Däumling

Franz. poucet, eine menschliche Gestalt im Märchen, die nicht größer als ein Daumen ist. Darunter fallen vor allem Zwerge, Kobolde, Heinzelmännchen, Waldmännchen und Däumelinchen.
Bereits im Mittelhochdeutschen werden Zwerge dûmeli genannt (Kuhn). Die Bezeichnung der Zwerge als D. ist im deutschen Sprachraum jedoch viel weniger verbreitet als im slawischen und stammt daher wohl von dort.
Das in Europa am meisten verbreitete Kunstmärchen ist Der kleine Däumling (Le Petit Poucet) des französischen Schriftstellers Charles Perrault, das 1697 als Teil seiner Sammlung Geschichten meiner Mutter Gans (Les Contes de ma mère l’Oye) erschienen ist. Dabei muss zwischen Namen und Gestalt unterschieden werden. Der Held in Zwergengestalt ist nämlich bedeutend älter und klingt schon in einigen > Thormythen an.
Die bekannteste Version im deutschen Sprachraum ist das Grimmsche Märchen Daumesdick. Eine weibliche Entsprechung dazu schuf Hans Christian Anderson 1835 mit dem Kunstmärchen Däumelinchen. Eine weitere Figur ist Nils Karlsson-Däumling von Astrid Lindgren von 1956.
Mit D. wird jedoch nicht nur auf die Kleinheit der Märchengestalt angespielt, sondern auch auf seine Klugheit, denn in den Fingern, vornehmlich im Daumen, steckt nach dem Volksglauben eine besondere Weisheit, wie die Redewendungen „ sich aus den Fingern saugen“ oder „das hat mir der kleine Finger gesagt“ bezeugen. So ist der D. klein und groß zugleich.

Lit.: Kuhn, Adalbert: Mythologische Studien. Bd. 1. Gütersloh: Bertelsmann, 1886; Rochholz, E.L: Sagen und Märchen. Aarau: H.R. Sauerländer & Co., 1924.
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