Andreas Resch: Anton Chevrier

ANTON CHEVRIER
(1826-1879)

PRIESTER UND GRÜNDER
DES INSTITUTS
„LA PROVIDENCE DU PRADO“ UND DER KONGREGATION DER PRIESTER DES PRADO

Selig: 4. Oktober 1986
Fest: 2. Oktober

ANTON CHEVRIER wurde am 16. April 1826 als einziger Sohn des Zollbeamten Claude Chevrier und der Seidenweberin Marguerite Frechet in Lyon, Frankreich, geboren und zwei Tage später auf den Namen Anton getauft. Er wurde von seinen Eltern nach christlichen Grundsätzen und Wertvorstellungen erzogen, wobei der Mutter, die ihm schon von frühester Kindheit an eine religiöse Erziehung zuteil werden ließ, ein besonderes Verdienst zukam.

Die ersten Schuljahre verbrachte Anton bei den Christlichen Schulbrüdern, die ihn in bester Erinnerung behielten. Am 16. März 1837 empfing er die Erstkommunion und ging von da an sehr häufig zur Kommunion. Mit zunehmendem Alter hatte er immer mehr das Empfinden, zum Priester berufen zu sein.

Mit Zustimmung der Eltern trat Chevrier schließlich in das Priesterseminar des hl. Franziskus ein, beendete in der Folge die klassischen Studien im Kleinen Seminar des Argentière, um dann 1846 in das Große Seminar von Lyon zu wechseln, wo er das Fach Theologie mit ausgezeichnetem Erfolg abschloss. Im ersten Theologiejahr trug er sich ernsthaft mit dem Gedanken, in das Institut für Auslandsmission in Paris einzutreten. Wenngleich er dieses Vorhaben nicht ausführen konnte, blieb er dem missionarischen Gedanken verhaftet, was anlässlich seiner Weihe zum Priester am 25. Mai 1850 zum Ausdruck kam, als er die von anderen abgelehnte Ernennung zum Vikar der neuen Andreas s­-Pfarrei im Arbeiterviertel „La Guillottière“ mit Freuden annahm, um mitten unter den Armen zu wirken. Dort blieb er sieben Jahre lang, bis 1857. Er kümmerte sich bevorzugt um das Sakrament der Buße und um die Jugendlichen, sah er doch in ihnen die Zukunft der Pfarrgemeinde und Familien. Um sein Amt zu institutionalisieren und den jungen Leuten ein Ideal zu geben, gründete er die Gesellschaft des hl. Aloysius von Gonzaga.

Als 1856 eine große Flutwelle über das Viertel und die Gemeinde hereinbrach, engagierte sich Chevrier bedingungslos und unter Einsatz seines Lebens, so dass er für einen Orden vorgeschlagen wurde, den er jedoch ablehnte. Die Heilige Nacht des Jahres 1856 vermittelte ihm ein ganz besonderes Gefühl für Armut und Nächstenliebe und er führte von da an ein zunehmend bescheidenes Leben.

1857 bestellten ihn die Oberen zum Kaplan der von M. Rambaud zur Unterstützung von Waisenkindern und älteren Mitbürgern gegründeten Institution Cité de l‘Enfant Jésus – ein Auftrag, dem er sich mit großer Hingabe widmete und der reiche Frucht brachte. Angesichts dieser neuen Sachlage verstärkte Chevrier seine Überlegungen, was ihm im Hinblick auf die Verkündung des Reiches Gottes ein neues Terrain eröffnete. Er legte daraufhin sein Amt als Kaplan des Cité de l‘Enfant Jésus nieder, weil sich die Leiter des Werkes bevorzugt um soziale Belange kümmerten, während er mehr an der Umsetzung seiner priesterlichen Aufgaben interessiert war.

Nachdem sich Chevrier auch mit dem hl. Pfarrer von Ars beraten hatte, entschied er sich um das Jahr 1860 für die Gründung eines Werkes, bei dem vor allem die katechetische Ausbildung der Jugend im Vordergrund stand, um diese würdig auf die erste hl. Kommunion vorzubereiten. Mit Unterstützung von Bruder Pierre Louat, der sich um die Knaben kümmerte, während Sr. Amalia und Sr. Maria die Mädchen unter ihre Fittiche nahmen, beschloss Chevrier zunächst einen großen Tanzsaal in der Nähe der Andreas spfarre zu mieten und anschließend zu kaufen, der „Prado“ genannt wurde und am 10. Dezember 1860 in seinen Besitz überging. Dort erfolgte die katechetische Vorbereitung der Jugend auf die Erstkommunion.

Chevrier war sich von allem Anfang an bewusst, dass das neue Werk der permanenten Unterstützung bedurfte. Daher gründete er 1860, vorerst mit Hilfe von Sr. Amalia und Maria, die Gesellschaft der Schwestern des Prado (Société des Soeurs du Prado, Abb.), eine Gemeinschaft ohne Gelübde, zur Ausbildung der Jugend. Am 10. Dezember 1860 schließlich entstand das Säkularinstitut bzw. die Gesellschaft der Priester des Prado (Associatión des Prêtres du Prado) für den pastoralen Dienst unter den Armen. Beide Kongregationen unterstehen dem Dritten Orden des hl. Franziskus.

