 9. Mai 1878 in einer Zeitschrift in Frankreich. Von da an wurde B. – man könnte sagen Tag und Nacht – von armen, unglücklichen und kranken Menschen belagert, sodass die Oberen gezwungen waren, strenge Regeln einzuführen. Die Kranken mussten an einer kleinen Straßenbahnhaltestelle auf der anderen Seite der Straße warten. B., der sämtliche Heilungen der Fürsprache des hl. Joseph zuschrieb, nahm diese Entscheidung demütig an.

Gerüchte über angebliche > Wunder bzw. göttliche > Zeichen verbreiteten sich von Mund zu Mund, wobei die kirchlichen Autoritäten ein hohes Maß an Verständnis zeigten und selbst von staatlicher Seite kein Verbot erfolgte. Im Rhythmus dieser Ereignisse entstand auch das Heiligtum des hl. Joseph auf dem Mont Royal, wo Bruder B. seine letzte Ruhestätte fand.

Lit.: Sattel, Josef-Ludwig F.: Bruder Andreas – Diener des hl. Josef. 1., überarb. erw. Aufl. Jestetten: Miriam-Verlag, 1994; Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000.

Bestattung (engl. burial; it. funerale), rituelle Beisetzung oder Verabschiedung des Leichnams. Die gebräuchlichsten Formen sind die Erd- und die Feuer-B. Seltener sind das Versenken der Leiche ins Meer oder in Flüsse (Indien), das Ausstreuen der Asche, das Verzehren der Leiche durch Tiere oder das Verzehren durch Hinterbliebene (Kannibalismus).

Der Zeitpunkt der B. ist nach Ländern, Kulturen, Religionen und klimatischer Umgebung verschieden.

Die Form der B. hängt wesentlich mit dem Glauben an das Fortleben nach dem Tode zusammen. So gibt es seit dem Paläolithikum eine regelrechte Totenbetreuung. Selbst wenn z. B. die Korjäten die Totenasche verstreuen, merken sie sich den Verbrennungsplatz und verehren ihn kultisch. Insgesamt reichen die Formen von Leichenbeseitigung bis zu Leichenkonservierung. Dabei lassen sich bergende, zerstörende und konservierende B. unterscheiden. Hinter diesen Formen steht einerseits die Furcht vor dem Toten, der oft als böse und unheimlich vorgestellt wird, andererseits die Liebe zu ihm, die zu pietätvollem Verhalten führt, aber auch – besonders in neuerer Zeit – völlige Gleichgültigkeit, meist als persönlicher Schutz vor dem Gedanken an den eigenen Tod.

Bergende B. Dazu gehört vor allem die Erdbestattung. Die Mutter Erde ist das Symbol der Geborgenheit schlechthin. Sie bietet nicht nur Ruhe, sondern auch Schutz für den Verstorbenen und für die Lebenden. Außerdem bildet das Grab die Bezugsstätte zum Verstorbenen. Hier spielt auch der Gedanke mit, dass der Tote alles beobachte und fühle, was um ihn herum geschieht. Damit alles in rechter Ordnung vor sich gehe, sorgt jemand oft schon zu Lebzeiten für seine Beerdigung (Grabkauf, Sicherung der Beerdigungskosten und des Leichenschmauses, Mitgliedschaft in Bruderschaften), nicht selten auch deshalb, weil man dies den Anverwandten nicht zutraut.

Wichtig ist dabei, dass der Tote überhaupt beerdigt wird und in der Heimat der Seinen die Ruhestätte findet. Dafür sprechen die Anstrengungen, die gemacht werden, um gegebenenfalls einen Leichnam zu überführen. Sollte dies nicht möglich sein, so hält man eine Totenfeier ab, bei der ein Stuhl leer bleibt, oder man begräbt ein Kleidungsstück, stellt ein Kreuz für den Toten auf und betet dabei: „Herr, gib ihm die ewige Ruhe!“, was nicht nur dem Verstorbenen gilt, sondern auch dem Hinterbliebenen, der sich dadurch vor jeder „Belästigung“ durch den Toten schützen will.

Durch das Christentum hat die Bestattung einen besonderen Stellenwert erhalten, weil die Auferstehung der Toten auch die Auferstehung des Fleisches am Jüngsten Tag beinhaltet. Zwar distanzierten sich die Christen bei der B. ihrer Toten nur insofern von den Gepflogenheiten der Umgebung, als deren Brauchtum dem Glauben an die Auferstehung widersprach. Vor allem wurde die Bestattung in geweihter Erde gefordert und die Totenklage durch Gebete ersetzt. Dabei war es ursprünglich Brauch, die Toten mit den Füßen nach Osten und dem Kopf nach Westen zu beerdigen, wohl um deren Blick zur aufgehenden Sonne, dem Symbol Christi, bzw. in Richtung Jerusalem, dem Auferstehungsort Christi, zu lenken. Damit hängt auch der Brauch zusammen, die Verstorbenen mit dem Blick zur Kirche zu beerdigen. Aus Raummangel und finanziellen Gründen wurde jedoch die Verbrennung erlaubt. Man spricht dabei nicht mehr von Beerdigung, sondern von Verabschiedung im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei ist allerdings das Grab in der Mutter Erde mit seiner großen Symbolik nicht immer gegeben, denn der Urnenfriedhof vermag dies nicht wettzumachen, weil das Gesamtbild des Verstorbenen fehlt.

Die zerstörende B. entspringt zwei gänzlich verschiedenen Vorstellungen, nämlich der Einverleibung der Kraft des Toten und der Entsorgung des wertlosen Körpers. Während im Kannibalismus die Vorstellung von der Aneignung der Kraft und des Mutes vorherrscht, soll die Verbrennung im Hinduismus die Lösung von der Erde und den Aufstieg erleichtern. Im Westen ist die Verbrennung mitunter zu einer reinen Entsorgungsform geraten, die Raum- und Grabpflege ersparen soll.

Hingegen stehen Aussetzung, Leichenfesselung, Daumenabschneiden und Grabbeschweren oft mit der Furcht vor der Macht der Toten in Zusammenhang. Nach dem Bestattungsritual der Tibeter wird der Leichnam vom Leichenbestatter in kleine Stücke zerteilt, damit er den Geiern zum Fraß vorgeworfen werden kann. Diese Art der Bestattung bezeichnen die Tibeter als „Himmelsbestattung“.

Bei der konservierenden B. sind ebenfalls zwei Einstellungen zu unterscheiden, nämlich die Balsamierung und die Kryonik.

Die Balsamierungs-B., die vor allem in Ägypten eine Höchstform erreichte und noch heute bis in den kirchlichen Raum hinein gepflegt wird (Sarkophag Johannes’ XXIII. im Petersdom), versucht den Toten auch in der Gestalt des Körpers zu verewigen, nicht um ihn wiederzubeleben wie bei der Kryonik, sondern um ihn als optische und taktile Erinnerungsstütze zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist auch die Reliquienverehrung zu nennen.

Bei der Kryonik-B. (auch Kryostase) bedient man sich hingegen einer Konservierungsmethode für Organismen oder einzelne Organe (normalerweise das Gehirn) bei tiefen Temperaturen (unter −125°C), um den Menschen mit dieser Technik in der Erwartung einzufrieren, also in Kryostase zu versetzen, dass die fortgeschrittene Medizintechnik eines Tages in der Lage sein könnte, tödliche Krankheiten zu heilen.

Schließlich gibt es bei all den genannten Bestattungsformen noch eine unerschöpfliche Menge an Besonderheiten, auf die hier nur verwiesen sei.

Lit.: Richter, Klemens: Der Umgang mit Tod und Trauer in den Bestattungsriten der Deutschen Demokratischen Republik. In: Hans Jakob Becker (Hg.): Im Angesicht des Todes (Reihe Pietas Liturgica, Bd. 3 u. 4). St. Ottilien, 1987, S. 229 – 259; Die letzte Ruhe: christliche Bestattungsriten und Friedhofskultur in der multikulturellen Gesellschaft; Dokumentation / Bernd Jaspert (Hg.). Hofgeismar: Ev. Akad. Hofgeismar, 1991; Raum für Tote: die Geschichte der Friedhöfe von den Gräberstraßen der Römerzeit bis zur anonymen Bestattung. Braunschweig: Thalacker-Medien, 2003; Oberrath, Silke: Tod und Bestattung in der Bronzezeit: Untersuchungen zum Bestattungsbrauchtum der mittleren und späten Bronzezeit in Südwürttemberg; Traditionen und Veränderungen. Tübingen: Universitas-Verl, 2003; Hengerer Mark (Hg.): Macht und Memoria: Begräbniskultur europäischer Oberschichten in der Frühen Neuzeit. Köln [u. a.]: Böhlau, 2005; Schrumpf, Stefan: Bestattung und Bestattungswesen im Römischen Reich: Ablauf, soziale Dimension und Ökonomische Bedeutung der Totenfürsorge im lateinischen Westen. Göttingen: V & R Unipress [u. a.], 2006.

Besterman, Theodore Deodatus Nathaniel (*18.09.1904 Genf, Schweiz; †10.11.1976), Mitglied der Society for Psychical Research (SPR) und der Theosophical Society; wuchs in England auf, Studium an der Universität Oxford, Doktorat in Philologie; arbeitete als Herausgeber, Bibliograf und Berater. 1926 verfasste er gemeinsam mit William > Barrett ein Buch über die Wünschelrute. 1927 wurde B. Bibliothekar der SPR sowie Herausgeber des Journal und der Proceedings of Parapsychology. Er stellte einen Buchkatalog der SPR zusammen, der bis 1931 ergänzt wurde. 1930 schrieb er eine Verteidigung von H. P. > Blavatsky und trat für ein besseres Verständnis zwischen Theosophie und SPR ein. Über die Theosophie kam B. zur Parapsychologie Als Erzkritiker der Psychischen Forschung, vor allem der physikalischen Phänomene des Spiritismus, griff er Ernesto > Bozzano scharf an und hinterfragte in seinem Buch Some Modern Mediums (1930) die Untersuchungen von Charles > Richet, Albert von > Schrenck-Notzing und Gustav > Geley. B. nahm auch an Sitzungen von Gladys Osborne > Leonard und Rudi > Schneider teil. Von Bedeutung ist die von ihm 1931 entwickelte Versuchsserie zur Glaubwürdigkeit von Zeugen einer Séance, aus der hervorging, dass für die Beobachtung parapsychischer Phänomene entsprechend trainierte Beobachter notwendig sind. Bekannt wurde B. vor allem durch seine zahlreichen Bibliografien und Bücher über Bibliografien sowie seine Monografien über > Kristallsehen und die > Wünschelrute. In Letzterer sieht er, wie Barrett, ein rein parapsychisches Phänomen und lehnt daher jede physikalische Erklärung ab.

W..: The Divining-Rod: an experimental and psychological investigation, by Sir William Barrett, F. R. S., and Theodore Besterman. With 12 plates and 62 other illustrations. London: Methuen & Co. Ltd., 1926; Mind and Body. A Criticism of Psychophysical Parallelism … Authorized translation, with a bibliography of the author, by Theodore Besterman, 1927; A World Bibliography of bibliographies and of bibliographical catalogues, calendars, abstracts, digests, indexes, and the like. 2. ed. rev. and greatly enlarged throughout. Priv. Publ. Vol. 1-3. London: Besterman, 1947; Collected papers on the paranormal / [by] Besterman, Theodore. New York: Garrett Publications, 1968.

Bestiarium (lat. bestia, Tier), Tierbuch. Mittelalterliche Sammlung von Fabeln sowohl realer als auch legendärer Tiere, das tatsächliche oder vermutete Eigenschaften derselben allegorisch mit der christlichen Tugendlehre verbindet und auf Literatur und Kunst großen Einfluss hatte. Die Ausführungen sind oft reich bebildert und gehen auf den > Physiologus aus dem 2. Jh. zurück, der um 400 erstmals lateinisch, in der 2. Hälfte des 8. Jhs. angelsächsisch und im 11. / 12. Jh. althochdeutsch erschien. Zum archaisch anmutenden Physiologus gesellte sich die scholastische Gelehrsamkeit. Der Mensch mit seinen Tugenden und Lastern tritt in den Mittelpunkt. Sind im Physiologus bestimmte Tiere, wie Affe, Fuchs oder Wildesel, dem Teufel gleichgesetzt, so werden sie in den Bestiarien zu Symbolen für die diabolische Wirksamkeit im Menschen. Zudem werden neue Themen aufgenommen, wie z. B. der > Basilisk bei den Kirchenvätern als Symbol des Todes oder die > Biene als Symbol für Christus (Bienenkönig). Das um 1130 von dem anglonormannischen Geistlichen Philippe de Thaon verfasste Tierbuch Bestiaire enthält symbolische Deutungen von Tieren und Edelsteinen auf die gesamte christliche Heilslehre.

