LOUIS MARTIN (1823-1884) – MARIE-AZÉLIE GUÉRIN MARTIN (1831-1877)
ELTERN DER HL. THERESIA VOM KINDE JESU
Selig: 19. Oktober 2008
Heilig: 18. Oktober 2015
Fest: 20. Juli und 28. August
LOUIS MARTIN wurde am 22. August 1823 in Bordeaux in eine Soldatenfamilie hineingeboren und verbrachte seine Kindheit an verschiedenen Stützpunkten des französischen Militärs. Im Alter von 21 Jahren spielte er eine Zeit lang mit dem Gedanken, bei den Augustinern im Hospiz des Großen St. Bernhard einzutreten. Vom Lateinstudium abgeschreckt, ergriff er jedoch den Beruf des Uhrmachers und ließ sich in Alençon nieder, wo er mit Erfolg tätig war.
MARIE-AZÉLIE GUÉRIN wurde am 23. Dezember 1831 in der Nähe von Saint-Denis-sur-Sarthon ebenfalls in einer Soldatenfamilie geboren. Sie arbeitete in der Fertigung von Alençon-Spitzen. Auch sie wollte ins Kloster gehen, aber ihre angeschlagene Gesundheit und das negative Urteil der Oberin der Töchter der Nächstenliebe in Alençon hielten sie davon ab. Also betete sie zum Herrn: „Wenn ich schon nicht würdig bin, Deine Braut zu sein, werde ich Deinem heiligen Willen entsprechend heiraten. Doch erbitte ich viele Kinder und dass sie alle Gott geweiht werden.“
Als sie eines Tages über die Leonhard-Brücke in Alençon ging, begegnete sie einem jungen Mann, dessen edle Gestalt, der beherrschte Gang und die würdevolle Haltung sie beeindruckten. Gleichzeitig vernahm sie eine innere Stimme, die ihr insgeheim zuflüsterte: „Das ist der Mann, den ich für Dich ausgewählt habe.“
Drei Monate nach dieser Begegnung traten Marie-Azélie Guérin und Louis Martin, wie es damals Sitte war, in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli 1858 in der Notre Dame-Kirche in Alençon in den Stand der Ehe, aus der zu ihrer Freude neun Kinder hervorgingen. Drei starben innerhalb weniger Monate und die kleine Elena ganz unverhofft mit fünf Jahren. Doch weder die Trauer noch die Prüfungen konnten dem tiefen Glauben der Eheleute etwas anhaben, der durch den täglichen Besuch der hl. Messe und die Verehrung der Jungfrau Maria gestärkt wurde. Als Marie-Azélie die Augen ihrer geliebten Kinder schloss und sie in den Sarg legte, empfand sie selbstredend einen tiefen Schmerz, den sie jedoch demütig ertrug. Viele sagten ihr, es sei besser gewesen, sie hätte die Kinder nicht geboren. Eine solche Ausdrucksweise konnte Marie-Azélie nicht hinnehmen. Ihr Kummer und ihr Schmerz waren nichts gegen die ewige Glückseligkeit.
In einem Brief vom 4. März 1877 schrieb sie: „… als unsere Kinder da waren, hat sich unser Denken geändert… Wir lebten nur mehr für sie, sie waren unser ganzes Glück, das wir einzig und allein in ihnen gefunden haben. Kurz und gut, wir haben alles spielend gemeistert, die Welt hat uns nicht belastet.“
Ihr letztes Kind war die hl. Theresia vom Kinde Jesu, die spätere Kirchenlehrerin. Für eine weitere Tochter, Léonie (Sr. Franziska von den Visitantinnen), wurde am 2. Juli 2015 der Seligsprechungsprozess eröffnet.
Die heiligen Eltern führten ihre Kinder in die Tiefe der Geheimnisse Christi ein, vor allem in das Mysterium seines Leidens. Die Verehrung des hl. Antlitzes war eine Spezialität von Louis. Léonie, der Drittgeborenen, die gesundheitlich angeschlagen und vom Temperament her rebellisch war, gehörten die ganze Aufmerksamkeit und alles Zartgefühl.
Bei jedem Kind, dessen Geburt sich bei Marie-Azélie ankündigte, bat sie Gott, es möge doch ein echter Christ, ein wahrer Apostel und Missionar werden.
In puncto Nächstenliebe, erzählt Tochter Celina, konnte ihr Vater kein Leid mitansehen, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Eines Morgens begegnete er einem erschöpften alten Mann. Er versorgte ihn mit Essen und hieß Theresia vor ihm niederknien, um seinen Segen zu erbitten.
Bei den Martins zu Hause stand stets Gott im Mittelpunkt. Marie-Azélie hat eine echte Familienchronik hinterlassen, aus der hervorgeht, dass die Quelle ihrer Existenz die hl. Messe und das Gebet waren. Sie war eine sehr feinfühlige Frau. So schrieb sie in einem Brief vom 4. April 1868: „Es ist eine so wunderbare Aufgabe, für seine Kinder zu sorgen!“ Diese fühlten sich zu Hause und wussten, dass die Eltern für sie lebten. Christus und den Eltern zu gefallen, wurde für sie zum obersten Gebot.
