Andreas Resch: Maria Josefa Sancho de Guerra

MARIA JOSEFA
SANCHO DE GUERRA
(1842-1912)

GRÜNDERIN DER KONGREGATION
DER BARMHERZ. SCHWESTERN
DIENERINNEN JESU

Heilig: 1. Oktober 2000
Fest: 20. März

MARIA JOSEFA VOM HERZEN JESU SANCHO DE GUERRA wurde am 7. September 1842 als erstes Kind der Eheleute Barnabas Sancho und Petra de Guerra in Vittoria, Provinz Alava, Spanien, geboren und am darauffolgenden 8. September auf den Namen Maria Josefa getauft. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Fami­lie – der Vater verdiente seinen kargen Lohn als Sänftenträger – war Maria Josefa von klein auf gewohnt, auf vieles zu verzichten. Im Alter von zwei Jahren, am 10. August 1844, erhielt sie – wie es damals üblich war – das Sakrament der Firmung.

Nachdem sie, gerade einmal drei Jahre alt, von einer Bank gestürzt war, wurden ihre Beine von einer mysteriösen Lähmung befallen, von der sie, nach einer Wallfahrt ihrer Eltern zum Heiligtum auf den Berg Aralar in Navarra, wo der hl. Erzengel Michael verehrt wird, plötzlich geheilt wurde. Diese Erfahrung war es auch, die sie schon von Kindheit an zu einem eher beschaulichen Leben führte. Von den Eltern, die einer gediegenen katholischen Tradition entstammten, wurde sie zu einem gesunden christlichen Bewusstsein erzogen, getragen und genährt durch das Gebet.

1850, im Alter von sieben Jahren, verlor Maria Josefa ganz unerwartet den Vater, der mit erst 38 Jahren an einer Gehirnblutung starb. Es war dies für die Familie eine harte Prüfung. Doch setzte die Mutter fortan alles daran, ihre Tochter auf die Erstkommunion vorzubereiten, die sie am 2. Februar 1852 im Alter von zehn Jahren empfing. Ihr ausgeprägter Hang zum Alleinsein und zur Abkapselung gegenüber ihren Altersgenossinnen wirkte sich sogar auf den Unterricht in der öffentlichen Schule aus, wo sie zumindest lesen und schreiben lernte. Mit 15 Jahren wurde sie für eine umfassendere Erziehung und Ausbildung zu Verwandten nach Madrid geschickt.

Nach Vittoria zurückgekehrt, äußerte sie der Mutter gegenüber den Wunsch, in ein Kloster einzutreten, da sie sich schon länger zu einem Leben in Klausur hingezogen fühlte. Sie schwankte zwischen den Klarissinnen und den Dominikanerinnen. Als sie dann um 1860 die Bekanntschaft des Franziskaners Mariano Estarta machte, schien sie entschlossen, bei den Konzeptionistinnen in Aranjuez einzutreten. Nach der Genesung von einer schweren Typhuserkrankung gab sie aber auch diesen Vorsatz auf.

Maria Josefa war inzwischen zu einer Verwandten nach Madrid über­siedelt, wo ihr der Beichtvater zu verstehen gab, dass sie für ein beschauli­ches Leben nicht geschaffen sei, sondern sich lieber nach einem tätigen Or­den umsehen solle. So entschied sie sich letzten Endes für die Kongregation der Dienerinnen Mariens, die am 15. August 1851 von Don Miguel Martínez Sanz gegründet worden war, der unter vielen Bewerberinnen sieben auswählte, darunter die später als Gründerin angesehene Manuela Soledad Torres Acosta.

