Andreas Resch: Bartolus Longo

BARTOLUS LONGO
(1841-1926)

GRÜNDER DES
HEILIGTUMS VON POMPEI UND DER ANGESCHLOSSENEN KARITATIVEN EINRICHTUNGEN

Selig: 26. Oktober 1980
Fest: 5. Oktober

BARTOLUS LONGO wurde am 11. Februar 1841 als Sohn des Arztes Bartolomäus Longo und der Antonia Luparelli in Latiano, Diözese Oria (Brindisi), Italien, geboren und am 13. Februar auf den Namen Bartholomäus getauft. Er selbst sah dieses Datum als sein eigentliches Geburtsdatum an. Von seinen Eltern christlich erzogen, wurde er mit fünf Jahren in das Königliche Collegium Ferdinandeum der Piaristen nach Francavilla Fontana geschickt, wo er 12 Jahre lang (1846 — 1858) blieb. Nach Beendigung der humanistischen und rhetorischen Studien ging er nicht an die von der antibourbonischen Revolution erschütterte Universität von Neapel, sondern begab sich nach Lecce, wo er sich unter Leitung von Privatlehrern dem Rechtsstudium widmete. Gleichzeitig nahm er Unterricht im Fechten sowie Tanzstunden und gab sich mit besonderem Interesse der Musik hin. Da ihm seine Familie das nötige Geld für Piano und Flöte verweigerte, ernährte er sich ein Jahr lang lediglich von Kartoffeln, was seiner Gesundheit nicht gerade zuträglich war.

Nach dem Anschluss des Königreiches Neapel an Italien wurde das Casati-Gesetz erlassen, welches den Privatunterricht nicht anerkannte. 1863 inskribierte sich Bartolus daher zur Vervollständigung seines Jusstudiums gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Alceste, Student der Medizin, an der Universität von Neapel, wo er am 12. Dezember 1864 promovierte. Der an der Universität herrschende antiklerikale Geist übte einen solchen Einfluss auf Longo aus, dass er sogar an Kundgebungen gegen Papst und Klerus teilnahm. Er entfernte sich von der christlichen Praxis, um sich statt dessen dem damals in Neapel praktizierten Spiritismus mit seinen Tempeln und Riten zuzuwenden. Mit Zeremonien, die den Riten der Katholischen Kirche nachempfunden waren, ließ er sich zum Priester weihen. Nach Hause zurückgekehrt, begann Longo in Lecce als Rechtsanwalt zu arbeiten.

Am 29. Mai 1865 kehrte er dem Spiritismus den Rücken und wandte sich im Juli/August 1867, unter Einfluss von Prof. Vinzenz Pepe und des Dominikaners Albert Radente, wieder dem katholischen Glauben zu, wobei er sich für die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu einsetzte. Aufgrund der Worte des ehrwürdigen Redemptoristenpaters Emanuel Ribera — „Gott will durch Dich große Dinge tun; Du bist für eine hohe Mission bestimmt“ — verzichtete er zweimal auf die Eheschließung. Longo beschloss, seinen Beruf als Rechtsanwalt aufzugeben, legte das Gelübde der Keuschheit ab und zog nach Neapel, wo er sich in das Studium der Philosophie und Theologie vertiefte und sich gleichzeitig noch viel intensiver um Werke der Nächstenliebe und die Katechese in den Ghettos und Spitälern kümmerte. Am 7. Oktober 1871 wurde er DominikanerTerziar. Durch den Besuch der Abendandachten und viele spirituelle Verbindungen lernte er über Vermittlung des seligen Franziskanerpaters Ludwig von Casoria und die ehrwürdige Katharina Volpicelli die Gräfin Marianne Farnararo kennen, Witwe des Grafen Albenzio de Fusco. Diese Begegnung war für Longos Zukunft von entscheidender Bedeutung, wurde er doch zum Erzieher ihrer
Kinder und zum Verwalter der gräflichen Güter in Pompei bestellt. Am 2. Oktober 1872 begab er sich erstmals in das Tal von Pompei. Als er dessen Bewohner völlig sich selbst überlassen antraf, fasste er den Beschluss, sich ihrer Seelen anzunehmen. Eines Tages, auf einem Streifzug durch die Gegend, rief er aus: „Herr, wenn es stimmt, dass Du gesagt hast, dass — wer den Rosenkranz verbreitet — erlöst wird, werde ich dieses Tal nicht eher verlassen, als bis ich dieses Werk vollendet habe.“ In diesem Augenblick läuteten die Mittagsglocken. Er kniete nieder, sprach das Angelusgebet und meinte: „Es ist dies der Wille Gottes.“

Mit Katechismus und Rosenkranz begann Longo seine Arbeit inmitten der verlassenen Menschen der dortigen Talschaft.
Am 12. November 1875 wurde Longo vom Bischof von Nola ersucht, eine Kirche zu errichten, und erhielt von ihm die erste großzügige Spende. Tags darauf brachte er ein auf Leinwand gemaltes und notdürftig restauriertes Bild der Rosenkranzkönigin aus Neapel nach Pompei, welches ihm von Sr. Maria Concetta de Litala geschenkt worden war und das er auf einem Altar der Pfarrkirche aufstellte. Das Bild wurde zunehmend verehrt und es war die Rede von Gebetserhörungen und Wundern. Eine größere Kirche war angesagt, für deren Bau sich Longo einsetzte und die das heutige Heiligtum darstellt; die Grundsteinlegung erfolgte am 8. Mai 1876.

