Andreas Resch: Augustin Roscelli

AUGUSTIN ROSCELLI
(1818-1902)

PRIESTER UND GRÜNDER
DES INSTITUTS DER
SCHWESTERN
DER IMMACULATA

Heilig: 10. Juni 2001
Fest: 7. Mai

AUGUSTIN ROSCELLIi wurde am 27. Juli 1818 als Sohn von Domenico Roscelli und Maria Granelli in Bargone di Casarza Ligure, Provinz Genua/Diözese Chiavari, Italien, geboren und noch am gleichen Tag zu Hau­se notgetauft. Am 30. Juli folgte die offizielle Taufe in der Pfarrkirche. Die Eltern, die in der Landwirtschaft tätig waren und noch fünf weitere Kinder hatten, zogen ihn schon früh zum Viehhüten und zu leichter Feldarbeit heran.

Nachdem Augustin am 24. November 1833 das Sakrament der Firmung empfangen hatte – das Datum der Erstkommunion ist nicht bekannt – , überredete der Pfarrer die Eltern, ihn wegen seiner guten Veranlagung und seiner jugendlichen Ernsthaftigkeit doch einen Kurs belegen zu lassen, den er persönlich leiten wollte. Als die Eltern fest­stellten, dass Augustin wiederholt den Wunsch äußerte, Priester zu werden, gaben sie schließlich nach und schickten ihn 1834 zur Taufpatin seines Bruders Domenico nach Genua, damit er dort die vorbereitenden Studien für das Semi­nar aufnehme.

Zu der Zeit trat der hl. Antonius Maria Gianelli (1789-1846), damals Pfarrer von Chiavari und später Bischof von Bobbio, in sein Leben, eine he­rausragende Gestalt in der ligurischen Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts. Anlässlich einer seiner berühmten Volksmissionen in Bargone im Mai 1835 unter Mitarbeit der von ihm in Chiavari eingesetzten Redemp­toristen fiel ihm Roscelli unter den Teilnehmern auf und er begann sich für ihn zu interessieren. Nachdem er erfahren hatte, dass Roscellis Rückkehr nach Ge­nua aus finanziellen Gründen ungewiss war, verschaffte er ihm eine Stelle als Sakristan in der Kirche des Mädchenpensionats der Töchter des hl. Josef von Genua, deren Beichtvater Gianelli gewesen war.

1838, im Alter von 20 Jahren, musste Roscelli zum Militärdienst, der im savoyischen Reich nur einige Monate dauerte, wenngleich man dann für mehrere Jahre auf Abruf bereit sein musste. Nach Abschied vom Militärdienst setzte Roscelli seine Studien fort, soweit ihm dies von seiner Beschäftigung her möglich war, weil er sich für seinen Lebensunterhalt das Nötigste verdienen musste. So wurde er 1843 im Jesuitenkolleg als Präfekt angestellt und war ab Oktober des Jahres gleichzeitig als Externer regulär für den Theologiekurs im Erzbischöflichen Seminar von Genua eingeschrieben, wo er schon bald einer der ernsthaftesten und eifrigsten Schüler wurde. Dies ging so weiter bis 1846, als er zur spirituellen Unterstützung des jungen Klerus in die von Giuseppe Frassinetti gegründete Kongregation des Seligen Leonardo da Portomaurizio eintrat sowie in die Kongregation des hl. Raphael, die im Seminar eingeführt wurde, um die Frömmigkeit der Kleriker zu wahren und zu stär­ken.

Am 20. September 1845 wurde Roscelli zum Subdiakon geweiht. Hinsicht­lich der für den Erhalt der höheren Weihen kirchlich vorgeschriebenen Mit­gift unterstützten ihn seine beiden Nichten. Am 19. September 1846 folgte die Priesterweihe und im Oktober desselben Jahres trat er seine Stelle als Pfarrvikar in San Martino d’Albaro an, einem ländlichen Bezirk vor den Toren Genuas, wo er acht Jahre lang ein intensives Apostolat betrieb. 1854 wurde Roscelli der Pfarrkirche vom Trost zugeteilt, wo er durch stunden­langes Beichthören viele Menschen wieder mit Gott versöhnen konnte. Im Beichtstuhl erhielt er auch konkrete Kenntnis von der tatsächlichen Situation, in der sich viele junge Menschen befanden, die der Arbeit wegen in die Stadt kamen und sich oft von unredlichen Personen verleiten ließen.

