ANTON LUCCI
(1682-1752)
BISCHOF VON BOVINO
AUS DEM ORDEN DER FRANZISKANER-MINORITEN
Selig: 18. Juni 1989
Fest: 25. Juli
ANTON LUCCI, Bischof von Bovino, aus dem Orden der Franziskaner-Minoriten, wurde am 2. August 1682 in Agnone, Diözese Trivento/Molise, Italien, geboren und am darauf folgenden Tag auf den Namen Angelo Nikolausgetauft. Die Kindheit verbrachte er im Schoß der Familie, die von einem tiefen Glauben und beispielhafter christlicher Gesinnung getragen war. Seine Eltern Franziskus Lucci und Angela PaulAnton, die den Kleinen zu einem soliden und anspruchsvollen Leben erzogen, waren vorbildliche Christen. Nach dem Tod des Vaters am 12. März 1694 erhielt Angelo Nicola, den man im Ort als aufrichtigen und talentierten Jungen schätzte, Privatunterricht. Seine Lehrmeister waren ein Weltpriester sowie Zölestinermönche.
Drei Jahre lang besuchte er Schule und Kirche der Franziskaner-Minoriten. In dieser Zeit wurde er von einem Ordensangehörigen geistlich begleitet, der ihn in den verschiedensten Disziplinen unterwies und ihm vor allem die religiösen Werte und Pflichten näher brachte. Gleichzeitig fühlte er sich immer stärker zu einem religiösen Leben berufen und hegte den Wunsch, bei den Franziskaner-Minoriten einzutreten.
Mit 15 Jahren fand er Aufnahme bei den Franziskaner-Minoriten der Ordensprovinz S. Angelo, die damals den Molise und die Capitanata umfasste. Am 6. Februar 1697 begann er im Kloster von Isernia das Noviziat, wurde eingekleidet und nahm den Namen Anton an. Diese Zeit der Vorbereitung war für ihn mit großen Freuden verbunden. Seine Biografen berichten, dass er sich von Anfang an durch besonderen Gehorsam auszeichnete. Nach Beendigung des Noviziats, im August 1698, legte er die Ordensgelübde ab. Seine Philosophie- und Theologiestudien setzte er in der Folge in den Klöstern von Venafro, Alvito, Aversa, Agnone und schließlich Assisi fort, wo er am 19. September 1705 zum Priester geweiht wurde.
Im dritten Theologie-Jahr schickte man ihn nach Rom, um den „Religionswettbewerb“ zu absolvieren, d. h. vor der Zulassung zum Doktoratsstudium die theologische Reifeprüfung abzulegen. Im Herbst 1706 begann er das erste Jahr der dreijährigen akademischen Fortbildung des Studium generale in Assisi. Von dort aus wurde er nach Agnone entsandt mit dem Auftrag, die Leitung des dortigen Studienkollegs zu übernehmen; sein Aufenthalt in Agnone währte von 1707 bis 1709. Nach zwei Jahren Unterricht promovierte er im Juni 1709 in Theologie. Im Anschluss daran schickte man ihn nach Neapel, wo er sich im Rahmen des Studium generale im Kloster S. Lorenzo mit großem Einsatz dem Theologieunterricht widmete. Außerdem war er ein gesuchter Prediger und auch bei den Armen sehr geschätzt, für die er stets ein offenes Ohr hatte.
Luccis außergewöhnliche Fähigkeiten blieben den Mitbrüdern nicht verborgen. So wurde er am 8. Februar 1718 zum Provinzialminister der Provinz Sant‘Angelo ernannt, 1719 aber als Regens des berühmten Kollegs des hl. Bonaventura, das 1587 von Sixtus V. errichtet worden war, nach Rom berufen, weshalb er sein Provinzialat unterbrechen musste. Der Ruf seiner Weisheit und theologischen wie juristischen Gelehrtheit fand unter den römischen Gläubigen bis hin zur Päpstlichen Kurie rasche Verbreitung. Papst Benedikt XIII. ernannte ihn zum Theologen der Lateransynode, die 1725 für die italienischen Bischöfe einberufen wurde, sowie zum römischen Theologen und zum Konsultor der Obersten Generalinquisition. Derselbe Papst ernannte ihn 1729 zum Bischof von Bovino und wollte selbst die Bischofsweihe am 7. Februar des Jahres vornehmen. Nach der Zeremonie meinte der Papst zu den Kardinälen: „Zum Bischof von Bovino habe ich einen profunden Theologen und großen Heiligen auserkoren.“ Am 7. März 1729 hielt Lucci seinen Einzug in der Diözese.
Die ersten fünf Jahre des Episkopats von Msgr. Lucci waren zugleich die letzten Jahre der österreichischen Herrschaft im Königreich Neapel, während die Folgeperiode in die Anfangszeit von dessen wiedererlangter Unabhängigkeit fiel. Es war eine Zeit, in der im kulturellen Bereich die Theorien der Aufklärung umgingen, welche selbst die Grundlagen des christlichen Glaubens in Frage stellten. Der soziale Bereich hingegen war von der Geißel der Massenarmut gekennzeichnet. Angesichts dieser politisch-sozialen und religiösen Situation brachte Lucci seine ganze Energie in die verschiedensten Bereiche der Seelsorge ein.
