Begriffe Ar

Begriffe Ar

Ara, Urgeist in den Schöpfungsmythen der Iban, die zu den Dayak aus Borneo gehören. Am Beginn aller Zeiten schwebten der Sage nach A. und ein anderer Vogelgeist namens > Irik über dem grenzenlosen Urozean und holten schließlich zwei riesige Eier aus dem Wasser. Aus dem einen schuf A. den Himmel, aus dem anderen bildete Irik die Erde. Diese war jedoch zu groß und musste zusammengepresst werden, bis sie passte. So entstanden Berge und Täler, Flüsse, Meere, Hügel und Seen. Die Pflanzen sprossen, und am Ende beschlossen die beiden Götter, den Menschen zu schaffen. Als dieser Versuch mittels Baummark misslang, benutzten sie Erde und hauchten den so geschaffenen Figuren durch ihren Gesang Leben ein.

Lit.: Storm, Rachel: Die Enzyklopädie der östlichen Mythologie: Legenden des Ostens. Reichelsheim: Edition XXL GmbH, 2000.

Arabesken oder Mauresken sind verschlungene, phantastische Rankengewinde, in die als Untergrund häufig arabische Schriftzeichen oder Koranverse einbezogen werden. Heinrich Cornelius > Agrippa von Nettesheim (1486 – 1535) schrieb über die sog. > Kriebenbuchstaben, die durch Zusammenziehen mehrerer Buchstaben in einen gebildet werden, und sagt in diesem Zusammenhang: „Dieses Verfahren ist namentlich bei den Arabern sehr beliebt und es gibt wohl keine Schriftzeichen, die sich so schnell und so zierlich ineinander verschlingen lassen wie die arabischen“ (Magische Werke, III, 174). Pierre Charles Baudelaire (1821 – 1867) nannte die A. sogar die „geistigste Zeichnung“. Die Bektaschi-Derwische (> Bektaschiya) formen aus den arabischen Buchstaben ganze symbolhafte Bilder. Das Betrachten solcher seltsamen Formen soll die Übereinstimmung der Innenwelt mit dem Gestalter des Gebildes bewirken. In der Tat erinnern die A. in ihrer Art an die in Trance erzeugten Ornamente, sodass sich die Frage stellt, ob die Beschauung von A. nicht Trancezustände in den dafür Disponierten hervorrufen könnte. Auf alle Fälle haben A. eine suggestive Wirkung.

Lit.: Heinrich Cornelius Agrippas v. Nettesheim Magische Werke: zum 1.mal vollst. in’s Deutsche übers.; vollst. in 5 Th.; Bdch. 1 – 5 / sammt d. geheimnißvollen Schriften d. Petrus v. Abano, Pictorius v. Villingen [u. a.]. Berlin: Barsdorf, 1916, III, 174; Diez, Ernst: Glaube und Welt des Islam. Stuttgart: Spemann, [1948], 176, 179; Kühnel, Ernst: Die Arabeske: Sinn und Wandlung eines Ornaments. Graz: Verl. für Sammler, 1977.

Arabi, Ibn al (*28.7.1165 Murcia, Spanien, † 16.11.1240 Damaskus, Syrien), gefeierter islamischer Mystiker. Er studierte in Sevilla, wo er sich mit Rechtslehre und Sufi-Dichtung befasste, machte dann um 1201 Reisen in den Osten und ließ sich schließlich in Damaskus nieder. A. verfasste über 200 arabische Schriften. Sein Hauptwerk Mekkanische Offenbarungen enthält eine Darstellung seiner pantheistischen Weltanschauung. Alle Dinge sind in ihrer Wesenheit eine Manifestation der göttlichen Substanz und alle Religionen sind gleichwertig. Im Denken und Vorwissen Gottes sind alle Geschöpfe schon vorhanden, bevor sie überhaupt existieren. Aufgrund dieser Einheit gibt es keine Vereinigung mit Gott (> Unio mystica), da der Mystiker schon Gott ist. Er muss dies nur erkennen. Viele Zeitgenossen verurteilten ihn als Ketzer.

Lit.: Miguel Asín Palacios: El mistico marciano Abnearabi: monografias y documentos. Madrid, 1928; The Encyclopaedia of Islam. Leiden: Brill, 1999.

Arabien, vielleicht das Ursprungsland der Semiten, besteht – abgesehen von ertragsfähigen Randgebieten – in der Hauptsache aus Wüsten und Steppenland. Die Bewohner waren auf das Leben von Nomaden bzw. Halbnomaden angewiesen. Für die vorislamische Kultur war das Stammesbewusstsein die tragende Kraft, die in der Macht der kultischen Sitte zum Ausdruck kam. Den Kult prägten heilige Bäume und Steine. Bäume wurden mit Gaben behängt und Steine mit dem Blut von Tieren, seltener von Menschenopfern, bestrichen. Den Verstorbenen brachte man Haaropfer dar und unternahm zu heiligen Zeiten unter dem Schutz des Gottesfriedens Wallfahrten zu Festen, die mit Märkten verbunden waren. Zum Kult selbst gehörten der Priester (kahin) sowie der „Seher“ zur Erkundung des Willens Gottes und zur Mitteilung der Orakel.

Diese vorislamischen Vorstellungen wurden von Mohammed anerkannt und leben zum Teil bis heute fort (Amulette, Talismane, Wahrsagung). So war die Magie, obwohl zum Teil verboten, für Mohammed und seine Zeit durchaus Realität, die auch im Kult ihren Niederschlag fand. Der Hauptkultmittelpunkt Mekka mit seiner Kaaba, der Behausung des „schwarzen“ und eines weißen Steines, mit dem wunderkräftigen Zamzambrunnen und anderen benachbarten Heiligtümern kann als ein eminenter > Ort der Kraft bezeichnet werden.

Zudem befassten sich die Araber bereits seit dem 8. Jh. mit > Alchemie. Inmitten einer ihnen fremden Kultur nahmen sie sich zuerst derjenigen Wissenschaften und Künste an, an die sie direkt Anschluss fanden und aus denen sie unmittelbar Nutzen ziehen konnten. Das waren neben > Astrologie vor allem Medizin und Alchemie. Allerdings ist die Alchemie nie in das kulturelle Zentrum des Islam vorgedrungen. Sie blieb ein Seitenthema zum eigentlichen Kulturthema, der Religion Mohammeds.

Sicher ist hingegen, dass der arabische Artikel „al“ prägend für die Bezeichnung Alchemie ist, wenngleich das arabische Wort kimija nicht genuin arabisch, sondern ein Lehnwort ist (Schütt, 176). Jedenfalls symbolisiert „al“ den Übergang von der griechisch-ägyptischen Theia techne (göttliche Kunst) zu einem eigenständigen arabischen Unternehmen. Zum Zentrum der arabischen Alchemie wurde Bagdad, das nach dem Sturz der Umayaden und dem Aufstieg der Abbasiden zur Hauptstadt des Kalifats geworden war.

Hingegen ist Jabir ibn Hayyan, auch Dschabir Arabicus genannt, der um die Mitte des 8 Jhs. gelebt haben soll und dessen latinisierter Name > Geber lautet, nicht der mittelalterliche Autor alchemistischer Texte, die als Schriften-Corpus mehr als 500 Titel umfassen, darunter allerdings einige mit nur wenigen Seiten, denn das früheste und wichtigste dieser Werke ist die Summa perfectionis magisterii (Die höchste Vollendung des Meisterwerks), das vermutlich gegen Ende des 13. Jhs. in Latein verfasst wurde.

Im Allgemeinen unterscheiden die arabischen Gelehrten zwischen der > Weißen (tariqua al mahamuda) und der > Schwarzen Magie (tariqua al madnuna). Muhammad Ibn Ishaq an-Nadim (Christa, 144) sagt in seiner zwischen 987 und 1010 verfassten Schrift Fihrist, dass es in beiden Formen um das Dienstbarmachen der Geister geht, vor allem auch durch den Einfluss der göttlichen Namen. Gab sich Ibn Ishaq an-Nadim der Magie gegenüber distanziert, so war Abu Hamid Muhammad > al-Ghazali von der Macht der Zauberei überzeugt, wenngleich er jene Formen der Zauberei ablehnte, die mit Illusionskunst und Talismanherstellung zu tun haben. Zu den angewandten Beschwörungs- und Weissagungstechniken gehören vor allem die > Nekromantie und die > Astralmagie. In der > Mystik spielen die Buchstaben eine wichtige Rolle.

Ab dem 12. Jh. mehren sich die Übersetzungen von über 100 arabischen Schriften ins Lateinische. Auf Geheiß Alfons’ des Weisen wurde 1252 eine Übersetzung des Werkes „Ziel des Weisen“ (Gayat al-hakim) angefertigt, welches die arabischen Quellen als „Handbuch der Magie“ überhaupt bezeichnen. Die Autorschaft ist umstritten, weshalb das Manuskript als > Picatrix des > Pseudo-Magriti in die Literatur eingegangen ist.

Wie im europäischen Mittelalter wächst dann auch bei den Arabern die Tendenz, vielfältiges Material der Verfasserschaft einer griechischen Autorität zuzuschreiben.

Lit.: Jamme, Albert: Le panthéon sud-arabe préislamique d’après le sources èpigraphique. Louvain, 1947; Wellhausen, Julius: Reste arabischen Heidentums: Gesammelt u. erl. Berlin: de Gruyter, 1961; Pseudo-Magriti, Abu-’l-Qasim Maslama Ibn-Ahmad al-: Picatrix: das Ziel des Weisen. Transl. into German from the Arabic by Hellmut Ritter and Martin Plessner. Repr. [der Ausg.] London 1962; Nendeln, 1978; Habiger-Tuczay, Christa: Magie und Magier im Mittelalter. München: Diederichs, 1992, S. 143 – 155; Brockelmann, Carl: Geschichte der arabischen Literatur (GAL). Leiden [u. a.]: Brill, 1996.

Arabische Punkte > Punkte, arabische.

Arachne (griech., „Spinne“), eine Teppichweberin aus Kolophon in Lydien, Tochter des Purpurfärbers Idmon. Das Handwerk lernte sie von > Pallas Athene und wurde darin so geschickt, dass sie die Göttin zum Wettstreit im Weben herausforderte. Athene war über die von A. angefertigten Motive, die allesamt Liebesaffären der Gottheiten darstellten, dermaßen empört, dass sie A. in eine > Spinne verwandelte.

A. ist auch Titel der Athene selbst als Schicksalsspinnerin. Die Vorstellung von den Spinnerinnen, die als Schicksalsgöttinnen den Lebensfaden herstellen und abschneiden, verbindet sich hier mit der Idee, dass die Seele des Menschen nach dem Tod den Körper als Fliege verlässt und hilflos im Netz der Spinne zappelt. Von A. leitet sich die Arachnologie, die zoologische Lehre von der Spinne, ab.

Arachnophilia nennt sich ein in Java programmierter HTML-Editor, der auf fast allen Betriebssystemen eingesetzt werden kann.

Lit.: Welles, Marcia L.: Arachne‘s Tapestry: the Transformation of Myth in Seventeenth-Century Spain. San Antonio, Tex.: Trinity Univ. Pr, 1986; La rete di Arachne: Beiträge zu Antike, EDV und Internet im Rahmen des Projekts „Telemachos“ = Arachnes Netz / Alessandro Cristofori … (Hg.). Stuttgart: Steiner, 2000.

Aradhana (sanskr.) besagt im Hinduismus Liebe und Hingabe zu Gott, verbunden mit dem Wunsch, mit ihm vereint zu werden, insbesondere durch die Wiederholung seines Namens.

Lit.: Fischer-Schreiber, Ingrid / Ehrhard, Franz-Karl /Friedrichs, Kurt / Diener, Michael S. (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Bern u. a.: Scherz, 1986.

Aradia. Aradia or The Gospel of the Witches ist der Titel eines Buches, das der amerikanische Ethnologe Charles Godfrey Leland (1824 – 1903) 1899 veröffentlichte und das 1979 unter dem Titel Aradia, die Lehren der Hexen erstmals auf Deutsch erschien. In diesem Buch berichtet Leland, dass er 1886 in Italien die Bekanntschaft einer italienischen Hexe namens Maddalena gemacht habe, die im Besitz eines alten Dokuments über die Hexenreligion war. Da die Aufzeichnungen sehr kurz und lückenhaft waren, ergänzte sie Leland mit Material, das er in Italien gesammelt hatte. Maddalena verstand es dabei, sich mit ihren Kenntnissen in Szene zu setzen. Ein Teil dieses Materials bildete die Grundlage für moderne Hexenrituale, die als Book of Shadows (Das Buch der Schatten) oder The Gospel of the Witches (Evangelium der Hexen) in der vollständigen Ausgabe 1974 erschienen und vor allem Gerald > Gardner (1884 – 1964) beeinflussten, der den alten Hexenglauben neu beleben wollte.

Den Mittelpunkt dieses Glaubens bildet die Verehrung der > Diana, die schon vor der Schöpfung existierte und mit ihrem Bruder und Sohn Luzifer die Tochter Aradia zeugte (aus lat. ara = Altar und dia = Göttin). Diana lehrte A. die Geheimnisse der Hexerei und schickte sie auf die Erde, damit sie eine Gemeinschaft von Hexen gründe. Als A. die Erde wieder verließ, verpflichtete sie ihre Anhänger, Männer wie Frauen, sich jeden Monat an einem abgelegenen Ort zu versammeln und nackt in Tänzen die Göttin Diana anzubeten.

Lit.: Leland, Charles Godfrey: Aradia: the Gospel of the Witches. With an introd. by Stewart Farrar. Repr. [der Ausg.] London 1899. London: Daniel, 1974; Frick, Karl R. H.: Das Reich Satans: Luzifer / Satan / Teufel und die Mond- und Liebesgöttinnen in ihren lichten und dunklen Aspekten – eine Darstellung ihrer ursprünglichen Wesenheiten in Mythos und Religion. Graz: ADEVA, 1982; Aradia, die Lehren der Hexen: Mythen, Zaubersprüche, Weisheiten, Bilder /  kommentiert von Charles G. Leland. Geretsried: Verl. Magic Shop, 2004.

Araf (arab.), bezeichnet im Koran (Sure 7, 46 – 48) eine Art Zwischenzustand als Trennwand zwischen Paradies und Hölle, ein Fegefeuer im Jenseits, in das jene Menschen kommen, deren gute und böse Taten sich aufheben und ausgleichen. Anders als im Himmel und in der Hölle bleiben sie im Zwischenzustand nur auf Zeit, bis sie – sofern sie gläubig waren – in das Paradies eingehen.
Im > Sufismus steht der Begriff für den Zustand bei der > Meditation.

Lit.: Der Koran: übers. u. eingel. v. Hans Zirker. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2003.

Arafa(t) (arab.), „Berg der Erkenntnis“, muslimischer Pilgerort, eine ca. 19 km von > Mekka entfernte Ebene. Nach der Tradition haben sich Adam und Eva nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies an diesem Ort wiedergetroffen und erkannt (arab. ‘arifa = erkennen). Hier rasten die Pilger am neunten Tag der Pilgerschaft, sprechen die Mittags- und Nachmittagsgebete und hören die Khutba (Predigt).

Lit.: Hughes, Thomas Patrick: Lexikon des Islam. Wiesbaden: Fourier, 1995; Bowker, John (Hg.): Das Oxford-Lexikon d. Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Aragón, Enrique O. (1879 – 1950), mexikanischer Arzt und Rektor der Universidad Nacional Autónoma de México. In der Anwendung wissenschaftlicher Methoden zur Erforschung des Paranormalen folgte er Rudolf > Pagenstecher. Er befasste sich vor allem mit Poltergeistuntersuchungen und der Aufdeckung von Betrug.

Lit.: Berger, Arthur S.: The Encyclopedia of Parapsychology and Psychical Research. New York: Paragon House, 1991.

Aragonit, 1788 nach dem Fundort am Rio Aragon in Spanien benannter Stein, dessen farbliche Erscheinung von farblos, grau, weiß über rosa, gelb, grün bis rotbraun und braun reicht. Der sehr harte und daher nur selten als Edelstein geschliffene Stein gehört zur Mineralklasse der Carbonate.

Der A. gilt als Heilstein und wirkt angeblich ausgleichend auf geistige Entwicklungen ein, die durch Überschnelligkeit und Druck die Balance verloren haben. Sprunghaftigkeit, mangelnde Konzentration und Nervosität soll er positiv beeinflussen. Auf der rein physischen Ebene wirkt er regulierend auf den Calcium-Haushalt und fördert besonders die Elastizität der Bandscheiben. Auch immunstärkende und verdauungsfördernde Wirkung wird dem A. nachgesagt.

Lit.: Gienger, Michael: Lexikon der Heilsteine: von Achat bis Zoisit. Saarbrücken: Neue Erde, 42000.

Arahat, Arhat, Arhan, Rabat (sanskr., „der Wertvolle“), der höchste Rang buddhistischer Heiligkeit, der die höchste Stufe, die des „Nicht-mehr-Lernens“ auf dem überweltlichen Pfad (> Arya-Marga) des > Hinayana, darstellt. Ursprünglich wurde der Begriff allen Asketen verliehen, dann aber auf jene angewandt, die nicht mehr an den Punnabhava („Wiederentstehen“) gebunden und vollkommen von der Dreiwelt der Sinne, Form und Formlosigkeit gelöst sind. Der A. wird als würdevoll, kahlköpfig und mit einem gewissen Ernst dargestellt. In China wurden die A. in die lo-hans (japanisch: rakan) umgewandelt.
Im Verlauf der weiteren Entwicklung zum > Mahayana wird dieses Ideal durch das des > Bodhisattva abgelöst.

Lit.: Horner, I. B.: The Early Buddhist Theory of Man Perfected: a Study of the Arahan Concept and of the Implications of the Aim to Perfection in Religious Life, Traced in Early Canonical and Post-Canonical Pali Literature. Amsterdam: Philo Press, 1975.

Aralez, auch Arlez (von yarlez, „Immerlecker“), mit besonderen Kräften ausgestattete hundeartige mythische Wesen bei den Armeniern. Ihre eigentliche Aufgabe war das Belecken der in der Schlacht verwundeten oder gefallenen Soldaten, um sie zu heilen bzw. zu neuem Leben zu erwecken. Nach dem Volksglauben sind die A. gute Geister in Hundegestalt, die im Himmel leben. Sie gehören zur Gruppe der > Devs.

Lit.: Ishkol-Kerovpian, K.: Mythologie der vorchristlichen Armenier. In: Wörterbuch der Mythologie 4. Stuttgart: Klett-Cotta, 1986.

Arallu oder Aralu bezeichnet in der sumerisch-babylonischen Mythologie die Wohnstätte der Toten, eine finstere, abschreckende Höhle, in die ein Loch vom Erdboden hinabführt. Dort herrscht > Ereskigal mit ihrem Gatten > Nergal. In der babylonischen Mythologie steht über diesem Totenreich die Göttin Allatund.

Lit.: Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag für Sammler, 2004.

Aram, Kurt (1869 – 1934), Pseudonym für Hans Fischer, einen esoterischen Schriftsteller und Verleger, der sich lange im Orient aufgehalten haben soll. Dr. Herbert Fritsche nannte ihn „Historiker und Wesensdeuter der abendländischen Magie“. In seinen Hauptwerken Magie und Zauberei in der alten Welt (1927) und Magie und Mystik in Vergangenheit und Gegenwart (1929) behandelt er babylonischen Dämonenglauben, Totemismus, ägyptischen Tierkult, Osirismagie, Magie des Pentateuch, Mysterienkulte, Neuplatonismus, Gnostik, Spiritismus und Animismus. Seine Interpretationen sind auch heute noch geschätzt.

W.: Magie und Zauberei in der alten Welt. Berlin: Deutsche Buch-Gemeinschaft Gmbh, 1927; Magie und Mystik in Vergangenheit und Gegenwart. Berlin: Albertus-Verlag, 1929.

Lit.: Fritsche, Herbert: August Strindberg, Gustav Meyrink, Kurt Aram: 3 magische Dichter u. Deuter. Prag-Smíchov: V. Neubert & Söhne, 1935.

Aramazd (aus altpers. > Ahura Mazda), in der armenischen Mythologie die höchste Gottheit, Schöpfer des Himmels und der Erde, Vater von > Mihr und > Nanç. Im vorchristlichen Georgien fand er unter dem Namen Aramaz Eingang. Im Verlauf der Hellenisierung wurde A. > Zeus gleichgesetzt. Nach einer Beschreibung trug sein Kultbild einen goldenen Panzer, einen Goldhelm und in der Hand ein funkelndes Schwert.

Lit.: Karst, Joseph: Mythologie Arméno-caucasienne et hétito-asiatique. Répertoire des antiques religions païennes de l‘Asie antérieure septentrionale comparées avec le panthéon chamito-sémitique, Pélasgo-Egéen et Hespéro-atlantique. Strasbourg; Zürich: Heitz, 1948.

Arambha-Vada (sanskr.), eine Theorie, die besagt, dass die Schöpfung auf Kausalität beruht und damit Wirkung einer Ursache ist.

Lit.: Fischer-Schreiber, Ingrid / Ehrhard, Franz-Karl /Friedrichs, Kurt / Diener, Michael S. (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Bern u. a.: Scherz, 1986.

Aranyakas (sanskr., „zum Wald gehörend“) bezeichnen im Hinduismus jene Gruppe von Texten innerhalb des vedischen Schrifttums, die als Hilfsbücher zu den > Brahmanas verfasst wurden, um die geheimen Aspekte der Rituale zu vermitteln, die nur dem fortgeschrittenen Studenten verständlich sind, der in der Abgeschiedenheit des Waldes unterrichtet wird. Sie enthalten mystische Betrachtungen und beschreiben geheimnisvolle Zusammenhänge kosmischer und seelischer Wirkkräfte.

Lit.: Sechzig Upanishad‘s des Veda / aus d. Sanskrit übers. u. mit Einl. u. Anm. vers. von Paul Deussen. [Nachdr. d. Ausg.] Leipzig, Brockhaus, 1897. Bielefeld: Kleine, 1980.

Ararat (hebr. Wort für das alte Urartu), 5165 m hoher Vulkankegel aus Eruptivgestein im Osten der Türkei. Die Türken nennen ihn Agri dagi („Schmerzensberg“), die Armenier Masis, die Perser Kû-i Nuh und die Europäer Ararat. Er ist der höchste Berg der Türkei. Der Gebirgsstock mit einem Umfang von ca. 130 km besteht aus zwei Gipfeln, dem Großen und dem Kleinen Ararat, die durch einen Sattel von 2950 m Höhe voneinander getrennt sind. Seit seinem letzten Ausbruch von 1840 gilt er als erloschen.

Im vorchristlichen Anatolien waren Berge von Anbeginn heilig, galten sie doch selbst als Gottheiten oder als deren Wohnsitze. Dabei nahm der A. aufgrund seiner Gestalt und Lage ein besondere Stellung ein.

Nach armenischer Vorstellung sollen auf dem A. zwei Arten von höheren Wesen ihren Wohnsitz gehabt haben. Die Višapazunk`, die Drachenabkömmlinge, stammen von der Schlangengöttin Anoyš, der Drachenmutter, ab. Sie werden mit Unwettern in Zusammenhang gebracht und wohnen in Palästen hoher Berge, von denen A. der vornehmste ist. Die zweite Gruppe, die Kàjk`, die Berggeister, hausen hingegen in Höhlen und Schluchten.

Auf dem Großen Ararat bzw. in seiner Umgebung soll der Bibel zufolge nach der Sintflut die > Arche Noach gelandet sein: „Am siebzehnten Tag des siebten Monats setzte die Arche im Gebirge Ararat auf“ (Gen 8, 4). Von der Sintflut berichtet übrigens nicht nur die Bibel, auch armenische Legenden sprechen von einer Sintflut, ja selbst das babylonische > Gilgamesch-Epos enthält ähnliche Schilderungen.

Die Vulgata spricht in diesem Zusammenhang von den montes Armeniae, also den „Bergen Armeniens“, was in der Nova Vulgata in montes Ararat, „Berge von Ararat“, korrigiert wurde.

Die Suche nach den Überresten der Arche hat viele Forscher bis auf den A. geführt. Sie stießen tatsächlich auf Holzstücke einer Baumart, die in den Ebenen Mesopotamiens vorkommt, woher auch Noah stammen soll. Sie sollen vor über 4000 Jahren bearbeitet worden sein. Genauere Untersuchungen stehen noch aus.

Lit.: Murad, Friedrich: Ararat und Masis: Studien zur armenischen Altertumskunde und Literatur. Heidelberg: C. Winter, 1901; Lehmann-Haupt, Carl Friedrich: Materialien zur älteren Geschichte Armeniens und Mesopotamiens. Berlin: Weidmann, 1907; Wartke, Ralf-Bernhard: Urartu, das Reich am Ararat. Mainz am Rhein: von Zabern, 21998.

Ararita (hebr.), Gottesname in der Kabbala, der aus den ersten Buchstaben des hebräischen Satzes: Eschad Rosh Achdotoho Rosh Ichudo Temurahzo Echad (AChD RASh AChDWThW RASH YChWDW ThMWRHZW AChD) gebildet wird und in deutscher Übersetzung lautet: Eins ist sein Anfang, eins ist seine Individualität und eins ist sein Wechsel.

In der Magie wird A. als Anrufungsformel benutzt, weltweit bei Hexagramm-Ritualen sowie bei Aleister > Crowley und seinen Anhängern in der Sternsaphir-Zeremonie.

Lit.: Heinrich Cornelius Agrippas v. Nettesheim: Magische Werke: Zum 1.mal vollst. in‘s Deutsche übers.; vollst. in 5 Th.; Bdch. 1 – 5 / sammt d. geheimnißvollen Schriften d. Petrus v. Abano, Pictorius v. Villingen [u. a.]. Berlin: Barsdorf, 1916; Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984. 1. Bd.

Aratos v. Soloi (Aratus), griechischer Dichter des 3. Jhs. v. Chr., Mythograph, Chronist astrologischer Forschungen und Erkenntnisse, der in seinen um 270 verfassten Phainomena (Erscheinungen [des Himmels]), einem in der Antike und im Mittelalter sehr populären Lehrgedicht, den Himmel mit überreichem mythologischem Wissen bevölkert. Sterne und die zwölf Tierkreise sowie Globen und Armillasphären mit den Hauptkreisen der Himmelskugel bilden die Grundlage seines astrologischen Koordinatensystems. Aus dem Studium der Sphäre des Aratos leitete Hipparch die Präzession ab. Die Lehrgedichte zählen zu den Grundaxiomen der modernen Astrologie. Berühmt geworden ist sein Preislied auf den Weltgott Zeus.

Lit.: Aratus <Solensis>: Phainomena: Sternbilder und Wetterzeichen; griech.-dt. / Aratos. Ed. Manfred Erren. Mit 23 Sternkt. von Peter Schimmel. München: Heimeran, 1971.

Aratron (griech.) ist nach dem Zauberbuch Grimoire Arbatel (> Arbatel de Magia Veterum), das um 1550 erstand, der Name eines olympischen Geistes, der über alle saturnischen Aspekte des Universums herrscht und viele außergewöhnliche Eigenschaften besitzt. Er mache Leute unsichtbar, sei ein Meister der Alchemie und der Magie, könne Pflanzen in Steine und Steine in Kostbarkeiten verwandeln. Ihm unterstehen 49 Könige, 35 Präsidenten, 28 Herzöge, 21 Minister, 14 Vertraute und 36.000 Geisterheere.

Lit.: Arbatel de magia veterum: summum Sapientiae studium. Basileae, 1575; Agrippa, Cornelio: La Magia de Arbatel. Barcelona: Siete y Media, Ed, 1980.

Aravatura, Kultheros der Indianerstämme in der Region des Xingu-Flusses in Brasilien. Er fand heraus, was mit dem Geist nach dem Tode geschieht. Als sein Freund gestorben war, suchte er nach ihm und fand ihn, wie er sich zusammen mit anderen Totengeistern zum Kampf gegen Vögel rüstete. Verlor der Geist den Kampf, wurde er von einem großen > Adler verschlungen. Weil A. dies entdeckte, strafte ihn der Tod mit Pestilenzgestank, als er zu den Lebenden zurückkehrte. Doch wurde er von den > Schamanen seines Dorfes geheilt.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Arawn, in der walisischen Mythologie der König der Unterwelt > Annwfn (Annwyn), der > Anderswelt. Er tauscht mit > Pwyll, dem Prinzen von Dyfed, für ein Jahr und einen Tag Gestalt und Aufgaben. Im Herbst, Winter und Frühling reitet er mit seinen weißen Hunden, den „keltischen Höllenhunden“, durch den Himmel. Ihr Bellen wird mit dem Schreien der wandernden Wildgänse identifiziert und ihre Beute sind wandernde Seelen von Menschen, die nach Annwfn gebracht werden.

Lit.: The Mabinogion: from the Welsh of the Llyfr coch o Hergest (The Red Book of Hergest) in the Library of Jesus College, Oxford. London: Quaritch, 1877; Facsimile & Text of the Book of Taliesin. Llanbedrog: N. Wales, 1910 [i. e. 1915]; Maier, Bernhard: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. Stuttgart: Kröner, 1994.

Arba-il (aram.: arba, vier; il, Gott, gleichbedeutend mit Al oder El), vier große Gottheiten, drei männliche und eine weibliche, die jungfräulich, aber reproduktiv ist.

Lit.: Blavatsky, H. P.: Die Geheimlehre: die Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie. Den Haag, NL: J. J. Couvreur, 1899.

Arbatel de Magia Veterum, Name eines Zauberbuches, das um 1550 entstand und zuerst im IV. Buch der Werke des > Agrippa von Nettesheim 1565 unter dem Titel Arbatel de magia seu pneumatica veterum erschien. Die Ausgabe von 1575 in Basel trug den Titel Arbatel de magia veterum. Summum sapientiae studium. 1665 wurde das Werk von Robert Turner ins Englische übersetzt. Von den angeblich ursprünglich neun Teilen ist nur der erste Teil erhalten. Er besteht aus Aphorismen, die eine Einführung in die > Beschwörungsmagie darstellen, die sich der > Weißen Magie verpflichtet weiß. So steht im 36. Aphorismus „Wir aber verwerfen allen Teufelszauber.“

Im A. werden ferner die Eigenschaften einer Reihe von Planetengeistern beschrieben, die später auf astrologischen Medaillen auftauchen, wie > Aratron (Saturn), > Bethor (Jupiter), > Phaleg (Mars), > Och (Sonne), > Hagith (Venus), > Ophiel (Merkur) und > Phul (Mond). Jede dieser kosmischen Mächte herrscht über einen bestimmten Zeitraum der irdischen Geschichte, so Bethor von 60 v. Chr. bis 430 n. Chr., während der Zeitraum ab 1900 von Ophiel regiert wird, der alle merkurischen Ämter beherrscht. Diese Planetenherrscher werden nicht als dezidiert böse Mächte bezeichnet, doch könne die besprochene Magie auch in Richtung des Bösen verwendet werden, wovor man sich hüten solle.

Lit.: Arbatel de magia veterum: summum Sapientiae studium. Basileae, 1575; Agrippa, Cornelio: La Magia de Arbatel. Barcelona: Siete y Media, Ed, 1980.

Arbeit. Dieser Begriff der Arbeitswelt, war bereits in der Urzeit mit religiösen Vorstellungen verbunden. In der > Freimaurerei wurde er zum „Evangelium der Arbeit“ und zum „Erlebnis der Arbeit“. Jede Versammlung zu freimaurerischen Zwecken heißt „Arbeit“. Gemeint ist die Logenarbeit am großen Bau des „Tempel der umfassenden Menschenliebe“ oder „der Humanität“, nachdem der Meister die Kerze auf der „Säule der Weisheit“ entzündet und die Worte gesprochen hat: „Weisheit leite den Bau“. So heißt auch der Terminkalender der gedruckten Veranstaltungen „Arbeitskalender“.

Lit.: Lennhoff, Eugen:  Internationales Freimaurerlexikon / Posner, Oskar; Binder, Dieter A. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Arbeitsverbote. Die Arbeit ist aus religiösen, kultischen und magischen Gründen als Gewinntätigkeit oder als Belastungsform an heiligen Tagen verboten, da sie die Heiligkeit verletzt. So hat es üble Folgen, wenn Sonn- und Feiertage durch Arbeit geschändet werden. Auch nächtliche Arbeit ist untersagt. Wer bei Mondschein arbeitet, dem wird ein Unglück begegnen. Die Arbeit hat auch zu ruhen, wenn ein Toter im Haus liegt. Wann immer aber gearbeitet wird, ist die Arbeit in Gottes Namen zu beenden.

Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Berlin: W. de Gruyter 1987, Bd. I.

Arbogast († ca. 678), heilig (Fest: 21. Juli), fränkischer Einsiedler, wurde um 550 Bischof von Straßburg. Sein Leben ist von vielen Legenden umwoben. So habe er vor seiner Bischofsernennung im Wald von Hagenau zahlreiche Wunder gewirkt, weshalb dieser „Heiliger Forst“ hieß. Zu diesen Wundern zählen die Auferweckung vom Tode eines Sohnes des Merowingerkönigs Dagobert I. (625 – 639), Krankenheilungen, Dämonenaustreibungen, trockenen Fußes über das Wasser gehen, usw.

