Andreas Resch: Bruder Albert Chmielowski

BRUDER
ALBERT
CHMIELOWSKI
(Adam)
(1845-1916)

GRÜNDER DER
BRÜDER UND SCHWESTERN
„DIENER DER ARMEN
IM DRITTEN ORDEN
DES HL. FRANZISKUS“

Heilig: 12. November 1989
Fest: 25. Dezember

ALBERT CHMIELOWSKI wurde am 20. August 1845 als Sohn der Adeligen Adalbert Chmielowski und Josephine Borzysławska in Igołomia bei Krakau, Polen, geboren und am 26. d. M. privat auf den Namen Adam Bernhard getauft. Der Vater war Chef der 1. Abteilung des Zollamtes, die Mutter eine eifrige

franziskanische Tertiarin. Am 17. Juni 1847 wurden die Taufzeremonien nachgeholt und der Kleine erhielt zusätzlich noch den Namen Hilarius. Zur Taufe wurden außer den Paten und Patinnen sowie einigen engen Freunden alle Bedürftigen eingeladen, die im Umkreis der Kirche gerade um Almosen baten, um so vom Himmel den „Segen der Armen“ herabzurufen. Später pflegte Bruder Albert immer wieder zu sagen: „Es ist nichts Besonderes, dass ich mich um die Armen kümmere. Schließlich wurde ich bei der Taufe von einem Bettler und einer Bettlerin gehalten, die man vor der Kirche aufgegriffen hatte.“

Im Schoß der Familie erhielt Albert eine äußerst gediegene Erziehung, war jedoch kränklich. Die Mutter, eine tiefgläubige Frau, machte das Gelübde, zum Heiligtum des Gekreuzigten Heilandes in Mogiła zu pilgern, wenn Adam gesund würde. Nach erfolgter Heilung trug sie das Kind am 19. September 1851 vor das wundertätige Kreuz nach Mogiła und weihte es dem Herrn.

Wegen der zunehmend prekären Gesundheit des Vaters war die Mutter gezwungen, am 25. Juni 1853 das Landgut von Czernice zu verkaufen und nach Warschau zu übersiedeln. Zwei Monate später, als Adam sieben Jahre alt war, starb am 25. August der über alles geliebte und geschätzte Vater. Von da an begann Adam für den Vater zu beten und ihn in Augenblicken der Not um seinen Beistand anzurufen. Und während er die Mutter tröstete, sagte er immer wieder: „Der Vater ist uns näher als zuvor und wird uns sicher von der anderen Welt aus beistehen!“

Wann Adam Erstkommunion und Firmung empfing, ist nicht bekannt, vermutlich um das zehnte Lebensjahr. Nach Abschluss der ersten Volksschulklassen schickte ihn die Mutter 1857 an die Kadettenschule nach Petersburg, wobei sie von dem Stipendium Gebrauch machte, das den Familien von Staatsbeamten zustand. Als am 29. August 1859 auch die Mutter starb, kam Albert in die Obhut von Petronilla, einer Tante väterlicherseits, die ihm die leibliche Mutter voll und ganz ersetzte.

1862 schrieb sich Adam in die Land- und Forstwirtschaftsschule von Puławy ein. Gleichzeitig empfand er eine immer größere Liebe zu seiner unterdrückten und besetzten Heimat. Am 22. Januar 1863 verbreitete das Nationale Zentralkomitee ein Manifest, in dem stand: „Nach der furchtbaren Schmach der Sklaverei und qualvoller Unterdrückung lädt dich das Nationale Zentralkomitee ein, ins Feld zu ziehen, um jenen Sieg zu erlangen, den es dir im Namen Gottes, der im Himmel ist, verspricht.“ Gemeinsam mit anderen polnischen Jugendlichen folgten auch die Studenten von Puławy der Einladung des Manifests. Am 30. September 1863 explodierte bei einem Zusammenstoß mit den Russen eine Handgranate zwischen den Beinen von Adams Pferd und verletzte ihn am Fuß. Er wurde gefangen genommen und aufgrund seiner schweren Verwundung einer Beinamputation unterzogen. Wie es ihm gelang, aus dem Gefängnis zu entkommen, ist unbekannt. Möglicherweise wurde er an Stelle eines verstorbenen Soldaten in einem Sarg hinausgetragen.

