Andreas Resch: Angela vom Kreuz Guerrero González

ANGELA VOM KREUZ
GUERRERO GONZÁLEZ
(MARIA MARTINA)
(1846-1932)

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN
DER GESELLSCHAFT VOM KREUZ

Selig: 5. November 1982
Heilig: 4. Mai 2003
Fest: 2. März

ANGELA VON KREUZ GUERRERO GONZÁLEZ wurde als Tochter von Francisco Guerrero und Josefina González am 30. Januar 1846 in bescheidenen sozialen Verhältnissen in Sevilla, Spanien, geboren und am 2. Fe­bruar auf den Namen Maria von den Engeln Martina von der Allerheilig­sten Dreifaltigkeit getauft, jedoch von klein auf Angelina gerufen. Zur Zeit von Angelinas Geburt arbeiteten die Eltern im Konvent der Allerheiligsten Dreifaltig­keit, der Vater als Koch, die Mutter als Wäscherin. Sie hatten 14 Kinder, von denen Angelina nur fünf kennenlernte, weil die anderen bereits früh gestorben waren.

Ihre Kindheit verbrachte Angelina im Schoß der Familie. Gern begleitete sie ihren Vater zur hl. Messe und besuchte häufig die Kirche Santa Lucia, um dort vor dem Bild der Virgen de la Salud zu beten, das später in den Besitz der Schwestern vom Kreuz überging. Mit acht Jahren empfing sie die Erstkommunion und mit neun, am 18. März 1855, das Sakrament der Firmung. Ihre Schulbildung war eher rudimentär. Sie besuchte zwar einige Jahre eine Kommunalschule, erwarb Grundkenntnisse in Grammatik und Rechnen und lernte lesen und schreiben, um kommunizieren zu können, ohne sich jedoch eine korrek­te Orthografie und Schreibweise anzueignen.

Die Familienverhältnisse nötigten sie schon recht bald zur Mithilfe im Haushalt. Mit 12 Jahren ging sie in einer Schusterwerkstatt in die Lehre, wo sie echte Fortschritte machte. „Mit dieser Arbeit wird sie sich eine Zukunft schaffen“, meinte die Meisterin des Geschäfts, Antonia Maldonado, die sie auch mit dem Priester José Torres Padilla bekannt machte, dem man in Sevilla nachsagte, er würde Heilige kreieren, und den man daher el santero nannte – ein Mann von hohen Qualitäten. Im Laden beteten die Angestellten täglich den Rosenkranz und lasen in Heiligenbiografien. Angelina verteilte freitags ihre Mahlzeit immer an die Armen und erbettelte dann von der Meiste­rin und den Kolleginnen eine Kleinigkeit für sich. Jeden Samstag fastete sie. Sie trug verschiedene Bußgürtel, schlief auf einem Brett, das sie sich auf das Bett legte, und benutzte einen Stein als Kopfkissen. Eines Tages wurde sie von der Mutter da­bei überrascht, als sie Asche auf den Teller streute, und sie mahnte sie: „An­gelina, mit deinen Bußübungen kannst du es halten, wie du willst, aber ruiniere mit deinen Ferkeleien nicht das Essen!“

Angelinas Alltag war mit Gebet, Arbeit in der Werkstatt und Werken der Nächs­tenliebe für die kranken Armen ausgefüllt. Pater Torres, der ihre Berufung er­kannte, bremste wiederholt ihr unstillbares Verlangen nach Selbstkasteiung, ließ sie jedoch bei ihren Werken der Nächstenliebe den Armen gegenüber ge­währen und war ihr ein umsichtiger Begleiter bei ihren Gebeten. Dabei wurde ihm zu­nehmend bewusst, dass sie für das Ordensleben bestimmt war.