Lit.: Rapp, Francis: Le diocèse de Strasbourg. Paris: Bouchesne, 1882; Der heilige Arbogast. Achiv für Elsässische Kirchengeschichte 14 (1939 – 40).

Arbor philosophica, Arbor Dianae, Baum der Philosophen, Silberbaum. Bäumchen- und zweigförmige Kristallisationserscheinung aus einer mit Quecksilber versetzten Silbernitratlösung. Diese Erscheinung war für die Alchemisten Symbol und Beweis für die pflanzenhaft sprossende Natur der Metalle. Der Begriff bezeichnet zudem die meist zwölf „alchimistischen Operationen“: Calcinatio, Solutio, Elementorum separatio, Coniunctio, Putrefactio, Coagulatio, Cibatio, Sublimatio, Fermentatio, Exaltatio, Augmentatio, Proiectio, deren Zusammenhang untereinander oft bildlich in Form eines verzweigten Baumes dargestellt wurde.

Lit.: Biedermann, Hans: Handlexikon der magischen Künste: von der Spätantike bis zum 19. Jahrhundert. Graz: ADEVA, 1968.

Arc, Jeanne d’ > Jeanne d’Arc.

Arcanum (lat., Plur. Arcana) bedeutet im klassischen Latein wörtlich „das Geheime“, „das Eingeschlossene“ (arca: Koffer), daher ursprünglich „etwas in einer Kiste oder Truhe Verborgenes“, bezeichnet jedes einzelne Geheimnis im vielgestaltigen System des Universums. Das Wort gewinnt seit der römischen Kaiserzeit besonders für religiöse Sachverhalte wie Gottesgeheimnisse, Kultgeheimnisse und Mysterien Verbreitung (Thesaurus). So übersetzt die Vulgata „unsagbare Worte“ (2 Kor 12, 4) mit „arcana verba“. Die Gesamtheit der Geheimnisse wird auch „Arcana Mundi“ genannt.

In den Mysterienkulten bezeichnet A. alles für Uneingeweihte Unzugängliche. In der > Alchemie und > Chemiatrie bedeutet A. das Geheimpräparat, das > Elixier, den > Stein der Weisen. Zum Schutz der Geheimnisse bedient man sich der > Arkansprache und befolgt die > Arkandisziplin (disciplina arcani), eine Bezeichnung, die als wissenschaftlicher Terminus im 17. Jh. auftaucht, sachlich und sprachlich jedoch spätantik und für die Mysterienwelt von besonderer Bedeutung ist.

> Paracelsus bezeichnet mit A. die den pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Heilmitteln aufgeprägten Heilkräfte, die durch die jeweiligen Signaturen dieser Körper erkennbar werden. Arcana nannte er ferner Präparate, deren Zusammensetzung geheim gehalten wurde.

In der > Spagyrik bezeichnet man mit Arkana sog. Geheimmittel und die immaterielle, verborgene Heilkraft, die sich in den spagyrischen Arzneimitteln zwischen den Polaritäten Gift und Arznei bewegt und sich nur dem Menschen als Arzneimittel mitteilt.

Im > Tarot sind die Karten in das Große Arcanum, die 22 Trumpfkarten, und das Kleine Arcanum sowie die übrigen 56 Karten mit folgenden vier Farben unterteilt: Kelche, Stäbe, Schwerter und Münzen.

Lit.: Keil, Christophorus Henricus: Compendiöses, doch vollkommenes medicinisch-chymisches Handbüchlein, nach der Ordnung des Alphabets verf., worinnen alle 3 Reiche, vegetabile, minerale & animale u. folglich die gantze Materia medica mit enthalten. 9., verb. Aufl. Königsberg; Leipzig: Hartung, 1782; Thesaurus linguae latinae 2. Leipzig: Teubner, 1900 – 1990, S. 435 f.; Biedermann, Hans: Handlexikon der magischen Künste. Bd. 1. Graz: ADEVA, 1986; Hiller, Helmut: Paracelsus-Lexikon. Anger: Anger Verlag Eick, 1996.

Arch (engl., Bogen). Die Form des von zwei Säulen getragenen Bogens, auch als Symbol des Himmels, bekam durch den Schlussstein (key stone), der die Spannung des Bogens erhält, eine besondere freimaurerische Bedeutung. Auf ihrer Symbolik entwickelte sich vor 1743 in Irland und England ein eigentümlicher Hochgrad, der Royal Arch-Degree, der bei der Vereinigung der beiden englischen Großlogen 1813 als weiterer Ausbau des Meistergrades übernommen wurde. Im schottischen Ritus wird der XVII. Grad mitunter auch als „Arch of Salomon“ bezeichnet und im amerikanischen Ritus heißt der VII. Grad „Arch of Zerubabel“.

Lit.: Lennhoff, Eugen:  Internationales Freimaurerlexikon / Posner, Oskar; Binder, Dieter A. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Archai (griech. arché, Anfang), Anfänge, Seinsgrundlagen, Urgründe der Dinge, aus denen sie hervorgehen. Diese Urgründe oder Prinzipien der Dinge nehmen verschiedene Gestalten an. Bald gilt ein bestimmter Stoff, bald der Stoff schlechthin, bald etwas Formales, Geistiges als Prinzip der Dinge. Bei Homer und Thales von Milet ist es das > Wasser, bei Anaximander die > Luft, bei Heraklit das > Feuer, bei Empedokles sind es die > Elemente und bei Demokrit die > Atome. Mit den > Pythagoreern rückt das Formprinzip in den Mittelpunkt, nämlich die > Zahl, bei Plato sind es die > Ideen und die „Materie“, bei Aristoteles Form, Stoff, Ursache und Zweck, die er auch auf zwei, > Form und > Materie zurückführt. Die Stoiker stellen das Tätige und das Leidende an den Ursprung, während Plotin alles aus dem „Einen“ hervorgehen lässt. > Paracelsus bestimmt als Prinzipien der Materie „sulphur, sal und mercur“. Für Talesius gibt es die Prinzipien Wärme und Kälte.

Bei Rudolf > Steiner sind die A. die Geister der Persönlichkeit, auch Urkräfte und Urbeginne genannt, die obersten Wesenheiten der dritten Hierarchie. Sie lenken und formen als Zeitgeister lange Epochen der Menschheitsgeschichte.

Seinsprinzipien sind ferner Gott und die Grundprinzipien von Pantheismus, Materialismus, Spiritualismus, Monismus, Identitätslehre, Dualismus, Materie, Kraft, Sein, Wille und Energie zu nennen.

Lit.: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Histor.-quellenmässig bearb. Hrsg. unter Mitw. d. Kantgesellschaft. 4. völlig neubearb. Aufl. Berlin: E. S. Mittler & Sohn, 1927 – 1930; Steiner, Rudolf: Die Mission einzelner Volksseelen: im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie. [Nach einer vom Autor durchges. Vortragsnachschr. hg. von der Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung]. Dornach / Schweiz: Rudolf Steiner-Verlag, 1994; Dictionary of Deities and Demons in the Bible (DDD) / Karel van der Toorn; Becking, Bob ; Horst, Pieter W. van der [Hg.]; Second extensively revised edition. Leiden, 1999.

Archaisch (griech. arché, Anfang), ursprünglich, altertümlich, auch infantil, im Sinne der Kultur der vorgeschichtlichen Menschen. Der Ausdruck enthält kein Werturteil, sondern verweist nur darauf, dass sich die betreffende Vorstellung bereits in frühen Stadien der Menschheit und auch in alten Mythen findet. C. G. Jung spricht von archaischen Bildern, die in der Tiefe der Person weiterbestehen und in Extremsituationen durchbrechen können.

Lit.: Dacqué, Edgar: Natur und Seele. Ein Beitr. zur magischen Weltlehre. München: R. Oldenbourg, 1928; Jung, C. G.: Zur Psychologie westlicher und östlicher Religion. Zürich; Stuttgart: Rascher, 1963 (C. G. Jung, Gesammelte Werke; 11).

Archaische Religiosität, Bezeichnung der Religiosität von Stämmen und Völkern, die dem Ursprung und Anfang (griech. arché) der religiösen Betätigung näher stehen als die Religiosität der neuzeitlichen Gesellschaft. A. R. wird oft synonym mit primitiver, primaler, elementarer Religiosität, Naturreligiosität und Stammesreligiosität etc. verwendet. Diese Begriffe enthalten jedoch meist eine Wertung in einer ethnozentrisch gedachten Rangordnung.

Die a. R. spiegelt das Bewusstsein des archaischen Menschen wider und ist gekennzeichnet durch Magie, den Glauben, auf die Geister- und Götterwelt durch bestimmte Riten und Mittel einwirken zu können. Sie ist schriftlos, besitzt keinen Stifter und keine feste Lehre. Ihre Weltsicht ist geprägt durch zyklische Naturabläufe. Hinter der Naturerfahrung wird die Wirkmacht einer außerordentlichen Kraft vermutet.

Lit.: Eliade, Mircea: Geschichte der religiösen Ideen: Quellentexte. Übers. u. hg. von Günter Lanczkowski. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, 1981; Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen: Fakten, Hintergründe, Klärungen / Hans Gasper; Müller, Joachim; Valentin, Friederike [Hg.]. Freiburg: Herder, 1990.

Archaisches Denken, urtümliches Denken im magischen Kontext, wie es bei rezenten Naturvölkern noch zu finden ist. Hingegen ist die Definition für das Denken des Frühmenschen, das aus der Sicht der heutigen Zivilisation als primitiver einzustufen ist, sachlich nicht begründet, weil der Frühmensch mit seinem Denken die anstehenden Probleme mit den vorhandenen Mitteln denkerisch vielleicht besser bewältigt hat als der heutige Mensch seine Probleme zu lösen versteht. Aus diesem Grunde ist der Begriff a. D. nach Möglichkeit zu vermeiden.

Lit.: Storch, Alfred: Das archaisch-primitive Erleben und Denken der Schizophrenen. Entwicklungspsycholog. klinische Untersuchungen zum Schizophrenieproblem. Berlin: Julius Springer, 1922.

Archaisches Weltbild, Form der Weltbetrachtung und Welterklärung im magischen Kontext mit Vorstellungen in Analogien und Synthesen.

Lit.: Hallpike, Christopher Robert: Die Grundlagen des primitiven Denkens. München: Klett-Cotta im Dt. Taschenbuch-Verl., 1990.

Archangelika > Angelika.

Archäoastronomie (griech.), junges Forschungsgebiet im Grenzbereich von Archäologie und Astronomie, das sich mit den himmelskundlichen Kenntnissen des Menschen der Vorzeit befasst. Dabei geht es um das Aufzeigen der Einbindung des Menschen in die periodischen Abläufe am Tages- und Nachthimmel, die astronomischen Einflüsse auf tierische Verhaltensweisen, die vermutete astronomische Funktion prähistorischer und archaischer Objekte, wie die Ausrichtung von Gräbern, die Kreisgrabenanlagen, die Denkmäler der Megalithzeit, und um die Kontinuität archaischer Sonnenbeobachtungstechniken in historischer Zeit. > Astroarchäologie.

Lit.: Schlosser, Wolfhard: Sterne und Steine: eine praktische Astronomie der Vorzeit. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1996.

Archäologie, psychologische. Aufspüren archäologischer Gegebenheiten durch Sensitive mittels hellseherischer Erfahrungen und spontaner Eindrücke vor Ort oder auf Entfernung hin, wie auch mittels automatischer Schrift, radiästhetischer Mutung durch Rute und Pendel sowie anderer Techniken. Als Vater der psychologischen Archäologie wird Frederick Bligh > Bond (1864 – 1945) genannt, der durch > automatisches Schreiben die Edgar-Kapelle in der Glastonbury Abtei aus dem 12. Jh. ausfindig machte. Stephan > Ossowiecki (1877 – 1944) und Stanislaw Poniatowski befassten sich von 1935 an mit psychologischer Archäologie. Ihre Angaben wurden später bestätigt. Die Russen bedienten sich der > Wünschelrute. In neuerer Zeit befasste sich Stephan A. Schwartz mit dem Auffinden des Grabes von Alexander. Er gab 11 Sensitiven der USA eine Karte mit der Umgebung von Alexandria in die Hand. An drei Stellen ihrer Angaben führte man Grabungen durch, bei denen Entdeckungen gemacht wurden, die bei Verwendung normaler Techniken nicht zu erwarten waren.

Lit.: Schwartz, Stephan A.: The Secret Vaults of Time: Psychic Archaeology and the Quest for man‘s Beginnings. New York: Grossett & Dunlap, 1978; ders.: The Alexandria Project. New York, N.Y.: Delacorte Press / E. Friede, 1983.

Archäosophie, von Tommaso Palamidessi (1915 – 1983) verwendete Bezeichnung seiner esoterisch-gnostischen Lehre vom „Erlebnis der Mysterien des Heiligen Grals“, der sog. Gralswirklichkeit. Diese sei nördlich von Rom angesiedelt und könne nur von dem erfasst werden, der diese Wirklichkeit unter Beachtung archäosophischer Disziplin mit dem Schwert in der Faust hinter dem Schleier der Symbole der uranfänglichen Mythen verfolgt und der sein Letztes gibt, um sie auf dem Wege der Erfahrung zu erkennen.
Die A. knüpft bei den französischen Tempelrittern und den englischen Gralssagen an, doch befindet sich im Gralskelch nicht das Blut Christi, sondern das Blut des Ritters, der den heiligen Ritus auf der Erde zelebriert. Markanterweise spricht die A. von einem weiblichen Messias, der da kommen soll. Die Suche nach dem Heiligen Gral könnte nach Palamidessi allerdings mehrere Inkarnationen dauern. Wer sich dem Gral unrein nähere, dessen spirituelle Kräfte würden sich in dämonische wandeln.

Zur Verwirklichung dieser Initiation gründete Palamidessi am 29. September 1968 die Archäosophische Gesellschaft als eine freie Schule, die an keine Institution gebunden ist. Aufgabe der Gesellschaft ist es, ihren Freunden und Askesegefährten alle Weisungen zu erteilen, die erforderlich sind, um eine Miliz des Heiligen Grals zu werden. Die Mitglieder müssen daher wie Krieger leben, was dreierlei einschließt: eine heroische Berufung, völlige Selbstbeherrschung und eine asketische Lebensweise.

Lit.: Bartsch, Günter: Archäosophie – das neue Gralsrittertum. In: Materialdienst der EZW (1989) 12, 369 – 371.

Archäus, auch Archaeus bzw. Archeus (griech. arché, Anfang), der Ursprüngliche, der Erste. > Paracelsus prägte den Begriff zur Bezeichnung der feinstofflichen Energie (> Äther), die in allen Wesen und Dingen wirksam ist und ihnen die Form (idea formatrix, formgebende Idee) verleiht. A. ist Lebensgeist, Künstler der Natur oder die verborgene Kraft und Tugend der Natur. Er ist magnetisch und zieht magnetische Kräfte an. Je schwächer und furchtsamer der Mensch ist, umso eher ist er schädlichen magnetischen und kosmischen Kräften ausgesetzt. Hauptsitz des A. sind die Verdauungsorgane, insbesondere der Magen.

Die Zeichen, die der A. setzt, offenbaren die vollkommene Erkenntnis und Beurteilung verborgener Dinge sowie alle geheimen verborgenen Kräfte und Tugenden der Dinge.

In der > Magie und in der > Kabbala ist A. auch der Name der ältesten Gottheit.

Lit.: Leupoldt, Joh. Mich.: Die alte Lehre von den Lebensgeistern: für Freunde der Naturwissenschaft, Heilkunde und Psychologie / historisch-kritisch von Neuem beleuchtet durch Joh. Mich. Leupoldt. Berlin; Leipzig: Reimer, 1824; Paracelsus: De natura Rerum. In: Sämtliche Werke, hrsg. Von Bernhard Aschner, Bd. 3. Jena: Fischer, 1930, S. 219 – 313.

Arche (lat. arca, Kasten) ist die Bezeichnung des kastenförmigen Schiffes, mit dem Noach (> Arche Noach), seine Familie und die Tiere aus den Wassern der Flut gerettet wurden (Gen 6 – 9). So symbolisiert die A. einerseits die Rettung vor dem Untergang, wenn die ganze Welt vernichtet wird. Andererseits ist sie das Mittel, den „Ozean“ zu überqueren, womit die äußere Welt gemeint ist. In der tiefenpsychologischen Symbolik ist die A., ähnlich dem Haus, ein Bild des bergenden Mutterschoßes.

Lit.: Fagan, Brian M. (Hg.): Die siebzig großen Geheimnisse der alten Kulturen. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, 2001, S. 25–29.

Arche Noach (lat. arca, Kasten; hebr. teba), kastenartiges Gebilde mit dem Noach, seine Familie und die Tiere aus der Flut gerettet wurden (Gen 6 – 9). Der Auftrag zum Bau der Arche kam für Noach von Gott:

Mach dir eine Arche aus Zypressenholz! Statte sie mit Kammern aus, und dichte sie innen und außen mit Pech ab! So sollst du die Arche bauen: Dreihundert Ellen lang, fünfzig Ellen breit und dreißig Ellen hoch soll sie sein. Mach der Arche ein Dach, und hebe es genau um eine Elle nach oben an! Den Eingang der Arche bring an der Seite an! Richte ein unteres, ein zweites und ein drittes Stockwerk ein!“ (Gen 6, 14–16)

Setzt man die Elle mit nur 44,5 Zentimeter an (einige sprechen von 56 oder 61 cm), dann wäre die Arche 133,5 Meter lang, 22,3 Meter breit und 13,4 Meter hoch gewesen. Dieses Verhältnis von Länge zu Breite (6 zu 1) wird im Schiffsbau heute noch verwendet. Damit hatte die Arche einen Bruttoraumgehalt von fast 40.000 Kubikmeter.

Noach war der Sohn von Lamech (Gen 5, 28) und der 10. Patriarch. Er starb im Alter von 950 Jahren. Mit Noach endete die Ära der ersten Patriarchen, deren Lebensdauer, mit Ausnahme von > Henoch, weit über 700 Jahre lag.

Nach der Bibel soll die Arche, als die Sintflut vorüber war, auf dem Großen > Ararat bzw. in seiner Umgebung gelandet sein: „Am siebzehnten Tag des siebten Monats setzte die Arche im Gebirge Ararat auf“ (Gen 8, 4). Von der Sintflut berichtet übrigens nicht nur die Bibel, auch armenische Legenden sprechen von einer Sintflut, ja selbst das babylonische > Gilgamesch-Epos enthält ähnliche Schilderungen. Die A. N. wird auch im Koran zweimal erwähnt (Sure 11 und 36).

Die Suche nach den Überresten der Arche hat viele Forscher bis auf den Ararat geführt. Sie stießen tatsächlich auf Holzstücke einer Baumart, die in den Ebenen Mesopotamiens vorkommt, woher auch Noach stammen soll. Sie sollen vor über 4000 Jahren bearbeitet worden sein. Genauere Untersuchungen stehen noch aus.

Im Neuen Testament kommt Jesus bei seinen Aussagen zur Endzeit auf die A. N. zu sprechen:

Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein.“ (Mt 24, 38 – 39)

Paranormologisch gesehen, haben wir es in diesen Berichten nicht nur mit Beschreibungen außergewöhnlicher Ereignisse zu tun, sondern vor allem auch mit Weissagungen und Gestaltungen des Lebens, die über die menschliche Gestaltungskraft hinausgehen.

Lit.: Hohl, Hanna: Die Darstellung der Sintflut und die Gestaltung des Elementaren. Bamberg: Rodenbusch, 1967; Jacob, Benno: The First Book of the Torah, Genesis / trans. with a commentary by B. Jacob. Reprint [der Ausg.] Berlin 1934. New York: KTAV Publ. House, 1974; Langenhorst, Georg: Einblick ins Logbuch der Arche! Noach in der Literatur unserer Zeit. In: Erbe und Auftrag, Jg. 70, 1994, S. 341 – 364.

Archéomètre (griech. archaios und metron, „altes Maß“). 1903 veröffentlichte der Franzose Alexandre Saint-Yves d’Alveydre (1840 – 1909) ein riesiges Werk mit dem Titel L’Archéomètre, das ein Schlüssel zur Messung des Altertümlichen und zur Bestimmung des wirklichen Wertes jedes philosophischen, wissenschaftlichen und religiösen Systems zur Einfügung in den Baum der Wissenschaft oder der Tradition sein soll. Das A. wird durch einen Kreis dargestellt, der zwei Skalen von 0 bis 360 und von 360 bis 0 Grad aufweist und in 12 Bereiche mit je 30 Grad eingeteilt ist. In den einzelnen Bereichen des Kreises finden sich nebst verschiedenen Sternzeichen Gradzahlen, Musiknoten, vor allem Buchstaben der Alphabete unterschiedlicher Sprachen, wie der französischen, syrischen, assyrischen, der samaritanischen, kaldäischen, arabischen und einiger mehr, darunter auch die Buchstaben des heiligen Alphabets. Dieses spiegelt das astrale Alphabet wider und besteht aus 19 Buchstaben nach der Summe der zwölf Tierkreiszeichen und der sieben Planeten.
Das gesamte System des A. besteht aus verschiedenen konzentrischen Zonen von Entsprechungen mit übereinandergelagerten, gleichschenkligen, in einen Kreis eingetragenen Dreiecken, die 12 Spitzen formen, wobei jeder eine bestimmte Farbe zukommt. Das Zentrum bildet Weiß, die Einheit, während außerhalb des Kreises das Schwarze als Absenz von Licht und daher Farbe angenommen wird.

Durch das Drehen der Dreiecke unter Beachtung der einzelnen Entsprechungen und der den Farben zugewiesenen Bedeutungen wird das A. zu einem universellen Kanon (Richtschnur), der die Beziehungen zwischen den astrologischen Zeichen, Tönen, Farben, Düften und Buchstaben aufzeigen soll. Der Schriftsteller kann darin den Toncharakter der Buchstaben und der Musiker die Farbe von Tönen finden. Alle Maßeinheiten lassen sich auf die Grundeinheiten Meter und Kreis zurückführen.

Neben dieser praktischen Anwendung soll das A. auch aufzeigen, dass die Religionen, Künste und die Architektur eine Synthese aus den verschiedenen Bereichen bilden. So versteht sich das A. als Richtschnur bzw. als Grundsatz, der allen Wissenschaften und Künsten der alten Völker zugrunde lag, im Laufe der Zeit aber vergessen wurde.

Lit.: Saint-Yves d’Alveydre: L’archéomètre: clef de toutes religions & de toutes le sciences de l’antiquité. Réforme synthéthetique de tous le arts contemporains. Paris, 1903.

Archer, William (1820 – 1874), australischer Architekt und Botaniker, gilt als der erste Wissenschaftler in der Geschichte der Paranormologie seines Landes, der Experimente im Bereich des Paranormalen durchführte und 1864 in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichte. Er untersuchte das Phänomen des > Tischrückens. Die erzielten Ergebnisse dämpften allerdings für lange Zeit das wissenschaftliche Interesse am Paranormalen.

W.: Archer, William: Observation on Table-Moving. Proceedings of the Royal Society of Tasmania 4 (1864), 86.

Lit.: Irwin, H. J.: Parapsychology in Australia. In: JASPR 82 (1988), 319.

Archetyp (griech. arché, Anfang; typos, Modell, Bild) bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch das Original, das Ur- und Vorbild, das irgendwelchen Nachbildungen zugrunde liegt. Der Ausdruck geht auf griech. archetypon zurück und wurde durch lat. archetypum der Neuzeit vermittelt. Der Begriff wurde auf alle Seinsbereiche angewandt und sowohl von lateinischen als auch von griechischen Autoren verwendet. Den Kirchenvätern war er fast ausnahmslos geläufig.

In der Neuzeit öffnete R. Descartes dem Begriff eine neue Tradition, indem er ihn erkenntnistheoretisch nutzbar machte. Zu jeder Vorstellung (idea) und zu jeder Folge von sich auseinander ableitenden Vorstellungen gehört ein A. Kant unterscheidet den „intellectus ectypus“, den diskursiv denkenden Intellekt, vom „intellectus archetypus“ dem göttlichen, anschaulichen Verstand, und nennt die „aesthetische Idee“ Archetypon.

In der Analytischen Psychologie von Carl Gustav Jung sind die Archetypen die ererbten Kraftzentren und Kraftfelder in der von uns unabhängigen und unbeeinflussbaren Kontinuität und Ordnung des Unbewussten, also jene urtümlichen Typen kollektiv-unbewusster Inhalte, die als allgemeine Bilder seit alters vorhanden sind. Jung hat den Begriff dem Corpus Hermeticum (II, 140, 22), der Schrift des Dionysius Aeropagita, De divinis nominibus (cap. 2, par. 6), und vor allem den ideae principales und innatae des hl. Augustinus (De diversis questionibus 83, qu. 46, 2) entnommen.

Ausdruck der Archetypen ist eine Fülle von Symbolen, die im Mythus, im Märchen, in Träumen, in der Kunst, in Religion, in Produkten der Kultur, in der individuellen und kollektiven Erfahrung ihren Niederschlag finden. Die letzte Bedeutung der Archetypen lässt sich nur beschreiben, nicht aber deuten, weil sie der Form nach dem kollektiven Unbewussten angehören.

Die Archetypen sind, wie es scheint, nicht nur Einprägungen immer wiederholter typischer Erfahrungen, sondern zugleich auch verhalten sie sich wie Kräfte oder Tendenzen zur Wiederholung derselben Erfahrungen. Immer nämlich wenn der Archetypus im Traum, in der Phantasie oder im Leben erscheint, bringt er einen besonderen ,Einfluss‘ oder eine Kraft mit sich, vermöge welcher er numinos, resp. faszinierend zum Handeln antreibend wirkt.“ (C. G. Jung, GW 7, §109)

Lit.: Thesaurus linguae latinae. Leipzig: Teubner, 1900 – 1906, II, 435 ff.; Jung, C. G.: Zwei Schriften über Analytische Psychologie. Zürich; Stuttgart: Rascher, 1964 (C. G. Jung, Gesammelte Werke; 7), S. 75; Hermetica: the Ancient Greek and Latin Writings Which Contain Religious or Philosophic Teachings Ascribed to Hermes Trismegistus. Boston: Shambala, 1985; Kant, Immanuel: Gesammelte Schriften / hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin: de Gruyter, 5, 322; Jung, C. G.: Die Archetypen und das Kollektive Unbewusste. Zürich; Düsseldorf: Walter, 91996. (C. G. Jung Gesammelte Werke; 9 / 1).

Archetypische Bilder > Archetypisches Erlebnis.

Archetypische Träume, die eigene Lebensgeschichte übergreifende Traumvorstellungen mit faszinierender Wirkung durch Bilder und Symbole aus Mythen, Märchen, Religionen und anderen überpersönlichen Überlieferungen der Menschheit. Solche Träume sind auch bei Kindern feststellbar.

Im Unterschied zu den Träumen, die in der persönlichen Lebensgeschichte einen konkreten „Sitz im Leben“ haben, sind die a. T. überpersönlicher Natur und können daher auch nicht über die persönlichen Lebenserfahrungen gedeutet werden.

Lit.: Jung, C. G.: Die Dynamik des Unbewussten. Zürich; Stuttga t: Rascher, 1967 (C. G. Jung, Gesammelte Werke; 8).

Archetypischer Mensch. Nach esoterischer Lehre wird das potentielle Evolutionsschema der göttlichen Manifestation in der Welt und im Menschen archetypischer Mensch oder Weltseele genannt und als göttliches Leben im Sonnensystem betrachtet. Innerhalb dieses Evolutionsschemas steht der archetypische Mensch nach göttlichem und spirituellem Plan im Reich der Liebe und der Weisheit im Gegensatz zum natürlichen Menschen, der sich nach Mental-, Astral- und psychischem Plan im Reich der Ursachen, Begierden und Wirkungen befindet.

Lit.: Miers, Horst E.: Lexikon des Geheimwissens. München: Goldmann, 1979.

Archetypisches Erlebnis, allgemeine Erfahrung, die Menschen zu allen Zeiten und an allen Orten erleben, wie z. B. der alte Weise, die Große Mutter, der Held, der Schatten. Ein a. E. ist Ausdruck des kollektiven Unbewussten.

Lit.: Jung, C. G.: Die Archetypen und das Kollektive Unbewußte. Zürich; Düsseldorf: Walter, 91996 (C. G. Jung, Gesammelte Werke; 9 / 1).

Archetypisierung, Erhebung eines historischen Ereignisses in das Heroisch-Mythische. Eine solche A. sieht man in der Entwicklung der germanischen Heldensage aus dem Heroenkult, wie etwa Siegfrieds Drachenkampf als Symbol für die Schlacht im Teutoburgerwald mit einer besonderen > Hirschsymbolik. Der Gegenpol zur A. ist die > Entmythisierung.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg i. Br.: Herder, 2002.

Archeus > Archäus.

Archidoxis (griech. arché, Anfang; doxa, Lehre) – Urweisheit, Erzweisheit oder Tiefste aller Weisheiten – ist der Titel einer Schrift des > Paracelsus, mit 9 Büchern.

Darin werden u. a. 10 Arten der chemischen Scheidung aufgezählt, und zwar die der Metalle, der Markasite, der Steine, der Öle, der Harze, der Kräuter, des Fleisches, der Säfte, der Glasarten und der festen Stoffe. Bei der Scheidung der Elemente werden die drei Wege Destillation, Kalzination und Sublimation genannt. Auf diesem Weg lassen sich Arzneimittel für die verschiedensten Krankheiten herstellen, wie etwa Riechstoffe gegen Epilepsie, Anodinum bei Pest und Krebs, Schwitz- und Blutreinigungsmittel sowie Elexiere, die als innere Erhalter des Körpers in seinem Wesen bezeichnet werden. Ein eigenes Kapitel handelt über äußere Heilmittel und die unblutige Chirurgie.

Lit.: Aschner, Bernhard: Paracelsus: Sämtliche Werke; nach der 10-bändigen Huserschen Gesamtausgabe (1589 – 1591) zum erstenmal in neuzeitliches Deutsch übersetzt / M. Einleit., Biogr., Literaturang. u. erklär. Anmerk. versehen. 1. Aufl., fotomechan. Neudr. d. Orig.ausg. 1926 – 32. Anger: Anger-Verlag Eick, 1993, Bd. 3, S. 1 – 87.

Archidoxis Magica (griech. arché, Anfang; doxa, Lehre) – magische Urweisheit, Erzweisheit oder Tiefste aller magischen Weisheiten – ist der Titel einer Schrift, deren Autorschaft nicht mit voller Sicherheit auf > Paracelsus zurückgeführt werden kann. Vor allem das Buch über die Herstellung des Spiegels lässt Zweifel aufkommen. Im Übrigen entsprechen die Ausführungen seiner Denkart. Darin wird hauptsächlich über die Herstellung von aus Metallen bereiteten Amuletten gegen verschiedene Krankheiten berichtet. Im Einzelnen tragen die 7 Bücher folgende Überschriften: Ueber Siegel (Amulette) und Charaktere (Symbole) gegen einige schwerere Krankheiten – Ueber die Siegel der 12 Zeichen des Tierkreises und ihre Kräfte – Ueber Symbole, welche einige Lebewesen speziell betreffen – Ueber die Verwandlung der Metalle, entsprechend dem Lauf der Gestirne – Ueber die Herstellung des Spiegels – Ueber die Zusammensetzung der Metalle oder über das Electrum Magicum – Ueber die 7 Siegel der Planeten.

Lit.: Aschner, Bernhard: Paracelsus: Sämtliche Werke; nach der 10-bändigen Huserschen Gesamtausgabe (1589 – 1591) zum erstenmal in neuzeitliches Deutsch übersetzt / M. Einleit., Biogr., Literaturang. u. erklär. Anmerk. versehen. 1. Aufl., fotomechan. Neudr. d. Orig.ausg. 1926 – 32. Anger: Anger-Verlag Eick, 1993, Bd. 4, S. 841– 962.

Archivio di Documentazione Storica della Ricerca Psichica (Archiv für geschichtliche Dokumentation der Psychischen Forschung).

Das Archiv verstand sich als gemeinnütziger Verein, der zur Verwaltung des bibliographischen Erbes entstand, welches Ernesto > Bozzano (1862 – 1943) seit 1891 gesammelt hatte und das von Gastone > De Boni (1908 – 1986) fortgeführt wurde. Beide befassten sich mit Fragen des Paranormalen. Am 1. Januar 1985 wurde in der parapsychologischen Zeitschrift Luce e Ombra (Nr. 1 von 1985) die Biblioteca Bozzano-De Boni vorgestellt.

1995 wurde zur Unterstützung des Archivs die Fondazione Biblioteca Bozzano-De Boni ins Leben gerufen, die dann als gemeinnütziger Verein vom Archiv die Bibliothek übernahm. Im Juni 1999 wurde das Archiv auf Vorschlag des Präsidenten, Silvio Ravaldini, schließlich aufgelöst. Die Mitglieder des Archivs wurden in die > Fondazione Biblioteca Bozzano-De Boni aufgenommen, deren offizielles Organ die Zeitschrift > Luce e Ombra ist.

Lit.: Luce e Ombra. Rivista trimestrale di parapsicologia e dei problemi connessi. Organo della Fondazione Biblioteca Bozzano-De Boni. Bologna / Italien.

