Esszettel

Kleine Zettel, mit Sinnsprüchen, Heiligennamen, Gebeten oder Bibelversen versehen, die abgekürzt oder zu Sigillen abgewandelt waren. In protestantischen Regionen Deutschlands wie Württemberg, Ostfriesland, Oldenburg oder Hamburg ließ man den Patienten seine Krankheit symbolisch „aufessen“, indem man seinen Namen, sein Geburtsdatum oder eine Besprechungsformel auf einen Zettel schrieb, diesen in Brot oder Obst steckte und ihm zu essen gab. Auch Tiere wurden mit solchen E. behandelt (Fresszettel).
In die Kategorie der E. fallen auch die sog. Schluckbildchen, Gnadenbildminiaturen bis zu Briefmarkengröße, welche die kleinste Form der Andachtsgrafik darstellten und ebenfalls vom 18. bis zum 20. Jh. als religiöse Volksmedizin verwendet wurden. Sie wurden bogenweise auf leichtem Papier hergestellt, wobei manche Bögen bis zu 130 Stück fassen konnten. Solche Schluckbildchen sind erst nach dem Mittelalter nachweisbar. Bis zum 19. Jahrhundert handelte es sich meist um Kupferstichdrucke, wenn auch vereinzelt (beispielsweise in Mariazell) im Holzschnittverfahren bedruckte Zettel vorkamen. Später verwendete man Lithografien, im 20. Jh. auch fotomechanische Reproduktionen alter Vorlagen.
Gläubige schrieben den E.n als Bestandteil der „geistlichen Hausapotheke“ Heilkräfte zu, welche sie durch das Verspeisen der Zettelchen in sich aufnehmen wollten.
Die Zettel wurden nicht nur von Händlern an Wallfahrtsorten, sondern auch von Quacksalbern verkauft.

Lit.: Schneegass, Christian: Schluckbildchen. Ein Beispiel der „Populärgraphik“ zur aktiven Aneignung. Volkskunst Zeitschrift für volkstümliche Sachkultur, Bilder, Zeichen, Objekte, Nr. 6. München: Callwey, 1983.
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