Begriffe Ab

Ab. Semitischer magischer Monat. Überquert man am 20. dieses Monats einen Fluss, so verursacht dies Krankheit. Isst jemand am 30. des Ab Schweinefleisch, so wird er mit Geschwüren behaftet.

Lit.: Shepard, Leslie (Hg.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. 1. Bd. Detroit, Michigan: Gale Research Company; Book Tower, 21984.

Aba. Zauberwort in der Formel: + Aba Aluy + Abafroy + Agera + Procha usw., um im Spiel zu gewinnen.

Lit.: Thiers, J. B.: Traité de Superstition qui regardent les sacrements. Bd. 1. Paris 1697, S. 356.

Abaasy, unheilvolle Wesen. Nach den sibirischen Jakuten sind die A. übernatürliche Wesen, die in den niederen Welten leben und vom bösen Geist Ulu Toyo ‘N regiert werden. Sie bringen Schaden. Der Sohn des höchsten A. hat Zähne aus Eisen und nur ein Auge.

Lit.: Storm, Rachel: Die Enzyklopädie der östlichen Mythologie: Legenden des Ostens. Reichelsheim: Edition XXL GmbH, 2000.

Abaddon ist nach der Offenbarung des Johannes der König der Schaden bringenden Heuschrecken, der Engel des Abgrunds. Abaddon (hebr.) und Apollyon (griech.) haben beide die Bedeutung von „Verderben“. „Sie“, die Heuschrecken, „haben als König über sich den Engel des Abgrunds; er heißt auf hebräisch Abaddon, auf griechisch Apollyon“ (Offb 9, 11). Im AT ist Abaddon der „Untergang“, das Totenreich, in der Septuaginta mit apoleia und in der Vulgata mit perditio übersetzt.

Lit.: Offenbarung des Johannes; Frick, Karl R. H.: Das Reich Satans 1. Graz: ADEVA, 1982.

Abadiah, steht mit 72 anderen Namen im > Tetragrammaton.

Lit.: Horst, G. C.: Zauber-Bibliothek III. Nachdr. d. sechsbänd. Ausg. Mainz, 1821 – 1826, m. e. zusätzl. Registerband. Freiburg i. Br.: Aurum Verlag, 1979.

Abadie, Jeannette d’ > Jeannette d’Abadie.

Abadir (phön.): Bezeichnung kegelförmiger Steine, welche als älteste Symbole der Gottheiten genannt werden. > Baetylien.

Lit.: Vollmer, Walter: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearb. von W. Binder. Holzminden: Reprint-Verl. Leipzig, 1979.

Abaissement du niveau mental > Herabsetzung des Bewusstseinsniveaus.

Abakus. Ursprünglich waren unter A. die über das Kapitell einer Säule gelegte Deckplatte sowie ein Rechenbrett zu verstehen. Bei den Tempelrittern wurde als A. der vom Großmeister getragene Stab bezeichnet, dessen Kopf ein Ordenskreuz mit der Inschrift „In hoc signo vinces“ zierte.

Lit.: Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar; Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Aban (pers.), Genius des Wassers.

Lit.: Vollmer, W.: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearb. von W. Binder. Holzminden: Reprint-Verl. Leipzig, 1994.

Abano, Petrus (ca. 1250 – 1316), war einer der bedeutendsten Wissenschaftler zur Zeit Dantes. Er übersetzte ins Lateinische, kommentierte einige Werke von Aristoteles und lehrte auch in Paris. Zudem übersetzte er das astrologische Corpus von > Abraham ben Meir ibn Ezra (1090 – 1164) und schrieb Werke über > Physiognomie und > Geomantie. Er ist wahrscheinlich auch der Autor des Zauberbuches > Heptameron seu elementa magica, das magische Formeln und Figuren zur Anrufung von Geistern enthält und 1559 als Anhang zum 4. Buch von > De occulta philosophia des > Agrippa von Nettesheim veröffentlicht wurde. Außerdem erfand er eine einfache astrologische Wahrsagemethode. Wegen magischer Betätigung zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, entfloh er der Hinrichtung und starb im Kerker.

Lit.: Abraham Ben-Ezra: Abrahe Avenaris Judei Astrologi peritissimi in re iudiciali opera: ab exycellentissimo Philosopho Petro de Abano post accurataz castigationem in latinum traducta. Venetijs: Liechtenstein, 1507; Petrus < >: De occulta Philosophia lib. 3. Item [Liber de caeremoniis magicis] Spurius Liber de caeremoniis magicis, qui quartus Agrippae habetur Quibus acc. Heptameron Petri de Abano Ratio compendiaria magiae naturalis, ex Plinio desumpta. Disputatio de fascinationibus. Epistola de incantatione et adiuratione, collique suspensione. Johannis Tritemii Opuscula quaedam huius argumenti. Diversa divinationum genera à quodam antiquitatis studioso coll. [ca. 1550]; Pietro d’Abano: Comincia La Geomantia. Venetia: [Drucker:] Troianus, 1552.

Abarbanel, Rabbi Don Yitzchak, geb. 1437 in Lissabon, Portugal, gest. 1508 in Padua, Italien, war Philosoph und Bibelkommentator. Aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten ernannte ihn König Alphons V. von Portugal zum Schatzkanzler. Wegen des Verdachts der Komplizenschaft bei einem Aufstand gegen den König floh er nach Spanien, wo ihn König Ferdinand von Kastilien zum Finanzminister ernannte und ihm den Titel „Don“ (HaSar) verlieh. Bei der Vertreibung der Juden aus Spanien (1492) schloss er sich den Vertriebenen an und ging nach Italien.
Neben seinem großen Kommentar zur Torah und den Propheten verfasste A. einen Kommentar zum Buch Daniel und zwei Bücher über die Ankunft des Messias. In seinen Schriften greift er die christliche Theologie scharf an. A. gilt auch als einer der Wiederentdecker der jüdischen Mystik.

Lit.: Abarbanel, Rabbi Don Yitzchak: Peirush Abarbanel al Nevieem & Ketuvim (3 vol.) (Hebrew). Hotzaat Sefarim Bnei Abarbanel.

Abarimon (griech.). Großes Tal im Gebirge Imaus, wo Menschen mit rückwärts gekehrten Fußsohlen wohnen sollen, die besonders schnell laufen und mit den Tieren des Waldes umherstreifen. Man glaubte, dass sie nur unter diesem Himmelsstrich atmen könnten, weshalb man sie immer dort beließ.

Lit.: Vollmer, W.: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearb. von W. Binder. Holzminden: Reprint-Verl. Leipzig, 1979.

Abaris, der antiken Sage zufolge ein skythischer Apollo-Priester. Er rühmte sich eines goldenen Pfeils, den ihm Apollo geschenkt haben soll und auf dem er durch die Luft reisen konnte. Zudem war er ein Seher der Zukunft und konnte Seuchen bannen. Von ihm stammt das „Palladium“, ein > Talisman, den er den Trojanern zum Schutz ihrer Stadt verkaufte.
A. soll schließlich den Pfeil Pythagoras geschenkt und mit ihm den Bau des Kosmos und die Bewegungen der Himmelskörper diskutiert haben, wofür er von diesem in die Geheimnisse seiner Zahlenreihe eingeführt wurde. A. wird auch als > Hyperboreer bezeichnet. Nachrichten über ihn sind höchst widersprüchlich. So scheint Herodot nicht an ihn zu glauben.
Abaris war auch der Ordensname > Goethes im > Illuminatenorden, dem er seit dem 11. Februar 1783 als „Censor“ der Illuminatos dirigentes im Regentengrad angehörte.

Lit.: Herodotus: Hist. IV.36.1; Plato: Char; Strabo: Geo; Schüttler, Hermann: Die Mitglieder des Illuminatenordens 1776 – 1787 / 93. München: Ars Una Verlagsges., 1991.

Abaskanton, ein > Amulett, das die Griechen gegen Zauber und Verhexung trugen.

Lit.: Vollmer, W.: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearb. von W. Binder. Holzminden: Reprint-Verl. Leipzig, 1979.

Abathur, mythische Gestalt der Mandäer, die beim Endgericht die Taten der Seele wägt. Der Name wird aus dem Persischen abgeleitet und als „der mit der Waage“ gedeutet.

Lit.: Rudolph, Kurt: Theogonie, Kosmogonie und Anthropogonie in den mandäischen Schriften. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1965.

Abaton > Adyton.

A.B.A.W. Abk. f. „Allmächtiger Baumeister aller Welten“; auch G.B.a.W., „Großer Baumeister aller Welten“ (oder: der Welt) (engl. G.A.O.T.U., Great (auch Grand) Architect of the Universe; franz. G.A.D.U., Grand Architecte de l’universe; lat. U.T.O.S.A., Universi terrarum orbis summus architectus), in der Freimaurerei verwendete Bezeichnung des höchsten schöpferischen Prinzips. Die Bezeichnung ist biblischen Ursprungs: „… denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat“ (Hebr 11, 10). „Der Gnade Gottes entsprechend, die mir geschenkt wurde, habe ich wie ein guter Baumeister den Grund gelegt“ (1 Kor 3, 10). Ferner gibt es die Ausdrucksweise: Zum Ruhme des A.B.a.W. (engl.: To the glory of the…; franz.: A la gloire du…; lat.: Ad universi terrarum orbis summi architecti gloriam). 1989 fasste die United Grand Lodge of England die Grundprinzipen neu, wobei die auffallendste Änderung den Gottesbegriff betrifft, indem die theistische Gottesauffassung durch eine deistische abgelöst wurde. Das Mitglied muss nur noch an ein höchstes Wesen glauben und nicht mehr an den Großen Baumeister aller Welten.

Lit.: Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar; Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Abayakoon, Cyrus D. F., Astrologe aus Ceylon (geb. 1912), Experte der traditionellen > Palmblattorakel Indiens; wurde besonders durch Vorhersagen der Rückkehr an die Macht von Haile Selassie und Charles de Gaulle bekannt. Zudem soll er die Ermordung von Mahatma Gandhi, Benito Mussolini und John F. Kennedy vorausgesagt haben.

Lit.: Abayakoon, Cyrus D. F.: Astro-Palmistry: Signs and Seals of the Hand. New York: ASI, 1975.

Abba (aram.), die vertrauliche Form, in der man den Familienvater anredete, entspricht der Bezeichnung „Papa“. Nur Familienangehörige durften den Vater so ansprechen. Als Anrede Gottes kommt die Bezeichung erst im NT vor, wo Christus sie gerne verwendet: „Er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich“ (Mk 14, 36; vgl. auch Röm 8, 15; Gal 4, 6). In der syrischen und koptischen Kirche wird Abba zum Titel der Bischöfe und Patriarchen.

Lit.: Jeremias, J.: Abba: Studien zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht, 1966.

Abbacken.

I. Abbacken des Brotes, bis sich die Rinde von der Krume, dem inneren, weichen Teil des Brotes abhebt.

II. Uralte volksmedizinische Heilweise, bei der vornehmlich skrofulöse, tuberkulöse Kinder und Rheumatiker in den Ofen gelegt wurden. Die lebensgefährliche Heilmethode wurde allerdings bereits von den Bußordnungen des 11. Jahrhunderts verboten, welche es den Müttern bei strenger Strafe untersagten, fiebrige Kinder in den Ofen zu legen. Dieser Brauch wird vor allem von der > Rockenphilosophie ausführlich geschildert: „Sie binden die Arme dem ohnedem schmachtenden Kinde auf eine Kuchen-Scheibe und schieben solche nach ausgenommenem Brote etliche Male in einen Back-Ofen, daß es nicht Wunder wäre, das Kind erstickte in der Hitze“ (Friedberg, 123).

Lit.: Friedberg, E.: Aus den deutschen Bußbüchern. Ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte. Halle, 1868.

Abbé (fr.; von aram. abba). Abt, Kleriker, der kraft des Konkordates Leos X. mit Franz I. von Frankreich (25.7.1516) vom König eine Abtei als Kommende erhielt (abbé commendataire). Die Bezeichnung wurde dann im 18. Jh. in Belgien und Frankreich auf jeden, der das geistliche Kleid trug, angewendet. Heute wird dort mit A. vor allem der Weltpriester bezeichnet.

Lit.: Pelliccia, Guerrino; Rocca, Giancarlo (Hg.): Dizionario degli Istituti di Perfezione. Bd. 1. Rom: Edizioni Paoline, 1974, S. 23 – 27.

Abbé de Villars (1635 – 1673). De Villars wuchs in der Nähe von Toulouse auf und ging 1667 nach Paris, um die geistliche Laufbahn einzuschlagen. Durch die Veröffentlichung seiner kritischen Schriften, insbesondere des bekannten Rosenkreuzerromans Le Comte de Gabalis (Der Graf von Gabalis), wurde er jedoch bald mit einem Predigtverbot belegt. In diesem Roman führt A. in vier fingierten Gesprächen mit dem deutschen Kabbalisten, dem Grafen von > Gabalis, in die geheimen Wissenschaften ein und beschreibt dabei in Anlehnung an > Paracelsus > Elementargeister wie > Nymphen, > Salamander, > Gnomen und > Sylphen. Der Erfolg des Buches beruht vor allem auf der Propagierung der Lehren der > Gold- und Rosenkreuzer. Sein höchstes Ziel sieht A. jedoch im Einswerden mit Gott. Gleichzeitig kämpft er unter dem Einfluss der Aufklärung gegen den > Teufelsglauben und gegen die geistige Unterdrückung durch die Kirche. Das Buch hatte zudem großen Einfluss auf die europäische Literatur. Von Gabalis leitet sich auch die Bezeichnung > Gabalika für „Geheimwissenschaften“ ab. Als A. 1673 auf dem Weg nach Lyon ermordet wurde, glaubten viele, dass er einem Racheakt der Rosenkreuzer zum Opfer gefallen sei.
Es gibt auch Stimmen, die im Roman eine Satire auf den zeitgenössischen Okkultismus sehen.

Lit.: Montfaucon de Villars, Nicolas Pierre Henri: Graf von Gabalis oder Gespräche über die verborgenen Wissenschaften. Aus dem Franz. Berlin: Maurer, 1782.

Abbeißen, im Gegensatz zu abschneiden und abreißen; kommt in verschiedenen Bedeutungen vor: die Fingernägel der Kleinkinder sind zum ersten Mal (oder im ersten Lebensjahr) von der Mutter abzubeißen, weil sie sonst stehlen lernen (Birlinger, 392) oder weil dem Kind sonst das Glück abgeschnitten wird (Wuttke, 392 § 600). Insbesondere müssen Pflanzen, die man für einen bestimmten Zweck verwenden will, abgebissen werden (Kuhn, 581). Der Ursprung dieser Anschauungen des Abbeißens, die sich auf alles Mögliche beziehen, ist unklar, wenngleich auch die Ansicht vertreten wird, dass die Hexen über den Gewalt erhalten, von dessen Körper sie etwas in ihre Hände bekommen (Haltrich, 313 f.).

Lit.: Kuhn, K.: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. 2 Bde. Leipzig, 1859; Birlinger, A.: Aus Schwaben. Sagen, Legenden, Aberglaube usw. Neue Sammlung. 2 Bde. Wiesbaden, 1874; Meyer, C.: Der Aberglaube des Mittelalters und der nachfolgenden Jahrhunderte. Basel, 1884; Haltrich, J.: Zur Volkskunde der Siebenbürger Sachsen. In neuer Bearbeitung hg. v. J. Wolff. Wien, 1885; Wuttke, A.: Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart. 3. Bearb. v. E. H. Meyer. Berlin, 1900.

Abbeten. A. einer Krankheit, von der man überzeugt ist, dass sie durch Verwünschung, Fluch, Hexerei oder von Geistern hervorgerufen wurde, durch Gebete und Zaubersprüche. Der Ausdruck deckt sich weitgehend mit der Bezeichung „verbeten“ und ist weit verbreitet (Hovorka, 403, 724, 500).
Während beim Abbeten eine magische Wirkung mitschwingt, sind das > Befreiungsgebet und der > Exorzismus ein reines > Fürbittgebet, das die gewünschte Befreiung von bösen Einwirkungen einzig Gott überlässt.

Lit.: Hovorka, O. v.; Kronfeld, A.: Vergleichende Volksmedizin. 2. Bd. Stuttgart, 1909.

Abbild, zunächst im 14. Jh. in der Fügung „Abbild nehmen“, nach der mhd. Bedeutung von bilde nehmen, „sich ein Bild nehmen“; im pilosophischen Sprachgebrauch seit dem 18. Jh. als konkrete oder gedankliche Entsprechung eines Urbildes verwendet. So fasst die erkenntnistheoretische Lehre Erkennen als Abbilden der Wirklichkeit auf, während die auf die griechischen Philosophen Leukipp und Demokrit zurückgehende Abbildtheorie die sinnliche Wahrnehmung durch Abbilder (griech. eidola) erklärt, die von den Dingen ausgehen, die Sinne treffen und dadurch Wahrnehmung bewirken. Platon erblickt in der sichtbaren Welt (topos horatos, mundus sensibilis) ein Abbild, das zwischen Sein und Nichtsein steht. Nach der Bibel ist der Mensch Abbild Gottes (Gen 1, 26 – 27) im Sinne der Ähnlichkeit, während Christus als Abbild seines Wesens mit Gott identifiziert wird (Hebr 1, 3). Bei der > ASW werden Bilder, sofern sie als Inhalte empfangen werden, als realistische Wiedergabe eines Geschehens oder als symbolische Verschlüsselung eines Inhalts, einer Begebenheit oder eines feststehenden bildhaften Musters erfahren. In > Magie und > Mantik wird das Abbild zum jeweils Abbgebildeten.

Lit.: Ritter, Joachim (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 1. Darmstadt: WBG, 1971; Paul, Hermann: Deutsches Wörterbuch. Tübingen: Niemeyer, 91992; Thomas von Aquin: Urbild, Abbild, Spiegelung. Hg. von R. Briese und O. Zsok. München: Claudius-Verlag, 1995.

Abbildungsfurcht, die Angst, sich abbilden oder fotografieren zu lassen, weil das Bild in fremde Hände geraten könnte und man sich so der Gewalt des fremden Besitzers ausliefere. Diese Angst spiegelt sich im Ausdruck wider: „Das Bild raubt die Seele“. In der > Radiästhesie, bei verschiedenen Diagnosetechniken und mantischen Praktiken wird die Abbildung als Vorlage für diagnostische, mantische und magische Aussagen sowie für Beeinflussungen im positiven wie im negativen Sinne verwendet. > Bildzauber, > Schadenzauber.

Lit.: Seligmann, Siegfried: Die Zauberkraft des Auges und das Berufen: ein Kapitel aus d. Geschichte d. Aberglaubens. Hamburg: L. Friederichsen & Co., 1922; Biedermann, Hans: Lexikon der magischen Künste: Alchemie, Sterndeutung, Hexenglaube, Geheimlehren, Mantik, Zauberkunst. Wiesbaden: VMA-Verl., 1998.

Abbinden. In der Chirurgie zur Bezeichnung eines künstlichen Drosselns der Blutzufuhr zur Peripherie durch starkes Abschnüren verwendet, hat es im Volksbrauch die verschiedensten Bedeutungen: Abbinden von Warzen mit einem Faden oder einem Rosshaar zur Entfernung derselben (Hovorka / Kronfeld 2, 829); Abbinden von Krankheiten, bei denen eine mechanische Abschnürung nicht möglich ist, durch Umbinden eines kranken Körperteils, etwa des verrenkten Fußes oder der verkrampften Beine, zur Befreiung von Schmerzen. Nasenbluten soll aufhören, nachdem man den kleinen Finger der linken Hand mit einem Faden umwickelt hat (Köhler, 350). Wunden werden durch Gebetssprüche abgebunden, wie dem dreimaligen Spruch: „Die Wunde verbinde ich in drei Namen †††“, dann fährt man mit dem Faden dreimal um die Wunde herum (Seyfahrt, 223). Hier bekommt das Binden die Bedeutung von > Bannen. So werden als Abbinden auch Heilhandlungen bezeichnet, die mit dem künstlichen Abschnüren nichts mehr zu tun haben – wenn etwa der Fieberkranke mit einem Strohseil das Fieber an einen Baum bindet (Hovorka / Kronfeld 2, 878).

Lit.: Wolf, J. W.: Beiträge zur deutschen Mythologie. 2. Bd. Göttingen und Leipzig, 1857; August, E.: Volksbrauch, Aberglauben, Sagen. Leipzig, 1867; Hovorka, O. v.; Kronfeld, A.: Vergleichende Volksmedizin. 2. Bd. Stuttgart, 1909; Köhler, J.; Seyfahrt, C.: Aberglaube und Zauberei. Leipzig, 1913.

Abboth. Zauberwort. Auf einem Lederfleck steht es in folgender Form: Abboth dabat, „von Gott gegeben“.

Lit.: Seyfarth, Carly: Aberglaube und Zauberei. Leipzig, 1913, S. 157.

Abbott, David P(helps) (1863 – 1934). A. befasste sich als Amateur-Magier in kritischer Haltung mit spiritistischen Medien und veröffentlichte folgende Bücher: Behind the Scenes with the Mediums (1907); The History of a Strange Case (1907); Spirit Portrait Mystery … Its Final Solution (1913).

Lit.: Hansen, George P.: Magicians who endorsed psychic phenomena. In: Linking Ring 70 (1990) 8, 52 – 54.