Aus diesem Grund erklärte sich Roscelli 1855 zur Zusammenarbeit mit dem Priester Francesco Montebruno bereit, der sich darum bemühte, armen, alleingelassenen und verwahrlosten Jugendlichen zu helfen, um sie von der Straße weg zu holen und ehrlicher Arbeit zuzuführen. Zu die­sem Zweck übersiedelte Roscelli in das Haus eines seiner Brüder nach Genua, bis er 1860 in dem von Montebruno gegründeten Institut für junge Handwerker Quartier bezog, mit der Aufgabenstellung, den Katechismus zu unterrichten, die Jugendlichen zu unterstützen und sich um die Verwaltung zu kümmern. Diese Tätigkeit übte er bis 1898 aus und wird von seinem ersten Biografen folgendermaßen beschrieben:
„Es war dies wirklich ein verborgenes, mühsames und mit vielen Opfern behaftetes Apostolat und um so wertvoller, als es sich völlig am moralischen Beistand, der religiösen Unterweisung, der Umerziehung der jungen Seelen orientierte, auf die viele mit einer gewissen Abscheu, Angst und mit Argwohn blickten und die nur die Liebe Christi, das Vertrauen und die Opferbereitschaft von Menschen, welche sich ihrer Sache verschrieben hatten, aus der Hinterlist des Bösen befreien und wieder in Kirche, Familie und Gesellschaft zurückführen konnten.“

Tatsächlich hatte Roscelli eine ausgesprochene Vorliebe für die Jugendseelsorge, kannte er doch das extreme Bedürfnis der jungen Leute nach – vor allem moralischem und religiösem – Beistand. Das Zentrum seiner priesterlichen Tätigkeit war jedoch die Kirche vom Trost, wo er sich ob seiner unermüdlichen Seelenführung, der er sich ungefähr 40 Jahre lang widmete, schon bald den Ruhm eines „heiligen Beichtvaters“ erwarb. Im Beichtstuhl reifte auch die Idee, ein Werk zur Unterstützung der weiblichen Jugend zu realisieren, um diese vor den Gefahren der beginnenden Industriegesellschaft zu bewah­ren. Zur Umsetzung dieses Vorhabens benötigte er allerdings die Mitarbeit tüchtiger Frauen. Die vielen Stunden im Beichtstuhl hatten ihm Gelegenheit zur Bekanntschaft mit einigen hochherzigen und gut ausgebildeten Personen gegeben. Mit drei von ihnen, Ursula Beni, Theresa Gaggero und Katharina Sommaria, die den Töchtern Mariens angehörten, eröffnete er Anfang 1864 ein Haus mit Arbeitsstätten, das er ihrer Leitung unterstellte. Es wurden dort Mädchen aufgenommen, die nach Abschluss der Pflichtschule eine geeig­nete Beschäftigung suchten. In diesem Haus trafen sie auf Meisterinnen ihres Faches, die sie in die Kunst des Nähens einführten; vor allem aber erhielten sie Religionsunterricht und wurden auf ein solides christliches Leben vorbereitet. Die Initiative fand großen Anklang und die Familien schickten ihre Kinder als Interne oder Externe. Fromme Personen trugen durch Ermunterung und materielle Hilfe das Ihre dazu bei. Schon bald wurde diese erste Haus zu klein, um den vielen Nachfragen gerecht zu werden, und so musste man 1868, unweit der Kirche vom Trost, ein zweites Haus eröffnen, das zum charismatischen Zentrum von Roscellis spiritueller Führung wurde.