Archon (griech. archon, Herrscher, Plur. Archonten), wird in der Antike, unabhängig von seiner Funktion, jemand genannt, der Macht oder Autorität besitzt. Im weltlichen Bereich sind Archonten Beamte aller Art, auch als leitendes Gremium der Stadt (Archontat in Athen). Religiös sind A. zunächst himmlische Aufseher (Dan 10, 13). Zunehmend werden Archonten dann zu bösen Geistern als Widersacher Gottes, wiederum angeführt von einem A. (Mt 12, 24; Joh 12, 31).

Daran anknüpfend nennt die Gnosis den Demiurgen A. und seine Helfer Archonten. Die > Kabbala kennt den „großen A.“, der den Namen Shamshiel trägt. Die > Ophiten, eine gnostische Sekte, verehrten A. als Jaldabaoth, Jao, Sabaoth, Adonaois, Astranphaioos, Ailoaios und Oraios. Andere gnostische Sekten nennen sie Saklas, Seth usw. In den Zauberpapyri finden sich die Namen Uriel, Michael, Raphael, Gabriel und Shamuil.

Lit.: Leisegang: Hans: Die Gnosis. Stuttgart: Kröner, 41955; Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.

Archontiker (griech.) nennt Epiphanios (310 / 20 – 403, Haer. 40, 5) eine den > Sethianern, > Ophiten, > Audianern u. a. verwandte gnostische Sekte des 3. und 4. Jhs. Die A. nahmen 7 Himmel unter Leitung je eines > Archon an, über denen im 8. Himmel die lichtvolle Mutter (Photeine) thront. Vom Archon im 7. Himmel, dem Sabaoth (Judengott), stammt der Teufel, der aus Eva Kain und Abel zeugte. Erst Seth war der Sohn Adams und Evas. Als Inkarnation Jesu (Scheinleib) wird Seth zum Erlöser der Welt, der die Seele die Passworte für den Aufstieg lehrt. Die A. verwarfen die Sakramente und den Glauben an die Auferstehung. Die Bewegung wurde von dem Anachoreten Petros in Palästina und seinem Schüler Eutaktos in Armenien verbreitet.

Lit.: Epiphanios von Salamis , Haer. = Panarion (Adversus haereses), ed. K. Holl, Epiphanius, Bände 1 – 3, Ancoratus und Panarion, GCS 25, 31, 37. Leipzig: Hinrichs, 1915 – 33; Leisegang: Hans: Die Gnosis. Stuttgart: Kröner, 41955.

Ardhanari (sanskr., halb weiblich). Die androgyne Form einer Hindugottheit, insbesondere von > Shiva als Ardhanarisvara, „der Herr, der zur Hälfte eine Frau ist“. In der Malerei oder Skulptur wird A. auf der linken Seite mit dem Körper einer Frau und auf der rechten Seite als männlich dargestellt. Diese Einheit des Männlichen und Weiblichen ist zum einen Abbild erotischen Begehrens (Kama) und göttlicher Schöpferkraft, zum andern ein Abbild der Ausgeglichenheit von männlich und weiblich innerhalb des transzendenten, impersonalen > Brahman. Im > Tantrismus soll diese Einheit durch verschiedene Techniken (sexuelle und nichtsexuelle) zur Erleuchtung und Glückseligkeit führen. Obwohl Shiva die bekannteste Form des A. ist, werden auch > Vishnu, > Krishna und andere genannt.

Lit.: Bowker, John (Hg.): Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999; Körbel, Thomas: Hermeneutik der Esoterik: eine Phänomenologie des Kartenspiels Tarot als Beitrag zum Verständnis von Parareligiosität. Münster: LIT, 2001.

Arduina, gallische Lokalgöttin, nach der die Ardennen benannt sind. Sie war eine Jagdgöttin, nach der interpretatio romana der > Diana entsprechend. Ihr heiliges Tier war der Eber.

Lit.: Krüger, E.: Diana Arduinna. Germania 1 / 1917.

Ardvi > Anahita.

A. R. E. > Association for Research and Enlightenment.

Aredivi Sura Anahita (awest., „die Feuchte“, „die Unbefleckte“, „Heldin“), altiranische Göttin des Wassers und der Fruchtbarkeit. Sie bewirkt, dass sich die Wasser in Seen und Flüsse ergießen, sorgt bei den Frauen für den Keim im weiblichen Schoß und für den nötigen Vorrat an Milch in den Brüsten. Den Männern schenkt sie genügend Samenflüssigkeit.

Dementsprechend ist ihre Darstellung. Sie trägt eine hohe Krone und vor den Brüsten als Symbol der Fruchtbarkeit eine Blüte des Granatapfels. Ihre Tiere sind die Taube und der Pfau und ihr Fest ist der 10. eines jeden Monats. > Anahit, > Anath.

Lit.: Windischmann, Friedrich H. H.: Die persische Anahita oder Anaitis: ein Beitrag zur Mythengeschichte des Orients. München: Verl. d. K. Akademie, 1858.

Areion, ein Zauberpferd, das sogar sprechen konnte. A. galt als Sohn von > Poseidon und > Demeter. Er rettete dem > Adrastos vor Theben das Leben.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg i. Br.: Herder, 2002.

Areopag (griech. areios, Mars; pagos, Berg, der Areshügel oder Marshügel), ein Kalksteinhügel der Akropolis von Athen, auf dem im Altertum der nach ihm benannte Adelsrat tagte. Dieser war ursprünglich Zentralbehörde des Staates und Staatsgerichtshofs. Ab 462 / 461 v. Chr. war er nur mehr für die Blutgerichtsbarkeit (Todesurteile) zuständig. Der Sage nach soll > Ares der Erste gewesen sein, der auf dem Areopag wegen des Mordes an > Halirrhothios vor Gericht stand.

Auf dem Areopag hielt Paulus seine berühmte Rede vom Unbekannten Gott (Apg. 17, 19 – 31).

In der > Freimaurerei heißt die Werkstätte des XXX. Grades Areopag.

Lit.: Dibelius, Martin: Paulus auf dem Areopag. Heidelberg: Carl Winter, 1939; Lennhoff, Eugen / Posner, Oskar / Binder, Dieter A.:  Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Ares, Gott aus der griechischen Mythologie, der ursprünglich von thrakischen, „barbarischen“ Stämmen verehrt wurde. Sein Name wurde mit „der Schreier“, „der Ungestüme“ oder mit „Schädiger, Strafer, Rächer“ übersetzt (DNP), was bereits seine Natur einer dämonischen Schadensmacht durchscheinen lässt. Er ist der Sohn von > Zeus und > Hera und der legitime Partner der > Aphrodite, mit der er die ganz ihrer Mutter entsprechende Tochter > Harmonia zeugt. Zusammen mit Oretre hat A. aber noch eine andere Tochter, Penthesileia, die zur Fürstin der > Amazonen wird. Bisweilen wird A. auch als der Vater aller Amazonen bezeichnet. Seine beiden Schwestern Eileithya und Hebe verkörpern Geburt und Jugendschönheit, während A. für den oft gewaltsam hervorgerufenen Tod steht. Mit seiner Schwester Eris, der Personifikation des Streites, verbindet A. die kriegerische Natur. A. ist ein Schlachtdämon, ein Gott der Gewalt, des Kampfes und des Krieges. Nichts Unehrenhaftes ist ihm fremd. Grausamkeit, Kampfwut, Schamlosigkeit, Feigheit, Betrug und Ehebruch zeichnen den dämonischen Charakter des blutrünstigen Unheilstifters, des meist Gehassten unter den 12 olympischen Göttern aus. Der ungezügelte, unstete und würdelose Gott kennt weder Gesetz noch Maß. Eine gewaltige Lanze und ein goldgeschirrtes Pferdegespann sind die Kennzeichen des Menschenschlächters, des einzigen Gottes, der sich dazu herablässt, Sterbliche von eigener Hand zu töten. Die Konfrontation des wilden, ungestümen A. mit der edlen, überlegenen, durch klaren Verstand ausgezeichneten > Athena, gegen die A. ständige Niederlagen einsteckt, spiegelt die Einstellung der Griechen gegenüber der rohen Kriegsführung ausländischer Völker wider. In den Augen der Griechen bleibt A. ein fremder, grausamer und unheimlicher Dämon.
Dies sind die schrecklichen Züge der alten thrakischen Gottheit, die in die Nationalmythologie eingeflossen sind. Die ursprünglich edlen Seiten des A. als eines Schirmers des > Olymp, Helfers der
Themis und Führers der gerechtesten Männer, der Frieden stiftet und Leidenschaften beruhigt, überlebten nur in den Vorstellungen der adeligen thrakischen Familien.

Weiter wird A., der nicht nur Amazonenvater ist, sondern auch mit diversen Frauen aus der Unterwelt, wie Aglauros und Erinys Tilphossa, in Kontakt kommt, als Theòs Gynaikõn, als „Gott der Frauen“, beschrieben. Seine Nähe zu unterirdischen Sphären lässt ihn ferner im Licht einer erdhaften, chthonischen Gottheit erscheinen, woran sich die Übersetzung seines Namens als „Befruchter“ knüpft (DKP).

Geheiligte Pflanzen des A. sind das Gras und der > Granatapfel, während zu den geheiligten Tieren > Schlange, > Drache, > Geier, > Wolf, > Schwan und > Hahn zählen.

Als Planet wird > Mars, die römische Entsprechung des A., zuerst bei > Platon erwähnt (Epinomis 987c). In der > Astrologie wird neben der an die klassische Mythologie anknüpfenden Deutung noch eine weitere, meist vergessene Seite des seuchenbringenden Gottes lebendig, nämlich seine Schutzfunktion für die ärztliche Kunst.

Zu den 217 v. Chr. in Rom eingeführten sechs griechischen Götterpaaren gehörten A. (röm. Mars) und Aphrodite (röm. Venus).

Lit.: Paulys Real-Encyclopädie. Hg. v. G. Wissowa u. a. Stuttgart, 1894 ff., Bd. 2 1896; DKP = Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike. Auf der Grundlage von Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Hg. v. Konrad Ziegler u. Walther Sontheimer, 5 Bde. Stuttgart: Alfred Druckenmüller, 1964 – 1975; Waldenfels, Hans (Hg.): Lexikon der Religionen. Begründet von Franz König unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter. Freiburg u. a.: Herder, 1987; DNP = Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Hg. v. Hubert Cancik u. Helmuth Schneider, Bd. 1 ff. Stuttgart; Weimar: J. B. Metzler, 1996 ff.

Aretalogie (griech. arete, Verdienst), Liste der wunderbaren Taten, welche die besonderen Kräfte und Leistungen der einzelnen Götter erbrachten. Die Liste musste so vollständig wie möglich sein, denn die Auslassung eines Attributs, auf das der Gott vielleicht besonders stolz war, konnte schlimme Folgen haben. Diese Listen wurden von Aretalogen im Tempel vorgelesen. Die in den Listen genannten Wundertaten sind aus paranormologischer Sicht nicht allein phantastische poetische Erfindungen, sondern bilden auch den Versuch, Paranormales in das Weltbild zu integrieren, dem die Existenz von Gottheiten bedeutsam war.

Lit.: Weinreich, Otto: Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial u. Apuleius. Heidelberg: Carl Winter, 1931; Luck, Georg: Magie und andere Geheimlehren in der Antike: mit 112 neu übersetzten und einzeln kommentierten Quellentexten. Stuttgart: Kröner, 1990.

Arethusa (griech.), griechische Nymphe und Begleiterin der > Artemis. Als sie sich der Verfolgung durch den Flussgott > Alpheios entziehen wollte, verwandelte Artemis sie in eine Quelle auf der Insel Ortygia in der Nähe von Syrakus.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg i. Br.: Herder, 2002.

Aretia, in der armenischen Mythologie die als göttlich verehrte Erde, die als Gemahlin des Noah (an sich alttestamentlich) und als Mutter aller Lebewesen galt.

Lit.: Karst, Joseph: Mythologie Arméno-caucasienne et hétito-asiatique. Répertoire des antiques religions païennes de l‘Asie antérieure septentrionale comparées avec le panthéon chamito-sémitique, Pélasgo-Egéen et Hespéro-atlantique. Strasbourg; Zürich: Heitz, 1948.

Argei. In Rom verwahrte man in bestimmten Kapellen anthropomorphe Figuren aus Binsen und Weide, die argei genannt wurden; die genaue Bedeutung des Wortes ist unbekannt. Am 15. Mai warf man 30 dieser Figuren vom Pons Sublicius in den Tiber. Bürger und Vestalinnen wohnten diesem Ersatzopfer bei, das – mit Erlaubnis des Herkules – Menschenopfer ersetzte.

Lit.: Fredouille, Jean-Claude: Lexikon der römischen Welt / Übers. u. hg. v. Robert Hilgers. Darmstadt: Primus Verl., 1999.

Argenteum Astrum > A.  A.

Argentum Potabile, Silber-Essenz. Sie beruht auf alten Rezepturen von Alchemisten wie > Paracelsus und wurde als eine Art Lebenselixier verwendet. Zusammengesetzt aus Schwefel, Weingeist und anderen Ingredienzien wurde A. als Mittel gegen alle Formen von Leiden eingesetzt. Als hohe alchemistische Essenz des Silbers soll dieses Elixier die Lebenskräfte des weiblichen Urprinzips, des > Mondes, vermitteln und Rhythmus, Regeneration, Wachstum, Empfänglichkeit, Fruchtbarkeit, Fortpflanzung und generell alle Aufbauprozesse fördern. Als energetische Grundtherapie wird A. nur am Abend angewendet oder gemeinsam mit dem „männlichen“ Gold, dem > Aurum Potabile, das am Morgen zum Einsatz kommt.

Lit.: Priesner, Claus / Figala, Karin (Hg.): Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. München: Beck, 1998.

Argo, das Schiff, mit dem die griechischen > Argonauten nach Kolchis fuhren, um das > Goldene Vlies zu holen. Der Sage nach handelte es sich dabei um ein von Argos, vielleicht dem Sohn des Phrixos, erbautes Langschiff mit 50 Rudern, dessen Bug > Athena (nach anderer Version > Hera) ein Stück Holz aus der Dodona-Eiche einsetzte, das sprechen konnte. Später wurde das Schiff als Sternbild in den Himmel versetzt.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg: Herder, 2002.

Argonauten, Bezeichnung der Griechen, die auf dem Schiff > Argo von Iolkos nach Kolchis fuhren, um das > Goldene Vlies zu holen. An diesem Unternehmen beteiligten sich vor allem jene Helden, die schon an der > Kalydonischen Jagd teilgenommen hatten. Sie werden in dem Werk > Argonautika des > Apollonios von Rhodos aufgezählt, der auch die Reise als solche beschreibt.

Der Zug der Argonauten wurde durch zahlreiche märchen- und sagenhafte Elemente bereichert und so zu einem beliebten Stoff der Weltliteratur, der bildenden Kunst und der Musik.

Lit.: Hunger, Herbert: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie: mit Hinweisen auf das Fortwirken antiker Stoffe und Motive in der bildenden Kunst, Literatur und Musik des Abendlandes bis zur Gegenwart. 8., erw. Aufl. Wien: Verlag Brüder Hollinek, 1988; Apollonius <Rhodius>: Die Fahrt der Argonauten: griech. / dt. Hrsg., übers. und kommentiert von Paul Dräger. Stuttgart: Reclam, 2002.

Argonautika, griechisches Epos des > Apollonios von Rhodos (295 – 215 v. Chr.), das die Sage von den > Argonauten aufgriff und zum ersten Mal seit der homerischen Zeit zu einem Großwerk des Hellenismus gestaltete. 300 Jahre später (ca. 70 n. Chr.) setzte der Römer Valerius Flaccus, der auch sonst relativ unbekannte Stoffe der Nachwelt überlieferte, das Thema in seinem lateinischen Epos Argonautica in klassisch-römisches Denken um. Das Epos wurde im Mittelalter und in der Renaissance viel beachtet.

Lit.: Hunger, Herbert:  Lexikon der griechischen und römischen Mythologie: mit Hinweisen auf das Fortwirken antiker Stoffe und Motive in der bildenden Kunst, Literatur und Musik des Abendlandes bis zur Gegenwart. 8., erw. Aufl. Wien: Verlag Brüder Hollinek, 1988; Apollonius <Rhodius>: Die Fahrt der Argonauten: griech. / dt. Hrsg., übers. und kommentiert von Paul Dräger. Stuttgart: Reclam, 2002; Valerius Flaccus Setinus Balbus, Gaius: Argonautica: lateinisch / deutsch = Die Sendung der Argonauten. Hrsg., übers. und kommentiert von Paul Dräger. Frankfurt /M. u. a.: Lang, 2003.

Árgos (griech. ´ , lat. argus), Stadt im
Nordosten des Peloponnes, älteste kontinuierlich besiedelte Stadt in Europa; nach Homers Epen Sitz des > Diomedes.

In der griechischen Mythologie ein vieläugiger Riese > Argos Panoptes. Auf ihn geht auch der Ausdruck „Argusaugen“ zurück.

Lit.: Mykene – Epidauros – Argos – Tiryns – Nauplia: vollst. Führer durch d. Museen u. archäolog. Stätten d. Argolis / S. E. Iakovodis. Athen: Ekdotike Athenon, 1979.

Argos (Argus) Panoptes, vieläugiger Riese in der griechischen Mythologie, der > Echidna erschlug sowie einen Stier, welcher Arkadien verwüstete. Schließlich erhielt er von > Hera den Auftrag, die in eine schöne Kuh verwandelte > Io zu bewachen. > Hermes gelang es jedoch, A. P. in Schlaf zu versetzen und zu töten.

Lit.: Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg: Herder, 2002.

Arhat (sanskr.; pali: arahat, „Ehrwürdiger“), Bezeichnung für > Buddha und andere Menschen, welche die Ursachen der Wiedergeburt ausgetilgt bzw. Gier, Hass und Verblendung vollständig abgelegt haben. Später wurde A. auch zur Bezeichnung für „Heilige“, die im Gegensatz zu Buddha die Erleuchtung nicht selbst, sondern mit Hilfe der durch einen Buddha dargelegten Lehre gefunden haben. Durch das Erreichen des > Nirwana werden sie nicht mehr wiedergeboren. > Arahat.

Lit.: Horner, Isaline Blew: The Early Buddhist Theory of Man Perfected: a Study of the Arahan Concept and of the Implications of the Aim to Perfection in Religious Life, Traced in Early Canonical and Post-Canonical Pali Literature. Amsterdam: Philo Press, 1975.

Ariadne, Ariane, Aridela, (griech.). A. war ursprünglich eine minoische Göttin, vermutlich eine Vegetationsgöttin, die auf den ägäischen Inseln verehrt wurde. In der griechischen Mythologie ist sie die Tochter des Minos, des Königs von Kreta, und der Pasiphae, der Schwester der Phaidra.

Aus Liebe zu > Theseus schenkt sie dem Helden einen Wollknäuel (Ariadnefaden), mit dessen Hilfe er aus dem Labyrinth findet, in dem er den > Minotauros getötet hatte. Auf der Rückfahrt nach Athen entführt Theseus A., lässt sie dann aber einsam auf der Insel Naxos zurück. Hier heiratet sie > Dionysos, dem sie mehrere Kinder gebiert. Nach ihrem Tod führt sie Dionysos wie seine Mutter Semele in den Olymp. Der Kranz, den Hephaistos A. zur Hochzeit geschenkt hatte, wird als Sternbild (Corona borealis = Nördliche Krone) an den Himmel versetzt.

Die Erzählung vom Faden der A. hat man auf das Gewirr von Gängen in dem verfallenen Palast von Knossos zurückgeführt, die von den Griechen „Labyrinth“ genannt wurden.
Das Ariadne-Thema fand Eingang in die Weltliteratur, die bildende Kunst und die Musik.

Lit.: Salis, Arnold von: Theseus und Ariadne. Festschrift d. Archäolog. Gesellschaft zu Berlin zur Feier d. 100-jähr. Bestehens d. staatl. Museen zu Berlin am 1. Okt. 1930. Mit e. Beitrage von Fritz Eichler. Berlin: W. de Gruyter & Co., 1930; Hunger, Herbert:  Lexikon der griechischen und römischen Mythologie: mit Hinweisen auf das Fortwirken antiker Stoffe und Motive in der bildenden Kunst, Literatur und Musik des Abendlandes bis zur Gegenwart. 8., erw. Aufl. Wien: Verlag Brüder Hollinek, 1988; Köhn, Silke: Ariadne auf Naxos: Rezeption und Motivgeschichte von der Antike bis 1600. München: Utz, Wiss., 1999; Richter-Ushanas, Egbert: The Disk of Phaistos and the Sacred Marriage of Theseus and Ariadne: a Contribution to the Decoding of the Minoan Hieroglyphs in Comparison With the Etruscan and the Indus Script. Bremen: Richter, 2003.

Arianrhod („silbernes Rad“), bei den Walisern die Tochter der Don und des Beli, Urbild der keltischen Weiblichkeit, Symbol der Fruchtbarkeit. Nach A. heißt das Sternbild der nördlichen Krone Caer Arianrhod.

Lit.: Donley, Barbara: Arianrhod: a Welsh Myth Retold. Oakland, Calif.: Stone Circle Press, 1987.

Arica, eine ganzheitliche spirituelle Körpertherapie, die der Bolivianer Oscar Ichazo (geb. 1931) begründete und nach jener Stadt in Chile benannte, in der er die ersten Schüler trainierte. Die Therapie basiert auf einer Synthese aus östlichen Meditationstechniken und Weisheitslehren sowie westlicher Psychologie. Mittels Körper- und Meditationsübungen, verbunden mit Vibrationen, Tänzen, Atemübungen, Klängen und Bewegungen, wird versucht, einen harmonischen Zustand zu wecken und als letztes Ziel eine permanente Bewusstseinsänderung hervorzurufen. Durch diese Bewusstseinsänderung sollen neue Menschen geformt werden, die wiederum eine Metagesellschaft gründen und damit das bisherige Gesellschaftssystem ablösen sollen.

Lit.: Lilly, John Cunningham: First Report on Arica Training in Chile. [n. p.]: Big Sur Recordings, [1970]; Ichazo, Oscar: Master Level Exercise: Psychocalisthenics. New Rochelle, N. Y: Sequoia Press, 1993; Ichazo, Oscar: The Arica Daily Routine. New Rochelle, N Y: Arica Institute, 1995.

Aricina, ein Beiname der Göttin > Diana, unter dem sie in Aricina, einem Ort in der Nähe Roms, an der Via Appia, verehrt wurde. Den Tempel soll Hippolytus errichtet haben, der dort an der Kultstätte der Diana vom Heiler und Arzt > Asklepios wieder zum Leben erweckt wurde. Der Tempel befand sich in einem Hain und an einem See, dem „Dianaspiegel“. Sein Priester war jeweils ein entlaufener Sklave, der seinen Vorgänger im Zweikampf getötet hatte. Er versah sein Amt so lange, bis ihn ein Nachfolger überwand. Um den Zweikampf zu provozieren, musste der Aspirant vorerst einen Ast von einem Baum im Hain abbrechen. Gelang ihm dies, war er des Kampfes würdig. Wegen dieser ständigen Prüfung trug der jeweilige Priester den Ehrentitel „Waldkönig“.

Lit.: Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Reprograph. Nachdr. d. Ausg. Leipzig, Gleditsch, 1770. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1996.

Aridität > Trockenheit.

Arie, Tante, weibliches Wesen, das mit den Gestalten von > Holle, > Berchta und > Wode bis in Einzelheiten verwandt ist und voraussichtlich auf eine germanische oder burgundische Göttin oder Dämonin zurückgeht. Die Überlieferung von ihr findet sich namentlich im Berner Jura und im angrenzenden Frankreich.

Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Berlin: W. de Gruyter, 1987, Bd. 1.

Ariel (hebr.), „Löwe Gottes“, „Opferherd“ u. Ä.; die Etymologie ist unsicher. Die Bezeichnung findet sich 16-mal im Alten Testament und einmal auf der Mescha-Stele mit den verschiedensten Bedeutungen wie Jerusalem (Jes 29, 1 – 7), Opferherd (Ez 43, 15 – 7), Personenname (2 Sam 23, 20; Esra 8, 16). In der jüdischen > Kabbala ist A. einer der 72 Engel (Genien). Er wird angerufen, um Offenbarungen zu erhalten und Gott für das zu danken, was er den Menschen schickt. In der > Gnosis wird A. zum Engel der Winde und in den Fabeln des Mittelalters zum Geist der Luft und Schutzengel der Unschuld. Als dieser menschenfreundliche Luftgeist findet er auch Aufnahme in die Literatur, z. B. in den Sturm von W. Shakespeare und in Goethes Faust. Als Engelsname taucht A. weiters auf Amuletten und in Beschwörungen auf. Und so fand er schließlich auch Eingang in den Volksglauben.

Lit.: Michl, J.: Engel V (Katalog der Engelnamen). In: Das Reallexikon für Antike und Christentum. Stuttgart: Hiersemann, 1962, S. 200 – 239; Dictionary of Deities and Demons in the Bible (DDD) / Karel van der Toorn; Becking, Bob; Horst, Pieter W. van der (Hg.). Second extensively revised edition. Leiden: Brill, 1999; Krauss, Heinrich: Kleines Lexikon der Engel: von Ariel bis Zebaoth. Orig.-Ausg. München: Beck, 2001.

Aries ( lat., Widder), Name eines > Tierkreiszeichens aus der > Astrologie, das den Geburtsdaten zwischen 21. März und 20. April zugeordnet ist. Der Widder stellt das erste der 12 Zeichen im Tierkreis dar und symbolisiert Ichbezogenheit und Dominanz. Da als Herrscher des A. der rote, kriegerische Planet > Mars gilt, wird er als > Feuerzeichen, entsprechend der Qualität des Planeten, vor allem mit Aggression und Tatendrang in Verbindung gebracht. Führungspersönlichkeiten und hartnäckige Menschen mit stark ausgeprägtem Geltungsbedürfnis und oft auch einer gewissen Selbstgefälligkeit sind Widder-Typen par excellence. Thomas Ring nennt das Prinzip des Widders „das willensmäßig Antreibende“ und spricht von der „stoßartigen Vitalität“ des Zeichens. Der Widder-Typus folgt dem Grundsatz des „Ich will“ und lebt nach der Weltformel „im Anfang war die Tat“ (Ring, 167).

Lit.: Ring, Thomas: Astrologische Menschenkunde, Bd. 2. Ausdruck und Richtung der Kräfte. Freiburg: Hermann Bauer, 1969; Drury, Nevill: Lexikon des esoterischen Wissens. München: Droemer Knaur, 1988.

Arignote, Spukforscher. Der griechische Satiriker Lukian (120 – 180) berichtet, dass im Viertel Cranaüs von Korinth ein Haus stand, in dem niemand wohnen wollte, weil es von einem > Gespenst besetzt war. Ein Mann namens Arignote, der in den magischen Werken der Ägypter sehr bewandert war, schloss sich im Haus ein, um dort die Nacht zu verbringen. Er begann ruhig im Hof zu lesen, doch sogleich erschien das Gespenst. Um A. zu erschrecken, nahm es zuerst die Gestalt eines Hundes, dann eines Stiers und schließlich eines Löwen an. A. aber ließ sich nicht beirren. Er ermahnte den Geist mit magischen Sprüchen, die er in seinen Büchern fand, und befahl ihm, in eine Ecke des Hofes zu gehen, wo er verschwand. Am folgenden Tag wurde an der Stelle, an die sich das Gespenst zurückgezogen hatte, gegraben, wobei ein Skelett zum Vorschein kam. Nach dessen würdiger Bestattung wurde der Geist nicht mehr gesehen. Diese Anekdote ist eine Adaptation des Abenteuers von > Athenodoros, worüber Lukian bei Plinius gelesen hatte.

Lit.: C. Plinius Secundus: Naturalis historia; Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Arigó, Zé, Pseudonym von José Pedro de Freitas (1918 – 1971), des bekanntesten brasilianischen Heilers. Er wurde in Minas Gerais in Brasilien geboren, besuchte nur vier Jahre lang die Schule, erlernte keinen Beruf, sondern betätigte sich zunächst als Landarbeiter. Mit 30 Jahren litt er unter Depressionen, zu deren Begleiterscheinungen Alpträume, Schlafwandeln und Sprechen im Schlaf gehörten. Der Spiritist, den er aufsuchte, glaubte, er sei von einem Geist besessen. A. betätigte sich daraufhin als Heiler. Seine Karriere begann, als er einen ortsansässigen Politiker erfolgreich von einem angeblich nicht operablen Lungentumor heilte. A. arbeitete dann in einer Klinik in Belo Horizone, wo ihn täglich an die 300 Patienten aufsuchten. Für seine Operationen, die ohne Betäubung erfolgten, verwendete er ein Federmesser. Die Patienten waren aber schmerzfrei, die Wunden bluteten nicht. A. operierte mit sicherer Hand, ohne richtig hinzusehen, und im Gespräch mit anderen Patienten. Dabei behauptete er, dass es die Stimme des vor langer Zeit verstorbenen deutschen Arztes Adolf Fritz sei, der Medizin studiert, aber nie ein Examen abgelegt habe, die ihn führe.

Dr. Mauro Godoy, der Direktor des Städtischen Krankenhauses von Congonhas do Campo (Bundesstaat Mina Gerais), sagte: „Vom ärztlichen Standpunkt bin ich ein großer Bewunderer seiner manuellen und intuitiven Kunst. Ich bin imstande, eine Staroperation in etwa 20 Minuten auszuführen, Arigó aber hat die gleiche Operation vor meinen Augen in 2 Minuten tadellos gemacht. Er hat dazu ohne nachteilige Folgen ein unsteriles Taschenmesser verwendet.“ (Stelter, 134)

Selbst der Arzt und Parapsychologe Henry Puharich, der sich selbst einer Tumoroperation am Arm unterzog, die nur fünf Sekunden dauerte, wurde von seinen Fähigkeiten überzeugt. Auf die Frage, wie er zu seinen Diagnosen komme, sagte A., dass er einfach auf eine Stimme in seinem rechten Ohr höre und wiederhole, was sie sagte. Sie habe immer recht. A. arbeitete 20 Jahre als Heiler, oft für sehr prominente Persönlichkeiten, ohne dass ihm je eine Fehldiagnose oder Fehlbehandlung nachgewiesen werden konnte.

Trotzdem wurde er wegen Kurspfuscherei zu zehn Monaten Haft verurteilt, brauchte die Zeit aber nicht abzusitzen, weil sich namhafte Personen, die ihm viel zu verdanken hatten, für seine vorzeitige Entlassung einsetzten. Er musste zwar 1964 seine Operationen einstellen, beriet jedoch weiterhin alle, die sich an ihn wandten. A. starb 1971 an den Folgen eines Autounfalls.

Lit.: Puharich, Henry K.: The Work of the Brasilian Healer Arigó. Vortrag an dem Interdisziplinären Symposion, 30.10.1971 (Ms); Stelter, Alfred: Psi-Heilung. Bern u. a.: Scherz, 1973; Greenfield, Sidney M.: Hypnosis and trance induction in surgeries of Brazilian spiritist healers. Anthropology of Consciousness, 1990 (Oct. / Dec.), 1 (3 / 4), 38.

Arikina, Urgöttin der Kachari, die in Assam, nördlich des Brahmaputra, in Nordostindien, beheimatet sind. Sie lebte mit einem Raja zusammen. Eines Tages legte sie angeblich sieben Eier. Aus sechs von ihnen kamen Götter hervor, darunter > Alow. Das siebte Ei zerbrach und es traten Tausende böse Geister heraus.

Lit.: Maretina, Sofia A.: The Kachari State: the Character of Early State-Like Formations in the Hill Districts of North-East India. The Hague; Paris; New York: Mouton Publishers, 1978.

Arimanius, Areimanios (lat. / griech.), bei den antiken Autoren Name für den persischen > Ahriman; nach Herodot der kakodaimon, der böse Dämon, im Gegensatz zum guten Geist. Laut Plutarch verkörpert A. den > Hades und die Finsternis, die persische Magier anrufen. Später wird er mit dem aus Ägypten stammenden > Serapis (als Totengott) identifiziert.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Arimasper, ein Volk einäugiger Wesen, denen > Herzog Ernst auf seiner Reise in das Heilige Land begegnete. Sie tragen das Auge mitten auf der Stirn und lebten nach Herodot in der Nachbarschaft der > Hyperboreer. Ihr Reich lag an einem Strom aus purem > Gold, weswegen sie auch in einem beständigem Krieg mit den > Greifen, einer Art wilder Vögel, standen, die das Gold mit außerordentlicher Gier in Gruben scharrten und bewahrten, welches ihnen die A. aber wieder raubten (Herodot 3.116; 4.13 und 27).

Im Gegensatz zu den > Kyklopen sind die A. menschlicher dargestellt und den Reisenden wohlgesinnt, wie Herzog Ernst in seiner mittelalterlichen Sage berichtet.

Lit.: Ringhandt, Esther: Das Herzog Ernst-Epos: Vergleich d. dt. Fassung A, B, D, F. Berlin, F. U., Phil. F., Diss. v. 6. Juni 1955; Herzog Ernst: Ein mittelalterl. Abenteuerbuch / In d. mhd. Fassg. B nach d. Ausg. v. Karl Bartsch mit d. Bruchstücken d. Fassg. A hrsg., übers., mit Anm. u. e. Nachw. vers. v. Bernhard Sowinski. Stuttgart: Reclam, 1970.