Abbreviaturen (lat., Abkürzungen). Von alters her dienten Abkürzungen auf Steinen, Münzen, Siegeln, in Handschriften, aber auch in frühen Drucken hauptsächlich der Ersparnis von Zeit, Raum und Material, nicht selten aber auch der Geheimhaltung und magischen Ausdrucksform. Die Kenntnis von Abbreviaturen ermöglicht daher nicht nur das Lesen und sehr oft auch die Datierung von Zeit und Ort verschiedener Inschriften, Handschriften und Drucke, sondern auch das Verständnis ihrer symbolischen und magischen Bedeutung. Besonders beliebt sind Abkürzungen bei den Geheimgesellschaften, insbesondere in der Freimaurerei.

Lit.: Siefert, Kurt: Abbreviaturen. Beerfelden-Gab., Unt. Erbsenbach: Siefert, 71997; Römer, Jürgen: Geschichte der Kürzungen. Göppingen: Kümmerle, 21999 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik; 645); Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar; Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

ABC. Bezeichung des Alphabets und der kurzen, umfassenden und praktischen Darlegung einer Lehre oder eines Fachgebietes, wie etwa ABC der Anthroposophie, Okkultes ABC, Hermetisches ABC. Das Alphabet enthält die Zeichen für alles, was in Wort und Schrift mitgeteilt werden kann. So wird schon das Erlernen mit zahlreichen Anschauungen verbunden. Den Kindern soll durch das Essen von aus Speisen geformten Buchstaben das Lernen erleichtert werden. Daher waren in Deutschland einst Schultafeln aus Lebkuchenteig weit verbreitet, auf denen die Buchstaben in einem dem römischen Metallspiegel ähnlichen Rahmen dargestellt waren (Höfler, 34). Ein ähnlicher Brauch ist seit dem 11. Jahrhundert auch im jüdischen Schulunterricht belegt (Dornseiff, 136).
Im Hebräischen werden damit Werke bezeichnet, die in alphabetischer Ordnung verschiedene Personen und Gegenstände behandeln (z. B. in mystischer Darstellungsform). Bekannt ist das Alphabetum Siracidis, „Othijoth ben Sira“, dem Verfasser von Jesus Sirach zugeschrieben, das jedoch aus dem 8. Jh. stammt. Es enthält die Erzählung von der Dämonin > Lilith, „Adams Frau“ nach Goethes Faust.
Das Alphabet hat aber auch heilende, magische Bedeutung. So gilt das rasche Hersagen des ABCs als Heilmittel der Schlucker und die ganze hingeschriebene Alphabetenreihe als zauberkräftig.
Die allegorische Auslegung von Bibeltexten führte in der Kabbala zur Ausbildung ihrer > Alphabetmagie und -symbolik. Auch die Worte Christi (Offb 1, 8; 21, 6; 22, 13), „Ich bin das Alpha und das Omega“, geben dem Alphabet einen mystischen Inhalt.
Schließlich ist das Alphabet als festgelegte Reihe sämtlicher Bestandteile der Sprache wie geschaffen, um beim Losen und Wahrsagen aus ihm herauszulesen (Wuttke, 233).

Lit.: Wuttke, A.: Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart. 3. Bearb. v. E. H. Meyer. Berlin, 1900; Höfler, M.: Weihnachtsgebäcke. Wien, 1905 (ZföVk. 11, Suppl. III); Dornseiff, M.: Das Alphabet in Mystik und Philosophie. Leipzig, 21925.

Abd (arab., Knecht, Sklave), dient bei den Arabern wie in der semitischen Sprache überhaupt und später bei allen Völkern, die den Islam angenommen haben, zur Bildung von Eigennamen, z. B. Abd-Allah oder Abdullah = Knecht Gottes.

Abd al-Karim al-Gili (1365 – 1428). Muslimischer Mystiker, Anhänger des Systems des > Ibn al-Arabi, schrieb die Sufi-Abhandlung al-Insan al-Kamil („Der vollkommene Mann“), worin er kosmische und ontologische Probleme behandelt: Das Sein ist ein Einziges und das Wesen Gottes ist unerkennbar. Reines Sein als solches hatte weder Namen noch Eigenschaften. Erst beim Absteigen der Stufen kommt es auf Stufe 5, dem Bereich der Manifestationen, zu Attributen. So wird die Welt zur Selbstoffenbarung des Reinen Seins, von Allah. > Mohammed ist der Logos, der vollkommene Mann. Der Mensch ist der Mikrokosmos, der alle Attribute enthält. In ihm allein wird das Absolute in all seinen Aspekten sich seiner selbst bewusst.

Lit.: Nicholson, Reynold Alleyne: Studies in Islamic mysticism. London: Kegan Paul International, 1998.

Abd-Al-Qadir-Djilani (†  1172), auch Pir Dastagir genannt, ist der berühmte Gründer des Derwischordens der Quadiriyah. Sein Grab befindet sich in Bagdad. Quadiriyah ist der in Asien verbreitetste sunnitische Orden.

Lit.: Hughes, Thomas Patrick: Lexikon des Islam. Wiesbaden: Fourier, 1995.

Abdal (arab., „Stellvertreter“). Numerische Gruppe von 70 „Sufi-Heiligen“, deren Anzahl bis zum Ende der Welt immer gleich bleibt, bis sie dann abnimmt und die Welt untergeht. Die Hauptgestalt, die nur Gott bekannt ist, der Qutb, oder die Achse, der Welt, ist von vier Pflöcken umgeben, so dass die Abdal zusammen ein Zelt zum Schutz der Welten bilden.

Lit.: Bowker, John (Hg.): Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999.

Abdalan-i Rum (Rum Abdallari), „die Verrückten Ostroms“; Derwische, die in Tierfelle gehüllt, ansonsten völlig nackt, in frühosmanischer Zeit barfuß durch Anatolien zogen. Sie rasierten ihren Kopf, waren am Oberkörper tätowiert und trugen einen silbernen Ring im Ohr. Zu ihrer Ausrüstung gehörten Äxte, Keulen, Holzschwerter und Musikinstrumente. Solche Derwische, die im 15. Jh. den asketischen Otman Baba (†  1478 / 79) in Rumelien und auf dem östlichen Balkan begleiteten, sollen teilweise aus armen Hirtenfamilien der Yörük-Bevölkerung gekommen sein. Sie werden als Vorläufer der Bektashi angesehen, von denen sie im 16. Jh. völlig absorbiert wurden. In der Türkei gehörten sie den häretischen Kizilbash /Aleviten an. In Mittelasien, vor allem in den Oasen des südwestlichen Tarim-Beckens (Ostturkestan), leben sie noch heute als wandernde Bettler und Handwerker. Einige von ihnen sind in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. sesshaft geworden. Es wird auch die Ansicht vertreten, dass diese wandernden Derwische aus dem Gauklertum hervorgingen, da manche Gruppen nordsyrischer > Abdal ihren Lebensunterhalt noch immer als Gaukler und Schlangenbeschwörer bestreiten.

Lit.: Frembgen, Jürgen Wasim: Reise zu Gott: Sufis und Derwische im Islam. München: C. H. Beck, 2000, S. 110 – 111.

Abdallah ibn Sina > Avicenna.

Abdankung. Abschluss der Teufels- oder Geisterbeschwörung, im Zuge dessen der > Teufel bzw. die > Geister verabschiedet, d. h. „abgedankt“ werden. Dieses Abdanken geschieht oft durch > Rückwärtslesen der Beschwörungsformel (Baumgartner, 75). Nicht selten bedarf es dazu jedoch besonderer Abdankungsformeln (Kiesewetter, 408).

Lit.: Baumgartner, Armand: Aus der volksmäßigen Überlieferung der Heimat. 1.Teil. Linz (Mus. Progr.), 1862; Kiesewetter, Carl: Faust in der Geschichte und Tradition. Leipzig, 1893.

Abdecker. Die A. gehörten wie die Bader, Gassenfeger, Gerber, Scharfrichter und andere mehr zu den „unehrlichen Berufen“, einer Besonderheit der mittelalterlichen Ständegesellschaft. Dieser Status der „Unehrlichkeit“ bestimmte weitgehend das Leben, doch gab es selbst bei den Abdeckern, entgegen vielfacher Annahme, keine durchgehende Distanzierung zur übrigen Bevölkerung. Seit Beginn des 17. Jhs. können nämlich nur die Verweigerung des Bürgerrechts und öffentlicher Ehrenämter sowie der Ausschluss von den Zünften und die Irregularität bestätigt werden. Die Ursprünge des Abdeckereigewerbes liegen allerdings noch im Dunkeln. Sicher ist, dass z. B. in München der erste amtliche Abdecker 1477 eingestellt wurde. Seine Aufgabe bestand, neben der Straßenreinigung, ausdrücklich darin, das „Aß ab dem Pflaster zu stubern“ (Waldburg-Wolfegg, 13 f.). Diese „unehrliche“ Arbeit verhalf dem Abdecker jedoch zusehends zu einer besonderen Stellung. Er hatte nicht nur die Tierkadaver, sondern im amtlich befohlenen Hilfsdienst der Scharfrichter auch die Leichen der Hingerichteten zu entsorgen. Dies brachte ihm gewisse anatomische Kenntnisse und den Ruf geheimer Heil- und Zauberkräfte ein. So wandten sich nicht nur einfache Leute, sondern auch Angehörige höherer Stände mit ihren Anliegen an ihn, was schließlich zu einem Konflikt mit der Ärzteschaft führte. Mit der gesetzlichen Verpflichtung vom 21. August 1756, die Leichen grundsätzlich zu den Anatomien zu bringen, und dem Verbot jeglicher medizinischer Tätigkeit blieb nur noch der Ausweg in die Tiermedizin. Die Abdecker spezialisierten sich nun besonders auf Vieh- und Rosskuren. Dabei spielte auch die Magie eine anerkannte Rolle. So ist in den Rossarzneibüchern die Bereitschaft, Bezauberung als klar definierte Krankheit mit eindeutig bestimmbaren Symptomen zu betrachten, grundsätzlich vorhanden. Doch trotz der vielfältigen Tätigkeit, die neben der beruflichen Aufgabe von sympathischen Kuren bis zur Wahrsagerei, oft in geheimer Sprache, reichten und von der Bevölkerung ganz ungeniert in Anspruch genommen wurden, blieben die Abdecker arme und ungebildete Außenseiter. Auch das Verschwinden der „Unehrlichkeit“ im 19. Jh. änderte an ihrer Unterschichtszugehörigkeit wenig. In den Augen des bürgerlichen Betrachters waren die Abdecker „größtenteils versoffene, unreinliche, nicht für das Beste des Nächsten, sondern nur für sich bedachte Leute“ (Lux, 104 f.), doch gerade deshalb von besonderer magischer Kraft.

Lit.: Lux, Johann, J. W.: Über das Abdecker-Wesen und die Folgen seiner Aufhebung. Leipzig, 1918; Waldburg-Wolfegg, Johannes Graf: Das mittelalterliche Hausbuch. Betrachtungen von einer Bilderhandschrift. München, 1957; Nowosadtko, Jutta: Scharfrichter und Abdecker. Paderborn: Schöningh, 1994.

Abdelazys. Arabischer Astrologe des 10. Jhs. in Europa, bekannt unter dem lateinischen Namen > Alchabitius. Seine Abhandlung über Astrologie wurde so gepriesen, dass sie in das Lateinische übertragen und 1473 veröffentlicht wurde. Es folgten weitere Ausgaben, vor allem in Venedig und Paris.

Lit.: Alchabitius: Alchabitij Opus ad scrutanda stellarum magisteria isagogicum,… cum Joannis de Saxonia commentario. Venetiis: Sessa et de Ravanis, 1521.

Abdias > Obadja.

Abdiel (hebr., Diener Gottes), Engelsname der jüdischen Kabbalisten. In John Miltons Das verlorene Paradies als einer der > Seraphim dargestellt.

Abdiroth. Von > Paracelsus verwendete Bezeichnung des Gefühls, das man beim Anzug eines Gewitters hat.

Lit.: Werner, H.: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fournier, 1991, S. 8.

Abdrücke (engl. plastics, spirit markings). Abbildungen von Extremitäten auf verschiedenen Gegenständen bei angeblichen Erscheinungen von Geistwesen, meist in Form von Phantombildungen im Rahmen spiritistischer und experimenteller Sitzungen zum Beweis der Echtheit der Erscheinung durch die hinterlassene sichtbare Spur. Neben Ton und Gips verwendete man dabei auch Paraffin sowie Glas und andere feste Gegenstände, die man als Unterlage für Abdrücke mit Ruß, Staub, Mehl u. dgl. bestreute. In neuerer Zeit kamen dann Film, Tonbänder (Tonbandstimmen) und elektronische Aufzeichnungsformen zum Einsatz.
Der erste Abdruck wurde 1875 von William > Denton in Boston mit dem Medium Mary M. > Hardy in Paraffin gewonnen. Dieses Verfahren verbreitete sich sehr rasch und wurde vor allem von Gustav > Geley und Charles > Richet beim Medium Franek > Kluski angewandt. Das Paraffin wurde 1930 von C. L. v. > Reichenbach im Holzteer entdeckt und findet heute sowohl in dünn- und dickflüssiger als auch in fester Form Anwendung.

Bei den hier zu besprechenden Paraffinabdrücken handelt es sich meist um Hände. Die „Phantome“ wurden gebeten, in ein Gefäß mit Paraffin in heißem Wasser zu greifen und sodann die Hand in kaltes Wasser zu halten, um so den Handabdruck zu erzeugen. Pawlowski beschreibt das Verfahren mit Kluski, bei dem sich das kalte Wasser sogar erübrigte, folgendermaßen: „Die Phantome tauchen ihre Hände in das Paraffin und lassen die handschuhartigen Abdrücke auf den Tisch fallen … Das Phantom braucht ½ – ¾ Minuten Zeit zur Herstellung einer Form. Als ich versuchte, dies selbst zu machen, dauerte es mehrere Minuten, bis das Paraffin nur so weit abgekühlt war […], und auch dann war es unmöglich, den Handschuh, ohne ihn zu zerbrechen, von der Hand zu streifen, ja, ich konnte es nicht einmal mit einem einzigen Finger, der bis zum zweiten Glied in Paraffin getaucht war, fertigbringen“ (Pawlowski, 12). Die Kluskischen Paraffinformen fielen nach wenigen Stunden in sich zusammen, weshalb sie Pawlowski mit Gips füllte, um Abgüsse zu erhalten.

Friedrich > Zöllner erhielt bei seinen Experimenten mit Henry > Slade merkwürdige Abdrücke von Händen und Füßen auf mehlbestreuten oder berußten Flächen. Neben anderen Gelehrten lud er auch den berühmten Physiker Wilhelm Weber und den Philosophen G.  Th. > Fechner ein. Bei einem Versuch entstand ein Handabdruck in Mehl. Bei der sofortigen Untersuchung der Hände und Füße Slades konnten nicht die geringsten Spuren von Mehl festgestellt werden. Beim Vergleich seiner Hand mit dem Abdruck im Mehl erwies sich der Abdruck als viel größer. Der Versuch wurde an den folgenden Tagen mit gleichem Erfolg wiederholt. Der Abdruck einer Fußsohle bei einem weiteren Experiment war hingegen 4 cm kürzer als der Fuß Slades (Zöllner, 54).
Eine Bestätigung erhielten diese Experimente durch die in größerer Zahl hervorgebrachten Abdrücke von Händen und Köpfen mit dem Medium Eusapia > Paladino, die allerdings in Dunkelheit oder bei sehr schwacher Beleuchtung stattfanden, so dass Beobachter wie J. > Maxwell und der Experimentator E. > Morselli nach mehrjähriger Untersuchung Zweifel anmeldeten.

Lit.: Zöllner, Friedrich: Vierte Dimension, hg. von Rudolf Tischner. Leipzig: Oswald Mutze, 1922; Pawlowski, F. W.: Die Mediumschaft des F. Kluski. In: Zeitschrift für Parapsychologie (1926), 12 f.; Moser, Fanny: Der Okkultimus – Täuschungen und Tatsachen. München: Ernst Reinhardt, 1935.

Abd-ru-shin (Pseud.) > Bernhardt, Oskar Ernst, Gründer der > Gralsbewegung.

Abduktion (engl. abduction). Unter A. versteht man in der UFO-Literatur Entführungen von Menschen, die sich irgendwo im Freien, auf einer Landstraße oder zu Hause im Schlafzimmer ereignen, woraufhin laut Aussage der „Opfer“ eine medizinische Untersuchung durch fremde Wesen an Bord eines unbekannten Flugobjektes (UFO) erfolge. Die gemachten Fallstudien erlauben allerdings keine überzeugenden Aussagen.
Wohl aber gibt es Erfahrungsberichte über traumatische „UFO-Erlebnisse“, die eine therapeutische Behandlung erforderlich machten, wobei das Entführungssyndrom stets Ähnlichkeiten aufweist: Beobachtung eines landenden unidentifizierten Flugobjekts, dem kleine, graue Gestalten mit großen kahlen Köpfen und großen schwarzen Augen entsteigen. Die Betroffenen fühlen sich von diesen, wie unter Hypnose, willenlos unter Kontrolle und an Bord gebracht, wo dann im Allgemeinen eine Furcht einflößende „medizinische Untersuchung“ erfolgt, worauf sie wieder entlassen werden. In rund zwei Drittel aller Fälle wird die Erinnerung an die Entführung und Behandlung vergessen, arbeitet jedoch nicht selten unbewusst weiter.
In diesem Zusammenhang sind die sog. psychischen Abduktionen voller surrealer und traumhafter Elemente zu nennen. Die Betroffenen berichten von Reisen außerhalb ihres Körpers oder von Erlebnissen in anderen Bewusstseinszuständen. Bei solchen Berichten ist jedoch große Vorsicht geboten, weil von einem Ereignis erzählt wird, das im physikalischen Sinne eindeutig nicht stattgefunden hat.
Ebenso problematisch ist auch die Gruppe der „freiwilligen“ Abduktionen, wo also die Betroffenen freiwillig in ein Raumschiff steigen. Handelt es sich hier vielleicht um eine Art Sinnestäuschung oder sogar um eine bewusste Konfabulation?
Das Gleiche gilt auch für die so genannten „Kontaktler“, die angeben, mit > Außerirdischen in Verbindung zu stehen, und ihre Erfahrungen vermarkten. Dieser Kreis kann noch um die „Channeler“ und jene angeblich paranormal begabten Personen bereichert werden, die bei ihren > Automatismen zuweilen mit Außerirdischen zu kommunizieren pflegen. Die große Popularität der Verbindung mit Außerirdischen, vor allem durch zahlreiche Filmproduktionen, führt zudem noch zu vielfältigem Schwindel. Hauptmotiv der Abduktionserfahrungen dürfte der verdrängte Wunsch nach einem Fortleben sein.
Wie immer auch die einzelne Erfahrung zu deuten sein mag, so ist allen klassischen Abduktionsberichten, also jenen Berichten, die normalerweise mit UFO-Abduktionen assoziiert werden, ein Schlüsselphänomen eigen. Vielleicht beruht es nur darauf, dass Menschen ihre Emotionen, Ängste, Hoffnungen und Verhaltensweisen in gemeinsamen Formulierungen ausdrücken.

Lit.: Alien Discussions: von Außerirdischen entführt. Hg. von Andrea Pritchard u. a. – Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, 1996.

Abduktionsberichte (engl. abduction reports). Erzählungen über Entführungen durch > Extraterrestrische. Diese Berichte beinhalten zumeist Erinnerungen, die durch zahlreiche Faktoren beeinflusst sein können, wozu auch pathologische Persönlichkeitsstrukturen zu zählen sind. Daher dürfen solche Berichte, selbst wenn sie zuverlässig und stichhaltig erscheinen, nicht für bare Münze genommen werden.

Lit.: Alien Discussions: von Außerirdischen entführt. Hg. von Andrea Pritchard u. a. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, 1996.

Abdul Alhazard > Necronomicon.

Abduzierter (engl.: abductee), ein angeblich von > Extraterrestrischen bzw. UFO-Insassen an Bord eines UFOs Entführter.

Lit.: Alien Discussions: von Außerirdischen entführt. Hg. von Andrea Pritchard u. a. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, 1996.

Abe Mango, nach der südamerikanischen Mythologie eine sehr hilfreiche Göttin des Kochens, der Töpferei, des Bauens und Webens. Sie ist die Tochter von > Page Abe, des Schöpfergottes der Tukano-Indianer am Amazonas. Nachdem ihr Vater die Menschen geschaffen hatte, stieg sie persönlich zu ihnen auf die Erde, um ihnen die Nutzung des Feuers beizubringen und zu zeigen, wie man kocht, baut, töpfert und webt.

Lit.: Jones, David M.: Die Mythologie der Neuen Welt: die Enzyklopädie über Götter, Geister und mythische Stätten in Nord-, Meso- und Südamerika. Reichelsheim: Edition XXV, 2002.

Abecedarium, auch abc(e)darium (-durium, –turium), abgetorium (-itorium, -atorium). Eine im christlichen Altertum und Mittelalter beliebte Form der Aneinanderreihung von Anfangsbuchstaben einer Zeile oder von Versen nach dem Alphabet. Bei der Kirchweihe dient A. zur Bezeichnung des griechischen und lateinischen Alphabets, das der Bischof mit dem Stab als Zeichen der Besitznahme des Gotteshauses durch Christus in das Kreuz der Diagonalen des Kultraumes schreibt. Schließlich sind unter A. Psalmen und Dichtungen zu verstehen, deren Strophen oder Verse mit je einem Buchstaben des Alphabets in der Reihenfolge A – Z beginnen.

Lit.: Ez 9, 4.6; Lexikon für Theologie und Kirche. Bd. 1. Freiburg: Herder, 1996.

Abellin, Mirjam von > Mirjam v. Abellin.

