Ursprünglich Stadtgott von Babylon, später Hauptgott des babylonischen Pantheons. Seine Attribute sind der Mardukdrache, oft auch als „Marduktier“ bezeichnet, und ‒ als Gott der Fruchtbarkeit und des Ackerbaus ‒ der Spaten. Im mesopotamischen Raum war der Gott auch als Bel („Herr“) bzw. Bel-Marduk bekannt.
M. erschien erstmals im 3. Jahrtausend v. Chr. als sumerische Gottheit. Als es Hammurapi gelang, die anderen Stadtstaaten aufgrund ihrer Zwistigkeiten unter die Herrschaft von Babylon zu zwingen, erklärte er den babylonischen Stadtgott zum obersten Gott des Pantheons. So wurde M. im Codex Hammurapi bereits als Sohn von Ea bezeichnet. Seinen Aufstieg zum obersten Gott über die Stadtgrenzen hinaus erfuhr er ab der 2. Dynastie von Isin im Schöpfungsmythos Enūma eliš. In diesem wird beschrieben, wie M. zum Oberhaupt der Götter gewählt wurde, womit er die Funktion einer Vielzahl von Göttern übernahm (der Göttertrias An, Enlil und Enki bzw. des Quartetts An, Enlil, Enki und Ninmach), was sich in seinen 50 Namen widerspiegelte.
Im Enūma eliš wird M.s Aufstieg beschrieben: Ea zeugt Marduk mit seiner Gattin Damkina in seiner Behausung auf dem Apsu. Er erhält doppelt göttliche Fähigkeiten von seinem Vater und dessen Vätern und es werden ihm die Schicksalstafeln anvertraut, welche die Geschichte der Welt bestimmen.
Mit ihrem lärmenden Treiben stören die jungen Göttergenerationen Tiamat, die Mutter aller Götter, und ihren Gatten. Dieser beschließt, seine Nachkommen zu vernichten, doch kommt ihm Ea zuvor, tötet ihn und errichtet auf ihm seine Wohnstatt. Tiamat gebiert eine Reihe von Ungeheuern, um gegen ihre göttlichen Kinder zu kämpfen, und wählt sich Kingu, einen ihrer Söhne, zum Gatten. Ihm übergibt sie die Schicksalstafeln und damit die oberste Macht. In ihrer Not wählen die Götter M. zu ihrem Anführer, der sich bereit erklärt, sie zu retten, wenn er danach Herr über alles werde.
Im Chaosdrachenkampf tritt M. Tiamat entgegen und spaltet sie in zwei Hälften, aus denen er die Welt und den Himmel formt. Von den Göttern wird er geehrt und zu ihrem Herrn gekrönt. Fünfzig Ehrennamen werden ihm verliehen und die Schicksalstafeln an seiner Brust befestigt. Seinen Thron errichtet M. in Babylon, das zum Zentrum der Welt wird.
Nach der Erschaffung und Ordnung der Welt ersinnen M. und sein weiser Vater Ea den Menschen, den sie aus Lehm und dem Blut von Kingu formen.
In deutschen Bibelübersetzungen wird M. mit Merodach wiedergegeben. In Jer 50,2, Jer 51,44 und Jes 46,1 wird er unter seinem Beinamen Bel/Bēl (vgl. Ba’al) genannt. Dieser Name wird auch in den Spätschriften des Alten Testaments (Apokryphen) verwendet, so in der Geschichte „Bel und der Drache“ in Dan 14 oder in Bar 6,40. Merodach ebenso als Namensbestandteil von Ewil-Merodach (2 Kön 25,27; Jer 52,31) und Merodach-Baladan (2 Kön 20,12; Jes 39,1) auf.
1979 erhielt auf dem Jupitermond Io ein Vulkan den Namen des Gottes Marduk.
Lit.: Groneberg, Brigitte: Die Götter des Zweistromlandes: Kulte, Mythen, Epen. Stuttgart: Artemis & Winkler, 2004.