Lit.: Thaon, Philippe de: Le Bestiaire [Texte imprimé]: Texte critique. Geneve: Slatkine Reprints, 1970; Febel, Gisela / Maag, Georg (Hg.): Bestiarien im Spannungsfeld zwischen Mittelalter und Moderne. Tübingen: Narr, 1997; Der Physiologus: Tiere und ihre Symbolik / übertr. und erl. von Otto Seel. Pb-Ausg. Düsseldorf: Patmos, 2003.

Bestie > Apokalyptisches Tier.

Bestla (nord. „Bastspenderin“, „Baumrinde“), nach der > Edda die Tochter des Riesen > Bölthorn und als Gattin des Riesen > Bör Mutter der ersten Götter > Odin, Vili und Vé.

Lit.: Die Edda: Götterdichtung, Spruchweisheit und Heldengesänge der Germanen / Übertr. v. Felix Genzmer; eingel. v. Kurt Schier. Kreuzlingen; München: Hugendubel, 2006.

Bestreichen, das Streifen mit der Hand oder mittels eines Gegenstandes über den Körper oder eine Körperstelle mit Berührung oder in einem leichten Abstand. Das B. wird hauptsächlich bei Hautkrankheiten (Rose, Flechten, Muttermale, Warzen usw.) vorgenommen. Es geschieht entweder durch die Hand des Kranken selbst oder des Helfers, vielfach aber auch mittels eines Gegenstandes zum Auftragen von heilenden Flüssigkeiten oder z. B. mit einem Heilstein. Bei den sogenannten mesmerischen Strichen wird der Körper meist nicht direkt berührt und er muss auch nicht bloß sein.

Von besonderer Wichtigkeit beim B. ist das fühlende Einheitsempfinden mit dem Organismus des Empfängers, getragen von tiefem Wohlwollen. Dadurch lockert sich der Organismus des Heilers, was die Rezeptivität des Kunden verstärkt und somit größere Wirkung verursacht. Der magische Vertrauensraum soll den Heilungs- oder Stärkungsprozess noch steigern.

Lit.: Atkinson-Scarter, H.: Sympathie-Magie und Zaubermedizin: ein Handbuch zur magischen Krankheitsbehandlung. Berlin: Richard Schikowski, 1960.

Bet Alpha, ein unter Kaiser Justin I. (518 – 527) in der alten Synagoge von Bet Alpha in Galiläa (Nord-Israel) entstandenes Bodenmosaik mit der Darstellung des > Tierkreises. Das Zentrum des Mosaiks ist > Helios (> Sol invictus) mit dem Sonnenwagen. In den Ecken finden sich weibliche Darstellungen der vier Jahreszeiten. Tierkreise waren in den Synagogen zwischen 350 und 600 n. Chr. häufig. Sie verkörperten Symbole der Hoffnung auf die vom geknechteten Judentum erwartete Erlösung.

Lit.: Sukenik, Eleazar Lipa: The ancient Synagogue of Beth Alpha: an account of the excavations. Conducted on behalf of the Hebrew University, Jerusalem. Hildesheim u. a.: Olms, 1975.

Beta Centauri > Agena.

Betancur, Petrus vom hl. Joseph

(*16.05.1619 Chasna, Teneriffa, Spanien; † 25.04.1667 Antigua Guatemala, Guatemala), Ordensgründer, heilig (30.07.2002, Fest: 25. April). In seiner Jugend betätigte er sich als Hirte. Am 18. September 1649 verließ B., einem inneren Ruf folgend, seine Heimat und kam schließlich am 18. Februar 1651 nach Santiago de los Caballeros de Guatemala, von wo er sich auf geheimnisvolle Weise angezogen fühlte. „Hier will ich leben und sterben“, war sein Ausruf bei seiner Ankunft. 1652 schloss er sich – nachdem ihm wegen mangelnder Ausbildung der Weg zum Priestertum versagt blieb – dem Dritten Orden des hl. Franziskus an, dessen Mitglieder die Kutte des ersten Ordens trugen, jedoch ohne Kapuze. Als Stätte seines Wirkens wählte er eine kleine Strohhütte als „das kleine Haus Unserer Lieben Frau von Bethlehem“. Um seine vielen Werke der Nächstenliebe auszuführen und absichern zu können, gründete er die Kongregation der Bethlehemiten und der Bethlehemitinnen. In der Hl. Nacht floss sein Herz vor Glückseligkeit über. Beim Anstimmen des Liedes Et verbum caro factum est begann er im Kloster des hl. Franziskus einen Tanz, der die Anwesenden zu Tränen rührte. Nachdem er die Ordensbrüder aufgefordert hatte, sich über das Geschenk der Erlösung zu freuen, sank er vor dem Altar auf die Knie und verharrte dort bis zum Ende der etwa zweistündigen Feier in einem Zustand der Ekstase. Seinen Tod genau vorausahnend, verfasste er ein Testament mit exakten Anweisungen für die Fortführung seines Werkes. In den vierzehn Jahren seines Wirkens in Guatemala sah ihn niemand je ein Bett oder einen Tisch benützen. Er schlief an die Wand gelehnt oder den Kopf zwischen die Fäuste gestützt – ein heiliges Unikum des menschlichen Lebens.

Lit.: Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000; Pasos que se han dado hacia la canonización del Hermano Pedro de San José de Betancur desde 1668 al año 2001. Antigua Guatemala, 2001.

Betel, ein über ganz Südostasien verbreitetes und seiner anregenden Wirkung wegen geschätztes Genussmittel zum Kauen aus den Nüssen der Betelpalme (Areca catechu), vermischt mit etwas gebranntem Kalk und anderen Zutaten und in ein Blatt des Betelpfeffers gewickelt. Heute ist der Brauch, B. zu kauen, stark rückläufig, zumal als toxische Nebenwirkung eine mögliche Entwicklung eines Oropharyngealkarzinoms prognostiziert wird.

B. spielt auch eine wichtige Rolle als Opfer an die Götter sowie als Fruchtbarkeitssymbol bei Brautschau und Heirat. Kunstvolle B.-Garnituren spiegeln, gleich den weltweit verbreiteten Rauchergarnituren, Status und Wohlstand des Besitzers wider.

Lit.: Mann, Harold H.: Studies in the Chemistry and Physiology of the Leaves of the Betel-Vine; D. L. Lahasrabuddhe; V. G. Patwardhan. Calcutta, 1913; Rausch und Realität: Drogen im Kulturvergleich / hrsg. von Gisela Völger u. Karin von Welck, Bd. II. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1981; Tobacco Habits Other than Smoking, Betel-quid and Areca-Nut Chewing, and Some Related Nitrosamines: … views and expert opinions of an IARC Working Group on the Evaluation of Carcinogenic Risk of Chemicals in Humans which met in Lyon, 23 – 30 Oct. 1984. Lyon: Internat. Agency for Research on Cancer, 1985; Rooney, Dawn F.: Betel Chewing Traditions in South-East Asia. Kuala Lumpur: Oxford University Press, 1993.

Betglocke, Läuten der Glocke als Gebet. Der durch die Glockentaufe geweihten Glocke werden besondere Kräfte zugeschrieben, vor allem gegen Gewitter und Sturm. Das verbreitete Morgen-, Mittag- und Abendläuten (auch Angelusläuten genannt), ein Brauch der bis in das Mittelalter zurückreicht, zeigt nicht nur die Zeit an, sondern heiligt sie zugleich. Zudem scheidet die B. nicht nur morgens und abends den Tag von der Nacht, sondern gibt zugleich Schutz für den Tag und Sicherheit für die Nacht.

Lit.: Die Gott-angenehme Beth- und Buß-Glocke: Zu Feuriger Andacht Morgens und Abends in geistl. und leiblichen Anliegen ermunternde; Gott zu Ehren und allen trägen Hertzen zu heiligen Antrieb und Eyffer im Gebeth aus geistreicher Männer Schrifften wohlmeynend zusammen getragen. Nebst einem Hoch-nützlichen Zeit-Messer Und beygefügten Gesang-Büchlein. Striegau: Weber, 1725; Otte, Heinrich: Glockenkunde. Leipzig: Weigel, 1858.

Bethel (hebr., „Haus Gottes“), namensgleich mit der Stadt Beth-el in Palästina (früher Lus, Ri 1, 23) und dem Kultort > Beth-El, von dem der Name als Kurzform herrühren dürfte), ist die Bezeichnung eines Gottes, der erstmals 674 / 75 v. Chr. erwähnt wird. Der Name findet sich im aramäischen Kontext und ersetzt den semitischen Gott > El, der von dieser Zeit an nicht mehr erwähnt wird. In Ugarit ist B. unbekannt. Die Aramäer verehrten diesen Gott in einem Tempel in Ägypten als Gott der Weisheit neben Yahweh, dem Gott der Juden. Ob die Israeliten in ihrer Heimat auch den Gott B. verehrten, bleibt offen (Jer 48, 13, Am 3, 14; 5, 5; Hos 4, 15). Jedenfalls hatte er einen großen Einfluss.

Lit.: Dieu Bethel. Biblica 48 (1967); Kornfeld, Walter: Onomastica aramaica aus Ägypten. Wien: Österr. Akad. der Wiss., 1978; Dictionary of Deities and Demons in the Bible (DDD) – Second extensively rev. ed. Leiden: Eerdmans, 1999.

Beth-El (hebr., „Haus Gottes“), heute Betin, ca. 17 km nördlich von Jerusalem gelegen, gilt als ältestes Höhenheiligtum der Hebräer und der Frühisraeliten. Archäologen wiesen eine Besiedlung seit der Mittelbronzezeit nach. An dieser Stelle errichtete bereits Abraham am Beginn der Bronzezeit einen Altar (Gen. 12, 8); Jakob, der Ahnherr der zwölf Stämme Israels, empfing hier seine Vision der „Himmelsleiter“ (Gen 28, 12). Er sah deshalb in B. die „Pforte zum Himmel“ und errichtete einen Stein.

In der Richterzeit befanden sich an dieser Stelle die Stiftshütte mit der > Bundeslade und das Orakel von > Urim und > Thummim. Als König > Salomon (ca. 965 – ca. 926) den Tempel in Jerusalem baute, schwand die zentrale Bedeutung des Ortes. König Jerobeam (926 – 907) ließ dort zwei goldene Kälber anfertigen, um die Wallfahrt nach Jerusalem zu unterbinden und sein Königtum zu sichern. Diesem Kult setzte dann Josia (2 Kön 23, 15) 621 ein Ende.

Der Ort B. darf nicht mit dem Gott > Bethel gleichgesetzt werden.

Lit.: Rendtorff, Rolf: Jakob in Bethel: Beobachtungen zum Aufbau und zur Quellenfrage in Gen 28, 10-22. In: Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 94 (1982), 511 – 523.

Bethor, einer der olympischen Geister, der alle mit > Jupiter zusammenhängenden Aspekte des Universums beherrscht. Der Name findet sich in der > Clavicula Salomonis sowie im Buch > Arbatel und dürfte hebräischen Ursprungs sein (Beth or, „Lichthaus“; Jupiter heißt griechisch Phaeton, der „Leuchtende“). B. soll ein „würdevoller“ Geist sein, der Wunderheilungen vollbringen und das menschliche Leben um 700 Jahre verlängern kann. In der Clavicula sind die sieben Planetengötter nach alchemistischem Schema mit den 7 Metallen verbunden, darunter B. (Jupiter) mit dem Zinn. Ihm sollen 42 Könige, 35 Prinzen, 28 Fürsten, 21 Räte, 24 Minister, 7 Boten und 29.000 Geisterheere unterstehen.

Lit.: Arbatel De Magia Veterum, Joviel. Oriel. Gabriel. Pomiel. Wesel: Luppius, 1686; Lippmann, Edmund O. von: Entstehung und Ausbreitung der Alchemie, mit e. Anh. „Zur älteren Geschichte der Metalle“. Hildesheim: Olms, 1978; Der Schlüssel von König Salomon = Clavicula Salomonis / e. Übers. u. Ed. von Ms. aus d. Brit. Museum von S. Liddell MacGregor Mathers. Übers. in d. Dt. u. Kommentar von Marcus M. Jungkurth. Berlin: Schikowski, 1985.