Abellio. Gottheit der Gallier, die in einigen Altarinschriften erwähnt wird, welche bei Cominges in Südfrankreich gefunden wurden. A. wird bald mit Mars, bald mit dem Apollo der Römer verglichen, zumal bei den Kretern Abelios die Sonne hieß.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearb. von W. Binder. – Holzminden: Reprint-Verl. Leipzig, 1979.

Abels-Orden oder „Orden der wahren Aufrichtigkeit und Redlichkeit“ (Biedenfeld, 181 – 182). Diese Geheimgesellschaft wurde 1745 in Greifswald / D gegründet. Ihre Mitglieder nannten sich Abeliten oder Abels-Nachfolger und suchten gemäß ihrem Wahlspruch „Aufrichtigkeit, Freundschaft und Hoffnung“ christlich-moralisch-philanthropisch zu leben.
Der Orden bestand aus zwei Graden: Die Mitglieder des ersten Grades strebten aus freiem Entschluss „mit allem Fleiße“ nach einer „wahren Aufrichtigkeit und Redlichkeit bey allen ihren pflichtmäßigen Handlungen“ und suchten sich darin zu üben (Schuster, 252). Die Mitglieder des zweiten Grades hatten schon wirkliche und verschiedene Proben in dieser großen Vollkommenheit gezeigt und waren daher bestrebt, einen größeren Grad in derselben zu erlangen.
Über geheime Zeichen und Rituale ist nichts bekannt. Als „Sinn- und Denkbilder“ galten das „Allsehende Auge“, Kreuz, Herz, gekreuzte Schlüssel, Ring und Totenkopf.
Der Orden ist kaum über Greifswald hinausgewachsen und sein Bestand war nicht von Dauer.

Lit.: Ahlwardt, Peter: Der Abelit. Leipzig, 1746; Biedenfeld, Ferdinand von: Geschichte und Verfassung aller geistlichen und weltlichen, erloschenen und blühenden Ritterorden. Bd. 1. Weimar: Voigt, 1841; Schuster, Georg: Geheime Gesellschaften, Verbindungen und Orden. Bd. 2. Wiesbaden: Fourier, o. J.

Abend. Der A. ist eine besondere Tageszeit im menschlichen Leben. Die Unsicherheit der anbrechenden Nacht führt zu Vorsorge, Riten und Opferhandlungen, um die Gefahren der Nacht zu bannen, gehört diese doch den Geistern. Jede Berührung mit bösen Geistern und jeglicher Kontakt mit der gefährlichen Außenwelt sind zu meiden.
Der Abend schließt aber nicht nur den alten Tag ab, sondern nimmt bereits Verbindung mit dem neuen auf. So kommt ihm auch die Zukunftsdeutung zu. Vor allem am Vorabend von Festtagen, die einen neuen Zeitabschnitt einleiten, wie Weihnachten, Silvester und Dreikönig, ist Zukunftsdeutung am erfolgreichsten. Aus den verschiedenen Abendzeichen kann zudem auf das künftige Wetter geschlossen werden.
Der Abend ist die Zeit der Rückbesinnung auf sich selbst und der Bewusstseinsveränderung zum Schlaf hin, wo die Empfänglichkeit für außergewöhnliche Erfahrungen besonders groß ist. Zudem sind einige Abende, insbesondere der Andreas-, Johannis-, Thomas- und Heilige Abend sowie der Abend vor Ostern und Christi Himmelfahrt von besonderem magischen Gehalt. Der Andreasabend z. B. wird für Liebe und Ehe empfohlen.
In der Volksmedizin wird den an bestimmten Abenden gesammelten Heilkräutern eine besondere Kraft zugesprochen.
In der Astrologie bildet der Abend das 7. Haus im Horoskop.

Lit.: Wuttke, Adolf.: Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart. 3. Bearbeitung von E. H. Meyer. Berlin, 1900; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 1. Berlin: W. de Gruyter, 1987.

Abendglocke > Abendläuten.

Abendläuten. Von den sieben Glockenzeichen der sieben Gebetszeiten (horae canonicae) kamen für den Abend das Vesperläuten und das Completläuten in Betracht. Das im 11. Jh. auftauchende Ave Maria führte dann vom 13 Jh. an zum Angelusläuten am Morgen (zuerst 1317 / 1318 in Parma) und am Abend (zuerst 1307 in Gran), sodann auch am Mittag (zuerst 1386 in Prag). Das Abendläuten markierte das Ende des Arbeitstages, denn vom Abendläuten bis zum Morgenläuten gehört die Zeit den Geistern, die vor dem Abendläuten nur selten erscheinen. Zuweilen kommt dem Abendläuten, wie dem > Abend überhaupt, eine besondere Wirkung zu, die nicht selten Zukunftsbedeutung hat.

Lit.: Eisenhofer, L.: Handbuch der katholischen Liturgik 1. Freiburg: Herder, 21941; Bächtold-Stäubli, H.: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 1. Berlin: W. de Gruyter, 1987.

Abendmahl. Das A., auch „Herrenmahl“ genannt, wird im frühen Christentum als Fortführung der Tischgemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern (Brotbrechen), als Erinnerung an das letzte gemeinsame Mahl (das letzte Abendmahl) und als Auftrag zu Seinem Gedächtnis gefeiert (Lk 22, 17 – 21).
Das Abendmahl beinhaltet für die Christen ihre mystische Verbindung mit Christus und untereinander. Während man das „Herrenmahl“ zunächst mit einer wirklichen Mahlzeit feierte, wurde es im Laufe des 2. Jhs. zu einer kultischen Feier in der Bedeutung des Opfermahls im Glauben an die Wandlung der Elemente von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi (> Transsubstantiation), was in der Ostkirche in der Vorstellung einer dynamischen >„Transformation“ nach dem Vorbild der Verklärung Christi zum Ausdruck kommt.
Luther leugnete die Wandlung der Elemente, vertrat jedoch (Marburger Religionsgespräch), entgegen der rein symbolischen Deutung Zwinglis, die reale Gegenwart Christi (> Konsubstantiation). So spricht man heute in der protestantischen Kirche von Abendmahl, in der katholischen Kirche hingegen von Eucharistie oder Messopfer (Katechismus).
Aus paranormologischer Sicht sind neben den Lehren von Transsubstantiation, Transformation und Konsubstantiation die mit dem Abendmahl verbundenen magischen Vorstellungen und Handlungen von Interesse. So wird das Abendmahl als Zaubermittel verwendet, um sich besondere Vorteile zu verschaffen, wie eine leichte Geburt und ein kräftiges Leben für das Neugeborene (Hoffmann-Krayer, 23). Vielfach gilt das Abendmahl als Heilmittel gegen Krankheit, als Schutz vor bösen Geistern und als Quelle besonderer Kräfte (Kühnau, 243). Wer sich hingegen dem Abendmahl gegenüber unwürdig verhält, kann sich Schaden zufügen (Kuhn, 445).
Schließlich dient das Abendmahl auch als Gottesurteil in Form der > Abendmahlsprobe.
Im Hexen- und Teufelskult wird das Abendmahl zum Gegenstand der Nachahmung und Verspottung (Horst, 328).

Lit.: Das Marburger Religionsgespräch, 1529; Kuhn, A.; Schwartz, W.: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche ect. Leipzig: Brockhaus, 1848; Kühnau, Richard: Schlesische Sagen. 3 Bde. Leipzig, 1910 – 1913; Hoffmann-Krayer, Eduard: Feste und Bräuche des Schweizervolkes. Zürich, 1913; Katechismus der Katholischen Kirche. München: Oldenburg, 1993; Horst, Georg Konrad: Zauberbibliothek, J. J. Couvreur, o. J.

Abendmahlsprobe. Bei der A. wird dem als Verbrecher Verdächtigten zur Klärung der Wahrheit die heilige Hostie gereicht. Kann er sie ohne schädliche Wirkung genießen, ist er unschuldig; stirbt er, ist er schuldig und zugleich bestraft (Glitsch, 24).
In dieser Abendmahlsprobe finden sich zwei Momente: das uralte Gottesurteil in Form des geweihten Bissens, wie es bei Afrikanern (Glitsch, 34), Indianern (Globus 29, 40), Indern (Glitsch, 31), Israeliten (1 Sam 6, 9) und in den altgermanischen Volksrechten (Schild, 10) vorkommt, sowie die Aussage im NT: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der isst und trinkt sich das Gericht.“

Lit.: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. Braunschweig, 1862 ff.; Glitsch, Heinrich (Hg.): Mittelalterliche Gottesurteile. Leipzig: Voigtländer, 1918; Schild, Wolfgang: Alte Gerichtsbarkeit. München: Callwey, 1985.

Abendpunkt. Der. A., auch Westpunkt genannt, ist der Untergangspunkt der Sonne zur Zeit der Tagundnachtgleichen.

Lit.: Lexikon der Astrologie. München: Goldmann, 1981.

Abendstern. Der A. gilt bei den meisten Völkern als Zeichen für den Anbruch der Nacht und der Ruhezeit, als Zeitpunkt der Vermählung und der Liebeszusammenkunft. Liebende, die getrennt sind, senden sich über ihn Grüße. So wurde der Abendstern schon sehr früh besungen. Die griechische Dichterin Sappho huldigt ihm, wie später eine Reihe anderer Dichter, mit gefühlvollen Worten. Der Abendstern, Hesperos, wurde daher auch vom Morgenstern, Phosphoros, wohl unterschieden. In der Astrologie wird als Abendstern jeweils jener Planet bezeichnet, der nach der Sonne untergeht.

Lit.: Paulys Real-Encyclopädie. Hg. v. G. Wyssowa u. a., Stuttgart, 1893 ff.; Sappho: Lieder: griechisch und deutsch. Hg. von Max Treu. Darmstadt: WBG, 81991; Mertz, Bernd A.: Venus und Merkur als Morgen- und Abendstern im Horoskop. Mössingen: Chiron-Verl., 1997.

Abendweite. Die A. ist das Bogenstück auf dem Horizontkreis zwischen > Abendpunkt und Untergangspunkt eines Gestirns.

Lit.: Lexikon der Astrologie. München: Goldmann, 1981.

Aben-Ragel > Albohazen Haly.

Aberacula, flügelförmig geschriebenes Zauberwort gegen Fieber, eine Nebenform von > Abracadabra.

Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 1. Berlin: W. de Gruyter, 1987, S. 63; Drury, Nevill: Lexikon esoterischen Wissens. München: Droemersche Verlagsanst. Th. Knaur Nachf., 1988.

Aberdeen-Hexen. Eine Gruppe von Hexen, die 1596 / 97 während eines Prozesses in Nordost-Schottland hingerichtet wurden.
1596 wurde Aberdeen vom Hexenwahn erfasst. In einer Flut gegenseitiger Anschuldigungen wurden Behauptungen über allerlei Arten magischer Übeltaten vorgebracht. So hätten zahlreiche Angeklagte Magie angewandt, um durch die Macht des > Bösen Blickes den Tod herbeizuführen, Männer zu Ehebrechern zu machen, dem Vieh zu schaden, die Milch sauer werden zu lassen, Unwetter heraufzubeschwören und Zauberformeln für die Liebe zu erfinden. Die Angst vor Hexerei war so groß, dass selbst das Ansetzen einer harmlosen Kräutermedizin Anlass zu Verhaftungen gab. Durch Druck und Zwang wurden die unglaublichsten Geständnisse erpresst. Schließlich kam zu Tage, dass sich die Hexen von Aberdeen zum Hexenzirkel trafen, dem 14 Mitglieder angehörten und der unter Anleitung des Teufels stattgefunden habe. Dieser habe sich als grauer Schafsbock, als Eber oder Hund getarnt und sich Christsonday genannt. Häufig sei er in Begleitung seiner Gemahlin, der Elfenkönigin, gewesen. Die Mitglieder des Zirkels hatten als Ehrerbietung das Gesäß ihres Herrn und ihrer Herrin zu küssen und häufig mit ihnen Geschlechtsverkehr zu üben.

Die alte Janet Wishart wurde verdächtigt, Andrew Webster durch Magie ermordet, bei Alexander Thomson Fieber hervorgerufen und Teile einer noch am Galgen hängenden Leiche für schändliche Zwecke verwendet zu haben. Isobel Cockie warf man vor, Mühlen und Vieh verhext zu haben, Margaret Ogg habe sich auf das Vergiften von Fleisch spezialisiert und Helen Rogie habe von ihren Opfern Wachsbilder angefertigt, um ihnen zu schaden. Isobel Strachan habe junge Männer verführt, Isobel Ritchie Zauberspeisen für werdende Mütter zubereitet und Isobel Ogg Unwetter heraufbeschworen.
Viele der Angeklagten waren von einer der ihren identifiziert worden, die behaupteten, an einer großen Versammlung von zweitausend Hexen in Atholl teilgenommen zu haben.

Andrew Mann, selbst ein bekannter Hexer, erklärte sich bereit, als Kronzeuge aufzutreten. Vom Gericht zum > Hexenriecher ernannt, unterzog er die Verdächtigen der > Nagelprobe, um das > Teufelsmal zu finden.

Am Ende der Gerichtsverfahren im April 1597 wurden 23 Frauen und ein Mann der Verbrechen für schuldig befunden, an Pfosten gebunden, vom Scharfrichter erdrosselt und dann an einer Stelle nahe der heutigen Commerce Street verbrannt, um zu verhindern, dass das Böse von ihren Körpern auf andere übertragen würde. Mehrere Angeklagte entgingen dieser Grausamkeit durch Selbstmord. Ihre Körper wurden durch die Straßen geschleift, bis sie in Fetzen gerissen waren. Jene, für die kein Schuldbeweis zu erbringen war, wurden auf der Wange gebrandmarkt und aus der Stadt gewiesen.

Nicht lange nach den Hexenprozessen von Aberdeen veröffentlichte König Jakob VI. von Schottland (1603 – 1625) seine Dämonologie, die dazu beitrug, den Hexenwahn überall in der schottischen Gesellschaft zu verbreiten.

Lit.: Baroja, Julio Caro: Die Hexen und ihre Welt. M. e. Einf. u. e. ergänz. Kap. v. Will-Erich Peuckert. Stuttgart: Klett, 1967; Drury, Nevill: Lexikon esoterischen Wissens. Erika Ifang [Übers.]. München: Droemersche Verlagsanst. Th. Knaur Nachf., 1988; Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei; Regina Van Treeck [Übers.]. Dt. Erstausgabe; s. l.: Bechtermünz Verlag, 1999.

Aberfan. Dorf in Wales, wo 1966 bei einem Haldenrutsch 144 Menschen, darunter 128 Kinder, den Tod fanden. Der englische Psychologe J. C. Barker suchte daraufhin über einen Aufruf in der Presse nach Personen, die > Ahnungen oder > Wahrträume im Hinblick auf das Unglück gehabt hatten. Von den 76 Zuschriften aus dem ganzen Land wurden 60 eingehend überprüft. Dabei konnte in 24 Fällen durch Zeugen dokumentiert werden, dass die Erlebnisträger vor dem Unglückstag anderen Personen von ihren diesbezüglichen präkognitiven Erfahrungen berichtet hatten. Bei den gesicherten Fällen überwogen die Frauen mit 5 : 1. Das Alter der Erlebnisträger lag zwischen zehn und 75 Jahren. Bei den Erlebnissen selbst handelte es sich größtenteils um Träume mit schreienden Kindern, schwarzen Massen, walisischer Landschaft, Rappen mit Leichenwagen u. Ä.

Lit.: Barker, J. C.: Premonitions of the Aberfan Disaster. In: Journal of the Society for Psychical Research 44 (1967), 734; Grattan-Guinness, Ivor [Hg.]: Psychical Research: A Guide to its History. Principles and Practices. Wellingborough, Northamptonshire: The Aquarian Press, 1982.

Aberglaube. Seit dem 13. / 14. Jh. verwendete Bezeichnung von irrigem Glauben, vor allem im religiösen Kontext, an besondere Kräfte, deren Realität weder empirisch noch theologisch begründbar ist.

Begriffsgeschichtlich umfasst das Wort „Aberglaube“ den griechischen Begriff von deisidaimonia (übertriebene Götterfurcht) und die antiken und mittelalterlichen Bedeutungsinhalte von superstitio („Überglaube“) und idololatria (Götzendienst). Seit dem 19. Jh. nimmt das Wort „Aberglaube“ immer häufiger die Bedeutung von „blindem Vorurteil“, „einfältiger Lebensauffassung“ und unkritischem „Volksglauben“ an. In dieser allgemeinen Bedeutung von naiver Lebenseinstellung hat die Kategorie „Aberglaube“ theologisch keine Bedeutung mehr.
Hingegen bleibt im religiösen Kontext die von
Thomas von Aquin in der Summa theologiae (II – II, 92 – 96) im Rückblick auf altrömische, biblische und patristische Daten erstellte Beschreibung von Aberglaube als religiöse Praxis am falschen Gegenstand („dem sie nicht zukommt“) und als unlautere religiöse Praxis gegenüber dem wahren Gott („wie es sich nicht gebührt“) weiterhin wegweisend: > superstitio, falscher Kult des wahren Gottes, wozu jedwede Kultpraxis zu zählen ist, die im Christentum nicht dem NT bzw. in anderen Religionen nicht der jeweiligen Lehre entspricht; > idololatria, Vergöttlichung endlicher Gegenstände und Mächte; > superstitio divinativa, Wahrsagerei aus pseudoreligiösen Praktiken; > superstitiones observantiarum, magische Praktiken. Da sich der Mensch der Wahrheit aber nur nähern kann, ohne ihrer voll habhaft zu werden, ist auch der Versuch der Eliminierung von Aberglaube durch Aufklärung und Rationalismus nur bedingt gelungen, zumal die verbliebenen Deutungsfreiräume notgedrungen zu mutmaßlichen Deutungen führen. Zudem bedarf der Mensch zur Gestaltung seiner Vorstellungen von Welt und Mensch übergreifender Zusammenhänge, die, genährt von Unsicherheit und Angst, zu den verschiedensten Deutungen führen. Somit sind strenge Rationalität wie unkontrollierte Irrationalität gleichermaßen aberglaubenverwandt.

Paranormologisch gesehen ist Aberglaube im engeren Sinne eine den Gesetzen der Erfahrung und des Denkens zuwiderlaufende Ansicht von ursächlichen Zusammenhängen der sinnlichen Welt mit nichtsinnlichen Mächten und Gewalten, die auch unter Einbezug paranormologischer Deutungsmöglichkeiten wie Telepathie, Hellsehen, Präkognition, Psychokinese, Privatoffenbarungen, Sensitivität, Wunder usw. offensichtlich nicht gegeben sind. So ist es z. B. abergläubisch, der Zahl 13 besondere Kräfte zuzuweisen.

Lit.: Zucker, Konrad: Psychologie des Aberglaubens, Heidelberg: Scherer, 1948; Vasiliev, Leonid L.: Mysterious Phenomena of the Human Psyche. Sonia Volochova [Übers.]. New York: University Books, 1965; Lehmann, Alfred: Aberglaube und Zauberei. Übers. u. nach d. Tode d. Verf. bis in d. Neuzeit erg. von Dominikus Petersen, I. Aalen: Scientia-Verlag, 41985; Aberglaube – Sitten – Feste germanischer Völker: das festliche Jahr. Reprint der Orig.-Ausg., 2. Aufl. Leipzig: Barsdorf, 1898. Tübingen: Niemeyer, 1992; Meyer, Carl: Der Aberglaube des Mittelalters und der nächstfolgenden Jahrhunderte. Unveränd. Nachdr. [d. Ausg. Basel, Schneider, 1884]. Essen: Magnus-Verlag, 1985; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Berlin: W. de Gruyter, 1987; Hemminger, Hansjörg; Harder, Bernd: Was ist Aberglaube? Bedeutung, Erscheinungsformen, Beratungshilfen. Gütersloh: Quell, 2000.

Aberkios-Inschrift. Grabinschrift in 22 metrischen Zeilen eines gewissen Aberkios, die 1882 / 83 von W. M. Ramsay durch zwei Inschriftenfunde beim heutigen Koz-Hissar (Türkei) bestätigt wurde. Die Inschrift ist auf 200 zu datieren und steht als Grabgedicht am Anfang der christlichen Dichtung. In dem verschlüsselt wirkenden Text bezeichnet sich der Verfasser als Jünger eines hl. Hirten, der mit großen Augen Schafherden weidet und verlässliches Wissen bietet. Er habe ihn nach Rom gesandt. Überall habe Aberkios Glaubensbrüder gefunden und Paulus sei sein Reisebegleiter gewesen. Der Glaube sei ihm vorausgegangen und als Speise habe er überall einen Fisch erhalten, den eine reine Jungfrau gefangen habe. Im Besitz guten Weines reichte er Mischtrank mit Brot.
Damit ist dieses Grabepigramm nicht nur einer der ältesten Belege der christlichen Fischsymbolik, sondern auch ein Dokument über die Erfahrung der Katholizität der Kirche von Rom bis zum Eufrat als Eucharistiegemeinschaft.

Lit.: Lüdtke, Willy; Nissen, Theodor: Die Grabschrift d. Aberkios. Lipsiae: Teubner, 1910; Wischmeyer, Wolfgang: Die Aberkios-Inschrift als Grabepigramm. In: Jahrbuch für Antike und Christentum 23 (1980), S. 22 –  47.

Abfuhr. Sigmund Freud bezeichnete als A. die Abgabe von Erregungsquantitäten, um Stauungen zu vermeiden. Eine nicht adäquate Abfuhr kann zu psychischen Störungen und – sofern sie nur motorisch erfolgt – zu hysterischen Anfällen führen. Solche Entladungen werden auch mit persongebundenen Spukerscheinungen und psychokinetischen Effekten in Verbindung gebracht.