Arinna, hethitische Göttin. Sie ist Königin des Himmels und der Erde, Beschützerin des Königtums und Helferin in der Schlacht. Ihr Symbol ist die > Sonnenscheibe. Manchmal wird sie mit der hurritischen Himmelsgöttin > Hebat gleichgesetzt. Beider Gatte ist der Wettergott > Teschub.

Lit.: Yoshida, Daisuke: Untersuchungen zu den Sonnengottheiten bei den Hethitern: Schwurgötterliste, helfende Gottheit, Feste. Heidelberg: Winter, 1996.

Ariolisten. Antike Wahrsager, deren besondere Tätigkeit „ ariolatio“ (Altarweissagung) genannt wurde, weil sie durch Altäre weissagten. Sie befragten die Dämonen und ihre Altäre. Durch Beobachten der Erschütterung und jeder anderen außergewöhnlichen Bewegung des Altars weissagten sie, was der Teufel ihnen kundtat. Die A. galten daher im Allgemeinen als Dämonologen und Götzendiener.

Lit.: Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984. 1. Bd.

Ariosophie (griech., „Weisheit der Arier“), eine weltanschauliche Lehre mit starken rassistischen und antisemitischen Tendenzen, die um 1900 von Guido List begründet und von Jörg Lanz von Liebenfels fortgeführt wurde. Sie verbindet die Gedankenwelt der Theosophie von Helena Petrowna > Blavatsky mit den rassistischen Theorien von Arthur de Gobineau (1816 – 1882) und dem okkulten Runenglauben. Die zentrale Aussage lautet: Nur die „Arier“, zu denen zwar alle indogermanischen Völker gehören, deren reinster Kern – die „arische Urrasse“ – aber in Nordeuropa gründe, seien zu wahrer Esoterik, Weisheit und Magie fähig. Unter allen Rassen sei sie die am höchsten entwickelte gewesen. Lanz von Liebenfels stellte dann in der Nachfolge von List den Kampf der „Arier“ gegen die Niederrassen in den Vordergrund, um zu verhindern, dass durch Rassenmischung eine Schwächung der arischen Heldenrasse erfolgte. Er schlug daher weitreichende Zuchtprogramme für „Arier“ und Sterilisationsmaßnahmen für „minderwertige Rassen“ vor. Ein vager Pantheismus mit naturphilosophischen Anklängen vergöttlichte die arische Rasse zu einem kosmischen Prinzip und setze sie dem Licht gleich. Hieraus leitete sich auch der Herrschaftsanspruch der „Arier“ über die anderen Völker ab. Grundlage dieser „nordischen Vergöttlichung“ sind die Runen, die Edda und der Atlantismythos. Damit verbunden ist auch der Versuch der Germanisierung des Christentums. Esoterische Strömungen des Mittelalters, insbesondere die Gralsbewegung, wurden mit Ideen vermischt, die sich im Umfeld der Mythologie des Nordens herausgebildet haben. Mit dem Ende des christlichen Fischezeitalters gehe die Herrschaft von Jupiter zu Ende und Saturn, den die Ariosophen als den großen Erzieher der Menschheit betrachteten, trete im Wassermannzeitalter die Herrschaft an.

Die A. bildete die weltanschauliche Grundlage der Guido-von-List-Gesellschaft, gegründet 1905 in Wien, des > Ordo Novi Templi (ONT), der von Lanz von Liebenfels ins Leben gerufen wurde, und der Edda-Gesellschaft (unter der Leitung von Johann Gorleben).
Die esoterischen Elemente der A. wurden immer mehr zugunsten der Rassenideologie aufgegeben, sodass die A. zu einem der geistigen Vorläufer der späteren NS-Ideologie wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten die Ideen der Ariosophie in verschiedenen neugermanischen Gruppierungen wieder auf, wie etwa in dem 1976 von Adolf Schleipfer gegründeten Armanenorden oder in der Artgemeinschaft von Jürgen Rieger.

Lit.: Poliakov, Léon: Der arische Mythos. Zu den Quellen von Rassismus und Nationalismus. [Hg. vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Aus dem Franz. von Margarete Venjakob; Holger Fliessbach]. Hamburg: Junius, 1993; Goodrick-Clarke, Nicholas: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. Graz; Stuttgart: Stocker, 22000; Hesemann, Michael: Hitlers Religion – Die fatale Heilslehre des Nationalsozialismus. München: Pattloch, 2004.

Aris, eine Gruppe buddhistischer Priesterinnen in Birma, die das Weltprinzip > Shakti verehrten, dunkle Gewänder trugen, Alkohol tranken, mit Frauen schliefen und lehrten, dass sie jede Sünde durch Zaubersprüche beseitigen könnten. Im 11. Jh. wurden sie ausgerottet.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.

Aristaios (griech.; lat. Aristaeus), griechischer Bauerngott, Beschützer der Herden, Erfinder der Bienenzucht und der Zubereitung von Käse. A. soll auch den Olivenbaum entdeckt und das Stieropfer eingeführt haben. Er wurde in seiner Bedeutung von > Apollon verdrängt und galt als dessen Sohn mit > Kyrene, der Stadtgöttin von Kyrene in Libyen, weshalb sich dort seine Verehrung auch weiterhin hielt.

Lit.: Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Sonderausg. Darmstadt: Wiss. Buchges, 1996.

Aristeas von Prokonnesos, antiker Dichter und Mystiker im 7. / 6. Jh. v. Chr., der den Ruf eines Wundermannes hatte. Er wird bei Schriftstellern wie Herodot, Plinius, Suidas und Maximus von Tyros erwähnt, und es werden ihm verschiedene paranormale Fähigkeiten zugeschrieben. Angeblich konnte er seinen Körper verlassen und umherreisen. Nach > Plinius konnte er sich dabei in einen Raben verwandeln und auf seinen Flügen habe er laut Maximus Landschaften und Städte gesehen, die ihm vollständig unbekannt waren.
Er soll den Apollonkult in Prokonnesos eingeführt haben. In seinem Gedicht
Arimaspea wird beschrieben, wie er von Apollon besessen wurde und bis über Skythien hinaus zu den Issedonen reiste. Auch von einer Begegnung mit Apollons Greifen, den Wächtern des Goldes, ist die Rede. Möglicherweise sind in die hellenistischen Deutungen von den ungewöhnlichen Fähigkeiten des A. v. P. Gedanken aus dem zentralasiatischen Schamanismus miteingeflossen, vermittelt durch die Skythen (Bonin).

Rhode nennt A. in einem Atemzug mit den > Sibyllen, > Sehern und Reinigungspriestern als Beispiel „für den Aufschwung der Seele ins Göttliche oder das Eingehen des Gottes in die Seele“ (Rohde, 296).

Lit.: Rohde, Erwin: Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Hg., ausgewählt und eingeleitet von Hans Eckstein. Leipzig: Kröner, 1929; Bonin, Werner F.: Lexikon der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete. Frankfurt / M.: Fischer, 1981; Drury, Nevill: Lexikon des esoterischen Wissens. München: Droemer Knaur, 1988; Shepard, Leslie A. (Ed.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. In Two Volumes. Detroit: Gale Research Inc., ³1991.

Aristoteles, Schüler von Platon, Erzieher Alexanders d. Gr., ist mit Sokrates und Platon der bedeutendste Philosoph der Antike. Er wurde 384 v. Chr. in Stagira an der Ostküste der Halbinsel Chalkidike (Thrakien) geboren. Sein Vater Nikomachos war Leibarzt des Königs Amyntas III. von Makedonien, des Großvaters Alexanders d. Gr. Auch seine Mutter Phaestis stammte aus einer Arztfamilie. Mit 17 Jahren trat er in Athen in die Akademie Platons ein und lernte dort die vorsokratische, sokratische und platonische Philosophie kennen. Schon früh entwickelte er allerdings einen eigenen philosophischen Standpunkt, der von der Alltagserfahrung ausging. Nach Platons Tod (347) verließ er aufgrund einer antimakedonischen Stimmung Athen und zog nach Assos an der kleinasiatischen Küste nahe Lesbos, wo er in engen Kontakt mit Hermias trat und dessen Nichte und Adoptivtochter Pythias heiratete. Zwei Jahre später übersiedelte er nach Mytilene auf Lesbos, wo Theophrast, sein bedeutendster Schüler und Nachfolger, mit ihm in Verbindung kam. 343 / 342 wurde er zum Erzieher des 13-jährigen Alexander berufen, was ihm den Zugang zur griechischen Kultur und Literatur eröffnete. 335 / 334 kehrte er mit Theophrast nach Athen zurück und begann an einem öffentlichen Gymnasium zu lehren. Ob er eine eigene Schule gründete, ist zweifelhaft. Sicher ist, dass Theophrast die Schule juristisch gründete, deren Mitglieder „Peripatetiker“ genannt wurden. Als nach Alexanders Tod 323 v. Chr. neuerlich eine antimakedonische Stimmung aufkam, zog sich A. in das Haus seiner Mutter nach Chalkis zurück, wo er 322 im Alter von 62 Jahren starb. Sein Werk ist in der um 30 v. Chr. entstandenen Ausgabe des Andronikos, des 10. Nachfolgers des A., im Wesentlichen erhalten.

Die meisten seiner Werke tragen den Charakter von Vorlesungsskripten, die Jahr für Jahr umgearbeitet wurden und nie zur Veröffentlichung vorgesehen waren. Sie knüpfen beim Alltagsverständnis und bei der Alltagssprache an, weniger beim Sprachgebrauch der zeitgenössischen Philosophie.

A. gilt als der Vater der Logik. Er erkannte nämlich, dass die Gültigkeit eines Arguments nicht auf seinem Gegenstand oder Inhalt beruht, sondern auf seiner Form. So wird die Logik zur Hilfswissenschaft für alle anderen Wissenschaften, die A. in theoretische und praktische einteilt. Die theoretischen Wissenschaften untersuchen, was nicht anders sein kann, und fragen schlicht nach der Wahrheit, und zwar auf drei Wegen: Die Physik studiert die Gegenstände mit selbständiger Existenz und Tendenz zur Veränderung; die Mathematik studiert, was ohne selbständige Existenz unveränderlich ist; die Erste Philosophie schließlich, von A.’ Nachfolgern „Metaphysik“ genannt, handelt vom selbständig Existierenden, das zugleich unveränderlich ist.

Dabei nimmt A. an, dass jedes Werden etwas Zugrundeliegendes voraussetzt (griech. hypokeimenon; lat. substratum), etwas, das im Lauf des Prozesses eine gewisse Gestalt (griech. morphe) annimmt. Von hier aus gelangt er zur Unterscheidung zwischen Stoff (griech. hyle; lat. materia) und Form (griech. eidos; lat. forma). Alles hat Stoff und Form, nur Gott ist Form ohne Stoff.

Dieser Aspekt der Prozesshaftigkeit wird durch die Unterscheidung zwischen Möglichkeit (griech. dynamis; lat. potentia) und Verwirklichung (griech. energeia; lat. actus) vertieft. So ist ein Marmorblock potentiell eine Statue, die Verwirklichung aber ist die fertige Statue. Dieser Verwirklichung geht jedoch die Vorstellung des Bildhauers voraus.

Für die Erklärung eines konkreten Prozesses bedarf es daher einer vierfachen Ursache, der Wirkursache (causa efficiens), der Stoffursache (causa materialis), der Formursache (causa formalis) und der Zweckursache (causa finalis).

Hinzu kommen noch verschiedene Typen des Werdens: 1. substantielle Veränderung, das Aufhören zu sein; 2. qualitative Veränderung, z. B. Farbe der Vase; 3. quantitative Veränderung, z. B. Gewicht der Vase; Ortsveränderung.

A. unterscheidet daher in seinen Kategorien grundsätzlich zwischen Substanz, die selbst zu existieren vermag und bei deren Fehlen das Ding aufhört zu existieren, und den übrigen Kategorien, den Akzidentien eines Dinges, bei dessen Verlust das Ding durchwegs weiterexistieren kann. Bei der Substanz wird zudem noch zwischen Primärsubstanz (griech. prote ousia; lat. prima substantia) und Sekundärsubstanz (griech. ousia deutera; lat. secunda substantia), den Arten der Primärsubstanz, unterschieden.

So sind für ihn die Tierarten ewig und unvergänglich in dem Sinne, dass die Arteigenschaften für die einzelnen Individuen in ihrem Streben nach Selbsterhaltung zweckmäßig sind.

Gott ist für A. die äußerste Zweck-, Form- und Wirkursache für alles andere. In seiner Vollkommenheit ist er der Formgeber. Nur bei Gott gibt es Vernunft ohne stoffliche Grundlage.

Sein Buch Über die Seele (Perí psyché) kann als Beginn des psychologischen Fragens betrachtet werden. Jedes lebende Wesen, Tiere wie Pflanzen, besitzt eine Psyche als lebensstiftendes Prinzip. Der Mensch unterscheidet sich dabei vom Tier durch die Fähigkeit, vernünftig denken zu können, was ihm die ethische Gestaltung, die Verwirklichung eines guten Lebens ermöglicht. Nur die Vernunft, der nous, ist unsterblich, nicht die ganze Seele.
In der Beurteilung der Träume spricht A. sich für die Möglichkeit prophetischer Träume aus, allerdings spreche der Mangel an vernünftigen Ursachen eher dagegen. Die sogenannten telepathischen Träume erklärt er mit einer Art Wellentheorie.

Diese naturwissenschaftliche Denkweise hat in der abendländischen Geschichte die Esoteriker in der Regel antiaristotelisch eingestellt. Sie favorisierten stattdessen den stärker idealistisch orientierten Platonismus, ganz im Gegensatz zur griechisch-alexandrinischen Alchemie, die A. als einen der Gründungsväter ansah. Sie bezog sich auf das III. und IV. Buch Meteorologica, worin A. eine Theorie der Entstehung gemischter Substanzen skizziert.
Sein ernormer Einfluss auf die Wissenschafts- und Geistesgeschichte ist vor allem über die arabisch-islamische Aristoteles-Rezeption, insonderheit durch Ibn Rushd (> Averroes (1126 – 1198), mit großer Wirkung auf die muslimische Philosophie, und die lateinisch- christliche Rezeption durch > Albertus Magnus, > Thomas von Aquin und die Hochscholastik bis in die heute Zeit gedrungen.

Lit.: Aristoteles: Opera / Aristoteles. Ex rec. Immanuelis Bekkeri ed. Academia regia Borussica. Acc. fragmenta, scholia, index Aristotelicus. Berolini [Berlin]: de Gruyter (1831 – 1870); Aristoteles: Werke in deutscher Übersetzung. Begr. von Ernst Grumach. Hg. von Hellmut Flashar. Berlin: Akad.-Verl., 1956 ff.

Arithmomantie (griech., „Wahrsagen durch Zahlen“; engl. arithmancy), eine Methode des Wahrsagens aus Zahlen und Buchstaben. Den 24 Buchstaben des griechischen Alphabets werden 24 Zahlen zugeordnet, sodass es möglich ist, jedwedes beliebige Wort durch eine Zahl auszudrücken. Die Wahrsagung etwa über eine Person verläuft folgendermaßen: Man stellt eine Frage, dann werden der Name der betreffenden Person, ihr Geburtsdatum und gegebenenfalls noch das Datum des Monats oder Wochentages addiert. Die Quersumme wird dann addiert, bis man eine einstellige Zahl erhält (kabbalistische Addition), nach deren Bedeutungskonstellation die Frage beantwortet wird.

Diese Wahrsagemethode war schon den Griechen und Chaldäern bekannt. Die Griechen pflegten damit den Zahlenwert der kriegführenden Widersacher zu analysieren und so das Ergebnis des Kampfes vorwegzunehmen. Auf diese Weise wurde der Sieg des Achilles über Hektor vorausgesagt. Die Chaldäer teilten das Alphabet in dreimal sieben Buchstaben, die sie symbolisch den sieben Planeten zuordneten, um so Voraussagen zu machen.

Die A. war weit verbreitet. So schreibt > Agrippa in De Occulta philosophia: „Wir wissen, dass gewisse göttliche Zahlen den Buchstaben zugrunde liegen; durch sie erhält man aus den Namen der Dinge das Verborgene und Zukünftige, wenn man den Zahlen­wert der Buchstaben zusammenlegt. Diese Art der Wahrsagung heißt Arithmomantie, weil sie mit Hilfe von Zahlen ausgeführt wird. So hat ein alexandrinischer Philosoph gelehrt, wie man aus den Zahlen der Buchstaben das aufgehende Zeichen und den Leitstern eines Menschen finden kann, und wer zuerst von den Gatten sterben wird; ferner kann man den glück­lichen oder unglücklichen Ausgang aller Unternehmungen daraus erfahren. Diese Lehre, die selbst der Astrologe Ptolemäus nicht missbilligt, soll hier nun dargestellt werden.“ (Nach: Armstrong, 222)

Die A. ist die Vorgängerin der > Numerologie; eine Variante der A. ist die > Onomantie.

Lit.: Agrippa von Nettesheim: Heinrich Cornelius Agrippas v. Nettesheim Magische Werke: Zum 1. mal vollst. in‘s Deutsche übers.; Vollst. in 5 Th.; Bdch. 1 – 5 / sammt d. geheimnißvollen Schriften d. Petrus v. Abano, Pictorius v. Villingen [u. a.]. Berlin: Barsdorf, 1916; Armstrong, Andra H.: Mysteriöses Verschwinden. Bibliothek erstaunlicher Fakten und Phänomene. Amsterdam, 1991.

Arjava (sanskr., Geradlinigkeit, Aufrichtigkeit), eine der Daiva-Gunas, der göttlichen Eigenschaften (> Gunas), die Krishna im 16. Gesang der Bhagavadgita aufzählt und den dämonischen Eigenschaften gegenüberstellt.

Lit.: Bhagavadgita: das Lied der Gottheit / Neu bearb. u. hg. v. Helmuth von Glasenapp. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2000 (Universal-Bibliothek; 7874).

Arjuna (sanskr., „der Weiße“ = „der im Handeln Reine“), Sohn Indras und Kuntis, Jugendfreund Krishnas und einer der fünf Pandava-Brüder, die in der vom Epos Mahabharata (Bagavadgita) geschilderten Schlacht von Kuruksetra mit ihrem Heer dem der Kaurava-Brüder gegenüberstehen. Beide stammen von der derselben Königsfamilie ab. Als A. auf dem Schlachtfeld den Bogen sinken lässt, weil sich sein Gewissen dagegen wehrt, Verwandte zu töten, belehrt ihn Krishna, der sein Wagenlenker ist, dass es seine Kastenpflicht sei, zu kämpfen und die Pflicht des Zeitalters zu erfüllen. Ferner erklärt er ihm die Prinzipien von Leben und Tod. Diese Unterweisung stellt das Hauptthema der > Bhagavadgita dar.

Lit.: Bhagavadgita: das Lied der Gottheit / Neu bearb. u. hg. v. Helmuth von Glasenapp. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2000 (Universal-Bibliothek; 7874).

Arkan Sonney, in der Sprache der Insel Man (Manx) erkin sonna, auch “Lucky Piggy” genannt, Name eines Feen-Schweines in der keltischen Mythologie. Das Feenschwein von der Insel Manx, gesehen z. B. einmal in der Nähe von Niarbyl, wird als ein schönes, weißes Schwein beschrieben, das Glück bringen soll und das man besser nicht fängt. Nach einer anderen Quelle hat es, wie die meisten keltischen Feentiere, rote Augen und kann seine Größe ändern.

Lit.: Briggs, Katharine Mary: A Dictionary of Fairies, Hobgoblins, Brownies, Bogies and Other Supernatural Creatures. London: Allen Lane, Penguin Books Ltd., 1976.

Arkandisziplin (lat. arcanum, verschwiegen, geheim; disciplina, Pflicht), disciplina arcani, Pflicht zur Geheimhaltung. Geheimhaltung ist ein Grundzug gesellschaftlichen Lebens in Gruppen, besonders wenn Gruppenbräuche oder Gruppenkenntnisse aus irgendeinem Grund zu hüten sind. So war es altchristliche Sitte, über gewisse kultische Handlungen wie Taufe, und Eucharistie vor Ungetauften zu schweigen oder nur in dunklen Andeutungen zu sprechen. Sichere Zeugnisse hierfür finden wir zu Anfang des 3. Jhs. (Tertullian, Origenes, Traditio apostolica, 16). Den Höhepunkt erreichte diese christliche A. im 4. Jh. und in der ersten Hälfte des 5. Jhs. Im Osten haben die Liturgien manche Spuren der A. bewahrt, wie die Aufforderung des Diakons nach der Katechumenenmesse an die Uneingeweihten, sich zu entfernen. Verletzung des Schweigegebots war als Gottesfrevel strafbar. Der Hauptgrund dieses Brauches erklärt sich aus der Einwirkung antiken Mysterienwesens auf das frühe Christentum.
Die Bezeichnung A. wird zwar als wissenschaftlicher Terminus in das 17. Jh. verlegt, doch ist er sachlich und sprachlich spätantik und für die Mysterienwelt von besonderer Bedeutung, was auch Isaac Casaubon (1559 – 1614) betont. Für die Kirche bestand jedenfalls kein Grund, ein der griechisch-römischen Kultur geläufiges Ausdrucksmittel, dessen sich Unterricht und Frömmigkeit bedienten, wie gerade bei den Mysterien vielfach verwendet, zu ihren Zwecken nicht dienstbar zu machen, gehört doch Geheimhaltung grundsätzlich zum Mysterienkult wie zu geheimen und elitären Gesellschaften.

So waren die Aufzeichnungen der > Essener, einer vorchristlichen jüdischen Gruppierung, in einer Art Geheimschrift abgefasst, bei der die normale Buchstabenform umgedreht wurde.

Die > Esoterik als Gegenbewegung zur > Exoterik stand grundsätzlich nur den Eingeweihten offen, verbunden mit klaren Festlegungen, wer einzulassen und wer auszuschließen sei und welche Strafe dem Bruch der A. folgen solle. Die Lehrinhalte wurden so formuliert und die Rituale so abgehalten, dass nur Eingeweihte sie verstehen konnten, die zum Schweigen über alles Gehörte, Gesehene, Wahrgenommene und Erkannte verpflichtet waren.

Die > Alchimisten verbargen den Außenstehenden ihr Wissen durch Geheimschriften (magische > Alphabete), geheime Symbole bzw. Bilder, mit denen sie ihr Wissen Außenstehenden verbargen.

Jede Satansorganisation (> Satanimus) pflegt eine strenge „Arkandisziplin“. Eingeweihte Mitglieder dürfen unter martialischer Strafandrohung wie Folter, Vergewaltigung oder Tod keine Informationen über die Infrastruktur und den Organisationsgrad der Gruppe nach außen weitergeben.

In der > Freimaurerei ruht das Geheimnis in den Gelöbnisworten, die der Lehrling bei der Aufnahme dem Meister vom Stuhl nachspricht. Er gelobt, über das Brauchtum, die Erkennungszeichen und die innere Angelegenheit Verschwiegenheit zu wahren.

Auf die Arkandisziplin im öffentlichen Leben, der politischen Parteien, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen, insbesondere bei geheimen Forschungsprojekten, beim Geheimdienst und kriminellen Vereinigungen sei hier nur ganz allgemein verwiesen.
In einer Zeit des Aufdeckungsjournalismus und der Möglichkeit weltweiter Kommunikation hat die Arkandisziplin zur elektronischen Dauerkontrolle geführt.

Lit.: Casaubon, Isaac – Polyaenus / Stratagematum libri octo Polyaenus; Is. Casaubonus graece nunc primum edidit, emendavit, & not is illustravit. Adiecta est etiam Iusti Vulteij latina versio Lugduni: Ioan.Tornaesium typ. 1589; Harnack, Theodosius: Der christliche Gemeindegottesdienst im apostolischen u. altkatholischen Zeitalter. Erlangen: Bläsing [Deichert], 1854; Deml, Franz: Christliche Einweihung: eine Studie auf der Grundlage von Prophetie und paulinisch-alexandrinischer Gnosis. Bietigheim / Württ.: Turm-Verlag, 1968; Ewers, Gerd A.: Geheimnis und Geheimhaltung im rabbinischen Judentum. Berlin: de Gruyter, 1975; Anrich, Gustav: Das antike Mysterienwesen in seinem Einfluss auf das Christentum. Nachdr. d. Ausg. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht, 1894. Hildesheim: Olms, 1990; Jacob, Christoph: Arkandisziplin, Allegorese, Mystagogie: ein neuer Zugang zur Theologie des Ambrosius von Mailand. Frankfurt / M.: Hain, 1990; Lennhoff, Eugen / Posner, Oskar / Dieter A. Binder (Hg.): Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Arkanismus > Iatromystik.

Arkanologie (lat. arcanum, geheim; griech. logos, Lehre), Lehre von den Geheimmitteln, insbesondere der Alchemisten, ist ein von Gottlieb > Latz (1818 – 1883) geprägter Begriff zur Bezeichnung von Allgemeinheilmitteln (Schwefelsäure, Eisen, kohlensaures und salpetersaures Natron, eine Lösung aus Salmiak, Schwefel, Kalk und Mittel aus Quecksilber). Die Anwendung war allerdings nur seinen Anhängern bekannt, die sich verpflichten mussten, ihr Wissen geheim zu halten.

Lit.: Latz, Gottlieb: Die Alchemie: das ist die Lehre von den großen Geheim-Mitteln der Alchemisten und den Spekulationen, welche man an sie knüpfte; ein Buch welches zunächst für Ärzte geschrieben ist, zugleich aber auch jedem gebildeten Denker geboten wird. Köln: Komet, 2003.

Arkanschule, 1923 von der Theosophin Alice Ann > Bailey (1880–1949) in New York gegründete theosophische Schule für Männer und Frauen zur Selbstentwicklung der spirituellen Fähigkeiten durch Meditation. Ursprünglich sollte die Esoterische Schule der Theosophischen Gesellschaft „Arkanschule“ heißen. Helena P. > Blavatsky entnahm diesen Namen dem Buch des englischen Hochgradfreimaurers John Yarker, The Arcane Schools. Bailey griff die Idee auf. Der Unterricht erfolgte durch Fernbriefe, die von den Zentren in New York, London, Genf und Buenos Aires verschickt wurden. Schulleiter der Arkanschule in Genf war Gerhard Janssen, der gleichzeitig Generalsekretär der Universellen Freimaurerliga (UFL) war. So nennt sich die Arkanschule „magnetisches Zentrum“ der gesamten Freimaurerei und feiert u. a. folgende Festtage: Osterfest als Fest des lebenden, auferstandenen Christus, dem Haupt der spirituellen Hierarchie: Vollmond im Widder; Wesakfest: Fest des Buddha, dem spirituellen Mittler zwischen dem höchsten spirituellen Zentrum des Planeten (Shamballah) und der Hierarchie: Vollmond im Stier; Goodwillfest: Welt-Invokationstag, an dem sich alle Mitglieder der Großen Invokation bedienen sollen (eingeführt 1952): Vollmond im Sternbild der Zwillinge.

Lit.: Janssen, Gerhard: Die Arkanschule, Werte und Prinzipien der Esoterik. Genf, 1905; Yarker, John: The Arcane Schools; a Review of Their Origin and Antiquity; With a General History of Freemasonry, and Its Relation to the Theosophic, Scientific, and Philosophic Mysteries. Belfast: William Tait, 1909; Bailey, Alice: Die unvollendete Autobiographie [Übers. von Rudolf E. Stamm]. Genf: Lucis, 1975.

Arkansprache (lat. arcanum, geheim), nur für Eingeweihte verständliche Wortfolge oder Bildbedeutung. Die zur Mitteilung verwendeten Wörter oder Bilder orientieren sich an einer stringenten Ordnung und Bedeutungsfolge, die nur Eingeweihte kennen. Dabei können sowohl Wortfolge als auch Wortinhalt und Wortlaut, wie Bildfolge, Bildinhalt und Bildgestalt von besonderer Bedeutung sein. Dem Außenstehenden soll der Inhalt nicht nur verborgen bleiben, sondern er soll ihn neugierig stimmen und mit Achtung und Angst erfüllen. Im Grunde geht es um ein geheimes Spiel der Überlegenheit, aber auch des Schutzes und des Zusammenhaltens der Eingeweihten, die an eine strenge Schweigepflicht, > Arkandisziplin, gebunden sind.

Die A. kann aber auch der rein persönlichen Sicherung und Verschleierung dienen und in diesem Sinne auch von Geheimdiensten und Kriminellen verwendet werden.

Lit.: Jung, C. G.: Mysterium Coniunctionis: Untersuchungen über die Trennung und Zusammensetzung der seelischen Gegensätze in der Alchemie. Gesammelte Werke 14 / 2. Zürich: Rascher, 1968; Jung, C. G.: Studien über alchemistische Vorstellungen. Gesammelte Werke 13. Solothurn; Düsseldorf: Walter, 1993; Simonis, Linda: Die Kunst des Geheimen: esoterische Kommunikation und ästhetische Darstellung im 18. Jahrhundert. Heidelberg: Winter, 2002.

Arkas (griech.), griechischer Heros der nach ihm benannten Arkader, die vorher Pelasgier hießen. Seine Herkunft wird verschieden erklärt. Er soll Sohn des Zeus und der Nymphe Kallisto, der Tochter des in einen Wolf verwandelten Lykaon (Ovid, Metamorphosen 2. 401 ff.) bzw. des Zeus und der Themisto, des Apollo oder des Orchomenos sein. Seine Mutter Kallisto war von > Artemis in eine Bärin verwandelt worden und A. wurde von Zeus der Maia, nach anderen seinem Großvater Lykaon übergeben, der ihn tötete und sein Fleisch dem Zeus vorsetzte. Dieser erkannte den Frevel, setzte das Haus des Lykaon in Brand und verwandelte ihn in einen Wolf. Den A. erweckte er wieder zum Leben und übergab ihn einem Hirten, bei dem er zum begeisterten Jäger wurde. Auf der Jagd im Lykaiongebirge stieß er auf eine Bärin, ohne in ihr seine Mutter zu erkennen. Er verfolgte die Bärin bis in das Heiligtum des Zeus Lykaios, dessen Betreten den Tod bedeutete. Zeus tötete sie jedoch nicht, sondern setzte sie als Sternbilder (Großer Bär und Bärenhüter) an den Himmel.

Nach einer anderen Version soll A. als Nachfolger des Niktymos, seines Onkels mütterlicherseits, König gewesen sein, der die Pelasgier den Getreidebau und das Weben lehrte, weshalb Pelasgia schließlich nach ihm Arkadien genannt wurde. Dort soll er die Stadt Trapezos gegründet haben.

Seine Gattin war die Nymphe > Erato, die am Orakel des Pan weissagte und mit der er drei Kinder hatte, Azan, Aphidas und Elatus, unter denen er sein Reich später aufteilte. Außerdem werden ihm noch zwei Kinder mit der Hamadryade Chrysopeleia zugeschrieben.

Lit.: Pausanias, Periegeta: Delphoi: Bücher VIII – X: Arkadien, Boiotien, Phokis. Düsseldorf: Artemis & Winkler, 2001; Brandt, Reinhard: Arkadien in Kunst, Philosophie und Dichtung. Freiburg i. Br. [u. a.]: Rombach, 32006.

Arktische Hysterie, in der Inupiak-Sprache, die in Teilen Kanadas, Alaskas und Grönlands gesprochen wird, Pibloktoq genannt, ein zeitlich begrenzter Anfall in Form eines psychotischen Besessenheitsverhaltens, das fließende Übergänge zur neurotischen Form aufweist. Das Verhalten beginnt mit Müdigkeit, Deprimiertheit oder Verwirrtheit. Danach folgt ein „Anfall“ mit Ausziehen oder gar Herunterreißen der Kleidung, hektischem Laufen und Rollen im Schnee, mit > Glossolalie, also Lautäußerungen ohne erkennbaren Sinn, die den Eindruck einer in sich geschlossenen Sprache erwecken und sogar Wortneuschöpfungen enthalten, mit > Echolalie: echoartigem, willenlosem, automatenhaftem Wiederholen und Nachreden von vorgesprochenen Worten, Lauten und kurzen Sätzen, mit > Echopraxie: Haltungs- und Bewegungsimitation, d. h. automatenhaftem, echoartigem Nachahmen vorgezeigter Bewegungen, besonders der Gliedmaßen, gelegentlich sogar mit > Koprophagie (Kotessen) und schließlich mit Zerstörung von Eigentum. Die meisten dieser Anfälle dauern nur wenige Minuten.

Der Anfall endet mit einem Bewusstseinsverlust mit Amnesie (Erinnerungslosigkeit) und völliger Rückkehr zur Normalität der Person. Daher wird Pibloktoq von den Inuit (wie sich die Eskimos selber nennen) nicht als eine Krankheit, sondern als ein natürliches Phänomen angesehen, das jeden treffen kann.

Solche hysterischen Zustände sind natürlich nicht nur auf die Arktis beschränkt. Auf Vergleichbares stößt man in Indonesien und Malaysia (> Latah und > Amok), im Kongo und in Malawi (Banga, Misala), in Südafrika (Ebenzi), bei den Ureinwohnern von Honduras (Grisi siknis), den Ureinwohnern Japans (Imu), auf den Philippinen (Mali-mali) und bei den Bantu, Zulu und verwandten afrikanischen Gruppen (Ufufuyane). Bei den Eskimos kursieren übrigens noch Begriffe, die wahrscheinlich das Gleiche bezeichnen (Nangiarpok, Kayak-Angst und schließlich Quajimaillituq).

