Inquisition

Beinhaltet als Begriff nicht nur eine neue kirchliche Institution, sondern auch ein neues Prozessverfahren. Ab 1231 wurden zunehmend direkt vom Papst oder dem Generaloberen der Franziskaner oder Dominikaner Inquisitoren berufen und mit der inquisitio, der Nachforschung nach Ketzern, betraut. Innozenz IV. (1243-1254) führte 1252 mit der Bulle Ad exstirpanda Kommissionen aus einem Priester und drei Laien ein, die in ihrer Umgebung gegen Häretiker vorgehen sollten, ohne Verhaftung und Prozesse, was Aufgabe der Bischöfe blieb. Alexander IV. (1254-1261) legte 1258/1260 kirchenrechtlich nur fest, dass sich die Inquisitoren mit den Delikten divinationibus et sortilegiis, Hellsehereien und Wahrsagereien, nur befassen sollten, wenn sie häretisch wären. Praktiken wie Handlinienlesen oder anderes, um die Zukunft zu deuten, fanden nämlich bis in höchste Kirchenkreise Anklang. So suchte z.B. Klemens IV. (1265-1268) zweimal Wahrsager auf.
Besonders im weltlichen Recht herrschte im Früh- und Hochmittelalter das Akkusations- und Anklageprinzip vor. Hexen wurden der Wasserprobe unterzogen. Die neuen Inquisitoren legten beim Aufspüren von Ketzern neben den Fremdanklagen großen Wert auf Selbstanklagen, indem sie am Anfang meist eine Frist angaben. Für die Verhaftungen und schweren Strafen „waren sie auf den weltlichen Arm“ angewiesen, vor allem, was die Todesstrafe betraf. Hier galt der alte Rechtsgrundsatz ecclesia non sitit sanguinem (Die Kirche lechzt nicht nach Blut).