Lit.: S. Freud: Gesammelte Werke. Frankfurt a. M.: Fischer, 1966, XIII, 273; XVII, 13, 91; Huesmann, Monika; Schriever, Friederike: Steckbrief des Spuks. In: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 31 (1989), 52 – 107.

Abgad. Muslimische Methode des Rechnens nach dem Zahlenwert der Buchstaben: alif = 1, ba’ = 2, usw. Die Zahlen werden durch Buchstaben ersetzt, oder die Buchstaben sind zu Quadraten angeordnet, um Prophezeiungen und geheime Bedeutungen zu erlangen, ähnlich der jüdischen > Gematrie.

Lit.: Bowker, John (Hg.): Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wissenschaftl. Buchges., 1999.

Abgal (> Apkallu). Sieben sumerische Geistwesen, die dem Abzu (> Apsu), dem personifizierten Süßwasserozean, entstammen und dem > Enki, dem Herrn der Erde, untertan sind. Mit einigen ist die Vorstellung von > Fischmenschen verbunden. Der Name Abgal ist etymologisch ungeklärt und wurde in altmesopotamischer Zeit in der Bedeutung „die Weisen“ verwendet. Zu ihnen wurde auch der Heros > Adapa, der Helfer gegen die Dämonin > Lamaschtu, gezählt. Da Adapa die vom Himmelsgott angebotene Speise und das Wasser des Lebens ablehnte, verwirkte er die Unsterblichkeit.

Lit.: Zimmern, H.: Die sieben Weisen Babyloniens. In: Zeitschrift für Assyriologie, NF 1 (1923).

Abgar V. Ukama (reg. 4 v. Chr.  – 7 n. Chr. sowie 13 – 50 n. Chr.), König von Edessa (Osrhoene). Der an ihn gerichtete Brief Jesu, der > Abgarbrief, erstmals erwähnt bei Eusebius (260 – 339) in seiner Geschichte der Kirche (h. e. I, 13; II, 1, 6 – 8), wird als Versuch der Frühdatierung und legitimierenden Traditionsbildung des syrischen Christentums von Edessa gegen Ende des 3. Jhs. gewertet. Doch auch Egeria (Aetheria), die Verfasserin des frühesten von einer Frau geschriebenen Pilgerberichtes (Itinerarium Egeriae), der erst 1884 entdeckt wurde, kommt in der Beschreibung ihrer Fahrt in das Hl. Land in den Jahren 381 – 384 auf den Brief Jesu zu sprechen, der in Edessa aufbewahrt wurde und von dem man Kopien als Talisman benutzte. Dies besagt, dass dem Brief eine besondere Verehrung zukam und er in Edessa schon länger bekannt war.

Lit.: Die Pilgerreise der Aetheria: Peregrinatio Aetheriae / eingel. und erkl. von Hélène Pétré. Stift Klosterneuburg bei Wien: Bernina-Verl, 1958; Cramer, Winfrid: Abgar. Bd. 1. Lexikon für Theologie und Kirche. Freiburg: Herder, 31993.

Abgarbrief. Der A. fußt auf der Abgar-Legende, die von einem Briefwechsel König > Abgars V. Ukama (4 v. Chr. – 7 n. Chr. und 13 – 50 n. Chr. ) mit Jesus und der Gründung der Kirche von Edessa spricht. Die älteste Erwähnung dieses Briefes, angeblich aus dem Archiv von Edessa, findet sich bei Eusebius (h. e. I, 13; II, 1, 6 – 8): Demgemäß habe sich der erkrankte König Abgar V. über seinen Boten an Jesus gewandt und um Heilung gebeten. Jesus versprach die Sendung eines Jüngers nach Vollendung seiner irdischen Aufgabe. Der Bote habe dabei versucht, Jesus zu malen, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin habe Jesus sein Gesicht gewaschen und mit einem Handtuch getrocknet, in dem dann seine Gesichtszüge erhalten geblieben seien. Dieses Handtuch, Mandylion genannt, wurde in Edessa während der Belagerung durch die Perser um 450 aufgefunden und habe wesentlich zum Sieg über die Belagerer beigetragen, wie eine der historischen Quellen, das Geschichtswerk des Evagrios, das um 544 verfasst wurde, berichtet. Das Handtuch sei dann über Konstantinopel nach Rom gelangt, wo es als „Veronika“ (lat. vera und griech. eikon, „wahres Abbild“) in der von dem griechischen Papst Johannes VII. um 705 erbauten Kapelle aufbewahrt und 1600 zum letzten Mal der breiten Öffentlichkeit gezeigt wurde. Beim Abbruch der alten Peterskirche verschwand es aus Rom.
Seit 1646 wird nun im Kapuzinerkloster von Manoppello bei Pescara das > Volto Santo verehrt, das ein männliches Antlitz darstellt und auf dem durchsichtigen Schleier wie ein Diapositiv wirkt, und zwar ohne jedwede Farbspuren. Neuere Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass sich dieses Volto Santo mit dem Antlitz auf dem Turiner Grabtuch vollständig deckt. Diese und weitere Eigenschaften lassen den Schluss zu, dass es sich beim Volto Santo um die römische Veronika, also um das aus dem Orient stammende > Mandylion, das > Acheiropoeta („nicht von Menschenhand gemacht“), handelt.
Eine abgewandelte Form der Abgarlegende ist der Bericht von der Heilung Abgars durch den von Thomas beauftragten Jünger Thaddäus (Addai). Diese Ende des 4. Jhs. entstandene Doctrina Addai ist von besonderer Wichtigkeit: Segensspruch Jesu über Edessa, Gottesdienstordnung, authentisches Christusbild (Acheiropoeta: nicht von Menschenhand gemacht, Kreuzauffindung).

Lit.: Peregrinatio Aetheriae. 19.9 16 f.; Prokop: De bello Persico. II,12; Philipp, G.: The doctrine of Addai; London, 1876; Oppenheim, Max von: Höhleninschrift von Edessa. Berlin, 1914; Desreumaux, Alain: Histoire du roi Abgar et de Jésus / présentation et trad. du texte syriaque intégral de La doctrine d’Addai. Turnhout: Brepols, 1993 (Apocryphes; 3); La leyenda del rey Abgar y Jésus. Madrid: Ciudad Nueva, 1995; Schlömer, Blandina P.: Das Grabtuch von Turin und der Schleier von Manoppello. Innsbruck: Resch, 1999; Resch, Andreas: Das Antlitz Christi. Grabtuch – Veronika. Innsbruck: Resch Verlag, 22006.

Abgeschiedenheit bezeichnet in der > Mystik den Zustand der Loslösung von der raum-zeitlichen Wahrnehmung zum völligen inneren Einswerden mit Gott. Dieses Einswerden kann durch A. allerdings nur vorbereitet, nicht aber bewirkt werden. Dazu bedarf es der Gnade Gottes. So kann die A. zunächst auch zur Einsamkeit, zur > dunklen Nacht des Geistes und damit zur inneren Läuterung als Vorbereitung auf das Einheitserlebnis mit Gott werden.

Lit.: Weg der Vollkommenheit: mit kleineren Schriften der hl. Theresia von Jesu. München: Kösel – Pustet, 1941. Die Seelenburg der heiligen Theresia von Jesu. Mit einem Anhang: Gedanken über die Liebe Gottes / Rufe der Seele zu Gott / Kleinere Schriften. München; Kempten: Kösel, 21952.

Abgeschirmte Tippzuordnung (engl. screened touch matching test, STM-Test). Ein von G. > Pratt, G. B. > Gardner, G. > Murphy und J. B. > Rhine entwickelter und angewandter ASW-Kartentest, bei dem die Versuchsperson auf eine von fünf Schlüsselkarten zeigt, um damit anzugeben, welche Karte in dem Päckchen, das der Experimentator hinter einem Schirm nach unten gewendet hält, jeweils oben liegt.

Lit.: Rhine, J. B.: Die Reichweite des menschlichen Geistes. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1950, S. 62 f.

Abgezogenes Denken. Ein von Emanuel > Swedenborg (1688 – 1772) verwendeter Ausdruck zur Bezeichnung eines Zustandes bewusst herbeigeführter Geistesabwesenheit, bei dem das Empfindungsvermögen mehr oder weniger ausgeschaltet ist.

Lit.: Hamlin, John: Die Grundlehren der christlichen Theosophie. Leipzig: F. B. Baumann, o. J.

Abgötterei bezeichnet bereits im AT das Abrücken vom echten Glauben an den einen wahren Gott durch Hinwendung zu einem gegenständlichen Gottesbild (Ri 8, 27) oder einem Lokalgott (Ri 8, 33), was zum Verlust des Schutzes durch den einen Gott führt. Dieses Verständnis der Abgötterei wird auch von > Krishna geteilt, wenn er sagt: „Wer immer die Götter verehrt, wird zu diesen gehen, wer immer aber mich liebt oder verehrt, wird wahrlich zu mir kommen.“ Im Islam wird denen, die nicht an Allah glauben, also der Abgötterei dienen, mit Unterwerfung gedroht: „Bekämpft diejenigen…, die nicht an Allah glauben … bis sie unterworfen“ sind. Auf diesem Hintergrund erhält das Wort Abgötterei die Bedeutung von > Götzendienst, > Idololatrie.

Lit.: Bagavad-Gita 7, 23. Koran 9, 29. Gosda, P.: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1999.

Abgotts-Schlange. Riesenschlange, die bei einigen Völkern als göttlich verehrt wird. Die ältesten Nachrichten darüber verdanken wir den Portugiesen.

Lit.: Vollmer, Walter: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearb. von W. Binder. Holzminden: Reprint-Verl. Leipzig, 1979.

Abgrund (lat. abyssus), bezeichnet in der christlichen Mystik den unergründlichen Innenraum der Gottheit. So ist bei > Hadewijch das Bild des A. die Veranschaulichung des Einheitsmoments im Leben der Gottheit (I. Vision, 175). Dabei ist nach Meister > Eckhart Gott „im Meer seiner Grundlosigkeit“ nicht zu begreifen (DW, I 123, 2 f). Heinrich > Seuse fühlt sich in seinen Schauungen „in den wilden Abgrund der göttlichen Verborgenheit“ hineingezogen (Bihlmeyer, 21). Diese Verborgenheit erfährt der Mensch, nach Johannes > Tauler, wenn ihn Verstand und Weisheit „in den göttlichen Abgrund führen, wo Gott sich selbst erkennt und sich selbst versteht und seine eigene Weisheit und Wesenheit schmeckt. In diesem Abgrunde verliert sich der Geist so tief und in so grundloser Weise, dass er von sich selbst nichts weiß“ (Oehl, 55). > Mechthild von Magdeburg hingegen bezeichnet mit Abgrund den alles Negative umfassenden Zustand der > Hölle. Hier klingt das psychologische Verständnis des Abgrundes an, das in der > Kabbala mit dem Begriff des > Abyss und im AT mit > Scheol beschrieben wird.

Lit.: Bihlmeyer, Karl (Hg.): Heinrich Seuse, Deutsche Schriften. Stuttgart, 1907; Eckhart, Meister: Die deutschen und lateinischen Werke. Stuttgart: Kohlhammer, 1936; Mechthild von Magdeburg: Das fließende Licht der Gottheit. Einsiedeln: Benziger, 1955; Oehl, Wilhelm (Hg.): Deutsche Mystikerbriefe des Mittelalters: 1100 – 1550. Unveränd. reprograf. Nachdr. d. Ausg. München, 1931. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1972; Gerald Hofmann: Hadewijch, Das Buch der Visionen, Teil 1. Einleitung, Text und Übersetzung. Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog, 1998.

Abhasa-Chaitanya (sanskr. abhasa: Schein, Reflexion; chaitanya: Bewusstsein), das absolute Bewusstsein, das sich im Denken des Menschen reflektiert. Diese Reflexion wird vom sterblichen, auf sein Ich bezogenen Menschen > Jiva für den einzigen Bewusstseinszustand gehalten, wodurch die Entdeckung des absoluten Bewusstseins, das identisch ist mit > Brahman, verhindert wird. Überwindet Jiva diese Begrenzung, so wird er sich seines wahren Selbst, des > Atman, und dessen Einheit mit dem > Brahman bewusst und erlangt Befreiung.

Lit.: Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Bern u. a.: Scherz, 1986.

Abhasa Vada (sanskr.). Der sterbliche Mensch (> Jiva) ist als Erscheinung > Brahmans nur eine Denkprojektion des inneren Organs (Denk- und Empfindungsvermögen) des Menschen (> Antahkarana).

Lit.: Fischer, Ingrid (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Bern; München: Scherz, 1986.

Abhay Charan De > Hare Krishna.

Abhidharma (sanskr., Pali: abhidhamma), „besondere Lehre“. Der Abhidharma ist das früheste Kompendium der buddhistischen Philosophie und Psychologie und gilt als die dogmatische Grundlage von > Hinayana und > Mahayana. Er entstand zwischen dem 3. und 4. Jh. n. Chr. und bildet den dritten Teil des buddhistischen Kanons (> Tripitaka).

Lit.: Frauwallner, E.: Die Philosophie des Buddhismus. Berlin: Akad.-Verl., 1994; Frauwallner, Erich: Studies in Abhidharma Literature and the Origins of Buddhist Philosophical Systems. Albany, NY: State Univ. of New York Press, 1995.

Abhidharmakosha (sanskr., „Schatzkammer des Abhidharma“). Der A. ist das wichtigste Kompendium der > Sarvastivada-Lehre. Er wurde im 5. Jh. n. Chr. von > Vasubandhu in Kaschmir verfasst und besteht aus einer Sammlung von 600 Versen (Abhidharmakosha-Karika) mit Prosakommentar (Abhidharmakosha-Bhashya); er ist heute nur noch in chinesischer und tibetischer Version erhalten. Der A. spiegelt den Übergang von der hinayanistischen zur mahayanistischen Lehrauffassung wider und ist das grundlegende Werk der buddhistischen Schulen Chinas, deren Verbreitung er wesentlich beeinflusste. Inhaltlich werden neun Themen behandelt: Elemente, Fähigkeiten, Welten und Existenzweisen, Karma, Neigungen, Erlösungsweg, Erkenntnis, Sammlung. Das neunte Thema, Theorien zur Person, bildet eine selbständige Einheit und tritt der von den > Vatsiputriyas vertretenen Auffassung der Existenz einer „Person“ entgegen.

Lit.: Vasubandhu: Tibetskij perevod: Abhidharmakoçakarikah i Abhidharmakoçabhasyam. Osnabrück: Biblio-Verl., 1970; Vasubandhu: Tibetskij perevod Abhidharmako & sacute. Delhi: Motilal Banarsidass Publ., 1992.

Abhidharma-Pitaka (sanskr.; Pali: abhidhamma-pitaka), wörtl.: „Korb der besonderen Lehre“. Dieser „Korb“ ist der dritte und jüngste Teil der buddhistischen Textsammlung. Er besteht aus sieben Büchern, die sich mit der buddhistischen Scholastik befassen. Ihr Wert für den älteren Buddhismus und die spätere buddhistische Philosophie wurde lange verkannt. Das wichtigste Buch ist der siebte Teil der Sammlung, das Kathavatthu.

Lit.: Potter, Karl H. (Hg.): Encyclopedia of Indian Philosophies. Bd. 7. Abhidharma Buddhism to 150 A.D. Reprint, 1998.

Abhijña (sanskr.; Pali: abhinna), die sechs höheren Kräfte, die ein > Buddha, > Bodhisattva oder > Arahat besitzt. Die ersten fünf sind weltlich und werden durch vier Versenkungsstufen (> Dhyana) hervorgerufen. Es sind dies: 1. Magische Kräfte, 2. „Himmlisches Gehör“ (Wahrnehmung menschlicher und göttlicher Stimmen), 3. Wahrnehmen der Gedanken anderer Wesen, 4. Erinnerungen an frühere Existenzen, 5. Göttliches Auge (Erkennen des Kreislaufs von Leben und Tod aller Wesen). Die 6. Kraft, das Erkennen des Erlöschens der eigenen Befleckungen und Leidenschaften (> Asrava), der persönlichen Befreiung, ist überweltlich
und kann nur durch den höchsten Hellblick (> Vipashyana) erreicht werden.

Lit.: Fischer, Ingrid (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Bern; München: Scherz, 1986.

Abhirati (sanskr., „Reich der Freude“) bezeichnet das im Osten des Universums gelegene „Paradies“ des Buddha > Akshobhya, wobei „Paradies“ im Buddhismus nicht als Lokalität, sondern als Bewusstseinszustand aufgefasst wird und die den Buddhas zugeordneten Himmelsrichtungen symbolische und ikonographische Bedeutung haben.

Lit.: Fischer, Ingrid (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Bern; München: Scherz, 1986.

Abhisheka (sanskr., „Salbung“, „Weihe“), der für den > Vajrayana zentrale Vorgang der Initiation, bei welcher der Schüler vom Meister (> Guru) zur Ausübung spezieller Meditationsübungen ermächtigt wird. Im Tibetischen Buddhismus spricht man von Kraftübertragung. Für das höchste Yoga-Tantra (> Tantra) gibt es vier verschiedene, sukzessive Einweihungsstufen.

Lit.: Fischer, Ingrid (Hg.): Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Bern; München: Scherz, 1986.

Abhiyoga. Gattungsname der dienstbaren Götter im > Jainismus. Sie helfen den obersten Göttern, den > Indra, Regen und Finsternis zu erzeugen; ebenso sind sie bei der Weihe eines > Tirthamkara beteiligt.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989.

Abia, Zauberwort in Formeln wie „abia, obia, sabia“ oder „abia, dabia, fabia“ u. Ä., das zum sicheren Schuss auf den Flintenlauf oder auf einen Stock geschrieben wird, um jemanden aus der Ferne zu prügeln.

Lit.: Dieterich, Albrecht: Kleine Schriften. Leipzig: Teubner, 1911.

Abida, Gottheit der Kalmücken, die Ähnlichkeit mit dem > Shiva der Inder hat. A. herrscht über die Seelen der Verstorbenen. Die Guten lässt er in das Paradies, die Schlechten schickt er auf die Erde zurück in andere Geschöpfe. A. wohnt im Himmel, wohin ein Weg ganz aus Silber führt.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. – Erftstadt: area verlag gmbh, 2004. Diese modernisierte Ausgabe lehnt sich eng an das Originalwerk von 1874 an.

Abiegnus Mons > Monte Abiegno.

Abigor (auch Abigar, Eligos oder Eligor), gilt als der Kriegsdämon schlechthin, erscheint als Soldat auf einem geflügelten Untier, das einem Pferd ähnelt, mit Lanze, Zepter und Fähnchen oder auch mit einer > Schlange. Als Höllenherzog herrscht er über 60 Legionen.

Lit.: Wierus, Joannes: Ioannis Wieri: De Praestigiis Daemonum, et in cantationibus ac veneficiis: Libri sex; Acc. Liber apologeticus, et pseudomonarchia daemonum; Cum rerum ac verborum copioso indice. Postrema editione quinta aucti & recogniti. Basileae: Oporinus, 1577; Dictionnaire infernal, ou bibliothèque universelle sur les etres, les personnages, les livres, les faits et les choses, qui tiennent apparitions, a la magie … / Jacques Auguste Simon Collin de Plancy. 2. éd.. Paris: Mongie, 1825 – 1826.

Abimi. Bezeichnung für Seele, Geist und Leib eines jeden Dinges bei > Paracelsus.

Abiogenesis (griech.), Entstehung aus dem Unbelebten, Urzeugung.

Abjad (arab.), die Wissenschaft von der Zuordnung der arabischen Buchstaben zu Zahlen, > Gematrie.

Lit.: Crowley, Aleister: 777 [Siebenhundertsiebenundsiebzig] und andere kabbalistische Schriften: Inklusive Gematria [u.] Sepher sephiroth. Clenze: Bohmeier, 31985.

Abklatschung. Kurze, kräftige Schläge auf Rücken, Lenden und Extremitäten mit einem nassen, zu einem Streifen zusammengelegten Handtuch. Die Schläge werden in schnell kreisender Bewegung mit dem Handtuch und in dosierter Form ausgeführt, wobei die Körperoberfläche tangential getroffen wird. Die Anwendung soll vor allem bei Bronchitis und Pneumonie zur Heilung beitragen.

Lit.: Ritter, Ulrich: Naturheilweisen. Regensburg: Johannes Sonntag, 1982.

Abkömmlinge des Unbewussten. Von Sigmund Freud verwendete Bezeichnung für verdrängte Inhalte des Unbewussten, die sich über das Vorbewusste bis in das Bewusstsein vordrängen können. „Das Ubw wird an der Grenze des Vbw durch die Zensur zurückgewiesen. Abkömmlinge desselben können diese Zensur umgehen, sich hoch organisieren, im Vbw bis zu einer gewissen Besetzung heranwachsen, werden aber dann, wenn sie diese überschritten haben, als Abkömmlinge des Ubw erkannt und an der neuen Zensurgrenze zwischen Vbw und Bw neuerlich verdrängt“ (Freud, 292). Diese Vorstellung wird u. a. auch zur Klärung paranormaler Manifestationen wie > Spuk, > Visionen, > Erscheinungen, > Besessenheit und > Eingebungen herangezogen. Wie weit es sich hierbei tatsächlich um Abkömmlinge des Unbewussten handelt, muss offen bleiben.

Lit.: Freud, S.: Das Unbewusste. In: GW 10. Frankfurt a. M.: S. Fischer,1969.

Abkürzungen > Abbreviaturen.

