Andreas Resch: Anton Julian Nowowiejski und 107 Gefährten


ANTON JULIAN NOWOWIEJSKI

ERZBISCHOF VON PŁOCK

und 107 GEFÄHRTEN

POLNISCHE MÄRTYRER
DES II. WELTKRIEGS

Selig: 13. Juni 1999
Fest: Tag des Martyriums

Die 108 polnischen Märtyrer waren Opfer der Verfolgung der Kirche in Polen in den Jahren 1939-1945 von Seiten der Nazis. Die große Zahl dieser Märtyrer besteht im Wesentlichen aus vier Gruppen, unterschieden durch ihren Lebensstand: Bischöfe, Diözesanklerus, Ordensleute und Laien. Von ihnen waren 3 Bischöfe, 52 Priester und 3 Seminaristen aus 18 Diözesen und dem Militär-Ordinariat, 26 Priester, 7 Profess-Brüder und 8 Schwestern aus 22 Ordengemeinschaften, sowie 9 Laien.
Was hingegen die geografische Verteilung des Hasses gegen den Glauben anbelangt, so stehen an erster Stelle der Institutionen die Konzentrations- bzw. Vernichtungslager, wo sich in völliger Abschottung sowohl von der deutschen als auch der weltweiten öffentlichen Meinung vor allem der gegen den polnischen Klerus gerichteteGlaubenshass hemmungslos ausbreiten konnte. Das bezeugt die Zahlihrer Opfer im Umfang von 107 Seligen: Dachau – 46, Auschwitz/Oswiecim – 13, Sachsenhausen – 5, Stutthof – 3.
Diese Größenordnung ist die Folge der Tatsache, dass Priester die Hauptsubjekte „des Glaubenshasses“ seitens des Nationalsozialismus Hitlers waren, für den die Stimme der katholischen Kirche bei der Heranerziehung des Menschen frei von jeder übernatürlichen Perspektive das größte Hindernis darstellte.
Da es nicht möglich ist, jedes einzelne Martyrium zu beschreiben, sollen zumindest folgende Personen als Repräsentanten der vier Gruppen Erwähnung finden:

Erzbischof ANTON JULIAN NOWOWIEJSKI (1858-1941), Oberhirte von Płock, war ein bedeutender Professor für Liturgie, Historiker und Förderer der kirchlichen Studien in Polen, die nach der Teilung wieder aufgenommen wurden, und ein eifriger Seelsorger. Er wurde 1940 zusammen mit einer Gruppe von Ordensleuten aus Płock verhaftet und in das Konzentrationslager von Działdowo deportiert. Es hatte den Anschein, als wollten sich die Lageraufseher bei der Demütigung des 83-Jährigen geradezu überbieten. Man braucht dabei nur an die für bestimmte Gefangene vorgesehene „Gymnastik“ zu denken, bei der diese, ihrer Kleider vollkommen entledigt, unter Stockschlägen laufen mussten. Nowowiejski wurde malträtiert, weil er sich geweigert hatte, sein Bischofskreuz, das die deutschen Soldaten in den Schlamm geworfen hatten, mit Füßen zu treten. Während der Torturen segnete er die anderen, die ebenso gepeinigt wurden wie er, und forderte sie auf, das Ganze als den Willen Gottes anzunehmen. Er starb am 28. Mai 1941 im Konzentrationslager als Folge ständiger und ausgeklügelter Misshandlungen.

Der Priester HEINRICH KACZOROWSKI (1888-1942), Rektor des Großen Seminars von Włocławek, ein Mann der Wissenschaft und der Güte sowie ein eifriger Ausbilder von Priestern, wurde 1939 gefangen genommen und blieb seiner heroischen Mission bis zum Ende treu. Nachdem er am 6. Mai 1942 mit dem sogenannten Invalidentransport nach Dachau gelangt war, fand er in der Gaskammer den Tod. Zeugen behielten eine sehr bedeutsame Episode der letzten Minuten im Konzentrationslager in Erinnerung. P. Kaczorowski machte sich eine momentane Ablenkung der Wächter zunutze, näherte sich dem Stacheldrahtzaun, wo sich eine Gruppe entmutigter Gefangener befand, und sagte zu einem von ihnen: „Du musst allen sagen, dass sie sich um uns nicht sorgen sollen! Wir machen uns keine Illusionen, wir wissen, was uns erwartet.“ Und er wiederholte die Worte von Psalm 22, die er so oft im Munde führte: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen!“ Er fuhr fort: „Nehmen wir von Gott alles an, was uns zufällt! Betet für uns, damit unser Widerstand nicht nachlasse; auch wir werden für euch beten, da oben“, und er wies mit der Hand zum Himmel.

ANICET KOPLIŃSKI (1875-1941), Kapuzinerpater und Apostel der Barmherzigkeit von Warschau, war schon zu Lebzeiten vom Ruf der Heiligkeit umgeben. Nach seiner Verhaftung 1941 machte er keinen Versuch, sich durch Geltendmachen seiner deutschen Herkunft zu retten; er fand sein Ende in der Gaskammer von Auschwitz. Seinen gefangenen Mitbrüdern gegenüber wiederholte er immer wieder: „Wir müssen diesen bitteren Kelch bis zur Neige leeren!“

MARIA CLEMENZA STARZEWSKA (1890-1943), Ursuline, wurde am 26. Januar 1943 verhaftet, weil sie hebräischen Mädchen Unterkunft gewährt hatte, und nach Auschwitz gebracht, wo sie infolge von Misshandlungen und Krankheiten starb.

MARIA BIERNACKA (1888-1943), Laiin, eine einfache und edelmütige Frau, opferte in einer Gefühlsaufwallung ihr Leben, um die Hinrichtung ihrer schwangeren Schwiegertochter abzuwenden, und rettete so auch das Leben des Kindes, das bald darauf das Licht der Welt erblickte. Sie wurde am 13. Juli 1943 in Naumowicze bei Grodno erschossen.

Die genannten fünf Personen stehen in gewissem Sinne an der Spitze jener großen Gruppe von Glaubenszeugen, die unter verschiedenen Umständen und an unterschiedlichen Orten entweder unmittelbar oder nach Misshandlungen im Gefängnis „in odium fidei“ hingerichtet wurden.

Die sterblichen Überreste der 108 Märtyrer blieben zum Großteil in den betreffenden Vernichtungslagern verstreut.
Am 13. Juni 1999 wurden Anton Julian Nowowiejski und seine 107 Gefährten von Papst Johannes Paul II. in Warschau, Polen, seliggesprochen.

Eine tabellarische Auflistung der einzelnen Märtyrer mit Angabe der Lebensdaten, der Zugehörigkeit zu Diözese oder Ordensgemeinschaft sowie Daten und Umstände des Martyriums findet sich in Band 4 der Schriftenreihe „Selige und Heilige Johannes Pauls II.“. Im gegebenen Rahmen sind die umfassenden Angaben aus Darstellungsgründen nicht möglich. Daher sei auf das Buch verwiesen.

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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