Lit.: Haas, Jochen U.: Schamanentum und Psychiatrie: Unters. zum Begriff d. arkt. Hysterie u. zur psychiatr. Interpretation d. Schamanentums zirkumpolarer Völker. München: Renner, 1976; Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990.

Arm, Symbol der Kraft und der Macht, in ausgestreckter Form Symbol der richterlichen Gewalt. So haben indische Gottheiten als Ausdruck ihrer Allmacht oft mehr als zwei Arme. In der christlichen Liturgie bedeutet das Heben der Arme das Öffnen der Seele sowie das Bitten um Gnade. Der Arm, der aus dem Himmel in das Bild greift, ist seit der Malerei im Mittelalter Symbol Gottes.

Erhobene Arme beim Unterlegenen bedeuten Aufgabe, beim Überlegenen Sieg. Verschränkte Arme zeugen von Gelassenheit wie Überlegenheit. Die schützenden Arme vermitteln Geborgenheit und Sicherheit, während die gefesselten Arme für Freiheitsentzug und Selbstaufgabe stehen.

Lit.: Herder-Lexikon Symbole. Freiburg i. Br.: Herder, 72000.

Arma, hethitischer Mondgott, der dem hurritischen > Kuschuh entspricht. Sein Symbol ist die > Mondsichel. Auf dem Rücken hat er ein Flügelpaar.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Arma Christi, die Leidenswerkzeuge Christi – Kreuz, Geißel ( flagellum), Nägel, Dornenkrone, Schwamm, Zange, Geißelsäule, Lanze, Kreuzinschrift, Hammer, Bohrer, drei Würfel, Strick, Brett mit 30 Silberlingen und Leichentuch – wurden im Mittelalter und im Barock als Hoheitszeichen Christi und Majestätssymbole verehrt. Gleichzeitig waren sie Gegenstand der Verehrung der Passion Christi.

Die A. C. werden vor allem in Rom in der Kirche S. Croce di Gerusalemme verehrt. 1353 führte Papst Innozenz VI. für Deutschland und Böhmen ein Fest „De armis Christi“ für den Freitag nach der Osteroktav ein, das 1735 als „Festum ss. lanceae et clavorum D.N.I.Chr. ex indulto in Germania“ approbiert wurde. In diesem Zusammenhang werden Bildstöcke in Feld und Flur auch Marterln genannt, weil sie oft mit den Leidenswerkzeugen Christi geschmückt sind.

Lit.: Berliner, Rudolf: Arma Christi. München: Prestel Verlag, 1955; Arma-Christi-Feldkreuze im Westallgäu und in Oberschwaben: anlässl. e. Ausstellung von Feldkreuzen in Leutkirch, Frühjahr 1984 / Text u. Gestaltung Manfred Thierer u. Georg Zimmer. Leutkirch: M. Thierer, 1984.

Armaged(d)on > Harmagedon.

Armaiti („heilige Demut“), eine Erd- und Muttergöttin, die im alten Iran schon vor den Zeiten Zoroasters verehrt wurde. Sie gilt als Tochter und/oder Gattin des > Ahura Mazda, mit dem sie Mutter des zweigeschlechtlichen Urmenschen > Gaya-maretan und somit Urahnin der Menschheit ist.

Nach einem iranischen Mythos war A. die Mutter des Urwesens > Gayomart. Als dieser starb, fiel sein Same auf die Erde und befruchtete diese. Sein Körper zerfiel in sieben Metalle, von denen A. das Gold nahm und daraus eine Pflanze entstehen ließ, die zum ersten Menschenpaar auswuchs.

Seit den religiösen Reformen Zoroasters wird A. zu den sieben > Amesha Spentas gezählt. Als Tochter des Schöpfers ist sie die Personifikation von Hingabe und Demut und steht für Gehorsam. Als Erdgöttin ist sie die Göttin der Fruchtbarkeit und der Toten, die in der Erde bestattet werden. Ihr sind der fünfte Tag eines jeden Monats und der zwölfte Monat geweiht. Ihr ständiger Gegenspieler ist der Erzdämon der Unzufriedenheit, > Nanghaithya.

Lit.: Kanga, Sorabji Naoroji: A New Interpretation of the Spenta-Mainyu of the Gathas, Ahura Mazda’s Own Holy Spirit, the Progenitor of Fravashis in the Avesta, and of the Christos or the Christ-concept and of Logos in Christianity. Bombay: The Gatha Society, 1933; Wesendonk, O. G. von: Das Weltbild der Iranier. Nendeln: Kraus Reprint, 1973.

Armany (ung. ármányos, List, Tücke), in der Romantik in Ungarn entstandene Bezeichnung des personifizierten dunklen Weltaspektes. Unter diesem Namen erscheint die Gottheit erstmals bei M. Vörösmarty 1825.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989.

Armaz > Aramazd.

Arme Seelen, nach katholischer Lehre Verstorbene, die in der Freundschaft Gottes gestorben, aber noch nicht vollkommen geläutert sind und deshalb nach dem Tod eine Läuterung durchmachen, um die Heiligkeit zu erlangen. Diese abschließende Läuterung wird Purgatorium, > Fegefeuer, genannt. Die Seelen dort können mit den Lebenden in Verbindung stehen, wie auch die Lebenden mit ihnen. Das Los dieser Seelen wurde zuweilen mit drastischen Bildern der Sühne in Feuerflammen oder Verlassenheit und Einsamkeit ausgemalt, im Grunde handelt es sich um eine progressive persönliche Reifung hin zur Vollendung.

Nach dem Volksglauben sind die A. S. Verstorbene, die schwer leiden, keine Ruhe finden, die Menschen vielfältig bedrängen, aber auch Seelen, die noch stark erdgebunden sind und um Friedhöfe, Kirchen und Häuser der Hinterbliebenen streifen. Sie können sich den Lebenden durch Zeichen und > Erscheinungen, durch > Spuk, aber auch durch Mitteilungen in Träumen und medialen Sitzungen kundtun. Bevorzugt lassen sie sich zu Festen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten sehen, weshalb man ihnen früher an diesen Tagen gerne eine Schüssel mit Milch und Brei hingestellt hat. Ihre Erscheinungsform variiert und lässt sie nicht nur als menschliche Wesen, sondern mitunter in Tiergestalt oder als Irrlichter auftreten. Auch als > Poltergeister können A. S. nach traditionellem Verständnis herumspuken.

Die Berichte über solche Erlebnisse sind so zahlreich, dass daran nicht gezweifelt werden kann. Ob dabei wirklich die Armen Seelen im Spiel waren, lässt sich allerdings wissenschaftlich weder beweisen noch verneinen. Von den vielen Berichten seien hier nur zwei herausgegriffen: Die süddeutsche Prinzessin Eugenie von der > Leyen hat in ihrem Buch Meine Gespräche mit Armen Seelen ihre Tagebucheintragungen aus den Jahren 1921 – 1929 veröffentlicht. Maria > Simma hat ihre diesbezüglichen Erfahrungen in Meine Erlebnisse mit den Armen Seelen niedergeschrieben.

Lit.: Roesermueller, Wilhelm Otto: Vergesst die Armen Seelen nicht! Berichte über spontane und experimentelle Manifestationen armer Seelen; e. christl.-relig. u. parapsych. Studie, geboten anhand v. Erlebnisschilderungen d. Forscher Pater Wolfgang Maria Frhr. v. Gruben, Bruno Grabinski, Pater Prof. Dipl.-Ing. J. Brik, Prof. der Theologie Dr. Harald Nielsson, Psychiater Dr.med. Carl Wickland u. a. m. Nürnberg: Selbstverlag, 1957; Simma, Maria: Meine Erlebnisse mit Armen Seelen. Aschaffenburg: Pattloch, 71971; Bonin, Werner F.: Lexikon der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete. Frankfurt / M.: Fischer, 1981; Von der Leyen, Eugenie: Meine Gespräche mit Armen Seelen / M. e. Editorial von Arnold Guillet; Kommentar v. Peter Gehring. Stein am Rhein: Christiana-Verlag, 41985; Zahlner, Ferdinand: Paranormologie und christlicher Glaube. In: Grenzgebiete der Wissenschaft 37 (1988) 2, 99 – 110.

Armomantie (engl. armomancy), Wahrsagen anhand der Schultern. Durch Inspektion der Schultern wurden Personen daraufhin untersucht, ob sie sich als Opfer für die Götter eignen.

Lit.: Shepard, Leslie A. (Ed.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. In Two Volumes. Detroit: Gale Research Inc., ³1991; Pennick, Nigel: Ursprünge der Weissagung: von Orakeln, heiligen Zahlen und magischen Quadraten. Düsseldorf: Patmos, 2003.

Arnald von Villanova (eigentlich Arnoldo Bachuone), Arzt, Astrologe, Diplomat, Sozialreformer, Theologe und Alchemist, wurde um 1240 in Villanueva de Jiloca bei Daroca (Saragossa), Spanien, geboren, starb 1311 bei einem Schiffbruch und wurde in Genua begraben.

A. studierte früh das Arabische und bei den Dominikanern Latein. Ab 1260 studierte er in Montpellier und Neapel Medizin und ließ sich um 1276 in Valencia nieder. Ab 1281 war er Leibarzt der Könige von Aragón. Für seinen Beistand während der letzten Krankheit von König Peter III. erhielt er 1285 ein Schloss in Tarragona. Später wurde er auch Berater der Könige von Sizilien und Neapel sowie der Päpste. 1289 – 1299 war er Professor für Medizin an der Universität von Montpellier.

Seine medizinischen Schriften gründen auf den Theorien des > Galenus, während der größte Teil der ihm zugeschriebenen alchemistischen Werke nicht authentisch ist. In Montpellier widmete sich A. auch der Theologie. Hier wurde der Einfluss der Dominikaner durch den franziskanischen Spiritualismus abgelöst. Seine theologischen Schriften sind bis 1305 eschatologisch konzipiert und lateinisch geschrieben. Als Gesandter Jakobs II. von Aragón geriet er in Paris durch seinen Tractatus de adventu Antichristi mit der Universität in Konflikt, weil er als Astrologe die Ankunft des > Antichrist und für 1335 oder 1345 das Weltende vorhergesagt hatte. A. fand Zuflucht bei Bonifaz VIII. in Rom, den er von einem Gallenleiden heilte. Vor ihm soll er sogar alchemistische Versuche durchgeführt und goldene Stäbe produziert haben.

Als der Papst 1303 starb, riet ihm sein Nachfolger Clemens V., sich lieber der Medizin zuzuwenden als sich mit Theologie zu befassen. So wurde A. 1304 zum Ratgeber Friedrichs II. von Sizilien und spielte im politischen Leben der Zeit eine bedeutende Rolle. Seine Schriften, die auf die Reform des Klerus und der Orden abzielen, verfasste er in Katalanisch. Kurz vor seinem Tod 1311 wurden diese von der Inquisition zu Tarragona verurteilt.
Was seine naturwissenschaftliche Tätigkeit betrifft, so trat A. für das Studium der Naturphilosophie und die experimentellen Untersuchungen in der Medizin ein, glaubte an > Wortmagie, > Astrologie, > Talismanmagie im Dienste der > Heilung und gilt als Entdecker des Branntweins.

Von den 57 bekannten Titeln alchemistischen Gedankenguts sind nur wenige echt, wie etwa der kleine Traktat Quaestiones tam essentiales quam accidentiales ad Bonifacium VIII. Es geht dabei um die aristotelische Unterscheidung von wesentlichen und unwesentlichen Eigenschaften. Sein alchemistisches Hauptwerk ist der Thesaurus thesaurorum et rosarium philosphorum, der an die Summa perfectionis magisterii des > Geber erinnert. A. glaubt die Geheimnisse eines Pythagoras, eines Platon und Aristoteles entschlüsselt zu haben, und bringt hinsichtlich der reinen Quecksilbertheorie neue Argumente, indem er zwischen Quecksilber und philosophischem Quecksilber, das er Aqua vitae mercurialis nennt, unterscheidet. Letzteres könne bereits niedere Metalle zu Gold und Silber transmutieren. Es gehe dabei vor allem um di richtige Mischung, die > Eukrasie. Immerhin hat A. laboriert, wie seine Beschreibung der Destillation von Blut und die Entdeckung des Branntweins zeigen.

W.: Arnaldi de Villanova opera medica omnia. Barcelona (u. a): Publicacions de la Universitat de Barcelona, 19XX; Arnoldus <de Villa Nova>: Der Weintraktat. Übers. aus d. Latein. [von] Wilhelm von Hirnkofen. Stuttgart: Metzger, 1956; Arnoldus <de Villa Nova>: Parabeln der Heilkunst. Aus d. Latein. übers., erklärt u. eingel. von Paul Diepgen. Leipzig: Zentralantiquariat d. DDR, 1968.

Lit.: Arnaldi de Villa Nova,… Omnia quæ exstant opera chymica, videlicet Thesaurus thesaurorum…, Lumen novum, Flos florum & Speculum alchimiæ…Nunc primum ita coniuctim edita, opera & impensis Heronymi Megiseri. Francofurti, 1603.

Arndt, Ernst Moritz (*26.12.1769 in Groß Schoritz auf Rügen, † 29.1.1860 Bonn), Dichter, Theologe und Prof. der Geschichte, der u. a. an der Universität Greifswald lehrte, sowie politischer Schriftsteller, der für die Einheit Deutschlands eintrat. In seinen Erinnerungen hat er einige paranormale Erlebnisse schriftlich festgehalten, darunter eines aus seinem eigenen Leben: „Ein sehr reicher Herr von Kahlden […] musste nun hier in Schoritz […] eine Rolle spielen, welche der Volksglaube gewöhnlich solchen beilegt, die durch schwere und greuliche Unfälle gegangen sind. Mir hat er die ersten kalten und heißen Gespensterschauer durch den Leib jagen müssen: denn er machte in einem grauen Schlafrocke, mit einer weißen Schlafmütze auf dem Kopfe und ein paar Pistolen unter dem Arme abendlich und mitternächtlich häufig die Runde auf seinem Hofe, indem er zwischen den beiden Scheunen über den Damm, der auf das Haus hinführte, langsam … in die Keller marschierte und von da herausschreitend durch das Gartentor ging, wo er die Bienenstöcke musterte und – dann verschwand.“ (Arndt, o. J., 14)

Zwei andere Fälle berichtet A. von einer Frau von Zanthier, die jedes Mal ohne Benachrichtigung aufgeregt an jenem Ort erschien, wo einem ihrer Kinder etwas zugestoßen war. Die erste Gelegenheit hatte A. selbst im Hause des Rektors Dr. Masius miterlebt, als nämlich der Sohn Frau v. Zanthiers den Arm gebrochen hatte. Im anderen Fall war ihr jüngstes Kind, ein Mädchen, in einen Kessel mit heißem Wasser gefallen und beim Eintreffen der Mutter bereits tot (Arndt, 1845, 523 f.).

W.: Erinnerungen aus dem äußeren Leben. In: Werke, 2. Teil. Berlin, o. J.; Erinnerungen – Gesichte – Geschichten. In: Schriften für und an seine lieben Deutschen, 3. Teil. Leipzig, 1845.

Lit.: Rosenberger, Ludwig (Hg.): Geisterseher. Eine Sammlung seltsamer Erlebnisse berühmter Persönlichkeiten in Selbstzeugnissen und zeitgenössischen Berichten. München: Ernst Heimeran 1952.

Arnd(t), Johannes, lutherischer Theologe und Erbauungsschriftsteller, wurde am 27.12.1555 als Pfarrerssohn in Edderitz bei Ballenstedt am Harz, Deutschland, geboren und starb am 11.5.1621 in Celle. Er wollte Medizin und Naturwissenschaften studieren, gelobte aber in einer schweren Krankheit, all seine Kräfte in den Dienst des Herrn zu stellen, wenn er gesund würde. Als er tatsächlich genas, studierte er Theologie und hatte vornehmlich Professoren, die strenge Lutheraner waren. 1581 wurde er Rektor in Ballenstedt, 1582 Pfarrer in Badeborn / Anhalt. Als der zum reformierten Bekenntnis neigende Herzog Johann Georg I. 1590 die Abschaffung des Exorzismus und der Bilder anordnete, protestierte A. in Predigten dagegen und wurde daher seines Amtes enthoben und des Landes verwiesen, aber nach dem nur eine Stunde entfernten Quedlinburg an die Nikolaikirche berufen. Hier erwartete ihn harte Arbeit. A. bewährte sich jedoch in den mehrfach schweren Pestzeiten als Seelsorger. 1599 kam er an die Martinikirche nach Braunschweig, wo er den erbitterten Bürgerkrieg miterlebte und großen Gehässigkeiten ausgesetzt war. Im Herbst 1608 wurde er an die Andreaskirche nach Eisleben berufen, und 1611 berief ihn der fromme Herzog Christian von Braunschweig-Lüneburg als Generalsuperintendenten seines Fürstentums nach Celle, wo er 1521 starb.

Seine Vier Bücher vom wahren Christentum, die 1606 in Braunschweig erschienen, fanden in zahlreichen Auflagen eine Verbreitung wie kein anderes Werk seit der Nachfolge Christi von Thomas a Kempis und wurden zum wichtigsten Erbauungsbuch protestantischer Frömmigkeit. A. verwendet darin ohne Bedenken Schriften mittelalterlicher und zeitgenössischer Mystiker. Mit diesem Verständnis des Christentums wurde er zum Vorreiter des > Pietismus und wirkte stark auf das sog. protestantische Schwärmertum. Zuweilen sah man in A. sogar den wahren Urheber der Rosenkreuzer-Schriften (Fama, Confessio). Die schwedische Ausgabe des „Wahren Christentums“ (1732) wurde von der schwedischen Großloge völlig missverstanden und zur Grundlage der sog. christlichen FM gemacht. In einer neueren Bewertung wird sein Christentum als Programm einer spiritualistisch-hermetischen Theologie bezeichnet (Geyer).

W.: Vier Bücher von wahrem Christenthumb, heilsamer Busse, Hertzlicher Rewe und Leid ueber die Sünde, warem Glauben, heiligem Leben und Wandel der rechtem wahren Christen / Auffs newe ubersehen, und gebessert durch Johannem Arndt. Braunschweigk: Andreas Duncker, 1606.

Lit.: Arndt, Johann: Johann Arnd‘s … Sechs Bücher vom wahren Christentum, nebst dessen Paradies-Gärtlein. Mit d. Lebensbeschreibg d. seligen Mannes nebst s. Bildnis u. 57 Sinnbildern gez. von J. Schnorr. Stuttgart: Steinkopf, 1930; Arndt, Joachim: Das Leben und Wirken von Johann Arndt: der Reformator der Reformation (1555 – 1621). Bielefeld: Missionsverl. der Ev.-Luth. Gebetsgemeinschaften, 1998; Geyer, Hermann: Verborgene Weisheit: Johann Arndts „Vier Bücher vom Wahren Christentum“ als Programm einer spiritualistisch-hermetischen Theologie. Berlin; New York: de Gruyter, 2001 (Arbeiten zur Kirchengeschichte; 80).

Arnheimer Mirakelbuch. Das Arnheimer Mirakelbuch geht auf den hl. Eusebius zurück, dessen Reliquien 1453 nach Arnheim im Gelderland, Niederlande, kamen, dessen zweiter Stadtpatron er um 1450 wurde. Das Mirakelbuch ist, zwei unvollständige Editionen aus dem 20. Jh. ausgenommen, nur handschriftlich überliefert. Es befindet sich in einem Sammelkodex, der als Handschrift 191 in der Handschriftensammlung des Reichsarchivs von Gelderland in Arnheim aufbewahrt wird. Die Papierhandschrift, die insgesamt 52 Blätter zählt und in einem Pergamentumschlag des 16. Jhs. steckt, besteht aus drei von verschiedenen Händen geschriebenen Teilen. Der erste Teil enthält eine mittelniederländische Vita des heiligen Eusebius, der zweite und umfangreichste Teil das Mirakelbuch und der dritte eine mittelniederländische Vita des hl. Bonifatius. Ein Hinweis auf Bethanien lässt vermuten, dass die Handschrift, jedenfalls der 3. Teil, im Kloster Bethanien bei Arnheim geschrieben wurde.

Der zweite Teil, das Mirakelbuch, umfasst 22 Blatt im Oktavformat und ist nahezu zur Gänze von einer Hand in Hybridschrift geschrieben; nur das letzte und ausführlichste Mirakel ist von anderer Hand in Textualisschrift hinzugefügt. Das Buch wird auf 1500 datiert. Es könnte eine Kopie sein, doch fehlt von einer Urschrift jede Spur. Die 32 angeführten Gebetserhörungen sind, mit Ausnahme der letzten, nach folgendem Muster abgefasst: 1) der Notleidende wird vorgestellt; 2) die Not oder die Krankheit wird beschrieben; 3) der Notleidende denkt an den heiligen Eusebius, betet zu ihm und verspricht eine Wallfahrt; 4) das Gebet wird erhört, die Krankheit wird geheilt und die Not aufgehoben; 5) der Begnadete löst sein Versprechen ein und macht eine Wallfahrt.

Die Mirakel umfassen Fälle von Ertrinken, Ersticken, Lähmung, Blindheit, Stummheit, Taubheit, Schwellungen, Blutungen, einen Schlaganfall, eine Halskrankheit und eine Herzkrankheit. Es gibt aber auch andere Mirakel, wie die Rettung vor einem Überfall und einer Gefangennahme und die Heilung einer zerbrochenen Freundschaft.

Lit.: Slempkes, J. A. / Oltmans, Alb.: Sagen en sproken van het aoude Geltre. Fluisteringen – Angstgedachten – beeldingsgaven – bijgeloof, Bd. I. Zutphen, 1932, S. 80 – 98; Alberts, W. Jappe: Der verering van Sint-Eusebius, Archief voor de geschiedenis van de katholieke kerk in Nederland 4 (1962), S. 1 – 9; Nissen, Peter J. A.: Niederländische Orakelbücher aus dem Spätmittelalter. In: Peter Dinzelbacher / Dieter R. Bauer (Hg.): Volksreligion im hohen und späten Mittelalter. Paderborn u. a.: Schöningh, 1990, S. 291 – 305.

Arnika (Arnica montana L.), Gebirge liebender Korbblütler, der gelegentlich auch in Heide- und Moorwiesen und lichten Nadelwäldern vorkommt. Die heute äußerst geschätzte, intensiv gelb blühende Heilpflanze, die süßlich-würzig duftendes A.-Öl enthält, war der Antike und auch bedeutenden deutschen Pflanzenkundigen aus dem 16. Jh., wie Brunfels, Bock und Fuchs, anscheinend unbekannt, soll aber eine lange germanische Tradition haben (Becker; Müller-Ebeling, 21; Schöpf). Die goldgelb glänzenden Blüten der A. trugen ihr den Beinamen Goldbloom ein, der brennende Geschmack ihrer Wurzel sorgte für die Bezeichnung Feuerblume und vielleicht auch Düwelsblome, während ihre heilenden Kräfte für den Namen Engelwurz Pate gestanden haben dürften.

Wie bei vielen wirkkräftigen Heilpflanzen ist auch bei der A. eine starke Ambivalenz in der Einschätzung der Pflanze zu erkennen, was nicht zuletzt aus den weiteren Bezeichnungen Bergwohlverlei, Wolferley, Wolfsblom, Wolfsgelb und Wolfsauge hervorgeht. Im Volksmund hieß die Pflanze ferner Mutterkraut, da sie bei Geburten herangezogen wurde. Heute wird die antiseptisch, entzündungshemmend und regenerierend wirkende A. vor allem bei Blutergüssen, Quetschungen, Verstauchungen und Gelenksentzündungen äußerst erfolgreich eingesetzt.

Die der > Freya geweihte A. gehört weiters zu den Zauberpflanzen, denen die Kraft zugeschrieben wird, schlechtes Wetter zu vertreiben und vor Blitz und Donner zu schützen, weshalb sie auch den Namen Dunderblume trägt (vgl. Marzell, 403). Ebenso soll sie antidämonisch wirken und insbesondere den > Bilwisschnitter oder Bilmesschneider (> Bilwis), einen Korndämon, vertreiben (Müller-Ebeling, 21).

Lit.: Marzell, Heinrich: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, Bd. 1. Leipzig: Hirzel, 1943; Schöpf, Hans: Zauberkräuter. Graz: ADEVA, 1986; Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991; Becker, Udo: Lexikon der Symbole. Freiburg: Herder, 1998; Müller-Ebeling, Claudia u. a.: Hexenmedizin. Aarau, CH: AT, ²1999.

Arnim, Achim von, eig. Ludwig Joachim von A. (*26.1.1781 Berlin, † 21.1.1831 Wiepersdorf bei Jüterbog), dt. Dichter, Naturwissenschaftler und Mathematiker. Mit Joseph > Görres bildete er in Heidelberg das Zentrum der jüngeren Romantik. Der Herausgeber der berühmten Volksliedsammlung Des Knaben Wunderhorn (3 Bde., 1806 – 1808) hat in seinem Werk immer wieder paranormale Phänomene angesprochen, so etwa in Melück Maria Blainville, die Hausprophetin aus Arabien – eine Anekdote (in der Novellensammlung von 1812), worin sich die Erzählung von einer arabischen Zauberin verbirgt, die neben Voraussagen der Zukunft vor allem ihre magischen Künste anhand einer Puppe demonstriert, welche zum Symbol ihrer Macht über Menschenleben wird (v. Arnim 1990, Bd. 3). Von Arnims Nachlass befindet sich im Weimarer Schloss.

W.: Werke in sechs Bänden. Hg. v. Roswitha Burwick, Jürgen Knaack u. a. Frankfurt a. M.: Deutscher Klassiker Verlag, 1990.

Arnold, Gottfried (Pseud.: Christophorus Irenaeus), mystisch-spiritualistischer Theologe und bedeutendster Vertreter des sog. radikalen Pietismus, wurde am 5.9.1666 in Annaberg (Erzgebirge) geboren und starb am 30.5.1714 in Perleberg (Prignitz). Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Wittenberg (1685 – 1689), dem Zentrum der lutherischen Spätorthodoxie, wandte er sich von der Orthodoxie ab und öffnete sich nach der Lektüre zweier Schriften von Philipp Jakob > Spener, mit dem er 1688 bekannt wurde, dem > Pietismus. Spener vermittelte ihm auch eine Anstellung als Hauslehrer in Dresden (1689 – 1693), wo er sich nach einem Erweckungserlebnis endgültig dem Pietismus zuwandte. In Quedlinburg (1693 – 1696) fand er seine Heimat in radikal-pietistischen Kreisen um den Hofprediger Joseph Heinrich Sprögel, stark geprägt von Jakob > Böhmes mystischem Spiritualismus. A. pflegte Kontakte mit Friedrich Breckling sowie Johann Georg Gichtel und befasste sich, außer mit den englischen Philadelphiern wie John Pordage, mit mittelalterlichen und barocken mystischen Traditionen: Johannes Tauler, Thomas a Kempis, Sebastian Franck, Valentin Weigel, Angelus Silesius, Miguel de Molinos und Jeanne Marie Guyon. Hinzu kommt der große Einfluss von Hugo Grotius und der Frühaufklärung, insbesondere von Christian Thomasius.

Von Ehe und Pfarramt hielt er sich fern, um nach den Wurzeln des „reinen Glaubens“ zu suchen, die er hauptsächlich im frühen Christentum fand, über das er zu publizieren begann. Sein erstes großes Werk, Die erste Liebe, Das ist: Wahre Abbildung der Ersten Christen, das mehrfach aufgelegt wurde, brachte ihm 1697 den Ruf zum Prof. für Geschichte an die pietistisch geprägte Universität Gießen, die er 1698 aus Verachtung des „ruhmsüchtigen Vernunftwesens des akademischen Lebens“ wieder verließ. Er kehrte nach Quedlinburg zurück, wo er als einsiedlerischer Gelehrter unter dem Titel Göttliche Liebes-Funken seinen ersten Lyrikband veröffentlichte, mit dem Aufruf zur Abkehr von der Welt und scharfer pietistischer Kirchenkritik, die er in seinem Hauptwerk Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie fortführt. Den Mittelpunkt der Kirchengeschichte bilden nach A. die mystisch-asketisch gesinnten „Stillen im Lande“. 1700 folgte Das Geheimnis der göttlichen Sophia, das an Böhmes Sophienspekulation anschließt und in erotischen Bildern die Vereinigung des wahrhaft Gläubigen mit der androgynen Sophia beschreibt, die den Verzicht auf die Ehe fordere. Neben mystischen Werken folgten erbauliche Sammelbiographien und eine Darstellung der mystischen Theologie.

1701 kam es zur totalen Wende. A. heiratete Anna Maria Sprögel, die Tochter des Hofpredigers, und trat 1702 als Hofprediger im thüringischen Allstedt ein kirchliches Amt an, das er dann von 1707 an in Perleberg ausübte.

A. gehört zu den originellsten Gestalten der protestantischen Kirchengeschichte und gilt als einflussreichster Kopf des radikalen Pietismus, der die Traditionslehre der Mystik mit aufklärerischen Motiven vereinte. Sein Einfluss auf die Theologie und darüber hinaus auf Johann Christian > Edelmann, > Schleiermacher und > Goethe, um nur einige zu nennen, veranschaulichen die Macht seiner Betonung des Subjektiven, die bis in die Erweckungsbewegung des 19. Jhs. hineinreicht.

W.: Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie von Anfang des neuen Testaments bis auff das Jahr 1688. Frankfurt a. M., 1688; Das Geheimnisz der göttlichen Sophia, oder, Weiszheit / beschrieben und besungen von Gottfried Arnold. Leipzig: Fritsch, 1700.

Lit.: Arnold, Gottfried: Die erste Liebe zu Christo, Oder: Wahre Abbildung der ersten Christen nach ihrem lebendigen Glauben und heiligen Leben. Eingeführt und mit einem Anh.: „Arnold‘s sämmtliche geistliche Lieder“ versehen von Albert Knapp. Neue Ausg. Stuttgart: Becher & Müller, 1845.

Arnold, Kenneth. Der Pilot K. A. beobachtete am 24. Juni 1947 von seinem Flugzeug aus in der Nähe des Mount Rainier in den USA neun bumerangförmige Flugobjekte. Der Presse gegenüber beschrieb er diese mit den Worten „… sie sind geflogen wie eine über die Wasseroberfläche hüpfende Untertasse“ und prägte damit den Begriff > Fliegende Untertassen.

Lit.:Alien Discussions: von Außerirdischen entführt; Forschungsberichte u. Diskussionsbeiträge zur Konferenz am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge, über das Abduktionsphänomen / Geleitwort von David E. Pritchard und John E. Mack. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, 1996.

Arnold v. Villanova > Arnald v. Villanova.

Arnold von Wion, Benediktiner, veröffentlichte 1595 in seinem Buch Lignum vitae, das vermutlich zwischen dem 14.9 und dem 4.12.1590 entstanden ist, die sogenannte > Malachias-Weissagung. Es sind dies 112 kurze Sinnsprüche zur Charakteristik der Päpste ab Coelestin II. (1143) bis Petrus II., nach dem das Weltende kommen soll. Der hl. > Malachias O’Morgair, geboren 1094 / 95, war Erzbischof von Armagh in Irland. Auf einer Reise nach Clairvaux starb er im Kloster seines Freundes, des hl. > Bernhard. In seiner Vita über Malachias berichtet Bernhard, dass Malachias die Sehergabe besessen habe. So wurde ihm eine Weissagung über die Päpste zugeschrieben, ohne diese je verfasst zu haben. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass sich die 71 der insgesamt 112 Denksprüche, welche die Päpste vor 1590 betreffen, wesentlich von denen danach unterscheiden.

W.: Lignum vitae, ornamentum et decus Ecclesiae. Venetiis, 1595.

Arnoux, François, Kanoniker aus Riez in Frankreich, veröffentlichte 1622 zu Rouen ein volkstümliches Werk über die Wunder der anderen Welt, die Qualen der > Hölle und die Freuden des > Himmels, mit plastischen Beschreibungen von Visionen und Erscheinungen.

W.: Les merveilles de l‘autre monde divisées en trois livres. Lyon: Louis Servant, 1690; Wunder der anderen Welt, in sich haltende, die erschröcklichen Qualen der Hölle und vortrefflichen Freuden des Himmels: sambt den Mittel, dem Erstern zu entgehen und das letztere zu erlangen, eingetheilt in drey Bucher / zusammengetragen von Francisco Arnoux … aus dem Frantzösischen in die hoch-teutsche Spräche übersetzt … von F. C. S. Mayinz: Franckenberg, 1739.

Arnsberg, Richard von. In der Propsteikirche St. Laurentius von Arnsberg (Hochsauerland), Deutschland, wird eine Schwarze Hand aufbewahrt, die Richard von Arnsberg, genannt Richardus Anglicus oder Richard von Wedinghausen, zugeschrieben wird. Cäsarius von Heisterbach berichtet, dass im Arnsberger Kloster ein gewisser Richard, ein Engländer, viele Bücher mit eigener Hand niedergeschrieben hatte und dafür den Lohn im Himmel erwartete. Nach seinem Tod wurde er an einem ehrwürdigen Platz bestattet. Als man das Grab nach 20 Jahren öffnete, fand man seine rechte Hand so unversehrt und frisch, als wäre sie soeben vom lebendigen Körper abgeschnitten worden. Zum Beweis für dieses große Wunder wird die Hand bis heute in der Propsteikirche von Arnsberg aufbewahrt.

