Hartlieb, Johannes

Auch Hans (* um 1400, wahrscheinlich im württembergischen Möglingen; † 18.05.1468 München), Arzt, Leibarzt, gelehrter Rat, Diplomat, Hofdichter und frühhumanistischer Übersetzer am Hof der Wittelsbacher in München.
H. studierte in Padua Medizin und promovierte 1439 an der dortigen Medizinischen Fakultät. Er wurde dann von Herzog Albrecht III. von Bayern-München in Dienst genommen. Spätestens nach dessen Tod 1460 trat er in den Dienst von dessen Sohn Sigmund von Bayern und blieb bis zu seinem Tod 1468 im Dienste der Münchener Linie der Wittelsbacher. Dabei entfaltete er eine große literarische Tätigkeit, von der hier nur die in paranormologischer Sicht bedeutsamen Werke eigens hervorgehoben seien.
Zwischen 1435 und 1450 entstand das Kräuterbuch, das zu seinen medizinischen Schriften zählt.
Als eines seiner berühmtesten Werke gilt das 1456 entstandene puch aller verpoten kunst, ungelaubens und der zaubrey, das die erste bekannte Aufzeichnung eines Hexensalbenrezepts enthält. Darin distanziert sich H. von den verbotenen Künsten, obwohl er sich in seinen früheren Werken (Mondwahrsagebuch, Namenmantik) der Magie und dem Wahrsagen durchaus zugetan zeigte. Der erste Teil des Buches ist überwiegend der Autorintention sowie der Verurteilung von Zauberei und Aberglauben gewidmet. Im zweiten Teil werden die sieben verbotenen Künste (Nigromantia, Geomantia, Hydromantia, Aeromantia, Pyromantia, Chiromantia, Spatulamantia) beschrieben. Es ist dies die früheste deutschsprachige enzyklopädische Beschäftigung mit dem Aberglauben des Mittelalters.

W.: Johann Hartliebs Übersetzung des Dialogus miraculorum von Caesarius von Heisterbach, aus der einzigen Londoner Handschrift hrsg. von Karl Drescher. Berlin: Weidmann, 1929 (Digitalisat); Speta, Franz (Hrsg.): Das Kräuterbuch des Johannes Hartlieb: eine deutsche Bilderhandschrift aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Mit einer Einführung und Transcription von Heinrich L. Werneck. Graz: ADEVA, 1980, teilweiser Neudr. von: Heinrich L. Werneck: Kräuterbuch des Johannes Hartlieb. Eine deutsche Handschrift um 1435/1450 aus dem Innviertel, in: Ostbairische Grenzmarken, Bd. 2, 1958, S. 71-124; Das Buch der verbotenen Künste: Aberglauben und Zauberei des Mittelalters. Aus dem Mittelhochdeutschen übers., komm. u. mit einem Glossar versehen von Falk Eisermann und Eckhard Graf. M. e. Einl. u. e. Anhang von Christian Rätsch. Erw. Neuausg. München: Diederichs, 1998.
Lit.: Fürbeth, Frank: Johannes Hartlieb: Untersuchungen zu Leben und Werk. Tübingen, 1992 (Hermaea – Germanistische Forschungen N.F. 64); Gamweger, Andrea: Das Kräuterbuch des Johannes Hartlieb: mittelalterliche Kräuterkunde zwischen Wissenschaft und Aberglauben. Graz, Univ., Dipl.-Arb., 2007.
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