Die Diözese von Bovino erstreckte sich über ein relativ begrenztes Territorium, und so waren auch die kulturellen und sozialen Strukturen etwas eingeschränkt. Es gab kein Priesterseminar, die religiöse und kulturelle Ausbildung war alles andere als vielversprechend. Lucci errichtete eine öffentliche Schule, mit deren Leitung er Don Vinzenz Fini aus San Johann Rotondo beauftragte. Er selbst ließ es sich – wenngleich von seiner pastoralen Arbeit mehr als beansprucht – nicht nehmen, die Kleinsten in den Katechismus einzuführen.
Da er kein Seminar aufbauen konnte, konzentrierte Lucci seine ganze Energie auf die Ausbildung des Klerus, indem er in Bovino für die Priesteramtskandidaten ein „Theologisches Studium“ einrichtete und dabei die Unterrichtsfächer Dogmatik und Moraltheologie selbst übernahm, während er die übrigen Fächer auf andere ausgewählte Priester verteilte. Seine Absicht war es, das religiöse, spirituelle und kulturelle Niveau des Klerus und der Gläubigen zu heben. Gleichzeitig engagierte er sich in großzügiger Weise als Armenseelsorger.
Ein ständiges Aufgabengebiet waren die Pastoralbesuche, die aufgrund des fortgeschrittenen Alters seines Vorgängers seit 25 Jahren nicht mehr stattgefunden hatten. Bei diesen Visiten versuchte er mehr durch das persönliche Beispiel als durch Direktiven zu überzeugen. In der Tat erlebten die Gläubigen von den ersten Tagen seines Episkopats an, dass das Hauptapostolat ihres Bischofs darin bestand, Zeugnis abzulegen von einem durch die christlichen Tugenden geprägten Leben. Am augenfälligsten zeigte sich sein Glaube in seinen Bemühungen als Bischof. Seine Hoffnung drückte sich im apostolischen Mut aus, mit dem er den Glauben und die ihm anvertraute Herde verteidigte. Seine totale Hingabe an Gott erreichte im bedingungslosen Einsatz für seine Herde eine ganz konkrete Dimension.
Aufgrund dieser Tugenden war Lucci nicht nur bei seinem Orden, beim Klerus und den Gläubigen der Diözese, sondern auch bei anderen Bischöfen hochgeschätzt, so bei Alfons Maria von Liguori, mit dem ihn freundschaftliche Beziehungen spiritueller Art verbanden. Auch die Wertschätzung anderer Autoritäten des Königreiches Neapel, wie des Königspaares und der ersten Minister, blieb ihm nicht versagt.
Was die Förderung des pastoralen Verständnisses der Priester anbelangte, so waren seine Vorgaben ebenso opportun wie überzeugend, wenn er z. B. sagte: „Es ist eure Pflicht, die ihr von Gott auserwählt seid, dass ihr das Gesetz befolgt und euch in Christus, dem Urheber und obersten Sachwalter des Glaubens widerspiegelt, bei niemandem Anstoß erregt, sondern euch als Gottes Werkzeug erweist und die anderen nicht aufgrund der Erhabenheit des Ordens überragt, sondern durch die Vortrefflichkeit eurer Tugenden.“ Diese Worte erklärten sich aus seiner permanent gelebten Einheit mit Gott und seiner Erfahrung als Bischof ebenso wie aus seiner gediegenen Ausbildung. Lucci war ein hervorragender Lehrmeister, ein begnadeter Prediger und ein ausgezeichneter Schriftsteller. So verfasste er theologische Abhandlungen, die allerdings nie veröffentlicht wurden. 1740 gab er ein historisch-juristisches Werk über die Ehrwürdigen Diener Gottes, die Seligen und Heiligen des Ordens des hl. Franziskus in den ersten 200 Jahren seit seiner Gründung heraus.
In den 23 Jahren als Bischof der Diözese absolvierte Lucci ebenso viele Pastoralbesuche. Die diesbezügliche Dokumentation ist in 13 Bänden zusammengefasst, aus denen hervorgeht, dass er von seinem Klerus „ein heiligmäßiges Leben und eine aufrechte Haltung“ verlangte, während er die Herren der besseren Gesellschaft dazu aufforderte, die Rechte der Schwachen ebenso wie die Werte und die Freiheit der Person zu respektieren.
Aufgrund dieses umfassenden und energischen kulturellen und karitativen Einsatzes hatte Lucci auch unter Verfolgungen und Schmähungen zu leiden, doch ließ er sich niemals einschüchtern, sondern setzte dem folgende mutige Antwort entgegen: „Am liebsten würde man diese Armen verhungern lassen. Das darf ich nicht zulassen!“
Luccis seelsorgliche Aktivitäten begleiteten ihn bis an sein Lebensende. Nach Empfang der Sterbesakramente und der Krankensalbung schloss er am 25. Juli 1752 seine Augen. Sein Grab befindet sich in der Kathedrale von Bovino (Foggia).
Am 18. Juni 1989 wurde Anton Lucci von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]
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