Dass es sich bei diesem Richard wirklich um den 1190 in Wedinghausen verstorbenen Prämonstratenser Richard von Arnsberg, ebenfalls Richard Anglicus oder Richard von Wedinghausen genannt (Gedenktag: 30. Dezember), handelt, wird neuerdings bezweifelt.

Lit.: Caesarius, Heisterbacensis: Prologus Cesarij cistercie[n]sis monachi i[n] Heysterbacho in dyalogu[m] miraculorum Incipit feliciter. [C]olligite fragme[n]ta ne p[er]eant. Köln: Zell, 1473; Caesarius: Caesarii Heisterbacensis monachi ordinis Cisterciensis Dialogus miraculorum / textum ad quatuor codicum manuscriptorum editionisque principis fidem accurate recognovit Josephus Strange. Acc. specimina codicum, in tabula lithogr. Coloniae [u. a.]: J. M. Heberle, 1851; Michael Gosmann: Richard von Arnsberg († um 1190) und die „Schwarze Hand“. In: Stadt Arnsberg (Hg.): Arnsbergs Alte Schriften. Handschriften und Drucke aus sieben Jahrhunderten. Arnsberg, 1988, S. 53 – 62; Caesarius, Heisterbacensis: Johann Hartliebs Übersetzung des Dialogus miraculorum von Caesarius von Heisterbach: aus der einzigen Londoner Handschrift / hrsg. von Karl Drescher. Unveränd. Neuaufl. Hildesheim: Weidmann, 2002.

Arnuphis (ca. 174 n. Chr.), ein ägyptischer General, der angeblich über magische Kräfte verfügte. Er lebte am Hof des römischen Kaisers Mark Aurel und soll, so berichtet der Geschichtsschreiber Dio Cassius, auf Mark Aurels Quadenfeldzug (173 n. Chr.) die schon halb verdursteten Truppen gerettet haben, indem er einen heftigen Sturm losbrechen ließ, der den Feind heimsuchte und es den Römern ermöglichte, ihren Durst zu stillen und den Krieg zu gewinnen. Dieser Triumph wurde als „Das Wunder der Donnerlegion“ bekannt.
Nach einer anderen Version hat das Wunder der legendäre römische Legionär und Märtyrer > Donatus von Münstereifel, Schutzpatron gegen Blitz und Donner, bewirkt. Er soll der Legio fulminata (Donnerlegion) angehört haben, die Mark Aurel 174 in den Krieg gegen die Quaden führte. Als die Legion nach langem Marsch zu verdursten drohte, erflehte Donatus vom Himmel deren Errettung durch einen kräftigen Regen. Und als ein schweres Gewitter aufzog, ließ sein Gebet die Blitze nur in das feindliche Heer einschlagen, so dass dieses zum Rückzug gezwungen wurde. Nach seinem Märtyrertod wurden die Gebeine des hl. Donatus in den römischen Katakomben beerdigt. Von dort kamen sie durch den Ordensgeneral der Jesuiten 1652 in das neue Jesuitenkolleg nach Münstereifel. Am Tag der Übertragung der Reliquien in das Eifelstädtchen habe der Heilige gleich noch zwei weitere Wunder bewirkt: Er beendete ein tosendes Gewitter und ließ einen vom Blitz getroffenen Pater wieder genesen.

Lit.: Andachtsbüchlein zur Verehrung des heiligen Märtyrers Donatus, des Patrons gegen Blitz und Ungewitter. Dülmen i. W.: A. Laumann, 1929; Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984. 1. Bd.

Aroma (griech. ároma, Gewürz, wohlriechendes Kraut), wird zuerst von Xenophon und Theophrast genannt. Heute ist A. eine generelle Bezeichnung für einen würzigen Duft, einen Wohlgeruch, der sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs sein kann oder auch für einen angenehmen, stark ausgeprägten Geschmack gebraucht wird.

Seit alters her wird mit einem lieblichen Duft etwas Wertvolles und Heiliges assoziiert. Wohlgerüche und Aromata werden schon im Alten Testament im fast 3.000 Jahre alten Hohelied dreißigmal erwähnt (Faure, 8). > Geruch der Heiligkeit.

Die duftenden Essenzen (> Ätherische Öle) spielten vor allem im Leben semitischer Völker eine herausragende Rolle. Arabien, das Land, aus dem > Balsam, > Weihrauch und > Myrrhe stammen, gilt als die Heimat der Düfte (Faure, 8).

In der Jungsteinzeit, etwa 5.000 Jahre v. Chr., war im alten Ägypten bereits bekannt, dass die von > Akazien, Terpentinpistazien und Nadelbäumen abgesonderten wohlriechenden Gummiharze sowohl als Geschmacksverstärker als auch als Konservierungsmittel anwendbar sind, und seit der Zeit der Badari-Kultur im 4. Jahrtausend v. Chr., noch bevor man Mumifizierungen vornahm, war es dort üblich, den Toten duftende Baumharze als Grabbeigaben mitzugeben (Faure, 21 f.). Aromata wurden in dieser Zeit hauptsächlich in Form von Räucherungen zum Himmel geschickt, um Kontakt mit höheren Regionen aufzunehmen. Dem ersten Umgang mit Düften und Parfums liegt die Gewissheit zugrunde, dass Pflanzen Wesenheiten sind, die eine Seele haben und denen magische, überirdische Kräfte innewohnen, die sie willentlich einsetzen können. Ein Zeugnis dafür aus dem Jahr 1483 v. Chr. befindet sich z. B. an den Wänden des Deir el-Bahari-Tempels, auf denen Myrrhenbäume tragende Menschen zu sehen sind, die sich mit den Bäumen wie mit Personen unterhalten (Faure, 42 f.).

Duftkegel mit Pomade krönten im alten Ägypten die Häupter der Gäste bei festlichen Einladungen, und wem es beliebte, der konnte im 16. vorchristlichen Jh. auch den Versuch unternehmen, mit Hilfe des hocharomatischen Griechischheu (Fenugraecum) einen alten in einen jungen Mann zu verwandeln (Rezept s. Faure, 44), wie aus dem Papyrus Smith hervorgeht.

In der Zeit der klassischen Antike wurde von dem Griechen Theophrast ca. 300 v. Chr. die erste uns bekannte wissenschaftliche Abhandlung über die Gerüche verfasst. Einige der im Altertum bekannten Aromata sind > Weihrauch, > Myrrhe, Styrax, Bdellium, Galbanum, Gummi, > Mastix, Ladanum, > Zimt, Kassia, > Narde, Malabathron, Kostus, Kalmus, Kyperblume, > Aloe, > Sandelholz, > Iris, > Veilchen, > Safran und > Rose (Schrader).

Da der aus der Antike überlieferte Wortschatz für Geschmacks- und Geruchswahrnehmungen nicht überaus reichhaltig ist, sei aus Faures Lexikon der Gerüche eine Kostprobe des zeitgenössischen Wortschatzes gegeben, mit dem die Eigenschaften und Wirkungen von Düften begrifflich eingefangen werden können: „ätherisch, aggressiv, lang anhaltend, flüchtig, unbeständig, aufdringlich, duftig, aufreizend, sich beißend, erregend, abstoßend, fein, intensiv, kontrastreich, kräftig, leicht, lieblich, mild, ölig, penetrant, pikant, samtig, sanft, süß, stark, streng, stechend, scharf, schwach, schwer, voll, weich, zart“ (Faure, 12 f.).

Im Laufe der Zeit hat sich der Geruchssinn des Menschen im Verhältnis zu den anderen Sinnen relativ wenig entwickelt. Er ist bei Stadtbewohnern geringer ausgeprägt als bei der Landbevölkerung und verflacht mit fortschreitender Technologisierung der Gesellschaft und Entfernung von der Natur immer mehr. Gegenüber Tieren steht der Mensch mit seinem Geruchssinn weit zurück, kann das Große Nachtpfauenauge ein Weibchen doch auf mindestens zehn km Entfernung wahrnehmen (Faure, 18).

Lit.: Theophrast: Naturgeschichte der Gewächse. Übers. u. erl. v. K. Sprengel. Hamburg-Altona: Hammerich, 1822; Schrader, Otto: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Grundzüge einer Kultur- u. Völkergeschichte Europas. Hg. v. A. Nehring. Berlin; Leipzig: Walter de Gruyter & Co., Bd. 1 ²1917 – 1923, Bd. 2 ²1929; Gattefossé, René-Maurice: Aromathérapie, 1928; Fischer-Rizzi, Susanne: Himmlische Düfte. Aromatherapie. Anwendung wohlriechender Pflanzenessenzen und ihre Wirkung auf Körper und Seele. München: Hugendubel, ²1989; Faure, Paul: Magie der Düfte. Eine Kulturgeschichte der Wohlgerüche. Von den Pharaonen zu den Römern. München; Zürich: Artemis, 1990; Trott-Tschepe, Jürgen: Mensch und Duft im Elementen-Kreis. Feuer, Wasser, Luft und Erde in der Psycho-Aromatherapie. Leer, Ostfriesland: Verlag Grundlagen und Praxis, 1993; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Diederichs, 1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998.

Aromakunde, Lehre vom Heilen mit ätherischen Ölen. Dabei wird die Individualität der > ätherischen Öle wie des Menschen in den Mittelpunkt der Heilkunde gerückt: „Nutzt man die Pflanzenduftstoffe als Mittel in der Heilkunde wie andere Naturheilmittel auch, so ist festzustellen und zu betonen, dass eben kein Mittel für alles und jeden anwendbar ist; die Wirkung hängt nun einmal von diversen persönlichen Faktoren, der Lebensphase, dem Krankheitsverlauf etc. ab. Der alte Satz ,Für alles ist ein Kraut gewachsen‘ macht nicht nur Hoffnung, er besagt genau genommen auch, dass jedem sein Kraut gewachsen ist, jeder also sein Heilmittel bekommen soll, das er jetzt braucht. Für eine sinnvolle Anwendung der Duftöle gilt daher: „Nicht das Symptom behandeln wir, sondern den erkrankten Menschen in seiner ganzen Person (personotrope Behandlung)“ (Trott-Tschepe, 101).

So befasst sich Aromakunde mit den unterschiedlichen Auswirkungen der Düfte auf das Wohlbefinden.

Erfrischend, belebend wirken: Basilikum, Bergamotte, Eukalyptus, Grapefruit, Petitgrain, Pfefferminz, Rosmarin, Wacholder, Zitrone. Entspannend wirken: Geranium, Jasmin, Lavendel, Mandarin, Melisse, Orange, Patschuli, Rose, Sandelholz, Ylang-Ylang, Zedernholz. Anregend, sinnlich wirken: Geranium, Jasmin, Mandarin, Patschuli, Rose, Sandelholz, Vanille, Ylang-Ylang, Orchidee. Ausgleichend, harmonisierend wirkt: Bergamotte. Konzentrationsfördernd wirken: Basilikum, Bergamotte. Winterdüfte: Wacholder, Eukalyptus, Latschenkiefer, Fichtennadel, Zitrone, Weihnachtstraum, Zimtöl.

Diese allgemeinen Hinweise können sich, wie oben erwähnt, individuell verschieben. > Aromatherapie.

Lit.: Trott-Tschepe, Jürgen: Mensch und Duft im Elementen-Kreis. Feuer, Wasser, Luft und Erde in der Psycho-Aromatherapie. Leer, Ostfriesland: Verlag Grundlagen und Praxis, 1993; Winter, Marion: Aromakunde für die Naturkosmetik: Fachbuch der theoretischen Grundlagen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten der ätherischen Öle für Kosmetikerinnen. Egweil: Simon und Wahl, 1997.

Aroma-Pflanzen oder aromatische Pflanzen werden die duftende Wirkstoffe enthaltenden Pflanzen genannt. Zu den ältesten Pflanzen, deren Aromen etwa zum Räuchern benutzt wurden, gehören > Zeder, > Wacholder, > Lorbeer, > Myrte und > Zypresse. Man bediente sich der A.-P. ursprünglich zu heiligen und heilerischen Zwecken, wie es die Geschichte der > Aromatherapie zeigt. Duftende und betörende Pflanzen fanden schon in der Antike kultische Anwendung als > Aphrodisiaka. Heute wird der Wert der A.-P. vor allem durch Aromatherapie, > Naturheilhunde und Naturkosmetik wieder beachtet, während sich die Parfumindustrie im 20. Jh. zu rund 90% auf die Herstellung von künstlichem Parfum umgestellt hat.

Zu den heute beliebtesten A.-P. gehören Nadelhölzer wie Tanne und Kiefer, Zitruspflanzen wie Zitronen- und Orangenbäume, ferner Klassiker wie Kamille, Lavendel und Rosmarin, das aus dem Kölnisch Wasser 4711 bekannte Neroli und Jasmin, während die Rose (Rosa damascena, vor allem Rosa damascena Rescht, Rosa gallica) als die Königin unter den Düften gelten darf.

Alle aromatischen Pflanzen üben grundsätzlich einen Einfluss auf den ganzen Menschen aus und können das Bewusstsein beeinflussen.

Lit.: Schrader, Otto: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Grundzüge einer Kultur- und Völkergeschichte Europas. Hg. v. A. Nehring. Berlin und Leipzig: Walter de Gruyter & Co., Bd. 1 ²1917 – 1923, Bd. 2 ²1929; Gattefossé, René-Maurice: Aromathérapie. Paris: Girardot, 1928; Fischer-Rizzi, Susanne: Himmlische Düfte. Aromatherapie. Anwendung wohlriechender Pflanzenessenzen und ihre Wirkung auf Körper und Seele. München: Hugendubel, ²1989; Faure, Paul: Magie der Düfte. Eine Kulturgeschichte der Wohlgerüche. Von den Pharaonen zu den Römern. München; Zürich: Artemis, 1990; Trott-Tschepe, Jürgen: Mensch und Duft im Elementen-Kreis. Feuer, Wasser, Luft und Erde in der Psycho-Aromatherapie. Leer, Ostfriesland: Verlag Grundlagen und Praxis, 1993; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Diederichs, 1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998.

Aromatherapie, therapeutische Anwendung hochkonzentrierter Pflanzenextrakte, > ätherischer Öle und Aromen. Ihre Geschichte reicht mindestens 5.000 Jahre zurück. Vermutlich ist die A. sogar gleichursprünglich mit der > Kräuterheilkunde, der sie in vielen Punkten ähnlich ist. In der Antike wurde sie vor allem im Kult um die Göttin > Aphrodite, die „Schutzgöttin der A.“ eingesetzt (Rätsch 2000, 147; Rätsch 1995, 73). Düfte von Blüten, Hölzern und Harzen galten als Zeichen der Götter und man benutzte sie zu kultischen wie zu heilerischen Zwecken. Den Räucherungen wurden auch pharmakologisch wirksame Pflanzenteile zugesetzt, etwa Hanfblüten, Mohnköpfe oder Bilsenkrautsamen (Rätsch 1995, 73). Schon die reichen Ägypter balsamierten ihre Toten mit aromatischen Essenzen, schickten ihren kostbaren Weihrauch zu den Göttern perfumum in den Himmel und umgaben sich mit Wohlgerüchen (Faure, 8).

In Arabien wurden von Ärzten vor allem im Rahmen alchimistischer Experimente Methoden der Destillation von Duftölen entwickelt.

Die wissenschaftliche A. wurde unter diesem Begriff in neuerer Zeit von dem französischen Chemiker René-Maurice Gattefossé (1881 – 1950) wieder eingeführt (1928), von dem französischen Arzt Jean Valnet im Zweiten Weltkrieg bei Kriegsverletzungen zur Desinfektion und Heilung eingesetzt und beschrieben und von seinen Schülerinnen Marguerite Maury und Micheline Arcier in England aufgegriffen. In Italien ist seit den zwanziger Jahren die wissenschaftliche Erforschung der Wirkung der > Essenzen, so etwa auf das Nervensystem (Cayola und Gatti) und auf die psychische Verfassung (Rovesti), im Gange. In Deutschland kam die A. als eigenständige Heilweise in den achtziger Jahren u. a. durch die Philosophin und Heilpraktikerin Susanne Fischer-Rizzi und ihre Schüler wie Jürgen Trott-Tschepe wieder ins Rollen. Inzwischen wird die A. zunehmend international akzeptiert, vor allem in Amerika, Japan und England.

Die praktische Anwendung der A. besteht sowohl im Inhalieren der aromatischen Öle, üblicherweise mittels einer Duftlampe, als auch direkt über einem Wasserdampfbad, ferner in Einreibungen, Massagen und Bädern sowie in der inneren Anwendung der intensiv bitter schmeckenden > Essenzen in geringsten Mengen mit etwas Honig. Lavendel etwa wird ein positiver Effekt bei Migräne, Stress und Schlaflosigkeit zugesprochen, Rosmarin hingegen soll gegen Muskelschmerz, kalte Gliedmaßen und niedrigen Blutdruck helfen. Bei Übelkeit und Erbrechen kann Spearmint die Symptome dämpfen, Hautausschlägen und Rheumatismus rückt man mit Ylang-Ylang- oder Lorbeerdüften zu Leibe. Auch in der Küche können ätherische Öle anstelle von frischen Kräutern wohltuend wie therapeutisch eingesetzt werden.

Inzwischen mehren sich jedoch auch die Hinweise über Kontraindikationen der Aromatherapie. So sollten Patienten mit Bluthochdruck auf die Duftnoten Rosmarin, Lavendel und Salbei verzichten. Diabetikern wird von Engelwurz abgeraten, Schwangeren und Stillenden von Sternanis, Basilikum, Wacholder, Rosen und Pfefferminz. > Aromakunde.

Lit.: Gatti, G. / Cayola, R.: L’Azione delle essenze sul sistema nervoso. In: Revista Italiana delle Essenze e Profumi (1923); Gattefossé, René-Maurice: Aromathérapie. Paris: Girardot, 1928; Maury, Marguerite: The Secret of Life and Youth. London, 1964; Tisserand, Robert: Aromatherapy. London: Mayflower paperback, 1979; Rovesti, Paolo: Alla ricerca di profumi perduti. Venezia, 1980; Valnet, Jean: Aromathérapie. Traitement des maledies par les essences des plantes, 1964, 10. verb. u. erw. Aufl. Paris: Le Livre de Poche, 1985; Fischer-Rizzi, Susanne: Himmlische Düfte. Aromatherapie. Anwendung wohlriechender Pflanzenessenzen und ihre Wirkung auf Körper und Seele. München: Hugendubel, ²1989; Faure, Paul: Magie der Düfte. Eine Kulturgeschichte der Wohlgerüche. Von den Pharaonen zu den Römern. München; Zürich: Artemis, 1990; Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991; Trott-Tschepe, Jürgen: Mensch und Duft im Elementen-Kreis. Feuer, Wasser, Luft und Erde in der Psycho-Aromatherapie. Leer, Ostfriesland: Verlag Grundlagen und Praxis, 1993; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Diederichs, 1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998; Rätsch, Christian: Aphrodisiaka – Die Mysterien der Aphrodite. In: Franz-Theo Gottwald / Christian Rätsch (Hg.): Rituale des Heilens. Ethnomedizin, Naturerkenntis und Heilkraft. Aarau, CH: AT, 2000, S. 139 – 151.

Aronstab (Arum maculatum L.), eine laut Volksetymologie namentlich an den Hohepriester > Aaron anknüpfende Heilpflanze mit pfeilförmigen, bräunlich gefleckten Blättern und kolbenförmigem, violettem Blütenstand. Der A. soll an der Stelle entstanden sein, wo Aaron seinen Wanderstab in den Boden steckte. Die wegen ihres unangenehmen Geruchs auch Stinkblume und wegen ihrer korallenroten Beeren auch Korallenwurz genannte Pflanze hat nicht zuletzt wegen ihrer markanten Form Anlass zu äußerst vielfältigen Bezeichnungen gegeben, die von Kerzenleuchter, Kalbsfuß und Eselsohren über Puppele, Männle und Heidenpuppen bis zu Drakenschwanz, Pfaffenzagel und Schwengelblume reichen. Als Lungenkraut bei Lungenerkrankungen, als Zehrwurz bei Auszehrung, d. h. Schwindsucht, als Fieberwurzel, als Bruchwurtz und Magenwurzel, ja sogar als Fresswurz diente der A. Seiner Wurzel sagt man > aphrodisische Wirkung nach.

Im Mittelalter wurde der A. als psychoaktiver Zusatzstoff zum Wein benutzt (Rätsch, 536). Dem stark giftigen, Alkaloide und Saponine enthaltenden A. werden allerlei Zauberkräfte nachgesagt, so das Abwehren von > Gespenstern und Unholden. Aus diesem Grund legt man Kindern die Blüte in die Wiege oder vergräbt sie unter der Hausschwelle (Magister Botanicus; Schöpf). „Im Geheimen unter das Kopfkissen gelegt, erregt der Knollen glückbringende Träume“ (Höfer und Kronfeld, 22).

Lit.: Höfer, F. / Kronfeld, M.: Die Volksnamen der niederösterreichischen Pflanzen. Wien, 1889; 1894; Marzell, Heinrich: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, Bd. 1. Leipzig: Hirzel, 1943; Magister Botanicus: Magisches Kreutherkompendium. Speyer: Die Sanduhr, ²1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998.

Aroteh und Tonopod, zwei Magier, die am Anfang der Zeiten lebten, als die Menschen noch unter der Erde wohnten und wenig zu essen hatten. Eifersüchtig kontrollierten sie auf der Erdoberfläche alles, was Nahrung bot, Tiere wie Pflanzen. Als die Menschen eines Tages durch einen Tunnel ans Licht kletterten, um Nahrung zu stehlen, öffneten sie das Loch etwas weiter. Heraus kamen hässliche Menschen mit netzartigen Beinen und Eberzähnen. A. und T. formten nun diese Geschöpfe in die uns bekannte Gestalt der heutigen Menschen um. Die Netzfüße bspw. machten sie zu Zehen. So wurden sie zu den Schöpfern der Tupi-Indianer im südöstlichen Brasilien.

Lit.: Figge, Horst H.: Tupi: zum westafrikanischen Ursprung einer südamerikanischen Sprache. Frankfurt/M.: Lang, 1998; Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Arousaleffekt (engl. arousal, Wachheit, Erregung), Weckeffekt. Zustand diffuser kortikaler Erregung, der auf eine sensorische Stimulation in Form von Wachheit, Erregung, kognitiver oder emotionaler Anspannung folgt. So dient arousal als Basis zur Annahme eines allgemeinen Aktivierungstriebes zur Erklärung etwa von Liebe, als physiologische Basis von gewissen Persönlichkeitsunterschieden und Geisteskrankheiten sowie zur Beurteilung von Drogenweinwirkungen. Arousal wird ganz allgemein als eine Skala verstanden mit dem Koma als unterster Stufe, aufsteigend gefolgt von Tiefschlaf bis leichtem Schlaf und Schläfrigkeit. Von der Mitte aufwärts folgen dann die Zustände der Entspannung, Wachsamkeit, Aufregung, Angst und schließlich Terror. A. kann auch zur Abklärung paranormologischer Reaktionen dienlich sein.

Die physiologischen Parameter sind jeweils mit den subjektiven Erlebnisformen zu hinterfragen, um das subjektive Empfinden abzuklären.

Lit.: Encyclopedia of Psychology / H. J. Eysenck; Arnold, W.; Meili, R. (Hg.). Bd. 1. London: Search Press, 1972.

Arpe, Peter Friedrich, Jurist und Historiker, wurde am 10. Mai 1682 in Kiel geboren, wo sein Vater Senator und später Bürgermeister war, und starb am 4. November 1740 in Schwerin. Nach dem Gymnasium studierte er ab 1699 in Kiel, verbrachte eine Zeit lang in Kopenhagen und begleitete einen jungen dänischen Grafen nach Wolfenbüttel auf die Ritter-Akademie. 1712 ging er nach Holland, von wo er 1716 nach Kiel zurückkehrte, um die Professur des öffentlichen und vaterländischen Rechts zu übernehmen, die er 1721 antrat. 1724 entlassen, begab er sich nach Hamburg, wo er 1729 Braunschweig-Wolfenbüttler Resident mit dem Titel Legationsrath wurde. Nach dem Tod von Herzog August Wilhelm 1731 wurde er entlassen und fand 1733 eine Anstellung als Justizrat bei der Regierungskanzlei in Schwerin. Von seinen Schriften, über die er in seinen „Feriae aestivales, sive scriptorum suorum historia“ (1726) selbst berichtet, sei hier nur sein bedeutendes Buch über die Talismane eigens genannt: De prodigiosis naturae et artis operibus talismanes et amuleta dictis cum recensione scriptorum huius argumenti (Hamburg, Christian Liebezeit, 1717). Das Buch enthält eine kritische Würdigung der Literatur über Amulette und Talismane, bespricht über 500 Werke und bringt auch eine Fülle biographischer Details.

W.: Geschichte der Talismannischen Kunst von ihrem Ursprunge, Fortgange und Verbreitung. Ein Beitrag zu den geheimen und höhern Kenntnissen der Menschen. Germanien [i. e. Gotha: Ettinger], 1792.

Arpentigny, Casimir Stanislaus d’ (um 1798 – 1864), französischer Esoteriker, der so schöne Hände hatte, dass er sie des öfteren mit den Händen der Höflinge Ludwigs XVIII. verglich. Dabei war er der Ansicht, dass der Daumen ein Zeichen von Talent und Genie sei, und entwickelte zur Weissagung mit der Hand die Grundlagen der > Chirognomie.

W.: La chirognomie (etc.). Paris: Charles Le-Clere, 1843; La Science de la Main, ou Art de reconnaître les tendances de l‘intelligence d‘après les formes de la main [Texte imprimé] / 3e édition. Paris: E. Dentu, 1865.

Arphaxat, ein persischer Zauberer, der nach Abdias von Babylon genau zu der Zeit von einem Blitzschlag getötet wurde, als die hll. Simon und Judas den Märtyrertod erlitten.

Im Besessenheitsbericht der > Nonnen von Loudun ist von einem Dämon Arphaxat die Rede, der angeblich den Körper von > Louise Pinterville in Besitz nahm.

Lit.: Abdias, Babylonius: Abdiae Babyloniae primi Episcopi, ab Apostolis constituti, De historia certaminis Apostolici, libri decem, Julio Africani interprete: Item: Ioachimi Perionij de rebus gestis & vitis Apostolorum liber. Quibus adiunximus propter argumenti affinitatem vitas BB. Matthi[a]e Apostoli, atque Marci Evangelist[a]e, ex scriniis Notariorum primitiv[a]e Ecclesi[a]e depromptas. Cum rerum et verborum indice luculento. Coloniae: Cholinus, 1569; Abdias Babylonius: Von der Historia des Apostolischen Kampffs: zehen Bücher, wie sie der Abdias anfänglich in hebräischer Sprache beschrieben… Nunmehro ins Deutsche übertr. Amsterdam, 1715.

Arpitamano-Buddhi (sanskr.), gottergebenes Denken und Verstehen, das durch eine spirituelle Praxis von egoistischen Regungen frei geworden ist.

Lit.: Fischer-Schreiber, Ingrid / Ehrhard, Franz-Karl /Friedrichs, Kurt / Diener, Michael S. (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Bern u. a.: Scherz, 1986.

Arrangement (fr., Übereinkommen), Eingliederung in angemessene mitmenschliche Gemeinschaften, welche Entmutigungen und damit Ersatzarrangements, allein phantasierte oder neurotisch fiktive Leitlinien, verhindern. Auch Wahnvorstellungen von Geisteskranken werden als Ersatzarrangements angesehen, bei denen Minderwertigkeitsgefühle und der Versuch ihrer Kompensation die extremste Übersteigerung erfahren haben. Es geht hierbei um unbewusste, komplexe Mechanismen des Ich-Schutzes, die der Konfliktumgehung dienen. Das Konzept bietet Ansätze zum Verständnis der Mechanismen, die der Ausbildung von > Trancepersönlichkeiten zugrunde liegen können.

Lit.: Adler, Alfred: Praxis und Theorie der Individualpsychologie: Vorträge zur Einführung in die Psychotherapie für Ärzte, Psychologen und Lehrer. Neu hrsg. von Wolfgang Metzger. Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch-Verl., 1994.

Arras, Frankreich. Während der Pestepidemie von 1105 in Arras erschien den betenden Einwohnern vom Kirchturm des Städtchens her die Muttergottes und übergab dem Bischof eine brennende Kerze. Wer vertrauensvoll Wasser trank, das mit dem Wachs der brennenden Kerze in Berührung kam, wurde von der Pest geheilt oder vor ihr bewahrt. Die Kerze wurde bis zum Ende der Pest nicht kleiner und erlosch nicht. 1140 erbaute man dann die erste Kapelle zur Ehren der Notre-Dame des Ardents (feu ardent = die Pest) bzw. der Notre-Dame-de-la-Sainte-Chandelle.

Lit.: Ernst, Robert: Lexikon der Marienerscheinungen. Walhorn (Belgien): Edition Markus, 1984.

Arras > Hexen von Arras.

Arriola, Pepito. 1900 stellte Prof. Charles > Richet auf dem Internationalen Kongress für Psychische Forschung das etwa dreieinhalbjährige spanische Musik-Wunderkind Pepito Arriola vor. Der Knabe, der erst ein Jahr zuvor mit dem Klavierspielen begonnen hatte, konnte beim Spielen ganze Oktaven greifen. Beobachtern schien es, als elongierten seine Hände während des Spiels.

A. komponierte Militär- und Trauermärsche, Walzer und Minuette sowie Habaneras (kubanische Tänze) und spielte an die 20 Stücke auswendig. Elf Jahre später begann er mit dem > Automatischen Schreiben.

Lit.: Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984. 1. Bd.

Arrival case > Ankunftsphänomen.

Arrow Boy („Pfeiljunge“) ist ein Heros der Cheyenne, die ein Volk der Algonkin-Sprachfamilie sind und zu deren westlichsten Vertretern gehören. Die Bezeichnung „Cheyenne“ ist wahrscheinlich eine Abwandlung der Sioux-Bezeichnung Sha hi ye na, was so viel wie „sie sprechen eine unverständliche Sprache“ bedeutet. Sie selbst nennen sich „Tsitsistas“ – „das Volk“. Die Ableitung des Namens vom französischen chien (Hund) ist vermutlich falsch.

Die Cheyenne lebten als Jäger und Wildreisbauern im Gebiet des heutigen Minnesota, USA, und siedelten um die Mitte des 17. Jhs. am Mississippi und Missouri. Im Gebiet der Black Hills gelangten sie in den Besitz von Pferden. Sie führten das typische Leben der Präriestämme, pflanzten Mais, Bohnen, Kürbisse und gingen der Büffeljagd nach.

Arrow Boy brachte seinem Volk die heiligen Zeremonien des Medizinbündels aus der Geisterwelt bei und sicherte so dessen Wohlstand. Bereits seine Geburt erfolgte unter außergewöhnlichen Umständen und bald zeigte sich, dass der Knabe übernatürliche Kräfte besaß. Gleich nach der Geburt starben die Eltern, weshalb er bei der Großmutter aufwuchs. Kaum geboren, konnte er schon gehen und sprechen. Als man ihm eines Nachts auf seinen Wunsch hin einen Schamanenmantel umhängte, machte er mehrere Verwandlungen durch. Beim ersten Abnehmen des Mantels saß sein Kopf nicht mehr auf seinen Schultern, beim zweiten Abnehmen war er ein alter Mann, beim dritten Mal ein Haufen Knochen und beim vierten Mal wurde er wieder zum Jungen.

Da er also das Kernstück schamanischer Techniken, die Rückkehr vom Tod zum Leben, meisterte, wussten die anwesenden Schamanen, dass er einer von ihnen war. Als er jedoch beim Kampf um einen Bison, den er erlegte, den Häuptling erschlug, wurde er verbannt. Mit ihm verschwanden aber auch alle Bisons, sodass unter den Cheyenne große Not herrschte. In einer Berghöhle traf der ausgestoßene A. auf die Ältesten aller Stämme; jeder von ihnen hatte ein heiliges Bündel in der Hand. In ihrem Kreis war ein Platz unbesetzt, auf dem ebenfalls ein Medizinbündel lag. Die Ältesten sagten zu ihm, wenn er den Platz einnehme, könne er das Bündel zu den Cheyenne bringen und ihnen ihre Stärke zurückgeben. Nach vierjähriger Einführung in die Medizinbündel-Zeremonie mit all ihren Gesängen und Ritualen kehrte er unter dem Namen „Pfeiljunge“ zum Zeichen seiner spirituellen Transformation zu seinem Volk zurück und übte seine neuen Kräfte aus. Um den Hunger zu lindern, verwandelte er einige Bisonknochen zu frischem Fleisch und unterrichtete seine Stammesgenossen, wie man Geister besänftigt. Dann sang er in einer Zeremonie der Schamanen die vier Pfeillieder. Die Büffel kamen zurück und die Cheyenne mussten nie mehr Hunger leiden.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika. Reichelsheim: Edition XXV, 2001.

Arrowroot (engl., „Pfeilwurzel“), südamerikanisches Wurzelgewächs, deren fleischige Knollen dazu gedient haben sollen, aus vor allem durch Giftpfeile verursachten Wunden Gift abzusaugen – von daher die englische Bezeichnung arrow-root („Pfeilwurzel“).

Aus den Knollen wird auch ein Stärkemehl gewonnen.