Bethune, Thomas Greene > Blinder Tom.

Betonie (Stachys officinalis, auch Betonica, Betonienkraut, Echter Ziest, Flohblume, Heilziest, Pfaffenblume, Zahnkraut, Zehrkraut und Ziest genannt), gehört zur Familie der Lippenblütler und ist eine zierliche, ausdauernde Pflanze mit farbenfrohen Blüten, deren Stängel am Grund einige fast herzförmige Blätter trägt. In Mitteleuropa findet man die B. auf Magerwiesen und in lichten Wäldern. Es handelt sich bei ihr um eine uralte Heilpflanze und ihr Ruf war derart, dass Antonius Musa, dem Leibarzt von Kaiser Augustus, die über sie verfasste Schrift De Vettonica zugeschrieben wurde, in der sie mit 47 Heilkräften in Zusammenhang gebracht wird. Das Buch ist allerdings viel jünger.

Die B. enthält Betonicin, Stachhydrin, Turizin, Cholin, Bitterstoff und Gerbstoff (bis 15%) und wird in der Volksmedizin gegen Erkältungskrankheiten, Gelbsucht, Blähungen, Durchfall usw. angewandt, und zwar äußerlich mit Umschlägen, innerlich als Tee. Zudem glaubte man, dass sie Kopfschmerzen heilen könne, und steckte sie daher in die Kopfbedeckung. Als Tabakersatz kann B. eine Raucherentwöhnung erleichtern. In neuerer Zeit ist die Pflanze allerdings ziemlich in Vergessenheit geraten.

Lit.: Antonius, Musa: Antonii Mvsae De herba vettonica liber. Psevdoapvlei herbarivs. Anonymi de taxone liber. Sexti Placiti liber medicinae ex animalibus etc / Ediderunt Ernestvs Howald et Henricvs E. Sigerist. Lipsiae; Berolini: Teubner, 1927; Henning, Frank: „De vettonica herba“, dt.: der „Batungentraktat“ in südostdeutschen Überlieferungen des Spätmittelalters. Würzburg, Univ., Diss., 1998; Hunnius: pharmazeutisches Wörterbuch. 9., neu bearb. und erw. Aufl / hrsg. von Hermann P. T. Ammon. Berlin [u. a.]: de Gruyter, 2004.

Betrachtung, individuelles Erwägen einzelner Glaubensinhalte, verbunden mit innerem Gebet und auch mit praktischer ethischer Zielsetzung. Als gezieltes, in Ruhe vollzogenes Nachdenken über die eigene Stellung zu Gott, vor allem auch im Zusammenhang mit der persönlichen Bewältigung des Außen- und Innenbezugs, dient die B. sowohl der Wissensbereicherung als auch der persönlichen Orientierung.

An die Stelle von Glaubensinhalten können auch esoterische, magische, satanistische und andere Inhalte gesetzt werden, um diese vertieft zu erfassen und in die persönliche Ausrichtung einzubauen. > Meditation.

Lit.: Rüttgardt, Jan Olaf (Hg.): Schweige und höre: Erfahrungen aus Meditation und geistlicher Betrachtung. Hannover: Luth. Verl.-Haus, 1994; Reichling, Philipp E.: Rezeption als Meditation: vergleichende Untersuchungen zur Betrachtung in Mystik und klassischer Moderne. Oberhausen: Athena, 2004.

Betrug, jede absichtliche Verletzung oder Unterdrückung der Wahrheit. Zivilrechlich ist B. die Mitteilung falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen in dem Bewusstsein, dass der andere dadurch zu einer Erklärung oder Annahme veranlasst wird, die er bei Kenntnis der richtigen Sachlage nicht machen würde.

In der Paranormologie, die sich vornehmlich mit der Echtheit nicht erklärbarer Phänomene befasst, ist der Ausschluss von B. die Grundvoraussetzung jedweder weiteren Vorgangsweise. Betrügen können der Erlebnisträger (Agent), ein Außenstehender oder der Versuchleiter. Dabei ist auch die Möglichkeit gegeben, dass B. nicht in einem normalen Bewusstseinszustand und vorsätzlich, sondern in einem veränderten Bewusstseinszustand erfolgt. Dies kann ein solches Ausmaß annehmen, dass die Person im normalen Wachzustand aufgrund einer völlig unbewussten Handlung oder Verdrängung nichts mehr davon weiß. So gibt es kein bedeutendes Medium der modernen Forschungsära, das nicht mit Betrugsvorwürfen belastet worden wäre.

Hauptmotive des B. sind meist Geltungsdrang und Erfolgszwang. Auch die in der Psychiatrie bekannte Krankheit der Pseudologia phantastica, das phantastische Lügen im Sinne der Mythomanie bei geltungsbedürftigen Persönlichkeiten, ist hier zu beachten. Daher ist die Betrugsabsicherung in der Paranormologie infolge der Labilität der Medien und Sensitiven sowie der grundsätzlichen Labilität der Ereignissituation oft äußerst schwierig. Andererseits kann eine völlige Technisierung der Experimente die notwendige Lebensdynamik für das paranormale Geschehen ersticken.

Bei Spontanphänomenen kann die Betrugsabsicherung meist nur durch eine strenge Phänomenanalyse erfolgen, insbesondere in Fällen, wo keine Person involviert zu sein scheint. Jedenfalls gemahnen die zahlreichen Betrugsfälle an ein Höchstmass an Kontrolle, gestatten es aber nicht, auch die Fülle gut dokumentierter paranormaler Phänomene zu verneinen.

Lit.: Schrenck-Notzing, A. Frhr. v.: Materialisationsphänomene: ein Beitrag zur Erforschung der mediumistischen Teleplastie. 2., stark vermehrte Aufl. München: Ernst Reinhardt, 1923; Baerwald, Richard: Okkultismus und Spiritismus und ihre weltanschaulichen Folgerungen. Berlin: Deutsche Buch-Gemeinschaft, 1926; Revelations of a Spirit Medium / [edited by] Harry Price and Eric J. Dingwall. New York: Arno Press, 1975.

Betz, Hans Dieter (* 29.09.1940 Mannheim), Prof. Dr., studierte Physik in Heidelberg, 1965 Diplom, 1967 Promotion; lehrte von 1967 bis 1972 als Research Associate und Assistant Professor am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA; ab 1972 an der Sektion Physik der Ludwig-Maximilians-Universität in München, 1975 Habilitation und Ernennung zum Universitätsdozent, seit 1980 Professor; zahlreiche Publikationen auf dem Gebiet der experimentellen Atomphysik.

In einer gründlichen Bestandsaufnahme untersuchte er die Leistungen der beiden Rutenmeister Georg und Emmy Kittemann, die u. a. die Heilquelle von Tegernsee gefunden haben, sowie von Hans Schröter, der als Wasserbau-Ingenieur mit Hilfe seiner radiästhetischen Fähigkeiten für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit Tausende von erfolgreichen Bohrungen für Trinkwasserbrunnen bestimmt hat. Schröters eindrucksvolle Tätigkeit mit der Wünschelrute ist wissenschaftlich dokumentiert und widersteht allen Wegerklärungsversuchen.

Gemeinsam mit Prof. Herbert König leitete B. das vom Forschungsministerium der Bundesrepublik Deutschland finanzierte Pro-
jekt über „Erdstrahlen und Rutengänger“ (1984 – 1989). Demnach ist anzuerkennen, dass es neben vielen Rutengängern, die kaum signifikante Befunde liefern, eine kleine Anzahl hochbegabter Sensitiver gibt, deren Wirken auf eine bisher unerklärte Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen schließen lässt.

W.: Geheimnis Wünschelrute: Aberglaube und Wahr-
heit über Rutengänger und Erdstrahlen. M. e. Geleitw. v. Veronica Carstens. Frankfurt a. M.: Umschau, 1990; Unkonventionelle Wasserprospektion: Felderprobung der Rutengänger-Methodik in Trockenzonen. Dt. Ges. f. Techn. Zusammenarb. (GTZ) GmbH [Hrsg.]. 2., erw. Aufl. Eschborn: Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, 1993.

Beuther, David (um 1550 –1588), Alchemist, wirkte von 1575 bis 1582 am Hof des sächsischen Kurfürsten August in Dresden und verfasste erstmals ein Werk, in dem die „Probierkunst“ gesondert dargestellt wird. In diesem Zusammenhang ist auch das Probierbuch von Lazarus > Ercker (um 1530 –1595) zu nennen. Nachdem B. beim Kurfürsten in Ungnade gefallen war, ließ ihn dieser einsperren, damit er die Verfahren nicht andern preisgebe. Als man Druck auf ihn ausübte, um ihm sein Geheimnis zu entlocken, schrieb er an die Gefängnismauer: „Versperrte Katzen mausen nicht!“ Schließlich verpflichtete er sich unter Eid, nichts mehr zu verschweigen, wurde wieder in das Goldhaus gebracht und in seine Ehre eingesetzt. Aus Gewinnsucht verstrickte sich B. aber dann in eine solche Ausweglosigkeit, dass er sich das Leben nahm.

W.: Beuther, David: Chymische Tractate, darinnen nicht nur alle Geheimnisse der Probierkunst, deren Ertze und Schmelzung derselben. Paris: J. Ch. Marinie, 1717. In der Vorrede heißt es u. a. „David Beuther tingierte öffentlich, als man ihn aber zur Offenbarung der Kunst mit dem Henker zwingen wollte, hat er sich mit Gift vergeben.“

Ercker, Lazarus: Beschreibung aller fürnemsten mineralischen Erze und Bergwerksarten… Frankfurt a. M.: I. Feyerabend, 1598. Die Vorrede stammt vom 3. September 1574.

Lit.: Dinest willige Autoren versorgten auch das Publikum mit Beutherschen Schriften: David Beuthers Universal und vollkommner Bericht von der hoch gerühmten Kunst der Alchemie. Frankfurt a. M., 1631, 4: Zwei rare chymische Traktate, darinnen nicht nur alle Geheimnisse der Probierkunst, sondern auch Möglichkeiten der Verwandlung der geringen metalle in bessere gar deutlich gezeigt werden, aus einen asten, raren, von 1514 bis 1582 geschriebenen buch zum ersten Mal in Druck gegeben, Leipzig, 1717, 3; Universal und Partikularia, worin die Verwandlung geringer metalle in Gold und Silber deutlich gelehrt wird. Hamburg, 1718, 8.

Beutlerin, Magdalena > Magdalena von Freiburg.

Beuys, Joseph

(*12.05.1921 Krefeld; † 23.01.1986 Düsseldorf), Künstler. Nach dem Abitur 1939 wollte B. Medizin studieren, wurde aber zum Militär eingezogen und in der Folge als Flugzeugführer und Bordschütze ausgebildet. Nach dem Absturz mit einem Sturzkampfbomber über der Krim hatte er ein Heilungserlebnis, das ihn als Künstler später stark beeinflusste. Mit einem Schlitten aus dem Schnee geborgen, mit Fett eingerieben, in Filz gehüllt und mit einem Kräutertrunk versehen, lag er am Feuer eines Tartarenstammes und hörte die Frauen an seinem Lager singen. Ob er dies wirklich erlebte oder sich als Selbstheilungsversuch im Lazarett vorstellte, bleibt offen. Tatsache ist, dass die tierischen Stoffe Fett und Filz seither in seinen Werken bildhaft für Wärme, Liebe und Schutz standen. Nach der Genesung wurde er bei Einsätzen noch viermal verwundet und geriet als körperliches Wrack 1945 in britische Gefangenschaft. Die Kriegserlebnisse schlugen sich in vielen seiner Werke nieder.

1947 begann B. in Düsseldorf an der Staatlichen Kunstakademie Bildhauerei zu studieren. 1954 kam es zu Ausstellungen, doch fühlte er sich als Künstler nicht bestätigt. Als dann seine Verlobung in die Brüche ging und seine finanzielle Lage katastrophal wurde, fiel er in eine tiefe Depression und verkroch sich in einer mit Teer bestrichenen Kiste. Es folgten mehrere Aufenthalte in Nervenkliniken. Auf einem Hof und bei der Feldarbeit fand er schließlich wieder zu sich und zur Kunst.

