ALOISIUS VIKTOR STEPINAC
(1898-1960)
KARDINAL UND ERZBISCHOF
VON ZAGREB
MÄRTYRER
Selig: 3. Oktober 1998
Fest: 10. Februar
ALOISIUS VIKTOR STEPINAC wurde am 8. Mai 1898 als fünftes Kind von Josip Stepinac und Barbara Penić in Brezarić, Pfarrei Krašic, Kroatien, geboren, das damals zum österreichisch-ungarischen Imperium gehörte. Bei der Taufe am darauffolgenden Tag erhielt er den Namen Aloisius Viktor. Seine Kindheit verbrachte er im Schoß der Familie und besuchte zunächst die Volksschule seines Heimatdorfes. 1909 trat er in das „Waisenhaus“ von Zagreb ein, um dort das klassische Lyzeum zu besuchen. Die beiden letzten Jahre verbrachte er als Seminarist im Erzbischöflichen Seminar von Zagreb. Nach der Reifeprüfung wurde er am 28. Juni 1916 zur Offiziersausbildung nach Karlovac und anschließend nach Rijeka (Fiume) geschickt. Danach beorderte man ihn am 20. Februar 1917 an die Front bei Görz, dann an den Isonzo und den Piave, wo er im Juli 1918 von den Italienern gefangen genommen und zuerst nach Mestre, dann nach Ferrara und schließlich nach Nocera Umbra überstellt wurde. Am 6. Dezember 1918 wurde er aus der Haft entlassen, nach Salonicco gebracht und als Unteroffizier des regulären Heeres nach Priština geschickt. Nach der Demobilisierung des Heeres im Frühjahr 1919 kehrte er nach Hause zurück und schrieb sich an der Fakultät für Agronomie in Zagreb ein, da er inzwischen seine Absicht, Priester zu werden, fallen gelassen hatte. Am 25. Dezember 1923 machte er Marija Horvat einen Heiratsantrag. Diese aber zog in einem Brief vom 28. März 1924 ihre Einwilligung zurück, was Stepinac ohne viel Aufhebens zur Kenntnis nahm. Im darauffolgenden Juni begann er bei der Lektüre eines Artikels über den hl. Klemens Maria Hofbauer, Apostel von Wien, über seine Berufung nachzudenken und fasste den Entschluss, Priester zu werden. Er ging als Student des Deutsch-Ungarischen Kollegs nach Rom und schrieb sich dort am 10. November 1924 an der Gregoriana ein. Am 9. Juli 1927 promovierte er in Philosophie. Am 26. Oktober 1930 wurde er zum Priester geweiht. Am 1. Juli 1931 machte er das Doktorat in Theologie und kehrte unmittelbar darauf in seine Heimat zurück, wo König Alexander von Serbien bereits im Januar 1929 – sehr zum Schaden Kroatiens – eine Diktatur errichtet hatte. Am 27. Juli 1931 ernannte ihn der Erzbischof von Zagreb, Anton Bauer, zu seinem Zeremoniar. Er wurde der erste Präsident der am 24. Dezember auf seine Empfehlung hin errichteten Diözesancaritas und organisierte in dieser Eigenschaft im Winter 1933 die Volksküchen für die Armen und die Studenten. 1934 begann er mit der Publikation und Redaktion der Zeitschrift Karitas, die mit folgendem Artikel eröffnet wurde: „Wir wollen die Ehre Gottes durch aktive Hingabe heben. Da unsere Absichten rein sind und der Zweck erhaben ist, werden wir uns weder von rechten noch von linken Anfeindungen beirren lassen. Wir wissen und spüren sehr gut, dass die Zeiten sehr schwierig sind. Doch ist die aktive Hingabe umso notwendiger, je schwieriger die Situation ist.“
Inzwischen war der Erzbischof auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Einige Kandidaten wurden vom Hl. Stuhl nicht akzeptiert, andere wiederum wurden vom Hof in Belgrad abgelehnt. Dies war die Stunde des Aloisius Stepinac. Am 29. Mai 1934 ernannte ihn Papst Pius XI. zu seinem Weihbischof mit dem Recht der Nachfolge. Bei seiner Weihe am 24. Juni desselben Jahres war Stepinac mit 37 Jahren der jüngste Bischof der Welt; von den Gläubigen wurde er mit Begeisterung aufgenommen.
