Märchen

(Mhdt. maere, Kunde, Nachricht), eine Gattung von Erzählungen, die an einem fiktiven Beispiel Verhaltensweisen in der Gesellschaft als gut oder böse bewerten. Die Hauptpersonen ermöglichen es als Muster falscher/richtiger Taten, eine selbsterlebte Situation einzuordnen. Die Bewertung als einfache Form ordnet das M. der vorliterarischen Volkserzählung zu.
Im Gegensatz zum mündlich überlieferten und anonymen Volksmärchen steht die Form des Kunstmärchens, dessen Autor bekannt ist. Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff Märchen insbesondere durch die Sammlung der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm geprägt. M. sind frei erfunden und ihre Handlung ist weder zeitlich noch örtlich festgelegt.

Charakteristisch für M. ist nicht zuletzt das Auftauchen phantastischer Elemente in Form von sprechenden und wie Menschen handelnden Tieren, von Zaubereien durch Hexen oder Zauberer, von Riesen und Zwergen, Geistern und Fabeltieren (Einhorn, Drache usw.). Gleichzeitig weisen viele M. sozialrealistische oder sozialutopische Züge auf und sagen viel über die gesellschaftlichen Bedingungen, wie Herrschaft und Knechtschaft, Armut oder auch Familienstrukturen aus.
Durch das Erzählen von M. können Menschen verschiedener Länder und Kulturen spielerisch miteinander ins Gespräch kommen, da Geschichten wesentliche Lebensthemen ansprechen. 
In Österreich und Deutschland wurde Märchenerzählen als immaterielles Kulturerbe anerkannt. So hat die Österreichische UNESCO-Kommission das Märchenerzählen 2010 in das Nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen, die Deutsche UNESCO-Kommission im Dezember 2016.

Lit.: Ranke, Kurt (Begründer)/Brednich, Rolf Wilhelm u.a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Berlin: de Gruyter, 1977–2015, 15 Bände.
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