Emmerick (Emmerich), Anna Katharina

(* 08.09.1774 Flamschen bei Coesfeld; † 09.02.1824 Dülmen/Westfalen), selig (03.10.2004), Tochter eines Kleinbauern, Visionärin, stigmatisierte Passionsmystikerin mit Ekstasen.
Als fünftes von acht Geschwistern war E. schon von Kindheit an anders als die übrigen Kinder. Sie sah ihren Schutzengel, hatte außergewöhnliche Erfahrungen und stand in Kontakt mit den Armen Seelen. Sie konnte Geweihtes von Ungeweihtem unterscheiden; wohnte bis zum 18. Lebensjahr als Bauernmagd bei ihrem Onkel, zog dann als Näherin von Hof zu Hof. Obwohl körperlich schwach und kränklich, führte sie von Jugend an ein Leben strengster Askese.
Am 13.11.1802 wurde E. im Kloster der Augustinerinnen in Agnetenberg bei Dülmen eingekleidet. Nach der staatlichen Aufhebung des Klosters 1811 musste auch sie 1812 das Kloster verlassen
und fand Aufnahme als Haushälterin beim Vikar Lambert. Bald erkrankte sie jedoch und konnte das Haus nicht mehr verlassen. Sie lebte in einer Privatwohnung in Dülmen.
I
n dieser Zeit, am 29. Dezember 1812, empfing E. die Wundmale mit den Schmerzen, unter denen sie schon seit 1798 gelitten hatte, was sie nur bis zum 28. Februar 1813 verbergen konnte, als eine Mitschwester dies zufällig bemerkte.
Wiederholte Untersuchungen durch die geistliche und weltliche Behörde bestätigten die Echtheit ihrer Wundmale. Auf ihr Gebet hin schlossen sich diese 1819, ließen aber weiß schimmernde Narben zurück, die sich an jedem Freitag röteten und bluteten. In ihren Visionen schaute sie einzelne biblische Szenen und ab 1820 das Leiden des Herrn. Nach zehnjährigem Krankenlager starb E. 1824 im Ruf der Heiligkeit.
Ihre Visionen wurden von dem Dichter Clemens Brentano in 12 Bänden aufgezeichnet (1818 -1823). Da nicht mit Sicherheit zu klären war, inwieweit bei ihren Visionen auch natürliche Hellsichtigkeit, Vermischung von Vergangenem und Zukünftigem, mystischen und allegorischen Elementen beteiligt waren und auf sie auch der Einfluss Brentanos bzw. dessen redaktionelle Bearbeitung wirkten, entschied die Ritenkongregation 1927, die Visionen keiner Prüfung zu unterziehen, sondern nur ihr Leben. Am 18. Mai 1927 erklärte die Heiligsprechungskongregation, dass die E. zugeschriebenen Schriften das Werk Brentanos seien.
Daraufhin wurde in nur elf Monaten das gesamte Transsumptum ins Italienische übersetzt, wobei eine Reihe von Ungereimtheiten entstanden, indem man z.B. Ortsnamen für Personennamen hielt. Schließlich beschloss das Heilige Offizium, die Glaubenskongregation, am 30.11.1928 den Fall E. zu archivieren.
Im Rahmen der Vorbereitungen für die Feier des 150. Todestages von E. im Jahre 1974 wandte sich Bischof Heinrich Tenhumberg am 31. Januar 1973 mit dem Wunsch einer Wiederaufnahme des Seligsprechungsverfahrens an die Heiligsprechungskongregation, da sich die Anfragen der Gläubigen mehrten. Nach den entsprechenden Vorbereitungen wurde am 13. Juni 1984 der Dominikanerpater Ambrosius Eszer, der spätere Generalrelator der Heiligsprechungskongregation, mit dem Fall betraut und 1986 Joseph Adam zum Vizepostulator ernannt. Der Fall musste unter Einbezug der gesamten zeitgenössischen und späteren Literatur völlig neu aufgerollt werden, wobei anstelle der Schriften von Clemens Brentano das Tagebuch von Dr. Wilhelm Wesener verwendet wurde.
Am 24. April 2001 erließ Papst Johannes Paul II. dann schließlich das Dekret über die Heroizität der Tugenden. Am 7. Juli 2003 wurde die am 3. März 1880 nach Auflegen einer Reliquie von E. zwischen 11 und 12 Uhr vormittags erfolgte Heilung von einer Stimmbändertuberkulose mit infauster Prognose als Wunder anerkannt. Damit war der Weg frei für die Seligsprechung von E., die am 3. Oktober 2004 auf dem Petersplatz in Rom stattfand.

Lit.: Schmöger, P.: Das Leben der gottseligen Anna Katharina Emmerick. Freiburg i.Br.: Pattloch, 1885; Tagebuch des Dr. med. Franz Wilh. Wesener über die Augustinerin A.K. Emmerick. Unter Beifügung anderer auf sie bezüglicher Briefe und Akten. Hrsg. v. P. Winfried Hümpfner. Wurzburg: St. Rita-Verl., 1926; Schamoni, Wilhelm/Karl Besler: Charismatische Heilige. Besondere Gnadengaben bei Heiligen nach Zeugenaussagen aus Heiligsprechungsakten. Stein am Rhein: Christiana, 1989; Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Die Seherin von Dülmen und ihr Dichter-Chronist – Clemens Brentano, Anna Katharina Emmerich und die Folgen einer seltsamen Seelen-Symbiose. Gersau 1992; Bangert, Michael (Hg.): Anna Katharina Emmerick – Passio, Compassio, Mystik. Dokumentation des Emmerick-Symposions an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Münster 2000; Resch, Andreas: Anna Katharina Emmerick. Zur Seligsprechung am 3. Okt. 2004. Grenzgebiete der Wissenschaft 53 (2004) 4, 291-314.
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