Seine auch der Selbstfindung dienenden Zeichnungen und Collagen von Pflanzen, Salamandern, Hasen, Bibern, Hirschen, Elchen, Eisbären, Berggeistern, Hexen, Tierfrauen, Seherinnen, Schamanen und Tierführern waren für ihn Synonyme für eine ältere, naturnähere, magisch aufgeladene Kultur und ihre intuitiv entwickelten Heilpraktiken. Kunst war für ihn das Zaubermittel, den von allen spirituellen Nabelschnüren abgeschnittenen Menschen aus der Isolation zu befreien. Davon sprechen auch die vielen Rollen, die er in seinem Leben ausfüllte: Ritualkünstler, Schamane, Alchimist, Provokateur, Mystiker, Philosoph, Parteigründer, Politsänger. Seine Anglerweste, über einem weißen Hemd getragen, zusammen mit Jeans, Turnschuhen und einem Stetson prägte ihn als „Schamane der Kunst“.

Lit.: Stachelhaus, Heiner: Joseph Beuys. Ungekürzte Ausg. Berlin: List, 2006; Joseph Beuys: eine Werkübersicht; Zeichnungen und Aquarelle, Drucksachen und Multiples, Skulpturen und Objekte, Räume und Aktionen; 1945 – 1985 / mit einer Einf. von Alain Borer. Zus.gest. und hrsg. von Lothar Schirmer. München: Schirmer / Mosel, 2006.

Bevorzugte Zuordnung (engl. preferential matching, fr. assortissement préférential, it. appaiamento preferenziale), auch Zuord-
nungsverfahren genannte Methode, in > ASW-Tests freies Aussagematerial zu bewerten. Dabei stuft ein Beurteiler Zielobjekte (gewöhnlich in Vierersätzen zusammengefasst) im Hinblick auf ihre Ähnlichkeit oder in Verbindung mit einer Aussage ein oder ordnet umgekehrt die Zielobjekte den jeweiligen Aussagen zu (J. B. Rhine).

Lit.: Rhine, J. B.: Parapsychologie: Grenzwissenschaft der Psyche; das Forschungsgebiet der außersinnlichen Wahrnehmung und Psychokinese. Methoden und Ergebnisse / M. e. Einf. v. Hans Bender. Bern; München: Francke Verlag, 1962. 

Bewegliche Zeichen, die vier veränderlichen Zeichen des > Zodiaks: > Zwillinge, > Schütze, > Jungfrau und > Fische. Im Unterschied zu den > Kardinalzeichen und den > festen Zeichen, verleihen sie eine anpassungsfähige, bewegliche Natur, bergen damit aber auch die Gefahr, einen zu beeinflussbaren Charakter zu entwickeln.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Bewegungen, paranormale, spontane Bewegungsphänomene ohne erkenntliche Ursache. Es geht dabei um Bewegungen von Tischen, Lampen, Bildern, um selbstspielende Musikinstrumente, um herumfliegende Steine, das Verrücken von Schränken, Öffnen von Türen, Herausfallen von Schubladen u. dgl. Zuweilen verschwinden Gegenstände und tauchen dann wieder auf. Da es sich meist um Spontanbewegungen handelt, kommt es nur selten vor, dass die Bewegung selbst verfolgt werden kann, sodass auf die spontan erfolgte Bewegung eines Gegenstandes nur aus seiner veränderten Lage geschlossen werden kann. Dies bringt große Unsicherheit mit sich, sodass zunächst von Täuschung oder > Betrug auszugehen ist.

In Fällen, wo Betrug und Täuschung völlig ausgeschlossen sind, werden verschiedene Erklärungen angeführt, wie noch unbekannte Energieformen, > Magnetismus, rotierende Felder, > Psi, die Macht des Geistes auf die Materie, Aufhebung der Schwerkraft, > Dematerialisation und > Rematerialisation, extraterrestrische Einflüsse oder Einwirkungen aus der Welt der Geister. Diese Erklärungsversuche hängen stark von der jeweiligen Weltbetrachtung ab. In Wirklichkeit handelt es sich um mehr oder weniger begründete Hypothesen. Von einer eigentlichen Erklärung kann nicht gesprochen werden. > Psychokinese, > Telekinese.

Lit.: Thurston, Herbert: Poltergeister / M. e. Vorw. v. Gebhard Frei. Luzern: Räber & Cie., 1955; Frei, Gebhard: Probleme der Parapsychologie: die Welt der Parapsychologie, Besessenheit, Exorzismus und Ekstase. Die Parapsychologie in der Welt des Wissens / Mit einem Vorwort von Andreas Resch. Innsbruck: Resch, 31985; Broughton, Richard S.: Parapsychology. The Controversial Science. New York: Ballantine Books, 1991.

Bewegungen, unbewusste. Der französische Chemiker Michel Eugène > Chevreul (1786 – 1889) erkannte als Erster bei dem von ihm im Auftrag der Französischen Akademie der Wissenschaft 1854 durchgeführten Experiment, dass mit bloßem Auge nicht oder kaum wahrnehmbare, völlig unbewusste Muskelbewegungen das > Tischchenrücken, > Pendeln und > Rutengehen auslösen. Die Muskelbewegungen selbst gehen auf einen geistigen Einfluss zurück.

Lit.: Chevreul, Eugène: De la baguette divinatoire, du pendule dit explorateur et des tables tournantes, au point de vue de l‘histoire, de la critique et de la méthode expérimentale. Paris: Mallet-Bachelier, 1854.

Bewegungsphänomene. Alle paranormalen Erscheinungen, die eine räumliche Veränderung hervorrufen, wie > Tischrücken, > Apporte, > Pendeln, > Rutengehen, > Spukphänomene, > Levitation usw., im Gegensatz zu den geistigen Phänomenen.

Lit.: Moser, Fanny: Das große Buch des Okkultismus: originalgetreue Wiedergabe des zweibändigen Werkes „Okkultismus – Täuschungen und Tatsachen“ / M. e. Geleitwort von Hans Bender. Olten: Walter, 1974.

Bewegungswahrsagung. Zukunftsdeutung durch die spontane unbegründete Bewegung unbelebter Gegenstände. So galt im antiken Rom die Bewegung der in der Regia aufbewahrten heiligen Lanzen des Mars (Livius 40.192) oder der heiligen Schilde (ancilia) als Prodigium (Wunderzeichen), genauso wie wenn die Türen eines Tempels plötzlich aufsprangen (Obsequens 6.67), bei der Götterbewirtung (lectisternium) eine Schüssel hinunterfiel, Waffen auf den Boden sanken oder Mauerzinnen herabstürzten (Schindler, 215).

Ganz allgemein geht es bei B. vornehmlich um spontane Formen des Bewegens, des Umfallens und des auf den Boden-Fallens, wobei gewissen Objekten besondere Bedeutung zugeschrieben wird. Das Fallen eines Bildes von der Wand, das Herabfallen eines Spiegels, einer Uhr oder eines Essbestecks wird meist mit Todesankündigung verbunden. Doch auch das unvermutete Aufhören einer Bewegung gilt als schlimmes Vorzeichen, wie etwa das Stehenbleiben einer Uhr.

Lit.: Obsequentus, Julius: Julii Obsequentis quae supersunt ex libro de Prodigiis, cum animadversionibus Joannis Schefferi, et supplementis Conradi Lycosthenis, curante Francisco Oudendorpio. Lugduni Batavorum: Luchtmans, 1720; Livius, Titus: Des Titus Livius aus Padua Römische Geschichte / Uebersetzt von Georg Christian Maternus von Cilano. … mit einigen Anmerk. begleitet von Georg Christian Adler. Hamburg: Bohn, 1777; Schindler, Heinrich Bruno: Aberglaube des Mittelalters: ein Beitrag zur Culturgeschichte. Neudr. d. Ausg. München-Pasing, Bergstadtverl. Korn, 1858. Wiesbaden: M. Sändig, 1969.

Bewohner der Schwelle, auch „Bewahrer“ oder „Hüter der Schwelle“ genannt, Geistwesen, die die Schwelle besetzt halten. Die Bezeichnung ist eine literarische Erfindung von Sir Edward Bulwer-Lytton in seinem Roman Zanoni für bösartige Geistwesen der Astralebene, die aus dem schlechten Karma früherer Inkarnationen gebildet wurden. Dem jetzigen Menschen zeigen sie sich auf der Astralebene als Kraft aus der Vergangenheit, die überwunden werden muss. Nach H. P. > Blavatsky handelt es sich dabei um gewisse bösartige astrale Doppelgänger.

Diese Geistwesen können aber auch das innere hemmende Selbst versinnbildlichen, das der Einzuweihende oder Eingeweihte zu überschreiten hat, bevor er zu einem höheren Grad fortschreiten kann.

Nach C. G. Jung kann man sie als die personifizierten Schatten bezeichnen. Sie verweisen nicht zuletzt auch auf die verschiedensten Formen von Schwellenangst, die von leichter Angst bis zum psychotischen Angstsyndrom reichen.

Lit.: Bulwer-Lytton, Edward: Zanoni: fantastischer Roman. Hildesheim: Benu-Verl, 2002; Zwischen Schwellenangst und Schwellenzauber: Kasualpredigt als Schwellenkunde / Erich Garhammer … (Hrsg.). München: Don Bosco, 2002; Peurifoy, Reneau Z.: Angst, Panik und Phobien: ein Selbsthilfe-Programm. Aus dem Engl. übers. von Irmela Erckenbrecht. Bern: Huber, 2007.

Bewusstes Sterben. Eine dem Tibetanischen Totenbuch nachempfundene Methode, den Tod als Übergang vom körpergebundenen zum Zustand des körperungebundenen Bewusstseins gezielt und aufmerksam wahrzunehmen. Die tibetische Tradition strebt danach, das Sterben wie das Leben bei vollkommenem Bewusstsein zu erleben. Das im 8. Jh. entstandene Tibetanische Totenbuch, das sogenannte > Bardo Thödol, ähnlich dem > Ägyptischen Totenbuch, stellt einen Führer durch die „Bardos“, die Zwischenstufen zwischen Tod und Wiedergeburt, dar.

Das B. S. wurde Ende der 1980er Jahre insbesondere in den Büchern von Benito F. Rye (1914 – 1992) als Methode erörtert. Für Rye bleibt das persönliche Selbst auch nach dem Tod erhalten. Er rief auch die „Internationale Gesellschaft für Bewusstes Sterben“ (International Association for Conscious Dying) ins Leben, um die Menschen von der Angst vor dem Tod zu befreien. Diese sei durch die materialistische Deutung der Welt entstanden, und es gelte einen Weg zum Sterben in Würde und Weisheit zu finden.

Lit.: Das Tibetanische Totenbuch: aus der englischen Fassung des Lama Kazi Dawa Samdup / Übers. u. eingel. v. Louise Göpfert-March; mit e. psychologischen Kommentar von C. G. Jung. Zürich: Rascher, 1938; Rye, Benito F.: Conscious Dying. Psychology of Death and Guidebook to Liberation. Ojai, Calif.: World Univ. of America (Ojai), 1986.

Bewusstsein (griech. synesis; lat. conscientia, cogitatio, sensus internus, mens; engl. consciousness; franz. conscience), das persönliche Innewerden aller gleichzeitig vorhandenen Vorstellungen und Empfindungen. Im B. spiegelt sich die ganze psychische und geistige Welt mit ihren Phantasie-, Wahrnehmungs- und Denkinhalten samt den begleitenden Empfindungen wider. Der Begriff geht in der Bedeutung vom B. der Dinge der äußeren Wahrnehmung und vom „Gewissen“ als Wissen von den inneren Dingen auf das lateinische conscientia zurück. Descartes blendet den zweiten Aspekt, nämlich den des „Gewissens“, aus. C. F. von Wolff (1679 – 1754) übersetzte dann den conscientia-Begriff von Descartes mit B. und führte ihn so in die deutsche philosophische Terminologie ein.

In der Folge verbanden sich mit der Bezeichnung B. drei Hauptbedeutungen: 1) B. als Bezeichnung der verschiedenen Formen des Erlebens von Etwas, 2) als Bezeichnung der Meinung über dieses Etwas, 3) als Bezeichnung des Wissens um mein eigenes B. im Sinne von Selbstbewusstsein.

