ANTONIUS PRIMALDO
und 800 Gefährten
† 14. August 1480
Märtyrer von Otranto
Heilig: 12. Mai 2013
Fest: 14. August
Am 14. August 1480 wurden 800 Bewohner der süditalienischen Stadt Otranto aufgrund ihrer Weigerung, zum Islam überzutreten, von den Osmanen unter Führung von Gedik Ahmet Pascha getötet.
Es war der 18. Juli 1480, als eine Flotte von ca. 150 Schiffen von Valona kommend (im heutigen Albanien, das damals zum Osmanischen Reich gehörte) an der apulischen Küste in der Nähe der Alimini Seen und nur wenige Kilometer von Otranto entfernt anlegte und ein Heer von geschätzt 18.000 Mann an Land setzte. Der Ort wird heute Baia dei Turchi (Türken-Bucht) genannt. Die Soldaten standen unter dem Kommando von Gedik, der auf Geheiß des türkischen Sultans Mohammed II., genannt Fātih, der Eroberer, agierte. Dieser hatte am 29. Mai 1453, im Alter von 21 Jahren, durch die Einnahme Konstantinopels das Ende des Byzantinischen Reiches heraufbeschworen und richtete von da an seinen Blick gen Westen.
Die Türken forderten die Übergabe Otrantos, doch warfen – so erzählt man sich – die Anführer des Volkes, ein gewisser Francesco Zurlo und Antonio de Falconi, zum Zeichen der Verweigerung und Geringschätzung die Schlüssel der Stadt ins Meer. Man hoffte auf den Beistand des Königs von Neapel, Ferdinand von Aragon, an den man Boten geschickt hatte. Die Bewohner Otrantos verließen die Vorstadt und zogen sich innerhalb der Mauern der Zitadelle zurück. Zwei Wochen lang (von 29. Juli bis 11. August) wurde diese vom Land her und vom Meer aus durch riesige (noch sichtbare) Steinbrocken aus den Schleudermaschinen der Türken unter Beschuss genommen. Die Stadt hielt den Attacken mutig stand, doch auf Dauer konnten sich die 6.000 Einwohner gegen die Bombardements nicht zur Wehr setzen. Am 29. Juli gaben die Garnison und sämtliche Bewohner die Vorstadt auf und zogen sich in die Zitadelle zurück, während die Türken mit ihren Raubzügen nun auch im Umland begannen.
Als Gedik die Verteidiger zur Kapitulation aufforderte, weigerten sich diese, woraufhin die türkische Artillerie die Bombardements wieder aufnahm. Nach zwei Wochen Belagerung gab Gedik am 11. August den Auftrag zum entscheidenden Angriff, bei dem es ihm gelang, die Verteidigungslinien zu durchbrechen und auch die Festung einzunehmen. Überlebende und Klerus waren in die Kathedrale geflüchtet, um dort gemeinsam mit Erzbischof Stefano Pendinelli zu beten. Gedik forderte sie auf, dem christlichen Glauben abzuschwören. Die Antwort war ein klares Nein, sodass er mit seinen Männern in die Kathedrale eindrang und die dort Anwesenden gefangen nahm. Sie wurden alle umgebracht und die Kirche zum Zeichen der Verachtung in einen Pferdestall umfunktioniert.
Besonders barbarisch war die Ermordung des alten Erzbischofs Stefano Pendinelli, der die Überlebenden dazu anhielt, sich im Augenblick des Todes dem Herrn zu empfehlen. Er wurde durch Säbelhiebe verwundet und dann mit dem Krummsäbel in Stücke gehauen. Sein abgeschlagenes Haupt wurde auf eine Pike gespießt und durch die Straßen der Stadt getragen. Francesco Largo, den Kommandanten der Garnison, zersägte man bei lebendigem Leib.
Bei dem anschließenden Massaker wurden alle männlichen Bewohner über 15 Jahren getötet, Frauen und Kinder versklavt. Historischen Rekonstruktionen zufolge belief sich die Zahl der Todesopfer insgesamt auf 12.000 und jene der in die Sklaverei Verschleppten auf 5.000, eingeschlossen die Opfer der um die Stadt liegenden Halbinsel. Das erste Gemetzel hatten 813 Personen überlebt.
Unter den Bewohnern von Otranto, die eine Bekehrung zum Islam am 12. August abgelehnt hatten, befand sich auch der Schneider Antonio Pezzulla, genannt „Primaldo“.
Am 14. August ließ Gedik die Überlebenden fesseln und auf den nahe gelegenen Hügel der Minerva schleppen, wo sie aufgefordert wurden, dem christlichen Glauben abzuschwören und so ihr Leben zu retten. Sie weigerten sich und folgten damit dem Beispiel Primaldos, der als Erster enthauptet wurde, nachdem er seine Mitbürger dazu ermahnt hatte, ihren Glauben zu verteidigen. Gedik ließ mindestens 800 Personen enthaupten und deren Angehörige wurden gezwungen, den Hinrichtungen beizuwohnen. Die Chroniken berichten, dass der kopflose Körper Primaldos aufrecht stehen blieb, bis der letzte Otrantiner gemartert war – ungeachtet der Anstrengungen seiner Henker, ihn über den Haufen zu werfen.
