Andreas Resch: Johannes Gabriel Perboyre

JOHANNES GABRIEL PERBOYRE
(1802-1840)

PROFESSPRIESTER
DER MISSIONS-KONGREGATION
(LAZARISTEN)

MÄRTYRER

Heilig: 2. Juni 1996
Fest: 11. September

JOHANNES GABRIEL PERBOYRE wurde am 6. Januar 1802 in Le Puech in der Pfarrei Montgesty bei Cahors, Südfrankreich, in einer Familie geboren, die der Kirche drei Missionare des hl. Vinzenz und zwei Barmherzige Schwestern schenkte. Am darauffolgenden Tag wurde er auf den Namen Johannes Gabriel getauft. Er war das zweite Kind von Peter Perboyre und Maria Rigal und wurde im Schoß der Familie zu einem soliden religiösen Leben erzogen.

Nach der Volksschule in seinem Heimatdorf begann er seinem Vater bei den verschiedensten Arbeiten zu helfen, wobei er vor allem zur Beaufsichtigung der auf dem Gut der Familie beschäftigten Landarbeiter eingesetzt wurde.

Wegen seiner tiefen Frömmigkeit durfte er bereits mit zehn Jahren die Erstkommunion empfangen. Mit 15 Jahren begleitete er 1816 seinen jüngeren Bruder Alois in die Schule von Montauban (Tarn-et-Garonne), die von einem Onkel, dem Lazaristen Jacques Perboyre, eröffnet worden war, um die Jugendlichen auf das Seminar vorzubereiten. Dieser Onkel, der die Schule auch leitete, flößte den Knaben die Liebe zur China-Mission ein, die ihm selbst versagt geblieben war.

Das erste Quartal musste Johannes allein verbringen und darauf warten, dass sich sein Bruder an das Klima gewöhnte. Der Aufenthalt weckte aber auch in ihm die Berufung zum Missionar bei den Söhnen des hl. Vinzenz, um in die Mission nach China zu gehen. Er teilte daher seinem Vater mit, dass er nun begriffen habe, dass Gott ihn rufe, Ihm als Priester zu folgen. Die überraschten Eltern respektierten die Entscheidung des Sohnes und begleiteten ihn mit ihrem Zuspruch.

1818 trat Johannes, als erster Novize nach der Französischen Revolution, in das Noviziat der Kongregation der Mission des hl. Vinzenz von Paul (Lazaristen) ein. Am 28. Dezember 1820 legte er die ewigen Gelübde ab. Wenige Tage später ging er nach Paris, wo er seine theologischen Studien absolvierte. Auch im Mutterhaus der Kongregation fiel Johannes, wie schon zuvor im Noviziat, durch seine Nächstenliebe und ungewöhnliche intellektuelle Fähigkeiten auf, wobei er seinen Gefährten zur steten Erbauung wurde und sich durch sein kontinuierliches Bemühen, immer besser zu werden, auszeichnete.

Nach der Priesterweihe am 23. September 1825 in der Kapelle des Mutterhauses der Barmherzigen Schwestern in Paris wurde er zum Dozenten für Dogmatische Theologie im Großen Seminar von Saint-Flour (Cantal) ernannt. Anschließend erfolgte die Ernennung zum Rektor und Ökonom des 1827 dort neu eröffneten kirchlichen Pensionats.

