Institoris, Henricus

(* 1430 Schlettstadt, Elsass; † um 1505 Kremsier, Mähren), eigentl. Heinrich Kramer; trat in den Dominikanerorden ein und wurde 1474 von der Ordensleitung zum Inquisitor ernannt. Vier Jahre später präzisierte Sixtus IV. (1471-1484) seinen Kompetenzbereich für ganz Oberdeutschland (per totam Alemaniam superiorem). Durch seine Beziehungen in Rom erwirkte I. einen Ablass für alle Besucher des Klosters Schlettstadt zur Unterstützung desselben und seiner Arbeit, die er vor allem auf Frauen und die Verteidigung der Kirche konzentrierte. Bereits 1483 war er ein geachteter Inquisitor.
In der Liste seiner Kompetenzbereiche fehlen der Hexensabbat, der Hexenflug, die Tötung von Kindern zur Gewinnung von Hexensalben. Hingegen sind neben Frauen auch Hexer genannt.
I. wollte für seine Arbeit eine Bruderschaft aus Klerikern und Laien gründen. Rom genehmigte die Gemeinschaft, stattete sie aber laut I. unzureichend aus. Für Rom war die Auseinandersetzung mit den Konziliaristen, die den Primat des Papstes bestritten und die Konzilien als gleichberechtigte Träger des kirchlichen Lehramtes betrachteten, wichtiger als die Hexen. Dennoch startete I. im Herbst 1484 in Ravensburg eine Hexenverfolgung. Da diese nur zum Teil erfolgreich war, erwirkte er in Rom am 18. Juni 1485 von Innozenz VIII. drei Urkunden:
1. Durchführung der Inquisition im Auftrag des Mainzer Erzbischofs Berthold.
2. Vorsprache des Abtes Johannes von Weingarten beim Erzherzog von Österreich.
3. Dank an den Erzherzog von Österreich und Grafen von Tirol für seinen Kampf gegen die Sekte der Häretiker und Hexer.
Mit diesen drei Urkunden breitete sich der Kompetenzbereich von I. auch auf den süddeutschen Raum aus.
Am 23. Juli 1485 traf I. in der Grafschaft Tirol, im Bistum Brixen, ein. Tirol wählte er deshalb, weil bei der Hexenjagd in Bormio 1485 viele Angeklagte nach Tirol flüchteten. Hier fand sein Einsatz allerdings durch den entschlossenen Widerstand von Bischof Georg Golser von Brixen ein rasches Ende, zumal dieser I. für verrückt hielt (Ipse realiter mihi delirare videtur). Der Bischof nahm hier sein Mitspracherecht voll in Anspruch und befahl I., die Diözese zu verlassen.
Dieser nahm die Niederlage jedoch nicht so einfach hin. Er ging diesmal bewusst nicht nach Rom, weil er dort keine Hilfe mehr erwartete, sondern zog sich in ein Kloster zurück und schrieb das Handbuch für Hexenrichter, den Malleus Maleficarum (wörtlich „Hammer der Schadenstifterinnen“), für den sich im 18. Jh. die Bezeichnung „Hexenhammer“ durchsetzte. Das Werk wurde 1486 in Speyer veröffentlicht, erschien bis in das 17. Jh. hinein in 29 Auflagen und wird bis heute weiterhin aufgelegt. Von einigen sprachlichen und inhaltlichen Fehlern abgesehen war es eine enorme Leistung, ein Werk diesen Umfangs in nur wenigen Monaten zu schreiben, und zwar ohne Jakob Sprenger. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass I. seine „Horror“-Darstellungen über besagte Frauen nicht einmal selbst zusammengetragen, sondern bereits zusammengestellt in der Summa theologica seines gelehrten Ordensbruders Antonio Pierozzi, des Erzbischofs von Florenz, gefunden und – nach einiger Umgruppierung – wörtlich übernommen hat. Doch wenngleich I. dieses frauenfeindliche Bild zustimmend anführt, reicht es nicht aus, darin seine ureigensten Gedanken zu sehen und diese zu seiner Charakterisierung als „Psychopath“ zu verwenden. Er teilte hier die Ansichten vieler seiner Zeitgenossen. Auf jeden Fall bleibt sein Name mit diesem „horrenden“ Werk verbunden.
Im Mai 1487 wandte sich I. bezüglich eines Gutachtens an die theologische Fakultät der Universität Köln. Von den acht Professoren reagierten aber nur vier. Diese bekundeten, dass die ersten beiden Teile, die eher theoretischer Natur sind, den Ansichten von Philosophie und Theologie nicht widersprechen würden. „Auch der dritte Teil ist, was die Bestrafung jener Ketzer, von denen er handelt, anlangt, jedenfalls für billigenswert zu halten, so ferne er den heiligen Kanones nicht entgegensteht.“
Was die Form anbelangt, so handelt es sich beim „Hexenhammer“ um eine scholastische Abhandlung in drei Teilen.