Am 3. Dezember 1864 trat Maria Josefa im Alter von 22 Jahren in das Institut der Dienerinnen Mariens in Chamberí bei Madrid ein, wo sie von der Gründerin persönlich empfangen wurde. Am 25. Dezember nahm sie das Ordenskleid und nannte sich von nun an Maria de la Salud. Nach kaum drei Monaten Noviziat wurde sie, noch keine 23 Jahre alt, nach Madrid geschickt, um sich dort um die Opfer einer schlimmen Choleraepidemie zu kümmern. Sie aber, die schon vor ihrer Einkleidung nur mit Mühe eine Krise der Unsicherheit überwunden hatte, empfand nun neuerlich, und diesmal noch stärker, ein gewisses Unbehagen, überzeugt davon, ihre Beru­fung verfehlt zu haben. Während ihr Beichtvater, P. Vittoriano Medrano SJ, davon abriet, bei den Dienerinnen Mariens die Profess abzulegen, wurde sie vom hl. Antonius Maria Claret geradezu ermuntert, indem er ihr noch dazu kundtat, dass Gott sie für große Aufgaben ausersehen habe. Daraufhin legte Sr. Maria de la Salud am 1. Januar 1866 die zeitlichen Gelübde ab.

Durch diesen Schritt wurde die Entscheidung, aus der Kongregation der Dienerinnen Mariens auszu­treten, jedoch nur einige Jahre aufgeschoben; in ihrem Innern nämlich hielt sich der Gedanke, eine neue Gemeinschaft zu gründen. Die Kontakte mit dem hl. Erzbischof Claret und die offenen Gespräche mit ihrer Oberin, der hl. Soledad Torres Acosta, ließen allmählich den Entschluss reifen, das Institut der Dienerinnen Mariens zu verlassen und eine neue religiöse Gemeinschaft zu gründen mit dem ausschließlichen Zweck der Krankenpflege zu Hause und in den Spitälern. Dieses Ideal wurde von vier weiteren Dienerinnen Mariens geteilt, die mit Erlaubnis und Dispens des Kardinal-Erzbischofs von Toledo die Kongregation der Dienerinnen Mariens am 22. Juli 1871 verließen, da dort nach ihrem Dafürhalten das Gemeinschafts- und Gebetsleben zu kurz kam und die Schwestern zu sehr mit der Pflege der Kranken (auch zu Hause) beschäftigt waren.

Die neue Gründung erfolgte am 25. Juli 1871 in Bilbao; Maria Josefa war damals 29 Jahre alt. Das Institut nannte sich Kongregation der Barmherzigen Schwestern Dienerinnen Jesu (Siervas de Jesús de la Caridad). Sie konzentrieren sich in erster Linie auf die Hauskrankenpflege und die Pflege in den Spitälern, weshalb die Schwestern als viertes Gelübde jenes der Krankenfürsorge ablegen. Zu diesem Hautpanliegen traten später die Beherbergung und Pflege betagter Frauen, die Aufnahme von Kindern in Kinderkrippen und, vor allem in den ärmsten Staaten Lateinamerikas, die Armenapotheken und Pflegezentren.

Eine große Stütze bei der Institutsgründung in Bilbao und ihr ganzes Leben hindurch war ihr der Priester Mariano de Ibargüengoita (1815 –1888). Mit seiner Hilfe wurden auch die ersten Konstitutionen für das Institut erstellt, die, verglichen mit jenen der Dienerinnen Mariens von 1861, eine klare Akzentverschiebung in Richtung Gemeinschaftsleben und intensiveres Gebetsleben zeigten. Die Schwestern nähten sich einfache Gewänder und beschlossen, den weltlichen Namen abzulegen. Maria Josefa Sancho de Guerra nannte sich von nun an Maria vom Herzen Jesu.