Ablass (lat. indulgentia). Nach katholischer Lehre „Erlass einer zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Ihn erlangt der Christgläubige, der recht bereitet ist, unter genau bestimmten Bedingungen durch die Hilfe der Kirche, die als Dienerin der Erlösung den Schatz der Genugtuungen Christi und der Heiligen autoritativ austeilt und zuwendet“ (Katechismus, 401). Man spricht von Teilablass bei teilweiser Befreiung von zeitlichen Sündenstrafen und von vollkommenem Ablass bei voller Befreiung von denselben. Zudem können Ablässe den Lebenden und den Verstorbenen zugewendet werden. Der Ablass kam im 11. Jh. im Sinne der Umwandlung schwerer kanonischer Bußstrafen in leichtere Ersatzwerke auf. Einen bedeutenden Aufschwung nahm das Ablasswesen durch die Kreuzzüge und die seit 1300 gefeierten Jubiläen. Den Ausartungen des Ablasses im Spätmittelalter trat insbesondere die Reformation entgegen. Bei der Ablassreform von 1967 hielt man am genannten autoritativen Verwalten und Zuwenden des Schatzes der Sühneleistung Christi und der Heiligen fest.

Lit.: Apostolische Konstitution über Neuordnung des Ablasswesens. Trier, 1967; Katechismus der Katholischen Kirche. München: Oldenburg, 1993.

Ablösung. Nach der Sankhya- (Samkhya-) Philosophie erfolgt Erlösung in der völligen Ablösung des Selbst bzw. des Geistes (sanskr. purusha) von allem, was der Materie entstammt, einschließlich Verstand, bewusstem Ich und dem, was man Seele in Abhebung zu Geistseele nennt. Unter diesem Einfluss hat C. G. Jung zwischen dem Ich als dem Zentrum des Wachbewusstseins und dem Selbst (sanskr. atman) als dem Zentrum der Gesamtpersönlichkeit unterschieden. Im > Vedanta ist nämlich > Purusha identisch mit > Atman und so auch mit > Brahman.

Lit.: Zaehner, Robert C.: Mystik, Harmonie und Resonanz: die östlichen und westlichen Religionen. Olten: Walter, 1980, S. 123 – 124; Lichtenauer, Gerd: Das Denken der Vorindogermanen: das Geheimnis der Sankhya-Philosophie. Berlin: Frieling, 2000; Yuktidipika: The Most Significant Commentary on the Samkhyakarika. Stuttgart: Steiner, o. J.

Abmelden – Anmelden > Künden.

Abnoba. Die keltische Göttin des Schwarzwaldes gilt als Beschützerin der Quellen und des Wildes. Als Herrin großer Waldgebiete wurde sie von den Römern der > Diana gleichgesetzt. In Badenweiler war sie Schutzgöttin der Heilquellen.

Lit.: Heinz, W.: Der Altar der Diana Abnoba in Badenweiler. In: Archäologische Nachrichten aus Baden 27 (1981).

Abnormal. Bezeichnet das Abweichen von der idealen oder der statischen Norm, vom allgemeinen kulturellen Verhalten oder von allgemeinen Verhaltensmustern, ohne schon pathologisch, also > anormal zu sein.

Lit.: London, Perry; Rosenhan, David (Hg): Foundations of Abnormal Psychology. New York u. a.: Holt, Rinehart and Winston, Inc., 1968.

Abnormalität. A. bezeichnet im Unterschied zu Abnormität das Abweichen von der idealen oder der statischen Norm, vom allgemeinen kulturellen Verhalten oder von allgemeinen Verhaltensmustern, ohne schon pathologische Züge, also > Abnormitäten aufzuweisen.

Lit.: London, Perry; Rosenhan, David (Hg): Foundations of Abnormal Psychology. New York: Holt, Rinehart and Winston, Inc., 1968.

Abnormität. Allgemeine Bezeichnung für „Abweichung von der Norm“. Die Abweichung kann dabei über oder unter der Norm liegen. So sagt C. G. Jung: „Geistige Abnormität kann auch eine dem Durchschnittsverstand unfassbare Gesundheit oder überlegene Geisteskraft sein“ (Jung, 132). Andererseits kann Abnormität aber auch für außergewöhnliche körperliche (> Monstrum) und geistige (Debilität, Persönlichkeitsstörungen) Beeinträchtigungen stehen. Im Verhaltensbereich wird der Begriff „Abnormität“ vom Begriff > Abnormalität abgelöst.

Lit.: London, Perry; Rosenhan, David: Theory and Research in Abnormal Psychology. New York: Holt, Rinehart and Winston Inc., 1969; Jung, C. G: Ulysses. In: GW 15. Olten: Walter, 1971.

Aboda Zarah > Mischna-Traktat über den Götzendienst.

Abonmelchem, Abonnilchkar. Bezeichnung eines Dinges durch > Paracelsus, das von zwei ungleichen Sachen hervorgebracht wird, z. B. ein Kind oder der > Stein der Weisen aus Merkur und Sulphur.

Abora. Von den Kanariern auf der Insel Palma als höchstes Wesen verehrt, thront als Gott im Himmel und setzt die Sterne in Bewegung.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989.

Aborigines (lat. ab origine). Ureinwohner eines Landes vor dessen Besiedlung durch Ausländer, bes. in Australien. Nach archäologischen Befunden kamen die dortigen Ureinwohner wahrscheinlich vor mindestens 50.000 Jahren aus dem südostasiatischen Raum nach Australien. Zum Zeitpunkt der Landnahme durch J. Cook, 1770, sollen etwa 350.000 Aborigines mit etwa 250 Sprachen dort gelebt haben.
Die migrative Lebensweise basierte auf einer Jäger- und Sammlerökonomie, die sich bis heute in ihrem Weltbild niederschlägt, das von ideellen Fähigkeiten getragen wird. So gilt nach den Aranda und anderen Gruppen Zentralaustraliens die Erde als unerschaffen und zeitlos. Am Anfang war sie eine kahle Ebene ohne Gestalt und Leben. Dann tauchte eine große Zahl von übernatürlichen Wesen, die Totemvorfahren, aus ihrem immerwährenden Schlaf unter der Oberfläche dieser Ebene auf. Jedes von ihnen war mit einem bestimmten Tier oder einer Pflanze verbunden. Mit ihrer Schöpfungskraft gestalteten sie die Erde. So sind Berge, Hügel und Flüsse Zeichen der Taten der Totemvorfahren. Die Mythen der Aborigines befassen sich mit allen Orten, an denen die Totemvorfahren gewirkt hatten.
Von besonderer Bedeutung ist bei den Aranda das Wort „altjira“ in der Bedeutung von „ewig, unerschaffen“. Sie verbinden damit die Vorstellung einer Welt, die in der Ewigkeit begonnen hat, deren Ende aber nicht absehbar ist. In dieser
Ewigen Traumzeit, der Zeit der Schöpfung vor langem, die bis in die Gegenwart geführt werden kann, vermag der Eingeweihte bewusst die Kräfte der außersinnlichen Erfahrung zu verwenden. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Kontemplation ein, in der Raum und Zeit überschritten und telepathische Fähigkeiten entfaltet werden. So kann der Eingeweihte während einer Unterredung in einen tranceähnlichen Zustand treten und wenige Minuten später Namen von Personen nennen, die demnächst auftauchen oder schon gestorben sind. Die > Trance hat zudem eine besondere Bedeutung für die Entfaltung des Eingeweihten, insbesondere der > Medizinmänner, die aus den Reihen jener jungen Männer ausgesucht werden, die besonders leicht in Trance geraten und Erscheinungen haben. All diese außergewöhnlichen Fähigkeiten und Zustände sind gekennzeichnet durch das Einssein mit dem Universum, einer überwältigenden Trance, Liebe und Innerlichkeit. In diesem Zusammenhang zeigten auch Telepathieexperimente eine hohe Signifikanz, während Psychokineseexperimente im Bereich des Zufalls blieben.
Neben diesen besonderen Fähigkeiten gibt es bei den Aborigines einen intensiven Glauben an > Magie. Jemand, der aus nicht erkennbarem Grund krank wird oder stirbt, muss ein Opfer > Schwarzer Magie geworden sein, die auf mehrere Arten praktiziert werden kann.
Schließlich ist noch darauf zu verweisen, dass die Geheimgesellschaft „Aborigines“, die um das Jahr 1783 in England bestand und deren Einweihungsriten im British Magazine des gleichen Jahres beschrieben wurden, mit den Ureinwohnern Australiens nichts zu tun hat.

Lit.: Rose, Ronald: Psi and Australian Aborigines. In: Journal of the American Society for Psychical Research 46 (1952), 17 – 58; Hough, Michael: The psychic and mystical experiences of the Aborigines. In: Australian Institute of Psychic Research (AIPR) Bulletin 8 (1986), 1 – 7, 6 figs., 45 refs.; Narogin, Mudrooroo: Die Welt der Aborigines: das Lexikon zur Mythologie der australischen Ureinwohner. Aus dem Engl. von Wolf Koehler. München: Goldmann, 1996; Ronald M.; Catherine H. Berndt: The World of the First Australians: Aboriginal Traditional Life Past and Present. Canberra, ACT: Aboriginal Studies Press, 1996; Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar; Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Abort. Die früher und auch heute noch vielerorts außerhalb des Hauses, also wirklich abseitig gelegene, Toilette war stets von allerlei Unheimlichkeiten umgeben, insbesondere dort, wo die Örtlichkeiten von mehreren Personen benutzt werden konnten. Das Unheimliche dieses wüsten Ortes, den man bei Nacht kaum allein zu betreten wagte, war dadurch gegeben, dass er bei Isländern, Skandinaviern, Deutschen und Arabern als Erscheinungsstätte von > Totengeistern und > Teufeln galt. Als solche ist er Stätte des > Zaubers und > Aberglaubens.

Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 1. Berlin: W. de Gruyter, 1987.

Abou Rayhan > Al-Biruni.

Abrac. Okkulter Begriff in der Bedeutung des persischen > Abraxas, der den Namen einer Gottheit bezeichnet, welche das Jahr symbolisiert. Der Zahlenwert des Wortes ist 365. Das Wort wurde auch von der > Freimaurerei aufgegriffen, insofern es in einem Freimaurer-Manuskript (Leland MS) heißt: Die Masons verheimlichen „the wey of wynninge the facultye of Abrac“, was besagt, dass die Steinmetzen im Besitz streng bewahrter magischer Künste sind.

Lit.: Lennhof, Eugen; Posner, O.; Binder, D. A.: Internationales Freimaurer Lexikon. München: Herbig, 2000.

Abracadabra. Berühmtes symbolisches Zauberwort aus der Spätantike. Die eigentliche Herkunft ist umstritten. Die einen führen es auf > Abraxas oder > Abrasax (> Abraxasgemmen) zurück (Seligmann, 300), eine Zauberform, die in der gnostischen Sekte des > Basilides (um 150 n. Chr.) in hohem Ansehen stand. Eine andere Deutung will darin a = abba (Vater), b = ben (Sohn), r = ruach (Geist) sehen, es also aus dem Hebräischen ableiten (Bischoff, 192). Wieder andere erblicken darin ein Schwindewort ohne Sinn, wie etwa das heutige Hokuspokus als Ausdruck für „falschen Zauber“ (Heim, 491).
Der Mediziner Q. Serenus Sammonicus (Heim, 491) benutzte das Zauberwort um 200 n. Chr. mit genauen Anweisungen als > Amulett bei gefährlichen Fiebererkrankungen. Auch bei Zahnschmerzen, Wunden und zum Herbeirufen guter Geister fand das Zauberwort Verwendung, und zwar bis in die Gegenwart. Dabei wurde es meist elfmal so untereinander geschrieben, dass immer der erste und der letzte Buchstabe weggelassen wurden (Schwindeschema), bis nur noch A übrig blieb:

A b r a c a d a b r a
A b r a c a d a b r
A b r a c a d a b
A b r a c a d a
A b r a c a
A b r a c
A b r a
A b r
A b
A

Das Zauberwort wurde zum Vertreiben von Krankheit und Unheil auf einen Zettel geschrieben und findet sich graviert auf Amuletten, auch in der Form von Abrasadabra (Ersch, 153).

Lit.: Heim, Ricardus: Incantamenta Magica Graeca-Latina. Jahrbücher für klassische Philologie. Hg. von A. Fleckeisen. XIX. Supplem.-Bd. Leipzig, 1892; Bischoff, Erich: Die Elemente der Kabbala. Berlin, 1913 / 14; Ersch, J. S.; Gruber J. G.: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste. Bd. 1. Unveränd. Nachdr. Graz, 1969; Seligmann, Siegfried: Der böse Blick und Verwandtes: ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens aller Zeiten und Völker. 2 Bde. Berlin, 1910. Nachdr.: Hildesheim; Zürich; New York: Olms, 1985; Biedermann, H.: Handlexikon der magischen Künste. Graz: ADEVA, 1986.

Abraham (hebr., zunächst Gen 11, 26 – 17, 5 Abram = der Vater ist erhaben, dann ab Gen 17, 5 Abraham, der Vater der Völker). Der erste der drei Erzväter (Patriarchen) und Stammvater Israels wird religionsgeschichtlich auch als Aufdecker profaner, ja geheimer Wissenschaft dargestellt. Im Jubiläenbuch finden wir Abraham als einen Mann mit magischen Fähigkeiten (11, 19 ff.), Erfinder des Pfluges (11, 23), als einen, der Sterne beobachtet (12, 16). Eusebius gibt die Traditionen von Abraham als Erfinder der Astrologie wieder, die er u. a. den Ägyptern übermittelt hat (Praep. Ev. IX, 16 u. 17).
In den gnostischen Systemen spielt Abraham zwar keine große Rolle, doch bezeichnen in der valentinischen Schriftauslegung „Abraham“ und „die Kinder Abrahams“ das Hervorbringen der Seelen durch den > Demiurgen (Hippolit, Refutatio VI, 34, 4).

Lit.: Berger, Klaus: Unterweisung in erzählender Form. Das Buch der Jubiläen, 1981 (Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit II/3).

Abraham a Sancta Clara. Johann Ulrich Megerle, geb. 1644 in Kreenheinstetten in Baden, trat 1662 in Mariabrunn bei Wien in den Orden der Unbeschuhten Augustiner ein, wo er den Namen Abraham a Sancta Clara erhielt. Nach der Priesterweihe 1668 wurde er vor allem als Hofprediger von Wien bekannt. Seine Beredsamkeit, seine umfassende Welt- und Menschenkenntnis, seine Allgemeinbildung und sprachschöpferische Begabung machten ihn zum unübertroffenen Kanzelredner. In seinen Sittenpredigten nahm er auch die okkulten und alchemistischen Praktiken ins Visier: „Schädlich sind die chymischen und Laboranten-Bücher, durch die sich schon so mancher von Haus und Hof laboriert hat… Sie machen kein Gold, sondern lassen Gold in Rauch aufgehen“ (Narrenspiegel, 1709). Er starb 1709 in Wien. Seine Schriften sind ein unerschöpfliches Quellenmaterial für die Kultur-, Sitten- und Seelengeschichte des süddeutschen Hochbarocks.

Lit.: Abraham a St. Clara’s sämmtliche Werke. Passau: Winkler; Wien: Gerold, 1834.

Abraham ben Meir ibn Ezra, geb. 1090 in Tudela / Spanien, gest. 1164 in Narbonne / Frankreich, war Exeget und Philosoph, Grammatiker, Dichter, Astronom und Astrologe. Den Hauptkomplex seiner vielschichtigen und umfangreichen literarischen Werke bilden die Bibelkommentare. An zweiter Stelle stehen die Schriften zur Astrologie und Astronomie sowie zur Mathematik. Hier ist besonders ein sieben astrologische Arbeiten umfassendes Corpus zu nennen, das gegen Ende des 13. Jhs. von Petrus > Abano anhand einer älteren französischen Übersetzung in das Lateinische übertragen und an der Wende vom 15. zum 16. Jh. zweimal gedruckt wurde. Einen ähnlich weitreichenden Einfluss auch außerhalb des Judentums hatten seine astronomischen Werke Tabulae Pisanae und Fundamenta Tabularum.

Lit.: Abraham Ben-Ezra: Abrahe Avenaris Judei Astrologi peritissimi in re iudiciali opera: ab exycellentissimo Philosopho Petro de Abano post accurataz castigationem in latinum traducta. Venetijs: Liechtenstein, 1507; Ben-’Ezra, Abraham: El libro de los fundamentos de las tablas astronómicas de R. Abraham Ibn ‘Ezra / ed. crítica, con introd. y notas por José M. Millás Vallicrosa. Madrid [u. a.], 1947 (Consejo Superior de Investigaciones Científicas, Instituto Arias Montano; 2).

Abraham der Jude. Der berühmte Alchemist > Nicolaus Flamell (1330 – 1417 / 18), der in Paris als Schreiber lebte, nennt in seinem Buch Chymische Werke Abraham den Juden als Verfasser der mit Eisengriffel bemalten und beschriebenen Rinden-Blätter: „Abraham der Jude / ein Priester und Levit /Astrologe und Philosophus“ (Flamell, 32) habe das Buch zur Unterstützung seiner jüdischen Leidensgenossen geschrieben. In der weiteren Ausdeutung werden mit „Abraham der Jude“ mehrere sagenhafte Alchemisten und Autoren magischer Bücher bezeichnet, von denen wir nichts Genaues wissen:
Abraham Eleazar wird als Autor von Uraltes chymisches Werk bezeichnet, das aus dem 17. Jh. stammt und die > Tabula Smaragdina zum Hauptthema hat.
Abraham von Worms, auch als „Abraham der Jude“ und „Abraham Ben Simeon“ bezeichnet, sei 1362 in Mayance geboren worden und habe 1387 ein hebräisches Zauberbuch verfasst, das 1725 in Köln in deutscher Übersetzung als Wahre Praktik der göttlichen Magie erschien.
Abraham von Mainz, ebenfalls 1362 geboren, gilt schließlich als Autor von Heilige Magie des Abramelin mit Anleitungen zu magischen Praktiken, Beschwörungsformeln für > Engel und anderen Arten von Ritualmagie, wie die Erlangung von Visionen, Verbindung mit Geistern, die Wandlung des Selbst in andere Formen, das Fliegen durch die Lüfte usw.
Von diesen Werken wurde neben anderen insbesondere Aleister > Crowley stark beeinflusst.

Lit.: Des berühmten Philosophi Nicolai Flamelli Chymische Werke, Hamburg, 1681; Die heilige Magie des Abramelin: die Überlieferung des Abraham von Worms; nach dem hebräischen Text aus dem Jahre 1458 / in die dt. Sprache übertr. und hg. von Johann Richard Beecken. Neuaufl. Berlin: Schikowski, 1986; Abraham von Worms: Buch Abramelin, das ist die egyptischen grossen Offenbarungen oder des Abraham von Worms Buch der wahren Praktik in der uralten göttlichen Magie. Vollst. kritisch überarb. Ausg. von Georg Dehn. 1. Aufl. Saarbrücken: Verl. Neue Erde, 1995.

Abraham Eleazar > Abraham der Jude.

Abraham Julita. Zauberworte, zusammengesetzt aus den Namen Abraham und Julita, deren es mehrere Heilige gibt. Sie sind nach dem Schwindeschema geschrieben und werden gegen Fieber eingesetzt (Hovorka, 1, 144; 2, 239).

Lit.: Hovorka, O. v.; Kronfeld, A.: Vergleichende Volksmedizin. 2 Bde. Stuttgart, 1908 / 09; Bibliotheca Sanctorum: Indici. Rom: Città Nuova Editrice, 1970.

Abraham v. Franckenberg (1593 – 1652). Schüler von Jakob > Böhme. Seine religiösen Erlebnisse gab er in zahlreichen Schriften wieder, so z. B. in dem Buch Raphael oder Artztengel (1676), in dem die Entstehung der Krankheiten und ihre Behandlung durch Kuren und „chymische“ Arzneimittel beschrieben sind.

Lit.: Franckenberg, Abraham von: Raphael oder Artzt-Engel. Amsterdam: Felsen, 1676; Frankenberg, Abraham von: Bekandtnis und Rechenschafft von den Hauptpuncten des Christlichen Glaubens. Amsterdam, 1676; Franckenberg, Abraham von: Briefwechsel. Stuttgart- Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 1995.

Abraham von Mainz > Abraham der Jude.

Abraham von Worms > Abraham der Jude.

Abraham-Apokalypse > Apokalypse Abrahams.

Abrahams Schoß (hebr. be-heiko shel Avraham), eine Bezeichnung des Wohnortes der gerechten Seelen. Er erscheint in der aggadischen Literatur, im > Midrash und im > Talmud. > Jesus verwendet den Begriff im Gleichnis vom reichen Mann und Lazarus. Als der arme Lazarus starb, „wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen“ (Lk 16, 22). Als der Reiche nach seinem Tod in der Unterwelt qualvolle Schmerzen litt, „blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß“ (Lk 16, 23). Dieser biblische Bericht machte Abraham zum Symbol der ewigen Geborgenheit des gottesfürchtigen, aufrechten Menschen. So zeigen viele romanische und frühgotische Plastiken Abraham, wie er auf seinen Knien ein Tuch hält, in dem die Seelen der gerechtfertigten Gläubigen gleich kleinen Kindern sitzen.

Lit.: Karlstadt, Andreas: Ein Sermon vom stand der Christglaubigen seelen von Abrahams schoß und fegfeuer der abgeschidnen seelen. [Augsburg]: [Ulhart], [1523].