Lit.: Nölle, Wilfried: Völkerkundliches Lexikon: Sitten, Gebräuche und Kulturbesitz der Naturvölker. München: Goldmann, 1959.

Arroyo, Stephen, amerikanischer Psychologe und Astrologe (*1946), der zwischen esoterischen Lehren und der Naturwissenschaft im Bereich der Persönlichkeitsanalyse eine Synthese zu erstellen versucht. Er definiert > Astrologie als eine für psychologische Zwecke angewandte Astronomie. Mit ihrer Hilfe will A. die verlorengegangene Verbindung des Menschen mit dem Kosmos wiederherstellen.

Lit.: Arroyo, Stephen: Handbuch der Horoskop-Deutung. Richtlinien zur Interpretation des Geburtshoroskops. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1994.

Ars magna (lat., „Große Kunst“), das auf Katalanisch verfasste Werk des Ramon Llull (> Raymundus Lullus, 1232 / 33 – 1316), in dem die sog. „Lullische Kunst“, das heißt, eine mechanische Begriffskombinatorik, dargelegt wird, die es erlauben sollte, aus sinnvollen Begriffen auf formalem Weg neue sinnvolle Begriffe zu entwickeln und so zu neuen Einsichten zu gelangen. Das Werk hat die gesamte Entwicklung der Logik und Logistik bis hin zur modernen „Computertechnik“ befruchtet.

Llull verfolgte damit eine zwischenkulturelle Kommunikation von Christen, Juden und Muslimen, die Erschließung des menschlichen Geistes sowie die Schaffung unbekannten Wissens. Die erste Ausgabe erschien 1274 und wurde schließlich nach mehrfacher Überarbeitung 1308 in endgültiger Fassung präsentiert. Durch ein ausgeklügeltes Zahlensystem sollte der Leser ein Mittel an die Hand bekommen, sich auf jeder Seinsstufe zurechtzufinden.

Lit.: Lullus, Raimundus: Illuminati sacre pagine p[ro]fessoris amplissimi magistri Raymundi Lull. ars magna generalis et ultima quaru[n]cunq[ue] artium & scientiarum ipsius Lull. assecutrix et clauigera: et ad eas aditum faciliore[m] praebens: antehac nusq[uam] arti impressorie emunctius co[m]mendata / & per magistrum Bernardum la Vinheta elimata. Lugd: Jacob. Marechal, 1517.

Ars moriendi (lat., „Kunst des Sterbens“), bezeichnet eine seit der Antike (Cicero) bestehende Gattung religiöser Erbauungsliteratur, die den Menschen auf das „richtige“ Sterben vorbereiten soll. Ihre Höhepunkte hatte die A. m. Ende des 14. Jhs. im Gefolge der großen Seuchen und setzte sich bis zum Barock (17. Jh.) fort.

Im Denken des Mittelalters ist die Todesstunde der Ort des Ringens der Mächte des Guten (> Engel) mit denen des Bösen (> Teufel) um die Seele des Sterbenden. In diesem Sinne ist die Ars moriendi eine „Ars vivendi“, eine Kunst heilvollen Lebens, nach dem Motto von Psalm 90, 12: „Lerne mich meine Tage zählen, dann werde ich weise“. Diese Erkenntnis der Eitelkeit alles Zeitlichen (vanitas vanitatum est omne vanum) macht den Tod zum Tor ins eigentliche Leben, im Sinne einer lebenslangen Vorbereitung auf die Erlösung durch den Tod zum ewigen Leben und zur ewigen Glückseligkeit. Eng damit verbunden ist die Vorstellung von einer unsterblichen und für alles verantwortlichen Seele. Mit dem Schwinden der Vorstellung von einer unsterblichen Seele stieg die Angst vor dem Tod und der Wunsch nach einem plötzlichen Tod, weil man dem Tod keine größere Lebensbedeutung zuspricht als das Ende des Lebens.

Lit.: Rudolf, Rainer: Ars moriendi: von d. Kunst d. heilsamen Lebens u. Sterbens. Köln; Graz: Böhlau, 1957; Ariès, Philippe: Studien zur Geschichte des Todes im Abendland. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1981; Klein, Siegfried: Zum Sterben nach Rio und andere spannende Geschichten. Berlin: Frieling, 2001; Borst, Arno / Graevenitz, Gerhart v. / Patschkovsky, Alexander / Stierle, Karlheinz (Hg.): Tod im Mittelalter. Konstanz: Univ.-Verl., 1993.

Ars notoria (lat., „Gedächtniskunst“), besteht darin, mittels verschiedener Zeremonien und Gebete ohne die Mühe des Studiums in den Besitz der Wissenschaften, des Wissens um die Zukunft und der verborgenen Dinge zu gelangen. Diese „Geist-Kunst“ soll der Höchste Schöpfer bereits Salomo geoffenbart haben, was > Agrippa mit dem berühmten Zauberbuch „Der Schlüssel Salomons (Clavicula Salomonis)“ in Verbindung bringt, wobei er auch das aus einer Handschrift des 14. Jhs. im Kloster Admont (Österreich) entnommene Gebet zur Erlangung von Gedächtniskraft und Beredsamkeit veröffentlichte (Agrippa, 5, 157 – 285). A. n. wird jedoch schon von Gervasius von Tilbury (1140 – ca. 1220) erwähnt, der berichtet, dass man an Vergils Haupt in seinem Grab ein Buch über die ars notoria gefunden habe (Camparetti, 235). Thomas von Aquin, Alexander von Hales sowie Gerson verurteilen die A. n., weil sie auf einem Bund mit den Dämonen beruhe und wirkungslos sei. Trotzdem wird sie in der Folgezeit oft genannt. In seinem Überblick über Formen des Aberglaubens spricht auch Luther von der A. n. 1554 wurde das Buch des Nic. Perazonus: De arte notoria et memoria vom Venediger Index verboten. Agrippa schrieb ein Buch darüber, wogegen sich Erasmus lustig macht.

Im Übrigen benutzte man schon im Altertum Mittel zur Gedächtnisstärkung, wie aus dem 1. Berliner magischen Papyrus hervorgeht. Hierher gehört auch eine Reihe magisch-jüdischer Rezepte. So gab man z. B. Kindern und Erwachsenen vor dem Lernen Kuchen mit Engelnamen und Amulettzeichen (Zunz). Schließlich ist auch noch die islamische Vorstellung von Gedächtniskraft und Vergesslichkeit zu nennen.

Lit.: Luther, Martin: Martin Luthers Werke: kritische Gesamtausgabe. Weimar: Böhlau; Zunz, Leopold: Zur Geschichte und Literatur. Nachdr. Hildesheim: Olms, 1845; Comparetti, Domenico: Virgil im Mittelalter. Aus dem Ital. übers. von Hans Dütschke. Leipzig: Teubner, 1875; Agrippa von Nettesheim: Heinrich Cornelius Agrippas v. Nettesheim Magische Werke: Zum 1. mal vollst. in‘s Deutsche übers.; vollst. in 5 Th.; Bdch. 1 – 5 /     sammt d. geheimnißvollen Schriften d. Petrus v. Abano, Pictorius v. Villingen [u. a.]. Berlin: Barsdorf, 1916; Der Schlüssel Solomon = Clavicula Solomonis / e. Übers. u. Ed. von Ms. aus d. Brit. Museum von S. Liddell MacGregor Mathers. Übers. in d. Dt. u. Kommentar von Marcus M. Jungkurth. Berlin: Schikowski, 1985.

Ars Paulina (lat.), dem Titel „Ars Paulina des Königs Salomon“, des III. Buches des Zauberbuches > Lemegeton, entnommen, gliedert sich in 2 Teile: 1) die Engel der Stunden von Tag und Nacht, 2) die Engel der Tierkreiszeichen.

Lit.: Marc-Roberts-Team: Lexikon des Satanismus und des Hexenwesens. Graz: Verlag f. Sammler, 2004.

Ars, Pfarrer von > Vianney Jean Baptiste.

Arsen, chem. Element, 3-5wertiges Halbmetall, Ordnungszahl 33, Atomgewicht 74,92. Als Bezeichnung für das elementare A. ist der Name erst seit dem 19. Jh. gebräuchlich. Vorher bedachte man das metallische A., vor allem aber auch dessen Oxid, mit dem Namen Arsenik (griech. arsenikon, arrenikon, männliche Stärke). Bei den schon in der Antike verwendeten Verbindungen des A. handelt es sich um das gelbe Auripigment (d. h. Farbe des Goldes, auch Orpiment oder Operment), den roten Realgar (vom arab. rahg al-far, d. h. Rattenpulver, auch Risigallum oder Sandarach genannt) und das weiße Arsen-III-Oxid. Das Arsenik gewann man durch Rösten von Metallarseniden. Der dabei entstandene Rauch, den man durch die Kamine leitete, wurde auch Hüttenrauch genannt. Die giftige Wirkung wurde erst im 11. Jh. (> Avicenna) erkannt.

Das Altertum kannte A. lediglich in Schwefelverbindungen (Schrader). Metallisches A. wurde möglicherweise erstmals von > Albertus Magnus (1200 – 1280) durch Erhitzen von Auripigment mit Seife (als Reduktionsmittel) gewonnen. Die A.-Verbindungen wurden als Farben und Gifte verwendet, Letztere auch für zahlreiche Morde, bis schließlich James Marsh (1794 – 1846) ein Verfahren, die sog. Marshsche Probe entwickelte, die den Nachweis selbst geringer Mengen von A. ermöglichte. Inzwischen sind auch sämtliche Arsenpharmaka verboten, darunter das von Paul Ehrlich (1834 – 1915) entwickelte Salvarsan zur Syphilistherapie.

Das toxische Spurenelement A. findet sich als Umweltnoxe in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln; in hohem Grad in Fischen, außerdem in Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden sowie in Legierungen, Keramik, Glas und Farbstoffen. Bei Intoxikationen können sich Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchkrämpfe, Leberschäden bis hin zum akuten Nierenversagen einstellen.

In der > Alchemie zählte man das A. zu den Geistern, vor allem wegen seiner Eigenschaft mit Kupfer eine silbrige Legierung zu bilden. Aufgrund der von den Alchemisten vermuteten nahen Verwandtschaft von A. zu Quecksilber und Schwefel waren A.-Verbindungen wichtige Substanzen der alchemistischen Praxis.

Für > Paracelsus, dem zufolge kein Gift in ein anderes Gift umgewandelt werden kann, ist Arsenik eines der höchsten Gifte. Brennt man es mit Salpeter, dann ist es kein Gift mehr. Es komme auf die Zubereitung an. So wurde A. auch für Liebestränke und in geringen Dosen für Kräftigungsmittel verwendet. Selbst die in zahllosen Anzeigen zur Erzielung der idealsten Brüste der Welt angepriesenen Präparate enthielten häufig Arsen (Lehmann, 172). Die Gämsenjäger in der Steiermark und in Tirol glaubten, beschwerdelos tagelang das Wild verfolgen zu können, sofern sie ein erbsengroßes Stück A. im Mund behielten (Steiner).

Lit.: Steiner, Carl Joseph: Das Mineralreich nach seiner Stellung in Mythologie und Volksglauben, in Sitte und Sage, in Geschichte und Litteratur, im Sprichwort und Volksfest: kulturgeschichtliche Streifzüge. Gotha, 1895; Schrader, Otto: Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde: Grundzüge einer Kultur- und Völkergeschichte Alteuropas. Berlin u. a.: de Gruyter, 1917; Lehmann, Friedrich R.: Rezepte der Liebesmittel: eine Kulturgeschichte d. Liebe. Heidenheim: E. Hoffmann, 1966; Hiller, Helmut: Paracelsus-Lexikon. Anger: Anger Verlag Eick, 1996; Lewin, Louis: Die Gifte in der Weltgeschichte: toxikologische allgemeinverständliche Untersuchungen der historischen Quellen. Lizenzausg. Köln: Parkland, 2000.

Arst, Johann (um 1817), 11-jähriger Somnambuler, den Dietrich Georg von Kieser ab 1817 behandelte und darüber genau Tagebuch führte. A. litt seit seinem zweiten Lebensjahr an Krämpfen, epileptischen Anfällen, Veitstanz und ähnlichen Beschwerden. Bald zeigte sich eine auffallende Besserung, wobei der Zustand verschiedene Wandlungen durchmachte. Am 6. Oktober 1817 begann eine Periode von immer tieferem Somnambulismus, der zu Hellsehen führte. A. begann sich bei geschlossenen und verbundenen Augen mit großer Sicherheit im Zimmer zu bewegen. In diesem Zustand vermochte er mit den Fingerspitzen Farben zu unterscheiden und gedruckte Texte zu lesen. Diese Wahrnehmungsform der Finger entfaltete sich bis zum Sehen in größerer Entfernung und verbreitete sich auf fast alle Teile des Körpers. Nach einem Jahr war A. geheilt, verlor aber zugleich das außergewöhnliche Sehvermögen.

Lit.: Kieser, Dietrich Georg v., in: (Kiesers) Archiv für den thierischen Magnetismus. Herausgegeben von Prof. Kieser, Eschenmaier und Nasse, III 2, S. 30 (bis 1824 zwölf Bde.); Kieser, Dietrich Georg v.: System des Tellurismus oder thierischen Magnetismus: ein Handbuch. Neue Ausgabe. Leipzig: Herbig, 1826; Moser, Fanny: Der Okkultimus – Täuschungen und Tatsachen. München: Ernst Reinhardt, 1935, S. 430 – 432.

Arsu > Ruda.

Art Stimme, Bezeichnung für eine besondere Art und Weise, in der Gott seine Stimme indirekt, einem Echo gleich, dem Menschen hörbar macht. Solche Hallstimmen wurden zur Zeit, zu der die > Prophetie als erloschen galt, für eine abgeschwächte Form derselben gehalten.

Lit.: Der babylonische Talmud / Ausgewählt, übers. u. erklärt von Reinhold Mayer. München: Goldmann, 1965.

Artamanen, Bezeichnung der Mitglieder einer von Willibald Hentschel geprägten rechtsradikalen Bewegung, die 1924 als „Bund Artam“ in München gegründet wurde. Der Name bezieht sich wohl auf Artam, den Gott der Arier, wird aber auch als eine Zusammensetzung aus den althochdeutschen Wörtern „art“ (Ackerbau) und „manen“ (Männer) gesehen; allerdings gehörten der Bewegung auch Mädchen an. Ziel der Bewegung war die Gründung einer arischen völkischen Gemeinschaft. Unter der Führung von Wilhelm Kottenrodt (alias Kotzde) und Bruno Tanzmann wurden die Artamanen in den 1920er Jahren zur einflussreichsten rassenideologischen und utopistisch proto-faschistischen Jugendorganisation. So wird der Name „Artam“ auch als altgermanisches Wort für „Erneuerung aus den Urkräften des Volkstums“ gedeutet. Die A. betonten eine Blut-und-Boden-Ideologie, propagierten einen Arbeitsdienst in der Landwirtschaft und die Verdrängung der „Fremdvölkischen“ nach der verstärkten Besiedlung im Osten.
Man trug germanische Trachten und führte unter alten Bäumen Tänze und Weihen durch, um die Jungen an Sonnwendfeiern mit der Ahnenseele zu verbinden und den germanischen Geist von der Fremdherrschaft orientalischer Religion, wie Christentum und Judentum, zu befreien. War die Bewegung anfangs noch ein Sammelbecken für verschiedene Denkrichtungen, geriet sie ab 1925 immer stärker unter den Einfluss des Nationalsozialismus, stellte das Hakenkreuz gegen das christliche Kreuz und ging nach 1933 in der NSDAP auf.

Mitglieder waren u. a. Reichsbauernführer Richard Walther Darré, der Geschäftsführer der SS-Stiftung „Ahnenerbe“, Wolfram Sievers, Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß sowie der Reichsführer Heinrich Himmler, der daraus viele Anregungen für seine Schutzstaffel holte: schwarze Uniformen, Runenzeichen, Feuerrituale, rassistische Weltanschauung, biologische Auswahlkriterien und Elitegesinnung.

Lit.: Schlicker, Wolfgang: Die Artamanenbewegung. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft XVII. Jg. (1970) 1, 68; Karrer, Michael: Die Artamanen – Völkische Jugend unter der Weimarer Republik. In: Historische Zeitschrift, Bd. 213, Dezember 1971, 590.

Artefakte (lat. ars, Kunst; factum, gemacht), das durch menschliche Kunst Geschaffene im Gegensatz zum natürlich Gewachsenen. Philosophisch dient der Begriff zur Grundbestimmung des Kunstwerks, nicht Naturschönes sondern ein Kunstschönes. Völkerkundlich werden Artefakte die vorgeschichtlichen Werkzeuge, Geräte oder Geräteteile aus Stein, später aus Knochen, Horn oder Muscheln genannt, die bei vielen Kulturen als Zeichen einstiger göttlicher Aktivitäten galten, etwa als Waffen im Krieg gegen Dämonen oder als Donnerkeile. Weltweit verbreitet ist der Gebrauch dieser frühgeschichtlichen Funde als Zaubersteine, um Unheil zu bannen und Dämonen zu besiegen.

Lit.: Rätsch, Christian: Lexikon der Zaubersteine aus ethnologischer Sicht. Graz / Austria: ADEVA, 1989; Geschichte des Deutschen Museums: Akteure, Artefakte, Ausstellungen / Wilhelm Füßl und Helmuth Trischler (Hg.). München: Prestel, 2003.

Artemidoros von Daldis (135 – 200), griech. Schriftsteller, der durch seine Schriften über die > Traumdeutung berühmt wurde. Seine Geburtsstadt ist eigentlich Ephesos, während seine Mutter aus Daldis in Lydien stammte. A. v. D. verfasste fünf Bücher mit dem Titel Oneirokritikon (griech. oneiros, „Traum“), die jahrhundertelang als Standardwerk der Traumdeutung galten. Auf seinen ausgedehnten Reisen hatte er sehr viel Fallmaterial gesammelt von Träumen, die sich in bestimmter Weise erfüllten. Schon bei ihm klingt die Vieldeutigkeit von Symbolen in Träumen an, welche ein großes Hindernis für die Zukunftsprognose anhand eines Traumes darstellt. Diese Schwierigkeit kommt in folgender Traumbeschreibung des A. v. D. zum Ausdruck: „Ein Mann hatte seinen Sohn als Ringkämpfer nach Olympia gebracht und träumte nun, dass der Sohn auf der Rennbahn getötet und begraben worden sei. Der Sohn wurde natürlich Sieger in den olympischen Spielen; denn ebenso wie man dem Toten eine Gedenktafel errichtet und ihn selig preist, so tut man dies auch bei den Siegern in den olympischen Spielen“ (Lehmann, 550). Oder ein anderes Beispiel aus der Sammlung des A. v. D.: „Ein Mann träumte, dass sein Stock zerbrochen wäre. Er wurde krank und lahm; seine körperliche Kraft und sein Wohlbefinden waren nämlich mit dem Stocke angedeutet. Als er nun über die anhaltende Lähmung sehr verstimmt war, träumte er wieder, dass sein Stock zerbrochen sei. Er wurde gleich gesund; der Traum sagte jetzt, er hätte seinen Stock nicht länger nötig“ (Lehmann, 550).
Seine Traumdeutung berücksichtigt bereits die Mehrdeutigkeit der Symbole, weist jedoch bestimmten Traumbildern eine feste Bedeutung zu. Träumt ein armer Mann, dass er in eine Frau verwandelt wird, so ist dies ein gutes Zeichen, denn es wird sich jemand seiner annehmen. Der gleiche Traum aber kündigt dem reichen Mann an, dass es mit seiner Autorität zu Ende ist. Ein Kranker stirbt, wenn er im Traum einen Gastwirt sieht, denn dieser heißt jeden willkommen wie der Tod. Trotz dieser festen Aussagen fordert A. v. D. die Kenntnis des Geisteszustandes und der sozialen Stellung des Träumenden.

W.: Viele Ausgaben des Oneirokritikon wie etwa Venedig 1518 (griech.), Lyon 1546, 1555 (franz.), Paris 1547 (franz.), Straßburg um 1580 (dt.), Paris 1603 (griech.-lat.), Rouen 1664 (franz.), Leipzig 1677, 1735 (dt.).

Lit.: Biedermann, Hans: Handlexikon der magischen Künste. Graz: ADEVA, 1968; Artemidorus <Daldianus>: Des griechischen Philosophen Artemidori grosses und vollkommenes Traum-Buch: In dem d. Ursprung, Unterschied u. d. Bedeutung allerhand Traeume, die einem im Schlafe vorkommen koennen, aus natuerlichen Ursachen hergeleitet u. erklaeret wird. Darmstadt: Bläschke, 1969; Drury, Nevill: Lexikon des esoterischen Wissens. München: Droemer Knaur, 1988; Lehmann, Alfred: Aberglauben und Zauberei. Bindlach: Gondrom, 1990.

Artemis (griech.), bekannte Göttin der griechischen Mythologie, die der römischen > Diana entspricht, während sie im Vorderen Orient mit > Kybele und > Anahita gleichgesetzt wird. Als Tochter von > Zeus und Leto ist sie die Zwillingsschwester des > Apollon. A. ist vorrangig eine Naturgottheit, eine Göttin des Erdsegens, des Wachsens und Gedeihens, wohl ursprünglich eine ehemalige Berg- und Waldnymphe. Blumige Auen sind ihr heilig, während in manchen A.-Kulten auch Bäume geheiligt wurden, etwa der Olivenbaum, die Zeder, die Zypresse, die Eiche und der Nussbaum. Die weibliche Gottheit gilt als Hüterin der Übergänge, sowohl von Geburt und Erwachsensein als auch von Wildheit und Kultur, hier mehr auf der Seite von Geburt und Jugend, dort mehr auf Seiten der Wildheit. Sie ist besonders für Frauen zuständig, für die Stufen ihres Lebens, wie Jungfräulichkeit, Initiation, Hochzeit und Entbindungen, aber auch für ihren Tod. Die mit dem Bogen ausgestattete A. ist nicht nur die Herrin der Tiere, sondern sie geht auch mit Apollon auf die Jagd, wobei sie nebenbei bisweilen Frauen tötet. So gilt ihr unsichtbares Geschoss neben sichtbaren Krankheiten als mögliche Todesursache. Als Todes- und Kriegsgöttin wurden der A. auch Menschenopfer dargebracht. A. rückt in die Nähe der > Hekate und der Unterwelt, ja sie bewegt nach Theokrit die Tore zum > Hades (Müller-Ebeling, 146).

Nicht nur die wilde, auch die kultivierte Natur, wie Ackerbau und Viehzucht, gehört zu ihrem Revier.

A. schützt die Wege und die Wanderer, gebietet über die Gewässer und begleitet den Lauf der Flüsse wie den Lauf der Schiffe. Sie ist die Retterin aus aller Not. Sie ist die Göttin des Handels und Wandels, der Marktplätze und schließlich des gesamten Staatswesens. Auch Schwüre, besonders von Frauen, werden in ihrem Namen abgelegt.

Die Frauengöttin A., die Despoina Gynaikon, symbolisiert die ewig jugendliche Schönheit und sympathisiert mit allen schönen Künsten. Sie wird mit Phorminx bzw. Kitharis, einer Art Leier, die auch ihr Bruder liebte, in Verbindung gebracht, ebenso mit Tanz und Gesang (Ololygai) junger Mädchen, der durch die Haine klang. Der Frühling ist ihre Jahreszeit.

Noch weitere Funktionen werden der großen Gottheit zugeschrieben: A. beherrscht die Heilkunst wie ihr Zwillingsbruder Apollon. Aus der Ilias (V 447 f) wissen wir, dass sie den verwundeten Aineias heilte. Warme Heilquellen wie die der Thermopylen und von Astrya, Marios und Phigalia sind ihr heilig. Wegen ihrer engen Verwandtschaft mit Apollon wird sie auch mit der > Mantik und verschiedenen Orakelstätten wie in Adrasteia, auf Delos, bei Seleukeia und in > Delphi in Zusammenhang gebracht.

Ist Apollon auch Sonnengott, so ist A. gleichzeitig Mondgöttin. Die Verehrung der A. als Mondgottheit, griech. Selene, ist mit Sicherheit erst aus stoischer Zeit bezeugt. Damit wurde die allwaltende Naturgöttin, deren Verantwortungsbereich auch Pflanzenwachstum und Fruchtbarkeit oblagen, zur Göttin des > Zaubers, der Zauberinnen und > Hexen sowie der > Zauberkräuter. Die ihr heiligen Pflanzen waren u. a. verschiedene > Artemisia-Arten wie Wermut (> Absinth) und > Beifuß, aus denen man berauschende Getränke herstellte, „um sich ekstatisch mit der in den Frauen verkörperten Göttin zu vereinigen“ (Rätsch, 39). Die magischen Kräuter wurden bevorzugt bei Mondschein gepflückt oder im Mondschein getrocknet. A. wurde auch als Lichtträgerin, Phosphoros, verehrt.

A. (röm. Diana) und Apollon (röm. Apollo) gehörten zu den 217 v. Chr. in Rom eingeführten sechs griechischen Götterpaaren.

Lit.: Paulys Real-Encyclopädie. Hg. v. G. Wissowa u. a. Stuttgart, 1894 ff., Bd. 2 1896; Bertholet, Alfred: Wörterbuch d. Religionen, 4. Aufl. / neu bearb., erg. u. hg. v. Kurt Goldammer. Stuttgart: Kröner, 1985; Waldenfels, Hans (Hg.): Lexikon der Religionen. Begründet von Franz König unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter. Freiburg u. a.: Herder, 1987; Rätsch, Christian: Lexikon der Zauberpflanzen aus ethnologischer Sicht. Graz: ADEVA, 1988; Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989; DNP = Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Hg. v. Hubert Cancik u. Helmuth Schneider, Bd. 1 ff. Stuttgart; Weimar: J. B. Metzler, 1996 ff.; Bd. 2 1997; Müller-Ebeling, Claudia u. a.: Hexenmedizin. Aarau, CH: AT, ²1999.

Artemisia (Artemisia spp.), Pflanzengruppe der A.-Arten, von denen einige der griechischen Göttin > Artemis geweiht sind, wie etwa > Beifuß und > Wermut. In Indien sind manche A.-Pflanzen > Vishnu und > Shiva, in Ägypten der > Isis geweiht. A., d. h. Artemispflanze, war auch der Name, mit dem Plinius die Pflanze > Ambrosia bezeichnete (Plinius, XXVII, 28, 55).

A.-Arten gehören auf der ganzen Welt nicht nur zu den heilenden, sondern auch zu den magischen Pflanzen. Laut einem griechischen Papyrus sollen sie Liebe und Freundschaft wecken können.

A.-Arten wurden seit der Antike nicht nur als > Aphrodisiaka eingesetzt, sondern auch als Abortativa, Tonika und Fruchtbarkeitsmittel sowie als Heilmittel bei verschiedenen Krankheiten, häufig bei gynäkologischen Problemen (Rätsch 1998, 75).

Verschiedenen A.-Arten wird weltweit die Funktion eines Schutzmittels gegen > Zauberei nachgesagt. So sollte in deutschsprachigen Gegenden Artemisia abrotanum, die Stabwurz bzw. Eberraute oder Eberreis, vor allem Kinder davor beschützen, verzaubert zu werden, während die Artemisia vulgaris, der fast an jedem Wegesrand wachsende > Beifuß, den Teufel in die Flucht schlagen und das Haus vor allen Ungeheuern beschützen soll (Werner).
Speziell als Verjüngungsmittel dienen in China die Samen einer bestimmten A.-Art, der
Artemisia kreiskiana, während die Eskimos die Artemisia tilesii bei entzündlichen Hauterkrankungen, Gelenkschmerzen und Husten anwenden. Viele nordamerikanische Indianer verwenden A.-Arten wie Wermut (> Absinth) bei Rheuma und Menstruationsbeschwerden. Die Artemisia frigida ist den Apachen hilfreich nach einem heftigen Schrecken, und bei den Navaho ist die Artemisia scopulorum das Mittel der Wahl, um sich vor > Alpträumen und bösen Geistern zu schützen. Die Artemisa ludviciana, der Heilige Steppenbeifuß, spielt von allen > Zauberpflanzen die wichtigste Rolle bei den nordamerikanischen Indianern. In den Anden Perus ist vor allem der Wermut eine geläufige Heilpflanze, die u. a. böse Winde vertreiben soll. In Nordchile kommt die vermutlich halluzinogen wirkende Copa tola (Artemisia copa PHIL.) vor; sie soll nach Aussage der Bewohner der in der Atacamwüste gelegenen Oase Toconse Träume hervorrufen (Rätsch 1998, 75).

Fast alle Arten der A. enthalten Thujon, einen im > ätherischen Öl der Pflanze enthaltenen hochwirksamen, toxischen Stoff, dessen Wirkungsbereich von narkotisch, psychedelisch über wurmtötend, abortativ bis antidotisch reicht.

A.-Arten sind auch beliebte > Räucherpflanzen, so Pati (Artemisia sp.), eine Beifußart aus dem Himalaya, die zur Meditation geräuchert wird, oder auch die westeuropäische Artemisia caerulescens ssp. gallica (WILLD.), die sehr viel Thujon enthält.

Lit.: Plinius, C. Secundus: Naturalis historiae libri XXXVII. Hg. v. Lud. Jan und Carol. Mayhoff. Lipsiae, 1892 – 1898; Rätsch, Christian: Lexikon der Zauberpflanzen aus ethnologischer Sicht. Graz: ADEVA, 1988; Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Diederichs, 1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998.

Artephius (ca. 1119), arabischer Alchemist und hermetischer Philosoph, der oft mit > Apollonios von Tyana verwechselt und mit dem als Dichter bekannten Al-Toghrai oder Al-Tughrai’i († 1128) identifiziert wird. A. werden eine Reihe extravaganter Bücher zugeschrieben, so De Vita Propaganda (Die Kunst, das Leben zu verlängern), das er nach Vermerk im Vorwort im sagenhaften Alter von 1025 Jahren geschrieben habe, und Clavis maioris sapientiae (Schlüssel zur obersten Weisheit). Ferner werden ihm ein Werk über die Eigenschaften der Planeten, die Bedeutung des Vogelgesanges, über vergangene und zukünftige Dinge sowie der Liber secretus de arte occultae atque lapide philosophorum (Geheimschrift der Kunst des Okkulten und des Steins der Weisen) zugeschrieben. Seine Traktate sollen in lateinischer Übersetzung zuerst von > Alfons X. in Umlauf gebracht worden sein.

W.: Artefii Clavis majoris sapientiae: primum in lucem prodiit Parisiis. Nunc iterum secundum istud recusa. Argentorati: Dolhopff, 1699.

Lit.: Hermetischer Rosenkrantz: Das ist: 4 schöne außerlesene chymische Tractätlein, nemlich 1. Artephii Von der geheimen Kunst und Stein der Weisen [Liber secretus, deutsch]. 2. Johannis Garlandii seu Hortulani [Johannes de Garlandia:] Compendium alchimiae [deutsch]. 3. Arnoldi de Villa Nova Erklärung über den Commentarium Hortulani [Compendii alchimiae Joannis Garlandii explicatio, deutsch]. 4. Bernhardi Comitis Trevis. absonderlicher Tractat Vom Stein der Weisen [Bernardus Comes Trevirensis: De lapide philosophorum, deutsch]; Aus d. Lat. ins Teutsche gebracht, u. nun erstmals in Druck gefertigt. Hamburg: Naumann, 1659.

Artha (sanskr., Zweck, Vorteil, Reichtum), eines der vier Lebensziele: > Dharma (Pflicht, Gesetz), Artha (Vorteil, Nützlichkeit, zielorientierte Tätigkeit), > Kama (Erotik, ästhetischer Ausdruck) und > Moksha (Erlösung, Befreiung). A. ist Erfolg beim Streben nach weltlichen Zielen und damit das eigentliche Ziel für einen Herrscher. In der Yogaphilosophie ist A. das Objekt der Sinne. Da das Leben selbst als Übel gilt, steht Moksha als Befreiung vom Kreislauf der Geburten über den anderen drei Lebenszielen.

Lit.: Sternbach, Ludwik: Bibliography on Dharma and Artha in Ancient and Mediaeval India / by Ludwik Sternbach. Wiesbaden: Harrassowitz, 1973; Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen / John Bowker (Hg.). Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Arthana-Chandata-Kriya (sanskr.), eine der acht okkulten Kräfte, die ein fortgeschrittener Yogi erlangen kann. Sie befähigt ihn, alles in die Tat umzusetzen, was er will.

Lit.: Sternbach, Ludwik: Bibliography on Dharma and Artha in Ancient and Mediaeval India. Wiesbaden: Harrassowitz, 1973; Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen / Ingrid Fischer-Schreiber; Ehrhard, Franz-Karl; Friedrichs, Kurt; Diener, Michael S. (Hg.). Bern u. a.: Scherz, 1986.

Arthur Findlay College. 1964 vermachte J. Arthur > Findlay (1883 – 1964) das Anwesen Stansted Hall der > Spiritualists’ National Union, um es als College zur Förderung der übersinnlichen Wissenschaften zu verwenden. Findlay hatte bereits 1932 die Psychic News unter dem Herausgeber Maurice Barbanell gegründet.

Die Spiritualists’ National Union veranstaltet im College Kurse für spiritualistische Philosophie sowie Heilung und verwandte Themen. Zudem beherbergt sie das Britten Memorial Museum über die Geschichte des Spiritualismus.