Bemerkenswert ist, dass außer dem alten Primaldo keiner besonders hervorsticht. Allerdings erzählen die Chroniken, dass während des Massakers ein gewisser Bersabei, ein Türke, zum Christentum konvertierte, als er sah, wie die Otrantiner für ihren Glauben ihr Leben hingaben. Er schwor dem Islam öffentlich ab und wurde daraufhin von seinen Gefährten gepfählt.
Hinsichtlich des Martyriums der 813 Bewohner Otrantos erinnert man sich auch an den heroischen Tod um des Glaubens willen des Basilianermönchs Makarius Nachira, der einer alten Adelsfamilie aus Viggiano (heute Uggiano la Chiesa) entstammte.
Der Widerstand Otrantos erlaubte die Formierung eines christlichen Heeres aus Aragoniern und päpstlichen Truppen, denen sich einige Einheiten aus anderen Staaten anschlossen. Die Situation entspannte sich am 10. September 1481 mit dem Rückzug der Türken – nicht zuletzt befördert durch das zwischenzeitliche Ableben des Sultans am 3. Mai 1481, was innere Zwistigkeiten um dessen Nachfolge auslöste.
Die Leichen der 800 Gemarterten blieben auf der Anhöhe verstreut liegen. Nach der Vertreibung der Türken wurden die Körper am 13. Oktober 1481 noch unverwest vorgefunden. Die meisten von ihnen fanden ihre letzte Ruhestätte in der Krypta der Kathedrale. Etwa 250 Leichen ließ der König in die Kirche der hl. Maria Magdalena nach Neapel bringen, die dann „Märtyrerkirche“ genannt wurde. Von dort wurden sie in die Kirche der hl. Katharina nach Formiello übertragen und unter dem Altar der Rosenkranzmadonna beigesetzt (welche an den endgültigen Sieg der christlichen Truppen über die Türken in der berühmten Schlacht von Lepanto 1571 erinnert). Anschließend kamen die sterblichen Überreste in die von Papst Benedikt XIII. eingeweihte Reliquienkapelle und wurden 1901 unter den Altar verlegt, wo sie heute noch ruhen. Eine zwischen 2002 und 2003 durchgeführte recognitio canonica, eine Erhebung der Gebeine, bestätigte ihre Authentizität.
1539 leitete Erzbischof Pietro Antonio de Capua für die 800 Märtyrer von Otranto das Seligsprechungsverfahren ein, währenddessen das Volk sie vor allem während der Belagerungen 1537 und 1644 als schützende Fürsprecher anrief. Am 14. Dezember 1771 wurden die Märtyrer schließlich von Papst Klemens XIV. seliggesprochen und ihr Kult damit autorisiert.
Seit 1711 werden die Gebeine der Gemarterten in sieben Reliquiaren in der Kathedrale von Otranto aufbewahrt. Einige Körperreste, die nach über 500 Jahren immer noch unverwest sind, lagern in kleinen Schränken. Unter dem Altar befindet sich der für die Enthauptung verwendete Richtblock.
1888 machte Erzbischof Francesco Bressi, Metropolit von Otranto und apostolischer Administrator von Bovino, einen Teil der Reliquien dem Heiligtum Santa Maria di Valleverde in Bovino zum Geschenk. Dort befinden sie sich gegenwärtig in der Krypta der neuen Basilika in einer von dem Künstler Pasquale Garofalo aus Bovino gefertigten Alabaster-Urne anstelle der schon etwas in die Jahre gekommenen alten Holzurne.
Reliquien der heiligen Märtyrer werden an vielen Orten Apuliens verehrt, vor allem in Salento, außerdem in Neapel, Venedig, Mailand und ebenso in Tours in Frankreich sowie in Spanien.
Ein Zeugnis aus dem Seligsprechungsprozess weist auf die beiden oben genannten Belagerungen hin: „Das eine wie das andere Mal tauchten auf den Mauern und am Strand Heerscharen von Bewaffneten (die Märtyrer) auf, bei deren Anblick sich die verdutzten Angreifer sofort entfernten.“
Im Blick auf eine mögliche Heiligsprechung auf Ansuchen der Erzdiözese Otranto wurde der Prozess neu aufgerollt, wobei die Beschlüsse aus dem früheren Verfahren voll inhaltlich bestätigt wurden. Am 6. Juli 2007 erließ Papst Benedikt XVI. ein Dekret zur Anerkennung des Martyriums von Antonio Primaldo und seiner Gefährten, die „aus Glaubenshass“ ihr Leben lassen mussten. Anlässlich einer Privataudienz mit dem Präfekten der Heiligsprechungskongregation, Kardinal Angelo Amato, ermächtigte der Pontifex die Kongregation, am 20. Dezember 2012 das Dekret über das Wunder der Heilung der Ordensschwester Francesca Levoto zu verkünden, das der Fürbitte des Seligen Antonio Primaldo und seiner Gefährten zugeschrieben wird.
Nachdem Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 seinen Rücktritt angekündigt hatte, wurden die Märtyrer von Otranto am 12. Mai 2013 von Papst Franziskus heiliggesprochen.