Heinrich von Friemar d. Ä.

(* Um 1245 Friemar bei Gotha; † 18.10.1340 Erfurt), Augustinereremit, philosophisch-theologischer und asketischer Schriftsteller.
Schon in jungen Jahren trat H. dem Augustinerorden bei und begann noch vor 1264 seine theologischen Studien in Bologna. Als Provinzial leitete er 1290 bis 1299 die gesamte deutsche Augustinerprovinz und förderte die Interessen seines Ordens, sodass dieser sich in Deutschland mächtig entfaltete.
H. war als Prediger und Wandermissionar eine führende Persönlichkeit des geistlichen Lebens in den deutschen Ländern (mit dem Beinamen „doktor seraphicus“ oder „mellifluus“) und verfügte aus reicher Lebenserfahrung über ein abgewogenes Urteil. Von seinen zahlreichen asketischen und mystischen Werken stellt Das Kommen des Wortes das mystische Thema von der Geburt des Wortes in der Seele dar, während Das Buch von geistlicher Armut die äußere wie die innere Armut zum Hauptgegenstand hat, wobei vor allem Themen behandelt werden, die Meister Eckhart eingeführt hatte. Der erste Weg zur vollkomenen Beschauung bestehe darin, alles aufzugeben, was Gott im Wege steht.
Der meistbekannte mittelhochdeutsche Mystik-Traktat aus dem Spätmittelalter ist Die Theologia Deutsch, auch Theologia Germanica genannt, die das Einswerden mit Gott beschreibt und von Martin Luther herausgeben wurde.
Papst Paul V. setzte 1612 die lateinische Fassung dieser Schrift von Castellios auf den Index der verbotenen Bücher, doch die katholischen Mystiker des 16. Jh. lasen das Buch weiterhin, das mittlerweile in vielen Sprachen verfügbar ist.
In Geistlicher Vollkommenheit des inneren Menschen äußert sich H. kritisch zum Hexenwahn.

W.: Tractatus de adventu Verbi in mentem (um 1300); De decem praeceptis (um 1324).
Lit.: McGinn, Bernard: Die Mystik im Abendland, Bd. 4. Fülle: die Mystik im mittelalterlichen Deutschland (1300-1500) / aus dem Engl. übers. von Bernardin Schellenberger. Freiburg i.Br.: Herder, 2010.
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