Andreas Resch: Anna Schäffer

ANNA SCHÄFFER
(1882-1925)

HAUSANGESTELLTE

Heilig: 21. Oktober 2012
Fest: 5. Oktober

ANNA SCHÄFFER wurde am 18. Februar 1882 als drittes von sechs Kindern des Schreiners Michael Schäffer und der Bauerntochter Theresia Forster in Mindelstetten in Bayern, Deutschland, geboren und auf den Namen Anna getauft. In der sehr einfachen und wenig begüterten, aber tiefgläubigen Familie bekam die Kleine eine gediegene christliche Erziehung. Anna war ein stilles, fröhliches Mädchen, das sich in jeder Situation gut zu verhalten wusste; laute Gefährtinnen waren ihr ein Gräuel. Von Mai 1988 an besuchte sie die Volksschule des Dorfes mit ausgezeichnetem Erfolg. Ansonsten war sie so arm, dass sie nicht einmal ein Stück Brot bei sich hatte, und manchmal kam es vor, dass ein Kind ihr etwas zu essen geben wollte, aber sie nahm nie etwas an. Eine besondere Verehrung hegte Anna für die Mutter Gottes und das Allerheiligste Altarsakrament. Am Tag ihrer Erstkommunion weihte sie sich dem Herrn. Am 22. April 1895 bestand Anna die Abschlussprüfung, wobei sie in allen Fächern Bestnoten erhielt. Sie war ein groß gewachsenes Mädchen, bereits Mitglied des Dritten Ordens des hl. Franziskus und wurde als fromm und verschwiegen angesehen.

Nach Beendigung der Volksschule ging sie, gerade einmal 13 Jahre alt, in Dienst zu einer Familie nach Regensburg, um ihre Familie zu unterstützen und sich die Mitgift für die Aufnahme als Missionsschwester zu verdienen. Es war dies eine sehr harte Erfahrung, vor allem wegen des Mangels an menschlichem Verständnis. Anna musste sowohl im Haus als auch im Spital als Krankenhelferin arbeiten; dabei hatte sie vor allem mit Hautpatienten zu tun. Jedenfalls stand sie unter einem solch strengen Regiment, dass sie nicht einmal ihr Bruder, der sich zur Ausbildung in Regensburg aufhielt, besuchen durfte. Ihr einziger Trost war die tägliche hl. Messe um fünf Uhr früh. So bot schließlich der Tod des Vaters am 24. Januar 1896 eine willkommene Gelegenheit, um nach Hause zurückkehren zu können. Leider hatte sich die wirtschaftliche Lage der Familie verschlechtert und Anna musste neuerlich zu anderen Familien in Dienst, was sie dann aber wiederum aufgab, weil sie sich moralischen gefährdet sah.

Im Juni 1898 hatte Anna einen Wachtraum, der für ihr Leben bestimmend sein sollte, wie sie selbst erzählt: „Im Juni 1898 hatte ich einen seltsamen Traum. Ich bezeichne das als Traum, weil ich mich darüber nicht anders auszudrücken vermag. Ich war noch nicht zu Bett gegangen u. der Mond schien so stark in meine kleine Kammer, dass sie hell erleuchtet war. Es war 10 Uhr abend Ich betete mein Nachtgebet u. s; als ich bereits fertig war, wurde es auf einmal ganz dunkel um mich u. ich fürchtete mich deshalb recht sehr. Auf einmal wurde es wieder so blitzhelle vor mir u. es stand eine Gestalt vor mir; dieselbe war angetan mit einem blauen Kleid u. einem roten Überwurf, geradeso, wie die Apostel angezogen waren oder wie ich schon oft auf Bildern die Abbildung: Jesu des guten Hirten sah! Er hatte auch einen Rosenkranz in der Hand; sprach auch zu mir vom Rosenkranzbeten u. daß ich nicht 20 Jahre alt würde u. dann müßte ich vieles, vieles leiden. Auch sprach jene Gestalt, daß ich viele Jahre, vieles leiden muß u. sprach auch eine Zahl hiervon aus, die ich aber nicht mehr wusste, auch schon gleich nicht mehr als die Gestalt verschwunden war, denn ich war vor zittern u. Furcht so erregt u. auch gleich darauf, wußte ich vieles nicht mehr, was jene Gestalt noch alles sagte. Es war darauf wieder ganz hell, den der Mond warf seinen milden Schimmer die ganze Nacht in mein Kämmerlein! Ich konnte die ganze Nacht fast nicht schlafen, weil mir jenes Gesicht immer im Kopfe war! Ich war damals 16 Jahre alt.“

Zur prophezeiten Wende in Annas Leben kam es am 4. Februar 1901, als sie 19 Jahre alt war, wie ihre Schwester Katharina berichtet: „Anna war im Forsthaus bei Herrn von Kirschbaum. Zur damaligen Zeit, gab es im Forsthaus noch kein elektrisches Licht auch keine Wasserleitung, circa 10 mtr. rechts vom Forsthaus war ein Brunnen. Das Waschhaus indem Anna mit einer Waschfrau gewaschen hat ist 40-50 mtr von den Brunnen entfernt. Anna holte Wasser vom Brunnen, da es an diesen Tag recht kalt war, froren ihr die nassen Strümpfe u. Schuhe an. Anna wollte auf der Kesselmauer ihre Holzschuhe auftauen lassen. Sie stütze sich mit einer Hand an der Wand, mit der anderen schob sie das Kesselherdrohr besser in den Kamin. Die Holzschuhe tauten auf und sie rutschte in den Kessel, der zu 1/3 mit Lauge gefüllt war. Sie hatte sich mehr durch den Dampf als durchs Wasser verbrüht. Die Waschfrau die bei ihr war lief weg, holte den Kutscher, der nebenan wohnte. Als beide kamen war Anna schon aus dem Kessel, aber bewußtlos. Als Anna zu sich kam stand sie auf u ging ins Forsthaus auf ihr Zimmer und zog ihre Strümpfe aus. Die ganzen Füsse bis zu den Oberschenkel waren voller Brandblasen die zum Teil schon an den Strümpfen hängen blieben. Anna wurde sogleich ins Krankenhaus transportiert.“