Lit.: Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984. 1. Bd.

Artimpaasa, vom Steppenvolk der Skythen nördlich des Schwarzen Meeres im ersten vorchristlichen Jahrtausend verehrte Liebesgöttin.

Lit.: Grakow, B. N.: Die Skythen (Übers. aus dem Russischen u. wissenschaftl. Red.: Alexander Häusler). [Mit Abb.]. Berlin: Deutscher Verl. d. Wissenschaften, 1978.

Artio, bei den Nordostgalliern (Frankreich) und den Helvetern (Schweiz) verehrte Göttin der Jagd und des Waldes. Ihr Attribut ist der Bär (> Bärenkult).

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen: Namen, Funktionen, Symbole / Attribute. 2., erw. Aufl. Stuttgart: Kröner, 1989; Artio: Zeitschrift für Freunde der Geschichte, Archäologie und Heimatkunde.

Artischocke (Cynara scolymus L.), in Griechenland und Italien verbreitete Wild- und Kulturpflanze, deren Wert für die Gesundheit schon in Theophrasts Geschichte der Pflanzen und von Plinius hervorgehoben wurde (Plinius, XXI, 97). Vor allem der Artischockenboden, von Plinius Askalia genannt, galt und gilt als Delikatesse.

Die am besten als Gemüse zu genießende Pflanze enthält Cynaropikrin, Cynarin, Flavonoide, Gerbstoffe, Kalzium, Phosphor, Vitamin A, B und C sowie Enzyme.

Dem Genuss von A. wurde in der Antike vielfältige Wirkung nachgesagt. So sollte sie nicht nur den Magen stärken, schlechten Mundgeruch vertreiben und Haarausfall bekämpfen, sondern auch männliche Geburten hervorrufen. Heute gilt die A. als hilfreich bei Lebererkrankungen und als Mittel zur Förderung des Galleflusses. Die Blüten der A. können ferner als vegetarisches Lab anstelle des Kälberlabs in der Käseproduktion verwendet werden.

Lit.: Paulys Real-Encyclopädie. Hg. v. G. Wissowa u. a. Stuttgart, 1894 ff., Bd. 2 1896; Plinius, C. Secundus: Naturalis historiae libri XXXVII. Hg. v. Lud. Jan und Carol. Mayhoff. Lipsiae, 1892 – 1898; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Diederichs, 1995.

Artomantie (griech. artos, Brot), Weissagung durch Brot. Die Bezeichnung stammt vermutlich erst aus dem 17. Jh. (Fabricius), weil in den Divinationslisten der späteren Literatur auch die > Tyromantie (Käseweissagung) auftaucht. Bei der A. wird dem Beschuldigten ein Stück Brot in den Mund gelegt. Kann er es schlucken, gilt er als unschuldig; bleibt es im Hals stecken, gilt er als schuldig. Manchmal bediente man sich auch einer Hostie oder schrieb das Vaterunser oder Zauberworte auf den Bissen.

A. wurde ferner zur Erkennung von Dieben und Zauberern verwendet (Grimm Myth. 2, 929). Schließlich diente A. noch für Zukunftsvorhersagen: Spaltet das Brot beim Backen auf dem Rücken, so stirbt jemand in der Familie.

Lit.: Fabricius, Johann Albert: Jo. Alberti Fabricii Bibliographia antiquaria sive Introductio in notitiam scriptorum qui antiquitates Hebraicas Graecas Romanas et Christianas scriptis illustrarunt. Ed. 3. Hamburgi: Bohn, 1760; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Berlin: W. de Gruyter, 1987, Bd. 1; Grimm, Jacob: Deutsche Mythologie / mit einer Einstellung von Leopold Kretzenbacher. Berlin: Meyer, 41992. Bd. 1 – 3.

Artseele, ein überindividueller hypothetischer Träger des individuellen seelischen Lebens. Die Einzelwesen sind lediglich eine Art individuelle Ausprägung der A. Diese Vorstellung findet sich auch in der philosophischen Strömung des > Vitalismus, der in Frankreich durch Louis Dumas und in Deutschland durch Friedrich Nietzsche vertreten wurde. Anstelle der chemischen und mechanischen Erklärung schreibt er dem Leben eine innere Zielstrebigkeit und Eigengesetzlichkeit zu, wobei durch Begriffe wie Artseele und Allleben auf überindividuelle seelische Einflüsse angespielt wurde. Durch die Gruppierung bestimmter Populationen unter der Bezeichnung A. kann es zu rassistischen und völkischen Abgrenzungen kommen.

Lit. : Hehlmann, Wilhelm: Wörterbuch der Psychologie. Stuttgart: Kröner, 1959.

Artus, König (engl. King Arthur), sagenhafter König von England, auf den möglicherweise schon der hl. Gildas, ein britischer Autor des 6. Jhs., in seinem Werk De excidio et conquestu Britanniae (§ 26), das 540 oder früher entstanden ist, verweist. Namentlich wird A. zuerst bei Nennius erwähnt, der in seiner Historia Britonum, die auf 800 datiert wird, von einem “dux bellorum Arthur”, von einem Führer der christlichen Briten in zwölf siegreichen Schlachten gegen die heidnischen Sachsen spricht (§ 50). Aus den Annales Cambriae im 10. Jh. geht hervor, dass A., nachdem er seinen Gegner Mordred getötet hatte, in einer Schlacht bei Camlan im Jahr 537 fiel. Der walisische Geschichtsschreiber, Magister, Priester und Bischof Galfred (engl. Geoffrey, walis. Sieffre) von Monmouth (ca. 1090/1100–1155) berichtet im 12 Jh. die A.-Sage, wie sie in Wales bekannt war, und entwirft das glanzvolle Bild um König A., seinen Hof in Camelot und seine berühmte Tafelrunde. In seinem historischen Roman Historia regum Britanniae ist A. der Sohn des Königs Uther Pendragon und seiner Frau Igraine bzw. Igerna. Der berühmte Zauberer > Merlin hatte ihm zu dieser Ehe verholfen, denn Igraine war eigentlich die Ehefrau des cornischen Dukes Gorlois. A.s’ Eroberungen erstreckten sich auf Irland, Island, Gotland, die Orkney Inseln, Norwegen, Gallien und Rom; er kämpfte gegen Riesen und Monster, wurde jedoch schließlich tödlich verwundet und von dem Zauberer Thelgesin und einigen seiner Kollegen unter der Führung von Berinthus auf die Insel > Avalon bzw. Avillion entführt, die in der keltischen Mythologie das Jenseits, das hinter dem Meer liegt, darstellt. Dort lebt und herrscht die heilkundige > Morgan mit ihren acht jüngeren Schwestern. Sie verspricht, A. zu heilen und öffnet damit dem Glauben an eine Rückkehr des Königs die Tür. „Wie die Sonne am Morgen wird er zurückkehren, um das keltische Reich Britanniens erneut zu errichten“ (Lück, 39).

Berühmt wurden A.s’ Schwert > Excalibur, lat. caliburnus, made in Avalon, das ihn unverwundbar machen sollte, sowie sein Hund Cavall. Ebenso kursieren zahlreiche Geschichten um die Ritter der Artusrunde, wie z. B. um Gauvain, so auch in Verbindung mit dem Heiligen > Gral.

Die Literatur um König A. wirft viele Fragen um einen zugrunde liegenden historischen Kern der heldenhaften Führerpersönlichkeit auf. Möglicherweise lebte im 6. Jh. tatsächlich eine entsprechende historische Persönlichkeit, deren Leben sich im Laufe der Zeit mit romantisch-okkulten Legenden vermischte (Shepard).

In der englischen Vorstellungswelt spielt König A. vielleicht die größte Rolle (Shepard) und hat im Lauf der Jahrhunderte viele bedeutende Geister, so etwa Sir Thomas Malory (um 1420? – 1471) und Lord Alfred Tennyson (1809 – 1892) bis hin zu den zeitgenössischen Autoren inspiriert. Doch auch in Frankreich, wo Chrétien de Troyes (ca. 1140 – 1190) den Anfang des europäischen Artusromans setzte, in Deutschland, Italien, Portugal und Spanien, in Holland, Wales, Irland und Skandinavien sowie in der hebräischen und jiddischen Literaturwelt ist der sagenhafte Bericht von König A. auf fruchtbaren Boden gefallen.

Lit.: De Troyes, Chrétien: Arthurian Romances. London, 1914; Faral, E.: La légende arthurienne. Études et documents, 3 Bde. (Bibl. Éc. Htes. Etudes, fasc. 255 – 57), 1929; Gray, Louis Herbert / Moore, George Foot (Eds.): The Mythology of All Races. In thirteen volumes. New York, 1964. Vol. 3 Celtic, by John Arnott Macculloch, and Slavic, by Jan Máchal; Geoffrey von Monmouth: Vita Merlini, ed. B. Clarke, 1973; Briggs, Katharine Mary: A Dictionary of Fairies, Hobgoblins, Brownies, Bogies and Other Supernatural Creatures. London: Allen Lane, Penguin Books Ltd., 1976; Shepard, Leslie A. (Ed.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. In Two Volumes. Detroit: Gale Research Inc., ³1991; Geoffrey von Monmouth: Historia regum Britanniae, ed. E. Faral, 1929, ed. A. Griscom, 1929, ed. J. Hammer, 1951, ed. N. Wright, 1985, engl. Übers. L. Thorpe, 1966; Lück, Marita: Im Zauberkreis der Feen. Die keltischen Kinder der Natur. Zürich; Düsseldorf: Walter Verlag, 1997; Bautier, Robert-Henri: Lexikon des Mittelalters, Bd. 1 – 6. München; Zürich: Artemis, 1980 ff., Bd. 7 – 9, München: LexMA 1995 ff., Registerbd. Weimar, Stuttgart: J. B. Metzler 1999.

Arul, Gunst, die göttliche Gnade als zentraler Begriff in der höheren Religion der Ureinwohner Indiens, der Dravidas.

Lit.: Strasser, Robert: Südindien, Land der Dravidas und tausend Tempel: e. landeskundl. u. kunstgeschichtl. Führer. Stuttgart: Verlag Indoculture, 1984, 2 Bde.

Arunachala Bhakta Bhagawat (*1912, †10.04.2000), war Schüler und Verehrer > Ramana Maharshis, des Weisen vom Berg Arunachala, obgleich er ihn zu dessen Lebzeiten nie gesehen hatte. A. B. B. entstammte einer tiefreligiösen einfachen Familie aus dem abgelegenen Dorf Sahuri im Bundesstaat Bihar im Nordosten Indiens. Bei einem Dorflehrer lernte er lesen und schreiben; engagierte sich aktiv in der gewaltlosen Widerstandsbewegung Mahatma Gandhis, kam deshalb bereits mit 17 Jahren ins Gefängnis. Nach seiner Entlassung studierte er in Kalkutta, später an der Hindu Universität in Varanasi (Benares) und auf der Patna Universität in Bihar; er wurde Lehrer in einer Hindu-Schule in Darjeeling im Himalaya. Dort geschah es, dass er 1941 im Alter von 29 Jahren die Hindi-Übersetzung von Paul > Bruntons Buch, A Search in Secret India, in die Hände bekam und von Sri > Ramana erfuhr. Er wollte sofort zum Maharshi nach Tiruvannamalai reisen, doch fuhr er stattdessen nach Ujjain, um dort Astrologie zu studieren. Eine Zeitlang war er auch als Lehrer und Journalist tätig. 1947, im Jahr der indischen Unabhängigkeit, reiste er nach Amerika. Von der Universität in Iowa erhielt er ein Stipendium. Zwei Jahre später machte er seinen Master of Arts in Journalismus und erhielt eine Anstellung in der indischen Botschaft in Washington. 1952 holte er seine Frau Yogamaya in die USA nach. 1954 hatte Bhagawat einen lebhaften Traum, der sein Leben veränderte. Darin sah Arunachala Sri Ramana ganz realistisch neben seinem Kopf am Bett sitzen. Von da an erlebte Bhagawat die lebende Gegenwart des Maharshi (†1950) und träumte öfters von ihm. 1959 kehrte er mit seiner Familie in sein Heimatdorf nach Indien zurück. Im Ramanashram traf er Arthur > Osborne, der ihn ermutigte, den Amerikanern die Lehre Sri Ramanas näher zu bringen. 1961 ging A. B. B. wieder in die USA und erhielt einige Jahre später eine Anstellung bei den Vereinten Nationen in New York City. Erst 1965 begann er mit wöchentlichen spirituellen Treffen in Manhattan. 1966 wurde Arunachala Ashrama gegründet und 1972 der Ashram in Nova Scotia, Kanada, wo er die Methode der Selbstergründung (Atma Vichara) nach Sri Ramana erklärte. Mit 86 Jahren erlitt er einen Schlaganfall und war von da an teilweise gelähmt. Seine Einäscherung am 14. April 2000 fiel gerade auf den 50. Jahrestag des Todes Sri Ramana Maharshis.

Lit.: The Maharshi Newsletter, New York (Zeitschrift des Arunachala Ashrama New York); Introducing Sri Arunachala Bhakta Bhagavat. In: The Mountain Path 19 (1982) 3, 197–199.

Arundale, Francesca, Theosophin und Freimaurerin (1847 – 1924), Tante von > Arundale, George Sidney, einem bekannten Theosophen, wurde 1896 als eine der ersten Frauen in den soeben gegründeten Orden der Gemischten Freimaurerei, Le > Droit Humain, aufgenommen. Auf ihre Anregung wurde die Gemischte FM 1902 in England eingeführt. Später ging A. mit Annie > Besant nach Indien, wo sie als Lehrerin wirkte und den Droit Humain, in dem sie den 33., den höchsten Grad, erreichte, verbreitete.

Lit.: Miers, Horst E.: Lexikon des Geheimwissens. München: Goldmann, 21979.

Arundale, Dr. George Sidney (*1.12.1878 Surrey, England, † 12.8.1945 Adyar, Indien),

Theosoph und Freimaurer. Nach Studien in Italien und Deutschland studierte er am St. John’s College der Universität Cambridge, wo er mit dem M.A., LL.B., D.Lit. abschloss. 1895 trat A. in die Theosophische Gesellschaft ein und ging auf Einladung von Dr. Annie > Besant nach Indien, wo er u. a. Rektor der Nationalen Universität von Madras (1917), Unterrichtsminister in der Regierung von Maharaja Holkar (1923), Regionalbischof der Freien Katholischen Kirche in Indien, Nachfolger von Annie Besant als Präsident der Theosophischen Gesellschaft (1934) und schließlich 1935 noch Souveräner Großkommandeur der indischen Föderation des Gemischten Freimaurerordens Le > Droit Humain wurde.

A. gab The Theosophist, The Theosophical Worker und Conscience (Madras) heraus und veröffentlichte folgende Bücher und Broschüren: Conversations With Annie Besant; Fragment of Autobiography; Guardian Wall of Will; The Night Bell; Nirvana; Mount Everest; You, Freedom and Friendship; Gods in the Becoming. Sein Buch Kundalini: an Occult Experience (1938; 1972) ist als eine frühe persönliche Beschreibung des Aufstiegs von > Kundalini im Körper von Bedeutung.

W.: Arundale, George S.: Der Weg des Dienens. Leipzig: Theosoph. Kultur-Verl., 1914; Arundale, George S.: Nirvana: eine Studie über synthet. Bewusstsein; [Übers. aus d. Engl. d. 2. verb. u. erw. Aufl. nebst e. neu hinzugefügten Kapitel]. [Vorw. von C. W. Leadbeater; Annie Besant]. Ins Deutsche übertr. von Ella von Hild. Düsseldorf: E. Pieper Ring-Verl., 1930; Arundale, George S.: Du – von Ewigkeit zu Ewigkeit. [Dt. Übers. d. 3. engl. Ausg. von Franz K. Steinberger]. Pfullingen / Württ.: Baum-Verl., 1962.

Lit.: Miers, Horst E.: Lexikon des Geheimwissens. München: Goldmann, 1979; Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984. 1. Bd.

Arundel Castle, im mittelalterlichen Stil erbaute Burg in Sussex, England, die auf den Überresten einer Burg aus dem 12. Jh. und einer noch älteren errichtet worden sein soll, in heutiger Bausubstanz aber im Wesentlichen auf das 19. Jh. zurückgeht. Seit 1580 ist die Burg im Besitz der Familie Howard, der Dukes of Norfolk. A. C. hat den Ruf eines Spukschlosses, das von verschiedenen Geistern heimgesucht wird. Der bekannteste unter den Geistern ist der seit dem 17. Jh. beobachtete Blue Man, ein Kavalier in blauem Seidenanzug, der sich gewöhnlich in der Schlossbibliothek aufhält und den Eindruck erweckt, als suche er nach Informationen. Ein weiterer bekannter Geist auf A. C. ist der eines Küchenjungen. Dieser kitchen boy wütet seit über zwei Jahrhunderten in der Küche mit Töpfen und Tiegeln herum und soll zu seinen Lebzeiten sehr schlecht behandelt worden sein. Der dritte, oft im Mondschein am Hiorne Tower erscheinende Geist ist nicht eine > Weiße Frau, sondern ein Weißes Mädchen, das sich einst wegen einer unerwiderten Liebe von besagtem Turm gestürzt haben soll. Viertens gilt ein geisterhafter weißer Vogel als das spezielle Todeszeichen für die Bewohner von A. C., der zur Warnung gegen die Fenster der Burg fliegt, wenn ein Todesfall der Familie Howard bevorsteht, so etwa im Jahr 1917 vor dem Tod des Duke of Norfolk.

Lit.: Guiley, Rosemary: The Encyclopedia of Ghosts and Spirits. New York: Facts On File, 1992.

Arupa (sanskr., körperlos, formlos, im Gegensatz zu rupa: Körper oder Form) besagt, dass die Formen in den höher-geistigen Welten, den sog. > Arupa-Loka, von höherer geistiger Art und daher viel ätherischer als die Formen der > Rupa-Loka sind.

Lit.: Miers, Horst E.: Lexikon des Geheimwissens. München: Goldmann, 1979.

Arupa-Loka (sanskr. / Pali, „Nicht-Form-Welt“), der letzte und höchste Bereich der buddhistischen Welteinteilung in drei Bereiche (> Triloka). Dieser höchste Bereich wird in der „unkörperlichen Versenkung“ (> Dhyana) oder durch Meditationsübungen erreicht. Er ist von formlosen, rein geistigen Göttern belebt, die in ihm in unkörperlicher Versenkung verweilen. Auf Pali wird dieser Bereich Arupavacara, „unkörperliche Sphäre“, genannt.

Lit: Das Lexikon des Buddhismus: Grundbegriffe, Traditionen, Praxis; Bd. 1: A – M / Klaus-Josef Notz (Hg.). Orig.ausg. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, 1998.

Aruru, babylonische Schöpfungsgöttin neben > Marduk. Sie schafft nach dem Gilgameschepos den gewaltigen > Enkidu aus Lehm.

Lit.: Schneider, Vera: Gilgamesch. Zürich: Origo, 1967, S. 42.

Arvalbrüder (lat. fratres arvales), römisches Zwölferkolleg von Priestern der römischen Fruchtbarkeitsgöttin > Dea Dia, ursprünglich „Brüder des Ackers“ (arvum, Feld, Acker) genannt. Sie verehrten die Göttin in ihrem heiligen Hain, dem lucus, der am fünften Meilenstein der Via Campana am rechtsseitigen Tiberufer gelegen war. Ihr zu Ehren begingen sie jeden Mai ein Fest mit ländlichen Riten, Opfern, Wagenrennen und Gesängen und einem altertümlichen rituellen Flurumgang. In dem inschriftlich bekannten und völlig unverständlichen Kultlied „carmen arvale“, dem ältesten erhaltenen römischen Literaturdenkmal, riefen sie die > Laren und > Mars an:

enos Lases iuvate

enos Lases iuvate

enos Lases iuvate

neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber

satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber

satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber

semunis alterni advocapit conctos

semunis alterni advocapit conctos

semunis alterni advocapit conctos

enos Marmor iuvato

enos Marmor iuvato

enos Marmor iuvato

triumpe triumpe triumpe triumpe triumpe

Bei den Kulthandlungen trug man Togen mit Purpursaum. Die Verwendung von Eisen war verboten. Der Kult ist sehr alt und war schon in den Zeiten der römischen Republik (nach 500 v. Chr.) kaum mehr verständlich.

Ursprünglich sollen die zwölf Priester Söhne der > Acca Larentia gewesen sein, der Geliebten des Herkules, Gemahlin des Faustulus und angeblichen Amme des Romulus. Nachdem die kultische Vereinigung in den republikanischen Zeiten immer mehr an Bedeutung verloren hatte, wurde sie durch Augustus wiederbelebt. Die Arvalbrüder legten ihr Gelübde nunmehr vor der kaiserlichen Familie ab. Das Kollegium bestand aus Patriziern, die sich einen magister (Lehrmeister) zum Sprecher wählten. Neben ihm wirkte der > Flamen (plur. flamines), ein besonders hervorgehobener Priester.

Die Kaiser und einzelne Angehörige ihrer Familien waren Mitglieder des Kollegiums, so z. B. Tiberius Julius Caesar Nero, genannt Tiberius Gemellus, ein Vetter des berüchtigten Caligula. Die Aufzeichnungen der Kulthandlungen (acta) sind teilweise inschriftlich erhalten. Erst mit dem ausgehenden 3. Jh. verlor der Kult wieder an Bedeutung.

Lit.: Edelmann, Babett: Arvalbrüder und Kaiserkult. Zur Topographie des römischen Kaiserkultes. In: Hubert Cancik (Hg.): Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen. Tübingen: Mohr Siebeck, 2003, S. 189 – 205.

Arvar > Alvar.

Arwak > Alswinn.

Aryaman (sanskr.) ist als einer der > Adityas Herr aller Sehnsucht und allen Strebens nach spirituellem Aufstieg. A. steht zudem für Licht des göttlichen Bewusstseins, das als Kraft wirkt, und bezeichnet auch die strebenden Kräfte der Wahrheit.

Lit.: Fischer-Schreiber, Ingrid / Ehrhard, Franz-Karl /Friedrichs, Kurt / Diener, Michael S. (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Bern u. a.: Scherz, 1986.

Arya-Marga (sanskr.; Pali: Ariya-Magga), der heilige Pfad (marga, Weg) zur vollständigen und endgültigen Vollendung im Buddhismus. Er besteht aus vier Stufen der „Heiligkeit“, die jeweils wieder in zwei Stufen unterteilt werden, je nachdem ob sich der Edle noch auf dem Weg befindet oder die Frucht (Phala) schon erreicht hat. Die vier Stufen sind: 1. Stufe des „In den Strom Eingetretenen“; 2. Stufe des „Einmalwiederkehrers“; 3. Stufe des „Niemehrwiederkehrers“ und 4. Stufe des „Heiligen“.

Lit.: Adelmann-Huttula, Willi: Ârya-Mârga, der Pfad zur Seherschaft: Prakt. Einf. in d. Okkultismus d. Upanishaden. Pfullingen: J. Baum, 1921; Ehrhard, Franz-Karl: Das Lexikon des Buddhismus: Grundbegriffe und Lehrsysteme, Philosophie und meditative Praxis, Literatur und Kunst, Meister und Schulen, Geschichte, Entwicklung und Ausdrucksformen von ihren Anfängen bis heute. Bern u. a.: O. W. Barth, 1992.

Arya-Pudgala (sanskr., „Edler“; Pali: Ariya-Puggala), jemand, der sich auf einer der vier Stufen des überweltlichen Pfades (> Arya-Marga) befindet.

Lit.: Erhard, Franz-Karl: Das Lexikon des Buddhismus: Grundbegriffe und Lehrsysteme, Philosophie und meditative Praxis, Literatur und Kunst, Meister und Schulen, Geschichte, Entwicklung und Ausdrucksformen von ihren Anfängen bis heute. Bern u. a.: O. W. Barth, 1992.

Arya-Samaj (ind., „die Gemeinde der Arier“), eine von dem Brahmanen Dayananda Sarasvati 1875 gegründete hinduistische Reformbewegung, die auf die Wiederherstellung der Reinheit der einheimischen religiösen und ethnischen Kultur baut. Sie lehnt Idolverehrung und bedeutungslose Rituale im modernen Hinduismus ab und ist in ihren Glaubensvorstellungen und Ritualen für die Rückkehr zum > Veda. A.-S. ist ferner gegen das Kastenwesen in der Hindugesellschaft und tritt für die Bekehrung von Leuten anderer Religionen zum Hinduismus ein. Sie bemüht sich soziale und religiöse Ungerechtigkeiten zu beheben und fordert eine Erneuerung des politischen Lebens im Sinne der Vedakultur.

Lit.: Glasenapp, Helmuth von: Religiöse Reformbewegungen im heutigen Indien. Leipzig: J. C. Hinrichs, 1928; Jordens, J. T. F: Dayåananda Sarasvatåi: His Life and Ideas. Delhi: Oxford University Press, 1997.

Arya-Satya (sanskr., „Vier edle Wahrheiten“), die Grundlehre des Buddha, die folgende vier Wahrheiten umfasst: 1. Der Schmerz bzw. die Vergänglichkeit ist das Fundament menschlicher Existenz. 2. Die Ursache des Schmerzes ist der Durst nach Befriedigung von Dingen, die zwangsläufig vergänglich sind. 3. Das Erlöschen des Schmerzes ist durch das Vernichten des Durstes möglich und dieses Erlöschen ist das Nirwana. 4. Der Weg zum Nirwana ist der > Achtfache Pfad.

Lit.: Karwath, Walter: Das Wesen des Buddhismus: Grundbetrachtungen und Grundbegriffe; Karma und Wiedergeburt; die „bedingte Entstehung“; die „vier edlen Wahrheiten“; der „edle achtfache Pfad“; abschließende Betrachtungen. 2., verb. Aufl. Wien: Octopus-Verl, 1983.

Arznei, von > Paracelus abwechselnd zur Bezeichnung für Medizin, Heilkunst und Heilmittel verwendet, ist ein mit Heilkraft versehenes Mittel. So spricht Vergil von potentibus herbis, von kraftgeladenen Pflanzen (Aen. 12,  402). Durch die Einnahme von A. wird ihre Kraft zum Gegengewicht zur Kraft der Krankheit, die sie heilend aufhebt.

Lit.: Enders, Norbert: Die Arznei und ihre Anwendung. Stuttgart: MVS Medizinverlage Stuttgart, 2005.

Arzneibücher oder Pharmakopien sind amtliche Vorschriftenbücher für die Handhabung von Arzneimitteln, sog. offizinellen Mitteln, d. h. für deren Beschaffenheit, Zubereitung, Aufbewahrung, Dosierung und Prüfung. A. sind in den meisten Ländern vorhanden. In Deutschland sind u. a. gültig: „Deutsches Arzneibuch“ und „Homöopathisches Arzneibuch“.

Bereits aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. sind solche A. aus dem alten Ägypten erhalten, so der > Papyrus Ebers (1550 v. Chr.) und der > Papyrus Brugsch major (1250 v. Chr.), deren Originale noch weit früher verfasst worden sein müssen.

Lit.: Hoops, Johannes (Hg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 17 Bde ff. Berlin; New York: Walter der Gruyter, ²1973 ff.; Büchi, Jakob: Die Arzneibücher und schweizerischen Pharmakopöen vom 17. – 20. Jahrhundert. Zürich: Juris-Druck und Verl., 1986; Enders, Norbert: Die Arznei und ihre Anwendung. Stuttgart: MVS Medizinverlage Stuttgart, 2005.

Arzneien, spagyrische > Spagyrische Arzneien.

Arzneimittel, großes, homöopathisches Arzneimittel, das aufgrund der großen Zahl der bekannten Symptome in seinem > Arzneimittelbild häufig verschrieben wird.

Arzneimittel, kleines, homöopathisches Arzneimittel, das aufgrund der geringen Zahl der bekannten Symptome in seinem Arzneimittelbild selten verschrieben wird.

Lit.: Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde: und alternative Heilverfahren. Berlin; New York: de Gruyter, 1996.

Arzneimittelbeziehung, in der Homöopathie Bezeichnung der gegenseitigen Beeinflussung der Wirkungen zweier Arzneimittel bei aufeinanderfolgender Verabreichung. Dabei werden unterschieden: 1. Antidot (Gegenmittel), Arzneimittel, das die vorhergehende Wirkung aufhebt. 2. Komplementärmittel, das die vorhergehende Wirkung ergänzt. 3. Gut folgendes Mittel (Freund), Arzneimittel, das als Folgemittel verschrieben werden kann. 4. Entgegensätzliches Mittel (Feind), Arzneimittel, das mit dem vorhergehenden unvereinbar ist. 5. Kollateralmittel, Arzneimittel als mögliche Alternative.

Lit.: Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde: und alternative Heilverfahren. Berlin; New York: de Gruyter, 1996.

Arzneimittelbild, gesamte Symptomreihe der homöopathischen Arznei. Das A. beschreibt die Arzneimittelwirkung bzw. einen dazugehörigen Patienten- oder Konstitutionstyp anhand der einzelnen Symptome, die aus der Arzneimittelprüfung und klinischen Beobachtung bildhaft zusammengefasst werden. Die Zuordnung eines bekannten Arzneimittelbildes zur Patientensymptomatik ist die Voraussetzung für eine Verschreibung nach dem > Ähnlichkeitsprinzip.

Lit.: Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde: und alternative Heilverfahren. Berlin; New York: de Gruyter, 1996; Vermeulen, Frans: Homöopathische Substanzen – vom Element zum Arzneimittelbild: eine neuartige Materia medica. Aus dem Niederländ. übers. von Bruno Zimmermann. Stuttgart: Sonntag, 2004.

Arzneimittelwahl, in der Homöopathie Bezeichnung der Auswahl und Findung eines anzuwendenden Arzneimittels nach dem Kriterium der größtmöglichen Ähnlichkeit seines Arzneimittelbildes zur Symptomatik des Patienten.

Lit.: Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde: und alternative Heilverfahren. Berlin; New York: de Gruyter, 1996.

Arzneipflanzen > Heilpflanzen.

Arzt (got. lekeis, ahd. Arzat), Berufsbezeichnung für den nach endgültiger Bestellung zur Ausübung des Arztberufes Berechtigten. Geschichtlich geht der A. – als urverwandt mit ars, Kunst – wie der Astronom, Künstler, Philosoph und Schriftsteller auf den Priester und Zauberer, den „Medizinmann“, zurück. So haben die ältesten Bezeichnungen des A. die Bedeutung von Zauberer, Beschwörer, insofern man an von Dämonen verursachte Krankheiten glaubte. Zudem hegte man die Ansicht, dass es neben gewissen Heilgöttern auch Menschen gäbe, denen eine besondere Heilkraft innewohne wie > Asklepios, später bestimmten Heiligen und weltlichen Wundermännern wie Simon Magus (Apg 8, 9). Neben Mönchen und Priestern teilte man auch Königen und Fürsten „von Gottes Gnaden“ besondere Heilkräfte zu.

Folglich besteht bis heute, neben aller Wertschätzung, ein gewisses Misstrauen der sog. Schulmedizin gegenüber, vor allem wenn der akademisch gebildete Mediziner die Technik über die Heilkunst und den Menschen stellt. Paracelsus hatte nur deshalb so großen Einfluss, weil er gegen die herrschende Schulmedizin auftrat und sich mit letzter Hingabe für die Menschen einsetzte. So ist es der Schulmedizin nicht gelungen, dem Volk das Vertrauen zu alten Hausmitteln und paranormalen theurgischen Heilformen der > Sympathetik zu nehmen.

Der ernorme Zustrom zu sog. esoterischen Heilern hat in jüngerer Zeit auch bei Akademikern das Interesse an der > Volksmedizin und der Prophylaxe geweckt.

Lit.: Peters, Hermann: Der Arzt und die Heilkunst in der deutschen Vergangenheit. Leipzig: Diederichs, 1900; Peters, Hermann: Der Arzt und die Heilkunst in alten Zeiten. Bayreuth: Gondrom, 1979; Schott, Heinz: Die Chronik der Medizin. Gütersloh; München: Chronik-Verl., 2000.

Arzt-Symbole. Wahrzeichen des griechischen Heilgottes > Asklepios war der Stab, um den sich die Schlange wickelte, das uralte Symbol des Erdgeistes. Als bewegliche Natter wurde sie zum Sinnbild des Lebenswillens und der regenerativen Kräfte. Asklepios lehnt sich auf den Stab zur Versinnbildlichung der Medizin als Stütze des menschlichen Lebens, während die Schlange auf die nötige Scharfsichtigkeit und die Lebenskraft des Arztes hinweist. Weitere Tiere sind der Hahn als Symbol der Wachsamkeit, der Hund als Symbol der Treue des Arztes, der Rabe als Symbol der Vorausschau.

Ferner wurden für die Arztsymbolik zum Emblem: die Eule als Vogel der Pallas Athene; der Pelikan, der seine Jungen mit seinem Blut speist; der Samariter, der den Verwundeten pflegt; der Pfirsich als Wundermittel und der Apfel als Lebenssymbol. Als vereinzelte Symbole finden sich auch das Maiglöckchen als Herzmittel und das Ei als alchemistische > materia prima, als Urmaterie.

Lit.: Karenberg, Axel: Amor, Äskulap & Co.: klassische Mythologie in der Sprache der modernen Medizin. Stuttgart; New York: Schattauer, 2005.