Ivanova, Barbara

Ivanova (*1917) war eine der aktivsten russischen Paranormologinnen. Im Einzelnen befasste sie sich mit der Ausbildung und dem Training von Personen im Gebrauch ihrer hellseherischen und telepathischen Fähigkeiten zur Erkennung von Geschehnissen an entfernten Orten (analog den in den USA durchgeführten Fernerkennungstests), von Störungen des Organismus („medizinische Diagnose“), von technischen Defekten („technische Diagnose“) und von sowohl zeitlich als auch räumlich vom Beobachter getrennten Vorgängen („Ferndiagnose einer spezifischen Situation“). Darüber hinaus beschäftigte sich I. mit „zeitlich versetztem“ Hellsehen ‒ sowohl rückschauend (Erhalt von Informationen über bereits Geschehenes) als auch vorausschauend (Erhalt von Informationen über noch zu Geschehendes).
Die eigentliche Motivation dieser Arbeiten bildete die durch zahlreiche Experimente gewonnene Überzeugung, dass praktisch jeder telepathische oder hellseherische Fähigkeiten besitzt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, und dass sich diese Fähigkeiten weitgehend trainieren lassen. Für erfolgreiche Experimente ist eine der wichtigsten Voraussetzungen eine aufgeschlossene positive Einstellung sowohl der Testpersonen als auch des Experimentators selbst. Den eigentlichen Tests gingen zwei Minuten intensiver Entspannung und Konzentration voraus („Erwartungsstimulierung“), gefolgt von visuellem bzw. auditivem „Erleben“. Ausschlaggebend ist dabei in erster Linie der sog. „Experimentatoreffekt“, d.h. eine durchwegs positive und freundliche Atmosphäre während der Tests.
Eine der wesentlichen Forschungsarbeiten Ivanovas bezog sich auf ihre Untersuchungen zu intuitivem Erkennen und zur Ferndiagnose, die sie in Moskau durchführte. Sie beauftragte ihre Studenten, Narben zu lokalisieren bzw. über andere funktionelle Störungen im Organismus einer bestimmten Zielperson Auskunft zu geben. Obwohl sich die Zielperson in einigen Fällen im gleichen Raum befand, erhielten die Studenten vor Beendigung des Tests keinerlei Hinweise bezüglich Richtigkeit oder Nichtkorrektheit ihrer intuitiven Eindrücke. Der Grad der Übereinstimmung zwischen den Aussagen der Versuchspersonen und den „Gegebenheiten“ bei den jeweiligen Zielpersonen betrug 70-80%. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Aussagen ist eine detaillierte quantitative Auswertung allerdings schwierig. In diesem Zusammenhang ist auch noch zu erwähnen, dass sich die Zielpersonen in manchen Fällen zumindest bewusst nicht mehr an die tatsächliche Lokalisation der bei ihnen „diagnostizierten“ Narben erinnerten, was an hellseherische Fähigkeiten der Vp denken lässt.

Bei den sog. „technischen Diagnosen“ versuchte I. mittels Telepathie verschiedene, dem Beobachter verborgene und sowohl zeitlich als auch räumlich „entfernte“ Defekte technischer Geräte zu diagnostizieren. Mittels „intuitiver Diagnose“ sollten die Ursachen von bereits erfolgten Arbeitsunfällen und Schäden wie auch von möglicherweise diesbezüglich noch drohenden Gefahren geklärt werden. I. war der Überzeugung, dass durch diese Art von „Diagnose“ derlei negative Erfahrungen in Zukunft vermieden werden könnten. Gleichzeitig wies sie jedoch darauf hin, dass solche Untersuchungen im Ernstfall nicht auf den Informationen von nur einem „Medium“ aufgebaut werden sollten. Es seien dazu mehrere Testpersonen nötig; ebenso sei es unerlässlich, mit jeder von ihnen unabhängig zu arbeiten. Danach sollten die „intuitiven Erkenntnisse“ statistisch ausgewertet werden.
Ein weiteres Arbeitsgebiet Ivanovas bildete das sog. Heilen, wobei sie mehrere Formen unterschied. Einige Heiler führen die Diagnose nicht selbst durch, sondern die Patienten beschreiben ihre Symptome und legen somit den Grundstein für jede weitere Behandlung (z.B. durch Handauflegung oder Heilung „auf Distanz“). Viele stimmen ihre Behandlungsmethoden auf direkte Hinweise ihrer Patienten hin ab oder lassen sich dabei von den Gesundungsfortschritten ihrer Patienten leiten.

Andere Heiler beziehen ihre Informationen über Krankheiten und organische Störungen auf intuitivem oder hellseherischem Weg. Sie fühlen zwar intuitiv, was mit dem Organismus nicht stimmt, können sich aber nicht erklären, warum sie das fühlen. Andere wiederum glauben zu „hören“, was dem Organismus fehlt, als würde es ihnen von unerklärlichen Mächten eingeflößt. Manche können durch den Körper „hindurchsehen“ und so die Krankheit diagnostizieren. Viele Heiler „erstellen“ ihre Diagnose nach eingehender Betrachtung der unmittelbaren Umgebung der betreffenden Person. Mit ihren Händen ertasten sie Hitze, Kälte, Schwingungen, Druck und erhalten so Aufschluss über das
spezifische Leiden. Viele sind der Überzeugung, dass die Ursachen bestimmter Krankheiten an der subtilen energetischen Schwelle, der „Prana“- oder „Ch’i“-Schwelle zu finden seien.
Diese Vorstellung deckt sich weitgehend mit dem Begriff der „Bioenergie“ oder des „Biofeldes“, der von vielen Heilern in Russland geteilt wird. Sie sehen das „Biofeld“ als Kombination bekannter physikalischer Felder bzw. als ein Kraftfeld noch unbekannter physikalischer Natur, das von lebenden Organismen ausgestrahlt wird. Ihrer Meinung nach kann das „Biofeld“ von den Heilern „emittiert“ und „empfangen“ werden.

In ihren zahlreichen Schriften, in denen I. die Bedeutung des räumlichen Hellsehens behandelt, legt sie das größte Gewicht auf die moralische, ethische und erzieherische Bedeutung: „Wenn wir unsere Schüler hier nur praktisch ausbilden, ohne jedwede Berücksichtigung der menschlichen Komponente und ohne ihnen die Verantwortlichkeit für ihr Tun vor Augen zu führen, werden die Folgen negativ sein“ (Vilenskaya, 6).

Lit.: Vilenskaya, L.: Investigation and Application of Telepathy, Clairvoyance and Psychokinesis in the USSR and in the West (Manuskript), Basler Psi-Tage 84; Resch, Andreas. Phänomene der Paranormologie (Reihe R; 11). Innsbruck: Resch, 2018.

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