Herrscher

Die Bezeichnung hat geschichtlich eine vielfältige Bedeutung.
1. Altägyptisch ist sein sakraler Charakter durch zwei Dogmen bestimmt: a) das „Inkorporationsdogma“, dem zufolge jeder König als Verkörperung des Gottes Horus gilt und b) das Sohnschaftsdogma, das den H. zum Sohn des Sonnengottes Re erklärt. Die Rolle des H.s ist sowohl kosmisch als auch politisch bestimmt: Er verkörpert und garantiert die Einheit des Landes sowie die kosmische Harmonie, den Lauf der Sonne und die Nilüberschwemmung.
2. Altorientalisch zeigen Darstellungen vom Anfang des 3. Jt. v. Chr. den En von Uruk mit einer im Nacken gebauschten Frisur, mit Diadem und Vollbart im knöchellangen Rock.
3. Chinesisch. Das Verhältnis der Herrschenden zum Volk wurde seit jeher als das zwischen Oben und Unten oder zwischen dem hohen, aktiven Yang-Element und dem niedrigen, passiven Yin-Element gesehen. Die rituelle Haltung des Herrschenden war daher die dem Süden, dem Ort des Yang, zugewandte. Seit der Zhou-Dynastie (ca. 1050-256 v.Chr.) galt der zentrale Herrscher als Sohn des Himmels, der in dessen Auftrag die Ordnung auf Erden aufrechterhalten musste. Dazu war nicht so sehr planendes Regieren als vielmehr Ausstrahlung einer Te („Tugend“) genannten Geisteskraft erfordlich, welche Harmonie unter den Menschen und sogar in der Natur bewirkte. Das Symbol dieses Regierungsstils war der Nordstern, der allein dadurch, dass er seine Stellung in der Mitte einhält, bewirkt, dass sich alle Sterne um ihn drehen.
4. Im Tarot ist der H. die Karte des Großen Arcanums, auf der ein gütiger, friedfertiger H. auf einem Thron abgebildet ist, der über die Berge seines Königreiches blickt. Okkultisten sehen im H. eine Verkörperung des „Alten“ (d.h. Gottes), einen weisen wohlwollenden H., der Mitleid mit den Bewohnern des Universums hat und sie erhält. Er ist die Antithese der zerstörerischen Kräfte, wie sie der Wagenlenker symbolisiert.

Lit.: Drury, Nevill: Lexikon des esoterischen Wissens. München: Knauer, 1988; Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Symbole der Alten Ägypter. Frankfurt/M.: Fischer, 2005.
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