Zudem ist beim B. die Bewusstseinstätigkeit vom Bewusstseinsinhalt zu unterscheiden. Stärke und Geschwindigkeit der Bewusstseinstätigkeit sowie Klarheit und Deutlichkeit der Bewusstseinsinhalte bedingen die verschiedenen Formen der Bewusstseinszustände, die von Bewusstlosigkeit (Tiefschlaf, Ohnmacht, Koma) über Bewusstseinstrübung (Benommenheit, Verwirrtheit, Dämmerzustand usw.), > Veränderte Bewusstseinszustände (> Traum, > Trance, > Hypnose, > Luzidität, > Ekstase, > Psychostase und > Pneumostase) bis zum > Protobewusstsein und der > Vigilanz (Wachbewusstsein) reichen.

Die viel diskutierte Frage, ob B. nur körperliche oder auch spirituelle, d. h. nichtkörperliche Aspekte aufweist, ist zumindest dahin entschieden, dass Bewusstseinsinhalte sowie Kreativität und Weisheit rein körperlich nicht erklärt werden können.

Für die Paranormologie wird B. vor allem durch die verschiedensten Formen der Veränderten Bewusstseinszustände interessant, wie > Besessenheit, > Erleuchtung, > Kreativität, > Präkognition, > Intuition, > Meditation, > Kontemplation, > Auditionen, > Visionen, Begegnung mit Verstorbenen und anderen Wesenheiten usw. Schließlich ist das Bewusstsein als solches in seinem vollen Umfang nicht zu erfassen und damit grundsätzlich ein Gegenstand der Paranormologie.

Lit.: Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände. Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990; Bewusstsein und Repräsentation / Frank Esken; Heckmann, Dieter [Hrsg.]; Paderborn [u. a.]: Schöningh, 1998; Edelman, Gerald M.: Gehirn und Geist: wie aus Materie Bewusstsein entsteht. München: C. H. Beck, 2002; Resch, Andreas: Fortleben. Innsbruck: Resch, 2004; Daldorf, Egon: Seele, Geist und Bewusstsein: eine interdisziplinäre Untersuchung zum Leib-Seele-Verhältnis aus alltagspsychologischer und naturwissenschaftlicher Perspektive. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2005; Journal of Consciousness Studies. Imprint Academic. Exeter. UK.

Bewusstsein anorganischer Materie. Viele LSD-Testpersonen beteuern, dass sie das Bewusstsein eines bestimmten anorganischen Stoffes erlebten, am häufigsten von Diamanten, Granit, Gold und Stahl. Angesichts solcher Erfahrungen erwägen Testpersonen, dass das Bewusstsein vielleicht ein kosmisches Grundphänomen sei, das mit der Organisation der Energie zusammenhängt und überall im Weltall vorhanden ist. Diese Erfahrungen des Bewussteins anorganischer Materie könnten ein neues Verständnis des > Animismus und Pantheismus ermöglichen bzw. der Parallelen zwischen geistigen Zuständen und materiellen Substanzen, wie sie in alchemistischen Schriften beschrieben werden.

Lit.: Grof, Stanislav: Topographie des Unbewussten: LSD im Dienst der tiefenpsychologischen Forschung / G. H. Müller [Übers.]. Stuttgart: Klett-Cotta, 1978; Vannini, Claudio: Halluzinogene: Entwicklung der Forschung, 1938 bis in die Gegenwart, Schwerpunkt Schweiz / M. e. Geleitwort v. Christian Scharfetter. Berlin: VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1999.

Bewusstsein der Tiere. Nach den vorliegenden Forschungsergebnissen sei der Beweis erbracht, dass Tiere wie Menschenaffen, Delphine und auch Elstern sich im Spiegel erkennen können und somit ein Selbstbewusstsein haben. Es sei daher notwendig, unterschiedliche Stufen des Bewusstseins zu unterscheiden und dementsprechend Stufen dessen, was man Willen und freien Willen nennt. Donald R. Griffin, Verhaltensphysiologe, Mitentdecker der Echolotung der Fledermäuse sowie Fachmann der Orientierung und des Heimfindevermögens von Tieren, ist jedenfalls vom Bewusstsein bei Tieren überzeugt, wenngleich immer noch offen bleibt, wo im Tierreich Bewusstsein beginnt und welchen Grad es bei einzelnen Tieren einnimmt.

Lit.: Wie Tiere denken (Animal Thinking). Ein Vorstoß ins Bewusstsein d. Tiere. Übers. v. Elisabeth M. Walther. München: BLV, 1985; Griffin, Donald Redfield: Animal Minds. Chicago [etc.]: The University of Chicago Press, cop. 1992; Oeser, Erhard: Das selbstbewusste Gehirn: Perspektiven der Neurophilosophie. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2006.

Bewusstsein, approximatives (lat. approximare, annähern). Von C. G. > Jung geprägter Begriff zur Bezeichnung von bewusstseinsähnlichen Inhalten, die sich zwischen Bewusstem und Unbewusstem bewegen, deren Beziehung zum Ich aber fehlt. Im Traum zeigen sie sich als Lichtfunken (multiple Luminositäten).

Lit.: C. G. Jung: Die Dynamik des Unbewussten. Zürich; Stuttgart: Rascher, 1967 (GW 8).

Bewusstsein, doppeltes, Bewusstseinsspaltung in zwei Teile, die in ihrem Wesen vollkommen verschieden sind (Doppel-Ich) und abwechselnd in Erscheinung treten können, sodass sich zwei Persönlichkeiten begegnen oder sich auch völlig selbständig geben. Jenseits von pathologischen Störungen, Schizophrenie, multipler Persönlichkeit und Hysterie kennt die Paranormologie als Ursache des Doppel-Ich mediale, künstlerische oder religiöse Eingebungen, die für eine bestimmte Zeit als eigenes Ich das gesamte Bewusstsein in Anspruch nehmen, es aber nach Abschluss der Eingebungen wieder störungsfrei in den Normalzustand entlassen – ähnlich wie in der > Hypnose zuweilen ein zweites Bewusstsein erwacht, das nach der Hypnose nicht mehr wirksam ist.

Lit.: Hellberg, E.: Telepathie – Okkulte Kräfte: ein Buch für Uneingeweihte. Prien (Obb.): Anthropos-Verlag, 1922; Hilgard, Ernest R.: Divided Consciousness. Multiple Controls in Human Thought and Action; expanded edition. New York [u. a.]: John Wiley & Sons, 1986.

Bewusstsein, ekstatisches, Identifizierung des Ichbewusstseins mit dem Inhalt einer Erfahrung in einer solchen Intensität, dass es jeden Bezug zu anderen Erfahrungen, Erinnerungen, Vorstellungen und jede Form des Umweltbezugs, zuweilen sogar unter Einschluss des eigenen Körpers, völlig aufgibt. So schreibt die heilige Theresia von Avila:

Wenn der Herr die Seele zur Verzückung erheben will, wird ihr der Atem derart entzogen, dass sie durchaus nicht mehr sprechen kann. Die übrigen Sinne bleiben manchmal noch kurze Zeit frei, manchmal aber werden sie plötzlich alle miteinander entrückt. Es erkalten die Hände und der ganze Leib, so dass es den Anschein hat, die Seele sei entwichen; manchmal merkt man es nicht einmal, ob der Leib noch atmet. Dieser Zustand dauert in einem fort nur eine kurze Zeit. Sobald diese gewaltige Entrückung etwas nachlässt, scheint der Körper wieder einiges Leben zu gewinnen und atmet wieder auf, um aufs neue zu sterben und der Seele ein neues Aufleben zu verschaffen; so währt denn bei all dem diese so große Ekstase nie lange.“ (Die Seelenburg, S. 147 – 148)

Lit.: Johannes vom Kreuz: Lebendige Liebesflamme. Dritter Band der sämtlichen Werke von Johannes vom Kreuz. 3., unveränd. Aufl. München: Kösel, 1952; Die Seelenburg der Heiligen Theresia von Jesu. Fünfter Band der sämtlichen Schriften von Theresia von Jesu. Übersetzt und bearbeitet von Aloysius Alkofer. München; Kempten: Kösel, 1952.

Bewusstsein, erweitertes, gesteigertes sinnliches, soziales und geistiges Erleben, hervorgerufen durch erhöhte persönliche, künstlerische oder religiöse Erfahrung.

Lit.: Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990.

Bewusstsein, holotrophes (griech.: „dem Ganzen zugewandt“), grenzenloses Bewusstsein. Von Stanislav > Grof geprägter Begriff zur Bezeichnung des Bewusstseins, das nicht von der Logik der Vorstellungen des dreidimensionalen Raumes und der linearen Zeit eingeschränkt wird. Dieses Bewusstsein wird ohne die Sinne erfahren und besonders bei durch Halluzinogene hervorgerufenen Rauschzuständen.

Lit.: Grof, Stanislav: Topographie des Unbewussten: LSD im Dienst der tiefenpsychologischen Forschung. Stuttgart: Klett-Cotta, 1978; ders.: Wir wissen mehr als unser Gehirn: die Grenzen des Bewusstseins überschreiten. Dt. Erstausg. Freiburg i. Br.: Herder, 2003. 

Bewusstsein, integrales, allumfassendes
Bewusstein. Von Jean > Gebser geprägter Begriff zur Bezeichnung eines zeitüberschreitenden, relativen, die Gegensätze überwindenden und zur sprunghaften Aktualisierung fähigen Bewussteins, um den Veränderungen Rechnung zu tragen. Nach Gebser verlaufen alle wirklich entscheidenden Entwicklungsprozesse nicht kontinuierlich, sondern stets quantenmäßig (in Sprüngen).

Lit.: Gebser, Jean: Abendländische Wandlung: Abriss d. Ergebnisse moderner Forschung in Physik, Biologie u. Psychologie. Ihre Bedeutung f. Gegenwart u. Zukunft. Zürich: Oprecht, 1945; ders.: Ursprung und Gegenwart. Stuttgart: Deutsche Verl.-Anst, 1966; Lexikon Musiktherapie / hrsg. v. Hans-Helmut Decker-Voigt. Göttingen: Hogrefe, Verl. für Psychologie, 1996.

Bewusstein, kontinuierliches. Das durch den Tod hindurch bestehende Bewusstsein des unsterblichen Personträgers bzw. des Selbst des Menschen. Dieses Bewusstsein, auch Persönlichkeitsbewusstsein genannt, das durch zahlreiche philosophische, theologische und paranormologische Argumente beschrieben und bekräftigt wird, findet die entscheidendste Bestätigung durch Christus selbst, der am Kreuz zum rechten Schächer sagte: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23, 43).

Lit.: Huber, Heinrich: Das kontinuierliche Bewusst-
sein des Menschen. In: Andreas Resch: Fortleben
nach dem Tode. Innsbruck. Resch, 1982, S. 241–276; Resch, Andreas: Fortleben. Innsbruck: Resch, 2004.

Bewusstsein, kosmisches (engl. cosmic consciousness), das spontane Erfahren des harmonischen Eingebundenseins in die Weite des Kosmos. Diese Erfahrung vermittelt das Empfinden einer Zeit und Raum übergreifenden Geborgenheit, ähnlich dem > Samadhi, wie Yogi Paramahansa Yogananda schreibt:

Mein Körper schien zu erstarren, der Atem wich aus meinen Lungen, wie von einem gewaltigen Magnet angezogen; Seele und Bewusstsein verloren sogleich ihre physische Begrenzung und entströmten wie eine Lichtflut jeder Pore. Ich fühlte meinen Körper nicht mehr, obwohl meine im höchsten Grad erregte Wachsamkeit niemals zuvor ein solches Gefühl der Lebensfülle empfunden hatte. Mein Ich war nicht mehr im Körper gebunden, sondern erfasste alles, was mich umgab. Die Leute in den entferntesten Straßen schienen sanft durch mein schrankenlos gewordenes Sein hindurchzugehen. Die Wurzeln der Pflanzen und Bäume offenbarten sich mir in der Tiefe des durchsichtig gewordenen Bodens; ich verfolgte den inneren Fluss ihrer Säfte… .“ (Yogananda, S. 156)

Der Begriff wurde 1901 von Richard Maurice Bucke (1837 – 1902) in seinem gleichnamigen Buch eingeführt. Inspiriert wurde er dazu durch ein Erlebnis 1872, das er folgendermaßen charakterisiert: plötzliches
Auftreten, subjektive Lichterfahrung (inneres Licht), Gemütserhebung, intellektuelle Erleuchtung, Ewigkeitsempfinden, Verlust der Todesangst, Verlust des Sündeempfindens. 