Abraham-Testament. Das Testamentum Abrahae ist ein zweifach griech., ferner slaw., rumänisch, koptisch, arabisch und äthiopisch überliefertes Werk des ägyptischen Judentums, das wahrscheinlich Anfang des 2. Jhs. entstanden ist. Die Legende berichtet über Abrahams Tod. Nachdem dem Engel Michael die Abberufung Abrahams nicht gelingt, bewirkt schließlich Thanatos, der Todesengel Samael, dessen Tod, indem er sich von ihm die Hand küssen lässt. Vorher schaut Abraham auf einer Himmelsreise noch die Welt, wobei er Adam, der Seelenwaage und Abel als Totenrichter begegnet.

Lit.: James, Montague Rhodes: The Testament of Abraham: the Greek text now first edited with an introduction and notes. Cambrige, 1892; Schmidt, F.: Le Testament grec d’A. Tübingen, 1986.

Abramelin, Ritual des. Ein Zauberbuch aus dem 18. Jh. mit dem Titel: „Die egyptischen großen Offenbarungen, in sich begreifend die aufgefundenen Geheimnißbücher Mosis; oder des Juden Abraham von Worms Buch der wahren Praktik in der uralten göttlichen Magie und in erstaunlichen Dingen, wie sie durch die heilige Kabbala und durch Elohym mitgetheilt worden. Sammt der Geister- und Wunderherrschaft, welche Moses in der Wüste aus dem feurigen Busch erlernet, alle Verborgenheiten der Kabbala umfassend. Aus einer hebräischen Pergament-Handschrift von 1387 im XVII. Jahrhundert verteutscht und wortgetreu herausgegeben. Köln am Rhein, bei Peter Hammer, 1725.“
Der Verfasser, der sich „Jud Abrahamb, ein Sohn Simons des Sohns Juda“ nennt, gibt vor, viele Jahre durch Europa und den Nahen Osten gewandert zu sein und dabei sämtliche Zauberrezepte, -formeln und -rituale gesammelt zu haben. In Ägypten sei er auf den Magier Abramelin gestoßen, der ihm einen Ritualtext überlassen habe, mit dessen Hilfe es möglich sein solle, seinen > Schutzengel zu beschwören. Die Schrift fußt nämlich auf der Vorstellung, dass die Erde ein Werk böser Geister sei. Gelingt es nun dem Magier, mit seinem „Schutzengel“ in Verbindung zu treten, so kann er diese bösen Geister mit Hilfe der rituellen Magie kontrollieren.
Das Buch entstand jedoch erst im 18. Jh., wobei zwei Ausgaben von besonderer Bedeutung waren: die oben erwähnte Ausgabe von 1725 sowie jene in der Bibliothèque Arsenal in Paris aus der Privatsammlung des Comte d’Artois, der das Buch 1785 gekauft haben will. Die englische Ausgabe erschien 1898 in London. Die Übersetzung besorgte Samuel L. > MacGregor Mathers, einer der Gründer des > Hermetischen Ordens der Goldenen Morgendämmerung, die zu den wichtigsten magischen Organisationen des ausgehenden 19. und beginnenden 20 Jahrhunderts gehörte. Das Buch hatte großen Einfluss auf die Mitglieder des Ordens, darunter auch Aleister > Crowley, der die Ausgabe des Rituals von 1458 besessen haben will. Zur Erprobung des Rituals kaufte er den schottischen Landsitz Boleskine bei Iverness in der Einsamkeit des Loch Ness. Beim Beschwörungsversuch des eigenen Schutzgeistes soll er es jedoch mit der Angst zu tun bekommen haben. Noch schlimmer erging es seinem Nachfolger nach 1947, Dr. C. H. Petersen, als Großmeister des > O.T.O., und dessen Frau, die an angeblichen Rückwirkungen des Rituals zerbrachen und Selbstmord begingen.

Lit.: Die heilige Magie des Abramelin: die Überlieferung des Abraham von Worms; nach dem hebräischen Text aus dem Jahre 1458 / in die dt. Sprache übertr. und hrsg. von Johann Richard Beecken. [Neuaufl.]. Berlin: Schikowski, 1986; Abraham von Worms: Buch Abramelin, das ist die egyptischen grossen Offenbarungen oder des Abraham von Worms Buch der wahren Praktik in der uralten göttlichen Magie. 1. vollst. kritisch überarb. Ausg. v. Georg Dehn. Saarbrücken: Verl. Neue Erde, 1995.

Abrams, Albert (1863 – 1924), geb. in San Francisco / USA, promovierte in Heidelberg in Medizin und wirkte nach seiner Rückkehr in die USA als Prof. für Pathologie am Cooper Medical College in San Francisco. 1920 schuf er mit der Erfindung des Bio-Dynamometers mit „Dynamischer-Einheit“ die praktischen Grundlagen für das alternative Heilverfahren der > Radionik. A. stellte fest, dass jede Krankheit eines Menschen durch Abklopfen der Bauchdecke diagnostizierbar ist und dass sich der Klopfschall im Bauchbereich des Patienten veränderte, sobald eine pathologische Einstellung des Gerätes auf den Probanden gelenkt wurde. Jeder Krankheit wurde also ein bestimmter Punkt auf der Bauchdecke zugeordnet. Das Gerät mit einem variablen Widerstand maß den Ohmschen Widerstand eines Stromkreislaufs bei verschiedenen Erkrankungen, der nach Abrams’ Feststellung bei Krebs z. B. 50 Ohm betrug. Aus diesen festgestellten Werten entstanden die späteren Raten (rates), womit das Verhältnis der Einstellknöpfe zueinander gemeint ist. Damals noch mit dem Kürzel ERA (Electronic Reactions of Abrams) belegt, wird das inzwischen weiterentwickelte und immer noch kontroverse Verfahren „Radionik“ genannt.

Lit.: Abrams, Albert: New Concepts in Diagnosis and Treatment. Physicoclinical Medicine, the Practical Application of the Electronic Theory in the Interpretation and Treatment of Disease. San Francisco, Cal.: Philopolis Press, 1916; ERA. Electronic Reactions of Abrams. New York, 1922; Barr, James: Abrams’ Methods of Diagnosis & Treatment. London, 1925.

Abrams, Stephen Irwin, Psychologe, geb. am 15. Juli 1938 in Chicago, Illinois, USA. 1959 B. A. an der Universität von Chicago, 1957 – 60 Präsident der Parapsychologischen Gesellschaft der Universität Chicago. Seit 1961 Direktor des parapsychologischen Laboratoriums der Oxford Universität und von 1960 – 63 Präsident der Oxford University SPR. Er befasste sich mit der außersinnlichen Stimulation konditionierter Reflexe bei Hypnotisierten und mit qualitativen Experimenten auf der Basis der Synchronizitätstheorie von C. G. Jung.

Lit.: Pleasants, Helene (Hg.): Biographical Dictionary of Parapsychology. With Directory and Glossary 1964 – 1966. New York: Helix Press, 1964.

Abrasax > Abraxas.

Abraxas. Gottesname, der sich in den hellenistischen > Zauberpapyri und auf zahlreichen Amulettsteinen des Altertums und Mittelalters findet. Die häufigere Form ist jedoch > Abrasax, der Jahresgott. Der Name besteht aus 7 Buchstaben (vgl. 7 Tage der Woche) und hat – entsprechend den griechischen Zahlenwerten – 365 Tage (Zahl der Tage eines Sonnenjahres):

A = 1
B = 2
R = 100
A = 1
X = 60
A = 1
S = 200
Summe = 365

Eine besondere Rolle spielte Abraxas im gnostischen System des > Basilides (um 130 n. Chr.) vermutlich in Alexandrien. Für ihn ist Abraxas der Inbegriff der von ihm angenommenen 365 Engelmächte, die das Weltenjahr (> Äon) bilden. Diese Klasse von Engeln hat nach dem basilidianischen System die sichtbare Welt und die Menschheit geschaffen. „Ihr Anführer ist der Judengott, der offenbar auch ,Abrasax‘ (oder ‚Abraxas‘) heißt, ein Name, dem der Zahlenwert 365, wie die Anzahl der Himmel, zugrunde liegt, ursprünglich aber wahrscheinlich eine geheimnisvolle Umschreibung des mit vier (hebräisch: arba – abra) Konsonanten geschriebenen jüdischen Gottesnamens Jahwe (Tetragramm) gewesen ist“ (Rudolf, 336).

Lit.: Langerbeck, Hermann: Aufsätze zur Gnosis. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht, 1967; Dieterich, Albrecht: Abraxas: Studien zur Religionsgeschichte des späteren Altertums. Neudr. d. Ausg. Leipzig 1905. Aalen: Scientia-Verlag, 1973; Rudolph, Kurt: Die Gnosis: Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion. Unveränd. Nachdr. der 3., durchges. u. erg. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1994.

Abraxasgemmen. Amulettsteine des Altertums und Mittelalters, die insbesondere der Geisteswelt der gnostischen Sekte des > Basilides (um 130 n. Chr.) entstammen. Sie verkörpern den Synkretismus der Spätantike, wobei jüdische, persische und gnostische Elemente zu einer Einheit werden. So tragen die > Talismane Inschriften wie „Jao Abrasax“, Sabaoth Adonaios“ usw. und zeigen Prägungen von hahnen- und eselsköpfigen, aber auch schlangenfüßigen Mischwesen.

Lit.: Laarss, Richard H.: Das Buch der Amulette und Talismane. 2. Aufl. Nachdr. d. 3. verm. Aufl. Leipzig, Hummel, 1932. München: Diederichs, 1988.

Abreagieren. Psychoanalytische Bezeichnung der Normalisierung eines zur Symptomerhaltung aufgestauten und eingeklemmten Affekts. Dieser komme dadurch zustande, dass die Auseinandersetzung mit dem aufgestauten Affekt ausbleibt und die Erinnerung mitsamt ihrem Affekt verdrängt wird, was eben zur Symptombildung führt. Wird nun die Erinnerung aufgedeckt und der mit ihr verbundene „eingeklemmte“ Affekt befreit, so kann er abreagiert werden und das Symptom löst sich auf. Eugen Bleuler spricht hier von kathartischem Verfahren (Freud, 46 – 47). Das Abreagieren kann ebenso spontan erfolgen und wird in diesem Zusammenhang auch mit > Poltergeist-Phänomenen und > Psychokinese in Verbindung gebracht.

Lit.: Freud, Sigmund: Selbstdarstellung. GW 14. 5. Aufl. Frankfurt: Fischer, 1972.

Abred, der innerste von drei konzentrischen Kreisen, die in der Kosmologie der Kelten die Gesamtheit des Seins darstellen A. versinnbildlicht den Kampf und die Evolution gegen > Cythrawl, die Macht des Bösen.
Jedes Wesen hat in seiner Lebensentwicklung drei Phasen zu durchschreiten: Es beginnt mit dem kreativen > Abyss, gefolgt von der Transmigration in A., und endet mit der Vollendung im Kreis von > Gwynfyd oder > Himmel. Ohne diese drei Phasen kann niemand zur vollständigen Existenz gelangen, außer Gott, der alle übersteigt.

Lit.: Trioedd ynys Prydein: the Welsh Triads / edited, with introd., translation, and commentary by Rachel Bromwich. Cardiff: University of Wales Press, 1978.

Abreisen. A. ist ein häufiges Traumsymbol (Freud, 154 f.). Meistens tröstet der Traum etwa mit den Worten: ,Sei ruhig, du wirst nicht sterben (abreisen).‘ Zuweilen bleibt der Trost aus und die Angst kann sich bis in das Erwachen fortpflanzen. Das Abreisen kann sich aber auch auf eine andere Person beziehen und manchmal die Gestalt eines > Wahrtraumes annehmen. Die Symbolhaftigkeit ist jedoch nicht nur an den Traum gebunden, sondern ganz allgemein an die Wortbedeutung von Abreisen selbst: Trennung ohne Wiederkehr? In dieser Unsicherheit des Abreisens liegt die Ureigenheit seines Symbolgehaltes. Die Formen des Abreisens können vielfältig sein.

Lit.: Feud, Sigmund: Die Traumdeutung. Über den Traum. Frankfurt: Fischer, 41969 (GW; 2 – 3).

Abrenuntiatio (lat.), Absage. Abrenuntiatio diavoli: Absage an den Teufel; abrenuntiatio parvulorum per ora gestantium: Absage der Kleinkinder durch den Mund der Paten. Diese Absage an den Teufel und seine Werke in der Taufliturgie (außer der nestorianischen) hat die Bedeutung von > Abschwörung.

Lit.: Koch, Kurt: Seelsorge und Okkultismus. Berhausen / Karlsruhe: Evangelisationsverlag, 1957.

Abribalzache. Paracelsicher Ausdruck für Maß, Gewicht und Zahl.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.

Abricus. Iberische Gottheit.

Abrogation. Fachausdruck im Kirchenrecht zur Aufhebung eines Gesetzes; im Islam zur Deutung einiger Stellen des Korans oder der prophetischen Überlieferung (Hadith). Damit ist die Annahme gemeint, dass Texte bzw. Vorschriften des Korans bzw. des Hadith verändert, aufgehoben oder sogar gestrichen werden können.

Lit.: Khoury, Adel Theodor: Einführung in die Grundlagen des Islams. 3., durchges. Aufl. Würzburg: Echter, 1993.

Abrufreize. Abruf von Gedächtnisinhalten durch Reizung – suggestiv oder durch Versetzen der Person in eine dem ursprünglichen Erlebnis entsprechende Situation. Solche Abrufreize tragen nach E. Tulving am besten dazu bei, dass das ursprüngliche Ereignis, d. h. die ursprüngliche Erfahrung oder der Kontext, in dem das Ereignis bzw. die Erfahrung stattgefunden hat, wiederhergestellt wird. Dies gilt offenbar auch für den inneren Zustand einer Person: Was in einem betrunkenen Zustand erlebt wird, wird auch in einem betrunkenen Zustand am besten wieder erinnert.

Lit.: Tulving, Endel: The effects of presentations and recall of material in free-recall learning. Journal of Verbal Behavior, 5 (1967), 175 – 184; Tulving, Endel: Cue-dependent forgetting. American Scientist, 1974; Bower, Gordon H.; Hilgard, Ernest R.: Theorien des Lernens. In dt. Sprache hg. u. neu übers. von Urs Aeschbacher. Stuttgart: Klett-Cotta, o. J.

Abruzanum. Nach der persischen Mythologie eine Pflanze, die von einem Liebesgeist bewohnt ist. Die Perser wandten sie daher bei ihren Liebes- und Zaubertränken an.

Lit.: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Erftstadt: area verlag gmbh, 2004. Diese modernisierte Ausgabe lehnt sich eng an das Originalwerk von 1874 an.

Absam. Wallfahrtsort in Tirol / Österreich. In schwerer Kriegszeit, am 17. Januar 1797, saß die 18-jährige Bauerntochter Rosina Buecher in ihrem Haus in Absam beim Nähen dem Fenster gegenüber. Zwischen 15 und 16 Uhr wurde an der Scheibe des inneren Fensters (nach außen war dasselbe mit einem Winterfenster versehen) ein Brustbild der weinenden Gottesmutter sichtbar. So oft man das Bild wegwischen wollte, so oft erschien es wieder wie zuvor. Nach eingehender Untersuchung wurde es auf Verlangen der Bevölkerung und mit Zustimmung des Bischofs von Brixen am 24. Juni 1797 feierlich in die Kirche von Absam übertragen, wo es heute noch auf dem rechten Seitenaltar der am 24. Juni 2000 zur Basilika erhobenen Wallfahrtskirche aufgestellt ist und als Gnadenbild verehrt wird. In der Votivtafelkapelle sind über 400 Votivtafeln zu sehen.

Lit.: Seeböck, Philipp: Die liebe Gottesmutter im Gnadenbilde zu Absam. Innsbruck, 1897; Troger, A.: Unsere Liebe Frau von Absam. Innsbruck, 1931; Haider, Paul: Herz-Jesu und Marien-Büchlein. Innsbruck: Steiger, 2000.

Abschied. Das mit einer gewissen Zeremonie verbundene Auseinandergehen dient auch zur Bezeichnung des > Sterbens und des > Todes, des Abschieds ohne Wiederkehr. So kennt die Umgangssprache den Ausdruck: „Er hat sich für immer von uns verabschiedet.“ Dieser endgültige Abschied kann paranormologisch eine Reihe von Phänomenen und Formen aufweisen, wie direktes Voraussagen der Todesstunde, > Anmelden, luzide Eingaben zur Verabschiedung der Angehörigen sowie poltergeistähnliche Geräusche und akustische Zeichen.

Lit.: Passian, Rudolf: Abschied ohne Wiederkehr? Pforzheim: R. Fischer, 1973; Kübler-Ross, Elisabeth: Leben, bis wir Abschied nehmen. Stuttgart: Kreuz Verlag, 21980.

Abschirmgeräte. Die Erkenntnis, dass > Reizzonen pathogen wirken können, führte zur Anwendung von Schutzmaßnahmen durch die verschiedensten Arten von Entstörungsgeräten, angefangen von Störfeldmodulatoren in Form eines Interferenzsenders zur Sanierung von geopathischen Störfeldern bis hin zu Kupferringen, Drahtgeflechten, Flaschen oder ganz einfach Behältern mit Sand. So oft auch das Abschirmen von Reizzonen diskutiert wurde, so kam es doch nie zu befriedigenden Aussagen, da weder die pathogenen Einwirkungen selbst noch die Wirkungen derartiger Abschirmgeräte technisch messbar sind. Also verbleibt neben der subjektiven Empfindungsbeurteilung lediglich die radiästhetische Kontrolle, womit die Objektivierung offen bleibt. Unseriösen Angeboten ist daher weiterhin der Weg geebnet, zumal die Gesundheitsängste in diesem Bereich ständig zunehmen.

Lit.: Rohrbach, Christof: Radiästhesie: physikalische Grundlagen und Anwendung in Geobiologie und Medizin. Heidelberg: Karl F. Haug, 1996.

Abschirmung. A. bezeichnet ganz allgemein eine Anordnung von Materie zur Verringerung störender Strahlung in die Umgebung, wie u. a. bei der atomaren, elektrischen, magnetischen und thermischen Abschirmung, wobei die biologische Abschirmung einen besonderen Stellenwert einnimmt.

Abschirmung, biologische, auch biologischer Schild; besteht in der Reduzierung ionisierender Strahlung auf biologisch zulässige Werte.

Abschirmung, geistige. Diese Form der Abschirmung besteht in der bewussten Hinwendung zum persönlichen Innenraum durch geistige Inhalte, die den Bezug zum Außenraum teilweise oder völlig aufheben.

Lit.: Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990.

Abschirmung, magische. In der praktischen Magie dient z. B. der > magische Kreis zur Abschirmung, d. h. zum Schutz des Magiers. > Talismane, > Zaubersprüche und magische Rituale sollen die persönliche Sicherheit verstärken und als Abschirmung vor negativen Einflüssen dienen.

Abschirmung, psychologische. Die individuelle psychische Ausgeglichenheit erfordert zuweilen nicht nur eine persönliche Informations- und Wahrnehmungsselektion, sondern häufig auch eine Verringerung der Gefühlsstimulation, Vermeidung von Körperkontakt bis hin zur Einschränkung persönlicher Begegnungen im Allgemeinen wie im Besonderen, was volkstümlich als „Abschirmung“ bezeichnet wird. In diesem Zusammenhang ist auch die in der Esoterik betonte Abschirmung durch Umhüllung mit einem psychischen Panzer oder durch Verstärkung der eigenen Aurakraft als individueller Filter zu nennen.

Lit.: Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände: Träume, Trance, Ekstase. Innsbruck: Resch, 1990.

Abschirmung, radiästhetische. Die in der > Radiästhesie betonte Feststellung, dass Reizzonenkreuzungen pathogen wirken können, führte zu einer Vielzahl von Schutzmaßnahmen, die volkstümlich meist als „Entstörung“ oder „Abschirmung“ bezeichnet werden. Die zur Sanierung dieser so genannten geopathogenen Störfelder verwendeten Gegenstände und Geräte reichen von einem Kupferdraht bis zu einem Interferenzsender. Da derartige Störungen technisch – zumindest derzeit – nicht messbar sind, verbleiben als Wirkkriterium nur die radiästhetische Kontrolle und das subjektive Empfinden, wobei Placeboeffekte nicht auszuschließen sind.

Lit.: Rohrbach, Christof: Radiästhesie: physikalische Grundlagen und Anwendung in Geobiologie und Medizin. Heidelberg: Karl F. Haug, 1996.

Abschneiden (ahd.: abschniden), durch Schnitte abtrennen, stutzen; ist besonders bei Haaren und Nägeln mit Vorstellungen der Beeinträchtigung der Lebenskraft verbunden. So verlor Simson nach Abschneiden seiner Locken alle Kraft: „Delila ließ Simson auf ihren Knien einschlafen, [rief einen Mann] und schnitt dann die sieben Locken auf seinem Kopf ab. So begann sie ihn zu schwächen, und seine Kraft wich von ihm“ (Ri 16, 19).
Der Haarschnitt dient zudem der Reinigung bei Verunreinigung des Kopfes: „Wenn aber jemand in seiner Nähe ganz plötzlich stirbt und er dabei sein geweihtes Haupt unrein macht, dann soll er sein Haar an dem Tag abschneiden, an dem er wieder rein wird: Am siebten Tag soll er sein Haar abschneiden“ (Num 6, 9).
Schließlich kann die Lebenskraft des Haares auch verführerisch sein: „Wenn eine Frau kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch gleich die Haare abschneiden lassen. Ist es aber für eine Frau eine Schande, sich die Haare abschneiden oder sich kahl scheren zu lassen, dann soll sie sich auch verhüllen“ (1 Kor 11, 6).
Diese Vorstellung, dass man mit dem Haar das Leben in Besitz nimmt, ist auch beim Skalpieren der Indianer lebendig (Friederici).
Von ähnlich magischer Bedeutung ist das Schneiden der Nägel, wobei es schon bei den Römern die Vorschrift gab, die Fingernägel am neunten Tag vom Zeigefinger an abzuschneiden (Plinius, XXVIII, 28).
Zudem gibt es eine Reihe astrologischer Vorschriften über die beste Zeit des Abschneidens von Haaren und Nägeln (Plinius, XVI, 194; XVIII, 321 – 322).
Aus Angst vor > Schadenzauber sind abgeschnittene Haare und Nägel zu verbrennen oder zu verbergen, damit sie nicht in fremde Hände gelangen. Schließlich werden abgeschnittene Haare und Nägel auch zu Heilzwecken verwendet (Plinius, XXVIII, 86).

