Andreas Resch: Josef Maria de Yermo y Parres


JOSEF MARIA DE YERMO
Y PARRES
(1851-1904)

GRÜNDER
DER KONGREGATION DER DIENERINNEN DES
HLGST. HERZENS JESU
UND DER ARMEN

Heilig: 21. Mai 2000
Fest: 20. September

JOSEF MARIA DE YERMO Y PARRES wurde am 10. November 1851 auf dem Landgut von Jalmolonga, Provinz und Diözese Toluca, Mexiko, als einziges Kind des Advokaten Manuel de Yermo y So­viñas und der Maria Josefa Parres y Martínez geboren und noch am gleichen Tag in der Kapelle des landwirtschaftlichen Betriebes des Vaters getauft. Die Eltern waren tiefgläubige Christen und lebten in gehobenen Verhältnissen.

Josef wurde von seinem Vater und seiner Tante Carmen erzogen, weil die Mutter fünfzig Tage nach der Geburt, am 30. Dezember 1851, starb. 1852 übersiedelte der Vater mit seinem Söhnchen und seiner Schwester Carmen nach Mexiko City, wo diese sich um den Haushalt kümmerte und Josef wie einen eigenen Sohn erzog. Am 7. Februar 1853 wurde er gefirmt; von 1854 bis 1859 lebte er einige Zeit bei seinen Verwandten in Spanien. Den Rest seiner Kindheit und Jugend verbrachte Josef in Mexiko City. Die erste Grundschulausbildung erhielt er von Privatlehrern zu Hause und schloss diese dann in einer Privatschule ab, die von einem ehemaligen Oberst geleitet wurde. Am 30. März 1860 empfing er die Erstkommunion; 1864 beendete er die Schule mit einer Auszeichnung, die ihm von Kaiser Maximilian höchstpersönlich überreicht wurde.

1865 begann Josef mit dem Studium der lateinischen Grammatik und entdeckte schon bald seine Berufung zum Priester. Mit 16 Jahren verließ er 1867 sein Elternhaus, um in Mexiko City bei den Missionspriestern des hl. Vinzenz von Paul einzutreten. Bedauerlicherweise waren die Jahre seiner religiösen Ausbildung und der philosophischen und theologischen Studien durch die unter der Regierung Juárez ausgelöste grausame Verfolgungen geprägt. So sahen sich die Oberen der Missionskongregation, um überleben zu können, zur Flucht gezwungen und die Studenten und Novizen, darunter auch den jungen De Yermo y Parres, der in Mexiko City wohnte, in die verschiedenen Kommunitäten Mexikos, nach Puebla, Xalupa, Guanajuato und Toluca, zu verlegen, wo Josef am 10. November 1869 die ersten Gelübde ablegte. Im gleichen Jahr wurde er nach Paris geschickt und blieb dort über ein Jahr. Er besuchte die theologischen Studien und wurde dann neuerlich nach Mexiko City versetzt, wo er mit großem Enthusiasmus und Einsatz an verschiedenen Missionen der Erzdiözese mitarbeitete.

Die apostolischen Anstrengungen schlugen sich jedoch schon bald auf die Gesundheit nieder, weshalb er auf Wunsch des Vaters und mit Zustimmung der Oberen nach Hause zurückkehrte. Die Verbindung zur Missionskongregation hielt er jedoch aufrecht und wurde zum Vertrauten des Erzbischofs in der Erzdiözese von Mexiko City. Was seine Berufungsentscheidung betraf, so erlebte er eine Zeit des Zweifels, weshalb er die Oberen mindestens zweimal um Dispens von den Gelübden ersuchte, was ihm gestattet wurde. Am 1. März 1877 verließ Josef schließlich nach einer langen und leidvollen Krise mit 25 Jahren die Missionkongregation endgültig, in der Überzeugung, nicht dazu berufen zu sein.

Er wurde daraufhin vom Bischof der Diözese León aufgenommen und trat in das Diözesanseminar ein, um die theologischen Studien ordnungsgemäß abzuschließen. Nach Beendigung derselben wurde er am 24. August 1879 in der Kathedrale von León zum Priester geweiht. In den ersten Jahren seiner priesterlichen Tätigkeit zeichnete er sich durch besonderen apostolischen Enthusiasmus sowie durch große Fähigkeiten als Redner und spiritueller Leiter aus. Am 19. April 1880 eröffnete Bischof Diez de Sollano die philosophisch-theologische Akademie des hl. Thomas von Aquin, die erste in ganz Mexiko, und ernannte Yermo zum Mit-Begründer und Sekretär derselben. Dieser machte sich sofort an die Arbeit, erstellte die Statuten und gab die ersten Impulse, doch am 7. Juni 1881 starb der Bischof und Yermo sah einer völlig unsicheren Zukunft entgegen. Inzwischen wurde er zum Untersekretär und 1882 dann zum Sekretärsubstitut der Kurie ernannt, bis er mit der Inthronisation des neuen Bischofs 1883 vom Amt des Sekretärs entbunden wurde.

