ALBERT HURTADO CRUCHAGA
(1901-1952)
PROFESSPRIESTER
D. GESELLSCHAFT JESU
Heilig: 23. Oktober 2005
Fest: 18. August
ALBERT HURTADO CRUCHAGA wurde am 22. Januar 1901 als erstes Kind von Alberto Hurtado Larraín und Anna Cruchaga Tocornal in Viña del Mar, Chile, geboren und am gleichen Tag auf den Namen Albert getauft. Seine Kindheit verbrachte er im Schoß einer christlichen und glücklichen Familie, bis am 14. Juni 1905 der Vater starb. Die Mutter war nunmehr gezwungen, den bescheidenen Familienbesitz zu ungünstigen Bedingungen zu veräußern, um Schulden zu begleichen, und zog anschließend mit ihren beiden Söhnen nach Santiago. Dort mussten Albert und sein Bruder Michael bei Verwandten wohnen, häufig voneinander getrennt. So lernte Albert schon von klein auf, was es hieß, arm zu sein, ohne Dach über dem Kopf und auf das Wohlwollen anderer angewiesen.
1909 ermöglichte ihm ein Stipendium den Besuch des Jesuitenkollegs in Santiago, wo er sich durch Lernerfolg, Frohsinn und Frömmigkeit hervortat. Im August 1910 wurde er zur ersten hl. Kommunion zugelassen und am 27. Oktober des Jahres empfing er das Sakrament der Firmung. Er wurde Mitglied der Marianischen Kongregation und nahm fortan regen Anteil am Schicksal der Armen, indem er jeden Sonntagnachmittag die Elendsviertel aufsuchte.
Nach Abschluss der Mittelschule 1917 wollte Albert bei den Jesuiten eintreten, man riet ihm aber, sich vorerst weiter um seine Mutter und den jüngeren Bruder zu kümmern. Nachmittags und abends ging er zur Arbeit, gleichzeitig besuchte er bis 1918 die juristische Fakultät der Katholischen Universität in Santiago. So konnte er die Seinen über Wasser halten. Auch in dieser Zeit galt sein ganzes Bemühen den Armen, die er weiterhin jeden Sonntag besuchte. Durch die Verpflichtung zum Militärdienst musste er sein Studium 1920 unterbrechen. Beim Militär belegte er einen Kurs für Hochschüler und wurde im Dezember des Jahres zum Leutnant befördert. Nach Beendigung des Militärdienstes konnte er Anfang August 1923 promovieren.
In all den Jahren seiner Ausbildung war sein Leben von zwei wesentlichen Aspekten gekennzeichnet: der Liebe zu Christus in der Eucharistie und der Liebe zu den Armen. Der Hang zu Christus fand seinen konsequentesten Ausdruck in der Antwort auf seine religiöse Berufung.
Am 14. August 1923 trat Hurtado in das Noviziat der Gesellschaft Jesu in Chillán ein; am 16. April 1925 wurde er nach Córdoba in Argentinien geschickt, um dort das Noviziat und seine humanistischen Studien abzuschließen. 1927 sandte man ihn zum Philosophie- und Theologiestudium nach Barcelona in Spanien, wobei er sich auch einen Monat lang in Irland aufhielt, um sein Englisch zu perfektionieren. Wegen der Unterdrückung der Jesuiten in Spanien 1931 musste er im September desselben Jahres nach Belgien übersiedeln und sein Theologiestudium in Löwen fortsetzen. Gleichzeitig studierte er Psychologie und Pädagogik, um das Doktorat zu erlangen. Am 24. August 1933 wurde Hurtado zum Priester geweiht. Nach Abschluss des Theologiestudiums 1934 absolvierte er sein drittes Probejahr im belgischen Drongen. Am 10. Oktober 1935 legte er an der Universität von Löwen seine Doktorarbeit vor und erhielt das Doktorat in Pädagogik. Nachdem er einige Pädagogik-Zentren in Europa besucht hatte, kehrte er im Januar 1936 nach Chile zurück.
In Santiago unterrichtete Hurtado am Kolleg S. Ignazio Religion und an der katholischen Universität sowie am Päpstlichen Seminar Pädagogik. Mit der Leitung der Marianischen Kongregation der Studenten betraut, engagierte er diese in der Katechese für die Armen. Als Exerzitienleiter betreute er viele junge Menschen und begleitete einige von ihnen auf ihrem Weg zum Priestertum. Sein Engagement erfasste nach und nach sämtliche Bereiche. Neben seiner Unterrichtstätigkeit schrieb er verschiedene Abhandlungen über Bildung und Erziehung sowie über die christliche Gesellschaftsordnung. Er errichtete ein Exerzitienhaus in einem Ort, der heute seinen Namen trägt. 1941 veröffentlichte er sein berühmtestes Buch, Es Chile un país católico?
Hurtados Einsatz und Eifer in der Jugendbetreuung waren dermaßen bekannt und geschätzt, dass ihn die kirchliche Hierarchie Chiles 1941 zum Assistenten der Jugend der Katholischen Aktion ernannte, zunächst für die Erzdiözese von Santiago und 1942 dann auf nationaler Ebene. Er durchreiste das ganze Land und rief überall Begeisterungsstürme hervor, bis seine Aktivitäten 1944 schließlich unter tragischen und für ihn schmerzlichen Umständen ein Ende fanden. Beim Generalassessor der chilenischen Katholischen Aktion stieß seine Vorgangsweise auf Ablehnung. Hurtado reichte beim Erzbischof seine Demission ein, die dieser nicht akzeptierte. Die Spannung blieb. Hurtado trug alles im Zeichen des Kreuzes, was für einen echten Christen spricht.