Als Adam die Heimat verlassen musste, flüchtete er 1864 nach Paris, indem er sich wahrscheinlich einigen französischen Kriegsgefangenen anschloss. In Paris begann er sich für Malerei zu interessieren und besuchte die Akademie der Schönen Künste in Botignolle. 1865 erließ Russland für alle am Aufstand Beteiligten eine Amnestie. Adam kehrte nach Warschau zurück und schrieb sich dort an der Akademie der Schönen Künste ein, die jedoch am 15. April 1866 geschlossen wurde. Daraufhin ging er nach Gand in Belgien, um die Technische Hochschule zu besuchen. Da er bei sich jedoch beachtliche künstlerische Fähigkeiten entdeckte, widmete er sich von 1867 an dem Studium der Malerei in Paris, um dieses ab Herbst 1869 an der Akademie der Schönen Künste in München, Bayern, zu vervollkommnen, wo er sich besonders von der sakralen Kunst angesprochen fühlte. Seine Worte waren: „Es gilt, sich zu reinigen, zu heiligen und sein Talent und den Geist zur Ehre Gottes einzusetzen!“ Zum Malen sakraler Sujets, so pflegte er zu sagen, müsse man sich, um die nötige Inspiration zu erlangen, zurückziehen und in Gebet und Meditation verharren.

Als gefeierter Künstler kehrte er im Oktober 1874 nach Polen zurück, wo er an der von der Gesellschaft der Schönen Künste organisierten Ausstellung teilnahm, doch wurde sein Bild, das die polnischen Aufstände im Stil der deutschen Impressionisten darstellte, von Jury und Kritikern abgelehnt. Das war ein sehr harter Schlag für Chmielowski, der ihn viel über die Ungerechtigkeiten und die menschliche Beurteilung der Dinge nachdenken ließ.

Auf der Suche nach einem neuen Lebensideal wuchs in ihm, der bis dahin Kunstwerke profanen Inhalts kreiert hatte, der Wunsch, „seine Kunst, sein Talent und seine Gedanken der Ehre Gottes zu widmen“. Fortan überwogen in seiner künstlerischen Tätigkeit religiöse Themen. Eines seiner besten Bilder, „Ecce Homo“, verkörperte für ihn die Frucht seiner spirituellen Metamorphose. Davon überzeugt, dass man, um Gott zu dienen, „die Kunst und das Talent Ihm widmen“ müsse, trat er am 10. Oktober 1880 als Laienbruder bei den Jesuiten ein, musste jedoch nach sechs Monaten, am 5. April 1881, das Noviziat aus schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen wieder verlassen.

Am 17. April 1881 ging Chmielowski in das Spital von Kulparków und blieb dort bis zum 22. Mai 1882 in stationärer Behandlung, wobei er eine dunkle Nacht der Leiden und der Besinnung durchlebte. Nach Verlassen des Spitals wohnte er als Gast bei seinem Bruder und war nach Aussagen eines Zeugen „ganz in Traurigkeit versunken, blieb den ganzen Tag in seinem Zimmer, in Schweigen und Niedergeschlagenheit, ohne zu essen und zu trinken, gepeinigt von schrecklicher spiritueller Drangsal… Man konnte ihm nicht helfen, die Apathie zu überwinden, er hatte keinen Mut, die Sakramente zu empfangen, ja, er ging nicht einmal aus dem Haus, um die Kirche nebenan zu besuchen.“ Chmielowski selbst sagte: „Ich war bei klarem Verstand, voll bewusst, doch plagten mich heftige Schmerzen, Zweifel und schreckliche Qualen.“ Diese Erfahrungen ermöglichten es ihm später, an Mutter Bernardina Jabłonska zu schreiben: „Schwester, jenes Kreuz, das so viele Leiden trägt, wird die Nacht des Geistes genannt, nach der der Morgen und die Sonne kommt.“

Nachdem er die Bedrängnisse der Nacht überwunden hatte, nahm Chmielowski seine Tätigkeit als Maler wieder auf und widmete den Großteil seiner Zeit dem Wohl des Nächsten. Als ihm das Buch zur III. Regel des heiligen Franziskus von Assisi und der Laienterziaren in die Hände fiel, fand er an dessen Inhalt solches Gefallen, dass er dem Orden nicht nur beitrat, sondern zu dessen unermüdlichem Apostel wurde.

