Anfang

A. (lat. incipere, anfangen), ursprünglich „an etwas fassen, greifen“ (lat. capere), also angreifen, anpacken. Im biblischen Denken ist A. der Beginn der Schöpfung (Gen 1,1) und Christus schlechthin (Joh 1,1; Offb 22,13). Im vorgriechischen mythischen Denken wird die Bedeutung des Ursprungs der Welt mit A. verbunden, im vorsokratischen Denken mit der Frage des Urstoffes, im späteren griechischen Denken stehen für A. die beiden Begriffe arché (lat. principium) und aitía (lat. causa, Ursache).
Paranormologisch hat A. durch die mit ihm verbundene Unsicherheit und Hoffnung eine besondere Bedeutung und wird daher gerne mit einem eigenen Zauber verbunden, dem Anfangszauber. Durch besondere Vorsicht und Berücksichtigung der magischen Zusammenhänge sucht man den A. einer Handlung oder eines Unternehmens in die richtige Bahn zu leiten, positive Kräfte zu verstärken und negative abzuwenden. Bei Verneinung eines A.s sucht man diesen durch negative Kräfte zu unterbinden.
Man wählt Tage von allgemein günstigem Einfluss aus und vermeidet ungünstige. Eine solche Wahl gab es schon im alten Babylonien und in Ägypten. Die einzelnen Tage der Woche standen nach altem Kalenderglauben in Zusammenhang mit gewissen planetarischen Ereignissen. Da jeder Planet einem besonderen Gott zugeordnet wurde, suchte man Geschäfte an einem Tag zu besorgen, dem eben der betreffende Gott vorstand, wie auch jene zu unterlassen, die ihm zuwider waren.

Neben dem Wochentag spielen für den Anfang auch der Mond und der Gestirnestand eine Rolle. Heiraten soll man bei zunehmendem Mond, der für allen Beginn steht. Nichts Neues soll man am Unschuldigen Kindertag anfangen. Am Donnerstag (Hexentag), soll man nichts Wichtiges tun, vor allem keine Ehe beginnen. Ein Werk soll man am Montag, am kürzesten Tag oder zu Neujahr beginnen. Nach anderen Überlieferungen soll man hingegen am Montag nichts anfangen, wie überhaupt die Wahl der Tage unterschiedlich ist und im mittelalterlichen Christentum daher bekämpft wurde (Eligius).
Heute noch ruft man zu Beginn einer Fahrt oder einer besonderen Arbeit den Schutz von Engeln, Heiligen oder von Gott selbst an und zuweilen greift man zu magischen Riten.
Schließlich ist noch die Beobachtung besonderer Zeichen zu vermerken, die zu Beginn des A.s beachtet und gedeutet werden. Fängt ein Unternehmen schlecht an, ist dies eine Warnung. Allerdings soll man sich eines guten Anfangs nicht allzu sehr rühmen: „Den Vogel, der früh singt, frisst abends die Katz.“ Man bemüht sich daher durch Befragungen von Wahrsagern und Hellsehern sowie durch magische Handlungen wie > Bleigießen, > Kartenlegen, > Würfeln u. dgl. die Zukunft zu erforschen.

Lit.: Eligius, Gerardus: Virgae Ludovico Schlaaffio Baudei gnomis facem praelucenti … transmissae. Palaeopoli Advaticorum: Verheyden, 1608; Jeremias, Alfred: Handbuch der altorientalischen Geisteskultur. Berlin: W. de Gruyter & Co., 1929; Simrock, Karl: Handbuch der Deutschen Mythologie mit Einschluss der nordischen Nachdr. d. Ausg. Bonn 1874. Genève: Slatkine Reprints, 1979; Wolf, Kurt W.: Blick in die Zukunft: Kartenlegen, Würfeln, Bleigießen, Pendeln; was Hand u. Gesicht sagen. Bergisch Gladbach: Lübbe, 1986; Löscher, Friedrich Hermann: Erzählungen und Volksstücke aus dem Erzgebirge: Bleigießen am Adreas-, Weihnachts- und Sylvesterabend. [Hg. von Erika Löscher]. Friedrichsthal: Altis-Verl., 2002.
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