Lit.: C. Plinius Secundus: Naturalis historia; Friederici, Georg: Skalpieren und ähnliche Kriegsgebräuche in Amerika. Fotomech. Nachdr. der Ausg. Braunschweig 1906. Kassel: Hamecher, 1991.

Abschnitt (engl. set). Unterteilung der Protokollseite bei quantitativ-qualitativen Psi-Tests, die als Treffereinheit für eine aufeinanderfolgende Gruppe von ASW-Einzelversuchen gilt, gewöhnlich bei gleichem Zielmaterial.

Lit.: Rhine, J. B.: Parapsychologie: Grenzwissenschaft der Psyche. Bern: Francke Verlag, 1962.

Abschreiben. Abschreiben hat als Besitznahme eines Textes einen positiven Sicherheitseffekt. So verlieren Zauberformeln durch das Abschreiben an Kraft in fremder Hand. Dies ist auch der Grund, warum man handschriftliche Sammlungen sorgfältig hütet. Was nämlich allgemein zugänglich ist, hat keine magische Kraft. Wandelt sich hingegen das Abschreiben von der Geheimnislüftung zur Geheimnisgestaltung, steigert es die Wirkung des abgeschriebenen Textes wie etwa bei den > Kettenbriefen.
Diese Mächtigkeit des Abschreibens wird auch bei Krankheiten im Sinne einer Bannung derselben verwendet. So wird z. B. Fieber „abgeschrieben“, indem man Zauberworte auf einen Streifen Papier schreibt und diesen, in Brot gelegt, dem Kranken zum Essen reicht. Oder man hängt das Schriftstück in den Kamin; sobald es geräuchert ist, sollte die Krankheit verschwunden sein.

Lit.: Wuttke, Adolf.: Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart. 3. Bearb. von E. H. Meyer. Berlin, 1900; Hemminger, Hansjörg; Harder, Bernd: Was ist Aberglaube? Gütersloh: Quell, 2000.

Abschwächungseffekt (engl. attenuation effect). Abnahme von Zahl und Stärke wiederkehrender paranormaler Erscheinungsformen durch Vergrößerung der Distanz zur Fokus-Person bzw. durch Informationserhellung der Betroffenen. > Wiederkehrende spontane Psychokinese (WSPK).

Lit.: Hans, Bender: Der Rosenheimer Spuk. Ein Fall spontaner Psychokinese. In: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 11 (1968), 104 – 112; Wolman, Benjamin B.(Hg.): Handbook of Parapsychology. New York: Van Nostrand Reinhold Company, 1977.

Abschwörung, sich durch Schwur von jemandem / etwas lossagen, seltener auch mit Akkusativ: seinen Glauben, seinen Irrtum abschwören. So enthalten die Texte der > Teufelspakte seit alters her neben der positiven auch die negative Abschwörung (Entsagung). Seit dem 2. Jh. gehört die Abschwörung (griech. apotaxis, lat. > abrenuntiatio, abiuratio diaboli) zur Taufpraxis (fast) aller Liturgiefamilien. So widersagt in der römischen Liturgie der Taufbewerber durch Abschwörung dem Satan und seiner „Herrschaft“. Diese Abschwörung wird in der Kath. Kirche seit 1951 von den Gläubigen jährlich auch bei der Osternachtfeier ausgesprochen.

Lit.: Kleinheyer, Bruno: Abschwörung. Bd. 1. Lexikon für Theologie und Kirche. Freiburg: Herder, 31993.

Absence (fr., Absenz, Abwesenheit). Kurze Vigilanzabsenkung bis Vigilanzausfall aufgrund intensiver Konzentration auf persönliche Gedanken- oder Emotionsgehalte mit festem Blick und nachfolgender klarer Erinnerung. Von diesen Vigilanzeinschränkungen sind die Absencen mit kurzem Bewusstseinsverlust von 15 – 30 Sekunden, die so genannten > Petit mal-Anfälle mit leichtem Zucken der Gesichtsmuskulatur und leerem Blick sowie nachfolgender Amnesie zu unterscheiden. Diese Petit mal-Anfälle beginnen meist in der Kindheit und bleiben oft bis in das Erwachsenenalter bestehen. Sie sind physiologisch bedingt und können auch nicht durch psychologische Mittel, wie etwa Fremd- oder Selbsthypnose, hervorgerufen werden. Seelische Belastungen können jedoch die Häufigkeit dieser Anfälle steigern.

Lit.: Freud, Sigmund: Über Psychoanalyse. Frankfurt a. M.: S. Fischer, 51969 (Sigm. Freud Gesammelte Werke; 8), S. 7, 14, 239; Redlich, Fredrick C.; Freedman, Daniel X.: Theorie und Praxis der Psychiatrie X. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1970, S. 890.

Absinkungseffekt (engl. decline effect) oder chronologische Abnahme (engl. chronological decline). Allmähliche Abnahme der Trefferleistungen in einem parapsychologischen Experiment innerhalb einer Versuchssitzung bei wiederholten Einzelversuchen oder in der paranormalen Leistungsfähigkeit einer Testperson über einen bestimmten Zeitraum. Der A. kann sich auch auf das Nachlassen und Verschwinden einer parapsychologischen Begabung beziehen. Der Grund dafür kann in einer Reizanpassung, einer psychischen Gewöhnung oder in der natürlichen Abnahme einer Begabung liegen. So sank die paranormale Leistungsfähigkeit bei Pavel > Stepanek nach 10 Jahren und bei J. B. > Rhines Startversuchspersonen nach 3 Jahren auf Null.

Lit.: Mauskopf, B. H. / Mac Vaughan, M. R.: The Elusive Science. Baltimore: John Hopkins Univ. Press, 1980; Pratt, J. G.: A Decade of Research With a Selected ESP Subject: An Overview and Reappraisal of the Work With Pavel Stepanek. In: Proceedings of the American Society of Psychical Research (PASPR) 30 (1973), 1 – 78.

Absinth (Artemisia absinthium L.), Wermut, der Göttin > Artemis geweihte Heilpflanze mit vielen volkstümlichen Namen wie Grüne Fee, Bitterer Beifuß, Eberreis, Heilbitter, Magenkraut, Schweizertee, Wurmkraut, Absinth-alsen (niederl.), Ambrosia (altgriech.), Assenzio vero (it.), Gengibre verde (span., „Grüner Ingwer“), Hierba santa (span., „Heiliges Kraut“), Wor-mod (altengl.), Rihân (arab.).
Das bittere Kraut, das pur gegessen starke Übelkeit hervorruft, war bereits in der Antike gut bekannt. Im Neuen Testament wird A. ebenfalls erwähnt (Offb 8, 11). Den Ägyptern war die Pflanze heilig, und sie spielte auch bei den Mysterien des Osiris und der Isis eine Rolle. Im Mittelalter schenkte man dem A. im Hortulus des Walahfried Strabo große Aufmerksamkeit (9. Jh.), und wenig später lobte dann die heilige > Hildegard von Bingen die Wirksamkeit der Pflanze gegen Erschöpfungszustände (Hildegard von Bingen, Physica I, 109). Durch das Interesse spanischer Jesuiten trat der Wermut im 16. Jh. seine Weltreise an. Heute ist er von entscheidender Bedeutung für die Naturheilkunde, vor allem wegen seiner Wirkung bei Verdauungsstörungen und Hauterkrankungen. Man schrieb der Pflanze magische Wirkung zu, und ihr sollte die Kraft innewohnen, Druden, Hexen und Geister abweisen zu können.
Unter dem Namen A. wird auch ein psychoaktives alkoholhaltiges Getränk verstanden, das aus dem > ätherischen Öl des Krautes und Alkohol hergestellt wird und dessen Genuss zu erheblichen Schäden führen kann (Gehirnschäden, Absinthismus). Wegen des Wirkstoffes Thujon wurde A. auch als illegales Abtreibungsmittel verwendet. Die Herstellung dieser grünlichen oder gelblichen Künstlerdroge des 19. Jhs. ist heute weltweit verboten, doch kursiert sie weiterhin in privaten Kreisen, während in der Schweiz seit den 90-er Jahren ganz gewöhnliche Alkoholika unter dem Namen „Grüne Fee“ Eingang in die Szene gefunden haben. Die Herstellung des echten Absinth wird in der Schweiz heute mit 100.000 Schweizer Franken geahndet (Rätsch).

Lit.: Most, Georg F.: Encyklopädie der Volksmedizin. Graz: ADEVA, 1984; Schöpf, Hans: Zauberkräuter. Graz: ADEVA, 1986; Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998; Müller-Ebeling, Claudia u. a.: Hexenmedizin. Aarau, CH: AT, 21999.

Absinthium. Eine magische Pflanze, die noch nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Manches spricht dafür, dass es sich um > Wermut (artemisia absinthium) handelt. Aus der Antike ist eine Reihe solcher magischer Pflanzen bekannt. Bei den Ägyptern war es eine heilige Pflanze, welche die Eingeweihten bei den Mysterien des > Osiris und der > Isis in der Hand trugen. Ob sich auch die Hinweise auf „Wermut“ im AT (Dtn 29, 17; Jer 9, 14; Am 6, 12) und im NT (Offb 8, 11): „Der Name des Sterns ist ‚Wermut‘. Ein Drittel des Wassers wurde bitter, und viele Menschen starben durch das Wasser, weil es bitter geworden war“ auf A. beziehen, muss offen bleiben.

Lit.: Roberts, Marc: Das neue Lexikon der Esoterik. München: Goldmann, 1995.

Absolut, das Absolute (lat. absolutus von absolvere, lösen). Losgelöst von allem, absolut unabhängig, der Gegensatz ist relativ (in Verbindung gesetzt); so spricht man von absoluten und relativen Zahlen. Philosophisch bezeichnet „absolut“ das, was in sich ist, das absolute Ding. Losgelöst von Raum, Zeit und dem Irdischen überhaupt, bezeichnet das Absolute das Ewige, das Unendliche, den letzten Grund aller Erscheinungen, die Einheit von Natur und Geist, den Weltgrund, Gott. Durch die Philosophie Fichtes und Schellings erlangt der Begriff allgemeine Geltung und fächert sich in spezielle Bedeutungen auf. So ist für Fichte (1762 – 1814) das Absolute das Ich, für Schelling (1775 – 1854) die Einheit von Idealem und Realem. In der Theologie bezeichnet das Absolute schlechthin „Gott“.
Im Okkultismus ist das Absolute die potentielle und unmanifestierte Quelle des Seins, über die nicht gesprochen werden kann. Die im Einzelnen verwendeten Bezeichnungen haben daher meist Symbolcharakter, wie die Bezeichnung des Absoluten durch > Großer Baumeister in der > Freimaurerei.

Lit.: Mittelstraß, Jürgen (Hg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Bd. 1. Stuttgart: Verlag J. B. Metzler, 1985.

Absolution (von lat. absolvere, lösen). Bezeichnet kirchenrechtlich die Lossprechung von Sünden im Bußsakrament. Als Absolution und Absolutionen werden auch kurze Segenssprüche und Entlassungsformeln am Ende eines Ritus oder Textes in der Bedeutung von Entlassung und Abschluss, wie etwa das „Ite, missa est“, bezeichnet. Im Okkultismus bedient man sich der Absolution vornehmlich in der Bedeutung von „absolvieren, entbinden, freisprechen“ und „hinter sich bringen“ wie bei > Schwarzen Messen, > Exorzismus, > Bannen negativer Einflüsse, magischen > Heilritualen und anderen okkulten Praktiken.

Lit.: Paulus, N.: Geschichte des Ablasses im Mittelalter. 3 Bde. Paderborn, 1922 – 1923; Jungmann, Andreas: Die lateinischen Bußriten in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Innsbruck, 1932.

Absorbierende Mystik. Mystische Erlebnisform, bei welcher der Mystiker vom Gegenstand seiner mystischen Betrachtung so absorbiert wird, dass Betrachtungsgegenstand und Selbst eine Einheit bilden. > Einheitserlebnis, > unio mystica.

Lit.: Ariel, David S.: Die Mystik des Judentums: eine Einführung. München: Diederichs, 1993.

Absorption (lat. absorbere, verschlingen; engl. absorption). In-sich-Aufnehmen: physiologisch z. B. von Licht an Oberflächen oft durch Rezeptoren der Netzhaut, von Schall durch elastisch weiche Oberflächen; psychologisch von Informationen und Empfindungen. Bei der psychischen Absorption erfolgt ein völliges Aufsaugen des Angebotenen in Form einer gedanklichen und gefühlsmäßigen Identifikation. Derartige psychische Absorptionen fördern Kreativität, telepathische Kommunikation und persönliche Leistung. Dabei spielt der jeweilige Grad der Absorption eine entscheidende Rolle, und zwar entsprechend der jeweils geforderten Umfeldkontrolle. So muss z. B. der erfolgreiche Spitzensportler seine sportliche Leistung so absorbieren, dass jener Vigilanzgrad noch aufrecht bleibt, der bei der konkreten sportlichen Leistung zur Umfeldorientierung notwendig ist.

Lit.: Quarrick, Gene: Our Sweetest Hours: Recreation and its Mental State of Absorption. Jefferson, NC: McFarland, 1989; Richardson, Alan: Individual Differences in Imaging: Their Measurement, Origins and Consequences. Amityville, NY: Baywood, 1994.

Absteigende Häuser > Häuser.

Absteigender Knoten. Schnittpunkt der Planetenbahn mit der Ekliptik in Richtung Nordsüd.

Absteigung, schiefe, auch Deszension (lat. descensio). Vom Himmelsäquator ausgehend gemessener Bogen zwischen dem Frühlingspunkt und dem Punkt, der mit dem betreffenden Stern untergeht.

Abstieg (lat. descensus). Bezeichnung des Wechsels von einer höheren zu einer tieferen Ebene. Im AT ist die Rede vom Abstieg der Seele in das Grab (Ijob 33, 28) und vom Abstieg des mesopotamischen Fruchtbarkeitsgottes Tammus zur Unterwelt in der Zeit der Sommerdürre (Ez 8, 14). Der Mensch steigt im Tod in die Unterwelt ab, die im AT wie im Alten Orient als Welt der Toten in der Tiefe unter der Erdscheibe verstanden wurde (Dtn 32, 22). Mit der Aussage des Apostolischen Glaubensbekenntnisses vom Abstieg Christi zu denen der Unterwelt (> Scheol, > Hades) und seinem Aufstieg zum Himmel am dritten Tage wurde der Tod überwunden und die Auferstehung der Toten vorgezeichnet (Neuner, 543). Die Vorstellung des Abstiegs der Götter und Menschen in die Unterwelt findet sich als Ausdruck einer verankerten Hoffnung in vielen Religionen, auch im griechisch-römischen Synkretismus.
Im Schamanismus kann der Schamane zwischen Oberwelt, mittlerer Welt und Unterwelt auf- und absteigen.
„Abstieg“ dient schließlich auch als Bezeichnung des Übergangs von einem Bewusstseinszustand zu einem eingeschränkteren.

Lit.: Neuner, Josef; Roos, Heinrich: Der Glaube der Kirche in Urkunden der Verkündigung. Regensburg: Pustet, 101979, S. 543; Portmann, Adolf; Ritsema, Rudolf: Aufstieg und Abstieg – Rise and Descent – Descente et Ascension. Frankfurt a. M.: Insel Verlag, 1982; Resch, Andreas: Veränderte Bewusstseinszustände. Innsbruck: Resch, 1990.

Abstimmtechnik. Von Reinhard Schneider in die > Rädiästhesie eingeführte Messtechnik, die von Substanzen emittierten Wellenlängen, welche von J. Wüst und J. Wimmer aufgezeigt wurden, durch Veränderung der Grifflänge der > Wünschelrute zu ermitteln.

Lit.: Wüst, Josef: Über physikalische Nachweismethoden der sog. „Erdstrahlen“. In: 6. Beiheft zur Zeitschrift Erfahrungsheilkunde: Geopathie; (1953), 1 – 16; Schneider, Reinhard: Radiästhesie, Geomantie, Naturwissenschaft. Zum Phänomen des Wünschelruteneffekts. In: Andreas Resch: Kosmopathie. Innsbruck: Resch, 1981, S. 223 – 246.

Abstrakt (lat. abstractus, von: abstraere, abziehen). Abstrakt ist jeder Bestandteil einer Vorstellung oder eines Begriffes ohne konkrete Merkmale. Abstrakte Begriffe haben nur mehr Verhältnisse, völlig Unanschauliches, Nicht-Sinnliches zum Inhalt (z. B. das Sein).

Lit.: Mittelstraß, Jürgen (Hg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Bd. 1. Stuttgart: Verlag J. B. Metzler, 1995.

Abstraktion (lat. abstractio). Gedankliches Verfahren zur Erlangung abstrakter Begriffe, die von konkreten Merkmalen absehen und nur mehr das Wesentliche, eine spezifische Eigenschaft an einem einzelnen Gegenstand (isolierende Abstraktion) oder das Gemeinsame einer Menge von Gegenständen festhalten, um zu Allgemein- und Gattungsbegriffen und den damit bezeichneten Gegenstandsbereichen zu gelangen.

Lit.: Ritter, Joachim (Hg.): Historischer Wörterbuch der Philosophie. Bd. 1. Darmstadt: WBG, 1971.

Abstraktionsfähigkeit, individuelle Disposition, das allgemeine Merkmal eines Sachverhalts unter Ausschaltung der konkreten Merkmale zu erfassen.

Lit.: Rüfner, Vinzenz: Psychologie: Grundlagen und Hauptgebiete. Paderborn: Schöningh, 1969.

Abstreifen. Abstreifen gehört neben lecken, spucken, saugen, blasen, hauchen, streichen, wälzen zu den Urhaltungen von Tier und Mensch. Wie sich Tiere instinkthaft an Bäumen, Mauern, Felsen scheuern, um lästige Parasiten und Juckreiz zu beseitigen, so versuchen auch Menschen sich durch Reiben zu heilen oder gegen Krankheiten zu schützen. Besondere Bedeutung erlangt das Abstreifen bei der Tätigkeit von Heilern und beim > Heilmagnetismus. Der Heiler streift nach der Behandlung durch entsprechende Handbewegungen negative Einwirkungen des Patienten ab und der Patient versucht durch Abstreifen das „magnetische Band“ zu lösen, das sich zwischen ihm und dem Heiler gebildet hat. Gelingt dies nicht oder wird es verabsäumt, so kann sich eine gewisse Unruhe und Unrast, ein Unbefriedigtsein einstellen, da die nötige Entspannung ausbleibe und so das Abströmen des „Krankhaften“ verhindert werde. Diese Vorstellung wird von der Annahme getragen, dass jeder gesunde Körper eine normale Grundspannung besitzt, deren Störung zu Krankheit führt.
Abstreifen wird nicht selten auch durch Berühren „entladender“ Gegenstände wie > Erde, > Feuer, > Bäume und > Wasser verstärkt.

Lit.: Thetter, Rudolf: Magnetismus – das Urheilmittel: eine Einführung in sein Wesen und praktische Anleitung zum Magnetisieren. Wien: Gerlach und Wiedling, 41956.

Absurd (lat. absurdus, missklingend), hat die geläufige Bedeutung von widersinnig, unlogisch, das diskursive Denken übersteigend. So besagt „eine Behauptung ad absurdum führen“ die Aufdeckung ihrer Widersinnigkeit durch konsequente Durchführung des in den Prämissen angelegten Gedankens. In paranormologischer Sicht kann eine widersinnige Aussage oder Begebenheit auf verborgenen Kräften und Inhalten beruhen, die sich dem linear-logischen Denken entziehen.

Lit.: Heinemann, Fritz H.: Die Menschheit im Stadium der Absurdität. In: Menschliche Existenz und moderne Welt. Teil I. Hg. v. Richard Schwarz. Berlin: de Gruyter, 1967, S. 227 – 244.

Abtei von Borley (> Borley Rectory). Englisches Spukhaus, das zwischen 1929 und 1939 von Harry > Price (1881 – 1948) unter Beobachtung zahlreicher Forscher untersucht wurde. 1937 mietete Price das Haus sogar für ein Jahr. 1939 brannte die Abtei ab. Price veröffentlichte darüber zwei Bücher und berichtet darin von etwa 2000 Ereignissen, darunter auch Poltergeistphänomenen: Gegenstände flogen durch die Luft, Glocken läuteten ohne wahrnehmbare Ursache, mannigfaltige Geräusche wurden gehört und Erscheinungen gesehen. Auf öfters empfangene Mitteilungen mittels > Planchette hin ließ Price 1943 auch im Keller nachgraben, wobei man die Reste eines Schädels und eines Kinnbackens einer jungen Frau entdeckte, die man mit jener Nonne in Verbindung brachte, welche angeblich so oft im Haus gesehen wurde. Man dachte dabei an Marie Lairre, die dort 1667 auf tragische Weise ums Leben gekommen sei. Nach dem Tod von Price (1948) wurden Eric J. > Dingwall, K. M. > Goldney und Trevor > Hall von der > Society for Psychical Research mit dem Fall betraut. Sie schlossen ihre Arbeit 1956 mit einer herben Kritik an der Untersuchung von Price ab, dem sie Überzogenheit und sogar Manipulation vorwarfen. Diese Darlegung wurde dann 1969 von R. J. > Hastings aufgegriffen, der Price verteidigte: Seine Ausführungen seien zwar volkstümlich, die Dokumente bekräftigten jedoch die Echtheit der Phänomene.