Mittlerweile wurde sein 1830 zum Priester geweihter Bruder Alois als Missionar nach China geschickt, wo er jedoch nicht ankam, weil er auf der Reise dorthin zwischen der Insel Réunion und Java starb. Beim Tod sagte er, dass es ihm nicht schwer falle, zu sterben, weil sein Bruder ihn ersetzen würde. Tatsächlich hatte Johannes schon immer den Wunsch gehabt, in die Mission zu gehen, und schon des öfteren erfolglos um seine Entsendung gebeten. Nach des Bruders Tod verlieh er diesem Wunsch, im Rahmen eines Besuchs bei seinen Eltern aus Anlass des Todes seiner Schwester Mariette, neuerlich Ausdruck. Im Herbst 1832 wurde er jedoch als stellvertretender Novizenmeister in das Mutterhaus St. Lazarus nach Paris zurückbeordert. Nach wiederholtem Ansuchen erlaubte man ihm schließlich, nach China zu gehen. Am 21. März 1835 verließ Perboyre Le Havre und kam am darauffolgenden 29. August in Macao an, wo er sich einige Monate aufhielt, um mit dem Studium der chinesischen Sprache zu beginnen. Nach einer ersten Phase der Akklimatisierung in Macao begab er sich auf eine lange Reise auf einer Dschunke sowie zu Fuß und hoch zu Ross, die ihn nach acht Monaten in die zentralsüdliche Provinz von Ho-nan, nach Nan-yang, brachte, wo er sich mit dem Erlernen der Sprache befasste. Fünf Monate später war er bereits in der Lage, sich – wenngleich mit einigen Schwierigkeiten – in einem guten Chinesisch auszudrücken. Sofort begann er mit der seelsorglichen Arbeit und suchte die kleinen christlichen Gemeinden mit ihren insgesamt 600 Katholiken auf.

1838 wurde Perboyre dann nach Hu-pei versetzt, das zu dem vom Jangtsekiang (Blauer Fluss) gebildeten Seengebiet gehört – mit einer Bevölkerung von 200 Katholiken, verstreut über 15 Dörfer. Trotz des intensiven Apostolats litt er an Körper und Seele. So schreibt er in einem Brief: „Nein, ich bin kein Mensch, der hier in China Wunder vollbringt, ebenso wenig wie ich dies in Frankreich tat… Er verlangt meine Bekehrung und meine Heiligung, und die Gnade, dass sein Werk nicht allzu sehr beschädigt werde.“ Wer die Dinge von außen betrachtete, dem war es unverständlich, dass ein Missionar dieses Formats eine dunkle Nacht durchlebte. Doch der Heilige Geist bereitete ihn, in der Leere der Demut und im Schweigen Gottes, auf das allerhöchste Zeugnis vor.

Dann, 1839, begannen plötzlich zwei Ereignisse, die scheinbar in keinerlei Zusammenhang standen, den Horizont zu trüben: die beginnende Verfolgung nach Ächtung der christlichen Religion 1794 durch den mandschurischen Herrscher Quinlong (1736-1795) und der Ausbruch des chinesisch-britischen Krieges, besser bekannt unter der Bezeichnung „Opiumkrieg“ (1839-1842). Die Schließung der Grenzen Chinas und die von der chinesischen Regierung lancierte Forderung eines Vasallenakts von den ausländischen Gesandten hatte zu einer explosiven Situation geführt. Der Funke entzündete sich durch die Konfiszierung der im Hafen von Kanton verstauten Opiumladungen zum Schaden der mehrheitlich britischen Händler. Es kam zur Intervention durch die britische Flotte und urplötzlich herrschte Krieg. Die Missionare waren in ständiger Alarmbereitschaft. Doch wie so oft führten auch hier übermäßige Warnungen zu einer reduzierten Wachsamkeit. So geschah es am 26. September 1839 in Cha-yuen-ken, wo sich Perboyre aufhielt. Er war an jenem Tag mit zwei anderen europäischen Missionaren, seinem Mitbruder Baldus und dem Franziskaner Rizzolati sowie dem chinesischen Missionar P. Wang zusammen. Es wurde eine Abordnung von ca. hundert Soldaten gemeldet. Die Missionare unterschätzten die Informationen. Möglicherweise marschierten jene ja in eine andere Richtung. Und statt vorsichtig zu sein, setzten sie ihr Gespräch untereinander fort. Als die Marschrichtung der Soldaten keinen Zweifel mehr ließ, war es bereits zu spät. Baldus und Rizzolati beschlossen, die Flucht zu ergreifen und Perboyre wollte sich in der Nähe verstecken, zumal die nahen Berge reich an Bambuswäldern und verborgenen Grotten waren. Die Soldaten aber zwangen – wie P. Baldus bestätigte – einen Katechumenen unter Drohungen, ihnen den Ort zu verraten, an dem sich der Missionar verborgen hielt. Am 26. September 1839 wurde P. Perboyre verhaftet und nach Kwang-Ytang gebracht, wo er einem ersten langen, entnervenden Verhör samt grausamen Folterungen unterzogen wurde. Der Gefangene hatte keine Rechte, er war vom Gesetz nicht geschützt, sondern der Willkür der Kerkermeister und Richter ausgeliefert. Da er unter Arrest stand, nahm man an, dass er schuldig sei, und wer schuldig war, konnte bestraft werden.