Erzbischof Bauer übertrug seinem Weihbischof sofort große Verantwortung, die dieser mit besonderem Schwung auf sich nahm. In den ersten drei Jahren nach seiner Bischofsweihe führte er in 23 Dekanaten, d. h. in mehr als der Hälfte der großen Erzdiözese, Visitationen durch, spendete in 208 Pfarreien das Sakrament der Firmung und lernte einen Gutteil der Priester und des Volkes kennen.
Nach dem Tod des verdienstvollen Erzbischofs, der am 7. Dezember 1937 starb, übernahm Stepinac als Metropolit die Leitung der Erzdiözese Zagreb. Während seiner Amtsausübung war Kroatien – nach Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie durch die damals in Europa bestimmenden Mächte – zusammen mit Serbien, Montenegro, Mazedonien und Slowenien Teil eines 1919 praktisch künstlich errichteten Staates, der dem serbischen Königshaus Karadjordjevic unterstand. König Alexander und dann sein Nachfolger, Prinz Paul, waren lediglich Vollzugsorgane der ihnen von der herrschenden Klasse Serbiens und der Hierarchie der Orthodoxen Kirche aufgezwungenen politischen Linie. Die Spitze dieser antikatholischen Tendenz war die Frage des Konkordats zwischen der jugoslawischen Regierung (ab 1929) und dem Hl. Stuhl, das 1935 von beiden Seiten unterzeichnet und 1937 vom nationalen Parlament angenommen wurde; es wurde jedoch nicht dem Senat zur Ratifizierung vorgelegt und schließlich von Prinz Paul zurückgezogen, um sich der Unterstützung der orthodoxen Hierarchie zu versichern. Das Fehlen eines Konkordats machte die Katholiken zu jugoslawischen Bürgern zweiter Klasse, wenngleich die katholische Kirche ihre Tätigkeit damals sowohl im karitativen als auch im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich verstärkte. Stepinac tat sein Möglichstes, damit sich die Organisationen und die katholischen Einrichtungen konsolidieren und großzügig verbreiten konnten.
1939 brach der Zweite Weltkrieg aus und Jugoslawien schloss sich sogleich den Achsenmächten an. 1941 drangen Nationalsozialisten und Faschisten nach einem misslungenen Staatsstreich (der allem Anschein nach von ausländischen Geheimdiensten inszeniert gewesen war) in das Königreich Jugoslawien ein und zerschlugen es in zwei Teile mit je verschiedenen Einflussbereichen: Serbien verblieb unter nationalsozialistischem Einfluss, während Kroatien Mussolini überlassen wurde, der dem Anführer der Ustascha, Ante Pavelić, welcher sich damals im Exil in Italien befand, die Errichtung einer unabhängigen kroatischen Regierung zugestand.