Nach dem Aufenthalt im nahegelegenen Spital von Kösching wurde sie in die Universitätsklinik von Erlangen gebracht. Im Mai 1902 als Frühinvalide aus dem Krankhaus entlassen, kehrte sie nach Hause zurück und wollte wiederum bei den früheren Herrschaften arbeiten, die sehr gut waren, wie ihre Schwester Katherina berichtet, die bei ihr war: „Die Herrschaften waren gut zu uns. Nach einen halben Jahr sollte es Anna allein probieren, aber es dauerte nicht lang, war Anna erledigt. Die Füsse schwollen ihr an, wurden blau und rot und sie bekam soviel Schmerzen, daß sie zum Arzt musste. Der Arzt schnitt ihr den Zinkleimverband, den sie noch immer getragen hatte, weg. Er sah, dass ganze Stücke Fleisch schon verfault waren. So kam Anna wieder heim zur Mutter.“

Ihr Zustand verschlechterte sich immer mehr und zwang sie zu vollkommener Bettruhe in einer kleinen Kammer, die sie mit der Mutter teilen musste. Für ihren Unterhalt sorgte zum Teil der Pfarrer von Mindelstetten, Karl Rieger. Nach anfänglicher Rebellion erkannte Anna schließlich den Willen Gottes und ihre spezielle Mission.

Zu Beginn des Jahres 1905 mieteten die beiden ein Zimmer im Hause Forchhammer gegenüber der Pfarrkirche. Hier verbrachte Anna, im Beisein ihrer guten Mutter, 20 Jahre hindurch ihr Leben mit Beten, Häkeln, Sticken, Nähen und Flicken; sie schrieb Briefe und Gedichte und empfing unzählige Menschen, die sie besuchen kamen.

Die medizinische Behandlung, die in einer Ausschabung zur Trocknung der Wundtiefen und in Hauttransplantationen bestand, wurde mittlerweile fortgesetzt, aber die Wunden heilten nicht, wie aus der Zeugenaussage von Walburga M. im Hinblick auf einen medizinischen Eingriff hervorgeht: „Es könnte etwa 1922 oder 1923 gewesen sein, als ich bereits in die Feiertags­schule ging. Dr. Wäldin hat den Verband abgenommen, der vom Knie bis zum Knöchel reichte an beiden Füßen. Er hat die Waschschüssel unter die beiden Füße in das Bett geschoben. Das Blut tropfte aus den offenen Wunden in die Schüssel. Die Füße waren offen; das bloße Fleisch war zu sehen; es ist mir dabei auch aufgefallen, daß an manchen Stellen die Knochen sichtbar waren. Besonders beeindruckt hat mich dabei, daß Anna Schäffer bei diesem ganzen Vorgang, der doch sicher sehr schmerzvoll für sie war, keinen Laut des Schmerzens von sich gegeben hat und ganz ruhig im Bett lag; ich meine, daß sie dabei gebetet hat.“

In der Zwischenzeit verursachten ihr außergewöhnliche Phänomene Schmerzen ganz anderer Art – so die Stigmen, die sie im Herbst 1910 empfing, die aber auch Quelle eines großen inneren Trostes und ein großer Ansporn waren, sich in sämtlichen Tugenden zu üben. Um im Stillen leiden zu können, bat Anna den Herrn, die sichtbaren Stigmen von ihr zu nehmen. Sie war nun bereit für größere Schmerzen.

Anfang 1923 stellte sich ein neues und furchtbares Leiden ein. Fünf- bis sechsmal am Tag traten heftige Konvulsionen auf, bei denen Annas Kopf mit großer Wucht nach hinten geworfen wurde. Die Krämpfe waren offensichtlich Folge der hinzugetretenen Rückenmarkserkrankung. Sie wirkten sich auch auf die gelähmten Beine aus. Die Finger verkrampften sich sosehr ineinander, dass es fast unmöglich war, sie wieder zu öffnen.

Zu alledem kam noch eine schmerzhafte Form von Mastdarmkrebs, der jedoch Annas Schwäche wegen inoperabel war, sodass ihr der Arzt keine Linderung verschaffen konnte. Am 1. August 1925 fiel sie aus dem Bett und zog sich dabei eine Gehirnverletzung zu. Von diesem Augenblick an hatte sie Schwierigkeiten beim Sprechen. Anna Schäffer starb am 5. Oktober 1925, nachdem sie ausgerufen hatte: „Jesus, Dir leb‘ ich!“ Sie war 43 Jahre und acht Monate alt. Fast 25 Jahre hatte sie nahezu unbeweglich im Bett zugebracht. Ihre sterblichen Überreste ruhen in der Pfarrkirche von Mindelstetten in Deutschland.

Am 21. Oktober 2012 wurde Anna Schäffer von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen, nachdem sie Papst Johannes Paul II. am 7. März 1999 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]

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