Am darauffolgenden Tag wurde Perboyre in die Unterpräfektur von Kou-Ching-Hien überführt, wo es zu einem ersten Prozess kam. Seine Antworten waren heroisch: Bist du ein christlicher Priester? Ja, ich bin Priester und predige diese Religion. Willst du deinem Glauben abschwören? Ich werde dem Glauben an Christus niemals abschwören. Außerdem verlangte man von ihm, seine Glaubensbrüder zu verraten und die Gründe anzugeben, warum er die Gesetze Chinas übertreten habe. Um es kurz zu sagen: man wollte das Opfer zum Täter machen. Ein Zeuge Christi ist jedoch kein Denunziant. Also schwieg er. Daraufhin wurde Perboyre nach Siang-Yang verlegt. Ein Verhör folgte dem andern. Er wurde stundenlang kniend auf rostigen Eisenketten gehalten, an Daumen und Haaren an einem Balken aufgehängt (Hangtzé-Tortur) und des öfteren mit Bambusrohren geschlagen. Schließlich steckte man ihn für acht Monate in den berüchtigten Kerker von Wuchang. Dort wurde er vor vier verschiedene Tribunale zitiert und 20 Verhören unterzogen. Den Fragen folgten Folterungen und schlimmste Verhöhnungen. Christen wurden gezwungen, abzuschwören, und manch einer auch dazu, den Missionar, der ihnen den Glauben gebracht hatte, anzuspucken und zu schlagen. Weil Perboyre das Kreuz nicht mit Füßen trat, bekam er 100 pantsé-Hiebe. Während eines Verhörs wurde er gezwungen, die Messgewänder anzuziehen. Man wollte ihn des Vergehens beschuldigen, die Faszination des Priestertums für Privatinteressen zu nutzen. Doch der Missionar im Priestergewand beeindruckte die Anwesenden, und zwei Christen näherten sich ihm und baten um die Absolution. Der grausamste Richter war der Vizekönig. Als ihm Perboyre zum wiederholten Male antwortete: „Lieber sterbe ich, als meinem Glauben abzuschwören“, fällte dieser das Urteil: Tod durch Erdrosseln. Die Urteilsbestätigung erfolgte am 11. September 1840. Zusammen mit sieben Verbrechern wurde er auf eine Anhöhe mit dem Namen „Roter Berg“ geführt. Zuerst wurden die Verbrecher getötet, dann rissen die Henker P. Perboyre die purpurne Tunika vom Leib und banden ihn an einen Pfahl in Form eines Kreuzes. Sie legten ihm einen Strick um den Hals und erdrosselten ihn. Es war um die sechste Stunde. Er starb im Alter von 38 Jahren, nachdem er mehr als drei Jahre in China gelebt hatte. Der Leichnam am Kreuz mutete tagelang schön und jugendlich an und viele Heiden bekehrten sich.

Perboyre wurde in Wuchang begraben und ein Katechet bewahrte Kleider und auch einige Hinrichtungsutensilien als Reliquien auf. Seit 1860 befindet sich der Leichnam in der Kapelle Saint-Vincent-de-Paul et Maison Mère des Lazaristes 95, rue de Sèvres, Paris, Frankreich.

Am 10. November 1889 wurde Johannes Gabriel Perboyre von Papst Leo XIII. seliggesprochen und am 2. Juni 1996 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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