Das K. B. hängt am unmittelbarsten mit dem lebendigen Empfinden des Universums als lebendem System zusammen. Daher wird es in der Heilmusik als Akkord aller Himmelskörper unseres Sonnensystems bezeichnet.

Das K. B. ist von ähnlichen Bewusstseinszuständen der christlichen Mystik zu unterscheiden, weil die christliche Mystik immer den Bezug zu einem Du beinhaltet. Verwandt sind hingegen Bewusstseinsformen wie das > Ozeanische Gefühl und die > Psychostase.

Lit.: Bucke, Richard Maurice: Kosmisches Bewusstsein. Celle: Niels Kampmann, 1925; Yogananda, Paramahansa: Autobiographie eines Yogi / Vorwort von W. Y. Evans-Wentz. München-Planegg: O. W. Barth-Verlag, 1953; Zaehner, Robert C.: Mystik: Harmonie und Dissonanz; die östlichen und westlichen Religionen / M. e. Geleitwort v. Alois M. Haas. Olten; Freiburg i. Br.: Walter, 1980; Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990; Perret, Daniel: Meditative Heilmusik: das umfassende Handbuch über die harmonisierende und heilende Kraft von Klängen, Tonarten, Rhythmen und vielem mehr auf Körper, Spiritualität, Gesundheit und Wohlbefinden. Aitrang: Windpferd, 1998.

Bewusstsein, mystisches. Das spontane Erfahren des Eingebundenseins in die Liebesgemeinschaft des Dreifaltigen Gottes, wobei das B. in höchster Achtsamkeit auf all das ausgerichtet ist, was im Dienste Gottes geschieht (Teresa, 192). Diese Definition des m. B. in der christlichen > Mystik ist von jenen Definitionen zu unterscheiden, die das m. B. als apersonale Erfahrung des Absoluten verstehen, wie etwa der > Buddhismus.

Lit.: Teresa < de Jesús >: Die innere Burg / Teresa von Avila. Hrsg. u. übers. von Fritz Vogelsang. Zürich: Diogenes-Verlag, 1979; Enomiya-Lassalle, Hugo M.: Meditation als Weg zur Gotteserfahrung. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag, 1980.

Bewusstsein, planetarisches. Das spontane Erfahren aller Aspekte unseres Planeten, einschließlich seiner geologischen Substanz, der anorganischen Materien auf seiner Oberfläche und der Gesamtheit der Lebensformen. Diese seltenen Erfahrungen, die in fortgeschrittenen Sitzungen einer LSD-Serie auftraten, weisen den Weg vom planetarischen Zustand zum p. B., der gegangen werden muss, um die gottgegebene Einheit des Paradieses wiederherzustellen, d. h. eine höhere Stufe der Integration und Selbstverwirklichung zu erreichen.

Lit.: Grof, Stanislav: Topographie des Unbewussten. LSD im Dienst der tiefenpsychologischen Forschung. Stuttgart: Klett-Cotta, 1978; Bars, Edda: Der Aufgang des Abendlandes: die Wirklichkeit des Neuen Bewusstseins. Freiburg i. Br.: Aurum, 1988.

Bewusstsein, schamanisches. Von Michael Harner geprägter Begriff zur Bezeichnung der Bewusstseinszustände des > Schamanen bei seiner freien Bewegung zwischen der alltäglichen und nichtalltäglichen Wirklichkeit. „Das könnte man ‚Visualisierung‘, ‚Bilderschau‘ nennen, oder – wie von australischen Eingeborenen ausgedrückt – Benutzung ‚des mächtigen Auges‘ “ (Harner, 77). In dieser Bilderschau erhält der Schamane eine Vision von den Anfängen und dem Ende der Dinge. Kehrt er zum normalen Bewusstseinszustand zurück, setzt seine volle Erinnerung ein und er kann über seine Visionen berichten.

Lit.: Krippner, Stanley: Zwischen Himmel und Erde: spirituelles Heilen der Schamanen, Hexen, Priester und Medien. Originalausg. Dusslingen: Chiron Verlag, 1987; Harner, Michael: Der Weg des Schamanen. Genf: Ariston, 1994; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen: Botanik, Ethnopharmakologie und Anwendung / Mit einem Vorwort von Albert Hofmann. Stuttgart; Aarau, CH: Wiss. Verl.-Ges.; AT Verlag, 1998.

Bewusstsein, somnambules > Somnambulismus.

Bewusstseinsausfall > Absence.

Bewusstseinsentwicklung. Vorstellung von einer phylogenetischen und ontogenetischen Entfaltung des menschlichen Bewusstseins. Das gegenwärtige Bewusstsein der Menschheit ist das Ergebnis eines historischen bzw. persönlichen Prozesses, dessen Stufen und zukünftige Form verschieden dargestellt werden.

Nach Jean > Gebser ist B. phylogenetisch keine Höherentwicklung, sondern ein Weggehen vom Ursprung, wofür er den Begriff „Bewusstseinsmutation“ prägte. Die früheren Bewusstseinsstufen leben als verborgener Besitz im Menschen weiter. Dabei unterscheidet Gebser folgende Bewusstseinsebenen: 1. die archaische, den Urzustand, noch ohne Trennung von Innen und Außen; 2. die magische, den Beginn der Bewusstwerdung im Empfinden der Welt als fremde Kraft, die er aber nicht als Ganzes erfassen kann, sondern durch Beschwörung und Magie in den Griff zu bekommen sucht; 3. die mythische, das Erfassen des Inneren durch Mythen; 4. die geistige oder mentale, die Fähigkeit bewusst zwischen Traum und Wachheit oder mythischer Welt der Seele und Wirklichkeit zu unterscheiden; 5. die integrale und ganzheitliche, die ganzheitliche Welterfassung und Erweiterung der Perspektive.

Demgegenüber versucht Ken > Wilber in Verbindung von neuplatonischer und indischer Philosophie, die B. in ontogenetischer Sicht in acht Stufen, der großen Kette des Seins, als Entwicklung und Rückkehr des Seins in den Urgrund (Höchster Geist), aufzuzeigen: 1. pleromatische oder uroborische Stufe: physische Natur; 2. typhonische oder magische Stufe: Körper; 3. verbale, mythische Stufe: Übergang zum Selbstbewusstsein; 4. rationale, mental-ichhafte, selbstreflexive Stufe: entwickelter Geist; 5. psychische Stufe (schamanisch); 6. subtile Stufe: Übergang zum überbewussten, transpersonalen Sein; 7. kausale Stufe: Dharmakaya, Stufe der vollkommen Erleuchteten; 8. Höchste Einheit: das Absolute. Auf jeder Stufe habe der Mensch den Drang, zur kosmischen Einheit zurückzukehren; dabei muss das Ich den Tod seiner gegenwärtigen Ebene akzeptieren und sie dadurch zur nächsthöheren Stufe transzendieren.

Lit.: Gebser, Jean: Ursprung und Gegenwart. Bd. 1 / Mit 69 Abbildungen im Text und auf 24 Tafeln sowie einer synoptischen Tafel. 2., erg. Aufl. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1966; ders.: Ursprung und Gegenwart. Bd. 2 / Kommentarband. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1966; Wilber, Ken: Das Spektrum des Bewusstseins: ein metapsychologisches Modell des Bewusstseins und der Disziplinen, die es erforschen. München: Scherz, 1987; ders.: Halbzeit der Evolution: der Mensch auf dem Weg vom animalischen zum kosmischen Bewusstsein. Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch-Verl., 1996.

Bewusstseinserweiterung, Erhöhung der Bewusstseinsinhalte und Bewusstseinsformen durch Erfahrungen ganzheitlicher, transpersonaler, medialer und transzendenter Zusammenhänge. Die > Transpersonale Psychologie, das > New Age und verschiedene esoterische Richtungen versuchen damit ein neues spirituelles Bewusstsein zu schaffen, das zugleich Voraussetzung für die erstrebte Transformation der Denk-, Lebens- und Verhaltensstrukturen des Menschen ist.

Die Verfahren zur Herbeiführung der erstrebten B. sind vielfältig und kulturbedingt:

1. pharmakologische Praktiken mit Hilfe von psychoaktiven Drogen (> Haschisch, > Meskalin, > LSD u. a);

2. physiologische Methoden wie > Fasten, > Schlafentzug, > Gesang, > Tanz, > Yoga- und > Atemtechniken;

3. psychologische Methoden wie > Autogenes Training, > Trance ( auch kombiniert mit Trommeln, Singen und Schreien), > Autohypnose, > Luzide Träume, > Ekstase, > Psychostase;

4. spirituelle Erfahrungen in > Meditation, > Visionen (in der Mystik, beim Schamanenflug). In diesen Kontext gehört auch das kosmische Bewusstsein, das > Channeling, der Kontakt mit > Extraterrestrischen und mit planetarischen Sphären, die Verbindung mit > Verstorbenen und anderen transzendenten Wesenheiten.

Der Erlebnishorizont soll sich dabei durch eine neue Perspektive sprunghaft erweitern, wie durch den Aufstieg zur planetarischen oder sogar zur transzendenten Sicht, zur Wirklichkeit jenseits von Raum und Zeit bis über den Tod hinaus oder zurück in die vorgeburtliche Zeit (> Rebirthing). Aus solchen Perspektiven erscheine dann alles in einem neuen Licht, welches das Leben erhellen und das Selbst- und Weltbewusstsein gestaltend erweitern soll.

Lit.: Dürckheim, Karlfried Graf: Überweltliches Leben in der Welt: der Sinn der Mündigkeit. Weilheim / Obb.: O. W. Barth, 1968; Bruns, M.: Durchbruch zur größeren Wirklichkeit: Lebensordnung, Kreativität, Sinn. Konstanz: Bergmann-KG, 1980; Masters, Robert: Bewusstseinserweiterung über Körper und Geist: ein praktisches Übungsbuch / M. e. Vorw. v. Moshe Feldenkrais. München: Goldmann, 1987; Schorsch, Christof: Die New Age-Bewegung: Utopie und Mythos der Neuen Zeit; eine kritische Auseinandersetzung. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1988; Vannini, Claudio: Halluzinogene: Entwicklung der Forschung, 1938 bis in die Gegenwart, Schwerpunkt Schweiz / M. e. Geleitwort v. Christian Scharfetter. Berlin: VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1999.

Bewusstseinsfelder, auch Gedankenfelder. Hypothetische immaterielle Felder geistiger Art (höherer Ordnung), welche die untergeordneten Bio- oder Biogravitationsfelder steuern.

Lit.: Heim, Burkhard: Strukturen der physikalischen Welt und ihrer nichtmateriellen Seite / U. Mitarb. v. Walter Dröscher / M. e. Vorw. v. Andreas Resch. Innsbruck: Resch, 1996; Meckelburg, Ernst: Wir alle sind unsterblich: der Irrtum mit dem Tod. München: Langen Müller, 1997.

Bewusstseinsformen. Vielfalt der Bewusstseinszustände. Da > Bewusstsein als solches in seinem vollen Umfang nicht zu erfassen ist, kann auch über seine Formen nur ein vorläufiger Überblick gegeben werden, der allerdings weit über die empirischen Forschungsansätze hinausreicht. Der umfassendste Ansatz eines solchen Überblicks wurde von Andreas > Resch und Hubert > Larcher mit der Gliederung in Wachzustände, Erhöhte Zustände, Hypnische Zustände und Lethargische Zustände gegeben.

1. Wachzustände

Wachzustände sind Bewusstseinszustände von konzentriertem Um­weltbezug bis zur relativen Umweltvergessenheit mit > Protobewusstsein als Urbewusstsein, > Wachbewusstsein und > Luzidität:

Das Protobewusstsein (Resch) ist der Zustand des Sich-Verlierens in psychische oder geistige Erlebnisformen, verbunden mit Umweltvergessenheit bei weitgehender Wahrung der Erinnerungsfähigkeit an den verlassenen Umweltbezug.

Das Wachbewusstsein (Vigilanz) ist gekennzeichnet durch Umweltbezug, zielgerich­tete Bewegung und Eigenreflexion.

Die Luzidität ist gekennzeichnet durch eine innere geistige Klarheit und ein unmittelbares, z. T. bildhaftes Erfassen von Zusammenhängen und Gegebenheiten.