Lit.: Price, Harry: The Most Haunted House in England. Ten years’ investigation of Borley Rectory. London: Longmans,1940; Price, Harry: The End of Borley Rectory. London: Longmans,1946; Dingwall, E. J.; Goldney K. M.; Hall, T. H.: The Haunting of Borley Rectory: A Critical Survey of the Evidence. Proceedings of the Society of Psychical Research 51 (1956) 1; Hastings, R. J.: An Examination of the ,Borley Report‘. Proceedings of the Society of Psychical Research 55 (1969), 65.

Abtei Thelema. Die Bezeichnung „Abtei Thelema“ findet sich erstmals in dem von François Rabelais (1494 – 1553) verfassten Roman Gargantua et Pantagruel, der von 1532 an in 5 Bänden erschien. Im ersten Buch schildert Rabelais, wie Gargantua die Abtei Thelema bauen lässt, in der Männer und Frauen nicht nach irgendwelchen Ordensregeln, sondern einzig nach ihrem freien Willen und Gutdünken leben. „Fay ce que vouldras“, „Tu, was du willst“, ist ihre Devise. 400 Jahre später errichtete Aleister > Crowley in einem Landhaus in der Nähe von > Cefalù auf Sizilien in Anlehnung an die Erzählung Rabelais‘ seine Abtei Thelema, in der er und seine Anhänger gemäß seinem Gesetz > Thelema lebten. Das ausschweifende Leben sowie der mysteriöse Tod eines Ordensmitgliedes veranlassten die italienischen Behörden 1923, Crowley des Landes zu verweisen. Etwa zwei Jahre später wurde auch die Abtei geschlossen.

Lit.: Eschner, Michael D.: Der Orden Thelema. Berlin: Stein-der-Weisen-Verlag Kersken-Canbaz, 1983.

Abteilung für Parapsychologie, Universität von Virginia (Division of Parapsychology, University of Virginia). 1968 wurde an der Universität von Virginia ein Forschungsprogramm zum Studium der verschiedenen Aspekte der > Parapsychologie errichtet. Die Forschung erfolgt am Institut für Psychiatrie, University of Virginia Medical Center, Charlottesville, Va. 22901. Die Leitung übernahm Prof. Ian > Stevenson, der besonders durch seine Reinkarnationsforschung hervortrat.

Abteilung für Psychologie und Parapsychologie, Andhra Universität, Indien. 1967 wurde an der Andhra Universität in Indien eine Abteilung für Psychologie und Parapsychologie gegründet, an der Studenten den Dr. phil. auch in Parapsychologie erwerben können. Der erste Leiter war K. Ramakrishna Rao. Adresse: Andhra University, Visakhapatnam 530 003, A.P., Indien.

Abtun wird die Beseitigung des von einer Hexe verursachten Übels durch diese selbst genannt.

Lit.: Walz, Rainer: Hexenglaube und magische Kommunikation im Dorf der Frühen Neuzeit. Die Verfolgungen in der Grafschaft Lippe. Paderborn: Schöningh, 1993.

Abu. Sumerischer Vegetationsgott. Er soll aus dem Scheitel von > Enki, dem „Herrn der Erde“, geboren worden sein – Sinnbild für das Hervorsprießen der Pflanzen aus der Erde.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989.

Abu-El-Hasan Ash-Shadhili (1196 – 1252). Großer sufischer Meister und Gründer des Ordens der Shadhiliten.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.

Abu Gosch. Dämon des Blutes, des Krieges und des Mordes. Er gehört zur sechsten Legion der Mächte des Himmels. Den Besessenen fügt er Schnitte und Verwundungen zu, weshalb sein Name bei Besessenheitsfällen immer wieder genannt wird.

Lit.: Delacour, Jean-Baptist: Apage Satana! Das Brevier der Teufelsaustreibung. Genf: Ariston, 1975.

Abu Yazid al-Bestami (801? – 874). Bekannter islamischer Mystiker und Gründer der ekstatischen Schule des > Sufismus. Er wurde in Bestam im Nordosten des Iran geboren, daher auch sein Name. A. spricht, wohl unter dem Einfluss von > Vedanta, vom vollständigen Aufgehen und Einswerden mit der Göttlichkeit, gefolgt von einer langen Isolation und der Rückkehr zum Selbst. Als er mit dem Sufikonzept der Begegnung mit Gott in der Rolle des Liebenden und Geliebten begann, stellte er fest, dass diese Liebe in sich selbst ein Hindernis ist. Er verzichtete daher auf die konventionelle Gebetspraxis in der Moschee, die Pilgerfahrt nach Mekka sowie auf Askese und Meditation. Die einen betrachteten ihn als Heiligen und schrieben ihm eine Reihe von Wundern zu, die anderen sprachen ihm jegliche Normalität ab und interpretierten seine Äußerungen als Produkt von Trunkenheit.

Lit.: Zaehner, Robert C.: Hindu and Muslim Mysticism. London, 1960; Zaehner, Robert C.: Mystik religiös und profan. Stuttgart: Klett, o. J.

Abudatsuma (jap. für sanskr.: abhuta-dharma). Ein paranormales Ereignis, ein von einer Gottheit im Hinduismus oder von einem > Buddha im > Buddhismus vollbrachtes Wunder.

Lit.: Bowker, John (Hg.): Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Darmstadt: Wissenschaftl. Buchges., 1999.

Abulafia, Abraham ben Samuel (1240 – 1291). Kabbalistischer Mystiker aus Saragossa, der sich als Messias ausgab. Er wollte sich Papst Nikolaus III. stellen, der jedoch 1280 völlig unerwartet starb. Nach mehrmonatiger Gefangenschaft wurde A. freigelassen und reiste anschließend mit einer Schar von Anhängern nach Sizilien. In seiner Lehre spielt die geistige Integration als visionärer Seelenflug eine größere Rolle, was an den > Yoga der Inder erinnert: Abkehr von der Welt, um sich durch Kontemplation des Namens Gottes mit dem Absoluten zu verbinden. A. ist Autor des Kommentars Gan Naul (Verschlossener Garten) zum > Sefer Jezira, von Sefer ha Oth (Buch des Zeichens), einer merkwürdigen Apokalypse, dem einzig uns erhalten gebliebenen Werk von 1288, sowie der Traktate Das Buch des Rechtschaffenen und Das Buch des Lebens. Besonders wichtig war für ihn die göttliche Symbolik der Heiligen Schrift und des hebräischen Alphabets. Sein Ziel war es, die Seele zu entriegeln, die Knoten aufzulösen, die sie binden.

Lit.: Idel, Moshe: A. Abulafia’s Works and Doctrine. 2 Bde. Diss., Jerusalem, 1976 (hebr.); Idel, Moshe: Abraham Abulafia und die mystische Erfahrung. Frankfurt a. M.: Jüdischer Verl., 1994.

Abulafia, Todros (2. H. des 13. Jhs.). A. war Schatzmeister von König Sanchos II. von Kastilien und schuf in Anlehnung an Platons Ideenlehre die Lehre von den 10 Kelippoth (wörtl. „Schalen, Rinden, Hülsen“), die als materielle Formen den 10 > Sephiroth entsprechen.

Lit.: Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991.

Abulie (griech. bule, Wille). Willenlosigkeit, Unfähigkeit, Entschlüsse zu fassen; kann bei organischen Hirnstörungen, Depression, Demenz, Stupor, aber auch bei > Mediumistischen Psychosen auftreten.

Lit.: Bender, Hans (Hg.): Parapsychologie: Entwicklung, Ergebnisse, Probleme. Darmstadt: Wiss. Buchges., 51976.

Abundantia. Die römische Göttin A. ist die Personifikation des Überflusses (abundantia). Sie lebte in der Domina Abundia, der Dame Habonde des französischen Volksglaubens weiter, die des Nachts angeblich würzige Wiesen durchstreift und Ställe und Häuser besucht, um den Menschen Wohlstand zu bringen.

Lit.: Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer. München: Beck, 1902.

Abusir, Kernbohrungen. Die Kernbohrungen in den Steinbrocken des Totentempels der Sahure-Pyramide in Abusir (Ägypten), deren Alter sich auf 4.300 Jahre beläuft, sind bis heute Gegenstand der Diskussion. Handelt es sich bei den Bohrlöchern tatsächlich, wie von Fachleuten versichert, um Riegellöcher für die Türen des Totentempels aus früher Zeit oder entstanden sie später?

Lit.: Bürgin, Luc: Geheimakte Archäologie. München: Bettendorf, 1998.

Abwärts, aufwärts. Bei verschiedenen Zauber- und Heilhandlungen ist es von Bedeutung, ob sie ab- oder aufwärts erfolgen. Wasser, das für Zauber- oder Heilzwecke verwendet wird, soll stillschweigend stromabwärts vor Sonnenaufgang geschöpft werden. Ähnliches gilt für die Zubereitung der Heilpflanzen. So sagt > Agrippa von Nettesheim u. a. von der > Nieswurz: „Wenn man nämlich beim Einsammeln dieses Krautes die Blätter entweder a. oder aufwärts zieht, so verursacht diese Bewegung, dass sie beim Purgieren die Säfte entweder nach oben oder nach unten leiten“ (Agrippa, I, 235). Von besonderer Bedeutung wird „abwärts“ und „aufwärts“ bei den Heilhandlungen, insbesondere beim Streichen. > Mesmerismus.

Lit.: Kuhn, Adalbert; Schwartz, W: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche. Leipzig, 1848; Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim: Magische Werke. 5 Bde. Berlin, 1916.

Abwärtsverursachung, kausaler Einfluss von nächsthöheren Ganzheiten auf darunterliegende. Nach ganzheitlichem Denken ist ein System oder eine Ganzheit entgegen dem > Reduktionismus nicht vollständig auf seine materiellen Teile reduzierbar. In einer höheren Schicht existieren Eigenschaften, die in der nächstniederen auch nicht ansatzweise vorhanden sind, denn jede Schicht ist durch wesentlich Neues gekennzeichnet, das sich aus den neuen Beziehungsmustern der Teile der nächstniederen Schicht, aber nicht aus deren Gegenstandseigenschaften ergibt. Auch die nächsthöheren Ganzheiten werden als Kausalprinzip anerkannt. Dies entspricht den Grundaussagen der hermetischen Philosophie: „wie oben, so unten“.
Solche schichtungsinvariante Prinzipien sind z. B. das > Simileprinzip (Resonanzprinzip, Ähnlichkeits- / Gleichheitsprinzip), das > Polaritätsprinzip (> Yin-Yang-Prinzip), das > Pars-Pro-Toto-Prinzip (Holographisches Prinzip) und das Prinzip der Mitte.
Die letzte Konsequenz dieser Denkweise ist, dass lebende Systeme nicht ausschließlich auf physikalische und chemische Systeme reduzierbar sind.

Lit.: Ammon, Günter: Der mehrdimensionale Mensch: zur ganzheitlichen Schau von Mensch und Wissenschaft. München: Pinel Verlag, 1986; Schulz, Reinhard: Selbstorganisationskonzepte – Entwürfe einer neuen Naturphilosophie? Über ganzheitliches Denken im naturwissenschaftlichen Unterricht. Oldenburg: Univ. Oldenburg, Zentrum f. Pädagog. Berufspraxis, 21992.

Abwaschung. Reinigungszeremonie, die bereits in den Mysterien der Antike üblich war und in den religiösen Riten die verschiedensten Formen aufweist. Sie findet sich auch in esoterischen Praktiken, in Ritualen von Geheimgesellschaften und in einzelnen Hochgradriten der Freimaurerei. So ist die aus der „Zauberflöte“ bekannte Wanderung durch Feuer und Wasser nicht als Mutprobe, sondern als Reinigungszeremonie gedacht. Ebenso dient die Abwaschung in den Ritualen vieler Johannislogen der symbolischen Reinigung.

Lit.: Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar; Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.

Abwehr. Sträuben des Ichs gegen unerwünschte oder unerträgliche Vorstellungen und Gefühle (Freud 1, 423 – 459). Der Begriff wurde in dieser Bedeutung 1894 von S. Freud (1, 61) in die Psychoanalyse eingeführt, nach 1896 durch „Verdrängung“ ersetzt und 1926 zur allgemeinen Bezeichnung für all jene Techniken wieder aufgenommen, „deren sich das Ich in seinen eventuellen, zur Neurose führenden Konflikten bedient, während Verdrängung der Name einer bestimmten solchen Abwehrmethode bleibt, die uns infolge der Richtung unserer Untersuchungen zuerst besser bekannt geworden ist“ (Freud 14, 196).
In der Magie bedeutet Abwehr die Abwendung von Einflüssen böser Geister mittels > Abwehrzauber.

Lit.: Freud, S.: Zur Ätiologie der Hysterie (1896), GW 1, S. 423 – 459; Freud, S.: Die Abwehrneuropsychosen (1896), GW 1, S. 61; Freud, S.: Hemmungen, Symptom und Angst (1926), GW 14, S. 196.

Abwehrmechanismen (engl. defense mechanisms). Unbewusste Techniken des Ichs zur Verteidigung gegen Triebansprüche des Es und die daraus entstehenden Konflikte. Anna Freud unterscheidet dabei folgende Mechanismen: Apathie oder Resignation, Fixierung, Flucht, Identifikation, Intellektualisierung, Introjektion, Isolierung, Konversion, Negation, Phantasie(n) / Realitätsverleugnung, Projektion, Rationalisierung, Reaktionsbildung, Regression, Rückzug oder Sublimierung, Übertreibung, Ungeschehen-Machen, Verdrängung, Verleugnung, Verschiebung, Wendung gegen die eigene Person.
In der Parapsychologie bedient man sich zuweilen der Dynamik solcher Mechanismen zum Verständnis paranormaler Ereignisse, ohne dass damit schon eine Erklärung gegeben wäre. Eine von Abwehrmechanismen getragene Psychodynamik ist nicht schon Auslöser eines parapsychischen Phänomens, denn alle Phänomene, die sich durch Abwehrmechanismen erklären lassen, haben als rein psychische Phänomene zu gelten. So können Abwehrmechanismen das > paranormale Phänomen höchstens fördern oder auch verhindern, wie etwa > Besessenheit, > Psychokinese, > Spuk, > Telepathie usw.

Lit.: Freud, Anna: Das Ich und die Abwehrmechanismen. Wien, 1936.

Abwehrzauber. Magische Maßnahmen zum Fernhalten oder Unwirksammachen von schädigendem Zauber. Dabei können folgende Hauptgattungen von Abwehrhandlungen unterschieden werden: 1) gegen menschliche Bosheit, 2) gegen Hexen und Hexer, 3) gegen Tote, 4) gegen Dämonen, 5) gegen böse Kräfte.
Als Abwehrmittel dient alles, was verwendet wird, wobei sich folgende Bezeichnungen eingebürgert haben: lat. servatoria, rettend; griech. apotropaia, Abwehrmittel; phylakteria, Schutzmittel; (pro-)baskania, Tötung durch den Blick (Seligmann, 4).
1) Die Abwehr gegen menschliche Bosheit umfasst vor allem das Unwirksammachen feindlichen Zaubers durch Gegenzauber; Begegnung von Verwünschungen durch Ausspucken oder Anspucken; Abschirmung des > bösen Blickes (Hovarka, 37) durch Ausstrecken des kleinen und des Zeigefingers, > Talismane oder das Klopfen auf die Schulter; Schutz des Eigentums durch Diebesbann, geschriebene Sprüche und Glockengeläute. Ist das Gut bereits gestohlen, versucht man es durch direktes magisches Einwirken auf den Dieb zurückzubekommen.
2) Abwehrriten gegen > Hexen und > Hexer vornehmlich durch Verwendung geweihter Gegenstände wie Weihwasser, Weihrauch und Glockengeläute, Anwendung des > Drudenfußes, Erzeugen von Lärm und symbolhafte Verbrennung der Hexe.
3) Verhinderung der Rückkehr der > Toten und der von ihnen befürchteten Rachehandlungen durch desorientierendes Herumtragen des Leichnams zwecks Verlust der Orientierung, damit der Tote den Heimweg nicht mehr finde (Beth, 12 – 14). Diese Riten gehen auf Denkformen zurück, wo man noch nichts von einer dem Körper gegenüber selbständigen Seele wusste. Auch die Grabbeigaben und das Verbrennen der Leiche sollen eine Rückkehr verhindern. Im christlichen Glauben soll schließlich durch das Gebet die Seelenruhe des Verstorbnen gesichert werden.
4) Entziehung der Kraft und Wirkungsmöglichkeiten der > Dämonen durch übelriechende Stoffe, durch Zaubermittel wie Zettel mit Zauberformeln, Stahl und Stahlgeräte (Beth, 12 – 17), insbesondere aber durch Gebet und religiöse Gegenstände (Katechismus, 1993). 5) Neben den genannten Formen des Abwehrzaubers gibt es auch den Abwehrzauber gegen das > Böse selbst durch Tragen von > Amuletten und in Form zahlreicher Volksriten.

Lit.: Hovorka, O. v.; Kronfeld, A.: Vergleichende Volksmedizin. Bd. 1. Stuttgart, 1908 – 09; Seligmann, Siegfried: Der böse Blick und Verwandtes, Bd. 2. Berlin, 1910. Nachdr.: Hildesheim: Olms, 1985; Beth, Karl: Religion und Magie bei den Naturvölkern. Leipzig, 21927; Katechismus der Katholischen Kirche. München: Oldenburg, 1993; Scholz Williams, Gerhild: Hexen und Herrschaft. Überarb. Ausg. München: Fink, 1998.

Abweichung (engl. deviation, fr. ecart, it. scarto). Die Höhe, in der eine beobachtete Trefferzahl oder eine Durchschnittstrefferzahl bei ASW-Tests von der mittleren Zufallserwartung oder dem zufälligen Durchschnitt abweicht. Eine Abweichung vom Mittelwert kann für eine Serie von Versuchsreihen oder für eine einzige Versuchsreihe erstellt werden.

Lit.: Rhine, J. B.: Parapsychologie. Bern: Francke Verlag, 1962.

Abwesenheitstelepathie bezeichnet den telepathischen Kontakt mit einer Person, die nicht (im selben Raum) anwesend ist. Von A. ist vornehmlich in spiritistischen Sitzungen die Rede, wenn das Medium den Anwesenden völlig Unbekanntes über abwesende Personen mitteilt oder mitzuteilen hat. Während bei Aussagen über Handlungen und Vorstellungen lebender Personen, die nicht anwesend sind, gewisse Kontrollmöglichkeiten bestehen, entziehen sich Aussagen über Handeln und Denken Verstorbener jeglicher Wahrheitsfindung, denn die „Geister“, die sich über ein Medium mitteilen oder von diesem telepathisch kontaktiert werden, liegen außerhalb der empirischen Kontrollmöglichkeit.

Lit.: Moser, Fanny: Der Okkultimus. Täuschungen und Tatsachen. München: Ernst Reinhardt, 1935, S. 543.

Abydos. Hauptort des > Osiriskultes.

Abyss (lat. abyssus), bodenloser Abgrund; bezeichnet in Magie und Kabbala den Abgrund oder die Kluft zwischen dem An-sich-Seienden (dem Geist) und dem Phänomenalen (der Erscheinungswelt).
In der Kabbala ist Abyss der Abgrund zwischen den drei > Sefirot des Göttlichen: > Kether = Krone, > Chokmah = Weisheit sowie > Binah = Verstand, und den sieben Sefirot der äußeren Kräfte. Abyss wird gelegentlich auch mit der so genannten elften Sefira, Da`at = Erkenntnis, gleichgestellt, die nach Binah angesiedelt wird, weil durch Seine Erkenntnis Urtiefen gespalten wurden, wie Spr 3, 19 nach der Torah (Maier, 159) zu verstehen sei: „JHW´´H – durch Weisheit gründete Er Erde, richtete Himmel ein durch Einsichtigkeit, durch Seine Erkenntnis wurden Urtiefen gespalten“. Nach den Vorstellungen der Magie könne diesen Abgrund nur der > Adept überschreiten.
Abyss dient auch als Ausdruck für eine Daseinsbegründung ohne Beziehung, zur Bezeichnung des Zustandes der Welt vor dem Schöpfungsakt und zur poetischen Beschreibung des Totenreiches > Scheol.

Lit.: Maier, Johann: Die Kabbalah. München: Beck, 1995.

ABZ > Außergewöhnliche Bewusstseinszustände.

Abzapfen. Wissens- und Erlebniserwerb durch paranormalen Kontakt mit anwesenden oder abwesenden Personen. Dabei kann sich die betroffene anwesende Person empfindungsmäßig des Abzapfens bewusst werden. Meist handelt es sich hier um reine Mutmaßungen, die jedoch zu Abneigungen führen können. Das Abzapfen abwesender Personen oder von „Geistwesen“ entzieht sich zwar jedweder Kontrollmöglichkeit, kann aber Angst auslösen. > Gedankenabzapfen, > Gedankenlesen, > Abwesenheitstelepathie.

Lit.: Lehmann, Alfred: Aberglaube und Zauberei. Bindlach: Gondrom, 1990.

Abzu > Apsu.