Gerade in dieser Phase des Rückzugs von allen Äußerlichkeiten, vom Sprechen und Schreiben für die andern, lebte er das, was er im Hinblick auf sich selbst sagte, nämlich: „Christsein bedeutet ,Christus sein‘, sein Kreuz auf sich nehmen, seine Armut, seine Erniedrigungen, seine Schmerzen. An Christus glauben und das Kreuz ablehnen lässt sich nicht miteinander vereinbaren.“
Die Vorsehung wollte es, dass sich für Hurtado neue Möglichkeiten apostolischen Wirkens eröffneten. Er war zutiefst berührt vom Anblick der unzähligen alten Leute, die ziellos durch die Gegend streiften, der vielen „Bettler“; der Alleinstehenden, die gezwungen waren, einsam und verlassen ein elendes Dasein zu fristen. Die vielen Kinder und Jugendlichen, die aufgrund ihrer Armut am Rande der Gesellschaft lebten, veranlassten ihn zum Handeln.
So appellierte er während eines Exerzitienkurses im Oktober 1944 an die Zuhörer, doch an die vielen Armen in der Stadt zu denken, besonders an die zahllosen Kinder, die durch die Straßen von Santiago vagabundierten. Dies rief eine Welle der Hilfsbereitschaft hervor und markierte den Beginn jener Initiative, durch die Hurtado in erster Linie bekannt geworden ist: eine Form karitativer Tätigkeit, die sich darauf konzentrierte, für die Obdachlosen einen Platz zum Leben zu schaffen: El Hogar de Cristo, „Das Haus Christi“.
Durch finanzielle Zuwendungen von Gönnern und die aktive Mitarbeit engagierter Laien eröffnete Hurtado der Reihe nach Häuser für Jugendliche, Frauen und Kinder. Die Armen fanden endlich einen häuslichen Herd im „Haus Christi“. Die Häuser wurden immer zahlreicher und nahmen auch völlig neue Dimensionen an. In einigen Fällen wurden sie zu Rehabilitationszentren, in anderen zu Lehrstätten für Handwerker. Und alles war von christlichen Werten getragen und durchdrungen. In diesem Geist hatte sich P. Hurtado in die armen Menschen hineinversetzt, in ihre innere Armut und ihr vor allem durch die Einsamkeit und den Mangel an Zuwendung verursachtes Leid.
1945 besuchte Hurtado die Vereinigten Staaten, wo er sich auch für die „Boys Town“-Bewegung interessierte, um so Anregungen für sein Werk zu bekommen. Nach seiner Rückkehr nach Santiago im März 1946 unterrichtete er weiterhin am Kolleg und an der Universität, hielt Predigten und Exerzitienkurse u. v. m.
1947 gründete Hurtado die chilenische Gewerkschaftsbewegung ASICH, die sich an der christlichen Lehre orientieren sollte.
Die letzten sechs Jahre seines Lebens widmete er der Weiterentwicklung von „Christus-Häusern“, die heute mehr als 250 Einrichtungen zählen, welche durch monatliche Beiträge von ca. 200.000 Mitgliedern (socios comprometidos) finanziert werden. 1947 begab er sich neuerlich nach Europa, um an einem Kongress der Jesuiten teilzunehmen, der sich mit einer zeitgemäßen Seelsorge beschäftigte. Am 8. Oktober wurde er von Papst Pius XII. in Audienz empfangen. Ab Januar 1948 wieder in seiner Heimat, organisierte er seine Tätigkeit neu, um ihr im sozialen Bereich mehr Gewicht zu verleihen, und verfasste zu diesem Zweck verschiedene Publikationen.
Zwischen 1947 und 1950 schrieb Hurtado drei wichtige Bücher über die Gewerkschaften, den sozialen Humanismus und die christliche Gesellschaftsordnung. 1951 gründete er die Zeitschrift Mensaje, die den Menschen die Lehre der Kirche näherbringen sollte. Insgesamt belaufen sich die von ihm verfassten Schriften auf mindestens 123 Titel.
Unterdessen kam es trotz verschiedenster Behandlungen zu einer allmählichen Verschlechterung von Hurtados Gesundheit. Am 10. Mai 1952 zelebrierte er die letzte hl. Messe. Am darauffolgenden 21. Mai erlitt er einen Lungeninfarkt. Eine Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse beförderte ihn innerhalb weniger Monate an den Rand des Todes. Ungeachtet der furchtbaren Schmerzen hörte man ihn immer wieder sagen: „Ich bin zufrieden, Herr!“ Nachdem er sein ganzes Leben dafür hingegeben hatte, den Armen die Liebe Christi zu vermitteln, rief ihn der Herr am 18. August 1952 in der Klinik der katholischen Universität von Santiago zu sich.
Wenig später wurde sein Leichnam in die Kirche des hl. Ignatius überführt und schließlich in der Pfarrkirche Jesus Obrero neben dem „Haus Christi“ beigesetzt. Heute befindet sich sein Grab in dem zu seinen Ehren in der Av. General Velázquez, 1090, in Santiago de Chile errichteten Heiligtum.
Am 23. Oktober 2005 wurde Albert Hurtado Cruchaga von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen, nachdem ihn Papst Johannes Paul II. am 16. Oktober 1994 seliggesprochen hatte.
RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]
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