Stepinac, ein eifriger Verfechter der Autonomie des kroatischen Volkes, war jedoch nie ein fanatischer Nationalist, sondern verurteilte diese Haltung geradezu auf das Energischste, wie beispielsweise einer Homilie an die Mitglieder der Universität von Zagreb am 27. März 1938 zu entnehmen ist: „Wenn zuweilen die Liebe zur Nationalität die Grenzen des guten Geschmacks überschreitet, dann ist nicht von Liebe, sondern von Leidenschaft zu sprechen, die weder nützlich noch von Dauer ist… Die Liebe zur eigenen Nation darf den Menschen nicht zu einem wilden Tier machen, sie soll ihn vielmehr adeln.“
Nach der Unabhängigkeitserklärung des kroatischen Staates am 10. April 1941 meinte Stepinac zu Msgr. Hren, nachdem er gehört hatte, dass dies von den Jugendlichen mit Jubel begrüßt wurde, obwohl auf dem Platz bereits deutsche Panzer auffuhren: „Gerade diese jungen Leute werden den preußisches Stiefel zu spüren bekommen! Wer wünscht sich wohl mehr als ich, dass Kroatien frei sei!? Vom heidnischen Deutschland aber ist das nicht zu erwarten. Ich glaube nicht, dass Hitler uns helfen will, die Unabhängigkeit zu erlangen.“
Kurz nach der Proklamation der Unabhängigkeit begann Ante Pavelić mit der Durchführung seines Programms zur „ethnischen Säuberung“, das von rigorosen Aktionen gegen Juden, Sinti und Roma im April 1941 und der sogenannten „Zwangskonversion“ der Orthodoxen zum Katholizismus im November 1941 gekennzeichnet war. Dabei folgte der kroatische Führer, möglicherweise ohne eigene Überzeugung, den Befehlen der Deutschen. Das Verhalten, das Stepinac diesen Gräueltaten gegenüber an den Tag legte, bestand in Verurteilung und entschiedener Ablehnung, wie aus der Dokumentation hervorgeht, die beim Seligsprechungsverfahren erstellt wurde, zum Teil aber schon früher bekannt war. Sein Einsatz zum Schutz der Menschen währte ununterbrochen, vom ersten Tag seines Bischofsamtes an bis zu seinem Tod. Davon zeugen seine Predigten ebenso wie seine Reden und Botschaften.
Nach Kriegsende, am 8. Mai 1945, kamen die Kommunisten an die Macht, und Stepinac und die Katholiken sahen sich fortan mit einer noch rigoroseren Verfolgung konfrontiert. Am 17. Mai 1945 wurde Stepinac zum ersten Mal verhaftet und am folgenden 3. Juni wieder freigelassen. Am 18. September 1945 kam er neuerlich in Haft und wurde nach einem zwischen 30. September und 10. Oktober stattgefundenen Scheinprozess in Zagreb am 11. Oktober 1946 zu 16 Jahren Zwangsarbeit und dem Verlust sämtlicher Bürgerrechte für die weiteren fünf Jahre bis zum Haftende verurteilt. Am 19. Oktober 1946 wurde Stepinac in den Kerker von Lepoglava gesperrt und am 5. Oktober 1951 in der Ursprungspfarre von Krašić unter Hausarrest gestellt. Auch hier tat er, was er immer getan hatte, nämlich – wie er es ausdrückte: „leiden und arbeiten für die Kirche“. Als ihn Pius XII. am 12. Januar 1953 zum Kardinal ernannte, stand er immer noch unter Hausarrest. Der ihm zuteil gewordene Purpur war mehr als verdient. Denn mittlerweile scheint erwiesen, dass Stepinac mittels eines Giftes getötet wurde, das man ihm wiederholt in kleinen Dosen verabreichte, wie dies auch aus der Zeugenaussage eines seiner Gefängniswärter hervorgeht: „Ich hatte die Aufgabe, den Kriegsverbrecher Stepinac zu vergiften. Von unseren Fachärzten … erhielt ich ein spezielles Gift, das ich ihm in das Essen mischte… Die tödlichen Folgen begannen sich abzuzeichnen, als er in Krašić war. Kein Arzt der Welt konnte herausfinden, dass der Kriminelle Stepinac vergiftet worden war.“
Kardinal Aloisius Stepinac starb am 10. Februar 1960 in Krašić mit jenen Worten auf den Lippen, die er so oft gesagt hatte: „Fiat voluntas tua!“ Seine sterblichen Überreste ruhen in der Kathedrale von Zagreb.
Am 3. Oktober 1998 wurde Aloisius Viktor Stepinac von Papst Johannes Paul II. in Zagreb, Kroatien, seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]
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