Maus

Volkstümliche Bezeichnung von Hausmaus (mus musculus) und Feldmaus (mus agrarius). Der Name des Nagers ist einer der wenigen gemein-indogermanischen Tiernamen.
In Indien und Ägypten war die M. ein Symbol der Nacht, wobei die Spitzmaus von den Ägyptern ‒ im Gegensatz zu den übrigen Mäusen als heiliges Tier verehrt wurde. Im Hinduismus schätzte man an der M. ihr offensichtliches Wissen um verborgene Wege und Zugänge zum Wesentlichen, weshalb sie auch zum Reittier des Elefantengottes Ganesha wurde.
Für die alten Perser war die M. ein Geschöpf des bösen Gottes Ahriman. Im Avesta gilt ihre Tötung als frommes Werk. Die Babylonier sahen in ihr, wie in Hund und Schwein, ein Opfertier, wenngleich sie in der Mantik eine gewisse Rolle spielte. Als Orakeltier erlangte die M. allgemein einen Ruf, wobei sich die Qualität des Omens nach der jeweiligen Farbe der Tiere richtete. So bedeuteten weiße Mäuse gute Geister, schwarze hingegen böse Geister. Die Griechen verehrten in Apollon-Smintheus, dem sog. „Mäuse-Apollon“ (kret. oder phryg. sminthos, Maus), der in Delphi durch Mäuse geweissagt haben soll, den Gott der Sommerhitze und der Mäuse, der die Nager rief und entfernte, je nachdem, ob er den Menschen zürnte oder ihnen gewogen war. Dem spätantiken Philosophen Horapollon zufolge bedeutete die Glyphe der M. Zerstörung, weil sie beim Fressen alles verschmutze und unbrauchbar mache.
Bei Römern, Deutschen und Slawen galt eine weiße M. als gutes Omen, weil sie angeblich Glück bringen und das Haus schützen sollte. Dieser Volksglaube war jedoch regional unterschiedlich.
Mittelalterliche Vorstellungen sahen im Treiben der Mäuse Aktivitäten des Teufels und setzten ihre Gefräßigkeit mit Sündhaftigkeit gleich. Eine Mäuseplage wurde als Strafe Gottes gewertet. Um dagegen anzukommen, wurden oft Heilige angerufen, z.B. die hl. Gertrud. Sie wurde angeblich beim Spinnen von einer Maus, die den Faden abbiss, wiederholt zum Zorn gereizt, widerstand jedoch allen Versuchungen, gegen das Tier vorzugehen. Seitdem gilt sie als Schutzpatronin gegen Mäuse.
Die altheidnische Bedeutung der M. zeigt sich darin, dass verschiedene mythische Wesen mit Vorliebe M.gestalt annehmen (Zwerge und Elfen). Unterirdische Gänge von Mäusen waren schon früh mit dem Glauben an Erdgeister verbunden. In Märchen und Sagen sind Mäuse häufig die Hüter von großen Schätzen in unterirdischen Gewölben, bei denen es sich jedoch um dämonische Schätze handeln soll.
Mäuse sind für eine rasche Gefahrenerkennung bekannt, weshalb ihnen schon im Altertum ein hohes Ahnungsvermögen zugeschrieben wurde. Wenn sie in Scharen eine Siedlung verlassen, stehen angeblich Hunger oder Erdbeben bevor.
Nicht zuletzt haben sich Mäuse als Wetterpropheten einen Namen gemacht. So soll Regen kommen, wenn sie laut pfeifen. Als Gewittertier besiedelte die M. bereits die mythischen Vorstellungen der Indogermanen.

Lit.: Bächtold-Stäubli, Hanns (Hrsg.): Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens, Bd. 6. Berlin/New York: Walter de Gruyter, 1987; Zerling, Clemens: Lexikon der Tiersymbolik: Mythologie Religion Psychologie. Klein Jasedow: Drachen Verlag, 2012.
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