1865 ersuchte sie um Aufnahme als Laienschwester in den Konvent der Un­beschuhten Karmelitinnen, was ihr aufgrund ihres schmächtigen Wesens jedoch verwehrt blieb. Sie trat daraufhin 1869 als Postulantin bei den Barmherzigen Schwestern von Sevilla ein. Nach Beendigung des Postulats begann sie das Noviziat, gerade als sie von einer hartnäckigen Krankheit befallen wurde, die so eigentümlich war, dass alle Therapien versagten. So wa­ren die Oberen schließlich gezwungen, sie noch vor Beendigung des Noviziats zu entlassen. Wie­der zu Hause, verschwand die Krankheit ohne jedes ärztliche Zutun. Angelina kehrte in die Werkstatt zurück, nahm ihre Andachtsübungen und Werke der Nächstenliebe wieder auf, besuchte mit anderen frommen Mädchen die Armen und ging erneut Almosen sammeln.

Ihre Entlassung aus dem Noviziat fiel allerdings in die Zeit der Abwesenheit von P. Torres, der als Berater des I. Vatikanischen Konzils in Rom weilte. Für Angelina begann nun ein schrecklicher innerer Kampf, eine fünfjährige Dun­kelheit, von der wir nur aus ihren Schriften wissen, die der Nachwelt zum Glück durch das Eingreifen einer ihrer Mitschwestern erhalten blieben. P. Torres kehrte bereits 1870 zurück und begleitete Angelina fortan wieder auf ihrem Weg. Beide spürten, dass Gott einen Plan für sie hegte, den sie noch nicht durchschaut hatten. Am 1. November 1871 versprach Angelina in einem privaten Akt am Fuße des Gekreuzigten, nach den evangelischen Räten zu leben. 1873 empfing sie die grundlegende Vision dessen, was sie als ihr Charisma in der Kirche bezeichnete: sich vor Jesus – ihm so ähnlich wie möglich – ans Kreuz zu erheben. Sie beschloss, einen eigenen Weg zu gehen. „Ich fasste den Entschluss, eine neue Ordensgemeinschaft zu gründen, deren Zweck und Eigenart, außer der Heiligung ihrer Mitglieder durch Tugendübungen, vor allem Askese, darin bestehen sollte, Gott zu dienen durch den Dienst an den Ar­men, um Seelen für Ihn zu gewinnen, indem sie sich, nach dem Grundsatz des Instituts ‚arm machten wie sie‘.“

Sie besprach ihr Vorhaben mit P. Torres, der sie aufforder­te, ihre Gedanken schriftlich festzuhalten. Am gleichen Tisch, im gleichen Zimmer, schrieb sie nach seinem Weggang ihren Plan nieder. Nachdem P. Torres die ersten Seiten gelesen hatte, trug er ihr auf, die Werkstatt zu verlas­sen und sich nur mehr der Gründung des Instituts zu widmen. Das war im Juli 1875. Als Gründungsdatum der Kongregation der Schwestern der Gesellschaft vom Kreuz wählten sie einvernehmlich den 2. August 1875.

Die damals 29-jährige Angelina mietete in einem Haus einen Raum. Ihr schlossen sich drei weitere Frauen an: Josefa Peña, Juna Magdán und Juana. Mit ein paar armseligen Matratzen, einem Tisch und einigen Stühlen begannen sie am Morgen des 2. August 1875 das Gemeinschaftsleben, wo­bei sie im Konvent Santa Paula die hl. Messe mitfeierten und alle die Kommuni­on empfingen. Im Atrium von Santa Paula ernannte P. Torres Angela zur Oberin der Gruppe und trug den an­deren auf, ihr Gehorsam zu leisten. Es wurden einige Postulantin­nen aufgenommen, denen P. Torres die von Angela persönlich entworfenen Gewänder über­gab; dann machten sie sich an die Arbeit. In den Straßen von Sevilla und in den Cafés ging die Rede von einer verrückten Schwester, die in der Stadt umherstreifen, für die Armen alles erdenkliche Zeug sammeln und dabei nicht weniger als ein größeres Haus für sie erbitten würde, das sie auch, wie bestellt, erhielt. Hier ent­standen die Tagesschulen für arme Mädchen und ein Internat für die Waisen, welche die Schwestern nach dem Tod der Eltern zu sich nahmen. Nach und nach verstummte auch das Gelächter über ihre Arbeit.

