Dessoir, Max

(* 08.02.1867 Berlin; †19.07.1947 Königstein im Taunus/D), Mediziner, Theosoph, Philosoph, Schöpfer des Terminus „Parapsychologie“ 1889.
D. stammte aus ärmlichen Verhältnissen, dessen Vater früh starb. Seine Mutter vermietete Zimmer. Er selbst erteilte Nachhilfeunterricht, gab Geigenstunden und war auf Unterstützung angewiesen. Dennoch studierte er an der Universität Berlin Philosophie bei Wilhelm Dilthey und promovierte 1889 nach sechs Semestern über Karl Philipp Moritz. 1892 promovierte er in Würzburg in Medizin mit einer Arbeit über den Hautsinn.
Nach seinem Studium war D. von 1892 bis 1897 als Privatdozent und nach seiner Habilitation bis 1934 als Professor für Philosophie an der Friedrich Wilhelm-Universität in Berlin tätig. Dabei ergaben sich Kontakte mit Philosophen und Soziologen, wie Wilhelm Dilthey, Ernst Cassirer, Georg Simmel und Max Scheler. Neben seinem Hauptgebiet, der Psychologie, befasste sich D. auch mit Philosophie, Ästhetik, Literatur und den Grenzgebieten. 1933 verboten ihm die Nationalsozialisten die Ausübung der Lehre. 1945 wurde seine Wohnung samt Bibliothek und seinen wertvollen wissenschaftlichen Unterlagen durch eine Bombe zerstört. D. flüchtete nach Königstein. In den verbleibenden Jahren schrieb er noch zwei Bücher und eine Biografie, die eine Zusammenfassung seiner Sicht der Parapsychologie beinhaltet. Er war dabei Kritiker und Verteidiger zugleich.
D. nahm nämlich bereits in jungen Jahren an Sitzungen mit verschiedenen Medien teil und befasste sich ein Leben lang, interessiert und skeptisch zugleich, mit jenen menschlichen Fähigkeiten, die zwar den Bereich des Normalen verlassen, jedoch nicht als krankhaft zu bezeichnen sind. In der theosophischen Monatsschrift Sphinx veröffentlichte er 1889 den Artikel „Die Parapsychologie“ und schlug vor, die Wissenschaft, die sich mit den aus dem normalen Seelenleben heraustretenden Erscheinungen befasst, „Parapsychologie“ zu nennen. Der Begriff habe den Vorteil, ein bisher noch unbekanntes Grenzgebiet zwischen dem Durchschnitt und den abnormen, pathologischen Zuständen kurz zu bezeichnen. Der Vorschlag fand internationale Resonanz.
Diese Kurzbezeichnung wurde 1969 von Andreas Resch durch den Begriff „Paranormologie“ erweitert, der sämtliche Grenzgebiete umfasst. Die Parapsychologie bildet dabei neben Paraphysik, Parabiologie und Parapneumatologie ein wesentliches Teilgebiet.

W.: Die Parapsychologie. Eine Entgegnung auf den Artikel „Der Prophet“. Sphinx, Monatsschrift für die geschichtliche experimentelle Begründung der übersinnlichen Weltanschauung auf monistischer Grundlage IV (1889)7, S. 342; Das Doppel-Ich. Leipzig: Günther, 1890, 1896; Vom Jenseits der Seele. Stuttgart: Enke, 1917; Buch der Erinnerung. Stuttgart: Enke, 1946; Das Ich, der Traum und der Tod. Stuttgart: Enke, 1947.
Lit.: Bauer, Eberhard: M. Dessoir und die Parapsychologie als Wissenschaft. Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie, Bd. 10 (1967), 106-114; Kurzweg, Adolf: Die Geschichte der Berliner „Gesellschaft für Experimental-Psychologie“ mit besonderer Berücksichtigung ihrer Ausgangssituation und des Wirkens von Max Dessoir. Dissertation, Berlin, 1976. Resch, Andreas: Zur Geschichte der Paranormologie. Innsbruck: Resch, 2010.
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