2. Erhöhte Zustände

Erhöhte Zustände umfassen die Weitung des inneren Bewusstseins bis zum mystischen Einheitserlebnis, nämlich > Ekstase, > Psychostase > Pneumostase und > Glückseligkeit:

Die Ekstase ist Ausdruck der völligen Inanspruchnahme durch einen psychischen oder geistigen Inhalt, der zu einer fast gänzlichen Unbe­weglichkeit, einer Verringerung aller Beziehungsfunktionen, des Blut­kreislaufs und der Atmung führen kann.

Die Psychostase ist ein Zustand völliger psychischer Ruhe in Gestimmt­heit des ozeanischen Gefühls, der sich auf somatischer Ebene wie ein Scheintod zeigen kann.

Die Pneumostase (Resch) ist der Zustand jener geistigen Weitung und Harmonie, der die Höchstform in der > Unio mystica erreicht und körperlich als ek­statischer Tod oder Verklärtheit zum Ausdruck kommen kann.

Die Glückseligkeit weist in ihrer letzten Ausformung bereits über die Zeitspanne und damit über den Tod hinaus und ist gekennzeichnet vom Er­fülltsein der Ewigkeit des eigenen Wertes, das im christlichen Verständnis in der Liebesgemein­schaft mit dem Dreifaltigen Gott seine höchste Ausformung erfährt.

3. Hypnische Zustände

Hypnische Zustände bestehen in der Herabsetzung von Bewusst­seins- und Funktionsfähigkeit, wie bei > Schlaf, > Hypnose und > Biokömese:

Der Schlaf ist ein durch sensorische Hemmung bedingter Zustand herab­gesetzter Bewusstseins- und Funktionsfähigkeit aufgrund von Ermü­dung zur körperlichen, psychischen und geistigen Regeneration.

Die Hypnose ist ein Zustand veränderter Bewusstseinseinstellung, der – vornehmlich nach dem Grad der motorischen Hemmung – von der Per­son selbst (Selbsthypnose) oder von einem Hypnotiseur (Fremdhypno­se) hervorgerufen werden kann.

Die Biokömese (Körperschlaf) bezeichnet die Zustände des verlangsam­ten Lebens, seien diese natürlich (Winterschlaf) oder künstlich (Über­winterung der Warmblüter, Totstellung).

4. Lethargische Zustände

Lethargische Zustände sind gekennzeichnet durch Herabsetzung der Körperfunktionen bis zum irreversiblen Funktionsstillstand, wie bei > Biostase und > Thanatose:

Die Biostase ist der vollständige Stillstand aller Lebensfunktionen, ein Zustand statischen Lebens in Wahrung der Funktionsfähigkeit, die eine Wiederbelebung ermöglicht.

Die Thanatose ist der Zustand des suspendierten Todes oder des Schein­lebens, der Kampf des Soma gegen seine Vernichtung (> Unverweslich­keit).

5. Transite

Zu diesen hier grob aufgezählten B. kommen noch die zahlreichen B. der Transite (Übergangsformen) von einem Zustand zum anderen hinzu, wobei von einzelnen Zuständen nicht direkt zum anderen übergegangen werden kann, wie z. B. von der Hypnose zur Ekstase, weil die beiden Zustände einer völlig entgegengesetzten Steuerung des vegetativen Nervensystems unterliegen (Cigada, 162 – 169). Bei der Hypnose ist das parasympathische, bei der Ekstase hingegen das sympathische Nervensystem tätig.

Lit.: Wehr, Gerhard: C. G. Jung und Rudolf Steiner: Konfrontation und Synopse. Stuttgart: Ernst Klett, 1972; Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990; Birbaumer, N.: Biologische Psychologie. 2., korrig. Aufl. Berlin; [u. a.]: Springer, 1991; Resch, Andreas: Paranormologie und Religion. Innsbruck: Resch, 1997; Bewusstsein und Repräsentation / Frank Esken; Heckmann, Dieter [Hrsg.]. Paderborn: Schöningh, 1998; Cigada, Mario: Valutazione di alcuni parametri fisiologici: I riflessi pupilari e l’attività del sistema neurovegetativo: In: Andreas Resch / Giorgio Gagliardi: I Veggenti di Medjugorje: Ricerca psicofisiologica 1998. Innsbruck, Resch, 2000.

Bewusstseinsforschung. Interdisziplinäre Untersuchung der verschiedenen Bewusstseinszustände. Diese Forschung hat sich in paranormologischer Sicht neben den psychophysiologischen Messungen und statistischen Auswertungen auch mit den inhaltlichen Erlebnisstrukturen und Bedeutsamkeiten zu befassen, wozu auch mediale Durchgaben, > Visionen, > Ekstasen, > Intuition, kreative Erfahrung und > Eingebungen, ja sämtliche > Bewusstseinsformen und Bewusstseinsmodifikationen bis hin zu den > Sterbebettvisionen gehören.

Lit.: Hasse, Gerda: Beweise nachtodlichen Lebens: wissenschaftlich fundierte Ergebnisse der Sterbe- und Bewusstseinsforschung. Oldenburg: Sauer, 1996; Grof, Stanislav: Die Psychologie der Zukunft: Erfahrungen der modernen Bewusstseinsforschung. Wettswil: Ed. Astroterra, 2002; Schuster, Lars: Mens ex machina: technische Modelle in der Bewusstseinsforschung. Frankfurt a. M.: Lang, 2005.

Bewusstseinkoordinaten. Qualitative Dimensionen jenseits von Raum und Zeit, nach Robert > Jahn, Princeton University, auch „weiche Koordinaten“ genannt. In den durch sie festgelegten immateriellen Bereichen können paranormale und paraphysikalische Phänomene in Erscheinung treten.

Lit.: Moser, Franz: Bewusstsein in Raum und Zeit: die Grundlagen einer holistischen Weltauffassung auf wissenschaftlicher Basis. Graz: Leykam, 1989; Meckelburg, Ernst: PSI-Agenten: die Manipulation unseres Bewusstseins. München: Langen Müller, 1994.

Bewusstseinslage. Der durch die Bewusstseinsgegebenheiten in einem bestimmten Moment bedingte Erlebnisstand (Grad der Wachheit, Art der Erwartung oder Enttäuschung, prinzipielle Einstellung u. dgl.). Die Kenntnis der Struktur, Motivation und Äußerungsform der individuellen B. ist für die Klärung persongebundener Paraphänomene von entscheidender Bedeutung, zumal deren Auftreten von speziellen Bewusstseinszuständen und deren Gestimmtheit abhängt, sowohl als Auslösungsfaktor wie auch als Vortäuschungsmotivation.

Lit.: Zahlner, Ferdinand: Kleines Lexikon der Paranormologie. Andreas Resch [Hrsg.]. Abensberg: Josef Kral, 1972.

Bewusstseinspersönlichkeit > Bewusstsein, kontinuierliches.

Bewusstseinschwelle. Grenze, ab der ein nicht bewusster Prozess zu einem bewussten wird.

Lit.: Dorsch Psychologisches Wörterbuch / Friedrich Dorsch; Häcker, Hartmut; Stapf, Kurt H. [Hrsg.]. 12., überarb. u. erw. Aufl. Bern: Hans Huber, 1994.

Bewusstseinsseele > Wesensglieder.

Bewusstseinsspaltung, früher Dementia praecox, Schizophrenie (griech. schizo, gespalten; phren, Geist, Seele), Spaltungsirresein genannt, wird in der Psychopathologie als eine psychische Erkrankung bezeichnet, die zu den sogenannten endogenen Psychosen zählt. Kennzeichnend ist ein Verlust der inneren Struktur der geistigen Persönlichkeit mit Störungen im Bereich der Wahrnehmung, des Erlebens, Fühlens und Denkens, während Bewusstsein und intellektuelle Fähigkeiten in der Regel zunächst nicht beeinträchtigt sind.

Neben diesen pathologischen Erscheinungsformen kennt man im Bereich der Paranormologie auch B. bei kreativen und künstlerischen Eingebungen. So bemerkt Goethe, dass er in einem solchen Zustand, ihm unbewusst, nachts Gedichte auf ein Blatt Papier geschrieben habe, und Napoleon sagt: „Ich war niemals Herr meiner eigenen Regungen, ich war in Wirklichkeit nie ich selbst“ (Schöler, 87). Zu dieser Spaltungsform gehören auch das > automatische Schreiben, Malen und Sprechen.

Neben der doppelten Spaltung hat man auch Fälle einer dreifachen Spaltung festgestellt. So berichtet William > Crookes von einem der > Fox-Geschwister, das automatisch eine Botschaft für einen Anwesenden schrieb und sich mit einem Dritten unterhielt, während durch Klopfen noch eine Botschaft für jemand ganz anderen kam (Moser, 571). Ebenso können beide Hände gleichzeitig verschiedene Botschaften niederschreiben.

Einen besonderen Fall bildet die Ichspaltung unter dem Namen > Léonie, mit dem sich Pierre > Janet befasste.

Völlig anders sind jene Fälle von B., die sich über längere Zeiträume hinziehen. So berichtet der Psychiater Auguste Forel von einem gespaltenen Menschen, der acht Monate hindurch keine Erinnerung an seinen früheren Zustand hatte, in seinem Dämmerzustand aber völlig normal handelte.

Lit.: Schöler, Johannes P.: Blick hinter den Vorhang: der Mensch – ein Doppelwesen. Seines Lebens Ende bedeutet Wende. Aalen / Württ.: Ebertin-Verlag, 1954; Moser, Fanny: Das große Buch des Okkultismus: originalgetreue Wiedergabe des zweibändigen Werkes „Okkultismus – Täuschungen und Tatsachen“ / Mit einem Geleitwort von Hans Bender. Olten: Walter, 1974; Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen DSM-IV [Elektronische Ressource]. Göttingen [u. a.]: Hogrefe, 2000.

Bewusstseinsstörung. Einschränkung der Klarheit des Bewusstseins – von den oberflächlichen Graden des Benommenseins, der mangelnden Wachheit und ungenügenden Orientierung bis zur Bewusstlosigkeit. Eine B. kann durch eine Verschiebung in den Bewusstseinsinhalten (Wahn, Zwangsvorstellungen, Halluzinationen) verursacht werden.

Von diesen pathologischen Störungen sind jene Störungen zu unterscheiden, bei denen kreative und künstlerische Erlebnisse, > Visionen, > Ekstasen und mystische Erfahrungen eine zeitweise Einschränkung bis Ausschaltung des Wachbewusstseins und des Umweltbezugs hervorrufen.

Lit.: Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990; Dissoziative Bewusstseinsstörungen: Theorie, Symptomatik, Therapie; mit 25 Tabellen / hrsg. von Annegret Eckhardt-Henn. Stuttgart: Schattauer, 2004.

Bewusstseinsstrom (engl. stream of consciousness). Von William > James 1890 geprägter Begriff zur Bezeichnung des ununterbrochenen Durchzugs von Bewusstseinsinhalten im Erleben. Dabei gewinnt man u. a. das Empfinden eines willensunabhängigen, fast passiven Geschehens. Es werden nämlich nicht nur Bewusstseinsinhalte direkt und unmittelbar, sondern auch deren ungesteuerte und völlig strukturfreie Assoziationen wiedergegeben. James benutzte den Begriff zur Beschreibung des Romans von Édouard Dujardin, Le lauriers sont coupés (1888). In der Literaturwissenschaft steht B. für eine bestimmte Erzähltechnik, zu deren Erreichen oft auf die Setzung von Satzzeichen oder die Beachtung grammatikalischer Regeln verzichtet wird. In der Philosophie wurde der Begriff B. vor allem von Edmund Husserl und dem Modernismus aufgegriffen.

Paranormologisch ist der B. besonders bei medialen, auditiven und mystischen Erlebnissen zu beachten und von pathologischen Wahrnehmungen zu unterscheiden.

Lit.: James, William: The Principles of Psychology. New York: H. Holt & Co.,1890; Husserl, Edmund: Logische Untersuchungen. Tübingen: Niemeyer, 1968; Gloy, Karen: Bewusstseinstheorien: zur Problematik und Problemgeschichte des Bewusstseins und Selbstbewusstseins. Freiburg i.  Br.; München: Alber, 1998.