Nachdem Chmielowski das materielle und moralische Elend der Obdachlosen und Alleinstehenden in den öffentlichen Schlafsälen von Krakau kennengelernt hatte, beschloss er, aus Liebe zu Christus, dessen entstelltes Gesicht er in seiner Würde verletzt sah, auf die Kunst zu verzichten, gemeinsam mit diesen zu wohnen, ein Leben der Armut zu führen und sich für sie aufzuopfern.

Am 25. August 1887 zog er den grauen Habit an und nannte sich fortan Bruder Albert. Ein Jahr später, am 25. August 1888, legte er die Ordensgelübde in die Hände des Bischofs von Krakau ab und begann sein Apostolat in der städtischen „Herberge“. Er lebte ebenfalls dort und nahm in allem am Leben der Armen teil. Er veröffentlichte auch ein Büchlein mit dem Titel „Wegweiser für die Regel des Seraphischen Dritten Ordens des heiligen Franziskus“.

Unterstützt von einigen Mitarbeitern, förderte er die Gründung der Kongregation der Brüder „Diener der Armen im Dritten Ordens des hl. Franziskus“ (Albertiner), die am 29. Juni 1889 das neue Kleid anzogen. Am 5. Januar 1891 erfolgte die Einkleidung der ersten sieben Schwestern des weiblichen Zweiges der Kongregation, der Albertinen (Abb.), in die Hände des Kapuziners Bernardin Kluzek und in Anwesenheit des Kardinals; ihre Aufgabe war es, den bedürftigen Frauen und den Kindern eine Stütze zu sein.

Die beiden Gründungen, so scheint es, kamen eher nach dem Willen Gottes als nach dem Willen Bruder Alberts zustande, sagte er doch selbst: „Mir war es nie in den Sinn gekommen, ein religiöses Institut zu gründen. Ich suchte lediglich nach Mitteln und Wegen, den Armen zu helfen, Gott aber hat anders entschieden. Sein Wille geschehe! Ich will mich hier nicht einmischen, um nicht Gottes Werk zu zerstören.“ (75)
Inzwischen organisierte Bruder Albert Heime für die Armen, Häuser für die Körperbehinderten und die Unheilbaren, er schickte die Schwestern zur Arbeit in die Militärspitäler und Lazarette, gründete Volksküchen, Asyle und Waisenhäuser für die Kinder sowie Unterkünfte für die Jugendlichen ohne Dach über dem Kopf. Jeder konnte auf seine Hilfe zählen, ohne Unterschied von Konfession oder Nationalität. Während er für die Grundbedürfnisse der Armen aufkam, kümmerte er sich auch in väterlicher Weise um ihre Seelen und versuchte, ihnen ihre menschliche Würde wiederzugeben, indem er ihnen half, sich mit Gott zu versöhnen.

Bruder Albert starb am 25. Dezember 1916, reich an Tugenden und Verdiensten, in der von ihm errichteten Unterkunft in Krakau als Armer unter den Armen und wurde auf dem Friedhof von Rakowice beigesetzt. Später, am 31. Mai 1949, wurden seine sterblichen Überreste in das Atrium der Kirche der Unbeschuhten Karmeliten in Krakau überführt und am 18. Juni 1983 in die Ecce Homo-Kirche im Generalatshaus der Albertinen, ul. Woronicza, 10, Krakau, Polen. Von der Heiligkeit des Bruders Albert waren schon seine Zeitgenossen überzeugt, die ihn „den größten Mann ihrer Generation“ nannten; er wird als der „polnische hl. Franziskus des 20. Jahrhunderts“ angesehen. Seine Kongregationen erfüllen ihren Auftrag in Polen, Italien, in den USA und in Argentinien.

Nach seiner Seligsprechung am 22. Juni 1983 in Krakau durch Papst Johannes Paul II. wurde Albert Chmielowski am 12. November 1989 vom gleichen Papst heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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