Drache

(Griech. drakon, lat. draco, engl. dragon, ital. drago), mythologisches Mischwesen, meist reptilienartig mit mehreren Köpfen (z.B. sieben, > Zahlensymbolik).
Als mythisches Mischwesen aus Schlange oder Krokodil, mit Fischschuppen bedeckt, Beinen und Flügeln, auch mit dem Kopf eines Adlers, Falken oder Habichts und manchmal auch eines Löwen bzw. mit dessen Vorderfüßen, ist der D. das bekannteste aller Fabelwesen. Etwas anders wird der chinesische D. beschrieben: mit den Ohren eines Ochsen, den Füßen eines Tigers, den Klauen eines Adlers, den Hörnern eines Rehs, dem Kopf eines Kamels, den Augen eines Teufels, dem Hals einer Schlange, dem Leib eines Hahnes und den Schuppen eines Karpfens.
Im Einzelnen zeigen die Beschreibungen je nach Ländern und Kulturen kleinere oder größere Abweichungen, insgesamt behält der D. aber die Gestalt eines Mischwesens. Darin spiegelt sich auch die Vielfalt seiner Aufgaben, die positiv und negativ sein können.
In den vorderorientalischen und indoeuropäischen Kosmologien symbolisiert der D. das zu überwindende Chaos. Von den verschiedenen D.n sind Illujanka (hethitisch), Leviathan und Tannin (jüdisch), Tiamat (akkadisch), Vritra (vedisch) und Typhon (griechisch) zu nennen.
Demgegenüber symbolisieren D.n im ostasiatischen- und pazifischen Raum positive Wesen. Besonders in der chinesischen Mythologie garantieren sie Glück, Harmonie, Ordnung und Fruchtbarkeit.
In der Bibel geht der Terminus D. im AT auf die Septuaginta zurück (Leviathan) und symbolisiert das Chaos und seine Macht gegen JHWH als Begründer der Schöpfungsordnung (Jes 51,9-16). Der in Offb 12-20 begegnende D. ist nach Dan 7,7; 8,10 konzipiert und mit der Schlange aus Gen 3,1-15 sowie mit dem aus Ijob 1,6-2,10 bekannten Satan (Teufel) identifiziert. Bei seinem Kampf mit Michael wird er aus dem Himmel geworfen und übt auf der Erde zeitlich begrenzte Macht aus, um letztlich in der Hölle zu landen.
Im islamischen Kulturbereich stoßen wird auf den D.n „Thu’bān“, den die Araber „Tinnin“, die Türken „Lu“ und die Mongolen „Moghur“ nennen.
Im europäischen Raum sind D.n nicht nur als Attribute der christlichen Drachentöter Georg und Michael, sondern schon sehr früh an Portalen und Kapitellen der Baudenkmäler sowohl in Einzelgestalt als auch in Gruppen zu sehen.
Im germanischen Raum sind D.n seit dem 8. Jh. gut belegt.
In der Alchemie gilt der D. als Wächter des Opus magnum.

Lit: Visser, Marinus Willem de: The Dragon in China and Japan. Cornell University Library, 1876-1930/ Amsterdam: J. Müller, 1913; Wild, Friedrich: Drachen im Beowulf und andere Drachen: mit einem Anhang: Drachenfeldzeichen, Drachenwappen und St. Georg. Wien: Bö̈hlaus Nachf., Graz [etc.]: Kommissionsverlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1962; Hall, Angus: Bestien, Scheusale und Monster. Frankfurt a.M./Berlin/Wien: Ullstein, 1979; Rebschloe, Timo: Der Drache in der mittelalterlichen Literatur Europas. Heidelberg: Winter, 2014.
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