Während sich die kombinierten Wohn- und Arbeitsstätten beharrlich entwickelten, plädierten die frommen Frauen zielstrebig für eine Umwandlung der beiden Häuser in ein religiöses Institut, das der moralischen, intellektuellen und beruflichen Ausbildung mittelloser, alleinste­hender junger Frauen dienen sollte. 1872 traf Roscelli mit dem Erzbischof von Genua zusammen, der ihn zur Gründung einer religiösen Kongregation ermutigte. Roscelli aber, der es stets vorgezogen hatte, im Schatten zu bleiben, glaubte nicht an seine Bestimmung als Ordensgründer. Und so folgte er 1874, nachdem auf­grund eines Wechselbades von Hoffnung und Enttäuschung seine Gewissheit, auf beständige menschliche Hilfe zählen zu können, zunehmend geschwun­den war, der Einladung, die Stelle eines Kaplans im Hospiz der verlassenen Kinder anzutreten, wo er über 22 Jahre ein und ausging, um die armen Neugeborenen zu taufen und den unglücklichen Müttern die Beichte abzunehmen.

Der Druck, ein Institut zu gründen, wurde unterdessen nicht geringer und so gab er schließlich nach und teilte sein Vorhaben, eine religiöse Gemeinschaft ins Leben zu rufen, im Juni 1875 Pius IX. mit, der ihn mit seinem persönlichen Segen und einer Spende von 100 Lire dazu ermutigte. Am 15. Oktober 1876 kam es zur Institutsgründung, wobei Roscelli den Grund für die Errichtung eines Hauses erwarb, in dem die beiden Arbeitsstätten und die Lehrkräfte (mittler­weile acht) untergebracht werden sollten. Am 22. Oktober über­gab er das zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis in hellem Blau gehaltene Ordenskleid an die ersten sechs Schwestern, welche die Gelübde ablegten, und nannte sie Schwestern der Immaculata. Ihr vorrangiger Zweck sollte die religiöse Unterweisung und Ausbildung der jungen Mädchen sein, um ihnen so die Möglichkeit zu geben, sich auf ehrliche Weise den Lebensunterhalt zu verdienen. Schon bald traten die ersten Pos­tulantinnen in die Kommunität ein, und am 1. Januar 1877 wurde das erste Generalkapitel abgehalten.

Nach der Gründung wechselte Roscelli endgültig von den Werkstätten von Montebruno zu den Schwestern, denen er 26 Jahre lang Vaterfigur, Lehr­meister und Spiritual war. 1881 schrieb er die Konstitutionen, die 1891 die diözesane Approbation erhielten. 1894 stellte er das Direktorium zusammen. Zwischen 1882 und 1896 eröffnete er mindestens fünfzehn Häuser.

In den letzten Jahren seines Lebens, in denen er an einer Reihe ernsthafter Erkrankungen litt, war Roscelli darauf bedacht, sein Institut durch Gebet, Beispiel und das Wort zu vervollkommnen. 1896 erblindete er fast vollständig und war gezwungen, auf alle äußeren Tätigkeiten zu verzichten, um sich ganz den Schwestern und deren Schülerinnen zu widmen. 1898 eröffnete er das Generalatshaus der Schwestern der Immaculata, wohin er, mittlerweile schwer krank und völlig blind, sein Domizil verlegte, wenngleich er weiterhin das von ihm ge­gründete Institut leitete. Vier Jahre später, am 7. Mai 1902, nachdem ihm auf eigenen Wunsch die Krankensalbung gespendet worden war, entschlief Roscelli in Frieden. Das Institut zählte zu dem Zeitpunkt 23 Häuser.

Er wurde auf dem Friedhof von Staglieno beerdigt. 1926 wurden seine sterblichen Überreste in das damalige Generalatshaus in der Via Lavinia überführt, um dann 1941 endgültig im neuen Haus in der Via Parini, 4, Genua, Italien, beigesetzt zu werden.

Am 10. Juni 2001 wurde Augustin Roscelli von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, nachdem er ihn am 7. Mai 1995 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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