Charon

(Griech./lat.), Fährmann in der griechischen Totenwelt, der als greiser Mann die ihm von > Hermes überbrachten Seelen über die Unterweltflüsse > Acheron, > Kokytos, > Styx u.a. zu den Pforten des > Hades führte. Voraussetzung war die Beerdigung der Toten in der Oberwelt und die Entrichtung eines Obolus als Fährlohn, den man den Verstorbenen unter die Zunge legte (sog. „Charonsmünze“ oder „Charonsgroschen“). Gräberfunde haben gezeigt, dass dieser Brauch z.T. von den Germanen übernommen wurde.
Früher, als noch die uralte Vorstellung von einem Jenseits galt, das über dem Meer lag und das Land der Lebenden von den Toten trennte, war C. der Fährmann, der aus dem Jenseits kam, um die Toten dorthin zu bringen. Als sich später die Vorstellung von einem unterirdischen Reich des Hades ausbildete, wurde ihm seine Funktion am Unterweltstrom zugewiesen.

Lebende durfte C. nicht transportieren, denn nur ein goldener Zweig öffnete ihnen die Pforten der Unterwelt. Dass er den > Herkules ohne diesen goldenen Zweig übersetzte, kostete C. ein Jahr Freiheit. Einigen griechischen Helden gelang es jedoch, C. zu überlisten, so > Orpheus durch sein Saitenspiel oder > Aeneas mit einem goldenen Bogen; auch > Odysseus kam ungeschoren an ihm vorbei.
Im neugriechischen Volksglauben lebt C. als Charos fort, der zumeist als gespenstischer Reiter auf schwarzem Ross auftritt.
Der etruskische C. unterscheidet sich vom griechischen C. insofern als seine halb tierische, furchterregende Gestalt und der Hammer, den er mit sich führt, ihn als einen Todesgott ausweisen, der die Verstorbenen in die Unterwelt geleitet.

Das Thema des C. hat auch in Kunst und Literatur seinen Niederschlag gefunden.

Lit.: Radermacher, Ludwig: Das Jenseits im Mythos der Hellenen: Untersuchungen über antiken Jenseitsglauben. Bonn: Marcus & Weber, 1903; Scholz, C.H.: Der Hund in der griechisch-römischen Magie und Religion. Berlin: Triltsch & Huther, 1937.
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