Er widmete sich nun neuerlich der Katechese der Kinder und veröffentlichte zu diesem Zweck 1884 in der Zeitung von León, El pueblo cattolico, eine Reihe von Briefen, die an die christlichen Mütter bezüglich der Erziehung ihrer Kinder zu Hause gerichtet waren. Aus gesundheitlichen Gründen verzichtete er im gleichen Jahr auf das Amt des Untersekretärs der Kurie, und am 11. April 1885 ernannte ihn der neue Bischof zum Kaplan zweier winziger Pfarreien am Stadtrand: El Calvario und El Santo Niño. Dies war für Yermo ein schwerer Schlag und seine Freunde rieten ihm, darauf zu verzichten. Er aber beschloss, Christus im Gehorsam nachzufolgen, weil eine verborgene Triebkraft ihn vom Verzicht auf das Amt abhielt, wie er später bekannte.

Und in der Tat: als er eines Tages zu Fuß zu seiner Kaplanei El Calva­rio unterwegs war, wurde er unvermittelt Zeuge einer grauenhaften Szene: einige Schweine waren gerade dabei, zwei Neugeborene zu verschlingen, die eine undankbare Mutter zurückgelassen hatte. Er­schüttert von dem grauenvollen Anblick, fühlte er sich von Gott auf den Weg gewiesen, und in seinem Herzen voll der Liebe zu den Notleidenden beschloss er, sein Projekt der Errichtung eines Exerzitienhauses für Priester in eine Aufnahmestation für Kinder und bedürftige Alleinstehende umzuwandeln. Nachdem er vom Bischof die Erlaubnis erhalten hatte, eröffnete Yermo am 1 3. De­zember 1885 auf dem Hügel von El Calvario das Asilo del Sagrado Co­razón unter Mitarbeit von vier ebenso mutigen wie eifrigen jungen Frauen sowie des Arztes Rodendo Gutiérrez, der ein paar arme Menschen, darunter auch Kinder und alte Leute, aus dem staatlichen Hospiz in das Asyl brachte, wo sie schon am ersten Tag eine Familie von 61 Personen bildeten. Der Tag der Asyleröffnung war gleichzeitig Gründungstag der Kongregation der Dienerinnen des Heiligsten Herzens Jesu und der Armen.

Schon am nächsten Tag, dem 14. Dezember 1885, erstellte Yermo den ersten Stundenplan, der – geprägt durch die Hinwendung zum Gebet und geistlichen Übungen – von dieser ersten Gemeinschaft der Dienerinnen zu befolgen war. Jede Woche hielt er Vorträge über den Dienst an den Armen und die religiöse Bildung. 1886 legte er den Dienerinnen den ersten Entwurf der Konstitutionen vor, der bereits die Grundelemente der neuen Ordensgemeinschaft enthielt und nicht das Ergebnis langer Meditationen war, sondern vielmehr einem Impuls der Nächstenliebe entsprang, eine deutliche Präsenz der Liebe Gottes, vor allem den Armen gegenüber, zu sein.

So führte De Yermo y Parres mit viel Mut und glühendem apostolischen Eifer am 19. März 1886 in der Kirche El Calvario zudem noch die ewige Anbetung ein und machte El Calvario so zu einem Zentrum der eucharistischen Anbetung der Diözese, wo sich Gläubige und Schwestern Tag und Nacht in eifrigem Gebet abwechselten. El Calvario wurde zu einem Mittelpunkt christlicher Nächstenliebe: Waisen, betagte und bedürftige Menschen fanden dort neben Unterkunft und Verpflegung auch spirituelle Nahrung.

De Yermos Nächstenliebe den Armen gegenüber artikulierte sich häufig auf geradezu heroische Art, so z.B. als er sich mit äußerstem Mut für die Rettung der Opfer der Überschwemmung von León am 18. und 19. Juni 1888 einsetzte und sogar sein Leben riskierte, um zahlreiche Betroffene aus den Fluten zu retten. Nachdem er die Nacht mit der Betreuung der Menschen in seinem Asyl zugebracht hatte, machte er sich am 19. Juni auf den Weg in jene Stadtviertel, die vom Hochwasser verschont geblieben waren, um von Tür zu Tür Lebensmittel für jene zu erbetteln, die alles verloren hatten. Dieser Umstand brachte ihm die Bezeichnung „Gigant der Nächstenliebe“ ein – ein Titel, den ihm General Manuel González verlieh, der Gouverneur des Staates Guanajuato und Ex-Präsident der Republik Mexiko.

1889 verlegte De Yermo das Generalat und das Noviziat des Instituts nach Puebla und gründete weitere Häuser für arme Kinder und Kranke sowie 1893 das Institut der Christlichen Barmherzigkeit in Puebla zur Aufwertung der Frauen und für die Kinder- und Jugenderziehung. Kurz vor seinem Tod erlebte er mit der Niederlassung seiner Töchter in der Mission der Sierra Tarahumara im Norden Mexikos am 31. Januar 1904 schließlich noch die Verwirklichung eines seiner größten Träume.

Nach Jahren unermüdlicher Hingabe für die Armen und die Gründung von Schulen, Spitälern, Altersheimen, Waisenhäuser und eines sehr gut organisierten Regenerationszentrums für Frauen kräftemäßig erschöpft, beschloss er am 20. September 1904 in Puebla de los Angeles sein irdisches Leben.

Seine sterblichen Überreste ruhen in der Kapelle der Siervas del Sagrado Corazón de Jesús y de los Pobres, Av. 3 Poniente 1512, Puebla, Pue., Mexiko.

Am 21. Mai 2000 wurde Josef Maria de Yermo y Parres von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der ihn am 6. Mai 1990 in Mexico City seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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