Andreas Resch: Andreas Bessette

ANDREAS BESSETTE
(1845-1937)

ORDENSMANN DER KONGREGATION
VOM HEILIGEN KREUZ

Selig: 23. Mai 1982
Heilig: 17. Oktober 2010
Fest: 6. Januar

ANDREAS BESSETTE wurde am 9. April 1845 in der Nähe des Dor­fes Saint-Gregoire d’Iberville, damals Diözese Montreal, in der kanadischen Provinz Quebec geboren. Er war das achte von 12 Kindern der Familie von Isaak Bessette und Klothilde Foisy. Bei der Geburt war das Kind so schwach, dass es die Eltern nottauften. Am darauffolgenden Tag wurde es dann unter Vorbehalt in der Kirche auf den Namen Alfred getauft. Die Familie war sehr arm und wohnte, außerhalb des Dorfes, in einem Häuschen, das aus einem ein­zigen Raum bestand. Alfreds schlechter Gesundheitszustand, bedingt durch ein chronisches Magenleiden, erlaubte es ihm nicht, alles zu essen, was die ande­ren aßen, und so bereitete ihm die Mutter mit großer Sorgfalt jene Speisen, die er vertragen konnte. 1854 verlor er mit neun Jahren den Vater, der beim Holz­fällen von einem Baum erschlagen wurde. Im Herbst 1857, als Alfred 12 Jahre alt war, starb auch die Mutter an Schwindsucht. Alfred kam daraufhin nach Saint-Cesaire zu seiner Tante Marie-Rosalie Foisy, die mit Timotheus Nadeau verheiratet war. Der Junge konnte kaum lesen und schreiben, im Katechismus aber kannte er sich aus. Die Situation verlangte es, dass er sich schon sehr bald sein Brot verdienen musste. Seine angeschlagene Gesundheit zwang ihn aller­dings, wenn schon nicht die angebotene Arbeit abzulehnen, so doch zumindest häufig den Beruf zu wechseln. So arbeitete er als Knecht auf einem Gutshof, als Tischler-, Bäcker-, Schuhmacherlehrling, als Lehrling in einer Eisenschmiede –und musste sämtliche Beschäftigungen, wie schon erwähnt, aufgeben. Vier Jah­re lang bereiste er die Vereinigten Staaten, wo er vorwiegend in Spinnereien tä­tig war. Täglich empfahl er sich dem hl. Joseph, der wie er Armut, Arbeit und Exil erlebt hatte.

Nach Alfreds Rückkehr nach Saint-Cesaire konnte Pfarrer Andre Provenval feststellen, dass der Glaube während seines USA-Aufenthaltes nicht gelitten hatte, sondern – im Gegenteil – stark gewachsen war. Bei dieser Gelegenheit er­kannte er auch seine religiöse Berufung und legte ihm nahe, der Kongregation vom Heiligen Kreuz beizutreten. Diese war in Frankreich von P. Basilius Mo­reau gegründet worden und umfasste Patres, Brüder und Schwestern. 1847 kam sie auf Ersuchen von Mgr. Ignaz Bourget nach Kanada, um das franzö­sischsprachige Schulsystem wiederaufzubauen, das von den Engländern vor mehr als einem Jahrhundert abgeschafft worden war, die 1759 das Land in Be­sitz genommen hatten, ohne dass es ihnen je gelang, die katholische französi­sche Bevölkerung zu assimilieren. Wie der Großteil seiner Zeitgenossen hatte auch Alfred bis dahin nie Zugang zu einer Schule gehabt. Daher zögerte er vorerst auch, dem Rat des Pfarrers Folge zu leisten. Als er aber sah, wie über­zeugt dieser von seinen Fähigkeiten war, überwand er seine Zweifel und bat um Aufnahme als Laienbruder in die Kongregation vom Heiligen Kreuz in Montre­al, nicht zuletzt auch wegen der Verehrung des hl. Joseph, die man dort pflegte. Bei sich trug er einen Brief, in dem der Pfarrer den jungen Alfred mit den Wor­ten empfahl: „Ich sende Euch einen Heiligen.“

Am 27. Dezember 1870 erhielt Alfred im Alter von 25 Jahren das Ordens­kleid der Brüder vom Heiligen Kreuz, die auch Brüder des hl. Joseph genannt wurden. In Würdigung seines Pfarrers Andre Proverwal wählte er damals den Namen BruderAndreas. Am Ende des Noviziatsjahres wurde ihm jedoch die Ablegung der Profess wegen seines schlechten Gesundheitszustandes verwei­gert und das Noviziat um sechs Monate verlängert. Da intervenierte der Novi­zenmeister mit den Worten: „Wenn dieser junge Mann schon nicht arbeiten kann, so kann er zumindest gut beten.“ Diese Aussage führte zu einer Ände­rung in der negativen Einstellung und BruderAndreas wurde am 22. August 1872 zur Profess zugelassen.

Nach der Profess wurde er zum Pförtner des Kollegs Notre-Dame von Montreal ernannt, was er 40 Jahre lang blieb. „40 Jahre an der Pforte, und sie haben mich nie davongejagt!“ pflegte BruderAndreas mit jener liebenswerten Heiterkeit zu sagen, die ihm zeit seines Lebens nie abhanden kam. Von lebhaf­ter und empfindsamer Natur und ausgestattet mit einem hervorragenden Ur­teilsvermögen sowie Sinn für Humor wurde der junge Pförtner schon bald zum guten Geist für die Armen, Kranken und seelisch Bedrückten, die sich seinem Gebet empfahlen.

