Erster Merseburger Zauberspruch

Als Merseburger Zaubersprüche werden zwei althochdeutsche Sprüche aus heidnisch-germanischer Zeit zur Befreiung Gefangener und gegen Fußverrenkung bezeichnet, die nach dem Ort ihrer Auffindung in der Bibliothek des Domkapitels zu Merseburg benannt sind. Sie finden sich in einem Sakramentar des 9. Jahrhunderts, einer sechslagigen Sammelhandschrift mit doppelter Folierung.
Im Gegensatz zum Zweiten Merseburger Zauberspruch handelt es sich beim Ersten nicht um einen Heilspruch, sondern um einen „Lösesegen“, der Gefangene aus ihren Fesseln befreien soll. Der erste Teil des vier Langzeilen umfassenden Zauberspruchs berichtet, wie eine Anzahl walkürenartiger Frauen gefangene Krieger aus ihren Fesseln befreien. Den eigentlichen magischen Befehl enthält die letzte Zeile in Nachvollziehung der Vorbildhandlung: insprinc haptbandun invar vigandum („entspringe den Fesseln, entfliehe den Feinden“).

Lit.: Braune, Wilhelm: Althochdeutsches Lesebuch, 15. Aufl. Tübingen: Max Niemeyer, 1969; Höver, Werner/Kiepe, Eva: Epochen der deutschen Lyrik – Von den Anfängen bis 1300. München: DTV, 1978.
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