Im ersten Teil definiert I., was unter einer Hexe zu verstehen sei. Gelegentlich spricht er auch von Zauberern, in der Hauptsache aber von Frauen, seien diese doch für Schwarze Magie anfälliger als Männer, von Natur aus ein Übel, voller Defizite im Glauben und sexuell unersättlich. Der Teufelspakt bilde die Grundlage des gefürchteten Phänomens der Hexen, auf das die Männer hereinfielen.
Im zweiten Teil dominieren die magischen Praktiken, die sich auf den Geschlechtsverkehr und die männliche Impotenz durch Wegzaubern des Gliedes beziehen. Die Differenz der Geschlechter zeige sich auch darin, dass Männer auf Wissen bauten, Frauen hingegen auf Magie und Schadenzauber (Maleficium).
Im dritten Teil stellt I. die von Friedrich von Spee kritisierten detaillierten Regeln für die Hexenprozesse vor und beschreibt verschiedene Fälle mit einer langen Auflistung sadistischer Folterpraktiken, wie dem Strecken des Körpers, bis das Licht einer Kerze hinter dem Rücken der Gefolterten durch die Bauchdecke sichtbar wurde.
I. betonte I. die weltliche Seite des Gerichts mehr als die geistliche, da bei den kirchlichen Gerichten die Überlebenschancen weit größer waren. In dieser Haltung zeigt er Züge fanatischer, frauenfeindlicher Einstellungsformen, die ihn dazu anspornten, seinen Auftrag zu einem persönlichen Feldzug der Befreiung zu machen, wenn möglich mit Hilfe der weltlichen Gerichtsbarkeit.
Mit der Veröffentlichung seines Werkes betraute I. eine Druckerei in Speyer. Um dem Buch eine amtliche Note zu verleihen, stellte er dem Text die Bulle Innozenz’ VIII., Summis desiderantes affectibus, von 1484 voran. Dies sollte den Eindruck erwecken, der Papst habe die Veröffentlichung abgesegnet, was jedoch in keiner Weise zutraf.

Durch diesen Umstand hatte die päpstliche Inquisition in Deutschland mit Institoris ein Ende, weil die deutschen Fürsten die Übertragung der Inquisition von Italien oder Spanien in das Reich ablehnten und auch der katholische Kaiser Karl V. (1500-1558) von derart unpopulären Maßnahmen absah. Formell wurde zwar bis in das 18. Jh. ein Dominikaner von Köln zum Inquisitor ernannt. Dieser konnte aber keine Verhaftungen und Prozesse durchführen, sondern lediglich Bücherzensuren.
Dennoch konnte I. zufrieden sein, denn wenn die Bischöfe oder, noch besser, die strengen weltlichen Gerichte die Hexen verfolgten, entsprach dies ganz seinen Vorstellungen, dass Kaiser, Fürsten und Städte die Verfolgung in die Hand nahmen. Im Innersten fühlte er sich verpflichtet, Kirche und Land gegen alle Widerstände von Magie und Zauberei zu befreien. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, warum der „Hexenhammer“ besonders in letzter Zeit vermehrt neu aufgelegt wurde.

Resch, Andreas: Hexenverfolgung, in: Ders.: Religiöse Erfahrungen und Wunder (Reihe R; 13). Innsbruck: Resch, 2018. S. 142-176.

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