Die Sammlung der dafür notwendigen Mittel — „ein Soldo pro Monat“ — wurde in Pompei vom Pfarrer und in Neapel von Longo und der Gräfin durchgeführt.

Inzwischen begann der Selige im August 1877 mit der Veröffentlichung von 1 quindici sabati (Die 15 Samstage); 1883 verfasste er die berühmte, auch heute noch überall auf der Welt gebetete Supplica alla Madonna di Pompei (Anrufung der Madonna von Pompei), und 1884 erschien die erste Nummer der Zeitschrift II Rosario e la Nuova Pompei (Der Rosenkranz und das neue Pompei), die schon bald eine Auflage von 100.000 Exemplaren erreichte.

Die enge Zusammenarbeit mit der Gräfin provozierte aber auch Gerüchte. Um den Verleumdungen, die das begonnene Werk zu behindern drohten, ein Ende zu setzen, gingen Bartolus Longo und die Gräfin am 1. April 1885, auch auf Empfehlung von Papst Leo XIII., der sie in einer Sonderaudienz empfangen hatte, die Ehe ein mit dem Vorsatz, wie bisher als gute Freunde zu leben.

Rund um das Heiligtum wollte Longo, gleichsam als Krönung, eine Reihe karitativer Einrichtungen schaffen. So gründete er 1887, dem Weihejahr des Hochaltares, ein Waisenhaus für Mädchen und 1891 ein Hospiz für die Kinder von Strafgefangenen, womit er jene falsche Theorie widerlegte, die jedes Bemühen um die Ausbildung armer Kinder als unnütz erachtete. So schrieb er bei der Aufnahme des ersten Kindes am 28. Mai 1892: „Jesus versammelte die Kleinen um sich, ohne vorher auszuwählen. Und so mache ich es auch. Wenn ich diese Kinder von Gefangenen aufnehme, schaue ich ihnen weder ins Gesicht noch auf den Kopf. Für mich zählt nur, dass sie verstoßen und verlassen sind. Das genügt mir: ich drücke sie ans Herz und beginne mit der Erziehung.“

Im Jahre 1893 bot er Leo XIII., der dem Heiligtum bereits 1890 einen Kardinalprotektor zugewiesen hatte, den Besitz des Heiligtums mit allen pompeianischen Einrichtungen an. Mit dem Breve „Qua Providentia“ vom 13. März 1894 nahm dieser das Angebot an und unterstellte das Heiligtum der direkten Jurisdiktion des Hl. Stuhls, mit dem Ehepaar Longo als Verwalter auf Lebenszeit.

Gleichzeitig engagierte sich Longo, nicht zuletzt auf Anraten des ehrwürdigen Redemptoristenpaters Josef Maria Leo, der 18 Jahre lang sein Spiritual war, und dessen Mitbruders Pater Anton Losito mit Feuereifer für die Bildung einer großen Bewegung, um die dogmatische Definition der Aufnahme Mariens in den Himmel voranzutreiben. In diesem Zusammenhang gründete er am 12. Mai 1897 die Kongregation der Töchter vom hl. Rosenkranz von Pompei, die dem Dominikanerorden angeschlossen wurde, der mit P. Marian Rossi und, nach dessen Tod, mit P. Cecchini, auch den Rektor des Heiligtums stellte. Den Schwestern wurden die Waisen anvertraut, während die Kinder der Gefangenen zuerst zu den Piaristen und ab 1907 zu den Christlichen Schulbrüdern kamen. Die von Bartolus Longo vorgegebenen Direktiven waren: Religion, Arbeit, Schule.

1906 verzichtete er auch auf die ihm von Leo XIII. übertragene Administration und, nachdem er von allem frei war, stimmte er sein Dankeslied auf die Mutter Gottes, seine Waisenkinder, Wohltäter und überhaupt auf alle an und präsentierte sich in seinem Haus als einfacher Angestellter mit einem bescheidenen Gehalt, mit dem er und die getreue Gräfin das Auslangen fanden.

Wie es bei allen Werken Gottes der Fall ist, so hatte auch Bartolus Longo mit dem Unverständnis der Freunde und dem Neid der Feinde seine liebe Not. Man nannte ihn einen Verrückten, einen Betrüger und sogar einen Dieb. Zu diesen Schmähungen gesellten sich noch physische Beschwerden, die jedoch seine tägliche und oft auch nächtliche Arbeit nicht beeinträchtigten. Am 30. Mai 1925, anlässlich der Verleihung der Insignien des Großkreuzritters vom Hl. Grab durch den päpstlichen Legaten, wandte er sich am Ende seiner Dankesrede an den Kardinal mit den Worten: „Euer Eminenz, Euch, der Ihr das Oberhaupt des Heiligtums und der von mir gegründeten Werke seid, überlasse ich meine Gebeine mit der Bitte, sie im Heiligtum zu Füßen des großen Thrones meiner geliebten Königin, der ich über 50 Jahre gedient habe, ruhen zu lassen.“
Im darauffolgenden Jahr, am 5. Oktober 1926, starb Longo im Alter von 85 Jahren mit dem Kreuz in der rechten und dem Rosenkranz zwischen den Fingern der linken Hand.

Sein Leichnam wurde seinem Wunsch entsprechend in der Basilika unter dem Thron der Himmelskönigin bestattet.

Am 26. Oktober 1980 wurde Bartolus Longo von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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