Nach Anerkennung durch den Bischof von Vittoria wurde das Institut am 9. Juni 1874 als Kongregation diözesanen Rechts mit der Bezeichnung Dienerinnen Jesu approbiert. Am 21. Juni 1875 legten Maria und ihre Gefährtinnen die Profess ab und am gleichen Tag wurde sie zur Oberin des ersten in Bilbao errichteten Hauses ernannt. Nachdem 16 Schwestern der Kongregation die ewigen Gelübde abgelegt hatten, feierten die Dienerinnen Jesu 1876 das erste Generalkapitel, bei dem Maria zur Generaloberin des Instituts gewählt wurde – ein Amt, das sie mit Billigung der Religiosenkongregation bis zu ih­rem Tod innehatte. Am 31. August 1880 verlieh der Hl. Stuhl dem neuen Institut das Decretum laudis. Die endgültige Approbation durch Leo XIII. erfolgte am 8. Januar 1886.

Mutter Maria vom Herzen Jesu verbrachte ihr ganzes Leben im Mutterhaus des Instituts als General­oberin und 30 Jahre als Novi­zenmeisterin und Ausbildnerin der Kandidatinnen. Sie leitete die Kongregation 40 Jahre lang, also bis zu ihrem Tod, mit seltenem Geschick und Intuition. Man bedenke, dass sie in diesem Zeitraum 43 Gründungen verschiedener Häuser vorantrieb, darunter eines in Chile, und die Mitglieder der Kongregation auf über 1000 führte.

Um die einzelnen Häuser zu besuchen, nahm sie anstrengende Reisen auf sich, bis sie durch eine lange Krankheit an das Haus von Bilbao gebunden und fast gelähmt blieb, jedoch bei großer geistiger Klarheit. An das Bett oder den Lehnstuhl gefesselt, verfolgte sie die Ereignisse in den verschiedenen Häusern Spaniens und außerhalb durch eine ausgiebige und reichhaltige Korrespondenz.

Ihre Spiritualität war von einer tiefen Liebe zu Gott und dem Nächsten geprägt, vor allem zu den Kranken, in denen sie Christus selbst sah, und von einer großen Verehrung für die Madonna und die Heiligen getragen. So liest man in ihren Schriften:
„Die Nächstenliebe und die gegenseitige Zuwendung bedeuten auch in diesem Leben das Paradies für die Kommunitäten. Ohne Kreuz könnten wir nicht leben, wo immer wir auch gehen, denn das Ordensleben ist ein Leben des Opfers und der Entsagung. Das Fundament der größten Vollkommenheit ist die geschwisterliche Liebe. Glaubt nur ja nicht, liebe Schwestern, dass Fürsorge nur im Verabreichen von Medikamenten und Essen an die Kranken besteht. Es gibt auch noch eine andere Form der Fürsorge, auf die man niemals vergessen darf, und das ist die Fürsorge des Herzens, die sich anpasst, sich der leidenden Person zuwendet und auf ihre Bedürfnisse eingeht.“
„So lasst uns denn im göttlichen Herzen Jesu unser Zentrum der Kommunikation mit Ihm bilden. Wir können dies tun, wann immer wir möchten, ohne Angst zu haben, dadurch jemandem zur Last zu fallen; Jesus allein gelte unsere Vertrautheit!“

Von 1894 an schwer krank, starb Maria vom Herzen Jesu am 20. März 1912 in Bilbao, der Wie­ge ihrer Ordensgemeinschaft, umgeben vom Ruf der Heiligkeit und reich an Verdiensten für Werke der Nächstenliebe an den Leidenden und Verlassenen. Sie hinterließ ein Institut, zu dem 43 Häuser in Spanien und Amerika mit über tausend Schwestern gehörten.

Der Leichnam wurde in der Schwesterngruft des Friedhofs von Derío (Bilbao) bestattet und am 15. Januar 1926 in die Kapelle des Mutterhauses der Siervas de Jesús, calle La Naja, 1, Bilbao, Spanien, übertragen.

Die Kongregation der Dienerinnen Jesu ist heute in ver­schiedenen Staaten Europas, Amerikas und Asiens präsent. Das Mutterhaus befindet sich in Bilbao, das Generalatshaus in Rom.

Am 1. Oktober 2000 wurde Maria Josefa Sancho de Guerra von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der sie am 27. September 1992 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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