Der Herbst 1876 war für Sevilla von zweifacher Bedeutung: zum ei­nen erfolgte der Besuch von Isabella II., zum andern brach eine Pockenepide­mie aus. Während man vielerorts ein großes Getue um die Königin machte, taten die Schwestern vom Kreuz alles, um der Epidemie Einhalt zu gebieten. Auch in Momenten, in denen selbst die nächsten Angehörigen die Betroffenen aus Furcht vor Ansteckung im Stich ließen, blieben die Schwestern auf ihrem Posten, wuschen die Kleider, scheuerten die Böden, wechselten die Bettwäsche ihrer Patienten und drückten die Pockennarben auf deren Gesichtern aus.

Weitere Häuser wurden eröffnet. Am 8. Dezember 1878 legte Angela die ewi­gen Gelübde ab und 1879 approbierte der Erzbischof von Sevilla die Konstitutionen. Mit den Gründungen nahmen auch die großzügigen Gönner zu. Am 25. Juni 1904 wurde das Institut von Pius X. appro­biert. Am 11. März 1907 feierte man das erste Generalkapitel, auf dem Sr. An­gela wiederum zur Generaloberin gewählt wurde. Am 14. Juli 1908 wurde das Päpstliche Approbationsdekret der Konstitutionen unterzeichnet. Von da an erlebte das Institut eine rasche Verbreitung.

Am 28. August 1929 wurde das vierte Generalkapitel abgehalten und Mutter Angela als Generaloberin einstimmig wiedergewählt. Mit der Bestätigung der Wahl beauftragte Rom jedoch den dortigen Kardinal, der die Ansicht vertrat, dass Angela aufgrund ihres Alters für Visitationen nicht mehr geeignet sei; die Ge­meinschaft wählte daraufhin Sr. Gloria, der Mutter Angela bei der vorhergehenden Wahl ihre Stimme gegeben hatte. Mutter Angela bekundete als Erste ihren Gehorsam der neu gewählten Oberin gegenüber und enthielt sich fortan jedweder Einmischung bei der Leitung des Instituts. Sie widmete sich nunmehr ihrer eigenen Heiligung, die sie ziemlich vernachlässigt glaubte, und vertiefte ihr Gebetsleben. Viele Stunden verbrachte sie mit dem Anhören ihrer Profess-Schwestern. Alle Briefe, die sie erhielt, beantwortete sie, und während sie mit den Schwes­tern sprach, die sie aufsuchten, schnitt sie das Brot für das Abendessen der Kommunität. Sie war mittlerweile 85 Jahre alt und litt sehr unter den politischen Umwälzungen der damaligen Zeit, die auch eine Kirchenverfolgung mit sich brachte, mit Brandlegungen, Profanierungen und Morden. Großen Eindruck machten auf sie die Töchter von Málagam, die ihre Gründung, welche von den revolutionären Horden in Brand gesteckt worden war, verlassen mussten.

Der erschöpfte Organismus von Sr. Angela beugte sich immer stärker unter der Last des Alters und den vielen Aufregungen, die sie im Geiste erlebte. Am 8. Juni 1931 erlitt sie den ersten Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, der so gravierend war, dass ihr die Krankensalbung gespendet wurde. Am 29. Juli desselben Jahres folgte ein weiterer Anfall, so dass sie in den neun Monaten, die ihr noch zum Leben blieben, nicht mehr sprechen konnte. Sie starb am 2. März 1932 um 2.40 Uhr, umgeben von ihren Schwes­tern und von allen betrauert. Ungefähr 50.000 Personen schritten an dem in der Klosterkapelle aufgebahrten Leichnam vorüber. In ihrem Testament bat sie um Bestattung in einem Gemeinschaftsgrab. Sie wurde je­doch in der Krypta des Mutterhauses in Sevilla, calle Sor Angela de la Cruz, 4, beigesetzt. Sogar das Rathaus von Sevilla, wenngleich von linken, damals kirchenfeindlichen Elementen dominiert, benannte die Via Alcazares nach Sr. Angela vom Kreuz.

Am 5. November 1982 wurde Angela vom Kreuz Guerrero González von Papst Johannes Paul II. in Sevilla seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-0, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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