Da Chevrier feststellte, dass er zur Durchführung der Aufgaben des Instituts auf keine ausgebildeten Priester zurückgreifen konnte, beschloss er, diese mit Eröffnung des Noviziats von St­-André di Limonest und einer Schule in La Roche selbst auszubilden. 1865 schickte er seine ersten Schüler in das Seminar der Pfarrei des hl. Bonaventura, um sie dann im Oktober 1866 in den Prado einzuführen. Obwohl er selbst dort arbeitete, wohnte er fast 20 Jahre lang im Cité de l‘Enfant Jésus, wo er sich um die Kinder und Armen kümmerte.

Neben all der Arbeit war Chevrier auch die Verwaltung der Diözese ein Anliegen. 1866 schlug ihm der Bischof von Grenoble vor, sich der neuen Pfarrei anzunehmen, die im Gebiet von Moulin­à­vent, unweit vom Prado, im Entstehen war. Der Bischof von Lyon gab sein Einverständnis und so widmete sich Chevrier mit großem Erfolg dieser pastoralen Aufgabe, bis er nach ca. vier Jahren aufgrund eines Missverständnisses aus dem Amt schied. Von da an wandte er sich ausschließlich seinem Werk zu.

1876 entsandte er die ersten Priesteranwärter nach Rom, damit sie dort gemeinsam ihr letztes Ausbildungsjahr absolvierten. Am 25. Mai 1877 empfingen vier von ihnen in der Basilika S. Johann im Lateran die Weihe. Das Werk erlebte damals eine wahre Blüte. 1877 zählte das Priesterseminar über 50 Studenten und die Zahl stieg weiter an. Allerdings wurden Chevriers Initiativen nur von wenigen verstanden und so drängten ihn viele Freunde dazu, seine kleine Gesellschaft in eine religiöse Kongregation umzuwandeln. Dieses Unterfangen stieß jedoch auf verschiedene Schwierigkeiten und Chevrier blieb seinem ursprünglichen Vorsatz treu: ganz nach dem Evangelium leben, aber Weltpriester bleiben in voller Abhängigkeit vom Bischof.

Da die Priester des Prado jedoch über keine eigene seelsorgliche Methode verfügen, müssen sie die Bischöfe darum ersuchen, sie den ärmsten und dem Christentum am meisten entfremdeten Pfarreien zuzuteilen, um dort nach Möglichkeit als Arme unter den Armen zu leben. Außerdem ersuchen sie die Bischöfe, in Gemeinschaften zusammengefasst zu werden, entweder in Lebensgemeinschaften oder in bereichsmäßigen Kommunen.

Auch die Schwestern des Prado orientieren sich am Dienst des diözesanen Apostolats, indem sie sich um die Kinder und Jugendlichen sowie um die Frauen in den von den Priestern des Prado verwalteten Pfarreien kümmern und ihre Präsenz vor allem unter den Armen und besonders kirchenfernen Mitgliedern wahrnehmen.

Für Chevrier bedeutete die Armut in erster Linie die Gnade der Begegnung mit der Armut Jesu und den Armen im Hinblick auf seine Mission: „Die Armut bewahrt uns in Demut, Güte, Vertrauen und Gebet, von Angesicht zu Angesicht mit Gott und den Menschen. Die Armut und die Liebe machen uns frei, das Evangelium zu verkünden.“ Daher seine Empfehlung: „Armut und Einfachheit sollen unser Leben auszeichnen.“
Seine letzten Lebensjahre widmete Chevrier ausschließlich der Konsolidierung der von ihm gegründeten Werke, die innerhalb kurzer Zeit einen starken Aufschwung erfuhren und sich auf einen breiten Konsens in der Bevölkerung sowie vor allem auf die Zustimmung der kirchlichen Obrigkeiten stützen konnten.

Indes bedrohte ein Magengeschwür die robuste Konstitution Chevriers. Dieser ertrug alle Leiden in Geduld und in der Hingabe an den Glauben. Nach monatelanger Krankheit, am 2. Oktober 1879, starb Chevrier. Über fünf Tage defilierten die Menschen an seinem Leichnam, bevor in der Pfarrkirche St-Louis die Beerdigung stattfand. Chevriers Grab befindet sich in der Kapelle des Instituts des Prado, rue Père Chevrier, 13, Lyon, Frankreich.

Das geistige und apostolische Vermächtnis des Priesters Anton Chevrier wurde von unzähligen Priestern, Schwestern und Laien übernommen, die heute in allen Teilen der Welt darum bemüht sind, den Armen die Liebe Christi zu bezeugen. Der Kern dessen, was als die „Familie des Prado“ bezeichnet werden kann, entstand noch zu Chevriers Lebzeiten. Es nannte sich „Werk der ersten Gemeinschaft“. Die Familie des Prado umfasst heute die am 19. Mai 1930 dem Orden der Minoriten zugeschriebenen Priester und Schwestern, die Brüder sowie eine fromme Frauenvereinigung.

Am 4. Oktober 1986 wurde Anton Chevrier von Papst Johannes Paul II. in Lyon, Frankreich, seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at