Als er 30 Jahre alt war, geschahen außergewöhnliche Heilungen. Ein erstes schriftliches Zeugnis davon wurde am 9. Mai 1878 in einer Zeitschrift in Frankreich veröffentlicht, worin von fünf Heilungen die Rede war, die man der Fürbitte des kleinen BrudersAndreas zuschrieb. Von da an wurde Bruder An­dreas – man könnte sagen, Tag und Nacht – von armen und unglücklichen Men­schen auf der Suche nach Trost und Heilung belagert, die aus allen Teilen Ka­nadas und der Vereinigten Staaten herbeiströmten. Ihnen allen empfahl er die Verehrung des hl. Joseph, die Treue zum christlichen Leben, das Gebet und das Vertrauen in Gott. Mit einer Medaille oder mit dem Öl der Lampe, die zu Füßen der Statue des hl. Joseph brannte, strich er über ihre Glieder und sagte: „Das Öl, die Medaille, lassen leichter an den hl. Joseph denken, sie wecken das Ver­trauen in ihn.“ Und alle fühlten sich, wenn sie gingen, gestärkt an der Seele und nicht selten auch am Leib.

Der Andrang wurde so groß, dass der Obere sich zur Aufstellung ziemlich strenger Regeln gezwungen sah. Die Kranken mussten an einer kleinen Straßenbahnhaltestelle auf der anderen Seite der Straße warten. Bruder Andre­as nahm die Entscheidung der Oberen demütig an und schrieb sämtliche Hei­lungen der Fürsprache des hl. Joseph zu.

1894 erhielt BruderAndreas die Erlaubnis, an den Hängen des über der Stadt Montreal emporragenden Mont Royal eine kleine Holzkapelle zu Ehren des hl. Joseph zu errichten. Diese Kapelle vor dem Kolleg wurde schon bald zum Ziel von zahllosen Pilgern, weshalb es die Oberen von BruderAndreas für ratsam hielten, für seine ständige Anwesenheit beim Heiligtum zu sorgen, und 80 wurde er im Sommer 1905 offiziell zu dessen Hüter ernannt. Von da an wandte BruderAndreas fast seine ganze Zeit für alle möglichen Kranken auf. Entweder empfing er sie im Büro des Oratoriums des hl. Joseph oder er besuch­te sie abends in ihren Häusern. Auch wenn er sich aus Montreal entfernte, um etwas Muße zu finden, war seine Anwesenheit sofort in aller Munde und der Strom der Kranken setzte wieder ein. Auf diese Weise lernte er die unendliche Vielfalt menschlichen Elends kennen. Er empfing diese armen Geschöpfe daher mit größtem Wohlwollen und nicht selten kam es auch zu körperlichen Heilun­gen. Der Eifer von BruderAndreas galt vor allem den seelisch Bedrückten, die sich an ihn wandten. Er wusste ihnen zu begegnen und neue Hoffnung zu geben.

Gerüchte über angebliche Wunder bzw. göttliche Zeichen, die in der Gemein­schaft um ihn herum wahrgenommen wurden, verbreiteten sich von Mund zu Mund. Die kirchlichen Autoritäten bewiesen ein hohes Maß an Verständnis, in­dem sie – auch wegen der Beharrlichkeit von BruderAndreas – so wenig als möglich einzugreifen versuchten. So sagte der Bischof Mgr. Bruch6si: „Lasst ihn machen! Wenn es Menschenwerk ist, wird es von selbst zusammenbrechen; ist es jedoch ein Werk Gottes, wird es Bestand haben.“ Auch von staatlicher Sei­te erfolgte keinerlei Verbot.

Im Rhythmus dieser Ereignisse und der Anstrengungen und Initiativen des Volkes entwickelte sich auch das Heiligtum des hl. Joseph. Im Jahre 1908 sam­melten Freunde von BruderAndreas 2.000 Unterschriften, um zu erreichen, dass die Kapelle vergrößert und während des Winters beheizt werde. Sie selbst übernahmen die Verantwortung für die Leitung und Finanzierung des Projekts, dessen Initiator, Seele und Herz BruderAndreas war.

1915 wurde die Erlaubnis zur Errichtung einer Krypta erteilt, die dann am 16. Dezember 1917 eröffnet wurde; und am 26. August erfolgte die Weihe des Ecksteins einer Oberkirche, die sich, nach mehrmaliger Unterbrechung auf­grund verschiedenster Schwierigkeiten, zum größten Heiligtum zu Ehren des hl. Joseph und zu einem der meistfrequentierten religiösen Zentren der Welt entwickeln sollte. Anlässlich der Zusammenkunft am 2. November 1936 zur Be­sprechung der Probleme hinsichtlich der Fertigstellung der Kirche meldete sich auch BruderAndreas zu Wort: „Wenn ihr die Mauern der Oberkirche verklei­den wollt, werde ich die Statue des hl. Joseph dort aufstellen und er wird die nötigen Mittel aufbringen, um sich vor Regen, Kälte und Schnee zu schützen.“ Am Ende desselben Jahres beschloss man den Bau fortzusetzen und am 1. Janu­ar ermutigte BruderAndreas die Seinen ein letztes Mal mit den Worten: „Habt Vertrauen!“, um dann am 6. Januar 1937 im Alter von 91 Jahren im Ruf der Heiligkeit zu sterben. Die Einweihung der Kirche erfolgte erst am 15. Mai 1955.

Das Grab von BruderAndreas befindet sich im Heiligtum des hl. Joseph in Montreal.

Am 23. Mai 1982 wurde BruderAndreas Bessette von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985 Innsbruck: Resch, 2000, XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-0 Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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