Bewusstseinstechniken. Hervorrufen von veränderten > Bewusstseinszuständen durch spezielle Techniken oder Methoden. Derartige Technologien finden sich bei allen Völkern. Die bedeutendsten Methoden sind: 1) Gebrauch psychoaktiver Pflanzen oder Substanzen (> Psychedelika, Entheogene); 2) Einsatz rhythmischer Stimulation (Trommeln, Rasseln, Tanzen, Chanten, Mantren); 3) Kontrolle des Atems (Hyperventilation, > Prana); 4) Einnehmen bestimmter Körperhaltungen (> Yoga); 5) Konzentration auf besondere Gegenstände (Kontemplationsbilder, > Zaubersteine, Kraftobjekte); 6) Imagination und Visualisation (> Meditation, > Tranceübungen, > Klarträume, > Astralprojektionen und > Selbsthypnose).

Nicht selten werden all diese Formen in verschiedenen Zusammensetzungen miteinander kombiniert.

Lit.: Welten des Bewusstseins = Worlds of Consciousness / Hrsg. Europäisches Collegium für Bewusstseinsstudien. Berlin: VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1992; Rätsch, Christian: Schamanische Bewusstseinszustände. In: Andreas Resch: Paranormologie und Religion. Innsbruck: Resch, 1997, S. 39 – 70.

Bewusstseinszustände, veränderte. Psychisch-geistige Zustände, die vom normalen Wachbewusstseins der Selbst- und Umwelterfassung abweichen. Diese Zustände reichen von leichter Konzentration bis zur > Pneumostase, dem All-Einserleben mit Gott, vom konturlosen Erahnen bis zur Klarheit des Evidenzerlebnisses, vom > Tagtraum bis zu mystischen Erfahrungen. Neben der Gliederung in verschiedene > Bewusstseinsformen können die v. B. auch nach dem Grad der Erregung des zentralen Nervensystems, aufgeteilt auf die Bereiche „Wahrnehmung – Meditation“, von normal bis untererregt unterschieden werden, ohne hier auch die psychopathologischen Zustände zu berücksichtigen:

1) Normal (Tagesroutine, Entspannung); 2) erregt (> Sensitivität, > Kreativität: REM-Zustand, > Angst), 3) übererregt (akute hyperphrene Zustände, > Katalepsie; 3) ekstatisch (mystische Entrückung; 4) Ruhe (> Zazen: Delta-Wellen, > Dharma; 5) untererregt (Dhyan, > Savichar Samadhi, > Nirvichar Samadhi).

Es ist hierbei völlig normal, übererregt oder untererregt zu sein. Nur wenn jemand in einem solchen Zustand fixiert bleibt, kann man von Krankhaftigkeit sprechen. So kann die übererregte Augenbewegung während des Traumschlafes zwischen Kreativität und Angst angesiedelt werden, während der Deltawellen-Schlaf als horizontal gegenüberliegend einzustufen ist, nämlich zwischen Zazen und Dharma. Da wir im Schlaf jede Nacht des öfteren zwischen erregten und ruhigen Zuständen wechseln, stehen wir in einem Dialog zwischen dem Ich oder der Welt und dem Selbst – wobei allerdings festzustellen ist, dass das Selbst sich niemals voll kennen und sehen kann.

Die erhöhten Erregungszustände können natürlichen oder künstli­chen Ursprungs sein. So können z. B. größere Gaben von halluzinoge­nen Drogen eine zentrale Erregung hervorrufen und die betreffende Person in Zustände der Angst, der Kreativität und Übererregung versetzen. Ein solcher Trip geht mit einer Verengung der Sensorik und einer Intensivierung innerer Vorstellungserfahrungen einher.

Auf der Wahrnehmungs-Meditationsebene mit Erregungsabnahme finden sich die Zustände von Zazen, des Dharma und Dhyana, wie auch des christlichen Gebets der Einfachheit als Formen der inneren Ent­spannung. Meditation und Gebete entspannen die Muskeln, verlangsa­men den Stoffwechsel und erhöhen den Hautwiderstand. Der zeremo­nielle Verzicht auf Weltbezug durch Zen und Yogapraktiken gipfelt in der Auflösung der Denkprozesse, was als „Nirvichar Samadhi“ bezeich­net wird, ein Zustand völligen Selbstbezugs ohne Gedankeninhalte. Dieser Zustand ist durch extrem niedrige Erregung und niedrigen Stoffwechsel gekennzeichnet.

Je mehr man vom Ich zum Selbst übergeht, um so mehr verlässt man die Raumzeitdimension und steigt in den entmaterialisierten zeitlosen Innenraum ein. Das Universum, das sich in diesen Zuständen auftut, ist durch eine verringerte Aktivität gekennzeichnet.

Lit.: Handbook of States of Consciousness / ed. by Benjamin B. Wolman and Montague Ullman. New York: Van Nostrand Reinhold, 1986; Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990.

Bezauberung (engl. enchantment, aber auch bewitchment), Beeindruckung wie Vereinnahmung. 

Ruft B. beim Gegenüber ein Empfinden überwältigender Bewunderung und des Staunens hervor, so wird z. B. ein Gemälde oder eine Person als bezaubernd bezeichnet, ist man beeindruckt, bewahrt aber die persönliche Entscheidungsfreiheit.

Wird die Person hingegen durch die Beeinflussung so beansprucht, dass die Entscheidungsfreiheit aufgehoben wird, handelt es sich um eine völlige Vereinnahmung. Werden dabei magische Kräfte ins Spiel gebracht, so spricht man von einer B. im eigentlichen Sinn. Diese kann je nach Einstellung zum Nutzen oder zum Schaden sein. > Verzauberung.

Lit.: Resch, Andreas: Paranormologie und Religion. Innsbruck: Resch, 1997.

Bezenac, Johanna, Geheilte von Lourdes. B. wurde 1876 als Johanna Dubos geboren und lebte zur Zeit der Heilung, am 8. August 1904, in Saint-Laurent-des-Bâtons (Frankreich).

Am 4. Oktober 1904 stellte der behandelnde Arzt die vollständige Heilung von Kachexie und Lupus des Gesichtes, wahrscheinlich tuberkulös, fest. Die Heilung erfolgte plötzlich. Am 2. Juli 1908 wurde diese durch Bischof Henri. J. Bougoin von Périgueux als Wunder anerkannt und ist als 29. Wunderheilung von Lourdes eingetragen.

Lit.: Resch, Andreas: Die Wunder von Lourdes. Innsbruck: Resch, 2009.

Béziat, Jean, genannt der „Heiler von Avignonet“, ursprünglich Lehrer an einer Land- und Gartenbauschule, interessierte sich schon frühzeitig für Spiritismus und „Magnetismus“ und wurde 1914 – er wohnte damals in Douai – in einen Prozess gegen einen Naturheilkundigen verwickelt, der mit einem Freispruch endete. Nach dem Ersten Weltkrieg ließ er sich in Avignonet im südlichen Frankreich nieder, wo er gegen seinen Willen von vielen Kranken aufgesucht wurde, die von ihm behandelt werden wollten. Die Folge war, dass er einige Male wegen unbefugten Ausübens der Heilkunde gerichtlich belangt wurde. Am 19. Juni 1925 hielt er im Wagram-Saal in Paris vor viertausend Zuhörern einen Vortrag über seine Heilerfolge; weitere 1500 Interessenten mussten abgewiesen werden. Am Ende des Vortrags beteiligten sich auch Ärzte an der Diskussion, denen er mit Fakten hinreichend antworten konnte.

Lit.: Tenhaeff, W. H. C.: Außergewöhnliche Heilkräfte: Magnetiseure, Sensitive, Gesundbeter. Olten: Walter, 1957.

Beziehungswahn, zwanghafte Beziehung aller in der Umwelt beobachteten Vorgänge auf sich selbst. Ernst Kretschmer bezeichnet mit sensitivem B. eine krankhafte Steigerung des sensitiven Reaktionstypus, die bis zur Paranoia auflaufen kann. Der Wahnkranke ist davon überzeugt, dass bestimmte Ereignisse nur seinetwegen geschehen bzw. dass andere Personen über ihn sprechen oder ihn ausspionieren. > Wahn.

Von diesem Wahn sind jene Beziehungen zu unterscheiden, die als „Offenbarung“ eine Person aus einer beklemmenden Situation holen. So berichtet Ernst > Benz von einer Visionsform, „bei der überhaupt keine Verände­rung des Zustands des Tagesbewusstseins, keine Entraffung, eintritt, sondern in der der betreffende Beobachter mit seinen nor­malen Augen einen normalen Vorgang im normalen Lebensbereich wahrnimmt, ihm aber plötzlich der symbolische Gehalt, der ‚Sinn‘, die tiefere Bedeutung des Geschau­ten klar wird. Was hier vor sich geht, besteht darin, dass spontan ein Sinngehalt eines Vorgangs entdeckt wird, der zu einer wich­tigen Frage des eigenen Lebens des Beob­achters in Beziehung steht; die Entdeckung dieses symbolischen Gehalts und die­ser geheimnisvollen Beziehung des Ge­schauten zu dem eigenen Lebensproblem wird als eine „Offenbarung“ empfunden (Benz, 94). Als Beispiel führt er den Mystiker Heinrich > Seuse an, der in seiner Niedergeschlagenheit über die Verfolgung seiner Mitbrüder im Kreuzgang eines Klosters einen Hund sieht, der mit einem alten Fußtuch spielt. Plötzlich blickt Seuse auf und hört die Worte: „Kann es anders nicht sein, so gib dich darein und, gerade wie sich das Fußtuch schweigend misshandeln lässt, so tu auch Du“ (Benz, 94). Seuse holte sich das Fußtuch und zog es immer hervor, wenn er in Ungeduld auffuhr.

Lit.: Kretschmer, Wolfgang: Der sensitive Beziehungswahn: ein Beitrag zur Paranoiafrage und zur psychiatrischen Charakterlehre. 4., erw. Aufl. / hrsg. von Wolfgang Kretschmer. Berlin [u. a.]: Springer, 1966; Benz, Ernst: Die Vision: Erfahrungsformen und Bilderwelt. Stuttgart: Ernst Klett, 1969.

Bezoar, auch Badezaar, Calculus, Hagerbezaar, Lapiz bazar genannt, ein vornehmlich im Magen oder in den Gedärmen verschiedener Säugetiere sich findender rötlicher Stein, im Allgemeinen ein Konkrement wie ein Gallen- oder Nierenstein. Am längsten bekannt ist der orientalische B., der im Magen der Bezoarziege (auch Paseng genannt) aus Pflanzenresten gebildet wird. Der im Lama vorkommende occidentalische B. besteht überwiegend aus Calcium-Phosphat. Als deutscher B. werden die sogenannten „Gamskugeln“ bezeichnet, die im Wesentlichen aus ineinander verfilzten Fasern und Haaren bestehen.

Der B. gilt als > Zauberstein. Das Wort leitet sich ursprünglich von persisch bad-i-zohr in der Bedeutung von „Giftwind“, „Giftbrise“ im Sinne von Wegwehen des Giftes ab. Er galt nämlich als hochwertiges Mittel gegen Vergiftung und Pest. Zu diesem Zweck wurde er innerlich wie äußerlich angewandt. Die zu > Amuletten verarbeiteten Steine mineralischer oder organischer Natur werden als Schutz gegen böse Geister getragen.

Die > Alchemie bzw. > Chemiatrie leitete davon die Bezoardica ab, eine Gruppe von schweißtreibenden Antimonpräparaten.

Der B. kann angeblich auch aus dem Kopf einer alten Kröte gewonnen werden. So sagt der Herzog in Shakespeares Komödie „Wie es euch gefällt“:

Süß ist die Frucht der Widerwärtigkeit,

Die gleich der Kröte, hässlich und voll Gift,

Ein köstliches Juwel im Haupte trägt.

Lit.: Real-Encyclopädie der gesammten Pharmacie: Handwörterbuch für Apotheker, Ärzte und Medicinalbeamte / hrsg. von Ewald Geissler und Josef Moeller; mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt. Wien [u. a.]: Urban & Schwarzenberg, 1886; Rätsch, Christian: Lexikon der Zaubersteine aus ethnologischer Sicht. Graz: ADEVA, 1989; Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft / Claus Priesner; Figala, Karin [Hrsg.]. München: Beck, 1998.

Bezugsperson. Ein im Zentrum eines paranormalen Geschehens oder Erlebnisses stehender Mensch, auf den sich die entsprechenden Inhalte und Vorgänge beziehen. Die B. ist zu unterscheiden von > Agent und > Zielperson.

Lit.: Zahlner, Ferdinand: Kleines Lexikon der Paranormologie. Andreas Resch [Hrsg.]. Abensberg: Josef Kral, 1972.