Baudelaire, Charles

(*09.04.1821 Paris; †31.08.1867 ebd.), französischer Dichter des Seltsamen, Unheimlichen, Verruchten, der eine bis zum Satanskult gesteigerte Lust am Bösen der Sehnsucht nach dem Schönen und Guten gegenüberstellt.
B. gilt heute als einer der größten französischen Lyriker überhaupt und als einer der wichtigsten Wegbereiter der europäischen literarischen Moderne. So war sein Hauptwerk, Les Fleurs du Mal (1857), auch in Deutschland richtungweisend für die Dichtung des späten 19. und frühen 20. Jhs. und setzt sich im 21. Jh. fort. Schon der Titel greift das Spannungsfeld zwischen dem Bösen und der Sehnsucht nach dem Guten auf. Der Mensch lebt in einem schwermütigen Existenzüberdruss, aus dem es kein Entrinnen gibt. Nur der Künstler in seiner schöpferischen Tätigkeit kann mittels Vorstellung (imagination) geheime Affinitäten der Dinge unterhalb ihrer trivialen Erscheinung erfassen und so das Schöne im Hässlichen aufspüren. Daher strebt sein Held der modernen Welt trotz der ihn umgebenden Hässlichkeit nach Vergeistigung und Idealen.
In dieser Doktrin der Affinitäten (correspondances), beeinflusst von Emanuel > Swedenborg, J.K. > Lavater, Hoffmann und Fourier, manifestiert B. seinen manichäischen Dualismus zwischen dem Streben nach dem Ideal und der Hingabe an das Böse in der Verherrlichung Satans als dem wahren Weltbeherrscher: „Die Erde ist nicht Entsprechung des Himmels, sondern Spiegel der Hölle.“
So verehrt er in den Litaneien des Satans in Les Fleurs du Mal (dt. Die Blumen des Bösen), die seinen engen Kontakt mit satanischen Kreisen bezeugen, > Satan „als den weisesten und schönsten Engel, der selbst nach seinem Sturz noch Gott ist“. Der > Satanismus ist für B. daher eine negative Verehrung Gottes und Satan ein Symbol der unterdrückten Triebe, der Lebensfreude des Menschen, der Auflehnung gegen Staat und Kirche. Für B. steht Satan über Gott, weil er, obwohl verraten und gestürzt, seine Würde und seinen Stolz bewahrt hat.
B. verkehrte daher in dem von Théophile Gautier gegründeten „Club der Haschishins“, wohl identisch mit satanischen Kreisen, deren Mitgliedern in einem Pariser Hotel Cannabis in Form eines Konfekts (Dawamesc, algerisches Haschisch) serviert wurde. Die Berichte von B. über die Trips zählen zu den ersten Veröffentlichungen über die Wirkung des Haschischgenusses im 19. Jahrhundert.

W.: Die Blumen des Bösen: Umdichtungen. Stuttgart: Klett-Cotta, 22004; Êuvres complètes. Préf. de Claude Roy. Notice et notes de Michel Jamet. Paris: Laffont, 2004; Les fleurs du mal: illustrées par la peinture symboliste et décadente. Préface: Baudelaire, le poète aux „larges Yeux“ par Jean-David Jumeau-Lafond. Recherches iconographique et notices biographiques Aurélie Carréric. Paris: Diane de Selliers Editions, 2005.
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