Heiligenverehrung

Was die H. historisch, kultur- und sozialgeschichtlich ganz allgemein betrifft hat, wird im Lexikon der Heiligen und der Heiligenverehrung beschrieben. Die Geschichte der christlichen H. beginnt mit der Märtyrerverehrung, deren frühestes Zeugnis das Martyrium des hl. Polykarp, des Schülers des hl. Johannes, um 160 ist. Unter dem Einfluss des Clemens von Alexandrien (um 150-230) und anderen galten die Bekenner, die wegen ihrer Standhaftigkeit im Glauben gefoltert wurden, bald als eine den Märtyrern vergleichbare Gruppe. Schon früh ist auch die Rede von Gedächtnisfeiern für Asketen oder Bischöfe, wie das Fest des hl. Antonius († 356), das noch zu Lebzeiten des hl. Hilarion († 372) bezeugt ist. Die erste vom Papst vorgenommene Heiligsprechung war hingegen jene von Bischof Ulrich von Augsburg am 31.01.993 durch Johannes XV.
Die H. ist nicht an rituell festgelegte Rahmenbedingungen gebunden und in einzelnen Regionen unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt jedoch gemeinsame Elemente: Wallfahrten, Gebete, Heiligenbilder, Devotionalien wie Kerzen oder Votivbilder. Im Alltag bzw. in Krisensituationen dienen Heilige häufig als Nothelfer, Schutzheilige oder Patrone.
Statuen sind in der religiösen Praxis Symbol für eine verheißungsvolle Wunderkraft und dienen bei Festen und Prozessionen als theatralisches Symbol. Legenden, Erzählungen, Lieder und Heiligenviten mahnen an die Vorbildfunktion der Heiligen.
Der Heiligenkult ist nicht zuletzt nur eine religiöse, sondern auch eine gesellschaftliche Kraft im Schnittpunkt individueller, religiöser und politischer Identitätsbildung. Ein schlagendes Beispiel ist die hl. Rosalia, die Stadtpatronin von Palermo. Sie gilt als Intergrationsfigur unterschiedlicher sozialer Gruppen, die gegen die mafiosen Strukturen in der sizialianischen Gesellschaft ankämpfen.

Lit.: Dinzelbacher, Peter/Bauer, Dieter R. (Hrsg.): Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart. Ostfildern: Schwabenverlag, 1990; Lexikon der Heiligen und der Heiligenverehrung: Lexikon für Theologie und Kirche kompakt. Freiburg i.Br: Herder, 2003.
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