Daumenlutschen

Einführen des Daumens in den Mund, um daran zu saugen oder zu lutschen. Die Verhaltensform geht auf den angeborenen Saugreflex zurück, der bei Berührung der Lippen oder der Zungenspitze eine saugende Mundbewegung auslöst und im ersten Lebensjahr die Nahrungsaufnahme sicherstellt. Föten lösen diesen Reflex bereits im Mutterleib aus, indem sie den Daumen in den Mund stecken. Der Reflex verschwindet zwar nach dem ersten Lebensjahr, die Gewohnheit kann aber bleiben. In der Regel hören Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren mit etwaigem D. auf, da sie andere Wege gefunden haben, sich zu entspannen und zu trösten. Manche Kinder lutschen aber auch noch Jahre danach nachts oder bei > Stress. Das D. schließt den bioenergetischen Energiekreis und bewirkt ein Empfinden von Geborgenheit.
In der keltischen Heldensage erscheint das D. zuweilen als Bedingung und Befähigung zu visionärem Schauen. Damit verbunden ist auch der Ausdruck „sich etwas aus dem Finger saugen“.
Die psychologische Deutung von D. als sexuelle Selbstbefriedigung verkennt den meist asexuellen Aspekt der Bergung im personalen Selbst.

Lit.: Gillis, Jonathan: Bad Habits and Pernicious Results: Thumb Sucking and the Discipline of Late-Nineteenth-Century Paediatrics. Medical History. Nr. 40, 1996, 55-73; Worth, Bonnie: Nie wieder Daumenlutschen. [Berlin]: Buchverl. Junge Welt, 1997.

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