Im 13. und 14. Jh. befassten sich die Inquisitoren nur in geringem Umfang mit der vom Volk vertretenen Magie. Im Fragenkatalog des Bernard Gui (ca. 1261-1331) stehen hier an letzter Stelle – hinter Katharern, Waldensern und anderen Ketzern – auch die Wahrsager, Hellseher und Dämonenbeschwörer. Die Fragen kreisen dabei um die Themen Liebeszauber, Erntesegen, Heilung von Krankheiten, Schwängerung Unfruchtbarer mit Beigaben von Haaren, Finger- und Fußnägeln zum Essen, Vorhersagen künftiger Ereignisse und Aussagen über die Lage der Seelen von Verstorbenen.
Im 14. Jahrhundert, als die Kirche, wie erwähnt, zunehmend erstarkte und Papst Clemens V. (1305-1314) nach Avignon übersiedeln musste (1309), wurde die Angst vor einer Verschwörung durch den berühmten Prozess gegen den Ritterorden der Templer (1308-1313) noch verschärft. Sein Nachfolger Johannes XXII. (1316-1334) wurde selbst mit einer Verschwörung durch einen Bischof, den er hinrichten ließ, konfrontiert. Berühmt ist vor allem seine Bulle Super illius specula (Über dessen Spiegel) von 1326, wo der Teufelspakt an erster Stelle rangiert:
„Wie wir zu unserem Schmerz feststellen, schließen nicht wenige – nur dem Namen nach – Christen mit dem Tod ein Bündnis und mit der Hölle einen Pakt, denn sie opfern den Dämonen, beten sie an, fertigen auf magische Weise Bilder, einen Ring, Spiegel oder Glas oder etwas anderes an oder lassen sie anfertigen, um darin die Dämonen zu beschwören. Sie verlangen und erhalten von ihnen Antworten und fordern zur Erfüllung ihrer bösen Absichten Hilfe, für die abscheulichsten Dinge leisten sie einen abscheulichen Dienst, wehe! Diese pestbringende Krankheit hat nach und nach immer mehr die Herde Christi befallen.“
Er trieb die Inquisitoren an, gegen alle Formen von Magie vorzugehen, und ordnete an, dass Schadenzauber nach den Strafbestimmungen für Ketzer zu ahnden sei. Sein Nachfolger Benedikt XII. (1334-1342) wurde sogar mit magischen Praktiken von Mönchen konfrontiert. Dies waren für Jahrhunderte die letzten Fälle von Magie, bei denen der Papst persönlich die Verfolgung in die Hand nahm.
Es war nun wiederum die Aufgabe der Inquisitoren, für die der Dominikaner Nikolaus Eymerich (ca. 1320-1399) zum Generalinquisitor bestellt wurde, der 1376 in seinem Directorium Inquisitorum den Stand der theologischen Forschung und die kirchenrechtliche Praxis darstellte. Das Werk war das wichtigste spätmittelalterliche Inquisitionshandbuch, umfassend und sachlich, sodass es nach 1500 mehrfach nachgedruckt wurde. Nach Darlegung der theologischen Lehre im ersten Teil befasst sich Eymerich im zweiten Teil mit Magie, wobei er zwischen sortilegi und divinatores (Wahrsager und Hellseher) wie invocantes daemones (Dämonenanrufer) unterscheidet und besonders auch auf die Frage eingeht, die schon Johannes XXII. stellte, nämlich, ob Aberglaube überhaupt in die Kompetenz päpstlicher Inquisitoren falle. Nach dem Dekret Alexanders IV. trifft dies nur im Falle der Häresie zu.
1542 gründete Paul III. (1534-1549) mit der Bulle Licet ab initio die Sacra congregatio Romanae et universalis Inquisitionis seu Santi Officii (Die Heilige Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition oder das Heilige Officium) mit einer Kommission aus Kardinälen zum Kampf gegen Ketzer. Die Kompetenzen der Inquisition wurden unter Paul IV. (1555-1559) sogar auf die Astrologen ausgeweitet:
Nach dem Tod Pauls IV. 1559 folgte Pius IV. (1559-1565), der einen moderateren Kurs einleitete. Fortan gab es bis in das 17. Jahrhundert hinein Päpste, die mit aller Härte gegen Ketzer vorgingen, und Gemäßigte.
In den 1590er Jahren hatte sich in der römischen Inquisition die Besagung geständiger Hexen, also deren Denunzierung anderer Frauen, als juristisch wertlos herausgestellt, was im Ausland noch nicht galt.
1657 wurde eine römische Hexenprozess-Instruktion veröffentlicht, die im Vorwort sehr nüchterne Töne anschlägt. Die Verfasser der Instruktion verneinen nicht, dass es Hexen gibt, sie müssten aber deshalb nicht auch schon in einem Pakt mit dem Teufel stehen.
Diese Feststellung war für die I. eine gewaltige Einschränkung ihres Auftrages und ihrer Bedeutung. So kam es 1859 in Italien zur Aufhebung der I. 1908 verfügte Papst Pius X. (1903-1914) die Umbenennung der Behörde in Congregatio Sancti Officii als Garant der Kirchdisziplin, die dann 1965 aufgelöst wurde.
Ihre Aufgabe übertrug Paul VI. der Sacra Congregatio pro Doctrina Fidei (Glaubenskongregation), die ohne besondere Geheimhaltung agieren und die katholische Glaubens- und Sittenlehre fördern und schützen sollte.

Papst Johannes Paul II. (1978-2005) beauftragte Forscher mit Zugang zu den Archiven der Inquisition, den Fall Galileo Galilei aufzuarbeiten, den er 1992 rehabilitierte. Zudem wurde der Präfekt des Vatikanischen Geheimarchivs, Bischof Sergio Pagano, mit der Neuausgabe der Prozessakten des sogenannten Falles Galilei betraut, die er am 2. Juli 2009 der Öffentlichkeit vorstellte.

Resch, Andreas: Galileo Galilei. Grenzgebiete der Wissenschaft (GW) 59 (2010) 1, 27-57: ders.: Hexenverfolgung. Grenzgebiete der Wissenschaft (GW) 66 (2017) 3, 219-258.

Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.