Das Besondere am tiefen Glauben der Martins war die völlige Hingabe an die göttliche Vorsehung. So verzweifelten sie auch angesichts des Verlustes von vier Kindern nicht. Vielmehr schrieb Marie-Azélie an ihre Schwägerin, die eine Fehlgeburt erlitten hatte: „Mögt ihr darin den heiligen Willen des Herrn erkennen! Euer liebes Kind ist bei ihm, es sieht euch, es liebt euch, und eines Tages werdet ihr es wiedersehen. Diesen großen Trost habe ich empfunden, als ich die Augen meiner geliebten Kinder schloss und sie begraben habe.“
Eine außerordentliche Stütze in allen Momenten des ehelichen Lebens war für Marie-Azélie ihr Gatte Louis, wie aus dessen Brief vom 8. Oktober 1863, anlässlich einer Geschäftsreise nach Paris, hervorgeht: „Meine Liebste, ich werde nicht vor Montag nach Alençon zurückkehren; die Zeit scheint mir lang, und ich kann es kaum erwarten, wieder bei dir zu sein.“ Er war immer darauf bedacht, sie nicht zu überfordern, und empfahl ihr Ruhe und Mäßigung bei der Arbeit.
Marie-Azélie litt jedoch bereits an Brustkrebs. Nach zahlreichen Behandlungen war die letzte Hoffnung eine Reise nach Lourdes, verbunden mit dem Versprechen: Wenn mich die selige Jungfrau nicht heilt, werde ich sie bitten, meine Tochter Léonie zu heilen und einen klugen Menschen, eine Heilige, aus ihr zu machen. Auch wenn ich nicht geheilt werde, werde ich dennoch versuchen, auf dem Heimweg zu singen (Brief an die Schwägerin vom 20. Februar 1877). Zehn Tage zuvor, als die Metastasen schon den gesamten Organismus befallen hatten, schleppte sie sich noch zur Festmesse in die Kirche.
Ihr Heimgang erfolgte am 28. August 1877, nachdem ihr in Anwesenheit der ganzen Familie (Theresia war damals viereinhalb Jahre alt) die Krankensalbung und die Kommunion gespendet worden waren.
Nachdem Louis nach 19-jähriger Ehe nun mit 54 Jahren Witwer geworden war, wollte er fortan ganz für seine Töchter da sein. Er übersiedelte nach Lisieux, um Kontakt mit der Familie Guérin aufzunehmen und seinen fünf Töchtern eine bessere Zukunft zu sichern. „O Herr, Du gewährt mir zuviel der Ehre“, war sein Kommentar, als ihm diese eröffneten, dass sie die Absicht hätten, ins Kloster zu gehen. Der Eintritt von Paolina in den Karmel war vorgesehen, nicht so jener von Maria, der Stütze des Hauses. Dennoch willigte der tapfere Vater ohne Vorbehalte bei allen ein, auch bei Celina. Sogar bei Léonie, die das Kloster mindestens zweimal verlassen hatte, bis sie dann endgültig bei den Schwestern der Heimsuchung (Visitantinnen) in Caen eintrat, wo sie im hohen Alter starb. Heute ist die schwierigste der Töchter aus dem Hause Martin eine Dienerin Gottes. Auch zu Theresia sprach er ein volles Ja. Sie begleitete er nach Rom, damit sie von Papst Leo die Erlaubnis erhalte, mit nur 15 Jahren in den Karmel einzutreten.
Als Louis Martin aufgrund einer Zerebralsklerose stationär in die psychiatrische Klinik von Caen aufgenommen werden musste, sagte er zum Arzt, der sich über seine Gelassenheit und sein unablässiges Gebet wunderte: „Zeitlebens habe ich immer den Ton angegeben, und jetzt ist es an mir, zu gehorchen. Es ist hart, aber ich weiß, dass es zu meinem Besten ist. Ich bin nie gedemütigt worden, jetzt ist die Zeit zur Demut gekommen. Gott sei gepriesen!“
Als er schließlich völlig gelähmt war, nahm ihn sein Schwager Isidor bei sich auf, wo er am 29. Juli 1894, umsorgt von seiner Tochter Celina, starb. Kurz nach seinem Tod erinnerte Theresia an die Großzügigkeit ihres Vaters, der den Hochaltar der Kathedrale von St. Peter in Lisieux gestiftet hatte.
Seine Tochter Geneviève berichtet: „Wir hatten lediglich eine Haushaltshilfe, die grobe Arbeit hat Vater gemacht.“ Er spielte mit den Kindern, nahm sie zu Wallfahrten mit, begleitete sie in die Ferien und organisierte Ausflüge mit ihnen … an erster Stelle aber stand immer die Hl. Dreifaltigkeit mit allem, was ihr zukam. Die Mädchen wuchsen in einer Familie auf, in der das siegreiche Kreuz Christi aufgerichtet war. Und dann hatte Louis die Freude, alle fünf Töchter dem Herrn weihen zu dürfen: vier dem Karmel von Lisieux, eine den Visitantinnen von Caen.
Der Grund schließlich, warum Louis und Marie-Azélie zur Ehre der Altäre erhoben wurden, war die unerklärliche Heilung eines Neugeborenen von einer angeborenen Missbildung 2002 in Mailand. Diesem Wunder folgte jenes an Carmen, einem Mädchen aus Valencia, was den Weg zur Heiligsprechung ebnete. Die beiden Wunder, welche die Selig- und Heiligsprechung der Eheleute Martin ermöglichten, betreffen die Heilung zweier Kinder unmittelbar nach ihrer Geburt, die in den Augen der Ärzte keinerlei Aussicht auf ein Überleben bzw. ein Leben in Gesundheit hatten.
Nach der Seligsprechung durch Papst Benedikt XVI. am 19. Oktober 2008 in Lisieux wurden Louis und Marie-Azélie Martin am 18. Oktober 2015 von Papst Franziskus in Rom heiliggesprochen. Es sind die ersten Eheleute, die gemeinsam der offiziellen Heiligsprechung zugeführt wurden.
Die sterblichen Überreste von Louis und Marie-Azélie Martin ruhen in der Krypta der Basilika der hl. Theresia vom Kinde Jesu in Lisieux.