Hauser, Kaspar

(* Angeblich 30.04.1812; † 17.12.1833 Ansbach, Bayern), wurde als „rätselhafter Findling“ bekannt.
H. tauchte am 26. Mai 1828 in Nürnberg als etwa 16-jähriger wortkarger Jugendlicher auf. Nach seinen Aussagen sei er, solange er denken könne, bei Wasser und Brot immer ganz allein in einem dunklen Raum gefangen gehalten worden.
Diese Aussagen erregten internationales Aufsehen. H. kam in das Gefängnis auf dem Luginsland unter die Obhut des Gefängniswärters Andreas Hiltel. Er aß zunächst nur Brot und trank nur Wasser. Sein geistiger Zustand zog das Interesse von Juristen, Theologen und Pädagogen auf sich. Diese machten zahlreiche Untersuchungen mit ihm und erteilten ihm Unterricht im Sprechen. Den altbayerischen Dialekt behielt er dennoch trotz der fränkischen Umgebung zeitlebens bei. H. wurde rasch zu einer öffentlichen Attraktion. Jeder, der ihn sehen oder sprechen wollte, konnte dies tun, und H. genoss dies sichtlich. Seine Sinnesorgane wurden als überempfindlich, seine Muskeln als unterentwickelt beschrieben. Am 18. Juli 1828 wurde H. zur Pflege und Erziehung beim Gymnasialprofessor und späteren Religionsphilosophen Georg Friedrich Daumer untergebracht, der ihm in mehreren Fächern Unterricht erteilte.
Am 17. Oktober 1829 fand man H. mit einer ungefährlichen Schnittwunde auf, die ihm ein bärtiger Mann zugefügt habe. Am 14. Dezember 1833 kam er mit einer schlussendlich tödlichen Stichwunde nach Hause. Der im Hofgarten gefundene, lilafarbene Damenbeutel enthielt einen Zettel mit in Spiegelschrift geschriebenem Text:
„Hauser wird es euch ganz genau erzählen können, wie ich aussehe, und woher ich bin. Dem Hauser die Mühe zu ersparen, will ich es euch selber sagen, woher ich komme … Ich komme von … der Baierischen Gränze … Am Fluße … Ich will euch sogar noch den Namen sagen: M. L. Ö.“
H. starb am 17. Dezember 1833 gegen 22 Uhr an den Folgen der Verwundung und wurde am 20. Dezember unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Ansbacher Stadtfriedhof beigesetzt.
Die an der gerichtsmedizinischen Untersuchung beteiligten Ärzte waren sich nicht einig, ob die Wunde durch Selbstverletzung oder durch Fremdeinwirkung verursacht worden war. König Ludwig I. setzte die damals hohe Summe von 10.000 Gulden als Belohnung für die Ergreifung eines etwaigen Täters aus, allerdings ohne Erfolg. Das Kreis- und Stadtgericht Ansbach vertrat nach Abschluss der Untersuchungen am 11. September 1834 die Ansicht, man könne sich „des begründeten Zweifels nicht erwehren, ob ein Mord von fremder Hand an Hauser verübt, ob überhaupt ein Verbrechen an ihm begangen wurde“. Polizeirat Merker entschied sich in einer weiteren Schrift für „Selbstverwundung ohne Tötungsabsicht“. Kaspar selbst äußerte auf dem Sterbebett gegenüber Pfarrer Fuhrmann: „Warum sollte ich Zorn oder Hass oder Groll auf die Menschen haben, man hat mir ja nichts getan.“
Sein Grabstein trägt die lateinische Inschrift:
„HIC JACET CASPARUS HAUSER AENIGMA SUI TEMPORIS IGNOTA NATIVITAS OCCULTA MORS MDCCCXXXIII“ („Hier liegt Kaspar Hauser, Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Herkunft, geheimnisvoll der Tod 1833.“).
Im Hofgarten errichtete man einen Gedenkstein mit der ebenfalls lateinischen Inschrift:
„HIC OCCULTUS OCCULTO OCCISUS EST XIV. DEC. MDCCCXXXIII“ („Hier wurde ein Geheimnisvoller auf geheimnisvolle Weise getötet 14. Dez. 1833.“).

Lit.: Mittelstädt, Otto: Kaspar Hauser und sein badisches Prinzentum. Heidelberg: F. Baffermann,1876; Schreibmüller, Walther: Bilanz einer 150-jährigen Kaspar Hauser-Forschung, in: Genealogisches Jahrbuch 31 (1991), S. 43-84; Keuler, Peter Josef: Der Findling Kaspar Hauser als medizinisches Phänomen: eine medizinhistorische Analyse der überlieferten Quellen. Bochum: Universitätsbibliothek, 1997; Heydenreuter, Reinhard: König Ludwig I. und der Fall Kaspar Hauser, in: Staat und Verwaltung in Bayern. Festschrift für Wilhelm Volkert zum 75. Geburtstag. München, 2003, S. 465-476; Schiener, Anna: Der Fall Kaspar Hauser. Regensburg: Systematik RVK: Pustet, 2010.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.