Dionysos

Auch Bakchos (lat. Bacchus), griechisch-römischer Gott der Vegetation, später des Weines und des Weinbaus sowie der Ekstase, ein sterbender und auferstehender Gott, Schutzgott der dramatischen Spiele.
D. gilt als Sohn des Zeus und der Semele, als Gatte der Ariadne, Vater von Príapos und Hymen. Bezüglich seiner Geburt gibt es viele Versionen. Der Sage nach habe Semele auf Anstiften der eifersüchtigen Zeus-Gattin Hera, den Wunsch geäußert, Zeus leibhaftig zu sehen. Dieser zeigte sich ihr in Gestalt eines Blitzes, Semele verbrannte. Zeus rettete daraufhin das noch ungeborene Kind aus dem Mutterschoß der Semele, legte es in seinen Oberschenkel und trug es auf diese Weise aus. Hermes brachte das Kind dann zu den Nymphen, von denen es in Mädchenkleidern aufgezogen wurde.
Nach einer anderen Erzählung wurde D. als Knabe von den Titanen mit einem Arsenal von Spielzeugen wie Pinienzapfen, Kreiseln, goldenen Früchten, Bällen und Büscheln aus Wolle verführt, in Stücke gehauen und in einem Kessel verkocht. Athena rettete jedoch sein Herz. Die übrigen Glieder übergab Zeus seinem Sohn Apollon, der sie auf dem Parnass beerdigte. Rhea sammelte die verstreuten Stücke ein und gab D. das Leben zurück. So ist D. als Gott gestorben und auferstanden.
Hera aber ließ nicht locker und schlug ihn in ihrem Hass mit Wahnsinn, worauf D. durch Ägypten, Syrien und Asien irrte. In Phrygien wurde er von Kybele, der Göttin der Natur, aufgenommen. Sie ließ ihn an ihren mystischen Orgien teilnehmen, durch die sein Wahnsinn zu einer von ihm selbst beherrschten Kraft wurde.
Da D. immer in Verruf stand, ging er nach Thrakien. Von dort begab sich der schöne Götterjüngling etwa im 5. Jh. v. Chr. allen Widerständen zum Trotz, das Haupt bekränzt mit Weinlaub, in der Hand den mit einem Pinienzapfen gekrönten Thyrsosstab, begleitet von Satyrn und Faunen, gefolgt von Panthern, Tigern und einem Schwarm fanatischer Weiber nach Griechenland, wo er bald in Eleusis und in Delphi eine Feierstätte fand. Hier versammelten sich alljährlich seine Anhänger zum Fest der Tötung und Auferstehung. Bei diesen Festen, die vor allem Frühlings- und Weinfeste waren, zog D. häufig in Stiergestalt, begleitet von Bakchantinnen, Thyriaden, Satyrn, Nymphen und verkleideten Gestalten durch die Wälder. Sie tanzten sich in Ekstase, die ursprünglich nichts mit Wein zu tun hatte, und ergingen sich in Orgiasmen. Auf dem Höhepunkt der Verzückung rissen Mänaden Tiere und verzehrten sie roh (Omophagie). Bei den Prozessionen wurde ein Phallus mitgetragen.
Erst nach und nach milderten sich die ausschweifenden Formen des Kultes und D. erhielt einen festen Platz in der Religion der Griechen.
Bei den Festen in Athen fanden auch Theateraufführungen statt, so dass der D.-Kult auch als Entstehung des Dramas gesehen werden kann. Bei den späteren Orphikern wurde D. mit Zagreus gleichgesetzt, bei den Römern mit dem Gott Liber identifiziert und schließlich mit dem Namen Bacchus übernommen. Seine Priesterinnen, die Bacchantinnen, waren mit dressierten Schlangen bekränzt, was auf den Schlangenkult in Indien und die Feuerschlange, Kundalini, verweist.
Als die ihm zu Ehren gefeierten Bacchanalia ausarteten, griff der Staat ein, ohne jedoch den Kult zu verbieten.
Die Thematik des D. fand vor allem in Literatur und Kunst breiten Widerhall.

Lit.: Jeanmaire, Henri: Dionysos: histoire du culte de Bacchus. Paris: Payot, 1991; Otto, Walter F.: Dionysos. Frankfurt/M.: Klostermann, 1989; Kerényi, Karl: Dionisios. Barcelona: Herder, 1998.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.