Hexenbulle

(Lat. bulla, Kapsel; Urkunde mit Siegel ab dem 13. Jh). Nach der Bulle Johannes XXII. (1316-1334), Super illius specula (Über dessen Spiegel), von 1326 und der Konfrontation Benedikts XII. (1334-1342) mit magischen Praktiken von Mönchen gab es Jahrhunderte hindurch keine Fälle von Magie mehr, bei denen der Papst persönlich die Verfolgung in die Hand nahm.
Die Päpste reagierten nur mehr auf Ersuchen von Inquisitoren vor Ort. 1409 ermächtigte Papst Alexander V. (1409-1410) den Inquisitor in Südfrankreich, zusammen mit den Ortsbischöfen gegen die „neuen Sekten“ vorzugehen, was 1418 von Papst Martin V. (1417-1431) und 1434 von Papst Eugen IV. (1431-1447) mit der formelhaften Wendung Summis desiderantis affectibus (In unserem sehnlichsten Wunsche) beschrieben wurde, die 1445 dazu diente, den Inquisitor von Carcassonne mit einer entsprechenden Vollmacht durch folgende Bulle auszustatten:
„Zu unserer großen Bestürzung haben wir vernommen, dass der Fürst der Finsternis sehr viele durch Christi Blut erkaufte, um sie an seiner Verdammnis und seinem Fall zu beteiligen, mit Tücke verhext hat, dass sie selbst, von schlimmer Blindheit geschlagen, seinen und seiner Satelliten abscheulichen Einflüsterungen und Vorspiegelungen folgend, den Dämonen opfern, sie anbeten, von ihnen Antworten erwarten und annehmen, ihnen die Treue geloben und zum Zeichen dafür ein Schriftstück oder etwas anderes übergeben, mit der Verpflichtung, dass sie mit einem Wort, einer Berührung oder einem Zeichen jedem, wo sie das wollen, Schaden (maleficium) zufügen oder beseitigen, Krankheiten heilen, Unwetter herbeiführen und über andere Frevel Pakte schließen, oder was sie sonst noch planen. Bilder und anderes legen sie fest und lassen es herstellen, damit ihnen dadurch die Dämonen verpflichtet werden, unter deren Anruf sie Schadenzauber (maleficia) verüben. Sie schrecken nicht davor zurück, die Taufe, die Eucharistie und andere Sakramente und manche der dazu gehörigen Materien für ihre Hellseherei und Zauberei (sortilegiis et maleficiis) zu missbrauchen, Wachs- oder andere Bilder, die unter solchen Beschwörungen hergestellt worden sind, zu taufen oder taufen zu lassen. Des Weiteren: Ohne Scheu vor dem Geheimnis des heiligsten Kreuzes, an dem für uns alle der Hirte selbst gehangen hat, beleidigen sie mit Fluch würdigen Bewegungen das Kreuz, in Form einer Skulptur oder anderer Gestalt, und sie wagen es, die Sakramente, die keinesfalls nachgeahmt werden dürfen, nachzuahmen.“

Wie frühere Bullen verbietet dieser Text auch Praktiken weißer Magie und Hellseherei unter Einschluss von Sakramentenmissbrauch.
Auch Henricus Institoris erwirkte in Rom am 18. Juni 1485 von Innozenz VIII. drei Urkunden zur Unterstützung seiner Vollmacht:
1. Durchführung der Inquisition im Auftrag des Mainzer Erzbischofs Berthold.
2. Vorsprache des Abtes Johannes von Weingarten beim Erzherzog von Österreich.
3. Dank an den Erzherzog von Österreich und Grafen von Tirol für seinen Kampf gegen die Sekte der Häretiker und Hexer.

Mit diesen drei Urkunden, in denen nirgends von Verbrennungen die Rede ist, erweiterte sich der Kompetenzbereich von Institoris auch auf den süddeutschen Raum.
Die Bulle von 1485 ist in Form eines Reskripts abgefasst, d.h. als eine päspstliche Antwort auf eine schriftliche Anfrage, die nur insofern Geltung hat, als die Frage wahr ist.

Lit.: Hansen, Joseph: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter. Bonn, 1901.
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